Bernd Neuburger Sommer mit den Burggespenstern

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Bernd Neuburger Sommer mit den Burggespenstern
Bernd Neuburger
Sommer mit den Burggespenstern
Österreich/Kanada 2003
85 Minuten, Farbe, 35mm/1 : 1,85
Drehbuch Nadja Seelich
Kamera Thomas Vamos
Schnitt Mathieu Roy-Decarie
Musik Zdenek Merta
Ton Thierry Morlaas-Lubre
Ausstattung Friedrich Hollergschwandtner
Kostüm Uli Fessler
Produktion Extra Film, La Fête
Produzenten Lukas Stepanik, Bernd Neuburger, Rock Demers, Chantal Lafleur
Mit Sarah-Jeanne Labrosse, Nikola Culka, Karl Merkatz,
Konstanze Breitebner, Ron Lea, Richard Jutras
kino macht schule
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Inhaltsverzeichnis
VORBEMERKUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4
WELCHE GESCHICHTE ERZÄHLT UNS DER FILM? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
ILAIN, 7 JAHRE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6
Kommentar eines kleinen Zuschauers zum Film
EINSTIEG IN DEN FILM – ALLGEMEINE FRAGEN UND ANREGUNGEN . . . . .7
Wie kann man Kinder dazu bringen, über ihr persönliches Erleben
während eines Filmes zu sprechen?
WELCHE SIND DIE HAUPTFIGUREN DES FILMS
UND WIE SIND SIE GEZEICHNET? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8
Das Hauptthema des Filmes: Freundschaft und Spannung zwischen
verschiedenen Welten
WIE WIRD DIE WELT DER GESPENSTER DARGESTELLT? . . . . . . . . . . . . . . .9
Adäquate Spannung für eine bestimmte Alterszielgruppe
WIE WIRD EIN FILM GEMACHT? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
Ein Blick hinter die Kulissen des Filmemachens
1. Sequenz: Jakob und Caroline versuchen den Hahn vor dem erbosten
Tonmeister zu retten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12
Wie man im Film durch Parallelmontage Spannung erzeugt
2. Sequenz: Caroline täuscht einen Brand vor, um an ein Kabel aus dem
Zimmer des Tonmeisters zu gelangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17
Wie man im Film durch die Musik eine bestimmte Wirkung erzeugen kann
REGISSEUR UND DREHBUCHAUTORIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20
VERLEIHKONTAKT IN ÖSTERREICH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20
WEITERE FILMEMPFEHLUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
IMPRESSUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
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VORBEMERKUNG
Dieses Begleitheft zum Film soll kleinen und großen Zuschauern helfen, das Filmerlebnis zu
vertiefen und qualitativ aufzuwerten. Ein Film für Kinder sollte nicht nur ein Spaß von eineinhalb Stunden sein – was dieser Film zweifelsohne ist –, den man nach dem Kinobesuch sofort
wieder vergisst. Der Spaß kann ausgedehnt werden! Dabei sollte es darum gehen, auf lustvolle
Art etwas Neues zu lernen. Sei es über das Hauptthema des Filmes, sei es über das
Filmemachen selbst, sei es über das Leben im Allgemeinen. Wissen macht Spaß!
In diesem Sinne haben wir uns für dieses Begleitheft zur Aufgabe gestellt, beim Ausdehnen
des Wissens behilflich zu sein. Man kann es als Ganzes nehmen und danach vorgehen, oder
man kann sich auch nur die Teile heraus nehmen, die für die Kinder und die Erwachsenen, die
damit zu tun haben, gerade adäquat sind. Da der Film eine relativ breite Altersgruppe
anspricht (Kinder im Volksschulalter und im letzten Kindergartenjahr, aber auch Erwachsene,
die nicht vergessen haben, wie es war, als hinter jedem Vorhang ein kleines Gespenst gelauert
hat), werden sich auch die Art und Weise, wie dieses Heft benutzt wird, unterscheiden.
Die relativ ausführliche Inhaltsangabe soll dabei nur zur Orientierung dienen. Da die
Geschichte chronologisch und dramaturgisch für die beabsichtigte Zielgruppe adäquat erzählt
ist, wird man im weiteren nicht mehr darauf eingehen müssen.
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WELCHE GESCHICHTE ERZÄHLT UNS DER FILM?
Caroline kommt aus Montreal in die Enge der Salzburger Berge, wo ihr Vater auf Burg
Finsterstein einen Film dreht. Als sie ihn auf dem Set besucht, ist sie überall im Weg und niemand hat Zeit für sie außer Otto, der beim Film die Effekte macht. Er ist ein liebenswerter alter
Mann und macht seine Arbeit auf herkömmliche traditionelle Weise.
Auf einem Erkundungsgang durch die Burg lernt Caroline, durch magische Kräfte geleitet,
Jakob kennen, einen Jungen aus dem Dorf. Anfangs mögen sich die beiden nicht besonders,
doch bald werden sie unzertrennlich.
Als Ottos Feuereffekte beim Dreh immer wieder schief gehen, vermutet Jakob, dass die
Gespenster, die die Burg bevölkern, dahinter stecken. Als ihm Caroline nicht glauben will, dass
es tatsächlich Gespenster gibt, nimmt er sie mit auf eine nächtliche Sitzung auf der Burg und
stellt Caroline die Gespenster vor: die fünf Nonnen, die vor hunderten von Jahren lebendig auf
der Burg eingemauert wurden. Die weiße Frau, die durch einen tragischen Unfall starb. Baba
Jaga, Koloman, den Waldschrat, den Ritter ohne Kopf und die Kobolde, die immer zu dummen Streichen aufgelegt sind und mit dem Kopf des kopflosen Ritters Ball spielen. Die
Nonnen möchten gerne Otto kennen lernen, dessen Effekte sie tatsächlich verhext haben, weil
sie sich durch die Dreharbeiten in ihrem Schlaf gestört fühlen.
Als Otto mit den Kindern die Nonnen am nächtlichen See trifft, kommt man überein, die
Dreharbeiten in einen anderen Hof der Burg zu verlegen. Als Gegenleistung werden die
Nonnen die Arbeiten des Filmteams nicht mehr stören. Im Gegenteil: am nächsten Tag zaubern sie einen Feuereffekt, der alle Mitglieder der Crew hellauf begeistert.
Im Dorf gibt es einen Hahn, dessen Krähen dafür verantwortlich ist, dass die Nonnen nach
ihren nächtlichen Schleichgängen rechtzeitig in die Dunkelheit der Burg zurück kehren. Da er
mit seinem lauten Krähen die Arbeit des Filmteams stört, wird er auf einen Bauernhof in die
Berge gebracht. Da die Nonnen deshalb ihre Rückkehr „verschlafen“ und fast in der morgendlichen Sonne verglühen, holen Jakob und Caroline den Hahn wieder zurück, nur um ihn am
nächsten Tag wieder vor dem Zugriff des Tonmeisters Steven schützen zu müssen, der dem
Hahn endgültig den Garaus machen will. Aber wer soll jetzt vor Sonnenaufgang krähen?
Caroline hat eine Idee. Sie klaut Steven seinen Datcorder, und die beiden Kinder nehmen das
Krähen des Hahnes auf. Jetzt können sie den Hahn jeden Morgen krähen lassen, ohne dass er
dabei gefährdet ist.
Die anderen Jungen aus dem Dorf sind eifersüchtig auf die Freundschaft zwischen Jakob und
Caroline. Bei einem Badeausflug nehmen sie Jakob gefangen und sperren ihn in eine Hütte
ein, aus der ihn erst wieder die Nonnen mitten in der Nacht befreien. Caroline ist inzwischen
allein nach Hause gegangen und glaubt, dass Jakob sie mutwillig allein am See zurück gelassen hat. Sie will ihn nie wieder sehen. Jakob bittet die Nonnen um Hilfe. Amalia zeigt Caroline
mit Hilfe ihres magischen Spiegels, was am See wirklich passiert ist.
Otto passieren während der Dreharbeiten plötzlich seltsame Dinge: Eine schwere Kanone
überrollt ihn fast, sein Jausenstee hat sich in Salzsäure verwandelt, und eine Kanonenkugel
fällt von einer Balustrade fast auf ihn. Natürlich stecken schon wieder die Nonnen dahinter. Sie
wollen ihren Tanzpartner Otto nicht verlieren und versuchen deshalb, ein Gespenst aus ihm zu
machen. Als Otto jedoch verspricht, sie immer wieder besuchen zu kommen und mit ihnen zu
tanzen, lassen sie ihn leben.
Der Film ist fertig abgedreht, und für Caroline und Jakob ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Für
beide wird es ein unvergesslicher Sommer voller Abenteuer und Freundschaft bleiben.
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ILAIN, 7 JAHRE
Kommentar eines kleinen Zuschauers zum Film
„Mir haben an dem Film besonders die vielen lustigen Szenen gefallen – wie zum Beispiel der
Tontechniker über den Feuerlöscher stürzt, und später, als er sich den Fuß an seinem wieder
aufgetauchten Datcorder anhaut. Außerdem hat mir gefallen, dass Caroline und Jakob sich mit
einem Eulenruf verständigen, ich habe das auch ausprobiert, es ist sehr schwer. Ich würde
auch gerne die Steine so im Wasser springen lassen können, wie es Jakob Caroline beibringt.
Manchmal war sehr witzig, was sie im Film gesagt haben. Wenn Jakob zum Beispiel sagt, wir
müssen die Nonnen weg bringen, sonst sind sie hin! Oder als Caroline, als der Tontechniker
dem Hahn den Garaus machen möchte, fragt: darf ich zusehen?
Der Hund war sehr lieb und gescheit, und es hat mir gefallen, wie er Jakob in der Nacht aus
der Hütte gerettet hat, obwohl er sich doch so vor den Nonnen gefürchtet hat.
Es hat mir auch sehr gefallen, dass die Nonnen plötzlich einfach so auftauchen, oder auch der
Waldschrat. Und ich finde es ganz toll, dass sich in der Burg die Bilder bewegen und die
weiße Frau Caroline zeigt, wo sie Jakob finden kann. Oder dass die eine Nonne Caroline in
ihrem Spiegel zeigt, dass Jakob nicht mitgemacht hat bei dem Bubenstreich.
Dass Otto nicht merkt, dass er dieses Gift fast trinkt und dass das gar kein Apfelsaft ist, fand
ich sehr lustig.
Und noch etwas hab ich sehr schön gefunden: dass es dort, wo die Burg ist, so ruhig und still
ist.“
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EINSTIEG IN DEN FILM – ALLGEMEINE FRAGEN UND ANREGUNGEN
Wie kann man Kinder dazu bringen, über ihr persönliches Erleben während
eines Filmes zu sprechen?
Aufgabe: Zeichne eine Sequenz aus dem Film, die dir besonders gut gefallen hat!
Weißt du, was eine Sequenz ist? Eine Sequenz ist ein Stück eines Filmes, in der an
einem bestimmten Ort in einer bestimmten Zeit etwas geschieht, was zusammen
gehört. Wahrscheinlich sagst du Szene dazu.
Anmerkung: Das kann auch ein großer Spaß für Erwachsene sein, die mit ihren Kindern
den Film nach bereiten! Ein Vergleich zwischen dem, was Kinder und Erwachsene zeichnen, lohnt sich und wird auf jeden Fall für Spaß bei der „Arbeit“ sorgen.
Warum hast du gerade diese Sequenz ausgewählt? Was passiert in ihr?
Welche Figur in dem Film hat dir besonders gut gefallen? Weshalb?
Gibt es eine Figur in dem Film, die du überhaupt nicht magst? Aus welchem Grund?
Hier gilt es, das herauszuarbeiten, was den Kindern an dem Film gefallen hat, damit sie ihre
Scheu verlieren, darüber zu sprechen. Eine Zeichnung zum Film zu machen, ist dabei bei dieser Altersgruppe (Volksschule und letztes Kindergartenjahr!) ein guter Beginn, weil der Zugang
zum Zeichnen ein ähnlich emotionaler, nonverbaler ist wie zum Film selbst. Ohne viel zu überlegen, malen sie das, was sie am meisten beeindruckt hat, was ihnen am ehesten im
Gedächtnis geblieben ist, was sie am längsten beschäftigt.
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In der Folge fällt es den Kindern leichter, mittels der Zeichnung eine persönliche
Stellungnahme zum Film abzugeben, weil die Zeichnung nicht wie der Film ein Fremdprodukt
ist, sondern von ihnen selbst angefertigt wurde, und es für Kinder dieser Altersgruppe immer
leichter ist, über etwas zu sprechen, was sie selbst geschaffen und geschafft haben. Man geht
dabei am besten so vor, dass man zuerst Fragen stellt, die mit der Zeichnung in direktem
Zusammenhang stehen, um dann langsam auf Themen über zu gehen, die im Film vorkommen.
WELCHE SIND DIE HAUPTFIGUREN DES FILMS UND WIE
SIND SIE GEZEICHNET?
Das Hauptthema des Filmes: Freundschaft und Spannung zwischen
verschiedenen Welten
Welche Figuren im Film sind die wichtigsten? Kannst du sie beschreiben?
Was gibt es für Unterschiede zwischen Caroline und Jakob?
Können sich die beiden gegenseitig etwas beibringen?
Warum ist Caroline nach dem Badeausflug so böse auf Jakob, dass sie nicht mehr mit
ihm sprechen will? Ist dir mit einem Freund oder einer Freundin schon einmal etwas
ähnliches geschehen?
Wie gefällt dir die Figur von Otto? Ist er ein alter Mann, dessen Freund oder Freundin du
gerne wärst?
Hier gilt es, das Spannungsverhältnis zwischen der „weiten Welt“, aus der Caroline kommt,
und dem engen Dorfkreis, in dem Jakob sich bewegt, heraus zu arbeiten, sowie die
Diskrepanz zwischen einer Welt der modernsten Technik im Gegensatz zur magischen Welt
der Burggespenster.
Das geht sehr gut, indem man sich die beiden Figuren Caroline und Jakob näher anschaut.
Caroline ist ein Mädchen, das es gewohnt ist, Computer und Handy zu benutzen und allein im
Flugzeug zu fliegen, Fremdsprachen zu können etc.. Jakob kennt sich mit solchen Dingen
nicht sehr gut aus, aber er hat dafür Zugang zur magischen Welt der Gespenster und einen
Hund, zu dem er ein außergewöhnliches Verhältnis hat. Zwischen den beiden herrscht ein
Spannungsverhältnis, das sie am Anfang trennt, aber dann lernen sie von einander und ergänzen sich bei den verschiedenen Aufgaben, die sie gemeinsam bewältigen müssen.
Gemeinsam sind sie sehr stark, und auch Jakobs vermeintlicher Verrat kann ihre Freundschaft
letztendlich nicht trüben.
Ein ähnliches Spannungsverhältnis herrscht zwischen Otto, der dritten Hauptfigur, und den
übrigen Mitgliedern des Filmteams. Otto ist noch von der alten Schule, er macht seine Effekte
mit traditionellen Mitteln und kennt sich da aus, während seine Gegenspieler das Ganze lieber
am Computer machen würden. Andererseits ist Otto der einzige auf dem Set, der Zeit für
Caroline und Zugang zur magischen Welt der Kinder hat.
Indem man hier auf die spezielle – unterschiedliche – Zeichnung der Hauptfiguren eingeht, hat
man unbemerkt das Hauptthema des Films umrissen.
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WIE WIRD DIE WELT DER GESPENSTER DARGESTELLT?
Adäquate Spannung für eine bestimmte Alterszielgruppe
Aufgabe für Gruppen: Zeichnet jeder eines oder mehrere der Gespenster und schneidet
sie dann aus. Fertigt gemeinsam auf einem großen Bogen Packpapier eine Zeichnung
der Burg an und klebt die Gespenster dorthin, wo ihr glaubt, dass sie am besten hin
gehören.
Anmerkung: das ist auch eine schöne Sonntagnachmittagsbeschäftigung für die ganze
Familie!
Welche Gespenster leben auf der Burg? Kannst du sie beschreiben?
Machen dir die Gespenster auf der Burg Angst? Was treiben sie so die ganze Zeit?
Warum wollen die Nonnen Otto umbringen?
Wie haben dir die Kobolde gefallen? Würdest du dich vor ihnen fürchten? Wärst du
gerne auch ein kleiner Kobold?
Wie hat dir die weiße Frau gefallen? Was sind ihre hervor stechenden Eigenschaften?
Was spielt sie für eine Rolle unter den Gespenstern und gegenüber Caroline und
Jakob?
Ist dir etwas Besonderes an den Nonnen aufgefallen? Zum Beispiel, wie sie sprechen?
Sind dir bei den Gespenstern Dinge aufgefallen, die es in Wirklichkeit normalerweise
nicht gibt?
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In Hinblick auf die Alterszuordnung ist die Darstellung der Gespenster als lustige, manchmal
boshafte, jedoch nicht böse Wesen sehr wichtig. Sie tragen menschliche Züge, der
Waldschrat verehrt zum Beispiel eine der Nonnen sehr. Sie spielen gerne, tanzen gerne, haben
manchmal Mitleid mit den Menschen (wie im Fall von Jakob), sind eifersüchtig und wollen
Otto deshalb auch zum Gespenst machen. Sie haben manchmal nur Unsinn im Kopf, wie die
Kobolde, die mit dem Kopf des kopflosen Ritters Ball spielen und ihre boshafte Freude daran
haben. Die weiße Frau bringt etwas Ordnung in den Haufen, und sie sorgt auch dafür, dass
Caroline und Jakob sich kennen lernen, indem sich ihr Bild in der Burg bewegt und ihre Hand
Caroline den Weg weist.
Die fünf Nonnen, die vor vielen Jahren in der Burg eingemauert wurden, weil sie nachts heimlich am See tanzen gingen, sind die Hauptfiguren unter den Gespenstern. Sie sind wie eine
Einheit in sich dargestellt, was sich darin ausdrückt, dass sie sich „in einem Stück“ bewegen,
wie zum Beispiel in der ersten Szene, in der man sieht, wie sie erwachen und sich langsam
nach einer strengen Choreographie von ihrem Lager erheben. Oder in der Sequenz, in der sie
Jakob aus der abgeschlossenen Hütte befreien und ihre Handbewegungen wie eine einzige
Bewegung in einander überfließen. Aber sie sprechen auch wie eine Person. Eine der Nonnen
beginnt einen Satz, eine andere führt ihn weiter, die dritte sagt das Nächste und so weiter. Die
Nonnen sind ein wenig wie ein fünfkörperiges Wesen, das sich aus den verschiedenen
Qualitäten der einzelnen Nonnen zusammen setzt.
Im Zusammenhang mit den Gespenstern wurden im Film einige filmtechnische Effekte angewandt.
Die Nonnen sind oft „durchsichtig“ und verschwimmen in ihren Konturen, was früher durch
den einfachen Trick der Überblendung mehrerer Bilder erzeugt wurde, heute aber sehr oft
nachträglich auf dem Computer gemacht wird.
Der Waldschrat verschwindet plötzlich, um an anderer Stelle aus dem Nichts wieder aufzutauchen. Früher wurde ein solcher Effekt durch den sogenannten Stopptrick erzeugt. Man hielt
die Kamera an, ließ den Waldschrat aus dem Bild gehen und filmte dann weiter, hielt wieder
an, ließ den Waldschrat ins Bild kommen und filmte dann weiter. Heute werden solche Tricks
meist auf dem Computer gemacht.
Der Waldschrat bringt die Bäume zum Leuchten – heute werden die Lichteffekte, die dabei
entstehen, im nachhinein auf dem Computer in das Bild eingefügt, früher erzeugte man solche
Effekte so ähnlich, wie Otto es im Film macht. Wenn die Nonnen tanzen, werden sie teilweise
von Nebelschleiern verhüllt – auch diesen Nebel kann man heute im nachhinein auf dem
Computer in die Bilder einfügen.
Die Sequenzen, wo sich das Bild der weißen Frau „bewegt“ (ihre Hand zeigt plötzlich nach
unten, und die Finger bewegen sich in eine bestimmte Richtung) können ebenfalls mit „alten“
Mitteln (man filmt mehrere verschiedene Bilder und montiert sie dann schnell hintereinander,
wodurch die Bewegung entsteht, ähnlich wie im traditionellen Zeichentrickfilm) oder auf dem
Computer erzeugt werden.
Ein Film erzählt nicht nur eine Geschichte, sondern er hat besondere technische Mittel zur
Verfügung, mit Hilfe derer er seine Geschichte auf besondere Art und Weise erzählen und viele
Dinge erzeugen kann, die es in Wirklichkeit nicht gibt.
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WIE WIRD EIN FILM GEMACHT?
Ein Blick hinter die Kulissen des Filmemachens
Im diesem Film wird gezeigt, wie auf der Burg ein Film gedreht wird. Du kannst also
sozusagen einen Blick hinter die Kulissen werfen. An was kannst du dich noch erinnern?
Was glaubst du, ist bei einem Film wichtig – im Vergleich zu einem Buch, das du liest?
Was schaust du dir sonst für Filme im Kino oder Fernsehen an? Sind dir Unterschiede
zu diesen Filmen aufgefallen?
Kannst du dich noch an die Sequenz erinnern, in der der Tonmeister den Hahn umbringen will und Jakob und Caroline versuchen, das zu verhindern? Was hat der Regisseur
gemacht, damit das besonders spannend wird? Schau dir die Sequenz noch einmal an,
wenn du die Möglichkeit dazu hast. Was kannst du sehen?
Eine wichtige Rolle im Film spielt oft die Musik. Man kann damit verschiedene Sachen
ausdrücken: dass etwas besonders spannend ist, dass etwas Trauriges passiert, dass
etwas besonders schön ist .... Schau dir zum Beispiel die Sequenz noch einmal an, in
der Caroline einen Brand vortäuscht und alle in helle Aufregung geraten. Fällt dir ein
Unterschied auf zwischen dem, was in den Bildern passiert, und der Musik, die dazu
spielt?
SOMMER MIT DEN BURGGESPENSTERN bietet durch seinen „Film im Film“ eine ideale
Möglichkeit, mit Kindern darüber zu sprechen, was bei einem Film grundsätzlich wichtig ist.
Man kann dort sehen, dass Filme nicht chronologisch, sondern abschnittsweise in einzelnen
Sequenzen gedreht und später zu einem Ganzen zusammen montiert werden. Man kann
sehen, dass es für gefährliche Einstellungen ein Double (jemanden, der für die eigentlichen
Schauspieler einspringt) gibt, und dass solche Szenen nicht ohne Sicherheitsmaßnahmen wie
ein weiches Bett, das die Springer auffängt, gemacht werden. Man kann zuschauen, wie Otto
die Effekte macht. Ausdrücke wie „Ton ab!“, „Ton läuft“, „Klappe!“ und „Action!“ machen den
künstlichen Charakter von Film klar, auch, dass überall Leute herum stehen und sitzen, die
man dann im Film nicht sieht, also das, was man als Kameraeinstellung bezeichnet (dass man
immer nur einen ganz bestimmten Teil der Wirklichkeit sieht und alles andere weglassen kann).
Man sieht, dass Sequenzen beliebig oft wiederholbar sind, bis sie wirklich „richtig sitzen“.
Von da aus kann man darüber sprechen, was bei einem Film im Vergleich zum Buch wichtig
und anders ist, nämlich, dass er aus bewegten Bildern besteht, dass es eine Tonebene gibt,
die meist nachträglich dazu montiert wird, dass man Sequenzen in beliebiger Reihenfolge miteinander zu einem Film verbinden kann (nachträgliche Montage als Möglichkeit, die zum
Beispiel ein Theaterstück nicht hat).
Auch dass der Film viele technischen Möglichkeiten hat wie, dass man Bilder verlangsamen
(Zeitlupe) oder schneller machen (Zeitraffer) kann. Dass in einem Film verschiedene Bilder in
Überblendung über einander montiert werden können (wodurch dann die Nonnen durchsichtig
werden) oder nachträglich (heute meist) auf dem Computer Dinge eingefügt werden können,
wie das Licht der Glühwürmchen in der Sequenz, wo der Waldschrat die Baumstümpfe zum
Leuchten bringt.
Dabei ist es sinnvoll, einen Vergleich zu den sonstigen Sehgewohnheiten der Kinder anzustellen, die doch meistens von Walt Disney & Co. geprägt sind. Was ist anders? Gibt es
Unterschiede beim Schnitt (meist viel schneller), bei der Art, wie Spannung aufgebaut wird
(durch schnelle Schnittfolgen und oft durch Effekte auf der Tonebene), dabei, wie langsam
oder schnell die Geschichte grundsätzlich erzählt wird (dramaturgische Ebene)? Auch
Unterschiede bei der Kameraführung (schneller Wechsel von Perspektiven im Vergleich zu
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langsamen Einstellungen, wo die Kameraperspektive nicht so oft gewechselt wird) wird man
feststellen können.
Bei SOMMER MIT DEN BURGGESPENSTERN kann man mit Rücksicht auf das Alter der
Zielgruppe an Hand von zwei kleinen Beispielen aufzeigen, wie Film „funktioniert“.
1. Sequenz: Jakob und Caroline versuchen den Hahn vor dem erbosten
Tonmeister zu retten – Beginn der Sequenz in der Filmminute 45
Wie man im Film durch Parallelmontage Spannung erzeugt
Die Sequenz ist in einer sogenannten Parallelmontage geschnitten. Einstellungen (eine
Einstellung ist eine Einheit zwischen einem Schnitt und dem nächsten), die zwar (meistens) zur
gleichen Zeit, aber an verschiedenen Orten statt finden, werden dabei in einer Sequenz als
Einheit zusammen montiert. Meist wird diese Form der Montage in aufregenden Sequenzen
eines Filmes verwendet, wie zum Beispiel im Western in der Phase, wo Indianer und Armee
von verschiedenen Orten aus auf einander zu reiten und irgendwann am Höhepunkt der
Sequenz auf einander treffen werden. Genau so passiert es auch hier.
Der Tonmeister sitzt am Tisch und isst
Caroline und Otto sitzen gemeinsam an einem Tisch und
essen
Der Hahn kräht laut und deutlich.
Der Tonmeister springt mit dem Messer in der Hand auf
und läuft weg.
Caroline folgt ihm, sieht dabei kurz nach oben
Jakob winkt vom Turmfenster herunter.
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.
Caroline folgt dem Tonmeister
Jakob verschwindet vom Turmfenster.
Der Tonmeister öffnet die Autotür und verlautbart, dass er den Hahn umbringen will. Caroline fragt, ob sie zuschauen
darf, und steigt mit ein.
Jakob fährt mit dem Fahrrad von der Burg herunter.
Der Tonmeister fährt mit Caroline im Auto weg.
Jakob fährt mit dem Fahrrad von der Burg herunter.
Das Auto des Tonmeisters fährt auf der Hauptstraße.
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Jakob fährt mit dem Fahrrad auf dem Feldweg.
Der Tonmeister fährt mit dem Auto rasend schnell,
kCaroline ver
Er kommt an eine Weggabelung und hält an.
Caroline versucht, ihn auf den falschen Weg zu führen.
In diesem Moment kräht der Hahn, und der Tonmeister
biegt links ab.
Kühe auf der Straße verstellen dem Auto des
Tonmeisters den Weg.
Jakob kommt am Bauernhof an und sagt der Bäuerin, dass sie sofort den Hahn weg schaffen muss.
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Sie nimmt den Hahn und trägt ihn weg.
Das Auto des Tonmeisters biegt in die Einfahrt des
Bauernhofes ein.
Die Bäuerin setzt sich mit dem Hahn auf den Traktor und
startet.
Das Auto des Tonmeisters kommt näher.
Die Bäuerin fährt mit dem Traktor weg.
Das Auto des Tonmeisters ist jetzt da.
Die Bäuerin ist mit dem Traktor bereits ein Stück entfernt.
Das Auto des Tonmeisters parkt auf dem Hof.
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Jakob öffnet ihm die Tür und fragt, ob er ihm helfen kann.
Als der Tonmeister merkt, dass der Hahn weg ist, springt er erbost wieder ins Auto und fährt weg.
Jakob sagt Caroline, dass die Bäuerin den Hahn weg
gebracht hat.
Der Regisseur hat die einzelnen Bilder abwechselnd so montiert, dass du gleichzeitig
sehen kannst, was der Tonmeister macht und was Jakob macht, bzw. was die
Bäuerin tut, obwohl sich die Personen an verschiedenen Orten befinden. Das heißt,
du kannst als Zuschauer etwas sehen, was Jakob oder der Tonmeister nicht sehen
können. Durch diesen Trick wird die Sequenz sehr spannend, weil du mit erleben
kannst, wie knapp der Hahn dem Tod entkommt und du immer genau weißt, wie viel
Zeit noch bleibt, um ihn zu retten. Eine solche Art, Bilder aneinander zu knüpfen,
nennt man Parallelmontage.
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2. Sequenz: Caroline täuscht einen Brand vor, um an ein Kabel aus dem
Zimmer des Tonmeisters zu gelangen – Beginn der Sequenz in Filmminute 53
Wie man im Film durch die Musik eine bestimmte Wirkung erzeugen kann
In dieser Sequenz täuscht Caroline einen Brand vor, indem sie eine von Ottos Rauchbomben
im Papierkorb auf dem Hotelflur versenkt und dann an die Tür des Tonmeisters klopft. Die
Musik ist sehr getragen und langsam. In dem Moment, als der Tonmeister aus dem Zimmer
über den Feuerlöscher fällt und „Feuer, Feuer!“ ruft und Otto dazu kommt, um zu fragen, was
los sei, wechselt die Art der Musik, sie wird sehr schnell und „bewegt“ und vermittelt den
Eindruck, dass alles sehr schnell und drunter und drüber passiert. In Wirklichkeit bewegen
sich die Personen auf der Bilderebene jedoch sehr langsam, und man kann zum Beispiel
genau sehen, wie Caroline Otto anlächelt und Otto ihr zuzwinkert und zu verstehen gibt, dass
er nichts verraten wird. Und auch, wie Jakob im Zimmer des Tonmeisters das Kabel klaut. Das
ist ein sehr guter Trick, um Schnelligkeit zu erzeugen, ohne dabei die kleinen Zuschauer mit
schnellen Bildern, in denen sie nichts mehr erkennen können, zu überfordern!
Hier setzt ein Wechsel der Musik von getragen und langsam zu beschwingt und schnell ein.
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In dieser Szene kannst du sehen, wie man durch Musik (das nennt man die Tonebene
des Films) einen ganz anderen Eindruck vermitteln kann. Als die Musik so schnell wird,
hat man den Eindruck, dass alles viel schneller vor sich geht, obwohl in den Bildern alles
genau so langsam passiert wie vorher, wo auch die Musik sehr langsam und ruhig war.
Anmerkung:
Wenn man sich den Film nicht noch einmal ansehen kann (auf Video oder anderem
Material), besteht die Möglichkeit, die Kinder vor dem Film darauf aufmerksam zu
machen, dass sie bei diesen Sequenzen besonders acht geben sollen. Das ist nicht nur
eine didaktische Maßnahme, es ist auch spannend für die kleinen Zuschauer, wenn sie
vorweg beim Zusehen eine Aufgabe bekommen.
Weitere Materialien zum Film unter www.burggespenster.at
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REGISSEUR UND DREHBUCHAUTORIN
Bernd Neuburger als Regisseur hat gemeinsam mit Nadja Seelich als Drehbuchautorin weitere
Kinderfilme gemacht, und zwar
Jonathana und die Hexe (Österreich 1986)
Ferien mit Sylvester (Österreich 1990)
Lisa und die Säbelzahntiger (Österreich 1993)
Alle drei Filme sind in Österreich im Verleih des filmladens erhältlich.
VERLEIHKONTAKT IN ÖSTERREICH
filmladen GesmbH.
Mariahilferstraße 58/7
1070 Wien
Tel. 523 43 62 – 0, Fax 526 47 49
Email: office@filmladen.at
Website. www.filmladen.at
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WEITERE FILMEMPFEHLUNGEN
Weitere Kinderfilme zu besonderen Freundschaften, Gespenstern, Zauberei oder einem außergewöhnlichen Verhältnis zu Tieren, die im österreichischen Verleih erhältlich sind:
Daffy und der Wal (Jean-Claude Lord, Kanada 1987, ab sechs Jahren, Verleih: filmladen)
Das kleine Gespenst (Curt Linda, Deutschland 1992, ab vier Jahren, Verleih: Einhorn-Film)
Das Mädchen auf dem Besenstiel (Vaclav Vorlícek, CSSR 1974, ab acht Jahren,
Verleih: Einhorn-Film)
Der Drache Daniel (Hans Kratzert, DDR 1989, ab fünf Jahren, Verleih: filmladen)
Die goldene Robbe (Frank Zuniga, USA 1983, ab sieben Jahren, Verleih: Einhorn-Film)
Die kleine Hexe (Zdenek Smetana, CSSR/BRD 1983, ab fünf Jahren, Verleih: filmladen)
Hexen aus der Vorstadt (Drahomira Kralová, CSSR 1990, ab sechs Jahren,
Verleih: Einhorn-Film)
Kayla – mein Freund aus der Wildnis (Nicholas Kendall, Kanada/Deutschland 1997, ab sieben
Jahren, Verleih: Einhorn-Film)
Kiriku und die Zauberin (Michel Ocelot, Frankreich 1998, ab sechs Jahren, Verleih: filmladen)
Ronja Räubertochter (Tage Danielsson, Schweden/Norwegen 1984, ab sieben Jahren,
Verleih: Einhorn-Film)
Unterlage aktualisiert im Jänner 2004
Für den Inhalt verantwortlich:
Dr. Martina Lassacher
Kontakt:
Internationales Kinderfilmfestival
c/o
Institut Pitanga
Steggasse 1, 1050 Wien
Tel. 0676 – 563 52 91
email: martina.lassacher@pitanga.at
Für weitere Fragen, Wünsche, Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung!
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