Einfach mal das Hirn wegpusten 01.11.2011 – Michael Krieger Es

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Einfach mal das Hirn wegpusten 01.11.2011 – Michael Krieger Es
Einfach mal das Hirn wegpusten
01.11.2011 – Michael Krieger
Es war einmal, vor nicht allzu langer Zeit – eigentlich gestern, aber das tut in einem Märchen
überhaupt gar nichts zur Sache – da lebte ein kleines Mädchen in der großen Stadt. Sie trug
jeden Tag ihr rosa Kleidchen und freute sich ihres unbeschwerten Lebens. Sie durfte jeden
Tag zu Hause bleiben und musste nicht zur Schule gehen, deswegen war sie auch dumm
wie Brot und konnte nichts außer über grüne Parkwiesen hüpfen und Schmetterlingen
hinterher jagen. Oma machte ihr jeden Tag einen wunderbaren Kuchen. Deswegen war das
kleine Mädchen mit dem rosa Kleidchen nicht nur dumm wie Brot, sondern auch noch rund
wie ein Fass. Sie wurde immer dicker und es fiel ihr immer schwerer über die Wiesen zu
hüpfen und den Schmetterlingen hinterher zu laufen. Irgendwann ließ sie es dann ganz
bleiben und winkte nur noch ab.
Als sie so bräsig auf der Wiese lag und sich die Sonne auf den Wanst schienen ließ und
dabei ordentlich Kuchen in sich hinein schaufelte wie ein Scheunendrescher das Heu, da
entdeckte sie zwischen den Bäumen des Parks etwas Rotes. Es blinzte ganz unscheinbar
hindurch. Nur wenn der Wind ein paar Äste bewegte konnte man es sehen. Das kleine,
dicke, dumme Mädchen in dem rosa Kleidchen strengte sich furchtbar an und kniff die Augen
zu einem Schlitz zusammen. Es gelang ihr nicht, zu erkennen, was nun das Rote war.
Mit schwerem Schnauben und Keuchen raffte sie sich aus, strich das rosa Kleidchen glatt
und marschierte los. Bei jedem Schritt erzitterte der Boden unter ihrem Gewicht und andere
Kinder liefen schreiend vor Angst davon. Daran hatte sich das kleine, dicke, dumme
Mädchen aber schon gewöhnt und ignorierte die anderen Kinder. Die sollen mir bloß nicht zu
nahe kommen, sagte das kleine, dicke, dumme Mädchen, sonst werde sie alle auffressen.
Das war nicht nur eine leere Drohung. Erst vor einer Woche hat sie einem Jungen, der sie
die ganze Zeit mit einem Stock in die Seite stach den Kopf abgerissen und ihn anschließend
komplett mit seinen Kleidern verspeist. Als Nachtisch stopfte sie auch noch den gelben
Bagger in sich hinein, den der Junge mit dem abgerissenen Kopf dabei hatte. Seitdem
fürchten sich alle Kinder vor dem kleinen, dicken, dummen Mädchen im rosa Kleidchen.
Endlich kommt sie, schwer atmend, an der Baumgruppe an, hinter der sich das Rote
verborgen hält. Sie muss sich an einem Baum abstützen und leicht in die Knie gehen, sonst
bekommt sie keine Luft mehr. Der Baum ächzt unter dem Gewicht des kleinen, dicken,
dummen Mädchens und bricht schließlich entzwei. Was nicht ganz von Nachteil ist, wie das
kleine, dicke, dumme Mädchen feststellt. Schließlich kann sie jetzt das Rote sehen. Es ist
das Gerüst eines Spielplatzes, den sie noch nie zuvor gesehen hat. Sie klettert ungeschickt
über den eben gerade entzwei gebrochenen Baum und zerreißt dabei das wunderschöne
rosa Kleidchen. Die Kinder, die noch auf dem Gerüst turnen fangen schon wieder an zu
schreien. Sie versuchen so schnell sie können herunter zu klettern und flüchten sich unter
die Röcke ihrer Mütter. Ein Kind weint sogar los und klammert sich an einem Pfosten fest.
Das kleine, dicke, dumme Mädchen lässt das Kind aber in Ruhe und als sie an ihm vorüber
ist hört das Kind auch auf zu weinen und schaut etwas unwirklich dem kleinen, dicken,
dummen Mädchen hinterher. Seine Mama kommt und holt es ab. Eine Träne kullert noch
über die Wange. Das kleine, dicke, dumme Mädchen klettert auf das Gerüst, welches prompt
unter ihrem Gewicht nachgibt und nach keinen fünf Minuten flach wie eine Flunder auf dem
Sand liegt, auf dem es zuvor noch stand. Alle Kinder fangen an zu weinen. Auch die Mütter
weinen los.
Da taucht aus dem Nichts ein Rudel Pittbulls auf und stürmt auf das kleine, dicke, dumme
Mädchen zu. Die Hunde rissen und schnappten nach allem, was sie packen konnten. Doch
das Mädchen ist so dick, dass sie ihre Mäuler gar nicht so weit aufreißen können um das
Mädchen überhaupt zu packen. Das kleine, dicke, dumme Mädchen beginnt zu lachen und
frisst einem nach dem anderen von den Hunde auf. Da kommt Jaques-Günter-Kevin um die
Ecke. Jaques-Günter-Kevin haben die Hunde gehört. Er regt sich furchtbar auf und zieht
schließlich eine Schrotflinte aus seiner Jacke und pustet dem kleinen, dicken, dummen
Mädchen das Hirn weg. Alle Kinder lachten unter den Röcken ihrer Mütter und freuten sich
ihres Lebens.
Katzenkinder im Studentenwohnheim, viele
02.11.2011 – Michael Krieger
Ich habe nie in einem Wohnheim gelebt. Gut, als ich Schüler war, da gab es das Landwohnheim.
Da war ich schon. Gefallen hat es mir auch, aber ich habe dann beschlossen, dass das gereicht
hat für mein Leben. Seither war ich auf jeden Fall kein Bewohner mehr eines Wohnheims.
Einige meiner Kommilitonen leben aber in diesen komischen Hochhäusern, die auf jeden
Stockwerk eine Küche haben, aber auch nur eine. Manche von diesen Lebensraumkomplexen
besitzen sogar nur Etagentoiletten und -bäder. Das würde mich schon eher etwas motivieren dort
zu wohnen, wobei ich davon ausgehe, dass meine Kommilitonen eher Spießer sind und deswegen
bestimmt nicht nackt zum Bad hüpfen werden am frühen Morgen. Die Tendenz geht ja wieder zur
Scham. Schämen sollte man sich wieder mehr. Vor allem Rentner haben Scham vollkommen
verloren. Die stürzten an der Supermarktkasse an einem vorbei, weil sie es ganz dringlich haben.
Oder sie steigen aus dem Bus aus und bleiben direkt vor der Tür stehen, um sich erst einmal
wieder zu sortieren. Unsäglich. Man kommt nicht an ihnen vorbei. Schämen sollen sie sich dafür,
unsere älteren Mitbürger. Schämt euch! So hätte das Buch von Stephan Hessel auch heißen
können. Dann würden sich die Demonstranten in Spanien auch Beschämte nennen und nicht
Empörte. Klingt alles nicht so schlecht. Ich drifte ab.
Zurück zu den Kommilitonen, die sich nicht trauen nackt über den Flur zu spurten. In einigen
Wohnheimen gibt es sogar eine Nasszelle in jeder kleinen Wohneinheit, die teilweise kleiner ist als
mein gesamtes Bad in meiner Einraumwohnung in der großen Stadt. Die ist sogar noch so günstig
wie mancher Wohnheimsplatz. Zudem kann ich hier meine Stromanbieter selbst wählen. Auf
Atomstrom habe ich nämlich so gar keinen Bock und weil die verschissenen Studentenwerke
sozial wirtschaften müssen, ist dann eben der Großanbieter mit Haufenweise Atom- und
Kohlestrom das Topangebot. Ich zahle gerne mehr. Ich will auch mehr zahlen. Und apropos, mein
Stromanbieter ist sogar günstiger als der örtliche Umweltverpester.
Als ich letztens auf einer Feier in einem dieser Sozialbrennpunkte war, es wurde Musik gehört, die
mir nicht gefiel, es wurde Pingpong gespielt, was ich nicht ab kann, es wurde viel Fleisch gegrillt,
was mir nicht mundet, es wurde viel warmes Bier getrunken, was ich ganz grässlich finde. Alles in
allem: Es war schlecht. Grauenhaft schlecht. Aber den Minderbemittelten war es der Höhepunkt in
ihrem stumpfen Alltag. Statt mal ins Konzert zu gehen, klassisch, statt mal in die Oper zu gehen,
modern, statt mal ins Theater zu gehen, bravurös, hauen sich die hier einfach nur die Hucke voll
und finden das auch noch ganz angebracht. Ich wollte fliehen von dieser Veranstaltung, die nur
zeigt, dass Studenten wohl das armseligste sind, was Gott auf Erden schuf. Aber ich durfte mich
nicht zu sehr aufspielen, immerhin waren viele dieser komisch schlecht gekleideten Menschen hier
meine so genannten Freunde. Klingt komisch, ist aber so!
Ich kam dann auf die Idee so lange auf dieser – ja, ich nenne es mal so – Feier zu bleiben, bis sich
alle schlafen legen. Dann wollte ich mich nackt ausziehen und über die Flure wandeln. Um ihnen
einen ordentlichen Hieb gegen die Scham zu geben. Dabei wollte ich dann auch an jede zweite
Tür klopfen und die müden Gesichter auf den Fluren sehen, die mir ganz neidisch auf meinen
Hintern schielen würden und sich dabei dächten, wie mutig der doch sei und ob er sich dafür nicht
schämte uns Hochgeschlossene so vorzuführen. Ja, darauf freue ich mich jetzt schon und reibe
mir die Hände um sie dann wieder an den Grill zu halten und sie zu wärmen.
Eine noch bessere Idee kam mir dann nach dem dreiundvierzigsten warmen Bier. Zusammen mit
einem Freund, der sich hier auch fehl am Platz fühlte. Nicht aber deswegen, weil er ebenso wie ich
eine Wohnung bewohnt, nein, er fühlte sich falsch, weil er in einem anderen Wohnheim wohnt und
von dort wohl niemand hier ist, den er kennen würde. Armselig. Wirklich armselig. Ich rolle mit den
Augen und drehe mich anderen Leuten zu, die ich zwar nicht kenne, ihnen aber aufmerksam
zuhöre. Sie unterhalten sich über irgendetwas Fachidiotisches und fühle sich dabei ganz gut. Es
geht wohl immer ums Fühlen. Gut, zurück zur Idee. Das nächste Bier ist schon offen.
Katzenkinder. Ich will Katzenkinder im Wohnheim aussetzen. Ganz viele. Dutzende. Hunderte.
Tausende. Millionen. Milliarden. Billionen. Alle. Wie viele Katzenkinder gibt es auf der Welt
überhaupt. Es gibt rund hundert Milliarden Vögel, aber wie viele Katzenkinder? Egal. Wo bekomme
ich welche her? Der Freund schiebt meinen Einfall auf meinen inzwischen recht hohen
Alkoholspiegel. Ich will Katzenkinder im Wohnheim aussetzen. Die fallen dann die Spießer an,
wenn sie angezogen zum Bad eilen und sich im Dampf bereits wieder anziehen! Pakt sich euch!
Dir huste ich auch gleich einen
02.11.2011 – Michael Krieger
Ich habe auf dem wohlig weichen Klappsitz platz genommen. Block F. Seitlich zum Podium. Bester
Blick um den Streichern die Noten mit zu lesen. Kurz bevor sich das Licht runter dimmt setzt sich
eine ältere Dame um die vierundneunzig, vielleicht auch fünfundneunzig Jahren auf den freien Sitz
neben ihr. Ich lächle ihr zu. Das mache ich immer. Dann fühlen sich die älteren Mitbürger nicht in
Gefahr und erfreuen sich ihres hohen Alters, ohne an die Jugend neben ihnen zu denken. Das
Licht dimmt. Der Pianist steht bereits im Halbschatten am Rand der Bühne und wir beginnen
kräftig die Hände gegen einander zu hauen um ihn in unserer Runde zu begrüßen.
Der Dame neben mir fällt dabei das Programmheft runter und mir zwischen die Füße. Sie griffelt
mit ihren knochigen Fingern zwischen meinen Beinen herum, was mir schon etwas unangenehm
ist. Ich beuge mich zu ihr hinunter. Kölnisch Wasser strapaziert meine Riechnerven. Ich fummele
das Pamphlet hervor und reiche es ihr. Sie bedankt sich still. Der Applaus erstirbt bereits und dann
hustet die Frau neben mir erst einmal ordentlich in ihre Hand. Sie wischt sich den Schnodder am
Hosenbein ab. Appetitlich. Gut das ich schon gegessen habe.
Die ersten Töne erklingen und wieder meldet sich Gast auf Platz F 2.5 (Block F, siehe oben,
Zweite Reihe, Fünfter Platz. Zur Information: Ich sitze F 2.4). Sie gruschelt ihre Jacke auf ihrem
Schoß zusammen. Es gibt ja so Gäste, die ihre Jacke mit in den Konzertsaal nehmen. So auch
sie. Die wurschteln sie dann auf ihrem Schoß zu einem Häufchen zusammen, der natürlich dort
keine fünf Minuten still liegen bleibt. Zumeist sind es auch ordentliche Gruschel-Jacken, die sich
bei der geringsten Bewegung lautstark zu Wort melden. Es gäbe zwar auch eine Garderobe, die
ich zum Beispiel jedes Mal nutze, denn sie ist kostenlos und man kann dort alles hinterlegen,
selbst angetrunkene Fantaflaschen, aber die Gruschelleute brauchen keine Garderobe, denn sie
wollen das Gebäude nach dem Konzert fluchtartig verlassen. So als wären sie vor jemanden
geflohen und hören sich nur kurz zwischendurch Mahlers Sechste an. Übrigens eine der tollsten
Symphonien überhaupt. Toll! Toll! Toll! Neben mir: Gruschel! Gruschel! Gruschel.
Ich verdrehe die Augen und räuspere mich in ihre Richtung. Die meisten kapieren, was gemeint ist
und verhalten sich dann still. Das aber nur in den Blöcken A und B. Also nur dort, wo die HardcoreKonzertgänger sitzen. Die geben aber in der Regel ihre Sachen an der Garderobe ab. In Block F
sitzt der Pöbel und der kennt das nicht.
Animiert durch mein Räuspern, räuspert sie sich nun auch. Ich verdrehe die Augen, atme tief ein
und wieder aus.
Getoppt wird das ganze dann zu Beginn des etwas leiseren Teils der Symphonie, der eh schon rar
ist. Sie tuschelt mit ihrer Nachbarin, ebenfalls eine Gruschelfrau. Die leisten Stellen in einem
Konzert sind nicht dafür da, um sich über die lauten zu unterhalten, meine Damen!, sage ich dann
doch nicht, denke es mir aber. Sie bringen mich zur Weißglut.
Nun blättern sie auch noch fröhlich im Programm los. Fehlt ja nur noch, dass ausgerechnet jetzt,
kurz vor dem dramatischen Einsatz des Mahlerhammers ein Mobiltelefon seine Melodie zum
besten gibt. Und als würde ich es heraufbeschwören schallt mir die Titelmelodie von Sex and the
City entgegen. Entnervt sehe ich die beiden an. Die eine kramt nach dem mobilen Telefonendgerät
um es natürlich peinlich berührt auszumachen. Das tut sie aber doch nicht. Sie geht tatsächlich
ran. Die Musiker spielen sich in Ekstase und Gruschel-Mausi muss Putzi-Spatzi sagen, dass sie
gerade im Konzert ist und nachher nochmal anrufen will. Währenddessen hustet Freundin direkt
neben mir mal ordentlich wieder in die Faust. Widerlich.
Telefon-Gruschel-Mausi legt auf. Jetzt bin ich inzwischen nicht mehr der einzige, der die beiden
böse anguckt. In der Pause, Mahler ist vorbei es soll Berg folgen, fordert ein älterer Herr die
beiden Ollen auf, dass sie doch ins Wirtshaus gehen mögen, wenn sie nicht wüssten, wie man sich
im Konzert benimmt. Ich applaudiere ihm lauthals zu. Wieder ernten wir böse blicke. Man solle sich
doch nicht so spießig anstellen, sagt die Mobilfunk-Maus mit ihren Nageldesign-Nägeln, sie habe
eben nicht gewusst, dass jemand anruft. Ja, deswegen schaltet man das Telefon auch auf lautlos,
oder noch besser aus, bevor man Musik genießt. Die haben wirklich gar keine Ahnung.
Beim Rausgehen in die Pause schubse ich die eine natürlich völlig unabsichtlich an, so dass sie
fast die Treppe hinauf fällt. Na hören Sie mal, raunt man mich an. Na HÖREN Sie mal, raune ich
zurück und zupfe mein Jackett zurecht. Es gibt auch eine Garderobe, wo sie ihre scheiß verfickten
Taschen und Jacken abgeben können, die kostet auch nichts, schreie ich und remple erneut.
Sexualpenetration I
04.11.2011 – Michael Krieger
Die Vorlesung ist wieder ganz fürchterlich langweilig. Und weil ich mich so fürchterlich langweile,
sehe ich mich so ein wenig in den Reihen um. Ich bin nicht der einzige. Ein paar spielen BlattPapier-Spiele, so etwas wie XXO, andere stieren in ihre Rechner, die vor ihnen dahin summen,
andere reinigen die Fingernägel und zwei, drei Leutchen hören tatsächlich auch zu. Der Professor
ist nicht bekannt dafür, Fragen zu stellen, weswegen man auch nicht folgen muss. Ich schweife mit
einem zweiten Blick durchs Podium. Absicht: Was wäre denn Fickbares hier? Dazu muss mir
schon ganz fürchterlich langweilig sein.
Der Blick streift und bleibt nicht bei vielen hängen, aber bei meinem Nachbar zur rechten Seite. Ein
Stuhl zwischen uns ist frei. Er kritzelt etwas auf seinen Block, ich kann es nicht erkennen. Ich
beuge mich deswegen hinüber, dabei knarzt mein Stuhl ziemlich laut und für einen Augenblick sind
alle Blicke auf mir. Auch die meines Nachbarn.
Was machst du da? frage ich ihn. Er zeigt mir seine Ein-Haus-vom-Nikolaus-Sammlung. Dann
schreibt er oben rechts XXO hin. Ich nickte und schiebe mich auf den Nachbarsitz, direkt neben
ihn. Es knarzt wieder grässlich und ich blicke entschuldigend zum Professor, der mich mit seinen
toten Augen fixiert. Mein Nachbar stellt sich kurz vor, ich mich auch, und schwupp die wupp ist
auch schon die Raute gezeichnet. Ich setze mein erstes X in die Mitte. Er das O unten links.
Nachdem ich die ersten beiden Spiele absichtlich verloren habe, rücke ich noch ein Stück näher.
Er merkt, dass sich unsere Oberschenkel berühren, sieht mich auch kurz an, rückt aber nicht weg.
Eindeutig eine Einladung.
Dieses Mal zeichne ich die Raute, er setzt das O oben rechts, ich das X in die Mitte. Jetzt will ich
gewinnen, verliere aber dennoch. Verdammt. Ich wechsle die Hand und lege die andere so
unabsichtlich ungünstig auf meinen Oberschenkel, dass ich mit meinem Finger bei wenig
Anstrengung an seinen komme. Die beiden Beine berühren sich immer noch. Nach dem nächsten
Spiel, endlich gewinne ich, lasse ich den kleinen Finger wandern.
Der Puls schlägt mir bis zum Umfallen. Wenn ohnmächtig werden, dann jetzt! Ich schlucke stark.
Er sieht mich wieder an. Ich sehe ihn an und halte dabei den kleinen Finger gepresst auf seinen
Oberschenkel. Er leckt sich die Lippen. Ich tue so, als würde ich mich kurz strecken und lasse
meine Hand dabei komplett auf seinen Oberschenkel wandern. Ziemlich weit vorne beim Knie. Ich
will es nicht übertreiben. Er zeichnet die Raute, wieder gewinne ich. Er lässt mich gewinnen.
Absichtlich. Das ist mir jetzt auch egal. Eigentlich wird nur noch die Raute gezeichnet, für alles
andere habe ich keine Gedanken.
Er nimmt den Stift nun auch in die linke Hand, so dass ich besser Platz habe. Dabei schiebt er
seinen ganzen Körper ein Stück weiter nach vorne und lehnt sich dann an. Wieder knarzt es, aber
leiser als mein Stuhl. Keiner sieht uns an. Gut so. Es gibt ja immer unmögliche Leute, die sowas
nicht ab können.
Weil er weiter nach vorne gerutscht ist liegt meine Hand nun eindeutig auf dem Mobilfunktelefon.
Und weil das etwas unpraktisch und schon gar nicht romantisch ist, lasse ich mit einem leichten
Seufzer die Hand in die Mitte seines Schoßes gleiten.
Ordentlich Blut pumpt es nach unten, bei mir und bei ihm. Ich merke es, er sieht es. Ich drücke
schlagartig fest zu. Er stöhnt ein wenig. Aber er muss sich zusammen nehmen nicht zu laut zu
sein, immerhin sitzen noch so gut neunzig Leute um uns herum und der Professor doziert über …
Ja, über was doziert er eigentlich? Ich blicke kurz zur Tafel, ein Wust an Worten und Pfeilen und
was weiß Gott noch was. Ich drücke erneut zu. Er rutscht wieder ein Stück nach vorne. Es schiebt
ihm das Hemd hoch. Der Gürtel ist eine Klammer. Einen, den ich nie auf bekomme. Ich versuche
es erst gar nicht. Zudem werden wir schon bemerkt. Ich nicke in ihre Richtung, sie sitzt zwei Sitze
neben ihm und sieht verächtlich herüber. Ich mache einen Kussmund. Sie wendet sich ab.
Ich streichele mit meiner Hand über die Gürtelschnalle, dann über seinen Bauch. Er hat einen
süßen Streifen Schamhaare bis zum Bauchnabel. Ich kitzele. Er lacht lautlos auf.
Seine Hand ist nun auch auf meinem Oberschenkel und schon gefährlich nah an der berüchtigten
Zone. Ich lasse meine Finger unter die Gürtelschnalle gleiten und schaffe es auf Anhieb zumindest
den Knopf der Hose zu öffnen. Seine Buchse ist weiß. Stört mich nicht weiter, auch wenn ich
dunkle Farben besser finde. Ich greife unter den Bund. Seine Schamhaare werden dichter, die
Erregung steigt. Bevor ich dann weiter gehen kann, ist die Vorlesung leider zu Ende. Aufräumen.
Rasende Ratten rattern rum
05.11.2011 – Michael Krieger
1a) Ein gänzlich kleinstes Kleinkinderkettenkreissägenmassaker in Castrop-Rauxel mit
absolut und überhaupt reißfestesten Zellophanschutzfolienverpackungsvakuumsaugern in
perforierten, rotblaugelbgrünen, handgearbeiteten Eispickelsandelholzgriffverkleidungen in
Panzersicherheitsglasgießereien gegossenem und erneut gerade erst wieder aufbereitetem
Atomkraftsuranmüllberghügeln aus Frankreichs schönstem Süden in vollautomatisierten
Castortransportern verpackte Silbergoldplastikkupfermünzen aus der westjapanischen
Fukushimaprovinz und dazu eine Jus aus Garnelenaugenpupillensuppe auf warmen
Brotkrumenkrustenkraut.
1b) Nun holen Sie Luft.
Atmen Sie langsam ein und wieder aus.
2) Dann beginnen Sie von vorne, aber beachten sie die leichten Veränderung!
2a) Ein gänzlich größtes Kleinkinderkettenkreissägenmassaker in Westhannover mit
endgültig und schussfesteren, graureißfestesten Zellophanschutzfolienverpackungsvakuumsaugern in perforierten, gelbblaurotgrünen, fußgearbeiteten Eispickelsandelholzgriffverkleidungen in Panzersicherheitsglasgießereien gegossenem und wieder gerade erst
erneut aufbereitetem Atomkraftsuranmüllberghügeln aus Frankreichs hässlichstem Süden in
vollmanuellen Castortransportern versteckte Silbergoldplastikkupfermünzen aus der
ostpazifischen Fukushimaprovinz und dazu eine Krem aus Garnelenaugenpupillensuppe auf
kaltem Brotkrumenkrustenkraut.
2b) Nun holen Sie Luft.
Atmen Sie langsam ein und wieder aus.
3) Dann beginnen Sie nicht von vorne, aber beachten sie die leichten Veränderungen!
3a) Ein gänzlich kleinstes größstes Kleinkinderkettenkreissägenmassaker in WesthannoverCastrop-Rauxel mit endgültig absolut und schussfesteren überhaupt graureißfestesten
Zellophanschutzfolienverpackungsvakuumsaugern in perforierten, gelbrotrotblaugelbgrünen,
handfußgearbeiteten Eispickelsandelholzgriffverkleidungen in Panzersicherheitsglasgießereien gegossenem und wieder erneut gerade erst wieder erneut aufbereitetem
Atomkraftsuranmüllberghügeln aus Frankreichs schönstem hässlichen Süden in
vollmanuellautomatisierten Castortransportern verpacktversteckte Silbergoldplastikkupfermünzen aus der westostpazifischjapanischen Fukushimaprovinz und dazu eine Kremjus aus
Garnelenaugenpupillensuppe auf kaltwarmen Brotkrumenkrustenkraut.
4) Haben Sie eigentlich schon jemanden erschossen?
4a) Und wenn nicht, warum eigentlich?
4b) Und wenn doch, warum eigentlich nicht mehr als einen?
4ba) Haben Sie sich etwa nicht getraut noch einen zu ermorden? Ihn eiskalt nieder zu
strecken, seine Familie auszulöschen von der Uroma, die schon Jahre tot ist, der sie aber
trotzdem ins Grab schießen bis hin zum Ururenkel. Einfach alle. Danach zünden Sie sein
Haus an und verbrennen noch die Firma, in der er arbeitete. Am besten, wenn sie vorher
noch die Türen verschließen und tausende Liter Benzin darüber gießen.
4bb) Oder sind Sie von mildem Gemüt, dass Sie sich ihres Minderwertigkeitskomplexes
schämen und deswegen versuchen kleine Kinder Süßigkeiten zuzustecken, bevor Sie sie mit
einem abgebrochenen Holzbesenstil unten rum penetrieren?
5) Warum darf man sowas eigentlich nicht sagen? Weil man sonst sofort von der Polizei
überwacht wird? Die möchte ich an dieser Stelle übrigens mal herzlich kurz grüßen: Hallo
Bullen, na, wie ist es so bei euch?
6) Kleinkinderkettenkreissägenmassaker.
7) Brotkrumenkrustenkraut.
8) Wussten Sie eigentlich, dass das Deutsche eine der wenigen Sprachen ist, die so
wunderbar einfach ein neues Wort schöpfen können? Man kann jeden Stuss aneinander
reihen, dass es eine neue Bedeutung bekommt, dass es ein neues Wort ergibt. Das
Deutsche hat mehr als eine halbe Million Worte, es hat unendlich viele! Das Englisch nicht!
9) Nun holen Sie Luft.
Nur ein wenig Körperkontakt
06.11.2011 – Michael Krieger
Der Klub hat sich geleert. Nur noch die letzten übrig gebliebenen stehen verstreut auf der
Tanzfläche umher und wissen nicht so recht, ob sie nun gehen sollen oder doch noch einmal einen
Versuch starten nicht alleine im Bett zu landen. Die Sprüche werden immer flacher, die
Erfolgschancen sinken zunehmend.
Hej, du hast schöne Augen.
Warum schläfst du heute Abend alleine? (Den finde ich ja fast noch gut)
Total tolle Jacke.
Du auch hier?
Ich wohne gleich um die Ecke, du kannst bei mir schlafen.
Dabei ist es aber völlig unerheblich, ob hier ein Mann eine Frau, eine Frau einen Mann, ein Mann
einen Mann oder eine Frau eine Frau oder jemand einzelnes eine Gruppe anspricht. Die Antworten
sind fast immer die gleichen. Sie sind austauschbar. Unerheblich welche Aussage zuerst getroffen
wurde.
Du nicht.
Darum.
Danke.
Ich wohne auch gleich hier.
Je geringsilbiger, desto zerstreuter und verzweifelter reagiert der Flirter. Es mag sogar ausarten in
einen Verzweiflungsakt. Nur der Anstand hält uns zurück, jemanden am Arm zu packen und
einfach mit in seine Höhle zu schleppen.
Ich stehe nun da, ein kleiner Kreis hat sich gebildet. Man kennt sich untereinander. Der restliche
Raum ist leer. In der Ecke liegt noch jemand und übergibt sich auf sein Oberteil. Manchmal geht
jemand aus der Gruppe, manchmal kommt jemand. Es ist flexibel. Austauschbar. Beliebig. Jeder
steht in einem nüchternen Abstand zu einander. Keine Berührungspunkte. Die Männer gerne
etwas breiter aufgestellt. Sie wollen Macht demonstrieren. Ich bin hier der Jäger. Die Frauen
stellen die Beine gerne dicht aneinander. Bei der ein oder anderen sogar über kreuz. Sie sammelt.
Die Steinzeit hat uns bis heute nicht verlassen, auch wenn wir in einer Minute tausende Anschläge
auf der Tastatur hinbekommen und über unsere Berührungsbildschirme wischen. Es macht keinen
Unterschied. Jahrtausende hin oder her.
Es ist der Moment gekommen, an dem man sich lösen muss. An dem jeder in eine andere
Richtung davon geht. Die Zeit des Abschiedes. Panik macht sich innerlich breit. Jeder sieht auf
den Boden. Ich auch. Dabei wische ich eine Zigarettenkippe mit dem Fuß davon. Betretenes
schweigen. Man möchte sich nicht auflösen, aber es ist unmöglich jetzt noch die Gelegenheit zu
ergreifen. Ich will die Nacht nicht alleine verbringen.
Jemand beginnt. Eine Frau. Sie verabschiedet sich von der Dame neben ihr. Sie umarmen sich.
Der Puls steigt in mir. Es kann doch nicht wahr sein, dass es nun enden muss. Es darf nicht so
sein. Es kann nicht so sein. Sie hat die Runde fast durch. Dann umarmt sie mich. Wir geben uns
links und rechts einen Kuss und dann ist sie auch schon davon. Die Reihen dünnen sich aus.
Zuletzt bleiben noch drei Personen übrig: Ein Mann, eine Frau und ich. Was gäbe ich jetzt nur
dafür angesprochen zu werden. Selbst bin ich zu schüchtern. Zu feige. Ein scheues Reh, dass
beim ersten Lichtblitz auf und davon hüpft. Und weg. Der Abstand im Dreieck ist zu groß, jede
unabsichtlich absichtliche Berührung würde sofort Verdacht erwecken. Es ist grässlich.
Fürchterlich. Abstoßend. Errettet mich!
Es passiert. Unerwartet. Plötzlich. Ohne Vorwarnung prasselt es auch mich ein. Ein Sturzbach
durchfährt meinen Körper. Jemand kam mir nah. Unabsichtlich absichtlich, dass ist eindeutig. Der
Kontakt am Oberarm war zu lange um nur im Vorbei geschehen zu sein. Der Kontakt hält. Eine
innere Wonne macht sich breit. Sie wärmt meinen Körper. Mir wird warm. Mir wird heiß. Ich werde
heiß. Blut zirkuliert. Blut generiert. Darf ich doch noch Hoffnung schöpfen. Kann ich doch noch
Hoffnung schöpfen. Muss ich gar noch Hoffnung schöpfen. Ich beschließe zu schöpfen.
Ins Ungewisse hinein erwidere ich den Druck auf meiner Schulter. Wenn der jemand jetzt nachgibt,
dann habe ich umsonst gefleht. Dann bleibt mein Bett wohl heute kalt.
Doch! Der Druck wird erwidert. Ich jubele innerlich. Ich springe nackt über Frühlingswesen. Das
Blut meldet sich zu Wort. Es ist bereit. Man ist bereit. Mann ist bereit. Dann doch Abschied.
Das Flirt-Fick-Gedicht
07.11.2011 – Michael Krieger
Ich gehe auf dich zu
und du schaust nur ins Licht.
Der Abend ist noch früh,
ich sehe dein Gesicht.
Stunden lange tanzen.
Dann passiert es.
Ich spüre an mir Tatzen.
Wärme, Verführtes.
Ich freute mich sehr
nahm sie in den Arm.
Es schmeckte nach mehr.
Verstummter Alarm.
Du tanzt zur Musik,
ich tanze zu dir hin.
Das ist meine Taktik,
da bin ich ganz drin.
Ich drehe mich um
sehe ein schönes Gesicht.
Ist's doch drum,
die Stimmung aufbricht.
Wir gingen in eine Ecke
und setzten uns.
Ich nannte sie Schnecke,
Das süße Nichtstuns.
Deine Arme rudern
durch die Luft sehr wild.
Ich bin am schludern
anders als gestillt.
Ich lächele sie an
sie grinst zurück.
Mein Herz ist bang,
was für ein Glück.
Die Unterhaltung kam
es war hier leiser.
Ich sagte, ich hieße Abraham.
Wir sprachen uns heiser.
Deine Augen schlagen auf
du siehst mich an.
Zur Flucht, ich lauf
jetzt wäre ich gar dran.
Die Hände fassen
sie greifen nach Körpern.
Niemand ist aufpassen.
Blut in Schwellkörpern.
Ich küsste sie
sie küsste mich.
Eine Fantasie
für mich und dich.
Es ist zu laut
ich höre nichts.
In den Ohren Kraut.
Blitze des Lichts.
Die Spannung steigt,
das Glied ist in Stellung.
Man ist zum Gehen geneigt.
Man sieht die Schwellung.
Wir waren verschlungen
Aus zwei wurde eins.
Viele bunte Abbildungen,
alle wie keins.
Der Bass donnert und grollt,
meine Stimme versagt.
Sie schaut und schmollt,
immer lauter ich klag.
Doch noch immer zu laut
die Musik eine Abrede stört.
Auf der Backe gekaut.
Ein zu leiser Flirt.
Sie fasste an.
Ich war erregt in Wallung
und ich kam.
Wie Tiere in der Stallung.
Ich winke zur Seite
sie solle mir folgen.
Ich gehe die Breite,
im Kopfe mir solgen.
Man winkt erneut
zur Seite hin.
Zweifel scheut.
Ich bin nicht drin.
Sie lächelte
und küsste mich weich.
Ich hechelte
und wollte tanzen gleich.
Nun stehe ich hier,
ganz allein gelassen.
Und halte mein Bier,
vielleicht sollt ich's lassen.
Die Schwellung sinkt nieder.
Erneuter Rückschlag?
Sie riecht so gut nach Flieder.
Ich bin nicht verzagt.
Wir gingen zum Bass
und schmissen Arme und Beine.
Peter, der DJ alias
Pi Doktor Kleine.
Ich finde sie nicht mehr,
egal wie lange ich suche.
Nur noch Abbilder,
wie in einem Buche.
Ich stehe am Rand
erneut und immer noch.
Und warte gespannt.
die Nase hoch und roch.
So können Nächte sein
gerne jede und alle.
Ich bin gerne ein Schwein
und ritze mit Kralle.
Verdammt noch eins,
es will einfach nicht klappen.
Heute lasse ich gut sein's?
Ich werde mich mies ertappen.
Und da kam er wieder
der süßliche Geruch
nach frischem Flieder.
Ein erwidertes Gesuch.
Ich verabschiede mich,
werde sie nie wieder sehen.
Nein, so sprich:
ich werde jetzt gehen.
Wo wachsen eigentlich die Radieschen?
08.11.2011 – Michael Krieger
LEHRER: So lieber Kinderchen, heute schreiben wir ein Diktat. Ein deutsches Diktat.
KINDERCHEN: O, nein! Herr Lehrer, wie können Sie nur?
LEHRER: Ich kann, weil ich bin. Hefte weg, Stift und Blatt her. Stellt einen Ordner zwischen euch
auf. Aber plötzlich! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Ein bisschen deutscher hier!
KINDERCHEN: O, nein! Herr Lehrer, wie können Sie nur?
LEHRER: Aufgepasst. Es geht los.
KINDERCHEN: (Kratzen der Stifte.)
LEHRER: Überschrift: …
KINDERCHEN: O, nein! Herr Lehrer, müssen wir auch schon Überschrift schreiben?
LEHRER: Nein, ihr sollt den Titel schreiben.
KINDERCHEN: Titel? Wir dachten Überschrift? Was denn nun?
LEHRER: Verhaltet euch nicht so dumm, sonst gibt es ein paar Missbrauchte.
KINDERCHEN: (Schweigen.)
LEHRER: Überschrift: Wo wachsen eigentlich die Radieschen?
KINDERCHEN: (Kratzen der Stifte.)
LEHRER: Die blonde, blauäugige, deutsche Sabine fuhr mit ihrem deutschen Fahrrad zur
deutschen Deutschschule. Auf dem deutschen Weg zur deutschen Deutschschule sah sie nichtdeutsche Erntearbeiter auf einem deutschen Radieschenfeld. Sie stachen in deutsche Erde und
holten die deutschen Radieschen ordentlich deutsch aus dem Boden und schüttelten die deutsche
Erde von ihnen.
KINDERCHEN: O, nein! Herr Lehrer, warum so oft deutsch?
LEHRER: Weil das ein deutsche Diktat ist.
KINDERCHEN: O, nein! Und dabei sind wir doch alle Spanier.
LEHRER: Ihr seid keine Spanier, auch wenn ihr jeden Tag Paella fresst. Ihr verdammten
Hurensöhne.
KINDERCHEN: O, nein! Sollen wir Hurensöhne schreiben? Und wie schreibt man Hurensöhne?
LEHRER: Ha, U, Är, E, Än, Äs, Ö, Ha, Än, E. Hurensöhne.
KINDERCHEN: Und das gehört nun alles zum Radieschen?
LEHRER: Ich darf doch bitten! Zum deutschen Radieschen! Schreibt jetzt, ihr Spanier!
KINDERCHEN: (Lachen) Er hat Spanier gesagt.
LEHRER: Schreibt, sonst gibt es ordentlich deutschen, katholischen Missbrauch. Euch allen!
KINDERCHEN: Und das, obwohl wir Spanier sind!
LEHRER: Es geht weiter.
KINDERCHEN: (Kratzen der Stifte).
LEHRER: Dann sagte die blonde, blauäugige, deutsche Sabine zu den nicht-deutschen ErnteArbeitern, dass sie aber ordentliche deutsche Arbeit verrichteten und warf ihnen, gnädig wie sie
war, einen deutschen Pfennig zu.
KINDERCHEN: Wir haben aber Euro!
LEHRER: Nichts von diesem Gewäsch! Es war ein deutscher Pfennig.
KINDERCHEN: Wir kennen keine Pfennig, wir kennen nur Euro.
LEHRER: Haltet eure scheiß-verdammten Fick-Fressen und schreibt, was ich diktiere.
KINDERCHEN: (Schweigen.)
LEHRER: Sabine stiegt wieder auf ihr Fahrrad und radelte zur Schule.
KINDERCHEN: Muss es nicht die blonde, blauäugige, deutsche Sabine sein, die wieder auf ihr
deutsches Fahrrad steigt und damit ordentlich deutsch zur deutschen Deutschschule radelt?
LEHRER: Ihr verwirrt mich.
KINDERCHEN: (Schreiben Ihr verwirrt mich.)
LEHRER: Nein, nicht schreiben.
KINDERCHEN: (Schreiben Nein, nicht schreiben.)
LEHRER: Ihr scheiß Spanier. Hört auf zu schreiben.
KINDERCHEN: (Hören auf zu schreiben.)
LEHRER: Wisst ihr eigentlich, wo Radieschen wachsen?
KINDERCHEN: Im Supermarkt.
Begraben unter Akten
09.11.2011 – Michael Krieger
Es ist bereits spät abends. Vielleicht kurz nach elf Uhr. Ich weiß es nicht so genau und so genau
möchte ich es auch nicht wissen. Die Fensterfront gegenüber ist schon dunkel. Nur noch ein
einziges Büro ist beleuchtet. Dort arbeitet die Baureferentin. Die arbeitet immer so lange wie ich
und wir liefern uns auch ganz gerne einen Wettkampf, wer länger im Büro sitzt.
Seit ein paar Stunden habe ich die gute Frau mit ihrer Hornbrille und dem bis oben geschlossenen
Oberteil schon nicht mehr gesehen. Manchmal sitzt sie aber auch so still wie eine Zimmerpflanze
und man denkt sie ist im Sitzen gestorben und verwest nun langsam vor sich hin, bis irgendwann
das Gewebe so weich ist, dass es wie Spagettisoße auf den Boden klatscht. Aber nein, auch wenn
ich die Augen ganz zusammenkneife kann ich sie nicht sehen. Sie sitzt nicht an ihrem Platz. Es
brennt aber Licht.
Für einen kurzen Augenblick fühle ich mich, als ob das immer so gewesen ist und die olle
Schnepfe nur nie ihr Licht ausmacht. Und ich denke mir immer, dass das doch nicht wahr sein
kann, dass sie länger hier arbeitet als ich und dabei bin ich doch mindestens dreimal wichtiger.
Wenn nicht sogar viermal. Na ja, vielleicht ist sie nur kurz auf Toilette.
Ich bleibe eine halbe Stunde an meinem Platz und schaue aus dem Fenster ob sie nicht doch
irgendwann auftaucht. Ihr Büro ist in Unordnung. Ordner liegen kreuz und quer über den Tisch
verteilt. In der Schrankwand hinter ihr fehlen auch zig Ablagesysteme. Wahrscheinlich findet sie
wieder nicht, wonach sie sucht. Mir wäre es unangenehm. Ich habe auch fast alles digital auf der
Festplatte abgelegt. Mit sehr langen Titeln versehen. So dass ich immer mit der Suchfunktion
arbeiten kann.
Sie taucht einfach nicht auf. Ich wende meinen Blick ab und lese den nächsten Absatz. Es ist still.
Nur der Drucker surrt im Ruhezustand vor sich hin und das Gebläse des Rechners pustet in den
Raum. Ich höre ein Hilfe. Ganz leise. Kaum zu hören. Wäre ich nicht so einsam hier, dann würde
ich es gar nicht hören. Ich blicke auf. Senke dann aber wieder meinen Blick aufs Papier. Wieder
ein Hilfe. Mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Ich sehe zum Büro gegenüber. Sie ist immer noch
nicht zurück.
Herrgott, wo ist die gute Frau denn hin? Hat sie in der Kantine etwa so viel gefressen, dass es ihr
nun ganz dünn aus den Arschbacken in die Schüssel spritzt? Dabei hatte sie doch eine so schöne
weiße Bluse an. Bis oben aber zugeknöpft, wie ich schon feststellte. Vielleicht hat die Scheiße aus
der Schüssel zurückgespritzt und sich in der weißen Bluse verfangen, so dass sie sich nicht mehr
ins Büro traut, weil sie nun ganz pervers nach Scheiße riecht? Dünner Scheiße natürlich, deren
Duft so penetrant in der Nase sticht, dass man gar nicht anders kann als sich zu übergeben.
Ich denke mir nichts weiter dabei und schreibe ein paar Zeilen. Dann wieder Text. Einmal höre ich
noch das Hilfe. Dann wird es wieder still. Ich schiebe es auf die Uhrzeit. Es ist kurz nach
Mitternacht. Ich spinne mir nur ein paar Geister zusammen. Besser ich mache doch Schluss. Ich
schreibe den Absatz noch zu Ende und fahre dann den Computer herunter. Als ich das Licht
ausmache wandert nochmal mein Blick ins Büro gegenüber. Sie ist immer noch nicht da und an
der Unordnung hat sich nichts geändert. Sie ist wohl doch schon nach Hause gegangen und hat
das Chaos so gelassen wie es ist und weil sie eben so unordentlich ist hat sie auch noch das Licht
angelassen, damit jeder sieht, welch schlechtes Vorbild sie ist.
Drei Wochen später höre ich das erste Mal, dass man die Baureferentin schon länger nicht mehr
gesehen haben solle und ihr Büro aber abgeschlossen sei. Da aber jeder Mitarbeiter für sein Büro
einen ganz eigenen Schlüssel hat und weil bei uns hier alles so geheim ablaufen muss, hat
niemand einen Hauptschlüssel, der jede Tür öffnen kann. Irgendwann bemerkte dann meine
Kollegin mit den drallen Brüsten und dem übel riechenden Scheidensekret, dass es doch ziemlich
aus dem Büro der Baureferentin stinken würde. Wahnsinn, wie die das nur feststellen konnte, wo
sie doch selbst wie ein hinter dem Heizkörper verwesendes Meerschweinchen riecht.
Die ganze Belegschaft war versammelt, als man die Tür auftrat. Unter einem Berg von Akten fand
man etwas, dass wie Spagettisoße aussah, aber roch wie tagealter Urin in einer Bahnhofsecke, in
der die Sonne ganz gut hin scheinen kann. Vielleicht war das Hilfe doch keine Einbildung. Ich
zucke nur mit den Achseln, als ich die Suppe auf dem Boden sehe. Schade um die vielen Akten,
denke ich mir, die jetzt ja eingeäschert werden müssen. Ich möchte das Büro aber auch nicht
haben wollen, wo jetzt die dralle Kollegin einzieht.
Schweinskopfsülze vom Huhn
10.11.2011 – Michael Krieger
Wenn Chicken ficken, dann ficken Chicken. Heute mache ich einen faulen Tag und laufe zum
Supermarkt um die Ecke um mir etwas aus der Tiefkühltruhe zu holen. Auf Kochen habe ich heute
keine Lust, deswegen gibt es Gefrorenes für den Ofen. Der heizt schon einmal so lange vor, bis ich
wieder da bin. Temperaturangaben interessieren mich nämlich nicht. Hauptsache zweihundert
Grad und gut ist es.
Draußen ist es neblig und nicht wirklich schön. In der Wohnung hat der Heizkörper noch ordentlich
Wärme gebracht. Die Luft war schon so trocken, dass ich Reizhusten bekam. Jetzt werden die
Bronchien mit leichten Wassertröpfchen beruhigt. Im Supermarkt ist es dann wieder stickig warm
und die Leute mit den Jogginghosen und Schwimmbadschuhen aus Vollgummi riechen wie Oma
unterm Arm, nachdem sie schon drei Wochen tot vorm Fernseher lag.
Was ist schlimmer als drei Wochen tot vorm Fernseher zu liegen? Genau, vier Wochen! Oder noch
besser: Drei Wochen mit RTL oder 9live vor der Nase! Wuppi, ihr habt es aber drauf mit den
Witzen hier. Krasse Scheiße, Alter!
Ich stehe dann also mit meiner Jogginghose, dem Einkaufsjutebeutel von Edeka im Lidl und den
rosaroten Gummischwimmbadlatschen vor dem Tiefkühler. Mann, Mann, Mann. Was es hier alles
gibt. Sahnetorten in Hülle und Fülle, dann noch tiefgefrorene Chicken und Pizza, aber auch so
gesundes Zeugs wie Kartoffelspalten oder Suppengemüse. Ich schiebe mich neben Mandy ans
Pizzaregal. Mandy wohnt im Haus neben mir. Wir grüßen uns. Sie riecht wie die drei Wochen tote
Oma unterm Arm. Ihre Haare sind fettig wie eine Blechschale Nivea und ihre Jogginghose hatte
vor gut zwanzig Jahren auch schon bessere Zeiten gesehen.
Sie greift mit ihren dreckigen Fingernägeln, mit denen sie gerade noch Popel von der Nase in den
Mund beförderte, und fischt sich die Salamipizza heraus. Ich muss mich kurz übergeben. Der
Appetit auf Pizza ist damit dahin. Ich entschuldige mich kurz und kehre zum Suppengemüse
zurück. Auf Kochen habe ich aber immer noch keine Lust. Also zur Chicken-Abteilung.
Ein leckeres, saftig-braunes Grillchicken, dass man auch nur in den Ofen stecken muss grinst mich
mit seinem frech geschwungenen Schnabel an und sagt: Iss das feinste. Volltreffer. Chicken ich
komme.
Ich hole das Tier aus der mir nicht sonderlich kalt erscheinenden Box und hieve es in meinen Korb.
An der Kasse zieht es die Verkäuferin über den Scanner und verlangt vier neunundneunzig von
mir. Krass, ist das teuer. Ich habe aber nur drei Euro dabei, mehr hatte das Kleingeld au dem
Portemonnaie nicht ergeben. Muss also reichen.
Was nun tun?
Option eins: Ich lasse die drei Euro fallen und spaziere schnellen Schrittes davon. Wenn sie mir
dann hinterher ruft, dass das nicht reicht, sage ich auf deutsch, dass ich kein Deutsch könne.
Genauso wie es die Bettelzigeuner immer machen, wenn sie fragen ob man Englisch könne und
man No, I don't antwortet.
Option zwei: Ich bringe das Chicken zurück und hole mir dafür eine Pizza. Voll langweilig.
Option drei: Ich packe den Kopf der Verkäuferin und schlage damit so lange auf die Glasscheibe
der Scannerkasse, bis ihre saublöden künstlichen Fingernägel abbrechen und sie aufhört um Hilfe
zu rufen und schreit, dass es mit der Schaufel nicht zähle. Dann lege ich die Schaufel wieder
zurück und sie wird mit den Rabatt von eins neunundneunzig wieder geben.
Ich entscheide mich also für . . . Ich frage sie, ob das wirklich sein könne, denn immerhin stand an
der Box, dass das Tier nur zwei neunundneunzig kostete. Sie storniert. Die Storno-Frau kommt mit
dem Schlüssel. Sie zieht den Gockel erneut über die Kasse. Tatsächlich. Falscher Preis. Ich zahle
und ziehe dem Federvieh die Plaste vom Body.
Kann ich das gleich hier lassen? frage ich die Verkäuferin und gebe ihr die Hülle, ohne Chicken,
versteht sich. Sie schaut mich verwirrt an, nimmt es aber an sich.
Ich gehe mit Sabrina, wie ich meinen Braten inzwischen nenne, um den Supermarkt herum zu den
Mülleimern. Zwischen denen lasse ich dann meine Hose runter und ficke das Chicken ordentlich
durch. Ja, Sabrina, gut so. Ja. Ja! Ja!!! Ich komme in ihr.
Durch den Chickenfick ist mit der Appetit nun ganz vergangen, auch, weil Mandy gesehen hat, wie
ich es der Sabrina ordentlich besorgt habe, so dass ich Chicken Sabrina in den Müll werfe und mir
beim Dönermann einen ziemlich geilen Sperma-Soßen-Knoblauch-Döner gönne. Bon appetit!
Katzenjammer und andere Sexkrankheiten
11.11.2011 – Michael Krieger
Voll geil Alter, hast du Sexkrankheit. Ej, Jacobo, der Ruschdi hat voll die Sexkrankheit. Voll geil,
Alter! Alter! Voll geil! Voll Sexkrankheit. Sex und krank, Alter. Biste voll sexkrank? Ha ha. Ich pack's
nicht mehr, biste voll sexkrank. Haste voll Sex und jetzt voll krank. Voll krank Alter. Voll geil! Alter!
Sexkrank ist voll sexkrank. Ha ha. Voll krank der Sex, Alter!
Das sagte der Medizinprofessor seinem Studenten Ruschdi, als dieser ihn im Vertrauen fragte,
was er machen müsse, wenn es unten rum, so seine Wortwahl und nicht die des Autors, jucken
würde und er nicht wüsste, wo es denn herkäme, dieses Jucken. Diese Jucken, dass so juckt wie
Jucken eben juckt.
Man nehme einen Sack Flöhe, schüttelte diese bis zur Besinnungslosigkeit und vermische dann
eine Bananenscheibe mit einer Messerspitze Koks und biete es den Flöhen als Nahrung an.
Erhöht die Wirkung indem man etwas warmes Schweineblut darunter mische. Man nehme die so
präparierten Flöhe und schubse sie des Nachts dem Auserwählten in die Schamgegend.
Vorzugsweise einem Medizinstudenten, dessen Professor nicht mehr alle Waffeln beisammen hat
und dessen Tassenschrank restlos zerhackt wurde.
Voll geil Alter, hast du Aids. Ej, Jacobo, der Ruschdi hat voll die Aids. Voll geil, Alter! Alter! Voll geil!
Voll Aids. Sex und krank, Alter. Biste voll Aids? Ha ha. Ich pack's nicht mehr, biste voll Aids. Haste
voll Sex und jetzt voll krank. Voll krank Alter. Voll geil! Alter! Aids ist voll Aids. Ha ha. Voll krank der
Aids, Alter!
Das sagte der Student Ruschdi seinem Mitbewohner, als dieser ihn im Vertrauen fragte, was er
machen müsse, wenn es unten rum, so seine Wortwahl und nicht die des Autors, Aids hätte und er
nicht wüsste, wo es denn herkäme, dieses Aids.
Man nehme einen Sack Aidskranker Affen, schüttelte diese bis zur Besinnungslosigkeit und
vermische dann eine Bananenscheibe mit einer Messerspitze Koks und biete es den Affen als
Nahrung an. Erhöht die Wirkung indem man etwas warmes Aidsinfiziertes Schweineblut darunter
mische. Man nehme die so präparierten Affen und schubse sie des Nachts dem Auserwählten in
die Schamgegend und lasse sie ihn vergewaltigen. Vorzugsweise einem Mitbewohner, dessen
Student nicht mehr alle Waffeln beisammen hat und dessen Tassenschrank restlos zerhackt
wurde.
Voll geil Alter, hast du Katzenjammer. Ej, Jacobo, der Ruschdi hat voll Katzenjammer. Voll geil,
Alter! Alter! Voll geil! Voll Katzenjammer. Sex und krank, Alter. Biste voll Katzenjamer? Ha ha. Ich
pack's nicht mehr, biste voll Katzenjammer. Haste voll Sex und jetzt voll krank. Voll krank Alter. Voll
geil! Alter! Katzenjammer ist voll Katzenjammer. Ha ha. Voll krank der Katzenjammer, Alter!
Das sagte der Mitbewohner seiner Muschi, als diese ihn im Vertrauen fragte, was sie machen
müsse, wenn es unten rum, so ihre Wortwahl und nicht die des Autors, Katzenjammer hätte und
sie nicht wüsste, wo es denn herkäme, dieser Katzenjammer.
Man nehme einen Sack jammernder Katzen, schüttelte diese bis zur Besinnungslosigkeit und
vermische dann eine Bananenscheibe mit einer Messerspitze Koks und biete es den Katzen als
Nahrung an. Erhöht die Wirkung indem man etwas warmes von jammernden Schweinen
stammendes Blut darunter mische. Man nehme die so präparierten Katzen und schubse sie des
Nachts der Auserwählte in die Schamgegend und lasse sie jammern. Vorzugsweise einer Muschi,
deren Mitbewohner nicht mehr alle Waffeln beisammen hat und dessen Tassenschrank restlos
zerhackt wurde.
Voll geil Alter, hast du Kastration. Ej, Jacobo, der Ruschdi hat voll die Kastration. Voll geil, Alter!
Alter! Voll geil! Voll Kastration. Sex und kastriert, Alter. Biste voll kastriert? Ha ha. Ich pack's nicht
mehr, biste voll kastriert. Haste voll Sex und jetzt voll kastriert. Voll krank Alter. Voll geil! Alter!
Kastration ist voll kastrierierend (sic!). Ha ha. Voll krank der kastrierte, Alter!
Das sagte die Muschi ihrem Jacobo, als dieser sie im Vertrauen fragte, was er machen müsse,
wenn es unten rum, so seine Wortwahl und nicht die des Autors, Kastration hätte und er nicht
wüsste, wo es denn herkäme, diese Kastration.
Man nehme einen Sack Eunuchen, schüttelte diese bis zur Besinnungslosigkeit und vermische
dann eine Bananenscheibe mit einer Messerspitze Koks und biete es den Eunuchen als Nahrung
an. Man nehme die so präparierten Eunuchen und schubse sie des Nachts dem Auserwählten in
die Schamgegend und lasse sie ihn dem Penis abfressen. Das geht jetzt eindeutig zu weit!
Ziemlich flott
12.11.2011 – Michael Krieger
War gestern was? Ach ja, die fünfte Jahreszeit für die Jecken hat begonnen. Pünktlich wie die
Eisenbahn, oder eher wie was anderes. Mit viel Schwachsinn und noch mehr Stumpfsinn.
Ich weiß nicht, aber irgendwie habe ich gestern was schlechtes gegessen. Was es war, das ist mir
aber völlig schleierhaft. Zumindest schiss ich ziemlich krass in die Schüssel. So wie wenn sich
jemand übergibt und zu Mittag Spagetti mit viel Fleischsoße hatte. So ungefähr sah mein Schiss
aus. Dünn und mit komischen festeren Bestandteilen.
Weil ich so uneitel bin habe ich davon ein Foto gemacht und es bei einem sozialen Netzwerk hoch
geladen. Fünfzehn Freunden gefiel es, vierzehn hatten kommentiert. Was sie kommentierten ist
mir schon wieder entfallen. Wie gesagt, gestern war Faschingsanfang und ich weiß nichts mehr
vom gestrigen Tag. Vielleicht kommt daher auch mein flüssiger Schiss. Zu viel gesoffen.
Alkoholschiss nennt der Facharzt das. Oder vielleicht doch nur meine tollen Freunde. Es waren
bestimmt die gleichen, die auch das Foto toll fanden.
Ich stand so mir nichts dir nichts auf dem Balkon und habe eine geraucht. Ich rauche nicht. Ich
hatte auch eine ziemlich dicke Hose an. Ich war nackt. Und dann plötzlich hat es mir einen hinten
raus gerissen. Ich schiss volles Rohr.
Ich schiss, wie ich noch nie in meinem Leben geschissen habe. Das braune dünne Zeug spritzte
wie der Teufel in alle möglichen Richtungen. Auch über den Balkon auf die unten parkenden Autos.
Als ich fertig geschissen hatte und meinen Arsch mal für fünf Minuten ruhig hielt, konnte ich einen
Blick in die Tiefe werfen. Anscheinend war es niemanden aufgefallen. Oder alle dachten es wäre
nur sehr seltsamer Regen gewesen.
Gut, dass es schon kühl draußen ist. Oder anders, es war doch nicht so gut. Über Nacht fror mein
Schiss fest. An den Autos, am Bürgersteig, einfach überall. Das Spritzmuster, action painting
gleich, sah schon nach was aus, wenn es vielleicht rot und blau und nicht haselnussbraun
gewesen wäre. Na ja. Man kann nicht alles haben. Ist das Kunst oder kann das weg? Es kann
weg, wenn man es weg bekäme.
Des frühen Morgens also ziehe ich mich an. Ich habe in der Nacht auch mein Bett voll geschissen.
Ich glaube ich muss mir ein neues kaufen. Auf jeden Fall habe ich mich in Kleidung auf die Straße
gewagt und versucht mit einem Schraubendreher, ich fand nichts besseres, die Scheißepartikel
von den Autos zu kratzen. Der Lack war anschließend natürlich im Arsch, im wahrsten Sinne, aber
immerhin war der Shit runter. Entweder oder. Wählen Sie aus. Ob du wirklich richtig stehst, siehst
du wenn das Licht angeht. Warum ist eigentlich nie jemanden aufgefallen, dass sich der Satz
überhaupt gar nicht reimt? Egal.
Getanes Werk, ich gehe wieder in die Wohnung und muss sofort zur Schüssel. Ich schaffe es, fast.
Natürlich spritze ich wieder herum, wie ein Rasensprenger in Ekstase und ruiniere nun endgültig
den letzten verbliebenen Teppich. Der Flur riecht nach Scheiße. Nach dünner, flüssiger Scheiße.
Plötzlich schießt mir ein Gedankenstrahl durch die Synapsen. Es lag am Pfannkuchen. Ganz
eindeutig am Pfannkuchen. Dieses dumme Ding war mit Senf gefüllt. Natürlich habe ich den
erwischt. Leider vertrage ich Senf gar nicht. Kein einziges bisschen. So riss es mir ein paar
Stunden später die Suppe zwischen den Backen hervor, dass es nicht mehr feierlich war.
Warum ich dann aber auch noch so viel getrunken habe, dass weiß ich nun auch nicht. Ich putze
wie ein Weltmeister. Meine Reinigungsmittel neigen sich zu Ende. Ich muss neue kaufen. Ich ziehe
die letzten verbliebenen frischen Klamotten an und mache mich auf den Weg zum Supermarkt um
die Ecke. Fünf Euro habe ich in die Tasche gesteckt. Für mehr reicht es nicht. Mehr darf ich nicht
ausgeben.
Und ihr dürft nun einmal raten, was mir passierte, als ich kurz vor den Kürbissen überlegte, ob ich
nicht noch einen mitnehmen soll. Genau, ihr ahnt es schon. Krasse Sache. So etwas passiert
einem aber auch nur einmal im Leben. Und das ist wirklich nicht schön. Man sollte es tunlichst
vermeiden, wenn es sich denn vermeiden lässt. So genau kann man das ja auch nicht immer
sagen. Aber auf jeden Fall fand ich es krass. Ziemlich krass. Ziemlich flott. Hinter mir stand doch
auch noch eine ältere Frau und die hat es voll abbekommen. Die sah vielleicht aus. Meine Fresse.
Wenn ich die Hölle zeichnen müsste und wie es dort abgeht, dann wäre das genau das Bild. Da
stand doch tatsächlich mein Ex und hat mir eine in die Fresse gehauen und ich habe den Kürbis
dann auf dem Kopf der Frau zerdeppert. Krass. Richtig krass. Geschissen habe ich nicht!
Der Körper ist die Grenze
13.11.2011 – Michael Krieger
Seit ein paar Tagen halte ich mir eine kleine Leiche an einer Leine in der Ecke meiner Wohnung.
Damit sie nicht schreit und so die Nachbarn auf den Plan ruft, füttere ich sie jeden Tag mit viel
Zucker, bis der Magen dick ist wie eine Kugel. Man mag mich fragen, warum man denn eine
Leiche füttern müsse, damit sie Ruhe gäbe. Die rein faktischen Voraussetzungen dafür fehlen
doch. Das stimmt, fast. Ich habe eine Moorleiche. Die hing bei der Oberbaumbrücke am UniversalGebäude ins Wasser. In einer, fragt mich nicht wie, Aktion habe ich sie dort raus gefischt. Die
Schwäne haben sie schon ziemlich angefressen. Das Ding war schon ganz grün. Und weil sie so
moderig und grün ist, platzt immer wieder so eine Eiterstelle auf und zwar mit einem Krach, dass
ich beim ersten Mal aus dem Schlaf gerissen wurde. Und weil sie so stank. Und dann habe ich
recherchiert wie ein Weltmeister. Ich hatte einfach ohne Ende Zucker zu Hause und Salz war alle,
also habe ich Zucker probiert. Der saugt die Flüssigkeit ja auch auf, aber eben nicht aus dem
Gewebe, so wie Salz. Also muss ich jeden Tag Zucker nachschieben.
Inzwischen ist so viel Zucker in ihr, dass es den Zucker aus dem After schon wieder raus drückt.
Die ersten zwei Tage habe ich das so gelassen, weil ich nicht wusste, wie ich mit dem Problem
umgehen sollte. Ich habe dann den Zucker genommen, der ja mit Modersäften nur so durchsickert
war, habe ihn auf einem Backpapier ausgebreitet und zum Trocknen auf die Heizung gelegt. Da
kann er dann einen Tag trocknen. Dann siebe ich ihn in der Küche über der Spüle und schiebe den
so frischen Zucker wieder oben rein. Es ist ein Kreislaufsystem. So bleibt mir auch die
unangenehme Frage im Supermarkt erspart, was ich denn mit so viel Zucker machen würde. Als
ich letztens vier Packungen gekauft hatte, und sonst nichts, da sah mich die Verkäuferin mit ihren
langen Fingernägeln und heftig nachgezeichneten Augenbrauen aber an. Gar so, als hätte ich was
zu verbergen. Sie hat sich aber nicht getraut zu fragen. Und wenn sie gefragt hätte, dann hätte ich
ihr genau die Geschichte erzählt, dass ich damit eine Moorleiche ruhig halte. Geglaubt hätte sie
mir das bestimmt nicht, was super gewesen wäre. Aber sie hat ja nicht gefragt.
Als ich dann auf dem Weg zurück vom Supermarkt in die Wohnung war habe ich eine Katze
gesehen, die ein verletztes Bein hatte. Und weil ich nichts liegen lassen kann, habe ich die Muschi
mit in die Wohnung genommen. Weil es schon spät abends war wollte ich niemanden mehr auf die
Nerven fallen und konnte deswegen erst am nächsten Tag die Tierrettung anrufen. So lange habe
ich das kaputte Bein mit Klopapierlagen versucht zu stabilisieren, was nur mäßig gelang. Die Katze
hat mich beim Verbinden auch ziemlich krass gekratzt.
Als sie aber dann die Moorleiche an der Kette gefunden hatte, sie lag auch offensichtlich in der
Ecke und verweste gemütlich vor sich hin. Da war es so, als wären alle Schmerzen auf einmal
verflogen. Die Katze konnte die Leiche keine Minute alleine lassen. Als ich dann am nächsten Tag
aufgewacht bin, roch es super heftig nach Katzenpisse. Ich suchte die Wohnung ab, konnte aber
weder Mauzi, wie ich sie nannte, finden noch einen Pissefleck verorten. Am stärksten roch es in
der Nähe der Leiche. Aus der geblähten Bauchhöle rann Pisse. Ich näherte mich langsam und
roch. Mich hätte es fast umgehauen, so penetrant war es.
Wo ist das verdammte Vieh? Ich schon die Leiche zur Seite und sah Mauzi hinter ihr liegen. Sie
schlief, hatte sich von meiner lauten Suchaktion nicht wecken lassen. Ist das widerlich. Wie kann
man nur neben einer Leiche schlafen? frug ich mich. Ich weckte die Katze, die sofort ihre Krallen
ausfuhr und nach mir packte. Sie verfehlte meine Hand nur ganz knapp. Dumme Katze! Ich rief die
Tierrettung an und die holten eine halbe Stunde später schon, wow sind die schnell, Mauzi ab. Ich
musste noch ein paar Sachen angeben, wo ich sie fand und so Quatsch. Es dauerte auf jeden Fall
länger als es mir lieb war. Zudem hatte ich gerade nur ein Hemd und eine Unterhose an und kam
bestimmt ziemlich asozial daher. Das passte wohl dann aber doch zum Geruch. Der Tierretter
fragte mich dann auch, warum es hier so moderig rieche, ob ich denn Schimmel in der Wohnung
hätte, was so gar nicht gesund wäre. Das wusste ich selbst. Ich bin ja nicht blöd. Er blickte von
seinem Formular auf, das er mit meinen Antworten füllte und erblickte die Moorleiche. Er sah mich
an, dann wieder zur Leiche, dann wieder zu mir, dann auf sein Formular.
Haben Sie was? fragte ich ihn. Er schüttelte nur mit dem Kopf und wischte sich über die Nase. Der
Geruch stach ihn. Er musste sich dann auch übergeben. Das ganze Formular war im Eimer. Wir
mussten ein neues ausfüllen. Und dann fragte er doch, was das da in der Ecke sei und ich erklärte
ihm ganz ausführlich, wie man so eine Leiche mit Zucker still hält.
Nachdenken über das Sein
14.11.2011 – Michael Krieger
1. Alles ist im Sein. Nichts ist im Nicht-Sein.
2. Existenz ist Sein. Nicht-Existenz ist Nicht-Sein.
3. Was nicht existiert ist nicht.
4. Da alles im Sein ist, bin ich. Bist du. Ego und Alter Ego sind.
5. Durch das Werden entsteht etwas. Existenz und damit Sein.
6. Werden wird Sein.
7. Werden kann nur durch den Willen zum Werden geschehen.
8. Der Wille zum Werden ist dem Willen zu Sein eingeimpft.
9. Aus dem Nicht-Sein kann Sein entstehen, wenn der Wille zum Sein eingeimpft ist.
10. Der Wille ist apriori vorhanden.
11. Der Wille muss dem Individuum aufgetragen werden.
12. Sein ist ethisch, wenn Unethisches im Werden vernichtet wird.
13. Ohne Sein keine Ethik.
14. Im Werden ist die Ethik und der Drang zu Ethik apriori vorhanden.
15. Das Individuum strebt nach ethischem Verhalten.
16. Strebt das Individuum zum Nicht-Sein, zur Vernichtung von Sein, so muss es das ethische
Verhalten aufgeben und sich dem unethischen Verhalten bedienen.
17. Durch unethisches Verhalten wird das Werden vernichtet.
18. Ist das unethische Verhalten größer dem ethischen Verhalten ist das Werden im Rückzug.
Es wird zum Nicht-Werden. Zum Vernichten.
19. Das Vernichten strebt ins Nicht-Sein und damit in die Nicht-Existenz.
20. Durch unethisches Verhalten existiert das Individuum immer weniger.
21. Bei reinem unethischen Verhalten existiert das Individuum nicht mehr. Es hat sein Sein
aufgegeben und damit jegliches Werden.
22. Ethisches Verhalten ist ein Wollen.
23. Ist das Individuum vollkommen ethisch, so ist es vollkommen im Sein und damit ganz
existent.
24. Das Werden verschwindet mit der vollkommenen Ethik.
25. Werden gibt es nur, wenn eine höhere Stufe der Existenz, dem Sein, erreicht werden kann.
26. Werden äußert sich in Verwirklichung.
27. Selbstverwirklichung ist nicht apriori ethisch.
28. Verwirklichung ist apriori ethisch.
29. Um aus dem Nicht-Sein zu gelangen muss der Wille zum Werden in einem Diskurs
geäußert werden, und zwar in einer ethischen Weise, die das Nicht-Sein überwindet.
30. Das Individuum existiert unabhängig des Seins-Zustandes.
31. Materie existiert unabhängig des Seins-Zustandes.
32. Sein ist ein ethischer Prozess.
33. Sein ist ein geistiger Prozess.
34. Nicht-Sein = Nicht-Existenz = vollkommen unethisch
35. Sein = Existenz = vollkommen ethisch
36. Das Bewusstwerden über den Willen zum Werden um aus der Nicht-Existenz, dem NichtSein durch ethisches Verhalten in die Existenz, ins Sein zu gelangen ist unvermeidbar.
37. Bewusstsein kann nur erlangt werden, indem man im Diskurs der Seins-Zustande ist.
38. Der Diskurs kann nur mit mindestens zwei Individuen stattfinden.
39. Ein einzelnes Individuum hat keine Möglichkeit in einen Diskurs über das Sein zu treten
außer mit sich selbst, was einen Diskurs nicht ermöglicht, da ein Austausch unabdingbar
ist. Es befindet sich außerhalb des Diskurses. Erst mit der Kontaktaufnahme zu einem
weiteren Individuum tritt es augenblicklich in den Diskurs.
40. Ein Individuum ist immer auch Materie.
41. Materie ist unabdingbar zur Bewusstwerdung über das eigene Sein.
42. Materie ist weder ethisch noch unethisch.
43. Der Geist entscheidet über Ethisches und Unethisches.
44. Die Materie ist dem Geist unterworfen.
Sexualpenetration II
15.11.2011 – Michael Krieger
Ein Freund saß auf meinem Sofa und ließ seinen Weißwein fast fallen, so lange starrte er auf
meine Decke. Nach gut zwanzig Minuten traute er sich dann doch zu fragen, was das denn für
eine komische Apparatur sei, die da an der Decke baumele. Ich erklärte ihm, dass es ein
Flaschenzug sei, den man nach belieben elektrisch über eine Fernbedienung anweisen könne
nach oben oder unten zu fahren. Er trage auch gut zweihundert Kilo ohne Mühe und das es mir
schon eine Stange Geld gekostet habe, das Ding installieren zu lassen. Die daraus resultierende
Frage, die mir auch schon klar war, als ich seinen Blick sah, war, was man denn damit anfange, so
mitten im Wohnzimmer.
Anstatt eine Litanei von Worten aneinander zu reihen und damit seine Skepsis über den Nutzen
dieser Installation nur zu vergrößern schleppte ich einen Stuhl aus der Abstellkammer und stellte
ihn unter den Flaschenzug. Mit einem Druck auf die Fernbedienung fuhr der Haken mit einigem
Geknatter herunter. Ich befestigte den Stuhl an dem Haken und ließ in ein paar Zentimeter nach
oben fahren, so dass er nun frei in der Luft schwebte. Der Freund stellte das Glas beiseite und
formte mit seinen Augen Schlitze. Das Fragezeichen in seinem Gesicht wurde größer.
Ich für meinen Teil rollte mit den Augen und winkte ihn zu mir herüber. Zunächst weigerte er sich,
er wisse ja nicht was ich denn vorhätte. Er solle sich nicht so anstellen. Schließlich saß er dann
doch auf dem Stuhl mit dem schwarzen Lederüberzug, der ziemlich krass nach Reinigungsmittel
roch. Noch nie stand ich so lange neben dem Teil, dass mir das aufgefallen wäre. Im Kopf notierte
ich mir, dass ich neues Reinigungsmittel kaufen müsse, was weniger Kopfschmerzen verursachte
als jenes, dass hier zur Anwendung kam.
Als ich seine Beine fixieren wollte, dafür hatte der Stuhl an den beiden vorderen Beinen Schnallen,
weigerte er sich und sprang wieder vom Stuhl. Mit der Anweisung, dass er schon alles machen
müsse, sonst würde er doch nie verstehen, wofür das hier alles sei, setzte er sich wieder und ließ
sich bereitwillig befestigen. Die beiden Beine waren nun unbeweglich. Die Hände klammerte ich
mit Handschellen hinter der Lehne an einer Öse fest. Sein Argwohn war deutlich zu spüren. Sein
Kopf wurde ganz rot von der hohen Pulsfrequenz.
Als ich ihm eine Augenbinde umlegte, schmiss er den Kopf hin und her und wollte, dass ich das
nicht tune. Ich befestigte die Binde mit einem festen Knoten. Er war also fixiert bis aufs Letzte. Ich
ließ den Flaschenzug nach oben rattern. Der Stuhl drehte sich in der Luft. Dank des auch noch
vorhandenen Knebel in seinem Mund konnte er auch keine Wiederworte einlegen.
Ich holte meine Kleiderschere aus der Abstellkammer, die direkt unter dem Stuhl lag und schnitt
ihm zuerst das Hemd auf. Seine Brust war unrasiert. Hätte ich mir auch denken können, immerhin
trug er auch einen Fünftagebart. Das machte ihn zwar schick, aber die Brusthaare hätte er auch
entfernen können. Er protestierte indem er schnaubend Luft aus den Nasenlöchern stieß. Er war
nicht begeistert von meinem machen. Ich legte ihm die eiskalte Schere auf die Brustwarze und
ritzte mit der Klinge am Nippel. Ins Ohr säuselte ich ihm, dass er sofort Ruhe geben solle, sonst
würde ich schneiden. Er riss sich zusammen, schnaubte noch einmal und ließ mich machen. Er
wollte immerhin wissen, wofür ich den Flaschenzug im Wohnzimmer hatte. Er hätte auch
schweigen können. Hat er aber nicht.
Ich fuhr den Flaschenzug ein weiteres Stück hoch. Er saß nun ungefähr auf der Höhe meiner
Schulter. Ich schnitt ihm zuerst das linke, dann das rechte Hosenbein auf. Die Hose zerfiel in zwei
Teile und ich konnte sie leicht von ihm ziehen. In Unterhose und zerschnittenem Hemd rührte er
sich keinen Zentimeter, anscheinend wirkte die Drohung wahre Wunder. Aus dem Mund tropfte ihm
etwas Spucke auf den Oberkörper. Der Knebel hinderte ihn anscheinend am Schlucken. Das
interessierte mich aber nicht weiter. Ich verwischte die Spucke.
An der Lehne zog ich einen Stift, der etwas fester saß, mit aller Gewalt heraus und der Sitz klappte
nach unten. Er hing an den Händen. Die Beine waren immer noch fixiert. Ich vergewisserte, dass
er noch gut atmen könne, manchen schnürt es hier die Luft ab, dann muss man eingreifen.
Immerhin möchte ich nicht in einer Stunde hier die Bullen haben. Die Unterhose zerschnitt ich
nicht, ich riss sie herunter. Sein Schwanz war ganz klein, weil er Angst hatte. Seine Schamhaare
waren dicht. Ich ließ die Schere ein paar Mal durch das Gekräusel gleiten und löste ein paar
Büschel heraus. Dann streichelte ich ihn am Gemächt und fragte, ob er nun wisse, wofür ich das
hier hätte. Er nickte. Ich ließ ihn wieder runter und lieh ihm ein paar Kleider von mir.
Über den Wolken
16.11.2011 – Michael Krieger
Ick glob‘ dat is‘ ‘ne Cloud. Dieses dumme Vieh von Apfel-Produkt fordert mich doch glatt auf,
zur Vereinfachung meiner Datenverwaltung, alles in ein Wölkchen zu schubsen. Da wären
dann so Sachen abgelegt wie Telefonnummern, Adressen und E-Mails von Freunden. Das
geht doch nicht. Weiß dann der Apfel etwa alles über meinen Freundeskreis und schickt mir
dann nur freundeskreisspezifische Werbung zu? Ich will aber keine Penis-EnlargementProdukte erwerben. Salben, Pumpen und Tabletten habe ich schon genug zu Hause. Ach,
ich meinte sowas brauche ich natürlich nicht. Haha. Hihi.
Hätte ich mir nur keinen angebissenen Apfel zugelegt. Klar, das Optische ist schon sehr
schmackhaft. Ich stehe ja auch auf minimale Musik. Da passt dann das Produkt des
Apfelkonzerns schon ziemlich gut ins Einkaufs-Beuteschema. Deswegen habe ich es mir
auch zugelegt. Alles habe ich nun. Vom Telefon über den Musikspieler und mobilen
Flachbildschirm bis hin zum stationären Rechner. Alles natürlich mit einem flotten „i“ vorne
weg. Und nun die iCloud. Eine intelligente Wolke? Das ist fast so, als würde man von
iRegenwürmern und iIdioten sprechen. Sind die dann auch ganz mega-mäßig klug.
Ich habe tatsächlich mal gelernt, dass eine Wolke so etwas diffuses aus Staubpartikeln,
Wasserdampf und Wind ist. Alles zusammen macht dann diesen unförmigen Haufen aus
weißer Farbe, der ganz schön bedrohlich dunkel werden kann, wenn er nur groß genug wird.
Und wenn es gar nicht mehr anders geht, dann regnet es eben ab und weg ist die Wolke.
So, dass übersetze ich nun auf das Apfelprodukt. Wenn ich meine Daten also in das
Wölkchen hüpfen lasse, dann sind die irgendwo undefiniert und unerreichbar weit oben.
Auflösen kann ich das ganze dann von alleine nicht mehr. Man kann ja auch eine
Gewitterwolke nicht einfach mit ESC vom Himmel löschen. Erst wenn ich die Wolke
ordentlich mit Daten vollgestopft habe lässt sie Daten wieder raus. Viele und etwas
undefiniert wohin sie fallen. Der Datenregen prasselt dann wie Hagel auf meine Festplatte
und macht alle schönen Urlaubsbilder und Pornofilme kaputt, die man natürlich nicht in die
Wolke hob. Das ist aber gerade nicht die feine englische Art.
Oder habe ich hier etwas falsch verstanden und es hat etwas ganz anderes auf sich mit
diesen intelligenten Viehchern? Es geht dem Apfelkonzern also nicht darum so viele Daten
wie möglich von mir zu sammeln und im amerikanischen Recht zu verankern, wo
Datenschutz ungefähr die Rolle von vertrockneten Regenwürmern auf der Straße in Texas
spielt? Der berühmte Sack Reis fällt wohl in den USA und nicht in China um. Und niemanden
juckt es. Verdammeleite Weltherrschaft!
Na gut. Mir bleibt nichts anderes übrig als eine Wolke anzulegen und in den Himmel der
anderen Wolken zu entlassen. Natürlich lade ich meine Freunde dazu ein, meine Daten mit
ihren Daten zu teilen und so bilden wir eine gemeinsame Supergewitterzelle, die wie ein
Tornado über unsere Rechner hinwegdüsen kann. Keiner findet auch nur irgendwas. Dabei
war ich mir doch so sicher, dass ich diese oder jene Datei in die Wolke geworfen hatte. Na
ja. Damit muss man eben rechnen. Ich lache und drehe weiter Däumchen.
Nein, natürlich liegt das nicht am Apfel-Konzern sondern nur an mir. Jeden drecks Befehl,
den ich ins Mobiltelefon spreche verursacht ein gewisses unheimliches Gefühl in meinem
hintern Hirnteil. Das Telefon muss die Sprache verarbeiten und in Nullen und Einsen
übersetzen. Doch was passiert dann damit. Es führt den Befehl aus, also muss er zumindest
irgendwo kurz gespeichert worden sein. Wirke ich paranoid? Klar. Muss man ja. Ich habe
auch einen Sender im Kopf und die Bundeskanzlerin sitzt abends in ihrem Bunker unter dem
Bundeskanzleramt und schreibt mit, was ich mir so alles denke. Grauselig gruselig. Und das
geht ja alles gar nicht.
Stockholm-Syndrom für Apfel-Nutzer. Das ist bereits belegt, dass es das gibt. Auch wenn
das Minimal-Optische einige Sachen nicht kann, wie zum Beispiel Flash-Animationen, so
findet man es selbstredend gut, weil man ja noch nie Flash mochte. Auch wenn der eigene
Lieblingsfilm, Waltz with Bashir oder Persepolis, in Flash animiert wurde und deswegen auch
gar nicht im O-Fall auf dem Apfel angespielt werden kann. Völlig egal, es geht nicht um das
Können, es geht um das Gefühl und das will bedient werden. Emotio statt Ratio.
Der Schraubenzieher in mir
17.11.2011 – Michael Krieger
Heimwerken kann ich so gar nicht. Ich kann ungefähr alles andere besser als Heimwerken. Wenn
eine Glühlampe durchbrennt, dann kann ich das gerade noch so handhaben. Aber wenn es eine
Energiesparlampe ist, dann habe ich schon wieder so viel Angst vor dem Quecksilber, dass ich es
lieber gleich lasse und dann lieber im Dunklen sitze, als das Ding auch nur anzufassen.
Ich habe mir aber dann doch eingebildet, dass ich jetzt Vorhänge haben möchte. Für teuer Geld
habe ich mir richtigen Dreck an Vorhandstangen zuschicken lassen. Wahnsinn, dass das fast
sechzig Euro gekostet hat und nun ist es nichts weiter als Gerümpel. Sieht alles nicht sehr
vertrauensselig aus.
Nun gut. Ich räume die Schränke und das Bett vom Fenster weg um freie Bahn zu haben. Ich
klettere auf die Trittleiter, die ich mir auch noch bestellt habe. Kann man ja immer gebrauchen um
die Spinnweben aus den Ecken zu saugen, die sich seit meines Einzugs prächtig vermehrt haben.
Alles auf einmal greifbar nah.
Ich stehe oben und sehe die Wohnung aus einer ganz neuen Perspektive. Hinter meiner
Bücherreihe hat sich inzwischen ein Teppich von Staub gelegt, da sollte ich bei Gelegenheit auch
drüber wischen. Was nun alles möglich wird, mit der Trittleiter. Ich brauche wohl erst einmal ein
paar Tage Urlaub, um den kompletten Hausputz erledigen zu können, der nun möglich wird.
Ich inspiziere die Wand. Ziemlich dicker Putz. Ich schlage mit dem Hammer dagegen, es bröckelt
ziemlich viel ab. Dahinter kommt aber die Wand zum Vorschein.
Ich steige wieder herunter und lese mir nochmals die Anleitung durch, wie man die Seilzugenden
an der Wand befestigen muss. Ich wollte ja Seilzüge haben.
Alles klar. Da steht, dass man ein Loch in die Wand bohren muss und dann mit dem Dübel die
Verankerung zu befestigen. Man muss darauf achten, dass das alles gut sitzt, weil später, wenn
die Spannung durch das Seil daran zieht, will man nicht böse überrascht werden. Es würde sich
lohnen in das Loch deswegen zusätzlich noch einen Befestiger einzubringen. Was damit gemeint
ist, steht da nicht. Ich suche im Internet, kann aber zunächst nichts sinnvolles finden und
beschließe dann doch zum Baumarkt zu radeln. Dort wird mir so etwas ähnliches wie Flüssiggips
in einer zahnpastatubenähnlichen Verpackung in die Hand gedrückt. An der Kasse staune ich nicht
schlecht, als mir dafür achtzehn Euro neunundneunzig abgeknöpft werden. Weil ich aber nicht
weiter dumm da stehen will bezahle ich mit der Bankkarte und radele wieder nach Hause.
Neues Problem: Ich habe keinen Bohrer und die Nachbarn sind bestimmt auch nicht begeistert. Ich
kenne mich nicht aus und ich möchte die Trennwand zwischen mir und meinem Nachbarn nun
auch ungern aufgeben. Ich überlege, was ich machen könnte, was sich zum Lochbohren anbieten
würde. Ich will nämlich nicht noch einmal zum Baumarkt. Es muss so gehen.
Ich beschließe es mit dem Hammer und dem Schraubenzieher zu versuchen. Immerhin habe ich
schon so manches Loch gehämmert und eben nicht gebohrt. Der Schraubenzieher ist aus
gehärtetem Stahl, steht zumindest auf dem Griff. Der dürfte das also aushalten können.
Ich klettere die Trittleiter nach oben, setze den Schraubenzieher an und hämmere darauf los. Die
ersten zwei Zentimeter geht es erstaunlich gut und ich frohlocke bereits über die heute Abend
schon hängenden Vorhänge. Doch dann wird das Material kompakter und es geht kaum mehr
voran. Ich höre auf, ziehe den Schraubenzieher aus dem Loch, dabei breche ich es auch noch
ungünstig weit auf und messe aus, wie weit ich schon vorgedrungen bin. Durch die Wand höre ich
den Nachbarn Na endlich! sagen. Ich weiß allerdings nicht, ob das meinem Gehämmere galt.
Es fehlt auf jeden Fall noch ein ganz schönes Stück, alleine der Dübel ist fast vier Zentimeter lang.
Ich hämmere und hämmere und langsam geht es weiter. Endlich dürfte ich die nötige Tiefe erreicht
haben und wieder ziehe ich den Schraubenzieher hervor und messe nach. Bis auf den Millimeter
genau. Ich hole den Dübel aus der Hosentasche und stecke ihn, wie ich dachte, zum Test hinein.
Bekomme ihn aber nicht mehr heraus, weil sich die Widerhaken nun im Mörtel verfangen haben.
Ich zerre, aber ich bekomme das Plastikstück einfach nicht mehr heraus. Erst nach gut einer
halben Stunde kam es mir in den Sinn, dass das doch ganz gut sei, wenn der so fest sitze, dass er
sich nicht mehr lösen lässt. Ich klatschte etwas Befestiger hinein und schraubte die
Seilzugverankerung hinein. Als ich die Trittleiter hinunter wollte stieg ich volles Rohr auf den
Schraubenzieher, der mir irgendwie aus der Hose gefallen sein musste. Er bohrte sich tief in den
Fuß. Ich schrie und konnte nicht mehr weiterarbeiten. Der Vorhang hängt heute noch nicht!
Der schweifende Blick I
18.11.2011 – Michael Krieger
Emil Nolde. Tingel-Tangel II. 1907 (1915). Es sitzen vier Frauen auf nicht sichtbaren Stühlen. Ihre
Hinterteile und Röcke sind zu breit, um das Sitzmöbel erkennen zu können. Sie wirken gelangweilt,
fast stoisch. Sie sehen sich nicht um, ihr Blick ist auf eine einzelne Person gerichtet, die ich selbst
nicht sehen kann. Vor mir sitzt oder steht, so genau weiß ich das nicht, Mann mit einem weißen
Hut. Neben ihm ein Mann mit einem schwarzen Hut. Wären die Hüte nicht unterschiedlich, so hätte
ich gar keine Chance auch nur den geringsten Unterschied auszumachen.
Links vor mir ist ein Klavier. Der Klavierspieler sitzt ruhig auf dem Hocker. Er bewegt sich nicht.
Seine Hände ruhen. Es ist kein Spiel zu hören. Die Tasten stauben vor sich hin. Das Klavier ist
weiß, so weiß wie der Hut des Mannes vor mir. Die Frauen sitzen im Halbkreis. Die linkssitzende
hat ein grünes Kleid an. Sie ist stämmig. Ihre Haare sind zu einer nicht definierbaren Frisur
zusammen geknotet. Die Hände hat sie ineinander verschränkt. Sie bleibt still. Ihre Beine
verschwinden hinter dem Klavier. Ihr Hals ist ziemlich dick, wenn ich genauer hinsehe.
Ihre Nachbarin, von mir aus rechts, hat ein rotes Kleid an mit dünnen Trägern, die ihr schon halb
über die Schulter herunter hängen. Die Augen sind müde, sie hat den Kopf leicht nach vorne
gelegt. Ihr rechter Arm stützt ihren Oberkörper auf dem Stuhl ab, auf dem sie wohl sitzt. Sie kann
ja auch nicht in der Luft sitzen. Den Stuhl sieht man aber nicht. Ihr Kleid ist zu weit. Es wirft Falten
und Wellen und reicht ihr bis zu den Knien. Wenn sie steht dürfte sie einen ziemlich großen Radius
um sich haben, in den niemand eindringen kann. Ihre Haare sind unordentlich. Sie hat ein Band im
Haar. Das Band ist rot. Ihre Halskette ist ebenfalls rot. Nur ihre Lippen, die sind schwarz. Ihre helle
Haut hebt sich vom weiten Kleid ab, dass ihr wohl zu kurz scheint. Verlegen hat sie die Beine
übereinander gelegt. Der rechte Fuß steht nur auf den Zehen. Ihre Schuhe sind flach und grau. Die
einzige andere Farbe außer rot an ihr. Die Beine sind nicht trainiert, eher schlaff. Sie muss wohl
nicht schwer arbeiten. Sie langweilt sich.
Der Damen neben ihr, die ebenfalls ein rotes Kleid trägt, ergeht es ähnlich. Sie stützt ihren Kopf
auf ihren linken Arm. Den rechten hat sie auf ihren Schoß gelegt. Ihr Kleid reicht ihr über die Knie
und darunter trägt sie eine schwarze Strumpfhose. Ihre Schuhe kann ich nicht sehen, der Mann
mit dem weißen Hut verdeckt sie mit seiner Schulter. In ihrem Haar trägt sie ebenfalls ein rotes
Band. Der Träger des Kleides hängt ihr über die rechte Schulter. Sie stört sich nicht weiter daran.
Ihre Körperhaltung ist schlaff. Sie versinkt fast in den auch bei ihr nicht zu sehenden Stuhl. Sie ist
die dünnste der vier Damen. Fast knochig. Ihre Schultern sind spitz ihr Gesicht schmal und ihre
Beine dünn, die sich auch übereinander gelegt hat, nur das hier das linke vor dem rechten ist.
Die letzte Damen im Reigen der vier wird zu einem großen Teil von den beiden Männern vor mir
verdeckt. Sie hat ein rundes Gesicht, ihre Haare sind mittellang und nach hinten gezogen. Ihr Kleid
liegt eng an der Brust an und ist schwarz. Es hat sowohl dünne Träger über die Schultern, die
stramm sitzen als auch Bänder über ihre Oberarme. Sie kann die Arme wohl nicht weit heben, mit
diesem Kleid. Sie wirkt streng. Als einzige folgt sie der Rede. Sie wirkt fast so, als gehört sie nicht
zu den anderen dreien. Sie sitzt dem Redner auch nicht direkt gegenüber. Sie muss den Kopf nach
links drehen. Ihre Arme dürften ruhig liegen, so genau kann ich das aber nicht sehen.
Die beiden Herren vor mir tuscheln vielleicht. Dafür fehlt mir aber der letzte Beweis. Sie könnten
auch dem Redner folgen, wie ich schon sagte, den sehe ich nicht. Der Raum ist ziemlich klein, in
dem wir hier sitzen. Fast etwas stickig. Ein Fenster hat er nicht, zumindest kann ich keines sehen.
Die Wände sind heruntergekommen und ebenfalls in dunkle Töne getaucht. Hinter den Frauen ist
die Wand zuerst rot, dann kommt ein Balken, dann ist sie grün, dann wieder ein Balken und
schließlich wieder rot. Schmierereien, die nicht weiter bestimmbar sind, finden sich auch darauf.
Der Fußboden ist völlig unerkenntlich. Er sieht aber noch ziemlich sauber aus. Alles wirkt etwas
unformell. Man könnte fast meinen, man wäre in ein Bordell geraten in dem gerade eine
Unterredung stattfindet und die Männer müssen noch ruhig sitzen, bevor die Feier wieder startetet
und sie ihre schmuddeligen Hände unter die dünnen Träger der Kleider schieben dürfen.
Für die Frauen ist es nur ein Verdienst, sie beklagen sich nicht, ihnen ist es egal, was gesagt wird,
sie starren vor sich hin. Sie haben es wohl schon öfter gehört und kennen den Inhalt der Rede, die
sich wohl nur an die Männer richtet, die die Frauen im Blick haben, aber mit einem Ohr auch beim
Redner hängen. Wie wir hier hierein geraten sind, dass kann ich Ihnen, werter Leser, leider nicht
sagen, genau so wenig, wie wir heraus kommen. Vielleicht spielt gleich der Klavierspieler.
Toilettensex
19.11.2011 – Michael Krieger
Die Bässe donnern aus den Boxen und preschen auf meinen Brustkorb ein. Das Atmen fällt
mir schwerer und schwerer. Die Luft presst aus meinen Lungen und drückt die Nasenflügel
auseinander. Ich drehe mich um neunzig Grad und kann die Schnappatmung ablegen. Es
geht leichter, wenn auch nicht optimal. Die Drogen im Blutkreislauf tun ihr übriges und weiten
meine Gefäße so gut wie meine Pupillen. Ich lasse meine Glieder kreisen. Der Boden fühlt
sich wie Gummi an, mit jedem Schritt wird er weicher und weicher.
Meine Freunde sind genauso drauf. Wir tanzen zur Musik als wäre es unser letzter Tag auf
Erden. Alkohol trinken wir hingegen keinen. Das kommt in der Mischung nicht so gut. Das
trocknet zu sehr aus. Das sollten wir nicht tun. Ein paar machen es dennoch.
Den ganzen Abend über beobachte ich einen Freund. Immer wenn sich unsere Blicke
treffen, lächeln wir. Manchmal sehe ich dann auch verstohlen weg. Ich komme mir wie ein
Voyeur vor, der sich auf frischer Tat ertappt fühlt. Ab und zu tanze ich näher bei ihm, lasse
meine Arme ganz zufällig gegen seinen Körper prallen, dann wende ich mich wieder ab und
gehe ein paar Schritte. Er folgt mir nicht. Ich könnte mir auf die Zunge beißen. Ich stelle mich
zu blöd an. Klug ist wirklich etwas anderes.
Ich stürze die letzten Tropfen Wassers in meinen Schlund. Die leere Flasche stecke ich mit
Gewalt in die zu enge Hosentasche. Tanzend mache ich mich auf den Weg zur Toilette. Es
ist ziemlich dunkel, wie im ganzen Klub. Licht ist nicht so die Sache der hier Feiernden. Tut
aber auch ganz gut, so merkt man nicht, dass der Tag längst begann und die Sonne in
bester Freude vom Himmel strahlt. Dumpf dringt der Bass an mein Ohr.
Die Spülbecken sind gleich am Eingang. Man sieht über die Unordnung hinweg. Das Wasser
sprudelt aus dem Hahn. Ich lasse es ein paar Sekunden laufen, dann halte ich meine Hände
zu einer Schale geformt darunter und schlage mir die Lache ins Gesicht. Es tut gut, kühlt
mein heiße Haut. Die Drogen tun ihre Wirkung. Sie heizen mich auf. Für einen kurzen
Moment bin ich ganz klar. Ich strampele die Flasche aus meiner Hosentasche und halte sie
unter den Strahl. Langsam füllt sie sich. Mehr Wasser geht daneben. Ich kann mich nicht
mehr konzentrieren. Das kalte Nass fließt über meine Finger. Ich wische sie an der Hose
trocken, die vom Schweiß wie eine zweite Haut an meinen Beinen klebt.
Die volle Flasche landet wieder in der Hosentasche. Mehr schlecht als recht hält sie. Die
Blase drückt, ich gehe zur Pissrinne und mache den Reißverschluss auf. Nach meinem
Schwanz muss ich wühlen. Dank Drogen ist er ganz schrumpelig. Es fühlt sich klamm an.
Der Schweiß ist hier ganz kalt und hat bereits angefangen eine Kruste zu bilden. Bestimmt
zwei Minuten stehe ich an der Pissrinne und es kommt einfach nichts. Ich muss locker
lassen, kann aber nicht. Es kommt kein Tropfen.
Aus dem Halbdunkel taucht der Freund auf, von dem ich mehr möchte als nur mit ihm zu
tanzen. Er stellt sich neben mich. Wir lächeln uns an. Er sieht nach oben an die Decke, ich
nach unten in die Rinne, in der sich nun doch endlich ein paar Tropfen aus meinem Penis
ergießen. Locker bin ich immer noch nicht.
Mein Blick will die ganze Zeit nach links gehen, ich reiße mich zusammen. Ein paar mal atme
ich tief durch. Er spricht mich an und fragt, ob alles in Ordnung sei und als ich mich zu ihm
wende um ihm zu antworten, zieht es meine Augen nach unten und ich schaue dorthin, wo
ich die ganze Zeit schon hinstarren wollte. Wie gebannt bleibe ich hängen. Er sieht wohin ich
sehe. Zum Glück nimmt er es gelassen.
Endlich kann ich Wasser lassen und als ich schon fertig bin, fragt er mich doch glatt, ob ich
noch Bock hätte eine Linie zu ziehen. Ich nicke kurz, eigentlich bin ich schon überdosiert,
aber eine geht noch. Wir sperren uns in eine leere Kabine ein. Er holt ein Tütchen mit
weißem Pulver aus der Hosentasche und fragt, ob ich eine Kreditkarte hätte. Ich gebe sie
ihm. Er streut Pulver darauf und nimmt selbst eine Karte aus dem Portemonnaie und
zerdrückt die Kristalle zu einer feinen Substanz. Er teilt sie in zwei Streifen auf. Ich rolle
einen Zehn-Euro-Schein zu einem Röhrchen und ziehe mich den Schnee in die Nase. Er
macht es ebenso. Als ich schon fertig bin und die Kabine wieder verlassen möchte hält er
mich fest. Ich bin sprachlos. Gebe keine Antwort. Er fasst mir in die Hose.
Auf der Suche nach dem Klub
20.11.2011 – Michael Krieger
Wir irren durch die Straßen Berlins. Irgendwo hier muss er sich versteckt haben, unser Objekt der
Begierde. Ein neuer Klub soll hier aufgemacht haben. Wir streifen durch die Straßen. Ecke um
Ecke wird geblickt. Es will sich kein dumpfes Dröhnen an unser Ohr wagen. Wir hören keinen Bass
brummen, keine Snare zittern, keinen Gesang verhallen.
Die Kälte zieht die Glieder hoch. Sanfter Nebel legt sich in die Straßenzüge. Die Autoscheiben sind
beschlagen. Die Straßenlaternen strahlen diffus. Der Atem kondensiert zum Hauch. Ich werde
ungeduldig. Meine Finger werden kalt. Ich ziehe sie in den Ärmel zurück, was nicht wirklich Abhilfe
schafft.
Was ist nun?
Wo ist das denn?
Ja, hier irgendwo.
Ja! Und wo?
Na, in der, in der einen Straße da.
Topp informiert.
Ja, wirklich topp.
Wir biegen in die nächste nebelverhangene Straße. Meine Zehen werden eisiger. Die zwei Socken
bringen nicht den gewünschten Effekt. Wir stampfen weiter. Nieselregen setzt ein. Wir freuen uns
gewaltig, als wir uns kurz zum Wärmen in eine Bar stehlen.
Fünf Bier, bitte!
Wir stehen um einen Tisch herum. Ich hole mein Mobiltelefon heraus. Die Internetverbindung ist zu
schlecht. Es lädt sehr lange. Ein Freund fragt den Barkeeper. Der gibt ihm Auskunft. Fünf Minuten
später, das Bier hinunter geschüttet, stolpern wir wieder auf die Straße.
Drei Ecken weiter, wir stehen vor einer Stahltür. Sie ist geschlossen. Ich rüttele. Keine Reaktion.
Wir klopfen. Niemand reagiert.
Ist das schon richtig?
Der Barkeeper meinte das sei hier.
Wirklich?
Sind wir sicher in der richtigen Straße.
Ich denke.
Du denkst? Ich will sicher sein!
Ja, es muss die richtige Straße sein.
Ich klopfe erneut. Mit der Faust. Keine Reaktion, abermals. Meine Finger haben jegliches Gefühl
verloren. Der Nieselregen gefriert am Boden. Es wird glatt. Wir sehen uns alle an. Betroffen. Dann
werden wir ärgerlich. Alle starren wir unseren Freund an, der unbedingt in diesen Klub wollte.
Wollen wir woanders hin?
Bleibt wohl nichts anderes übrig.
Dann gehe ich aber nach Hause.
Na, jetzt seid doch nicht so.
Plötzlich springt die Stahltür auf. Sie donnert mir gegen die Schulter. Ich kippe überrascht zur
Seite. Kann mich aber noch fangen. An einer Autotür komme ich zum Stehen. Es ist rutschig.
Was ist?
Ist hier der Klub?
Ja.
Der Typ mit den breiten Schultern, der Glatze und der Lederjacke geht zur Seite. Wir werden
eingelassen. An der Kasse hört man immer noch keine Musik. Es wird aber Musik gespielt, sagt
man uns. Wir werden nach unten gebeten. An einer Treppe halten wir kurz inne. Wir öffnen unsere
Jacken. Wieder sehen wir uns an. Ein gewisse Skepsis steigt auf.
Sind wir wirklich richtig?
Werden wir gleich alle umgebracht?
Wir steigen die Stufen hinab. Wieder eine Tür. Sie ist schwer. Sie ist stählern. Wir horchen
gespannt. Ein Wummern ist zu vernehmen. Ich fasse an die Klinke. Da springt sie schon auf.
Dieses Mal geistesanwesend hüpfe ich zur Seite. Wieder ein bulliger Kerl. Bass schlägt um unsere
Körper. Ein Grinsen steigt auf. Wir treten ein. Ziehen unsere Jacken aus. Auf die Tanzfläche.
Michele Huntziker moderiert ab sofort Wetten, dass...?
21.11.2011 – Michael Krieger
Heute ist nicht Samstag Abend. Heute ist schon Montag. Den Text schrieb ich am Sonntag.
Verrückte Welt. Und dann hört auch noch Thomas Gottschalk mit der Moderation von Wetten,
dass... auf. In wenigen Wochen. Einen Nachfolger gibt es nicht. Hape Kerkeling macht es nicht.
Leider. Vielleicht wird es Barbara Schöneberger. Die Abstimmung auf der Internetseite der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagt zumindest das. Sie ist Favoritin. Ina Müller liegt auch gut im
Rennen. Sie dürfte aber dem breiten Publikum nicht zu bekannt sein. Was ist eigentlich mit
Michele Hunziker? Immerhin seit ein paar Jahren Komoderatorin. Sie könnte doch übernehmen.
Warum denkt daran keiner? Oder ist es die Überraschung schlechthin am dritten Dezember diesen
Jahres. Ich werde auf jeden Fall nicht dabei sein. Die Sendung interessiert mich nicht. Zudem
habe ich gar keinen Fernseher. So ein Mist aber auch. Gut, inzwischen kann man auch digital
gucken. Für die Süchtigen gibt es sogar Anwendungen für Mobiltelefone.
Apropos Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die lag heute nicht in meinem Briefkasten. Also gestern.
Am Sonntag. Normalerweise liegt die da immer drin. Dieses Mal aber nicht. Was ist los? Ist der
Zeitungsausträger krank? Konnte seine Vertretung nicht einspringen? Oder ist der Zug von
Frankfurt nach Berlin, der sie transportieren sollte, verunglückt? Ich will es mal nicht hoffen und
setze meine ganzen Hoffnungen auf den kommenden Montag. Also heute. Das dann die
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am Montag im Briefkasten liegt. Ich hätte sie heute so
gerne gelesen und mir eine Anregung geholt, welchen Text ich denn für morgen, also heute, hätte
schreiben können. Aber nein. So werde ich nun genötigt völligen Stuss vor mich hin zu tippen. Der
geneigte Leser wird sich an dieser Stelle wohl schon ausgeklinkt haben und wenn er doch noch
hier sein sollte, so sei er gerne herzlich gegrüßt.
Hallo Leser. Wie geht es uns denn heute? Schon gefrühstückt? Immerhin ist es schon abends, da
sollte man doch schon gefrühstückt haben. Außer du frühstückst natürlich nicht. Gehetzt bist du ins
Büro oder zu Universität. Die erste Bahn hast du sogar noch verpasst. Musstest auf die nächste
warten. Sie kam etwas später. Wie immer, wenn man es nicht brauchen kann. Dein Puls schoss
nach oben. Du wolltest schon anrufen und sagen, dass du zehn Minuten später da sein würdest.
Hast es aber dann doch gelassen. Ist doch schwachsinnig für zehn Minuten schon Telefonterror zu
machen. Ja, das hast du dir gedacht. Oder eben auch nicht, weil du weder ins Büro noch zur
Universität musstest. Ja, das ist natürlich möglich. Oder du warst ganz entspannt. Hast die Bahn
rechtzeitig erreicht oder bist mit dem Fahrrad gefahren. Dann entschuldige ich mich natürlich, für
diese boshaften Unterstellungen meinerseits. Voll sorry, Mann.
Aber auf jeden Fall wirst du, geneigter Leser, zu der Fragen kommen, was denn der werte Autor
dieses Textes hier am dritten Dezember machen wird, wenn er sich eben gerade nicht Wetten,
dass...? reinzieht? Ja, das ist wohl wirklich eine gute Frage. Ich könnte jetzt, und das sei mir
gestattet, einen kurzen Blick in meine Agenda werfen. Für die nicht so gebildeten unter euch, und
auch das ist eine grobe Unterstellung, heißt es auch Terminkalender. Ich bin analog. Das heißt das
Smartphone liegt neben mir auf dem Schreibtisch und ruft alle paar Minuten meine Mails ab, der
Kalender hingehen liegt irgendwo in einer meiner vielen Taschen und wartet nur darauf gefunden
zu werden. Einen kleinen Augenblick bitte. Hm. Wo ist er denn? Ich habe ihn doch ganz bestimmt
gestern hier abgelegt. Oder doch wo anders? Mann, Mann, Mann. Das kann nun wohl nicht wahr
sein. Tja, tut mir leid. Es dauert noch ein klein wenig. In der Zwischenzeit könntest du, geneigter
Leser, schon mal die Melodie von Jeopardy summen. Oder wenn du gerade nicht weißt, geneigter
Leser, wie sie geht, dann such doch kurz im Internet. Du liest den Text doch sowieso am Rechner,
also kannst du jetzt kurz Pause machen und die Denkmelodie von Jeopardy raus suchen. Ich bin
gleich wieder da.
Mann, Alter. Wo ist denn der verdammte Kalender. Drei Taschen später finde ich ihn dann doch mit
einem tiefen Erleichterungsseufzer. Ich dachte schon ich hätte ihn verschmissen. Wäre nicht das
erste Mal, dass ich eine neue Agenda für das kommende Jahr kaufen müsste. Das ist auch schon
der Kalender für zweitausendzwölf. Die Monate November und Dezember sind da auch drin. Das
ist der Grund warum ich schon gewechselt habe. Alle Termine wurden in einer mühsamen späten
Stunde übertragen. Ich konnte nicht schlafen und wenn man nicht schlafen kann, dann muss man
sich stumpfsinnig beschäftigen. Und was eignet sich dann besser als Termine zu übertragen. Also
mal sehen. dritter Dezember. Ach, da ist doch noch nichts. Na, dann sehe ich es wohl doch an.
Pervers oder pervers, oder was?
22.11.2011 – Michael Krieger
Ich konnte das schwedische Modegeschäft nicht finden. Verloren lief ich von Ebene zu Ebene.
Keine Skandinaviern in Sicht. Entnervt stöberte ich durch den Elektromarkt. Sogar die
Produktbeschreibung der Waschmaschinen las ich durch. Ich wollte aber auch keine
Waschmaschine kaufen. Ich wollte Kleider kaufen. Schöne Kleider. Unauffällige Kleider. So
individuelle, dass nichts mehr daran individuell ist.
Ich verließ den Elektromarkt. Die Anzahlung für die Waschmaschine habe ich schon geleistet. Sie
wird in fünf Tagen geliefert. Frage: Was mache ich jetzt mit der alten, völlig funktionstüchtigen?
Verdammt. Das soll nun aber nicht mein Problem sein. Darüber denke ich heute Abend nach. Oder
morgen. Oder ich entferne mein Klingelschild, so dass sie mich nicht finden. Oder ich stelle einfach
eine zweite dazu. Oder, oder, oder.
Ich will jetzt aber Kleider. Wieder stromere ich umher. Finde dann aber nur einen
Schnäppchenmarkt. Weil mir nichts besseres einfällt gehe ich hinein. Der Duft von Plastik,
Synthetik und vielem anderen -tik lässt die Schläfen pulsieren. Sofort Kopfschmerzen. Mir ist
schleierhaft, wie das die ausnahmslos weiblichen Verkäuferinnen nur aushalten. Muss wohl so
sein wie bei Floristen. Die riechen ja irgendwann auch nichts mehr. Bei der einen total grausam ist
es bei der anderen die Rettung vor dem Dufttod.
Unter den Plastikgeruch mischt sich etwas ziemlich krass stechendes. Ich drehe mich um. Ein
Arsch von der Breite eines Lastwagen-Anhängers – wohlgemerkt quer – schiebt sich wie eine
Sonnenfinsternis in mein Blickfeld. Leck mich fett! Die Dame, ich hoffe, dass es eine Dame ist,
bückt sich nach vorne um zwischen den Sommerkleidern zu wühlen, die vor ihr drapiert sind. Die
Ablage sieht aus wie ein Trog. Ein Schweinetrog. Und das Mastschwein schnaubt sich hindurch.
Ich muss auflachen bei dem Bild. Die Schrankwand dreht sich zu mir um. Ein Berg aus Fleisch
baut sich vor mir auf. Es wird dunkler um mich. Sie verdeckt mindestens dreißig Deckenlampen.
Meine Augen werden groß. Die Kinnlade fällt runter.
Weswegen lachen Sie denn, junger Mann?
Ich fühle mich klein wie eine Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielfigur. Mit Hut! Tu mir bloß nichts.
Nichts. Mir kam nur ein Witz in den Kopf?
Der Fleischberg vibrierte wie ein Wackelpudding, wenn man ihn auf den Tisch stellt. Schon wieder
muss ich lachen. Ein irres Bild wird durch das nächste abgelöst. Die Frau nimmt mich – zum
meinem Glück – nicht ernst und schraubt sich wie ein Walross zur Infotheke. Ich folge ihr
unauffällig. Selbst wenn sie sich umdrehen würde, ich könnte blitzschnell verschwinden. Dass
würde ja auch dauern, bis sie einmal um die Achse ist.
Am Infostand fragt sie die Verkäuferin mit der Hochsteckfrisur und dem Miss-Piggy-Gesicht nach
Büstenhaltern. Größe 300X. Oder so ähnlich. Die Verkäuferin nuschelt irgendwas von dort hinten.
Die Masse dreht sich um, ich drehe mich zu den Spielwaren, die gerade neben mir stehen und
nehme eine Puppe in die Hand.
Perverses Arschloch!
Das schnaubt sie mit entgegen, als ich zufällig – und es war wirklich Zufall – meinen Daumen im
Schritt der Puppe hatte. Ich lege sie weg und folge Miss Fleischberg zu den Büstenhaltern. Ich will
wissen, wie diese Dinger aussehen, die diese Pakete halten können.
Sie zupft einen schweinchenrosanen aus einem weiteren Wühltisch. Ich kichere schon wieder.
Dieses Mal konnte ich mich aber schneller hinknien, so dass Miss Fleischberg mich nicht sehen
konnte. In eine Hälfte des Gerätes würden locker zwei, wenn nicht sogar drei Melonen –
ausgewachsene Melonen – Platz finden. Alter! Mein ganzer Arsch passt in eine Hälfte rein. Sie hält
ihn an ihre Brüste. Wieder pruste ich los. Ich weiß auch nicht, was heute mit mir los ist. Wenn sie
sich gleich auf mich stürzen würde, ich wäre sofort tot, davon bin ich überzeugt, ich hätte es
verdient. Liegt wohl am Sarkasmus, den man haben muss, wenn man eine Waschmaschine
kaufte, die man nicht brauchte.
Sie schreit die Verkäuferin herbei mit einer Lautstärke, die Betonwände aus der Fassung gerissen
hätte. Miss Piggy kommt angewatschelt.
Haben Sie den auch in Push-Version?
Ich werfe mich auf den staubigen Teppich und muss mir den Bauch vor lachen halten. Tränen
schießen mir ins Gesicht. Zehn Minuten später habe ich Hausverbot im Schnäppchenmarkt.
Saure Vögel
23.11.2011 – Michael Krieger
Süchte haben so manche schlechte Eigenschaft an sich. Die einen bauen körperlich rapide ab. Die
anderen lassen dringende Aufgaben liegen. Und ganz andere lassen Freunde zu virtuellen Figuren
werden.
Meine Sucht sind die sauren Vögel.
Mit einer Schleuder kann man die Vögel auf grüne Schweine schießen und man muss so viele wie
möglich von ihnen töten. Moorhuhn ist wieder da. Es sind wieder Vögel. Es wird wieder
geschossen. Nur dieses Mal sind es nicht die Vögel, die abgeschossen werden, sondern die Täter.
Die Rache für Moorhuhn. So zu sagen.
Halbe Nächte bringe ich durch ohne auch nur ein Auge zu getan zu haben, weil ich unbedingt noch
dieses oder jenes Level schaffen wollte. Manche ausweglose Situation konnte dann doch geknackt
werden.
Besonders kritisch wird die Sucht, wenn ich eigentlich um sieben Uhr morgens aufstehen müsste,
um kurz vor zwei aber immer noch über dem Smartphone hänge und wische. Wirklich schlimm. Ich
weiß, ich müsste schlafen, tue es aber nicht. So im Griff hat mich die Sucht.
Ich wollte die Applikation auch schon löschen. Konnte mich bisher aber nicht dazu überwinden. Ja,
ich spiele es in Zukunft nur noch, wenn ich sonst nichts weiter zu tun hätte und kein Lesestoff mehr
vorhanden ist. Das sage ich mir. Jedes Mal, wenn mein Finger auf die sauren Vögel klickt.
Mein Leben wird von einem Spiel eingenommen, dass weder besonders intelligent macht noch
dazu führt, dass man mit anderen in Kontakt tritt. Es befeuert den Kontakt. Der Kontakt ist ein
grünes Schwein auf das ich mit jedem Male, wenn ich das Spiel öffne, Vögel abschieße und
versuche das Schwein zu töten.
Nur was ist, wenn es mir gelingt? Wenn es mir tatsächlich gelingen sollte, das Kontaktschwein zu
treffen? Das kann nur schlimm und schlimmer, wenn nicht gar schlimmst werden. Ich sitze schon
in der S-Bahn: Ach, lesen kann ich auch zu Hause; und schon ist das Smartphone in der Hand. Es
liegt gut darin. Der Bildschirm ist groß. Beste Voraussetzungen für eine runde saurer Vögel.
Süßes, sonst gibt’s Saures.
Na bravo. Die Umwelt um mich herum versinkt in einen Dämmerschlaf. Natürlich glaubt man, dass
sonst niemand mitbekommt, dass man hier ein Spiel spielt. Doch so ist das nicht. Natürlich
bekommt man es mit. Ich bekam es bisher auch immer mit, wenn jemand anderes ein Spiel auf
seinem Mobiltelefon spielte.
Trotzdem schaltet man komplett ab. Es hat keine Relevanz mehr, ob es jemand mitbekommt oder
nicht. Hauptsache die grünen Schweine gehen ziemlich schnell und mit viel Krach-Bumm drauf.
Ich wische über den Bildschirm und feuere einen schwarzen Vogel ab, der eine Bombe ist, wenn er
ein Ziel trifft verstärkt sich seine Wirkung enorm. Gott ist das traurig, dass ich sie schon
unterscheiden kann.
Gerade einmal eine Woche ist die Applikation auf meinem Smartphone und schon wird sie jeden
Tag in Beschlag genommen. Andere Anwendungen, die man wirklich täglich nutzen könnte, so wie
das Wetter, die rufe ich gar nicht mehr auf. Sie verschwinden in der dämmrigen Umwelt.
Schlechtlaunig wache ich am nächsten morgen um halb acht auf. Ich musste mich einfach noch
einmal umdrehen. Es ging nicht. Es ging einfach wirklich nicht. Eine halbe Stunde weniger Zeit um
zu frühstücken, zu duschen, sich anzuziehen und zur Universität los zu marschieren. Eine kleine
Runde saurer Vögel könnte meine Laune wohl heben, aber dafür ist nun wirklich keine Zeit. Als mir
der Gedanke durch den Kopf schießt drehe ich das warme Wasser in der Dusche komplett ab und
warte auf die Gänsehaut. Auch ein Vogel. Schlimm. Sie strahlen schon in meinen Alltag aus.
Eiskalt geduscht ziehe ich mich an. Endlich wird mir wieder warm, war wohl doch etwas heftig.
Ich gehe zur S-Bahn. Mein erster Gedanke, als ich auf einem der mintgrünen Sitze platz
genommen habe: Saure Vögel. Nein, das geht jetzt wirklich nicht. Ich muss einen Text lesen. Ich
krame in meiner Tasche, kann aber nichts ordentliches finden. Verdammt. Vielleicht lieber einen
zweimal lesen als jetzt mit den Vögeln zu spielen? Nein, das ist auch doof und würde nur zeigen,
dass ich schon Ersatzhandlungen brauche. Ich lasse den Text in der Tasche, das Smartphone aber
auch. Stolz auf mich starre ich ins Leere.
Die Station, an der ich hätte aussteigen sollen verpasse ich so auch gnadenlos. Ich ärgere mich.
Beiße mir fast schon in die Faust. Zur Beruhigung spiele ich eine Runde saure Vögel. Arg!
Die private Lesung
24.11.2011 – Michael Krieger
Ich habe zwei Freundinnen zu mir eingeladen. Ich möchte ihnen ein paar Texte vorlesen, die ich in
der letzten Zeit abgefasst habe. Druckreif ist nichts davon. Aber es ist immer gut, eine Meinung
einzuholen, wo man zu unklar ist oder wo man sich zu sehr ins Detail verliert. Ich verliere mich in
jedem Text ins Detail oder manchmal bleibe ich so sehr an der Oberfläche, dass ich ihn selbst
nicht mehr verstehe.
Gut. Ich wähle also gut zehn Texte aus, die es zumindest schon einmal unter meine persönlichen
Top zehn schaffen würden. Ich lege noch zwei oben drauf. Man weiß ja nie, vielleicht wird noch
einer oder zwei aussortiert. Bei drei könnte es kritisch werden. Ich halte gerne am Format fest. So
wie das auch der Autor dieses Textes tut, mit dem ich absolut nichts gemein habe. Der schreibt ja
auch nur für seine Leser, ich schreibe für das Leben. Bin ich deswegen was besseres? Ja.
Die zwei Freundinnen treffen gemeinsam ein. Acht Minuten zu früh. Ich bin noch nicht mit dem
Kochen fertig. Das nervt mich schon. Sie dürfen ablegen. In der Zwischenzeit verbrennen mir die
Garnelen in der Pfanne. Verdammt. Sie setzten sich auf das Sofa und bewundern die Kunst an der
Wand, die ich für teuer Geld erworben habe. Zeichnen kann ich nämlich nicht. Ich habe mal
gehört, dass der Autor dieses Textes ganz gut zeichnen könne, noch besser aber malen. Habe ich
aber nur gehört. Wissen tue ich es nicht.
Freundinnen sitzen. Garnelen verbrennen. Ich schwitze. Etwas schlechtlaunig reiche ich ihnen
jeweils ein Glas Weißwein. Bester Weißwein. Sie würdigen ihn nicht und schütten das Glas in sich,
wie ein Alkoholiker, der sich den Tetrapack an den Mund setzt und die beiden Pappkartonhälften,
die sich gegenüber stehen, mit einem kräftigen Ruck zusammenpresst. Das Zeug schießt in seine
Gurgel und er ist sofort besoffen. So in etwa von diesem Kaliber sind meine beiden Freundinnen.
Wirklich viel Brust haben sie auch nicht. Eher Mädchenbrüste, die gerade sprießen, wie
Sonnenblumen an einem lauen Frühlingsmorgen. Etwas geil von den Knöspchen gehe ich wieder
in die Küche um die Garnelen samt Pfanne in den Müll zu schmeißen, der schon wieder dringend
geleert gehört. Ich schütte die Nudeln in den Topf zurück und zerlasse Butter. Dazu gibt es dann
Ketchup und Tütenparmesan. Das muss reichen. Mehr haben sie nicht verdient.
Auf die Frage, wo denn die Garnelen abblieben, die hier so gut dufteten verweise ich auf meine
rote Rundablage in der Küche. Freundin Schmalbrust steht auf und geht in die Küche, sie hat nicht
verstanden, was ich gemeint habe. Es dauert. Und dauert. Und dauert. Dann kommt der Ruf, dass
sie hier keine Rundablage finde und auch gar nicht so genau wisse, was das ist.
Ich sage ihr sie solle wieder zurück kommen. Es gäbe keine Garnelen, weil die tot und verbrannt
im Mülleimer wären. Man hätte sie vielleicht noch essen können, wären eben nur sehr knusprige
Garnelen. Aber dafür ist es schon zu spät. Sie befinden sich in bester Gesellschaft mit
schimmeligen Tomaten, braunsten Bananen und abgelaufenem Joghurt.
Nachdem wir unser Mahl in uns aufnahmen werde ich schon gedrängelt. Ich räume aber noch ab.
Das heißt bei mir, dass alle Küchenutensilien von Töpfen über Siebe bis hin zu Teller und Besteck
einfach in der Spüle landen. Ich wasche nie gleich ab. Ist mir sowas von zu blöd.
Die Freundinnen mit ihren erneut gefüllten Weingläser beugen über meinem Schreibtisch und
lesen den obersten Text an. Derjenigen mit ein wenig mehr Brust als der anderen sieht der Slip
hinten raus. Das Hemd hat sich hochgeschoben und die Hose ein wenig weiter runter. An dieser
Stelle wäre es wohl zu krass, wenn ich mir den Finger anfeuchtete und ihn ihr in den Anus schöbe.
Ich verwerfe den Gedanken und erschrecke die beiden. Sie schlagen um sich. Reflex. Frau.
Die Augen werden gerollt. Ich stoße den Stapel Papier zurecht und bitte darum, dass sie sich
wieder auf das Sofa setzten. Mit einigem Gezeter folgen sie meiner Aufforderung. Sie sagen noch,
bevor ich anfangen möchte, dass in der ersten Zeile ein Rechtschreibfehler sei. Ich sage, dass ist
kein Rechtschreibfehler sondern Absicht. Im Zweifel und in der Selbstverteidigung ist alles Absicht.
Trotzdem nehme ich einen Stift zur Hand und markiere das Wort, worum es sich allem Anschein
nach handeln müsse. Sicher bin ich mir aber nicht, das richtige erwischt zu haben.
Räuspern. Sie kichern. Ich rolle die Augen. Sie beugen sich vor. Ihre Hemden entfernen sich ein
Stück von ihren Knospen. Sehen kann man aber nichts. Dafür müsste ich etwas von meinem Stuhl
aufstehen, das tue ich aber nicht. Der Anstand zwingt zum Anstand. Ich bleibe anständig.
Verdammt nochmal.
Ein Blick sei aber noch erlaubt. Ich lächle und beginne: Es war einmal...
Das Volk im Nussbaum
25.11.2011 – Michael Krieger
In meinem Garten habe ich einen kleinen Nussbaum stehen. Die Ernte ist nicht besonders groß.
Die meisten Nüsse verfaulen noch am Baum. Vielleicht ist es die Lage, vielleicht das Regenwasser
oder einfach alles zusammen. Vielleicht auch ein Parasit. Ich weiß nicht.
Ich stand schon an vielen Tage davor und wusste nicht so recht, warum wieso weshalb das kleine
Bäumchen einfach nicht so recht wuchs. Seit nunmehr fünf Jahren steht er in meinem Garten, ich
habe aber noch nie eine Veränderung bemerkt. Es ist und bleibt in seinem Zustand, Jahr für Jahr.
Mit einer heißen Tasse Kaffee setze ich mich davor in einen weißen Plastikgartenstuhl und sehe
das Bäumchen an. Ich trinke, setze die Tasse wieder auf meinem Oberschenkel ab. Ich denke
nach, schweife ab und komme wieder zum Gedanken zurück. Das Bäumchen wiegt sich im Wind.
Seine Blätter flattern wie Fahnen. Die Früchte wippen wie Federn. Es tänzelt durch den Tag.
Wieder trinke ich von meiner Tasse und schaue in die Sonne. Die Augen geschlossen. Es ist
warm. Der Pelz wärmt sich. Jetzt noch klassische Musik und wenn ich nun sterbe, stürbe ich
glücklich. Ein Säuseln dringt an mein Ohr. Ich klopfe meine Tasche ab, aber ein Telefon habe ich
nicht bei mir. Ich sehe mich um. Es ist nichts zu erblicken. Nur Bäume, Sträucher, Blumen, Häuser
und ein paar Gartenzwerge, die ich neckisch hinter einer Gruppe rot-blühender Tulpen versteckt
habe.
Ich denke mir nichts weiter, nehme einen großen Schluck vom Kaffee und wieder stelle ich ihn auf
meinem Oberschenkel ab. Wieder säuselt etwas. Zunächst höre ich noch aktiv weg. Dann kann ich
auch aktiv nicht mehr weg hören. Irgendwo hier muss doch was sein. Irgendwo. Ich stehe auf und
sehe unter dem weißen Plastikgartenstuhl nach. Nein. Nichts. Ist hier vielleicht irgendwo eine
Katze. Nein, auch keine Katze. Es ist ein Garten, der von außen nicht zugänglich ist. Nicht einmal
eine Katze, geschickt wie sie auch sein mag, würde es über den Zaun schaffen.
Das Säuseln nimmt kein Ende. Es brennt in meinen Ohren. Es treibt mich zum Wahnsinn. Es hört
und hört einfach nicht auf. Woher nur, woher nur. Ich streife wie ein Tiger durch den Garten. Kein
Igel, keine Katzen, keine Schnecken (und Schnecken säuseln erst recht nicht). Nichts. Ein Vogel
kann es nicht sein, denn pfiffe er so aus dem letzten Loch, wie das sich hier anhört, dann wäre es
in wenigen Minuten sowieso um ihn geschehen.
Windstille. Zunächst erstirbt das Säuseln und ich gehe zum weißen Plastikgartenstuhl, auf dem
mein Kaffee inzwischen ziemlich kalt geworden ist. Vielleicht lag es am Wind. Vielleicht. Nein, es
lag nicht am Wind, es ist windstill und wieder verbeißt sich das Geräusch in meinem Trommelfell.
Qualen. In meinem Ohr quält es. Alles ist ruhig, doch nur der Nussbaum bewegt sich immer noch.
Dabei sind seine Äste doch so fest. So starr. Unbeweglich. Steif. Und doch bewegt er sich. Ich
nähere mich ganz vorsichtig. Denn wenn es ein Tier ist, ich mag es nicht vertreiben. Ein
Eichhörnchen vielleicht. Nein, das schloss ich vorhin schon aus.
Ich knie mich vor den Nussbaum, der gerade einmal so groß ist wie ich selbst. Seine Ästchen
wippen, seine Blätter zittern. Er kommt und kommt nicht zur Ruh. Was ist das? Was bewegt sich
da. Ich schlitze meine Augen. Angestrengten Blickes hüpfen kleine Männchen durchs Geäst.
Ich reibe mich verwundert. Das kann doch nicht sein. Vielleicht war der Kaffee schlecht. Ziemlich
viele Vielleichts heute. Das ist wohl auch nicht möglich, dass es so oft eine Unwahrscheinlichkeit
oder eine Möglichkeit gibt, die dazu führt, dass das so ist, wie es ist. Versteht einer den Satz?
Nein? Ich auch nicht. Lassen wir es sein.
Die Männchen hüpfen wild und munter. Sie treiben es gar bunter. Und einer dieser Männchen da,
hat ein Krönchen auf dem Haupte. Er hält ein Ästchen mit einem kleinen Blättchen in den Händen
und befiehlt seinem Volk was zu tun und zu lassen es zu haben.
Sie springen wie auf Federn. Wenn sich ein Ästchen wippt, dann ein Männchen auf im kippt. Sie
sprechen ganz schön leise. Nur ein Säuseln dringt hervor. Sie rupfen an den Nüsschen, die noch
gar nicht ausgebildet. Drum wird meine Ernte wohl schon jahrelang nichts. Die Männchen zischen,
springen, flitzen und einer neckt den anderen mit Witzen.
Ein böses Männlein zieht ein andres an den Haaren. Das mag der mit dem Krönchen gar nicht
haben. Befielt das Männchen fest zu setzen. Die andren fangen ihn mit Netzen. Und binden den
Bösewicht unter ein Blatt. Ihm wird schlecht, er spuckt hinunter. Sieht gar nicht aus, das Männlein,
munter. Es wirkt ganz platt. Ganz matt. Ganz schlapp. Doch die anderen erfreuen sich des
Hüpfens, Springen, Fangens, Jagens. Alle sind sie keck. Ich schütte den Kaffee weg.
Eins von Drei: Er, aus seiner Sicht
26.11.2011 – Michael Krieger
Ich bin seit gut einer halben Stunde im Restaurant. Überpünktlich. Der Tisch am Fenster wurde mir
zugewiesen. Ich finde ihn nicht so toll. Man ist auf dem Präsentierteller. Alle Passanten können
einen sehen. Wie Fische im Aquarium. Starrende Blicke bleiben auf einem haften. Vor allem wenn
man eine Hand hält. Ich hoffe heute noch eine Hand zu halten. Lieber würde ich hinten am Kamin
sitzen. Dort ist es schön warm und man ist versteckt. Dort entkommt kein Blick. Man muss sich mit
dem anderen beschäftigen. Es bleibt keine Flucht. So hat die Straße auch was. Bei Stille kann
man den Autos zusehen wie sie an einem vorbei rauschen und in die Nacht verschwinden.
Neben mir auf dem Boden liegt eine Rose. Sie ist gelb. Rot fand ich zu heftig für das erste
Rendez-Vous. Da macht man die Tür nicht auf, damit schlägt man sie ein. Vielleicht ist sogar die
Rose noch zu heftig. Ich weiß es nicht. Wir werden es sehen. Ich drehe mein Wasserglas
zwischen meinen Fingern. Beim rechtes Bein wippt unruhig unter dem Tisch.
Ich sehe auf die Uhr. Sie ist schon fast zwanzig Minuten drüber. Hoffentlich werde ich nicht
versetzt. Es gibt nichts schlimmeres als versetzt werden. Wie peinlich die Situation ist, wenn man
den Kellner bittet nach gut vierzig Minuten das Wasser bezahlen zu wollen. Ich kenne sie. Ich
kenne sie tatsächlich. Es ist noch nicht so lange her, wie man es sich wünscht, dass es her sein
solle. Ich wünsche sie niemandem. Nicht einmal meinem ärgsten Feind. Wenn ich daran denke bin
ich schon wieder deprimiert.
Gott segne die Erfindung der Mobiltelefone mit Internetzugang. Ich streiche über den Bildschirm
und lese die Nachrichten des Tages. Plötzlich steht sie vor mir. Eine Erscheinung von Frau.
Wunderschönes blondes Haar, dass in Locken von ihrem rundlichen Gesicht fällt. Sie trägt eine
rote Jacke. Ziemlich warm angezogen für die Zeit. Ich nehme sie ihr ab. Schwer und nass. Sie
entschuldigt sich. Dank des Regens sei der Nahverkehr irgendwie durcheinander gekommen.
Komischer Weise glaube ich ihr das sogar, auch wenn es sehr abstrus klingt.
Sie setzt sich mir gegenüber. Der Kellner kommt herbei und lächelt mich aufmunternd an. Er hat
wohl schon vermutet, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis ich das Glas Wasser bezahlen
wollte. Es wäre wohl nur noch ein paar Minuten geworden. Wir bestellen Weißwein. Sie Fisch. Ich
Rind. Passt zwar nicht zum Weißwein aber darauf kommt es nicht an. Sie sagt, dass sie kein
Fleisch esse, nur Fisch. Ich nicke und höre ihrer glockenklaren Stimme.
Mein Blick versenkt sich in ihren Augen. Sie sind blau. Klar wie das Wasser der Karibik. Ihre Lipper
zittert bei den Worten. Fast nicht zu sehen. Sie fragt mich, was ich denn arbeite. Ich antworte ihr,
dass ich in einer Kanzlei arbeite und dort für die schwierigen Fälle zuständig sei. Da das nicht
jeder genau versteht, was ich damit meine, führe ich es etwas weiter aus. Sie sieht das erste Mal
den Autos zu. Ich weiß, dass es vielleicht etwas zu lange war, aber sie soll es auch verstanden
haben. Sie nickt und nippt am Weißwein. Ich habe schon das zweite Glas, sie trinkt immer noch
am ersten.
Wir essen. Dabei fallen wenige Worte. Beide bezeugen wir, wie gut es schmecke. Es ist immerhin
mein Lieblingsrestaurant, das Essen ist immer köstlich. Kauend erzähle ich ihr von meiner ExFreundin und wie schlimm sie doch gewesen ist. Sie nickt und schiebt sich Fisch in den Mund. Der
Kabeljau dürfte zwar bereits auf der Zunge zerfallen, dennoch quetscht sie ihn ziemlich lange mit
ihren Zähnen. Ihre Locken hüpfen beim Nicken. Immer wieder beobachtet sie die Autos.
Zum Dessert bestelle ich für uns beide ein Tiramisu. Sie ist zwar nicht so begeistert, weil das
schwer im Magen läge. Ich versichere, dass das hier ein ganz leichtes Tiramisu wäre und lächle
dabei schelmisch. Sie nimmt es mir nicht ab.
Bevor das Tiramisu gebracht wird entschuldigt sie sich und geht auf die Toilette um sich die Nase
zu pudern. Ich dachte, das sagt man heute nicht mehr. Ich finde es lustig und lache kurz auf. Sie
sieht mich scharf an. Kam wohl nicht so gut an. Während sie nicht am Platz ist rufe ich einen
Freund an und erzähle im kurz, dass es gut laufen würde. Wir verabreden uns für den nächsten
Tag um Fußball zu gucken.
Sie kommt zurück. Das Dessert steht bereits vor uns und ich esse ein Löffelchen davon. Wirklich
lecker. Aber was anderes habe ich auch nicht erwartet. Wortlos genießen wir es. Ab und an
schließe ich die Augen um die Mascarpone-Krem an meinen Gaumen zu drücken und sie
zerfließen zu lassen. Wirklich fantastisch.
Ich helfe ihr in die Jacke und setzte sie brav zu Hause ab. Einen Nachtkuss gibt es leider nicht.
Zwei von Drei: Sie, aus ihrer Sicht
27.11.2011 – Michael Krieger
Ich stehe noch immer vor dem Spiegel. Mal wieder werde ich unpünktlich sein. Der Lippenstift
möchte einfach nicht so, wie ich möchte. Immer wieder muss ich ihn weg machen. Ein Blick auf
meine Uhr verrät mir, dass ich hätte jetzt dort sein müssen. Im Restaurant Steak und Fisch. Dort
wartet meine Verabredung. Ich habe ihn vor kurzer Zeit kennen gelernt und er kam mir ganz nett
vor. Deswegen habe ich der Verabredung zugestimmt.
Endlich sitzt der Lippenstift, ich ziehe mir noch eine rote Jacke über. Kämpfend mit den Locken,
die sich im Kragen verfangen haben, schließe ich die Tür ab und stürze auf die Straße. Der Bus
kommt natürlich zu spät. Er fällt aus. Ich muss auf den nächsten warten. Beziehungsweise es ist
dann der Bus, der eigentlich vor zehn Minuten hätte hier sein müssen. Es fing zu regnen an und
die Bushaltestelle hat keine Überdachung. Mist! Die Locken lösen sich schon wieder auf. Ich
wische sie mir aus dem Gesicht und steige genervt ein. Der Busfahrer ist auch nicht der netteste
und raunst mich an, weil ich die Karte unabsichtlich falsch herum vorgezeigt hatte.
Verdammt, wo ist denn das Restaurant. Vorhin hatte ich im Stadtplan noch nachgesehen, aber von
oben sieht alles anders aus, als wenn man sich dann in den Straßenschluchten befindet. Ich drehe
mich an der Kreuzung mehrmals im Kreis. Ich habe seine Telefonnummer leider nicht, sonst hätte
ich jetzt fragen könne, wo er denn ist und ob er mich abholen könne. Es schüttet in strömen.
Doch dann sehe ich ihn. Er sitzt hinter der Scheibe des gesuchten Restaurants. Er wischt über
seinen Bildschirm und wippt unruhig mit dem Bein. Ich stürme in das Restaurant und stehe
plötzlich vor ihm. Eine Erscheinung von eine Mann. Wunderschön gezeichnetes Gesicht,
Dreitagebart. Er trägt ein mattblaues Hemd. Ziemlich kühl angezogen für die Zeit. Er nimmt mir
freundlicher Weise die durchnässte Jacke ab. Ich entschuldige mich. Dank des Regens sei der
Nahverkehr irgendwie durcheinander gekommen. Komischer Weise glaubt er mir das sogar, auch
wenn es sehr abstrus klingt.
Ich setze mich ihm gegenüber. Der Kellner kommt herbei und lächelt ihn aufmunternd an. Er hat
wohl schon vermutet, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er das inzwischen leere Glas
Wasser bezahlen wollte. Ich gucke traurig drein. Er tut mir leid. Wir bestellen Weißwein. Ich Fisch.
Er Rind. Passt zwar nicht zum Weißwein aber darauf kommt es nicht an. Ich sage, dass sie kein
Fleisch esse, nur Fisch. Er nickt. Verstehen tut er meine Einstellung dazu wohl nicht.
Mein Blick versenkt sich in seinen Augen. Sie sind grün. Seine Stimme ist unruhig. Wenn er spricht
zittert sie. Fast nicht zu hören. Ich frage ihn, was er denn arbeite. Er antwortet mir, dass er in einer
Kanzlei arbeite und dort für die schwierigen Fälle zuständig sei. Mich interessiert die weitere
Ausführung gar nicht. Was geht es mich an, dass er für Spezialfälle zuständig ist. Ich finde Anwälte
nicht so prickelnd. Ich sehe den Autos zu, die am Fenster vorbei rauschen. Er spricht viel zu lange.
Ich höre nicht mehr zu. Ich nicke und nippe am Weißwein. Er hat schon das zweite Glas, ich trinke
immer noch am ersten. Hat er etwa ein Alkoholproblem?
Wir essen. Dabei fallen wenige Worte. Beide bezeugen wir, wie gut es schmecke. Es ist sein
Lieblingsrestaurant, lässt er mich wissen. Kauend erzählt er mir von seiner Ex-Freundin und wie
schlimm sie doch gewesen ist. Gott, von der Ex erzählen. Soll ich etwa ihre Nachfolgerin werden?
Wenn das so weiter geht bestimmt nicht. Der Kabeljau ist erstaunlich zäh. Ich habe mit ihm zu
kämpfen. Die Autos finde ich gerade spannender als ihn. Ein Armutszeugnis.
Zum Dessert bestelle er für uns beide ein Tiramisu. Ich bin nicht begeistert, weil das schwer im
Magen liegt. Er meint, dass das hier ein leichtes Tiramisu wäre. Ich rolle mit den Augen und
entschuldige mich kurz, dass ich mir die Nase pudern müsse.
Auf den Toiletten, sie sind ziemlich sauber, ziehe ich den Lippenstift nach. Vor dem Spiegel sehe
ich mir selbst in die Augen. Wie komme ich hier nur raus. Beim Essen hat er mich angespuckt, weil
er immer gleichzeitig sprechen musste. Total widerlich. Ich schreibe meiner Freundin Susann eine
Nachricht, dass es ein totaler Reinfall ist. Einmal tief durchatmen. Mobiltelefon und Lippenstift
zurück in meine kleine schwarze Tasche und zurück. Irgendwann ist alles vorbei.
Das Dessert steht bereits vor uns und er isst es bereits auf. Ich schiebe einen Löffel hinein, koste
davon und lege es dann weg. Wortlos verputzt er seines in wenigen Minuten. Ich lasse mehr als
dreiviertel übrig.
Er fragt, ob er mich nach Hause fahren dürfe. Es regnet schließlich immer noch. Wenigstens das
kann er noch machen, denke ich und nicke. Er hilft mir in die Jacke und fahren los.
Drei von Drei: Der Erzähler, beide
28.11.2011 – Michael Krieger
Er sitzt schon im Restaurant. Überpünktlich. Während er ein Glas Wasser bestellt bestreicht sie
gerade zum zweiten Mal ihre Lippen. Ihre Hand ist zu unruhig. Es will nicht gelingen. Draußen
zieht regen auf. Der nippt vom Glas. Sie lässt die Lippen Lippen sein und zieht sich einen roten
Anorak über. Ihre Locken wippen auf dem Weg zur Bushaltestelle. Inzwischen regnet es.
Er wird unruhig. Sie wird später kommen. Viel später. Nachdem sie zehn Minuten über der Zeit ist
fängt sein rechtes Bein zu wippen an. Das macht es immer, wenn er eine Situation nicht mehr
unter Kontrolle hat. Er gibt das Zepter ungern ab. Der Kellner beobachtet ihn. Verstohlen lacht er
sich ins Fäustchen und tuschelt mit seinem Kollegen. Beide beobachten nun den Herrn mit den
grünen Augen, der direkt am Fenster sitzt. Dort sitzt er nicht gerne. Er kommt öfters hier her. Man
grüßt ihn inzwischen mit dem Namen. Seinen Lieblingsplatz konnte er heute aber nicht haben. Der
war schon reserviert. Direkt hinter dem Ofen. Dort ist es warm und romantisch. So sitzt er nun am
Fenster und jeder Passant kann ihn sehen. Diese armselige Kreatur. Die Autos zischen an ihm
vorbei. Keiner beachtet ihn. In einer größeren Gruppe, also drei Personen, wäre er derjenige, den
man nicht mehr beachtet. Sein übersteigerstes Ego zieht er allein aus seinem Beruf. Er ist Anwalt
in einer Massenkanzlei. Für eine eigene war seine Examen zu schlecht. Da würde sich niemand
gerne vor Gericht vertreten lassen. Er ist für Sonderfälle zuständig. Damit prahlt er, obwohl sich
niemand in der Kanzlei darum reißt. Das sind die aussichtslosen Fälle. Das macht keinen Spaß
diese zu bearbeiten.
Der Bus fällt aus, sie muss den nächsten nehmen. Ihre Haare kleben inzwischen an ihr. Es ist ihr
unangenehm, aber so begeistert war sie von vornherein nicht. Sie hat nur zugesagt, weil er ihr so
leid tat auf der Party vor ein paar Tagen. Er stand einsam in der Ecke und sie wollte nett sein. Und
weil er so Hundeaugen hatte, konnte sie dem Rendezvous nicht mehr absagen.
Plötzlich steht sie vor ihm. Eine Erscheinung von Frau und Mann. Wunderschönes blondes Haar,
dass in Locken von ihrem rundlichen Gesicht fällt. Sie trägt eine rote Jacke. Ziemlich warm
angezogen für die Zeit. Er trägt nur ein leichtes Hemd. Ziemlich kalt für diese Jahreszeit. Er nimmt
sie ihr ab. Schwer und nass. Sie entschuldigt sich. Dank des Regens sei der Nahverkehr irgendwie
durcheinander gekommen. Komischer Weise glaubt er ihr das sogar, auch wenn es sehr abstrus
klingt.
Sie setzt sich ihm gegenüber. Der Kellner kommt herbei und lächelt ihn aufmunternd an. Er hat
wohl schon vermutet, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er das Glas Wasser bezahlen
wollte. Es wäre wohl nur noch ein paar Minuten geworden. Sie bestellen Weißwein. Sie Fisch. Er
Rind. Passt zwar nicht zum Weißwein aber darauf kommt es nicht an. Sie sagt, dass sie kein
Fleisch esse, nur Fisch. Er nickt und hört ihrer glockenklaren Stimme.
Ihre Blicke versenkt sich. Ihre sind blau. Klar wie das Wasser der Karibik. Ihre Lipper zittert bei den
Worten. Fast nicht zu sehen. Sie fragt ihn, was er denn arbeite. Er antwortet ihr, dass er in einer
Kanzlei arbeite und dort für die schwierigen Fälle zuständig sei. Sie fühlt sich gelangweilt und sieht
das erste Mal den Autos zu. Er weiß, dass es vielleicht etwas zu lange war, aber sie soll es auch
verstanden haben. Sie nickt und nippt am Weißwein. Er hat schon das zweite Glas, sie trinkt
immer noch am ersten.
Sie essen. Dabei fallen wenige Worte. Beide bezeugen, wie gut es schmecke. Es ist immerhin sein
Lieblingsrestaurant, das Essen ist immer köstlich. Kauend erzähle er ihr von seiner Ex-Freundin
und wie schlimm sie doch gewesen ist. Sie nickt und schiebt sich Fisch in den Mund. Der Kabeljau
dürfte zwar bereits auf der Zunge zerfallen, dennoch quetscht sie ihn ziemlich lange mit ihren
Zähnen. Ihre Locken hüpfen beim Nicken. Immer wieder beobachtet sie die Autos.
Zum Dessert bestellen sie ein Tiramisu. Sie ist zwar nicht so begeistert, weil das schwer im Magen
läge. er versichert, dass das hier ein ganz leichtes Tiramisu wäre und lächelt dabei schelmisch. Sie
nimmt es ihm nicht ab.
Bevor das Tiramisu gebracht wird entschuldigt sie sich und geht auf die Toilette um sich die Nase
zu pudern. Er ruft einen Freund an. Sie schriebt einer Freundin eine Nachricht. Er findet sie total
toll, sie ihn total schrecklich.
Sie kommt zurück. Das Dessert ist bereits da und er isst ein Löffelchen davon. Wortlos schlingt er
es hinunter, sie probiert nur wenig. Später hilft er ihr in die Jacke und setzte sie brav zu Hause ab.
Einen Nachtkuss gibt es leider nicht. Sie ist ganz froh darüber.
Die unlustigste ist deine Mudda
29.11.2011 – Michael Krieger
Deine Mudda hasst.
Deine Mudda hasst mich.
Deine Mudda hasst dich.
Deine Mudda hasst deine Mudda.
Deine Mudda ist gotisch, weil ihre Titten spitz zulaufen.
Deine Mudda hat einen Leguan.
Deine Mudda ist ein Leguan.
Deine Mudda isst einen Leguan.
Deine Mudda macht sich aus der Haut eines Leguans ein Präservativ.
Deine Mudda kocht ohne Salz.
Deine Mudda kocht.
Deine Mudda ist Maggi.
Deine Mudda isst Maggi.
Deine Mudda trinkt Sojasoße pur und gerne zur Schokolade.
Deine Mudda isst Schokolade nur beim Kacken, weil ihr die Farbe gefällt.
Deiner Mudda spritzt das Klowasser hoch, wenn sie scheißt.
Deine Mudda spritzt sich.
Deine Mudda ist deine Oma (und dein Onkel).
Deine Mudda isst deine Oma (und deinen Onkel).
Deine Mudda ist scharf.
Deine Mudda isst scharf.
Deine Mudda schlägt sich selbst und schreit dabei: Gib's mir! Ja! Ja! Fester.
Deine Mudda penetriert sich mit Kakteen und Palmen.
Deine Mudda penetriert dich mit Kakteen und Palmen.
Deine Mudda furzt ab und und zu (nicht).
Deine Mudda hat ein Abo fürs Theater.
Deine Mudda hat dein Abo fürs Theater.
Deine Mudda sitzt alleine im Theater und verlangt eine Zugabe.
Deine Mudda isst.
Deine Mudda wählt die FDP.
Deine Mudda findet Rick Perrys Ansichten richtig.
Deine Mudda schwitzt.
Deine Mudda hat ein Profil bei Gay Romeo als Tranny.
Deine Mudda kauft im Schnäppchenmarkt.
Deine Mudda ist (überhaupt gar nicht) schlank.
Deine Mudda ist das Gegenteil.
Deine Mudda zerdrückt kleine Katzenkinder.
Deine Mudda hat Angst vor Tag und Nacht.
Deine Mudda dreht im Winter die Heizung voll auf und lüftet.
Deine Mudda wäscht ihre Kleider nie, sie wendet sie jede Woche.
Deine Mudda hat keine Slips.
Deine Mudda verkauft deine getragene Unterwäsche bei Ebay an Perverse.
Deine Mudda ist pervers.
Deine Mudda ist der Bauer, bei Bauer sucht Frau.
Deine Mudda holt sich die Messie-Ausräumer nach Hause und lernt nichts dazu.
Deine Mudda strickt.
Deine Mudda erstickt.
Deine Mudda zerhaut Energiesparlampen und schnüffelt das Quecksilber.
Deine Mudda tötet durch ihren Blick.
Deine Mudda glaubt an das Gute im Menschen.
Deine Mudda stört eine Trauermesse mit dem Ruf: Priester, wir wissen wo die Ministranten sind.
Deine Mudda kann alle Literaturnobelpreisträger rückwärts rülpsen.
Deine Mudda ...
Der Kellner im Restaurant
30.11.2011 – Michael Krieger
Boah, ich habe heute gar keinen Bock zu arbeiten. () Ja. () Ja. () Genau so geht es mir. Überhaupt
gar keine Lust. () Und bei dir? () Auch nicht besser. Ist ja krass. ()
() Ja, ich komme gleich. () Ja, ich komme doch schon. () Ja-ha.
() Guten Abend. Sie haben einen Tisch reserviert?
() Hm.
() Moment. Mühhhhhller. Ja, hier habe ich sie. Tisch vier. Folgen sie mir bitte.
() Hier die Karten. Wünschen Sie einen Vorschlag? () Nein? () Ja? () Das Huhn kann ich Ihnen
heute besonders empfehlen. () Ja, das ist mit Spinat. () Nein? () Ich könnte Ihnen stattdessen
bunten Salat anbieten? () Ja? () Ja. () Vortrefflich. Und der Wein? Wissen Sie welchen Wein Sie
wählen wollen? () Ja, wunderbar. Einen Augenblick bitte.
Pedro! () Pedro! () Pedro, wo bist du verdammter Hurensohn? () Pedro! () Pedro? () Ja, zweimal
das Perlhuhn, aber ohne Spinat und dafür mit buntem Salat. () Ja? () Nein. () Ja. () Nein. () Ja. ()
Ja? () Nein! () Krass! () Na, nimm es doch einfach. () Ist mir egal! () Doch, das geht schon. Wasche
es doch einfach ab. () Jetzt mache es doch einfach. Ich nehme es auch auf meine Kappe. () Ja. ()
Nein. () Ja. () Ja. () Ja?
Sadrina? () Sadrina? () Sadrina? () Sadrina, wo bist du verdammte Hurentochter? () Sadrina! ()
Sadrina? () Ja, zweimal den Bordeaux, aber zimmerwarm. () Ja? () Nein. () Ja. () Nein. () Ja. () Ja?
() Nein! () Krass! () Na, nimm ihn doch einfach. () Ist mir egal! () Jetzt nimm es schon.
Meine Dame, mein Herr. Der Bordeaux. () Passt er? () Nein? () Vielleicht einen anderen? ()
Vielleicht einen Weißwein? () Ja. () Einen Moment.
Sadrina! () Sadrina! () Sadrina? () Sadrina, wo bist du verdammte Hurentochter? () Sadrina! ()
Rauchst du schon wieder, oder was? () Komm jetzt rein, wir haben Gäste. () Komm jetzt, sonst
entlasse ich dich. () Doch, das kann ich. () Glaube mir. () Ich bin dazu befugt. () Komm jetzt. Die
Gäste wollen Chardonnay. () Ja, zwei. () Ja-ha. () Zwei.
Meine Dame, mein Herr. Der Chardonnay. () Passt er? () Ja? () Wunderbar. Darf ich Ihnen
einschenken? () Ja. () Bitteschön die Dame. () Bitteschön der Herr. Das Perlhuhn ist gleich so weit.
Pedro! () Pedro! () Pedro, wo bist du verdammter Hurensohn? () Pedro! () Pedro? () Ja, zweimal
das Perlhuhn, aber das ohne Spinat und dafür mit buntem Salat. () Ja? () Nein. () Ja. () Nein. () Ja.
() Ja? () Nein! () Krass! () Na, nimm es doch einfach runter. () Ist mir egal! () Doch, das geht schon.
Ich nehme es einfach. () Jetzt mache es doch einfach. Ich nehme es auch auf meine Kappe. () Ja.
() Nein. () Ja. () Ja. () Ja?
Meine Dame, mein Herr. Das Perlhuhn. () Haben Sie noch einen Wunsch? () Nein? () Dann
wünsche ich Ihnen einen guten Appetit.
Boah, ich habe heute gar keinen Bock zu arbeiten. () Ja. () Ja. () Genau so geht es mir. Überhaupt
gar keine Lust. () Und bei dir? () Auch nicht besser. Ist ja krass. ()
Meine Dame, mein Herr. Das Perlhuhn? Hat es Ihnen geschmeckt? () Nicht? () Ja. () Ja. () Ja. ()
Ja. () Ja. () Hm. () Nein? () Nein? () Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Hm. () Hm. () Hm. () Hm. () Ja. () Ja. ()
Ok. () Ok. () Hm. () Hm. () Hm. () Hm. () Darf ich Ihnen stattdessen etwas anderes anbieten?
Vielleicht das Rind? () Nicht? () Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Hm. () Nein? () Nein? () Ja. () Ja. ()
Ja. () Ja. () Hm. () Hm. () Hm. () Hm. () Ja. () Ja. () Ok. () Ok. () Hm. () Hm. () Hm. () Hm. () Möchte
Sie sich etwas anderes von der Karte aussuchen? () Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Hm. () Nein? ()
Nein? () Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Hm. () Hm. () Hm. () Hm. () Ja. () Ja. () Ok. () Ok. () Hm. () Hm. ()
Hm. () Hm. () Ok. Einen kleinen Moment, ich bin gleich wieder bei Ihnen.
Sadrina? () Sadrina? () Sadrina? () Sadrina, wo bist du verdammte Hurentochter? () Sadrina! ()
Sadrina? () Ja, zweimal deine gratis Essen buchen. () Ja? () Nein. () Ja. () Nein. () Ja. () Ja? ()
Nein! () Krass! () Na, nimm ihn doch einfach. () Ist mir egal! () Jetzt nimm es schon.
Meine Dame, mein Herr. Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen leider das Esse nicht gratis geben.
Kann ich mich anders erkenntlich zeigen? () Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Hm. () Nein? () Nein? ()
Ja. () Ja. () Ja. () Ja. () Hm. () Hm. () Hm. () Hm. () Ja. () Ja. () Ok. () Ok. () Hm. () Hm. () Hm. ()
Hm. () Einen Moment bitte.
Pedro? () Pedro! () Da bist du. () Kannst du das Huhn nochmal warm machen? () Ja.
Meine Dame, mein Herr. Hier habe ich das Huhn nochmal für Sie. Ich hoffe dieses Mal schmeckt
es Ihnen. () Ja. () Ja. () Nein.