Aufgabe 1
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Aufgabe 1
Gemeinsame Abituraufgabenpools der Länder Aufgabensammlung Aufgabe für das Fach Deutsch Kurzbeschreibung Aufgabenart Materialgestütztes Verfassen argumentierender Texte Aufgabentitel Offener Brief: Diskussion um Inszenierung von „Kabale und Liebe“ Anforderungsniveau erhöht Standardbezug Die Schülerinnen und Schüler können ♦ anspruchsvolle Aufgabenstellungen in konkrete Schreibziele und Schreibpläne überführen und komplexe Texte unter Beachtung von Textkonventionen eigenständig […] strukturieren […] (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) ♦ aus […] Informationsquellen Relevantes für die eigene Textproduktion auswählen und in geeigneter Form aufbereiten (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) ♦ Schlussfolgerungen aus ihren Analysen, Vergleichen oder Diskussionen von Sachverhalten und Texten ziehen und die Ergebnisse in kohärenter Weise darstellen (KMK, 2012, 2.2.2, S. 17) ♦ zu fachlich strittigen Sachverhalten und Texten differenzierte Argumentationen entwerfen, diese strukturiert entfalten und die Prämissen ihrer Argumentation reflektieren (KMK, 2012, 2.2.2, S. 17) ♦ ihr Textverständnis argumentativ durch gattungspoetologische und literaturgeschichtliche Kenntnisse über die Literaturepochen […] stützen (KMK, 2012, 2.4.1, S. 18) Aufgabenstellung Die Intendantin des städtischen Theaters hat in einem Interview mit der lokalen Tageszeitung Bedenken geäußert, „Kabale und Liebe“ auf den Spielplan zu setzen. Dabei bezog sie sich auf kritische Diskussionsbeiträge, wonach das Stück nicht mehr zeitgemäß sei. Ihr Deutschkurs, der Schillers Drama im Unterricht behandelt hat, will sich hierzu in einem Offenen Brief an die Intendantin äußern. Verfassen Sie auf Grundlage der Materialien M1 bis M9 und Ihrer fachlichen Kenntnisse einen Offenen Brief (siehe dazu M10), der begründet darlegt, inwieweit es auch im 21. Jahrhundert sinnvoll ist, „Kabale und Liebe“ für die Bühne zu inszenieren. AFB I/II/III Kurzbeschreibung Grundlegende Voraussetzungen Unterrichtliche Auseinandersetzung mit „Kabale und Liebe“ vor dem Hintergrund gattungspoetologischer und literaturgeschichtlicher Fragestellungen Material 11 Materialien, insgesamt 1659 Wörter ♦ 8 lineare pragmatische Texte ♦ 2 Abbildungen ♦ 1 Tabelle Hilfsmittel Wörterbuch der deutschen Rechtschreibung Quellenangaben ♦ Material 1: Keim, S. (2012, 25. November). Schiller trifft auf Rammstein. Welt am Sonntag. Zugriff am 11.03.2015 von http://www.welt.de/print/wams/nrw/article111471460/Schiller-trifftauf-Rammstein.html ♦ Material 2: Hiss, G. (2004). Was analysiere ich wie? Der postmoderne „Faust“. Der Deutschunterricht, 2/2004, 20–21. ♦ Material 3: Heinrich, W. (2011). Dem Regisseur ist nichts zu schwör. Wie das Regietheater in die Welt kam und warum es blieb. Zugriff am 19.01.2015 von https://www.freitag.de/autoren/wolframheinrich/dem-regisseur-ist-nichts-zu-schwor-2-versuch ♦ Material 4: Safranski, R. (2004). Friedrich Schiller oder Die Erfindung des deutschen Idealismus. München: Hanser, S. 181-182. ♦ Material 5: Mumot, A. (2013). Der Himmel ohne Geigen [Theaterkritik zu Claus Peymanns Inszenierung von „Kabale und Liebe“ am Berliner Ensemble vom 8. März 2013]. Zugriff am 11.03.2015 von http://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id =7845:kabale-und-liebe-claus-peymann-inszeniert-schillersfunkelndsten-gefuehlsausbruch-am-berliner-ensemble&catid=38:die -nachtkritik&Itemid=40 ♦ Material 6 a: Horn, M. (2013). [Szenenfoto einer modernen Inszenierung zu „Kabale und Liebe“ des Residenztheaters in München (Premiere am 23.02.2013)]. Zugriff am 11.03.2015 von http://www.theaterkritiken.com/index.php?option=com_content& view=article&id=1066:kabale-und-liebe-r&catid=23 ♦ Material 6 b: Banitzki, W. (2013). Liebe in Unzeiten. Zugriff am 11.03.2015 von http://www.theaterkritiken.com/index.php?option= com_content&view=article&id=1066:kabale-und-liebe-r&catid=23 ♦ Material 7: von Lossow, H. Erster Akt. Vierte Scene. Ferdinand von Walter. Luise [Illustration zu Schillers „Kabale und Liebe“]. Zugriff am 11.03.2015 von http://www.goethezeitportal.de/wissen/ illustrationen/friedrich-schiller/kabale-und-liebe/schillers-kabale-undliebe-in-illustrationen-von-heinrich-lossow.html ♦ Material 8: Schiller, F. Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken? In: Ders. Werke. Nationalausgabe. Hrsg. im Auftrag der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (Goethe- und Schiller-Archiv) und des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Lieselotte Blumenthal und Benno von Wiese, Zwanzigster Band: Philosophische 2 Kurzbeschreibung Schriften. Erster Teil. Hrsg. von Benno von Wiese. Weimar 1962, S. 92–95. ♦ Material 9: Deutscher Bühnenverein. (2012). Schauspielwerke mit den höchsten Inszenierungszahlen sowie der Angabe der Aufführungs- und Besucherzahlen in Deutschland [Tabelle aus der Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins 2010/2011]. Zugriff am 11.03.2015. Verfügbar unter http://www.buehnenverein.de/de /presse/pressemeldungen.html?det=328 ♦ Material 10: Definition des Offenen Briefes. Autorentext 3 1 Material für Schülerinnen und Schüler 1 Material für Schülerinnen und Schüler Aufgabenstellung Die Intendantin des städtischen Theaters hat in einem Interview mit der lokalen Tageszeitung Bedenken geäußert, „Kabale und Liebe“ auf den Spielplan zu setzen. Dabei bezog sie sich auf kritische Diskussionsbeiträge, wonach das Stück nicht mehr zeitgemäß sei. Ihr Deutschkurs, der Schillers Drama im Unterricht behandelt hat, will sich hierzu in einem Offenen Brief an die Intendantin äußern. Verfassen Sie auf Grundlage der Materialien M1 bis M9 und Ihrer fachlichen Kenntnisse einen Offenen Brief (siehe dazu M10), der begründet darlegt, inwieweit es auch im 21. Jahrhundert sinnvoll ist, „Kabale und Liebe“ für die Bühne zu inszenieren. Material 1: Stefan Keim: Schiller trifft Rammstein Fast alle Theater in NRW spielen den Abiturstoff „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller. Dabei ist das Drama eines der schwächsten des Klassikers. Eine Reise von Inszenierung zu Inszenierung. 5 10 15 20 Was Kabale sind, muss man mittlerweile erklären. Intrigen oder Verschwörungen nämlich. Der Titel von Friedrich Schillers bürgerlichem Trauerspiel „Kabale und Liebe“ verrät schon, dass dieses Stück 229 Jahre auf dem Buckel hat. Was prinzipiell nicht dagegen spricht, es landesweit als Abiturstoff zu behandeln. Doch im Gegensatz zu anderen Klassikern muss man um sehr viele Ecken denken, um diesen Text für die Gegenwart interessant zu machen. Das nehmen nun viele Theatermacher auf sich. Denn seitdem es das Zentralabitur gibt, bestimmen die Prüfungsvorgaben die Spielpläne. Die Bühnen sind darauf angewiesen, Kasse mit Klassen zu machen. So bricht denn eine Flut von „Kabale und Liebe“-Aufführungen über das Land herein, von Bielefeld bis Aachen. In Düsseldorf konkurrieren bald sogar zwei Aufführungen, die Inszenierung des Jungen Schauspielhauses und Jo Fabians Performance, die das Forum Freies Theater mit Mülheim an der Ruhr koproduziert hat. Entlang der A 40 kann man sogar im Abstand von zehn Kilometern unterschiedliche Aufführungen von „Kabale und Liebe“ sehen. Überall scheitern zwei junge Liebende – Ferdinand und Luise – daran, dass sie aus unterschiedlichen Ständen kommen. Luise will lieber sterben, als ein Schweigegelübde brechen. Sogar die Art, wie die beiden sterben, wirkt heute sehr weit hergeholt. Ferdinand schüttet Gift in Luises selbst gemachte Limonade. Sie trinkt davon, weil er ihr Talent als Herstellerin des Erfrischungsgetränkes beleidigt. Das kann man übrigens nicht mit Fanta spielen. Selbst gemachte Limonade ist trüb. Doch das ist nur eine von vielen Schwierigkeiten in der Beschäftigung mit „Kabale und Liebe“. […] 25 30 In Schillers bürgerlichem Trauerspiel finden sich die Theatermoden der Zeit. Da gibt es das tragisch scheiternde junge Liebespaar, die braven, überforderten Bürgersleute, den gewissenlosen Adel. Die Charaktere haben keine Tiefe. Der Intrigant Wurm ist ein Fiesling ohne das Format seiner Kollegen in den Stücken William Shakespeares. Hofmarschall von Kalb, der eine Affäre mit Luise vortäuscht, bleibt die Karikatur einer dekadenten Dumpfbacke. […] In diesem Stück fehlt Schiller das Schillern. Es zum landesweit gültigen Abistoff zu erklären, ist ein ziemlich dummer Einfall traditionell denkender Germanisten. Es gibt so viele klassische Stücke, die mehr über ihre Zeit hinausweisen als dieses zwar pointiert und mitreißend geschriebene, aber auch in Kolportage versinkende Rührstück. […] 4 1 Material für Schülerinnen und Schüler 349 Wörter Keim, S. (2012, 25. November). Schiller trifft auf Rammstein. Welt am Sonntag. Zugriff am 11.03.2015. Verfügbar unter http://www.welt.de/ Material 2: Guido Hiss: Was analysiere ich wie? 5 […]. Wir verstehen heute unter Theater etwas anderes als die Menschen im 19. Jahrhundert. Damals wurde Theater überwiegend mit dem dramatischen Text gleichgesetzt, die Aufführung kam allenfalls im Hinblick auf die Schauspieler ins Spiel - als nachgeordnete Größe. Was auf der Bühne ablief, galt als Dienst am Dichterwort, nicht als eigenständige Kunst. Unser heutiges Theaterverständnis verdankt sich einer Umwälzung im europäischen Maßstab zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Die berühmte Formel lautete „Retheatralisierung des Theaters“. Die Aufführung wurde als eigenständige Kunstform vom Drama unterschieden. […]. Nicht mehr der Dichter stand fortan im Zentrum, sondern der Regisseur als der Dirigent und Komponist der szenischen Polyphonie. […] 101 Wörter Hiss, G. (2004). Was analysiere ich wie? Der postmoderne „Faust“. Der Deutschunterricht, 2/2004, 20–21. Material 3: Wolfram Heinrich: Dem Regisseur ist nichts zu schwör. Wie das Regietheater in die Welt kam und warum es blieb Was war das damals ein Theater um das sog. „Regietheater“. Damals, das war in den siebziger Jahren, und Regietheater ist, wenn Stücke aus dem klassischen Repertoire anders inszeniert werden, als der normale Theaterbesucher dies erwartet. 5 ♦ Die Stücke werden teilweise recht drastisch gekürzt, an anderer Stelle werden neue, vom Regisseur erfundene Szenen, Balletteinlagen, Gesangsdarbietungen etc. eingefügt. ♦ Die Handlung wird an einen anderen Ort verlegt, gern auch in eine andere Zeit (häufig die Gegenwart oder die jüngere Vergangenheit). 10 ♦ Die Schauspieler treten immer wieder mal nackt oder fast nackt auf, Kopulationen werden auf offener Bühne simuliert oder es werden drastische Brutalitäten zelebriert, die im Stück selbst entweder gar nicht vorkommen oder von denen nur berichtet wird. Begründet wird dies mit der Notwendigkeit, Werke aus alter Zeit neu zu deuten. Das heutige Publikum habe einen anderen Erfahrungshorizont als das Publikum der Uraufführung. Das moderne Publikum müsse also anders angesprochen werden, um denselben Effekt zu erzielen, die oben beschriebenen Stilmittel seien demnach erforderlich. […] 158 Wörter Wolfram Heinrich (2011). Dem Regisseur ist nichts zu schwör. Wie das Regietheater in die Welt kam und warum es blieb. Zugriff am 19.01.2015. Verfügbar unter https://www.freitag.de 5 1 Material für Schülerinnen und Schüler Material 4: Rüdiger Safranski: Friedrich Schiller oder Die Erfindung des Deutschen Idealismus 5 10 […] Wurm also, diese abscheuliche Kreatur, ist der heimliche negative Held dieses Stückes, er ist der Meister der sozialen Maschine, er kennt das Räderwerk und weiß, wo man schmieren und ölen muß. In der letzten Szene, bei der Katastrophe, sucht jeder die Schuld von sich abzuwälzen. Ferdinand will nicht der alleinige Mörder sein und weist auf seinen Vater, den Präsidenten. Der schiebt die Schuld weiter auf Wurm. Wurm aber zeigt sich im letzten Augenblick als wahrhaft diabolische Figur von einer Art, wie sie später E. T. A. Hoffmann erfinden wird. Das Ganze endet als tragische Parodie auf die große durch Liebe verknüpfte Kette der Wesen: Alle sind sie verkettet in einem Schuldzusammenhang, und das letzte Glied ist Wurm, der gräßlich zu lachen anfängt: Ich will Geheimnisse aufdecken, daß denen, die sie hören, die Haut schauern soll (I, 858). Damit kann auf den Brettern, die die Welt bedeuten, offenbar werden, daß diese Welt aus den Fugen ist, daß die Menschen unheilvoll aneinandergekettet sind und daß die Liebe zum Spielball wird in den Spielen der Macht. […] 173 Wörter Rüdiger Safranski (2004), Schiller oder die Erfindung des Deutschen Idealismus, S. 181-182. © Carl Hanser Verlag München Material 5: André Mumot: Der Himmel ohne Geigen 5 10 Berlin, 8. März 2013. Wenn man verliebt ist, also so richtig, mit allem Drum und Dran, dann soll der Himmel ja voller Geigen hängen. Im Berliner Ensemble hängt da nur eine, und auch nur kurz. Dafür samt Bogen und in bequemer Greifhöhe, so dass Ferdinand von Walter, der angeblich so heiß und inniglich Verliebte, sie sich schnappen kann, als es schwierig wird mit seiner Luise. Erst kratzt er nur unwirsch schief auf ihr herum, dann immer wilder und wird schließlich ganz tobsüchtig dabei. Und dann zerschlägt er das hübsche Instrument mit reichlich Gekeuche auf dem Boden. Rockstars machen so was. Und kleine Kinder. Auch Schauspieler im Berliner Ensemble. Anschließend sagt Luise übrigens recht trocken: „Walter, Gott im Himmel, was soll das?“ Man will es vielleicht nicht gleich zugeben, aber im Grunde steht sofort fest: Es ist der Satz des Abends. […] 15 Dann sieht man nämlich, wie das komplette Ensemble an der nackten Bühnenwand steht und alle, die gerade nicht dran sind, bedeutungshubernd und bedeutungslos auf ihren Auftritt warten, während vorn in einem Kreidekreis die armen Bürger in schlichtem Klischee-Weiß unterwegs sind und die böswilligen Herren vom Hofe hauptsächlich Schwarz tragen und auch ein bisschen wie Zirkusclowns aussehen […]. Der Präsident von Walter, den Joachim Nimtz mit professioneller Verve zur popanzigen Selbstgefälligkeitskarikatur veralbert, muss jedenfalls mit orangefarbener Perücke und auf Stelzen herumlaufen, durch die er anderthalb Köpfe größer ist als alle anderen und die prompt unter ihm wegknicken, als sich sein Sohn zum ersten Mal gegen ihn stellt. […] 245 Wörter Mumot, A. (2013). Der Himmel ohne Geigen [Theaterkritik zu Claus Peymanns Inszenierung von „Kabale und Liebe“ am Berliner Ensemble vom 8. März 2013]. Zugriff am 11.03.2015. Verfügbar unter http://nachtkritik.de/ 6 1 Material für Schülerinnen und Schüler Material 6a: Szenenfoto einer modernen Inszenierung zu „Kabale und Liebe“ des Residenztheaters in München Siehe hierzu Text 6 b Horn, M. (2013). [Szenenfoto einer modernen Inszenierung zu „Kabale und Liebe“ des Residenztheaters in München (Premiere am 23.02.2013)]. Zugriff am 11.03.2015. Verfügbar unter http://www.theaterkritiken.com/ Material 6b: Wolf Banitzki: Liebe in Unzeiten 5 10 15 Die Welt ist aufgeteilt in eine innere und eine äußere. Auf der Bühne des Münchner Residenztheaters wurde diese dualistische Welt simpel und mühelos von Stéphane Laimé in seinem Bühnenbild definiert. Ein dreh- und begehbarer, jedoch nicht einsehbarer Würfel mit einer Außenhaut aus streng und kleinkariert strukturiertem Schaumgummi stellte die innere Welt vor. Die Struktur schien undurchdringlich wie eine visuelle trutzhafte Panzerung. Kaum sichtbar waren Türen eingelassen, durch die nur die Auserwählten oder ihre Adlaten gelangten und das häufig nur mit Mühe, denn diese Welt muss geschützt werden vor denen, die keinen Zugang haben sollen, weil sie der falschen Partei, dem falschen sozialen Stand oder der falschen Einkommensklasse angehören. […] Die Inszenierung war ein wirkliches Erlebnis, spannungsgeladen, überraschend und voller neuer Facetten. Wer sich von der Genrebezeichnung „Ein bürgerliches Trauerspiel“ bislang abschrecken ließ, dem sei versichert, dass er einen kurzweiligen, tiefgründigen und komödiantischen Abend erleben kann. Auf die wundervolle Sprache Schillers sei ebenfalls unbedingt noch einmal verwiesen. Es gelang ein modernes, inhaltlich zeitgemäßes und in der Tragik anrührendes Werk, das sich auch durch seine Eignung empfiehlt, jüngeren Besuchern Geschmack auf Klassik zu machen. 181 Wörter Banitzki, W. (2013). Liebe in Unzeiten. Zugriff am 11.03.2015. Verfügbar unter http://www.theaterkritiken.com/ 7 1 Material für Schülerinnen und Schüler Material 7: Illustration von Heinrich von Lossow (1843 - 1897) zu Schillers „Kabale und Liebe“. Erster Akt. Vierte Scene. Ferdinand von Walter. Luise. von Lossow, H. Erster Akt. Vierte Scene. Ferdinand von Walter. Luise [Illustration zu Schillers „Kabale und Liebe“]. Zugriff am 11.03.2015. Verfügbar unter http://www.goethezeitportal.de/ Material 8: Friedrich Schiller: Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet 5 10 […] Die Gerichtsbarkeit der Bühne fängt an, wo das Gebiet der weltlichen Geseze sich endigt. Wenn die Gerechtigkeit für Gold verblindet, und im Solde der Laster schwelgt, wenn die Frevel der Mächtigen ihrer Ohnmacht spotten, und Menschenfurcht den Arm der Obrigkeit bindet, übernimmt die Schaubühne Schwerd und Waage, und reißt die Laster vor einen schrecklichen Richterstuhl. Das ganze Reich der Phantasie und Geschichte, Vergangenheit und Zukunft stehen ihrem Wink zu Gebot. Kühne Verbrecher, die längst schon im Staub vermodern, werden durch den allmächtigen Ruf der Dichtkunst jezt vorgeladen, und wiederholen zum schauervollen Unterricht der Nachwelt ein schändliches Leben. […] So gewiß sichtbare Darstellung mächtiger wirkt, als toder Buchstabe und kalte Erzählung, so gewiß wirkt die Schaubühne tiefer und daurender als Moral und Geseze. […]. Die Schaubühne ist mehr als jede andere öffentliche Anstalt des Staats eine Schule der praktischen Weißheit, ein Wegweiser durch das bürgerliche Leben, ein unfehlbarer Schlüssel zu den geheimsten Zugängen der menschlichen Seele. […] 153 Wörter Die Rechtschreibung entspricht der Textvorlage. Schiller, F. Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken? In: Ders. Werke. Nationalausgabe. Hrsg. im Auftrag der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (Goethe- und Schiller-Archiv) und des SchillerNationalmuseums in Marbach von Lieselotte Blumenthal und Benno von Wiese, Zwanzigster Band: Philosophische Schriften. Erster Teil. Hrsg. von Benno von Wiese. Weimar 1962, S. 92–95. 8 1 Material für Schülerinnen und Schüler Material 9: Schauspielwerke mit den höchsten Inszenierungszahlen in Deutschland (Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins Spielzeit 2010/2011) Lfd. Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Titel (Autor) Faust (Goethe) Der Besuch der alten Dame (Dürrenmatt) Hamlet (Shakespeare) Nathan der Weise (Lessing) Michael Kohlhaas (Kleist) Romeo und Julia (Shakespeare) Die 39 Stufen (Buchan) Woyzeck (Büchner) Kabale und Liebe (Schiller) Ein Sommernachtstraum (Shakespeare) Die Dreigroschenoper (Brecht) Die Leiden des jungen Werther (Goethe) Ein Schaf fürs Leben (Matter) Amphitryon (Kleist) Das Käthchen von Heilbronn (Kleist) Der Kirschgarten (Tschechow) Der Sturm (Shakespeare) Offene Zweierbeziehung (Fo) Der Gott des Gemetzels (Reza) Gut gegen Nordwind (Glattauer) Inszenierungen 41 21 21 21 21 21 19 18 18 16 15 14 14 13 13 13 13 13 13 12 Aufführungen 366 377 294 268 246 239 373 228 197 195 286 206 201 185 178 157 140 138 112 374 Besucher 97.293 143.762 113.492 72.181 29.088 66.526 71.388 67.601 65.756 40.924 133.514 22.454 19.103 31.058 68.353 45.469 34.008 10.535 13.782 88.694 160 Wörter Deutscher Bühnenverein. (2012). Schauspielwerke mit den höchsten Inszenierungszahlen sowie der Angabe der Aufführungs- und Besucherzahlen in Deutschland [Tabelle aus der Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins 2010/2011]. Zugriff am 11.03.2015. Verfügbar unter http://www.buehnenverein.de/ Material 10: Definition des Offenen Briefes 5 10 Offene Briefe sind zur Veröffentlichung bestimmte Texte, die übliche Briefcharakteristika aufweisen (Aufbau aus Anrede, Text und Schlussformel, Namen und/oder Unterschrift des Verfassers, Angaben zu Ort und Datum des Verfassens). Sie stellen fast immer Forderungen. Bei den behandelten Themen wird davon ausgegangen, dass sie von einem breiteren gesellschaftlichen Interesse sind. Dieses Interesse kann aber durch den Offenen Brief auch erst geweckt oder in Szene gesetzt werden. Dabei sind sowohl Zustimmung als auch Ablehnung bezüglich einer zuvor öffentlich geäußerten Meinung möglich. Die allgemeine Zugänglichkeit, d. h. das Mitlesen einer Öffentlichkeit, ist ein Wesensmerkmal des Offenen Briefes. Zumeist soll so der Adressat zu einer öffentlichen Stellungnahme oder zum öffentlichkeitswirksamen Handeln bewegt werden. 108 Wörter 9 2 Erwartungshorizont 2 Erwartungshorizont Verstehensleistung Standardbezug 1 - 5 Die Schülerinnen und Schüler können ♦ anspruchsvolle Aufgabenstellungen in konkrete Schreibziele und Schreibpläne überführen und komplexe Texte unter Beachtung von Textkonventionen eigenständig […] strukturieren […] (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) ♦ aus […] Informationsquellen Relevantes für die eigene Textproduktion auswählen und in geeigneter Form aufbereiten (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) ♦ Schlussfolgerungen aus ihren Analysen, Vergleichen oder Diskussionen von Sachverhalten und Texten ziehen und die Ergebnisse in kohärenter Weise darstellen (KMK, 2012, 2.2.2, S. 17) ♦ zu fachlich strittigen Sachverhalten und Texten differenzierte Argumentationen entwerfen, diese strukturiert entfalten und die Prämissen ihrer Argumentation reflektieren (KMK, 2012, 2.2.2, S. 17) ♦ ihr Textverständnis argumentativ durch gattungspoetologische und literaturgeschichtliche Kenntnisse über die Literaturepochen […] stützen (KMK, 2012, 2.4.1, S. 18) Operationalisierung ♦ Verfassen einer textsortenspezifischen Einleitung unter Beachtung der Briefcharakteristika (M10) und unter Bezugnahme auf z. B. ♦ eigene unterrichtliche Beschäftigung mit dem Drama (Situierung) ♦ „Kabale und Liebe“ als obligatorische Abiturlektüre (M1) ♦ Spielplangestaltung an deutschen Theatern (M1, M9) ♦ Erläutern von Chancen bzw. Risiken der Aktualisierung des Stücks in einer Theaterinszenierung (abhängig vom Argumentationsziel), z. B. ♦ ♦ Risiken der Aktualisierung von Klassikern: ♦ mitunter zwanghafte Herstellung aktueller Bezüge (M1, M3, M5) ♦ Tendenz der Modernisierung zu Provokation und Tabubruch (M1, M3) ♦ Gefahr des völligen „Verlusts“ des Originals (M2, M3, M5, M 6a) Chancen der Aktualisierung von Klassikern: ♦ moderne Inszenierungen als Herausforderung für Regisseure (M1, M2, M3, M6a-M7, M6b, M8, M9) ♦ Heranführung der jungen Generation an Klassiker und Theater allgemein (M1, M6b, M9) ♦ Tradierung des „Kulturguts“ der Klassiker (M1, M6b, M9) ♦ offenbarer Zuschauerzuspruch zu Aufführungen von Klassikern (M9), ♦ Erläutern der Bedeutung von Theateraufführungen für die Rezeption von Dramen, durch Hinweise z. B. auf ♦ gattungspoetologische Bestimmung des Dramas (M2, M8, Vorwissen aus dem Unterricht) ♦ erzieherische Aufgabe von Theateraufführungen(M4, M8, Vorwissen aus dem Unterricht) 10 3 Bewertungshinweise ♦ Inszenierung als eigenständige künstlerische Leistung (M2, M3, Vorwissen aus dem Unterricht) ♦ ästhetischer Eigenwert und Besonderheit der Rezeptionssituation (M2, M6b, M8, Vorwissen aus dem Unterricht) ♦ Abschließende Stellungnahme und Formulierung einer der eigenen Argumentation entsprechenden Forderung (M10), z. B. ♦ keine Inszenierung, da Antiquiertheit des Stückes durch moderne Aufführung nicht aktualisiert werden kann ♦ keine Inszenierung, da moderne Aufführung den Blick auf den „Klassiker“ eher verstellt ♦ Inszenierung, da das Stück genügend Potential für eine Aktualisierung besitzt ♦ Inszenierung, die Mittel des Regietheaters nutzt, um trotz der Antiquiertheit des Dramas dessen Rezeption in der Gegenwart zu ermöglichen ♦ Inszenierung, da eigenes Interesse an der Bühnenfassung eines in Textfassung rezipierten und unterrichtlich behandelten Dramas besteht Aufgabenspezifische Aspekte der Darstellungsleistung Die Kriterien zur Darstellungsleistung sind im Hinblick auf das Verfassen eines Offenen Briefs dahin gehend zu spezifizieren, dass insbesondere bei Stil und Ausdruck auf eine öffentlichkeitswirksame Sprache Wert gelegt wird, die sich an journalistischen Schreibweisen orientiert. Beim Kriterium der formalen Korrektheit ist neben der Einhaltung allgemeiner Konventionen in Bezug auf den Zieltext die Beachtung der Briefcharakteristika zu berücksichtigen. 3 Bewertungshinweise Andere als im Erwartungshorizont ausgeführte Lösungen werden bei der Bewertung der Prüfungsleistung als gleichwertig gewürdigt, wenn sie der Aufgabenstellung entsprechen, sachlich richtig und nachvollziehbar sind. Verstehensleistung (ca. 70 % der Gesamtleistung) gute Leistung (11 Punkte) ausreichende Leistung (05 Punkte) ♦ differenzierte, sachgerechte Auswertung ♦ Berücksichtigung einiger wichtiger Aspekte der Materialien durch funktionale Integration der Materialien durch insgesamt funktionale von Referenzen auf die Materialien in den Integration von Referenzen auf die Materiaeigenen Text, sachliche und auftragsbezolien in den eigenen Text, in Grundzügen gene Verarbeitung von aus unterschiedlisachliche und auftragsbezogene Verarbeichen Perspektiven geschriebenen Beiträtung von aus unterschiedlichen Perspektigen und eigenständiges Verknüpfen von reven geschriebenen Beiträgen und ein nachlevanten Informationen mit eigenen Kenntvollziehbares Verknüpfen von Informationen nissen mit eigenen Kenntnissen ♦ differenzierte und schlüssige Argumentation ♦ im Allgemeinen nachvollziehbare Argumenunter Einbezug fundierten fachlichen Kontation unter stellenweise erkennbarer Betextwissens im Hinblick auf Situation und rücksichtigung fachlichen Kontextwissens Adressaten und Adressatenbezugs 11 3 Bewertungshinweise Darstellungsleistung (ca. 30 % der Gesamtleistung) „gute“ Leistung (11 Punkte) „ausreichende“ Leistung (05 Punkte) Der vorliegende Text zeigt… Aufgabenbezug, Textsortenpassung und Textaufbau 1 ♦ eine stringente und gedanklich klare, auf- ♦ eine erkennbare aufgaben- und textsortengaben- und textsortenbezogene Strukturiebezogene Strukturierung, das bedeutet rung, das bedeutet ♦ eine Darstellung, die die Vorgaben der ♦ eine Darstellung, die die Vorgaben der geforderten Textform bzw. Textsorte in geforderten Textform bzw. Textsorte siGrundzügen umsetzt, cher und eigenständig umsetzt, ♦ eine Darstellung, die die primäre Text♦ eine Darstellung, die die primäre Textfunktion berücksichtigt (etwa durch den klar erkennbaren Ausweis von Analysebefunden, ihre nachvollziehbare Verknüpfung mit Interpretationshypothesen oder die erkennbare Entfaltung von Begründungszusammenhängen in argumentierenden Texten), funktion in Grundzügen berücksichtigt (etwa durch noch erkennbaren Ausweis von Analysebefunden, ihre noch nachvollziehbare Verknüpfung mit Interpretationshypothesen oder die noch erkennbare Entfaltung von Begründungszusammenhängen in argumentierenden Texten), ♦ eine erkennbare und schlüssig gegliederte Anlage der Arbeit, die die Aufgabenstellung und ggf. die Gewichtung der Teilaufgaben berücksichtigt, ♦ eine im Ganzen noch schlüssig gegliederte Anlage der Arbeit, die die Aufgabenstellung und ggf. die Gewichtung der Teilaufgaben ansatzweise berücksichtigt, ♦ eine kohärente und eigenständige Gedanken- und Leserführung. ♦ eine in Grundzügen erkennbare Gedanken- und Leserführung. Fachsprache 2 ♦ eine sichere Verwendung der Fachbegriffe. ♦ eine teilweise und noch angemessene Verwendung der Fachbegriffe. Umgang mit Bezugstexten und Materialien 3 ♦ eine angemessene sprachliche Integration ♦ eine noch angemessene Integration von von Belegstellen bzw. Materialien im Sinne Belegstellen bzw. Materialien im Sinne der der Textfunktion, Textfunktion, ♦ ein angemessenes, funktionales und kor- ♦ ein noch angemessenes, funktionales und korrektes Zitieren bzw. Paraphrasieren. rektes Zitieren bzw. Paraphrasieren. 1 Standardbezüge: Die Schülerinnen und Schüler können ♦ „[…] komplexe Texte unter Beachtung von Textkonventionen eigenständig […] strukturieren […]“(Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2012). Bildungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife, 2.2.1, S. 16. Köln: Carl Link.) ♦ „[…] die Ergebnisse in kohärenter Weise darstellen“ (KMK, 2012, 2.2.2, S. 17) ♦ „aus […] Informationsquellen Relevantes in geeigneter Form aufbereiten“ (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) Standardbezug: Die Schülerinnen und Schüler können „Texte […] fachsprachlich präzise [….] verfassen“ (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) 3 Standardbezug: Die Schülerinnen und Schüler können „Textbelege und andere Quellen korrekt zitieren bzw. paraphrasieren“ (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) 2 12 4 Hinweise zur Aufgabe Ausdruck und Stil 4 ♦ einen der Darstellungsabsicht angemesse- ♦ einen in Grundzügen der Darstellungsabnen funktionalen Stil und stimmigen Aussicht angepassten funktionalen Stil und insgesamt angemessenen Ausdruck, druck, ♦ präzise, stilistisch sichere, lexikalisch diffe- ♦ im Ganzen verständliche, stilistisch und lexikalisch noch angemessene und um Disrenzierte und eigenständige Formulieruntanz zur Textvorlage bemühte Formuliegen. rungen. Standardsprachliche Normen 5 ♦ eine sichere Umsetzung standardsprachli- ♦ eine erkennbare Umsetzung stancher Normen, d. h. dardsprachlicher Normen, die den Lesefluss bzw. das Verständnis nicht grundle♦ eine annähernd fehlerfreie Rechtschreigend beeinträchtigt, trotz bung, 4 ♦ wenige oder auf wenige Phänomene beschränkte Zeichensetzungsfehler, ♦ fehlerhafter Rechtschreibung, die verschiedene Phänomene betrifft, ♦ wenige grammatikalische Fehler trotz komplexer Satzstrukturen. ♦ Zeichensetzungsfehlern, die verschiedene Phänomene betreffen, ♦ grammatikalischer Fehler, die einfache und komplexe Strukturen betreffen. Hinweise zur Aufgabe Die Aufgabe ist halbjahresübergreifend angelegt. Zu ihrer Bearbeitung sind Kompetenzen erforderlich, die über die gesamte Qualifikationsphase hinweg – im Sinne des kumulativen Lernens – erworben worden sind. Dies betrifft vor allem die Beherrschung der Methoden der Textanalyse und die Fähigkeit, gewonnene Untersuchungsergebnisse aufgabenadäquat, konzeptgeleitet, sprachlich variabel und stilistisch stimmig darzustellen. Darüber hinaus berührt die vorliegende Aufgabe unterschiedliche Aspekte des Faches Deutsch in der gymnasialen Oberstufe. Neben der Kenntnis des Dramas „Kabale und Liebe“ sind dies insbesondere gattungspoetologische und literaturgeschichtliche Kenntnisse. 4 5 Standardbezug: Die Schülerinnen und Schüler können „Texte […] stilistisch angemessen verfassen“ (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) Standardbezug: Die Schülerinnen und Schüler können „Texte orthographisch und grammatisch korrekt […] verfassen“ (KMK, 2012, 2.2.1, S. 16) 13