Allradantrieb
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Allradantrieb
Allradantrieb aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Der ursprüngliche Zweck des Allradantriebs ist weitgehende Geländetauglichkeit Allradantrieb (und Allradlenkung!) im Autosport: Ein Fiat-Stilo-Prototyp bei einem Eisrennen der Trophée Andros Der Allradantrieb (umgangssprachlich auch kurz Allrad genannt) ist eine Antriebsart bei Kraftfahrzeugen, bei der die Motorkraft eines Fahrzeuges, ganz im Gegensatz zum Frontoder Heckantrieb, auf alle bodenberührenden Räder einwirkt. Weitere und teilweise weltweit gebräuchliche Bezeichnungen für den Allradantrieb sind 4×4 (engl. Four By Four), 4WD (Four Wheel Drive) und AWD (All Wheel Drive). Allgemeines Allradantrieb hilft, schwierige Wege zu bewältigen Ein Allradantrieb wird in Fahrzeugen aus verschiedenen Gründen eingesetzt. Früher wie heute dient er eigentlich zur Erhöhung der Traktion und um eine gewisse Geländegängigkeit überhaupt zu ermöglichen, doch kam vor einigen Jahren auch der Einsatz auf der Straße (zur Verfeinerung des Fahrverhaltens) dazu. Durch den Antrieb aller bodenberührenden Räder wird der Schlupf jedes einzelnen Rades minimiert. Daher wird der Allradantrieb häufig in Fahrzeugen verbaut, die für einen Einsatz in schwierigem Gelände oder auf unbefestigten Wegen konzipiert wurden. Außer in Geländewagen wird der Allradantrieb zunehmend auch in reinen Straßenfahrzeugen eingesetzt. Hier bietet der Allradantrieb durch die erhöhte Traktion die Möglichkeit, die zunehmenden Motorleistungen auf die Straße zu übertragen und den Vorteil einer verbesserten Fahrstabilität. Gerade bei Straßenfahrzeugen bieten einige Hersteller neben dem Modell mit Allradantrieb auch ein gleichartiges mit nur einer angetriebenen Achse (Frontoder Heckantrieb) an. Durch einen geeigneten Aufbau und die Verteilung der Antriebsmomente zwischen den Achsen wird häufig dem Allradfahrzeug ein ähnliches Verhalten diktiert, wie dem einachsig angetriebenen Wagen. Es ist so möglich, ein heckdominantes Fahrverhalten (Übersteuern im Grenzbereich), ein neutrales Verhalten oder ein frontdominantes Fahrverhalten (Untersteuern im Grenzbereich) zu realisieren. Allgemein wird auch der Grenzbereich etwas erweitert gegenüber Fahrzeugen mit reinem Front- oder Heckantrieb. Beim Überschreiten physikalischer Grenzen ist ein Fahrzeug mit Allradantrieb auch ohne ausreichende Erfahrung etwas leichter zu beherrschen als ein Fahrzeug mit konventionellem Antrieb, da es relativ neutrale Fahreigenschaften hat (das bedeutet, dass das Fahrzeug weder über- noch untersteuert). Allradantrieb wird meist in Fahrzeugen mit Front- oder Heckmotor eingesetzt, da seine Verwendung in Verbindung mit einem Mittelmotor-Fahrzeug (hauptsächlich Sport- oder auch Rennwagen) wegen der begrenzten Platzverhältnisse sehr schwierig zu realisieren und somit kostspielig ist. Dieses Problem tritt auch bei einem quer eingebauten Frontmotor mit Allradantrieb auf. Derzeit zum Kauf angebotene Fahrzeuge mit Allradantrieb und Mittelmotor sind die Lamborghini-Modelle Gallardo und Murciélago sowie der Bugatti Veyron. Nachteile des Allradantriebs sind das durch ihn selbst bedingte erhöhte Fahrzeuggewicht, die höheren Produktionskosten, ein gewisser Mehrverbrauch (der jedoch durch die heutige Technik etwas reduziert wurde) und gelegentlich kleinere Kofferräume. Ferner kann der Allradantrieb, gerade auf nassen, vereisten oder verschneiten Fahrbahnen, schnell ein falsches Sicherheitsgefühl suggerieren. Mit Allrad hat das Fahrzeug zwar eine bessere Traktion, aber zum Bremsen verwenden alle Fahrzeuge, ob mit oder ohne Allradantrieb, immer alle Räder, sodass Allradfahrzeuge keine kürzeren Bremswege haben. Geschichte des Allradantriebs in der Übersicht Der von Ferdinand Porsche entwickelte Lohner-Porsche Laut heutigem Kenntnisstand geht der Ursprung allradangetriebener Fahrzeuge auf das Jahr 1827 zurück. In diesem Jahr konstruierten John Hill und Timothy Burstall in England ein dampfgetriebenes Transportfuhrwerk mit Heckantrieb und einem über eine – zur damaligen Zeit noch unübliche – Kardanwelle zuschaltbaren Vorderachsantrieb. Weitere Versuche bei dampfgetriebenen Gefährten anderer Konstrukteure folgten, doch konnte sich der Allradantrieb in diesen Fahrzeugen aufgrund technischer Probleme nicht durchsetzen. 1900 stellte Ferdinand Porsche das als Lohner-Porsche bekannte Elektromobil mit Allradantrieb vor. Dieses skurrile Gefährt war mit je einem Elektromotor an seinen vier Rädern ausgestattet. 1903 wurde der Spyker 60 H.P. als erstes Automobil mit Allradantrieb und Verbrennungsmotor als Rennwagen für den Autosport von den Brüdern Jacobus und HendrikJan Spijker konstruiert. 1915 begannen Renault und Latil die ersten Zugmaschinen mit Allradantrieb zu bauen. 1935 stellte die Büssing AG den ersten deutschen Lkw mit Allradantrieb vor. 1935 wurde mit dem Tempo G1200 das erste Fahrzeug mit Allradantrieb vorgestellt, bei dem jede Antriebsachse durch einen eigenen Verbrennungsmotor angetrieben wurde. 1940 wurde, nach einem Entwurf der Firma American Bantam, unter dem Namen Willys der erste Geländewagen für militärische Zwecke vorgestellt und ab 1941 für die US-Streitkräfte in Serie produziert. 1945 folgte eine auf diesem Fahrzeug basierende zivile Variante mit der Modellbezeichnung Jeep CJ-2A. 1945 wurde der Unimog vorgestellt, ein vielseitig einsetzbares äußerst geländegängiges Nutzfahrzeug, das ausschließlich mit Allradantrieb gebaut wird (zeitweilig auch als so genannter Triebkopf mit nur einer Achse und zwei Rädern) 1966 begann die Kleinserienproduktion des ersten Straßenfahrzeugs mit permanentem Allradantrieb – dem Jensen FF. 1972 stellte Subaru den Leone 4WD Station Wagon als erstes Großserien-Straßenfahrzeug mit zuschaltbarem Allradantrieb vor. 1980 präsentierte Audi auf dem Genfer Auto-Salon mit dem quattro das erste GroßserienStraßenfahrzeug mit permanentem Allradantrieb. Situation 2005 Neben den Geländewagen sind heutzutage auch nicht geländegängige Fahrzeugtypen, darunter sogar Sportwagen aus Gründen der erhöhten Traktion und Fahrsicherheit, oder auch wegen besserer Vermarktungsmöglichkeiten, mit einem Allradantrieb ausgestattet. Am häufigsten anzutreffen ist der Allradantrieb jedoch bei Geländewagen, SUVs und Lkw, sowie bei land- und forstwirtschaftlichen Traktoren. Bei Straßenfahrzeugen erfreut sich der Allradantrieb besonders in der oberen Mittelklasse immer größerer Beliebtheit. Bei einigen Fahrzeugherstellern wird er eingesetzt, um die Nachteile des Frontantriebs der Serienmodelle bei immer stärker werdenden Motorleistungen zu kompensieren. Auch wenn in dieser Fahrzeugklasse der Heckantrieb mit weit über 60 Prozent der zugelassenen Fahrzeuge vorherrschend ist, werden zunehmend auch diese Modelle mit Allradantrieb ausgestattet. Ein Beispiel hierfür ist die aktuelle E-Klasse. Von allen mit Allradantrieb ausgestatteten Fahrzeugen von Daimler-Chrysler unter der Marke Mercedes-Benz liegt ihr Anteil bei weit über 10 Prozent (Stand 2005). Der Anteil der mit Allradantrieb ausgestatteten Fahrzeuge dieser Fahrzeugklasse stieg insgesamt von 2002 bis 2004 von sieben auf zwölf Prozent. Technik Ein Antrieb Die derzeit häufigste Variante besteht aus einem einzelnen Antrieb (meist Verbrennungsmotor), dessen Leistung auf mehrere Achsen und Räder verteilt werden soll. Für eine grundsätzliche Betrachtung der technischen Grundlagen reicht es zunächst aus, sich auf Fahrzeuge zu beschränken, welche die Antriebsleistung auf zwei Achsen aufteilen. Andere Konfigurationen lassen sich aus diesen Grundprinzipien ableiten. Allradantriebe kann man aus technischer Sicht in zwei Grundtypen einteilen: Differenzialgesteuerte oder permanente Allradantriebe besitzen ein Zentraldifferenzial (auch: Längsdifferenzial, Mittendifferenzial), welches die Antriebsleistung permanent auf beide Achsen aufteilt und manchmal als Sperrdifferenzial ausgeführt ist. Das Zentraldifferenzial ist ein Planetengetriebe (gelegentlich auch als Differenzial ausgeführt, da dies ein spezielles Planetengetriebe mit einer 50:50-Aufteilung ist), das aus Stirnrädern, Kegelrädern, Schneckeund Schneckenrad oder Kronenrädern aufgebaut ist. Alternativ können auch Differenziale ohne Verzahnung (wie zum Beispiel Gleitsteindifferenziale) eingesetzt werden. Kupplungsgesteuerte Allradantriebe werden auch durch Begriffe wie zuschaltbar, Hang-On oder On-Demand gekennzeichnet. Bei diesen Systemen wird eine Achse permanent angetrieben, die andere Achse wird nur unter bestimmten Voraussetzungen über die Kupplung mit Antriebsleistung versorgt. Die Kupplung selbst kann eine einfache Klauenkupplung (manuelle Zuschaltung), eine Visco-Kupplung, eine Fliehkraftkupplung oder eine elektronisch gesteuerte Reiblamellenkupplung sein. Der Vorteil kupplungsgesteuerter Allradantriebe liegt vor allem in den niedrigeren Systemkosten und in der Möglichkeit das Fahrzeug mit einem markentypischen Fahrverhalten als Frontantrieb oder als Heckantrieb im Normalbetrieb auszulegen und erst bei Bedarf zu einem allradtypischen Fahrverhalten zu ändern. Ein Allradantrieb erfordert beim Fahrzeug zwei Achsdifferenziale, die beim PermanentAllrad ihrerseits wieder mit einem Längsdifferenzial verbunden sind. Vor allem beim Lkw sind zusätzlich noch Sperren des hinteren Quer- oder des Längsdifferenzials möglich. Differenzialgesteuerter (permanenter) Allradantrieb Der permanente Allradantrieb mit Zentraldifferenzial Bei Fahrzeugen mit permanentem Allradantrieb wird die Motorleistung ständig auf alle vier Räder übertragen und durch die Differenziale wird der vollständige Drehzahlausgleich ohne Leistungsverluste gewährleistet. Um Verspannungen im Antriebsstrang zu vermeiden, wird ein zusätzliches Zentraldifferenzial zwischen Vorder- und Hinterachse eingebaut. Der Nachteil hierbei ist jedoch, dass bei fehlender Bodenhaftung eines einzelnen Rades oder einer Achse das übertragbare Antriebsmoment durch dieses Rad oder diese Achse begrenzt wird, wodurch ein Fahrzeug im Extremfall nicht mehr aus eigener Kraft bewegt werden kann. Aus diesem Grund wird bei Fahrzeugen mit permanentem Allradantrieb häufig entweder das Zentraldifferenzial mit einer Sperre ausgestattet (beispielsweise die Torsen-Differenziale in Audi-quattro-Modellen mit längseingebautem Motor), oder es kommen elektronische Traktionshilfen wie ASR zum Einsatz. Durch die Bauart des Zentraldifferenzials kann das Antriebsmoment gleichmäßig (50:50) oder auch ungleichmäßig auf beide Achsen aufgeteilt werden. Da an Steigungen und beim Beschleunigen durch die dynamische Achslastverschiebung zusätzlich Gewicht auf die Hinterachse verlagert wird, ist es üblich, auch beim Antriebsmoment einen höheren Anteil auf die Hinterachse zu übertragen. Daher werden in vielen Fahrzeugen die DrehmomentAufteilungen zwischen Vorderachse und Hinterachse von 45:55 (V:H) bis 33:67 gewählt. Diese Verteilung ist zunächst zwar fest, wird aber durch die Sperre des Zentraldifferenzials wieder erweitert. Bei einem Zentraldifferenzial mit elektronischer Reiblamellenkupplung sind demnach sogar Bereiche zwischen 100:0 und 0:100 möglich. Kupplungsgesteuerter (zuschaltbarer) Allradantrieb Der per Klauenkupplung zuschaltbare Allradantrieb Bei Fahrzeugen mit zuschaltbarem Allradantrieb wird bei normalen Fahrbedingungen nur eine Achse angetrieben. Erst, wenn die Situation es erfordert, wird der Antrieb der zweiten Achse zugeschaltet. Dadurch wird die Traktion des Fahrzeugs bei glatter Fahrbahn oder losem Untergrund erhöht. Das Zuschalten der zweiten Antriebsachse erfolgt auf verschiedene Arten: Im einfachsten Falle wird eine Klauenkupplung manuell zugeschaltet Das Schalten von Radnaben verbindet die Antriebswellen mit dem Rad (dies erfordert es, das Fahrzeug zu verlassen) Durch den fehlenden Drehzahlausgleich der starren Verbindung kann es zu Verspannungen im Antriebsstrang und gelegentlichen Geräuschen beim Einparken kommen. Bei Kurvenfahrt folgen die Vorderräder einem größeren Radius und müssen sich schneller drehen als die Hinterräder, werden aber genauso schnell angetrieben wie diese. Das führt – je nach Auslegung des Fahrwerks – zu reduziertem Übersteuern bzw. verstärktem Untersteuern. Dieses kostengünstig zu produzierende Allradsystem wurde häufig in der Kleinwagenklasse verwendet. Als Beispiele hierfür seien der Fiat Panda 4x4 (der Jahre 1983–2003), Subaru Justy und Subaru Vivio sowie der Citroën AX 4x4 genannt. Der zuschaltbare Allradantrieb wird heute fast ausschließlich in Fahrzeugen angeboten, die auf normalen Straßen bewegt werden und zusätzlich bedingt geländetauglich sein sollen (SUVs). Der per Visco-Kupplung zuschaltende Allradantrieb Bei automatischen Systemen gibt es im Wesentlichen zwei Arten: Passive Systeme bauen auf einer Visco-Kupplung oder Fliehkraftkupplung auf, welche in Abhängigkeit von der Drehzahldifferenz zwischen den Achsen das Drehmoment auf die zweite Achse umleiten. Aktive Systeme basieren meist auf einer elektronisch gesteuerten Reiblamellenkupplung, die nicht mehr von Drehzahl- oder Drehmomentunterschieden, sondern von einem übergeordneten Fahrdynamikregler situationsabhängig gesteuert werden Spezielle Systeme Der Allradantrieb 4MATIC im Mercedes W124 Eine Sonderstellung nehmen Systeme ein, die zwar nicht permanent sind, aber dennoch über ein Zentraldifferenzial verfügen, das bei zugeschaltetem Allradantrieb die Verteilung der Antriebskraft übernimmt. Diese komplizierte Lösung wird aber nur selten verwendet. Ein Beispiel für ein derartiges Fahrzeug ist der Mercedes W124 4MATIC. Obwohl im Normalbetrieb nur die Hinterräder angetrieben werden, hat das Fahrzeug ein Planetengetriebe als Zentraldifferenzial. Der Allradantrieb wird mit zwei elektronisch gesteuerten Kupplungen zugeschaltet. Die Steuerungselektronik wertet ABS-Daten aus und wählt automatisch zwischen Heckantrieb, Allradantrieb mit kraftverteilendem Zentraldifferenzial und Allradantrieb mit gesperrtem Zentraldifferenzial. Sie kann bei Bedarf obendrein eine Quersperre an der Hinterachse aktivieren. Das ausgeklügelte 4MATIC-System wurde auch nach dem W124 weiterhin von Mercedes angeboten, allerdings änderte man seine doch etwas aufwändige Technik für das Nachfolgemodell W210. Ähnlich aufgebaut ist auch der Allradantrieb des aktuellen Mitsubishi Pajero Classic. Bei ihm kann der Fahrer selbst zwischen reinem Heckantrieb, Allradantrieb über das Zentraldifferenzial mit Längsausgleich und zusätzlicher Visco-Sperre und Allradantrieb mit voll gesperrtem Längsdifferenzial wählen. Falls notwendig kann auch eine Geländeuntersetzung zugeschaltet werden. Mehrere Antriebe Verbrennungsmotoren Eine Sonderform des Allradantriebs stellt eine Variante dar, bei der jede Fahrzeugachse durch einen eigenen Motor angetrieben wird. Zu den Fahrzeugen, die mit dieser Antriebsart ausgestattet wurden, zählen zum Beispiel der Tempo G1200 (4000 produzierte Fahrzeuge) und der Citroën 2 CV 4×4 "SAHARA" (694 produzierte Exemplare). In den 1980ern experimentierte auch der österreichische Formel-V-Spezialist Kurt Bergmann, in Kooperation mit VW-Motorsport, mit dieser Sonderform des Allradantriebs (siehe: Allradantrieb im Autosport). Seine Fahrzeuge vom Typ VW Golf wurden zwar beim berühmten Pikes-PeakBergrennen in den USA eingesetzt, doch die Fahrzeugart selbst gelangte nie in die VWProduktion und auch die BiMotor-Entwicklung wurde von Volkswagen danach nicht mehr weiterverfolgt. Rund 20 Jahre später ist das Doppelmotor-Allrad-Konzept aber wieder einmal en vogue, wie der auf dem Audi TT basierende Bimoto der Firma mtm mit bis zu 1000 PS Leistung eindrücklich unter Beweis stellt. Auch der im Jahre 2003 entwickelte Hoggar, ein Concept Car bzw. eine Buggy-Studie von Peugeot mit Front-, Heck- oder Allradantrieb, gehört zur seltenen Spezies der Doppelmotor-Exoten. Elektromotoren Extraterrestrischer Allradantrieb-Einsatz: David Scott, der Kommandeur von Apollo 15, auf dem "Mondauto" Eine weitere Sonderform ist der Allradantrieb durch separate Elektromotoren an jedem bodenberührenden Rad, die dort als so genannte Radnabenmotoren eingesetzt werden. Bereits im Jahr 1900 entwickelte Ferdinand Porsche im Auftrag der Automobilfabrik Jacob Lohner & Co ein als Lohner-Porsche bekanntes Fahrzeug mit dieser Technik. Allerdings hatten bei diesem Automobil alleine die Bleiakkumulatoren ein Gewicht von nicht weniger als 1800 kg. Beim als "Mondauto" bekannten Lunar Roving Vehicle fand diese Variante des Allradantriebs ebenfalls Verwendung. Hier kam an jedem Rad ein 0,18 kW leistender Elektromotor zum Einsatz. Das High-Tech-Gefährt wurde 1969 entwickelt und kam erstmals im Juli 1971 auf dem Mond zum Einsatz. Anfang der 2000er-Jahre wurde die Entwicklung von Allradfahrzeugen mit Radnabenmotoren weiter vorangetrieben. Durch immer kompakter werdende Stromspeicher, oder auch durch die Verwendung von Brennstoffzellen, wird der Einsatz dieser Technik in Fahrzeugen erleichtert. Die Firma Peugeot stellte 2005 mit dem Peugeot Quark ein allradangetriebenes Konzeptfahrzeug vor. Im gleichen Jahr präsentierte Mitsubishi den auf dem Lancer Evolution IX basierenden Mitsubishi Lancer Evolution MIEV (Mitsubishi In-wheel motor Electric Vehicle). Das Fahrzeug verfügt über eine Gesamtleistung von 200 kW (50 kW pro Motor) und über ein maximales Drehmoment von 518 Nm. Es erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h und hat eine Reichweite von 250 km. Bei der Shikoku EV Rallye 2005, einer japanischen Rennveranstaltung für Elektrofahrzeuge, sollte der Lancer Evolution MIEV erstmals an den Start gehen. Mitsubishi plant, dieses Antriebskonzept bis zum Jahr 2010 zur Serienreife zu entwickeln. Ebenfalls aus Japan stammen die Forschungsfahrzeuge KAZ und Eliica (Electric Lithium Ion Car) der Keio University, die beide durch Radnabenmotoren angetrieben werden. Diese werden wiederum von Lithium-Ionen-Akkus gespeist. Besonderheiten der Fahrzeuge sind zum Einen die Anzahl der Räder – acht – zum Anderen die erreichten Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 370 km/h. Bezeichnungen Speziell bei Lastkraftwagen kommen oft auch Varianten mit mehr als zwei Achsen vor. Um kenntlich zu machen, wie viele Achsen bzw. Räder angetrieben werden, hat sich die folgende Schreibweise etabliert: Diese Schreibweise wird auch als Antriebsformel bezeichnet. Der Standard-Pkw hätte demnach die Antriebsart 4×2, der Allrad-Pkw oder Geländewagen 4×4 (engl. four by four; 4WD ist das Kürzel für four wheel drive; FWD wird häufig fälschlich ebenfalls mit four wheel drive übersetzt, steht jedoch für front wheel drive bzw. Frontantrieb, so wie RWD die englische Abkürzung für rear wheel drive bzw. Heckantrieb ist und AWD all wheel drive Allradantrieb bedeutet und somit – neben 4×4 und 4WD – ebenfalls als Abkürzung verwendet wird), der dreiachsig angetriebene Baustellen-Lkw 6×6 oder der Dreiachs-Reisebus mit nur einer angetriebenen Achse entsprechend 6×2 bzw. mit zwei angetriebenen Achsen 6×4. Außerdem gibt es Baustellen-Lkw mit allen vier angetriebenen Achsen, somit 8×8. Die meisten Militärfahrzeuge besitzen einen Allradantrieb, bei entsprechenden Lkw und Panzerwagen sind häufig auch die Antriebsformeln 6×6 bzw. 8×8 zu finden. Allradantrieb in Pkw Der Audi quattro wurde als erstes Großserienfahrzeug mit permanentem Allradantrieb gebaut Das erste Allrad-Pkw-Serienfahrzeug der Welt war der von 1966 bis 1971 gebaute Jensen FF, der über einen permanenten Allradantrieb der Firma Ferguson Research verfügte. Der FF ('Formula Ferguson') wurde aber nur in einer kleinen Stückzahl von 320 Exemplaren produziert. Die Firma Ferguson Research stattete, neben dem eigenen Jensen FF, auch einige Fahrzeuge von Ford mit Allradantrieb aus. Aufgrund der geringen Stückzahl haben diese Ford-Sonderfahrzeuge jedoch keine größere Bedeutung für die Geschichte des Allradantriebs in Pkw. 1972 stellte Subaru den Subaru Leone Station Wagon AWD vor. Dieses Modell war der erste Pkw mit zuschaltbarem Allradantrieb, das in Großserie gefertigt wurde. 1980 wurde der Audi quattro als erstes Großserienfahrzeug mit permanentem Allradantrieb vorgestellt. Einführung des permanenten Allradantriebs in Pkw nach Fahrzeugherstellern Allrad-Winzling: Fiat Panda 4x4 bei einem Rallye-Einsatz Ein Supersportwagen mit Allradantrieb: Porsche 959 Der VW Golf IV R32 mit 4Motion-Allradantrieb Andere Bezeichnungen für Pkw mit Allradantrieb Straßenversion des Rallye-WM-Siegers Subaru Impreza Zusätzlich zu den Standardbezeichnungen haben einzelne Pkw-Hersteller spezielle Bezeichnungen eingeführt und sich zum Teil sogar rechtlich schützen lassen, wie beispielsweise: Audi quattro Mercedes 4MATIC Subaru AWD ('All Wheel Drive') Volkswagen Syncro und 4Motion Volvo AWD BMW xDrive Honda Real Time 4WD Allradantrieb in SUVs M-Klasse von Mercedes-Benz Als SUV (Sports Utility Vehicle) werden im deutschsprachigen Raum seit Mitte der 1990erJahre Fahrzeuge bezeichnet, die den Fahrkomfort eines Straßenfahrzeugs und die Geländetauglichkeit eines Geländewagens unter einen Hut bringen sollen. Deswegen sind SUVs in den meisten Fällen zwar mit einem Allradantrieb erhältlich, eignen sich aber trotzdem nur bedingt für einen Einsatz abseits asphaltierter Straßen. 1980 wurde der AMC Eagle, ein so genanntes Crossover-Fahrzeug (als Mischung eines Geländewagens mit einem Straßenfahrzeug), mit anfänglich permanentem Allradantrieb vorgestellt. Nach heutiger Verwendung des Begriffs SUV (zumindest im deutschsprachigen Raum) mit hoher Wahrscheinlichkeit das erste Fahrzeug dieser Kategorie. 1990 wurde der Golf II Country, nach einem ähnlichen Prinzip gebaut, vorgestellt. 1996 erschien der Subaru Outback, der als erster Wagen die Eigenschaften eines SUVs im heutigen Sinn aufwies. 1997 wurde die M-Klasse von Mercedes-Benz vorgestellt. Diese Baureihe war die erste, die auch offiziell mit dem Begriff SUV bezeichnet wurde. Allradantrieb in Geländewagen Der Ur-Jeep: Ein Willys MB des Baujahres 1945 Heutzutage bauen die US-Streitkräfte auf den Humvee Geländewagen sind fast ausschließlich mit einem Allradantrieb ausgerüstet. Sie haben ihre Wurzeln im militärischen Bereich. Sonderform 1935 stellte die Firma Tempo einen Geländewagen namens Tempo G1200 vor, der auf dem Lieferwagen Tempo V600 basierte. Dieses Fahrzeug verfügte über zwei Motoren mit jeweils 600 cm³ Hubraum und zwei 4-Gang-Getriebe. Dadurch konnte der G1200 wahlweise mit Front- oder Heckantrieb gefahren werden. In schwierigem Gelände war es aber auch möglich, beide Motoren gleichzeitig zu nutzen und somit einen Allradantrieb zu simulieren. Der Tempo G1200 wurde von 1937 bis 1944 insgesamt 4000-mal produziert. Geländewagen nach heutigem Verständnis 1940 fragte die US-Armee wegen des Zweiten Weltkrieges bei 135 Firmen an, ob diese in der Lage seien, ein geländegängiges Militärfahrzeug nach bestimmten Vorgaben zu konstruieren. Ein Prototyp wurde bereits kurze Zeit später erwartet. Die einzigen Firmen, die diese Aufgabe erfüllen konnten oder wollten, waren American Bantam, Ford und Willys-Overland. Kurz darauf stellte American Bantam seinen Prototypen vor. Auf Grundlage der Pläne für das Fahrzeug entwickelte Willys-Overland den Quad und Ford den Pygmy. Die Wahl der USArmee fiel auf den Willys, da dieser die gestellten Anforderungen deutlich übertraf. Dieser wurde ab 1941 zunächst in einer Kleinserie als Willys MA produziert und wenige Monate später durch die nur geringfügig überarbeitete Version Willys MB ersetzt. Um die große Nachfrage befriedigen zu können wurde ein Vertrag mit der Firma Ford abgeschlossen, die den Willys als Ford GPW nach Vorgabe von Willys-Overland fertigte. Der Willys ist auch der Ur-Jeep und sorgte dafür, dass der Begriff Jeep weltweit bekannt wurde und heutzutage häufig als Synonym für fast alle Geländewagen gebraucht wird. Den Begriff Jeep ließ sich Willys-Overland 1950 schützen; heutzutage gehört die Marke Jeep zur DaimlerChrysler AG. 1945 wurde mit dem Jeep CJ-2A der erste zivile Geländewagen auf Grundlage des Willys MB von Willys-Overland vorgestellt. Einführung des Allradantriebs in Geländewagen nach Fahrzeugherstellern Auch Päpste werden mit Allradantrieb chauffiert: Hier der inzwischen verstorbene Johannes Paul II. im Fiat Campagnola auf dem Petersplatz des Vatikans Allradantrieb in Lkw Nachkriegs-Lkw mit Allradantrieb von Magirus-Deutz (Typ Mercur 120AK) Moderner Lkw mit Allradantrieb von IVECO (Typ Eurocargo) Der erste Lkw mit Allradantrieb wurde 1935 von Büssing (damals unter Büssing-NAG firmierend) vorgestellt und trug die Bezeichnung Typ 504. Bereits 1931 hatte dieses Unternehmen mit dem Typ G 31 einen Lkw mit drei Achsen entwickelt, von denen zwei angetrieben wurden (6x4-Prinzip). Nur wenig später kamen auch Allrad-Lkw anderer Nutzfahrzeughersteller auf den Markt. Beispielsweise das ab 1941 von Magirus-Deutz (damals unter Klöckner-Deutz firmierend) gebaute Modell A330, das später als A3000 bezeichnet wurde, und das geländegängige Modell 33G1 der Henschel-Werke. Beide wurden in erster Linie an die deutsche Wehrmacht geliefert. Nach dem Zweiten Weltkrieg löste die Bauwirtschaft das Militär als Hauptabnehmer von Allrad-Lkw in Deutschland ab: Durch den Wiederaufbau nach dem Krieg und durch das Wirtschaftswunder wurden überall geländegängige Baufahrzeuge gebraucht, sodass die meisten damaligen Lkw-Hersteller Allradfahrzeuge in ihr Angebot aufnahmen. Auch heutzutage ist der Allradantrieb bei Lkw weit verbreitet, außer in der Bauwirtschaft und beim Militär auch bei Feuerwehren und anderen Hilfsdiensten wie Rotes Kreuz und THW. Bedeutende Hersteller in Europa sind beispielsweise MAN, Mercedes-Benz und IVECO. Allradantrieb in der Landtechnik Allrad-Traktor von MAN (Typ AS 330A; Baujahr 1951) Der erste Traktor mit Allradantrieb wurde 1937 von MAN entwickelt – diese Antriebsart sollte sich in der Landtechnik aber erst rund 15 Jahre später allmählich durchsetzen. Allradantrieb bei Zweirädern Bereits seit über 40 Jahren gibt es Allrad-Motorräder der Marke ROKON™ (USA), bei denen beide Räder durch Ketten angetrieben werden. Durch die großen Ballonreifen kann man damit fast jedes Terrain durchfahren und zur Not sogar das Bike schwimmend über einen See oder durch ein anderes Gewässer bringen. Seit dem Jahr 2000 gibt es auch hydraulisch angetriebene Allrad-Motorräder. Bei ihnen drückt eine Hydraulikpumpe, die im Getriebe des Motors untergebracht ist, Öl durch flexible Druckleitungen zum Vorderrad. Das Öl treibt dort einen kleinen Hydraulikmotor an, bevor es gefiltert wieder zur Pumpe zurückfließt. Die Leitungen sind, ähnlich wie eine Tachowelle, federnd verlegt. Bei diesem System werden bis zu 15 Prozent der Motorleistung auf das Vorderrad übertragen. Der so aufgebaute Allradantrieb im Motorrad verspricht vor allem eine höhere Kurvenstabilität und eine leichtere Fahrzeugkontrolle. Derzeit wird er von vielen Herstellern forciert entwickelt, eine Serienreife erlangte er jedoch noch nicht. Der Einsatz beschränkte sich bisher auf den Motorsport. Schon in den 1950er-Jahren gab es erste Versuche, Motorräder mit der Allradtechnik auszurüsten. Dies scheiterte jedoch an einem zu hohen Verschleiß der flexiblen Antriebswelle. Bei Fahrrädern wurde ein Allradantrieb mit Hilfe einer biegsamen Welle entwickelt. Sie verteilt die Antriebskräfte, speziell bei Mountainbikes, auf beide Räder.