Polysoude Praxis-Berichte WIG-Orbital

Transcription

Polysoude Praxis-Berichte WIG-Orbital
Polysoude Praxis-Berichte
WIG-Orbital-Schweißen von Aluminium-werkstoffen mit dem
Gleichstromverfahren bei negativ gepolter Elektrode (DC EN)
T. UNDI
POLYSOUDE S.A. - BP 41606 - F - 44316 NANTES cedex 3 Tel : (33) 2 40 68 11 00 - Fax : (33) 2 40 68 11 88
The right to duplicate this document is reserved to the autorisation of POLYSOUDE.
Ref: 981002 Alu_D
1.
Einleitung
Aluminiumwerkstoffe werden mit Erfolg in den verschiedensten Bereichen wie
Bauwesen, Flugzeug- und Fahrzeugbau, Schiffbau, Maschinenbau, Apparate- und
Reaktorbau usw. eingesetzt. Dabei hat der Konstrukteur heute die Wahl aus einer
Vielzahl von Legierungen, Halbzeugformen, sowie von Fügeverfahren.
Die Schutzgasschweißverfahren, die dem Einsatz des Werkstoffes Aluminium in
vielen Bereichen erst zum Durchbruch verholfen haben, erlauben heute die
Herstellung von Schweißkonstruktionen aus Aluminiumwerkstoffen nach ähnlichen
Qualitätskriterien, wie sie von Stahlkonstruktionen her bekannt sind. Für eine
erfolgreiche schweißtechnische Verarbeitung müssen jedoch die werkstofflichen
Besonderheiten und die daraus resultierenden Anforderungen an die Gerätetechnik,
die Vorbereitung der Schweißstelle und die Ausführung der Schweißung beachtet
werden.
In diesem Bericht werden die Rahmenbedingungen für spezifikationsgerechte
Schweißungen nach dem WIG-Gleichstromverfahren bei negativ gepolter Elektrode
(DC EN) dargestellt. Ausgehend vom Aufbau und den Eigenschaften der
Aluminiumwerkstoffe werden die Besonderheiten der schweißtechnischen
Verarbeitung im Vergleich zum Stahl erläutert und mit Hilfe von Anwendungsbeispielen weiter vertieft.
Polysoude Praxis-Berichte:
Aluminium-Schweißen
Seite: 2
2.
Der Werksstoff Aluminium
Die Bezeichnung ‘’Aluminium’’ ist nur als Oberbegriff für alle Werkstoffe auf Basis
des Aluminiums, wie Reinst- und Reinaluminium, Al-Legierungen, anzusehen.
Die Eigenschaften von Aluminium hängen von einer Reihe von Faktoren ab. Dabei
spielen die dem Werkstoff zugesetzten oder zufällig vorhandenen Beimengungen
(Verunreinigungen) anderer Elemente eine entscheidende Rolle. Mit Ausnahme des
Reinstaluminiums (Al 99,99) werden großtechnisch nur Legierungen des Aluminiums
eingesetzt.
Aluminiumwerkstoffe enthalten neben dem Basismetall Aluminium meistens mehrere
Legierungselemente, die die Eigenschaften nicht unerheblich verändern.
Hauptlegierungselemente:
Kupfer (Cu)
Silizium (Si)
Magnesium (Mg)
Zink (Zn)
Mangan (Mn)
Nebenlegierungselemente bzw. Verunreinigungen:
Eisen (Fe)
Chrom (Cr)
Titan (Ti)
Für Sonderlegierungen:
Nickel, Kobalt, Silber, Lithium, Vanadium,
Zirkonium, Zinn, Blei, Wismut
Die Legierungselemente bzw. die Verunreinigungen beeinflußen über die Gefügeausbildung die Eigenschaften der Werkstoffe beträchtlich.
Polysoude Praxis-Berichte:
Aluminium-Schweißen
Seite: 3
3.
Grundlagen des WIG-Orbitalschweißens nach dem
Gleichstromverfahren bei negativ gepolter Elektrode
3.1.
Allgemeines
Das WIG-Minuspolschweißen von Al-Werkstoffen unter Helium eignet sich
hervorragend für eine Mechanisierung des Schweißprozesses. Dabei kommen die
Vorteile einer relativ hohen Schweißgeschwindigkeit und der Ausbildung eines
schmalen Einbrandprofiles mit steilen Flanken zum Tragen. Es können Wandstärken
bis 8 mm im I-Stoß orbital geschweißt werden. Bei Rohrwandstärken über 8 mm
bzw. bei Rohren mit relativ großen Toleranzen in Bezug auf Wandstärke und Ovalität
ist das Anarbeiten einer Nahtvorbereitung unumgänglich. Im Folgenden wird
auszugzweise auf die Rahmenbedingungenen, deren Einhaltung für eine
spezifikationsgerechte und reproduzierbare Schweißnahtqualität nach EN,
AD-Regelwerk usw. unabdingbar ist, eingegangen.
3.2.
Nahtvorbereitung
Für das vollmechanisierte WIG-Orbitalschweißen von Aluminiumwerkstoffen werden
generell spaltfreie Fugenformen angewendet.
Wandstärken bis 8 mm können je nach Legierungstyp des Grundwerkstoffes und
den vorliegenden Rohrtoleranzen im I-Stoß verschweißt werden. Werden besondere
Anforderungen bezüglich der Nahtüberhöhung gestellt, so kann eine zweite Lage zur
Korrektur des Nahtaussehens erforderlich werden. Bei darüber-hinausgehenden
Wandstärken kommt eine U-Fuge zur Anwendung.
Die Qualität eines normalen Sägeschnittes ist nicht ausreichend für das vollmechanisierte WIG-Orbitalschweißen von Aluminiumwerkstoffen. Die Bearbeitung
der Rohrstirnseite für das Schweißen im I-Stoß bzw. der Kontur bei einer U-förmigen
Fuge erfolgt am zweckmäßigsten durch Drehen oder mittels Rohrendenfräsen unter
Verwendung fettfreier Werkzeuge und Alkohol als Schmiermittel. Durch den
Einsatz von Alkohol kann eine Ausbildung von umlaufenden Bearbeitungsriefen
wirksam vermieden werden. Umlaufende Bearbeitungsriefen führen zu einem
sprunghaften Anstieg der Schweißnaht-porosität. In diesem Fall spricht man auch
von einer mechanisch verursachten Porosität.
Zum Ausrichten und Fixieren der zu verschweißenden Rohrenden sollten auf jedem
Fall Außenspannsysteme eingesetzt werden. Heftschweißungen nach dem
Wechselstrom- oder Gleichstromverfahren führen bei ordnungsgemäßer Ausführung
nicht zu Problemen in Hinblick auf die Schweißnahtporosität, wobei die Heftstellen
jedoch generell als kritische Bereiche anzusehen sind.
Polysoude Praxis-Berichte:
Aluminium-Schweißen
Seite: 4
3.3.
Sauberkeitsanforderungen /Schweißhygiene
Der Oberflächenzustand der zu schweißenden Nahtfuge hat einen entscheidenden
Einfluß auf die Qualität der Schweißnaht. Mangelnde Sauberkeit bzw. kleinste
Nachlässigkeiten führen unweigerlich zu Qualitätseinbussen.
Die sich unter atmosphärischen Bedingungen auf Aluminiumwerkstoffen ausbildende
natürliche Oxidschicht absorbiert wasserstoffhaltige Gase und Dämpfe. Ferner
verbleiben oft Beizrückstände, Öle und Fette nach der mechanischen Bearbeitung,
sowie der Schmutz von Transport und Lagerung auf der Oberfläche. Die an den zu
verschweißenden Stoß
angrenzenden Bereiche müssen frei von jeglichen
Verunreinigungen, sowie Öl- und Fettrückständen und absolut trocken sein. Ein
Beizen mit anschließender Trocknung unmittelbar vor der Weiterverarbeitung ist
notwendig, wenn an die Schweißnahtqualität erhöhte Anforderungen gestellt
werden.
Das mechanische Entfernen der Oxidschicht im Schweißnahtbereich ist eine
unabdingbare Forderung, wenn mit dem WIG-Orbitalschweißen porenarme und
oxideinschlußfreie Schweißnähte ausgeführt werden sollen. In Hinblick auf die
Mindestsauberkeitsanforderungen besteht kein Unterschied zwischen dem Gleichbzw. Wechselstromschweißen von Aluminiumwerkstoffen. Bei der Wechselstromschweißung sind noch zusätzliche Maßnahmen (Startprogramme zum Aufschmelzen
des Werkstoffes, mehrlagiges Schweißen) erforderlich, um die Restporosität auf ein
akzeptables Niveau zu senken.
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Fugenform haben sich folgende Methoden
zum Entfernen dieser Oxidschichten in der Praxis bewährt:
Für das Schweißen im I-Stoß:
Rohrinnenseite:
Rohrstirnseite:
Rohraußenseite:
Schaben
Fräsen bzw. Drehen und gegebenenfalls mit
einer Spezialfeile für Aluminium abziehen
Feilen
Diese Reinigung des Schweißnahtbereiches erfolgt unmittelbar vor der Schweißung,
da die Neubildung der Oxidschicht unter atmosphärischen Beding-ungen sofort
wieder einsetzt.
Für das Schweißen mit U-Fuge:
Wenn die Fugenkontur, einschließlich Innenbearbeitung, unmittelbar vor dem
Schweißen spanend unter Alkoholschmierung angearbeitet wird, kann auf eine
zusätzliche mechanische Reinigung mittels Feilen und Schaben verzichtet werden.
Polysoude Praxis-Berichte:
Aluminium-Schweißen
Seite: 5
3.4.
Halbzeugtoleranzen
Um eine reproduzierbare Wurzelausbildung beim Schweißen im I-Stoß sicherzustellen, ist eine Reduzierung der Rohrtoleranzen bezüglich Wandstärke und
Ovalität erforderlich. Dabei muß v.a. die hohe Wärmeleitfähigkeit von
Aluminiumlegierungen berücksichtigt werden.
Rohrwanddickentoleranzen von maximal +0,1 mm sind als optimale Voraussetzungen anzusehen, wobei Toleranzen von +0,2 mm noch beherrschbar sind,
aber mit Einschränkungen hinsichtlich der Reproduzierbarkeit des Wurzeldurchhanges. Ovalitäten größer als 0,4 mm erfordern im Durchmesserbereich von 30 bis
100 mm einen zusätzlichen Vorrichtaufwand.
3.5.
Schutzgase
Als Schutzgas für das WIG-Orbitalschweißen von Aluminiumwerkstoffen mit dem
Gleichstromverfahren und negativ gepolter Elektrode kommt in erster Linie Helium
zum Einsatz. Aus den spezifischen Eigenschaften dieses Gases resultieren einige
Besonderheiten im Vergleich zur klassischen Stahlschweißung.
Da der Lichtbogen unter Helium extrem kurz ist, muß zwingend mit einer
lichtbogenspannungsabhängigen Brennerhöhenregulierung gearbeitet werden.
Aufgrund der geringeren Dichte des Heliums muß mit einem höheren Gasdurchsatz
gearbeitet werden, um in allen auftretenden Schweißpositionen eine sichere
Gasabdeckung des Schmelzbades gewährleisten zu können.
Je nach eingesetzten Brennertyp ist mit einem realen Gasdurchsatz von 30 bis
60 l/min bei einer Schweißgeschwindigkeit von 200 bis 300 mm/min zu rechnen.
Für das Schweißen am rotierenden Bauteil liegen Untersuchungsergebnisse von
Schweißversuchen mit einem modifizierten Doppelgasbrenner vor. Helium
übernimmt hierbei wieder die Funktion des Schweißgases, welches durch einen
zusätzlichen Schutzgasmantel stark gebündelt wird. Damit reduziert sich der
Heliumverbrauch auf etwa 10 l/min. Für den Schutzgasmantel wird Argon bei einer
Durchflußmenge von 15 l/min verwendet.
Das Zünden des Lichtbogens erfolgt generell direkt unter Helium, sodaß auf ein
Umschalten des Schutzgases während des Schweißzyklus verzichtet werden kann.
Polysoude Praxis-Berichte:
Aluminium-Schweißen
Seite: 6