Radikuläre Läsionen

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Radikuläre Läsionen
Radikuläre Läsionen
Univ. Prof. Dr. Eduard Auff
Universitätsklinik für Neurologie
Grundsätzliche Unterscheidung
Exakte Analyse der vorhandenen Ausfälle:
„ Verteilungsmuster der sensiblen Ausfälle
radikuläres Innervationsgebiet?
„ peripher-neurogenes Innervationsgebiet?
„
„ Motorische Paresen/betroffene Muskeln
gemeinsame radikuläre Innervation?
„ gemeinsame periphere Innervation?
„
Im Einzelfall kann die Unterscheidung allerdings schwierig sein, z.B.:
C8 vs. untere Armplexusläsion vs. N. ulnaris Läsion
L4 + L5 vs. N. fibularis
Grundsätzliche Unterscheidung
Exakte Analyse der motorischen Ausfälle:
„ Der Gesamtverband aller von einem bestimmten Nervenstamm
abhängigen Muskeln ist betroffen und nur dieser allein:
Läsion proximal im Hauptstamm dieses Nervs
„ Ein Teil dieses Verbandes ist verschont:
Läsion weiter distal im Verzweigungsgebiet
„ Zusätzliche Muskeln betroffen, die nicht von diesem Nerven
versorgt werden:
Läsion weiter proximal im Plexus oder in den Wurzeln
Cave: Auch eine schmerzbedingte Bewegungshemmung
kann den aktiven Einsatz von Muskeln verhindern und damit
eine Parese vortäuschen!
Radikuläre Lähmungen
„ Mehrzahl aller Muskeln bezieht Fasern aus 2-3
Wurzeln, daher bei monoradikulären Läsionen in der
Regel keine grob fassbaren und klinisch evidenten
motorischen Ausfälle
„ Nur wenige Muskeln sind praktisch auf eine einzelne
Spinalnervenwurzel angewiesen: bei Läsion schwere
Funktionsausfälle und Atrophien. Isolierte Ausfälle
besonders charakteristisch – Kennmuskeln
Ausfallserscheinungen vegetativer Efferenzen
kommen bei monoradikulären Läsionen nicht vor!
Radikuläre Syndrome
Allgemeine Charakteristika:
„ Schmerz
praktisch immer, zumindest initial, Schmerzausstrahlung entlang den
Dermatomstreifen
„ Sensibilitätsstörung (Algesie!)
„ Muskelatrophien
isoliert, passen in keinen peripheren Nervenverband
„ Ausfall von MER
Cave: wenn dies nicht zu den scheinbar betroffenen peripheren Nerven
paßt!
„ Keine Störung der vegetativen Innervation
(Schweißsekretion, Piloarrektion, Vasomotorik)
Monoradikuläres Ausfallssyndrom:
schmaler analgetischer Streifen
Monoradikuläres Reizsyndrom:
breites dysästhetisches Band
C5-Syndrom
„ Schmerz:
Schulter (lateral und dorsal
über dem Deltoideus)
„ Paresen:
M. deltoideus
(C5-C6)
gelegentlich
M. biceps brachii
(C5/C6)
„ MER:
Bizepsreflex
meist abgeschwächt
„ Differentialdiagnose:
Läsion des N. axillaris
(Sensibilitätsstörung!)
C6-Syndrom
„ Schmerz:
ganzer Arm (Deltoideus/ Hinterrand, radialer
Condylus, Radialseite Unterarm, Daumen)
„ Paresen:
M. biceps brachii (C5-C6)
M. brachioradialis (C5/C6)
„ MER:
Bizepsreflex
(stark abgeschwächt oder fehlend)
„ EMG:
Kennmuskeln: M. biceps brachii und M.
brachioradialis
(M. pronator teres immer mitbetroffen)
„ Differentialdiagnose:
Läsion des N. musculocutaneus
(niemals Innervationsstörung im M. brachioradialis oder im M. pronator teres, keine
sensible Störung des Daumens)
C7-Syndrom
„ Schmerz:
ausstrahlend in 2./3./4. Finger
„ Paresen:
M. triceps brachii, M.pectoralis major,
lange Fingerbeuger, M. pronator teres,
ev. M. serratus ant.
„ MER:
Trizepsreflex
immer abgeschwächt oder fehlend
„ EMG:
Kennmuskeln: M. triceps brachii und
Daumenballen, auch M. pronator teres
„ Differentialdiagnose:
Läsion des N. medianus
(CTS viel häufiger, NLG!)
C8-Syndrom
„ Schmerz:
ausstrahlend in 4./5. Finger
Ulnarseite Unterarm
(im 4./5. Finger auch Parästhesien)
„ Paresen:
Handmuskeln (Hypothenar, in
geringerem Maß auch Mm.
interossei)
„ MER: (Trömnerreflex)
„ EMG:
Kennmuskeln: Hypothenar, in
geringerem Maß auch Mm. interossei
„ Differentialdiagnose:
Läsion des N. ulnaris (deutliche
Atrophien und Paresen, NLG!);
Systemerkrankungen (SMA, ALS,
Muskelerkrankungen); Syringomyelie
L3-Syndrom
„ Schmerz:
Vorderseite des Oberschenkels
(medialer Femurkondylus aufwärts bis
Trochanter major)
„ Paresen:
M. quadriceps femoris (Parese, niemals
aber totale Lähmung!), Parese der
Adduktorengruppe nur bei gezielter
Prüfung erkennbar
„ MER:
PSR meist fehlend, zumindest deutlich
abgeschwächt
„ EMG:
Kennmuskeln: Adduktoren und M.
quadriceps femoris
„ Differentialdiagnose:
Läsion des N. femoralis (N.saphenus!);
Meralgia paraesthetica (keine Paresen,
keine Reflexabschwächungen)
L4-Syndrom
„ Schmerz:
Unterschenkel über
Tibiavorderseite, am
Oberschenkel lateral von L3
„ Paresen:
M. quadriceps femoris (weniger
ausgeprägt als bei L3)
„ MER:
PSR abgeschwächt bis fehlend
„ EMG:
M. tibialis anterior meist auch durch
L5 (überwiegend) innerviert,
Adduktoren durch L4 mitinnerviert
„ Differentialdiagnose:
Femoralisparese (keine
Adduktorenmitbeteiligung)
L5-Syndrom
„ Schmerz:
über Außenseite d. Kniegelenks
abwärts über ventrolateralen
Unterschenkel, Fußrücken, Großzehe
„ Paresen:
M. extensor hallucis longus, M.
tibialis ant., M. glutaeus medius
„ MER:
Ausfall des Tibialis-posterior-Reflexes,
(PSR und ASR intakt!)
„ EMG:
Kennmuskeln: M. extensor hallucis
longus, M. tibialis ant., M. glutaeus
medius
„ Differentialdiagnose:
Peronaeusparese (keine Mitbeteiligung
des M. glutaeus medius)
S1-Syndrom
„ Schmerz:
Rückseite Ober- und Unterschenkel
bis lateraler Fußrand, 3.-5. Zehe
„ Paresen:
M. triceps surae, Mm. peronaei, M.
glutaeus maximus
„ MER:
ASR fehlend (oder abgeschwächt)
„ EMG:
Kennmuskeln: M. triceps surae, M.
glutaeus maximus, Mm. peronaei
„ Differentialdiagnose:
Tibialisläsion (keine Mitbeteiligung des
M. glutaeus maximus)
Läsion N. peronaeus communis
kombinierte Läsion L4 + L5
Radikuläre Läsionen: Ursachen
„ Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen
Bandscheibenvorfall, Spondylose, Enger Spinalkanal, Spondylolisthese
„
„
„
„
„
„
Trauma
Tumor Primärer spinaler Tumor, Metastasen, Meningeosis
Infektionen Herpes zoster, Borreliose, Epiduraler Abszeß
Vaskuläre Erkrankung
Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus
Entzündlich rheumatische Erkrankung
M. Bechterew, rheumatoide Arthritis
„ Diverse andere Ursachen
Arachnoiditis, kongenitale Anomalien, Iatrogene Schädigung (Injektion,
Punktion, Operation), Strahlentherapie
Verteilungshäufigkeit von
Bandscheibenvorfällen
Lumbale Bandscheibenvorfälle ca. 10x häufiger als zervikale!
Pseudoradikuläre Syndrome
„ Charakteristika
„
Schmerzen
(mehr oder weniger intensiv, meist in einer Extremität)
„
Beeinträchtigung der Muskelfunktion
(schmerzbedingt)
Keine (radikulären) sensiblen Ausfälle
„ Keine Reflexanomalien
„ Triggerpunkte
„
(oft besonders schmerzhaft, in den betreffenden Muskeln und an
Sehnen und Sehnenansätzen)
Pseudoradikuläre Syndrome
„ Terminologie
Viele verschiedene Bezeichnungen:
Tendomyalgien, Tendomyosen, Myofasziale Syndrome,
Muskelrheumatismus, Triggerpunkte, Myogelosen, ...
„ Pathogenese
„
„
„
Monotone und repetitive Überbeanspruchung einzelner
Muskeln
Pathologie eines Gelenks, zu dessen Funktionsbereich die
schmerzhaft gewordenen Muskeln gehören
Oder anderer (schmerzhafter) Prozeß bzw. einer Läsion,
z.B. einem lokalen Trauma
Pseudoradikuläre Syndrome
„ Klinik
„Schmerzhaftwerden der Muskeln bei jeder Bewegung“
„ Schmerzempfindung im Muskel
„ Muskel ermüdet schneller
„ Im Ermüdungszustand Neigung zu faszikulären Zuckungen,
die in faszikuläre Kontraktur übergehen können
„ Ganzer Muskel kann in rigorartigen Tonuszustand
übergehen
„ Im schmerzhaften Muskel lassen sich oft eng umschriebene
Zonen identifizieren, die besonders dolent sind und verhärtet
scheinen (Triggerpunkte, Myogelosen)
Pseudoradikuläre Syndrome
Polyneuropathien
Univ. Prof. Dr. Eduard Auff
Universitätsklinik für Neurologie
PNP: Klinische Symptomatik
„ Sensible Reiz- und Ausfallssymptome
„ Motorische Störungen
„ Reflexanomalien
„ Trophische Störungen (vegetative Störungen)
PNP: Verteilungsmuster
„ Distal symmetrischer Typ
Symmetrisch-sensibler Typ
„ Symmetrisch-paretischer Typ
„
„ Proximal asymmetrischer Typ
Multiplex-Typ (Mononeuropathia multiplex)
„ Schwerpunkt-PNP
„
PNP - Pathophysiologie
PNP: Ursachen
„ „Entzündliche“ Polyneuritiden
Immunopathien (Guillain-Barré Syndrom GBS), virale Infekte (Herpes zoster),
bakterielle Infekte (Borreliose, Diphtherie, Lepra), allergisch
„ Vaskulär bedingte PNP
Periarteriitis nodosa, Lupus erythematodes, Immunvaskulitis, Diabetes mellitus
„ Exotoxische PNP
Medikamente, Umwelt- und Gewerbegifte
„ Endotoxisch-metabolische PNP
Stoffwechselerkrankungen, Endokrinopathien, Mangelernährung,
paraneoplastisch, Paraproteinämie
„ Hereditäre PNP
PNP: Ätiologie - Häufigkeit
GBS: Diagnostische Kriterien
GBS: Klinische Symptomatik
Parästhesien
Paresen:
Arme
Beine
Fazial
Oropharyngeal
Augenmuskellähmungen
Areflexie
Hypästhesie
Schmerzen
Ateminsuffizienz
Sphinkterstörungen (Blase)
70/85
20/90
60/95
35/60
25/50
5/15
75/95
40/75
25/90
10/30
15/15
GBS: Motorisches Defizit
GBS: Autonome Funktionsstörungen
GBS
Ungünstige prognostische Faktoren
„ Alter >50-60 Jahre
„ Rascher Beginn (Vollbild erreicht innerhalb < 7
Tagen
„ Beatmungspflicht
„ Elektrophysiologisch: reduzierte mittlere Amplitude
des distal-evozierten
Summenmuskelaktionspotentials (<20% des
Normalwerts bzw. 3 mV)
„ Vorangegangene Infektion mit C. jejuni
Pathogenese des GBS
Varianten des GBS
Varianten des GBS
GBS: Differentialdiagnose
GBS: Therapie
CIDP: Diagnostische Kriterien
Vergleich GBS - CIDP