Canzone della Strada

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Canzone della Strada
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quadro nuevo – grand voyage
Canzone della
Strada
Straßenmusik
im Süden
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canzone della strada
von Mulo
„La melodia non c‘è più!“ – Es gibt
sie nicht mehr, die Melodie.
So sprach der alte sizilianische Musikalien­
händler in Palermo mit einem wehmütigen
Lächeln.
Für unser viertes Album Canzone della
Strada wünschten wir uns so sehr einen
Mandolinenspieler als Gast. Das war nicht
leicht, denn in unserer globalisierten Mu­
sikwelt, die seit vielen Jahren von anglo­
amerikanischen Stilen dominiert wird,
gehen alte regionale Spieltraditionen bis­
weilen verloren.
Wieder und wieder führen uns unsere
Reisen in die Welt des Mittelmeeres, nach
Italien, das wir unzählige Male durchquer­
ten. Vom nördlichen Teil, den eleganten
Orten Venetiens und der Toskana, bis tief in
den lichtdurchfluteten Süden, den Mezzo­
giorno, wo das glitzernde Meer vom Zauber
der archaischen Frühzeit zu erzählen weiß
und die klingenden Namen der Städte die
Mythen der Antike besingen: Napoli, Posi­
tano, Palinuro, Siracusa, Agrigento.
Sommer für Sommer spielen wir un­
sere Musik auf ihren Straßen, deren Pflas­
tersteine spät nachts noch die glühende
Hitze des Tages verströmen. Unsere Reise
gleicht oft mehr einer Durchquerung der
Zeit denn der Landschaften, immer auf der
Suche nach den Melodien eines fast schon
verklungenen Italiens. Aus der uralten Tra­
dition der canzone napoletana trugen einige
wenige den canto melodico sentimentale bis
in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts
– so bezaubernde, wenn auch lange schon
vergessene Sänger wie Carlo Buti, Oscar
Carboni, Narciso Parigi, Nilla Pizzi oder
der frühe Claudio Villa. In ihrem lyrischen
Gesang und ihren Liedern erwachen die
Traumbilder des Südens, die seit jeher die
sehnsüchtig schwermütige Phantasie des
Nord- und Mitteleuropäers beflügeln. Eben
diese Italiensehnsucht, von der bereits un­
ser Schriftstellerkollege Herr Goethe zu
berichten wusste, stachelt uns an.
Außerdem sind wir von einem der­
artigen Spieltrieb besessen, dass wir uns
neben den gut organisierten Konzert-En­
gagements auch die Stadt- und Dorfplätze
als Bühne erschließen wollen. So ein Stra­
ßenmusik-Überfall sieht etwa folgender­
maßen aus:
In dem traumhaften Städtchen San
Gimignano bekommen wir den Strom für
unsere kleinen Bass- und Gitarren-Ver­
stärker von der Eisdiele Due Torri. Wir po­
sitionieren uns auf dem offenen Plätzchen
zwischen dieser und der breiten Treppe
zum Dom. Wir legen immer mit einigen
italienischen Canzoni wie Luna Rossa oder
Chitarra Romana los, um uns in einem ers­
ten Schritt die Gunst der Einheimischen
zu erwerben. Bald bilden sich zwei Scharen
von Zuhörern: eine auf den Stufen sitzend,
die andere belagert die Tische vor der Gela­
teria. Durch spontane Drehungen können
wir mal die einen, mal die anderen direkt
anspielen. Der Wirt, unsere Dreistigkeit als
umsatzsteigernd erkennend, bringt uns
eine Flasche Rotwein.
Alle sechs bis sieben Lieder legen wir
kleine Pausen ein, um zu trinken, ein paar
CDs zu verkaufen und mit den Leuten zu
plaudern. Wir finden die Zusammenset­
zung des bunten Zuhörervölkchens sehr
inspirierend. Italiener stellen uns Fragen
wie „Di dove siete?“ oder „Mamma mia,
perché suonate queste vecchie canzoni?“
Oben: San Gimignano, August 2000
Vorige Seite: Casale Marittimo, Toskana 2007
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Sogna, 30er Jahre