LeidenschaftfürFrieden
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Dienstag, 25. März 2014 KULTUR . Leidenschaft für Frieden Jobs statt Kunst Essl verkauft Sammlung Mit dem Verkauf seiner Kunstsammlung an die Republik Österreich will Unternehmensgründer Karlheinz Essl seiner Baumarktkette bauMax das Überleben sichern. „Meine Frau und ich sind bereit, die gesamte Sammlung der Republik zu übergeben, wenn wir damit bauMax und somit rund 4 000 Arbeitsplätze allein in Österreich retten können“, erklärte der 74-jährige Essl gestern. Es geht dabei um knapp 7 000 zeitgenössische Werke aus Österreich und vielen anderen Ländern, deren Buchwert mit 86 Millionen Euro veranschlagt wird. Die Baumarktkette ist wegen der schlechten Geschäfte bei den osteuropäischen Töchtern tief in den roten Zahlen. Ein Sanierungskonzept gibt dem Unternehmen bis 2016 Zeit. Der Verkauf der Sammlung sowie ein Schuldenschnitt gelten nun als Erfolg versprechender Weg. Es müsse gelingen, „die wichtigste Sammlung österreichischer Gegenwartskunst seit 1945 für unser Land und seine Menschen für alle Zeiten zu erhalten“, so Essl weiter. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) lud zu einem Runden Tisch. Essl hat seit den 1970er-Jahren unter anderem Werke von Friedensreich Hundertwasser, Georg Baselitz, Markus Lüpertz, Gerhard Richter, Jonathan Meese und Gottfried Helnwein gekauft. 1999 wurde das Essl-Museum in Klosterneuburg bei Wien eröffnet. Nach den Worten von Essl hätte ein gegebenenfalls freier Verkauf schlimme Folgen für den Kunstmarkt. „Wir haben ja so viele Werke, das Zehnfache dessen, was die Auktionshäuser in Österreich in einem Jahr versteigern. Wenn das noch hinzukommt, bleibt alles liegen. Der Preis würde total ruiniert werden“, sagte Essl der Nachrichtenagentur APA. Im Fall einer Pleite würden die Werke in die Insolvenzmasse fallen, da die Sammlung erst vor zwei Jahren in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht worden war. Vor dem Zugriff von Gläubigern wäre sie aber erst nach fünf Jahren sicher. Aktuell hat bauMax in Österreich 66 Standorte, an denen fast 9000 Menschen arbeiten. dpa Seit vielen Jahren tourt die Show „Die Nacht der Musicals“ durch die Republik und machte zum wiederholten Mal auch in Karlsruhe Station. Das dramaturgische Konzept beschränkt sich dabei auf die Präsentation beliebter Höhepunkte aus aktuell gespielten Musicals, ein Einblick in die Geschichte des Musicals ist ebenso wenig vorgesehen wie die Vorstellung der neuesten Entwicklungen in New York oder London. Also hört man weder Klassisches von Cole Porter, Richard Rodgers oder Frederick Loewe noch Songs aus Lloyd Webbers jüngst uraufgeführtem „Stephen Ward“. Doch wer dieses Konzept akzeptiert, kann sicher sein, dass er gut und auf hohem Niveau unterhalten Ausgabe Nr. 70 – Seite 13 Europäische Kulturtage in Karlsruhe widmen sich dem Ersten Weltkrieg Eine Welt in Zitaten In diesem Jahr feiern wir den 450. Geburtstag des großen englischen Dichters William Shakespeare. Auch wer kaum etwas von ihm weiß und seine Stücke nicht kennt, geht in seinem Sprachgebrauch doch ständig unwillkürlich mit ihm um. Shakespeare-Zitate sind längst auch in unseren Sprachschatz eingegangen, Wendungen wie „Sein oder Nichtsein“, „Der Rest ist Schweigen“ oder „Ein Königreich für ein Pferd“ sind in aller Munde. Das hübsch gemachte Bändchen des renommierten ShakespeareÜbersetzers Frank Günther versammelt (zweisprachig) Kernsätze aus dem grandiosen Schaffen des großen Dramatikers. Unter Stichworten wie „Wein“, „Was ist Liebe?“, „Mord und Blut“, Theater! Theater!“ oder „Träume und Albträume“ sind hier reiche und ganz unterschiedliche „WortSchätze“ aufgeführt – anregender Schmökerstoff für Kenner und Nichtkenner, der eine ergiebige Fundgrube für Witz und Weisheit bietet. K. Shakespeares WortSchätze. Englisch – Deutsch. Mit einem Nachwort herausgegeben von Frank Günther. Deutscher Taschenbuch Verlag. 223 Seiten. 9,90 Euro. Städel kooperiert mit Drogeriekette Kunstwerke aus dem Frankfurter Städel-Museum kann man sich jetzt mit Hilfe einer Drogeriekette ausdrucken lassen. Die dm-Märkte mit Hauptsitz in Karlsruhe und das Frankfurter Museum gaben gestern eine entsprechende Kooperation offiziell bekannt. Zunächst sind 100 Werke abrufbar. Bestellt werden können die Bilder samt Rahmen auf der gemeinsamen Homepage von dm und Städel. dpa Was würde wohl in Karlsruhe geschehen, wenn Russland – was manche mutmaßen – versuchen wollte, weitere Teile der Ukraine zu annektieren? Wenn Polen und die baltischen Staaten sich bedroht fühlten und auf militärische Maßnahmen drängten? Wäre dann die antirussische Propaganda schon so weit, dass alle mit Hurra an die Front drängten? Vielleicht muss man sich die Zeit nach dem Attentat vom 28. Juni 1914 so ähnlich vorstellen wie die gegenwärtige Krim-Krise: angespannt, aber zunächst keineswegs auf Krieg getrimmt. Erst nach Wochen der Planungen kam jene Maschinerie ins Rollen, der innerhalb von vier Jahren allein bei Kampfhandlungen 9,4 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Karlsruhe hat sich mit- AUCH EIN FERNSEH-THEMA: Dem Ersten Weltkrieg widmet sich das ZDF heute ab 20.15 Uhr mit dem Foto: ZDF hin für die 22. Europäi- Beitrag „Mit Jubel in die Hölle“, der auf Tagebüchern und Briefen von Soldaten beruht. schen Kulturtage (EKT), die vom 7. bis zum 25. Mai stattfinden, tender Institutionen sei – des Bundesnehmen zu lassen. Auf deutscher Seite ein gewichtiges Thema vorgenommen. verfassungsgerichts und der Bundesanreicht die Reihe der Kulturtagegestalter Auch wenn der Erste Weltkrieg derzeit waltschaft. Sei es doch, so Asche, Ziel vom Badischen Kunstverein bis zum allerorten beleuchtet und diskutiert der EKT, „Leidenschaft für den Frieden ZKM. Der mit 300 000 Euro Sonderetat werde, so gebe es doch für Karlsruhe bezu sichern.“ Zum dritten verpflichte die am besten ausgestattete Einzelteilnehsondere Gründe, sich mit dem folgenreiGrenznähe zu einer Beschäftigung mit mer ist das Badische Staatstheater. Deschen Konflikt zu befassen, erklärte die dem, was unter Historikern „Urkatasen Generalintendant Peter Spuhler Kulturamtsleiterin Susanne Asche. Zum strophe“ des 20. Jahrhunderts gilt. stellte als die beiden zentralen Beiträge einen wegen des technischen Aspekts: So sind denn nicht zuletzt französische seines Hauses die Inszenierung des Auf Karlsruhe wurde einer der ersten Partner in das Programm eingebunden, Stücks „Gas I + II“ von Georg Kaiser schweren Luftangriffe der Geschichte als deren Repräsentant der Straßburger und das Volkstheaterprojekt „100 Doverübt und hier lehrte der Chemiker Kulturamtchef Yves Aubert in die Fäkumente“ vor. Insgesamt, so der KarlsFritz Haber, den man zurecht als „Jacherstadt gereist war. Aubert wies unter ruher Oberbürgermeister Frank Mennuskopf“ bezeichnet hat: Einerseits anderem auf die vielfältigen Initiativen trup, sollen die EKT, die den offiziellen schuf er mit der Erfindung der Ammonihin, mit denen man sich westlich des Titel „2014 – 1914 / Frieden + Krieg“ ak-Synthese die Grundlage zur HerstelRheins neuerdings der Zeit zwischen tragen, „ein Festival des Nachdenkens“ lung von Kunstdünger, andererseits hat 1871 und 1918 widmet, als das Elsass werden. Michael Hübl er seitens der Wissenschaft skrupellos vom Deutschen Reich annektiert war; so Internet den Einsatz von Giftgas befördert. strebe man etwa an, die Straßburger Das gesamte Programm findet sich unAls zweiten Grund führte Asche an, Neustadt, die in jener Zeit entstand, in ter www.europaeische-kulturtage.de dass die Stadt Sitz zweier friedensstifdas Unesco-Weltkulturerbe-Liste auf- i Beste Unterhaltung Die „Nacht der Musicals“ im Brahms-Saal in Karlsruhe wird. Und das Ensemble, das sich im Brahms-Saal präsentierte, dürfte das Beste der vergangenen Jahre gewesen sein. Nach der erfolgreichen Verfilmung fanden auch wieder vier Ausschnitte aus Schoenbergs „Les Misérables“ Eingang in das Programm, dabei konnte besonders der höhensichere Robert Wagner mit Jean Valjeans „Bring ihn heim“ punkten. Dieser sorgte auch mit einem grandios gesungenen „This is Moment“ aus „Jekyll and Hyde“ für pure Gänsehautatmosphäre. Er war aber auch der Sänger, dem es am schwersten fiel quasi im Minutentakt in – szenisch wie musikalisch – völlig gegensätzliche Rollen zu springen. So blieb sowohl sein Mufasa („König der Löwen“) wie leider auch sein Phantom nur ein gemütlicher Teddybär. Dafür hatte er als Phantom mit Katrin Mayer eine vorzügliche Christine („Think Of Me“) an seiner Seite, die Stürmischer Elternabend Das Sandkorn-Theater in Karlsruhe zeigt Komödie von Lutz Hübner Draußen tobt ein Unaber auch die Schwächen wetter, es blitzt und donihrer Zöglinge erwähnt, nert, ein Platzregen geht erinnert das an manch nieder. Auch drinnen im selbst erlebten ElternKlassenzimmer ist die abend. Das Stück bietet Stimmung gewitterjede Menge Stoff für schwer, fünf besorgte und brüllend komischen zu allem entschlossene Wortwitz und Wahnsinn, Eltern haben sich im was Erik Rastetter in seiKlassenzimmer der 4b ner Inszenierung hervorversammelt. So unterragend umgesetzt hat. schiedlich die AnwesenWenn sich die Eltern den auch sind, in einem beim Kampf um das Wohl sind sie sich einig: Bei ihrer Kinder Bösartigkeidieser Klassenlehrerin ten an den Kopf werfen, schaffen die Kinder die sitzt jede Pointe punkterforderlichen Noten für genau. Das schlichte, die gymnasiale Empfehaber wirkungsvolle Bühlung nie, Frau Müller nenbild verstärkt durch muss weg! Die Zukunft seine Reduziertheit die der Kinder steht auf dem Wirkung der rasanten Spiel und in so einem „FRAU MÜLLER MUSS WEG!“ – darüber ist man sich in Lutz Hübners und bissigen Dialoge. Bei Falle wird nicht sachlich Komödie zunächst einig. Szenenbild der Sandkorn-Inszenierung. Foto: pr der Premiere im Sanddiskutiert, sondern entkorn ließ sich das Publirausstellt, schlägt zurück und erzählt schieden gehandelt. Die Elternsprechekum zu Begeisterungsstürmen hinreiden Eltern einige unangenehme Wahrrin, die zielorientierte Geschäftsfrau ßen. Derzeit wird Hübners Erfolgsstück, heiten über ihre Kinder. Die Eltern sind Jessica Höfel (Michelle Brubach) ist gut das in Zusammenarbeit mit Sarah Nefassungslos, die Solidarität bröckelt und vorbereitet und nicht zu Verhandlungen mitz entstand, unter der Regie und das Klassenzimmer wird zum Schlachtbereit, die anderen stehen ihr solidaDrehbuchmitarbeit von Sönke Wortfeld böser Wortgefechte. Der Kabaretrisch zur Seite, vom cholerischen, zu Gemann verfilmt. Das Sandkorn bietet da tist und Schauspieler Erik Rastetter befühlsausbrüchen neigenden Arbeitsloschon mal einen unterhaltsamer Theaweist in seiner Regiearbeit ein glücklisen Wolf Heider (Christian Theil) über terabend nicht nur für Eltern, Lehrerinches Händchen bei der Besetzung, jede die liebenswürdig-schusselige Musenen und Lehrer. Karin Hoog Figur wirkt wie aus dem Leben gegrifumspädagogin Katja Grabowski (KaTermine fen, allen voran Susanne Buchenberger tharina Roczyn) bis hin zum zerstritte26. und 28. März jeweils ab 20.15 Uhr als Frau Müller. Wenn sie mit Begeistenen Ehepaar Jeskow (Jan Philip Keller im Sandkorn-Theater Karlsruhe, Kairung von ihrem Herbstprojekt mit den und Denise Schindler). serallee 11. Internet: www.sandkornKindern erzählt, von ihren ArbeitskreiAber Frau Müller, die sich als kompetheater.de sen und ihrem sonstigen Engagement, tente und liebenswerte Lehrkraft he- i auch mit „Ich gehör’ nur mir“ aus „Elisabeth“ und mit „Cabaret“ aus dem gleichnamigen Musical gehörig abräumte und die vollkommen darauf verzichtete, große Vorbilder wie Pia Douwes oder Liza Minnelli zu imitieren. Kathy Savannah Krause hatte mit „Memory“ aus „Cats“ und mit „Don’t Cry For Me, Argentina“ aus „Evita“ ihre großen Solo-Auftritte und Manuel Stoff trieb als Frank’n’Furter in der „Rocky Horror Show“ die gewohnten Spielchen mit dem Publikum, die durchgeknallte Attitude eines Tim Curry erreichte er indes nicht. Doch mit „Tarzan“ und in „We Will Rock You“ zeigte er, dass er die ganze Palette des Genres beherrscht. Alle Solisten – zu den bereits genannten kamen noch Ana-Lourdes Geneblazo, André Lorne Wright und eine siebenköpfige Tanzcrew – passten sich aber auch souverän in die großen Ensemblestücke von „Rock Of Ages“, „Mamma mia“ oder „We Will Rock You“ ein. Fragwürdig blieb letztendlich nur die recht willkürlich erscheinende Entscheidung zwischen deutschem Text und Originaltext. Manfred Kraft Stuttgarter Konzertprogramm Premiere in Bruchsal abgesagt Rund 450 Jahre Musikgeschichte umfasst das Konzertprogramm der Oper Stuttgart für die kommende Saison 2014/15. Das Programm reicht von Werken von Thomas Tallis und John Dowland aus den Jahren 1570 und 1605 bis zu aktuellen Kompositionen von Mark Andre und Xaver Paul Thoma. Als Solisten kündigte die Oper die gefeierten Pianisten Kirill Gerstein und Nicolas Hodges an. dpa Die Badische Landesbühne Bruchsal hat die für 5. April geplante Premiere der Komödie „Der Chinese“ von Benjamin Lauterbach abgesagt. Wie das Haus mitteilt, haben sich Ensemble, Regieteam und Theaterleitung darauf verständigt, nachdem die Proben mehrmals durch Krankheitsausfälle unterbrochen werden mussten. Verkaufte Gastspiele des „Chinesen“ würden durch „Das Bildnis des Dorian Gray“ ersetzt. BNN Grimmige Blicke Skizzenkartons des Neuen Schlosses werden restauriert Die Belagerung von Stuttgart wendet sich gerade zugunsten von Württemberg. Zwischen Pferden werden Verletzte vom Feld getragen, die Belagerungstürme rund um die Stiftskirche fallen, und Aggressor Rudolf von Habsburg kann nur noch grimmig schauen. „Er schießt Blicke auf Eberhard, den Erlauchten. Mehr bleibt ihm nicht“, sagt Saskia Esser, Expertin von den Staatlichen Schlössern und Gärten (SSG), bei der Vorstellung der bedeutsamen Skizzenkartons gestern in Ludwigsburg. Der 3,5 mal 3,5 Meter große Karton ist einer von 13 noch erhaltenen Freskenentwürfen für das Neue Schloss in Stuttgart. Joseph Anton von Gegenbaur (1800 bis 1876) zeichnete sie mit Kohle und Kreide. Vier der wandfüllenden Werke sollen nach ihrer Restauration ab September im Neuen Schloss ausgestellt werden. Gegenbaur hatte von 1837 bis 1854 sogar 16 solcher Kartons bemalt. Die größten waren bis zu acht Meter lang. Drei gingen mit den Jahren verloren. Nach den Zeichnungen wurden bunte Fresken in mehrere Räume des Schlosses gemalt. Die Szenen zum Aufstieg und zur Bedeutung der württembergischen Dynastie hatte König Wilhelm I. von Württemberg in Auftrag gegeben. „Er wollte damit sein Königtum weiter legitimieren“, erklärt Esser. Die Wandbilder wurden beim Brand des Neuen Schlosses im Zweiten Weltkrieg zerstört, doch die Kartons blieben erhalten. Viele Jahre lagen sie unbeachtet auf dem Dachboden im Ludwigsburger Schloss, bis sie ins Karlsruher SSGDepot gebracht und dort auf großen Rollen gelagert wurden. Toto-Lotto steuert 85 000 Euro für die Restaurierung bei – aus nicht abgeholten Kleingewinnen der Glückspirale. lsw