Im Auge des Betrachters: Definiere Schönheit - Data

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Im Auge des Betrachters: Definiere Schönheit - Data
KAPITEL 13 • data-quest GmbH
KAPITEL 13 • data-quest GmbH
Lernmanagement mit Open Source Software:
Im Auge des Betrachters:
Definiere Schönheit
S c h ö n h e i t i s t d e r G l a n z d e r W a h r h e i t , s a g e n d i e R o m a n t i k e r. S c h ö n i s t ,
was uns subjektiv angenehm ist, sagt - stark verkürzt - Immanuel Kant.
Wenn das stimmt - ist es dann überhaupt möglich Software zu schaffen,
die von jedem Nutzer als schön wahrgenommen wird? Sicherlich nicht.
Aber man kann sich als Softwarehersteller zumindest Mühe geben.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, sagt der Volksmund. Wie wahr dieses Sprichwort ist, zeigt besonders
eindrucksvoll ein kleines Experiment. Dabei werden den
Augen des Betrachters gleichzeitig und nebeneinander
jeweils zwei Bilder von, nach gängigen Maßstäben attraktiven, Personen gezeigt. Die Bilder wechseln in rascher Folge. Fixiert der Betrachter nun einen Punkt zwischen den
wechselnden Gesichtern, passiert etwas Unheimliches:
Die Gesichter verändern sich zu monströsen Fratzen, die
Horror- oder Phantasyfilmen entsprungen zu sein scheinen. Das passiert, weil sich die Einzelbilder im Hirn des
Betrachters überlagern - ein Effekt, gegen den man nichts
tun kann. Probieren Sie es aus! legen Sie dieses Buch für
eine Moment aus der Hand und suchen Sie auf Youtube
nach „Face Distortion Effect“. Dann lesen Sie weiter.
Wieder da? Gut.
Schönheit liegt im Auge der Betrachtenden, die Augen
spielen Streiche und überhaupt ist alles sowieso subjektiv.
Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf sind sich viele Softwarehersteller selbst genug, lehnen sich - metaphorisch
gesprochen - zurück und überlassen die Gestaltung der
Nutzeroberflächen ihren Programmierern, denen gelegentlich ein Grafikdesigner zuarbeitet.
Wenn Software auf solche Art entsteht, dann merkt man
das als Endanwender. Die Bedienung ist fummelig, es gibt
Inkonsistenzen wie „Speichern“-Schaltflächen die mal links
sind, dann aber plötzlich nach rechts springen, je nachdem
wie der jeweilige Entwickler es gerade schöner fand.
DER AUTOR
Das Lernmanagementsystem Stud.IP ist ein Open-SourceProjekt, an dem naturgemäß viele Personen mitarbeiten.
Um sicher zu stellen, dass nicht jeder Entwickler macht was
er will und die Gestaltung der Plattform auseinander läuft,
wurden von Anfang an eine Reihe von Maßnahmen getroffen. So wurden u.a. harte Regeln aufgestellt, die Stück für
Stück in einen Styleguide, ein Regelbuch, eingeflossen sind.
Diese Regeln stellen eine Anleitung für die Gestaltung der
Nutzeroberflächen dar, an die sich jeder Programmierer
halten muss. Ein separates Gremium des Stud.IP-Projekts,
die GUI-Gruppe (Graphical User Interface, ) wacht über die
Einhaltung dieser Regeln und arbeitet kontinuierlich an
der Weiterentwicklung des Designs. Dabei unterstützen
erfahrene Grafikdesigner, die in alle Prozesse eingebunden
werden. Zusätzlich werden die Rückmeldungen der rund
450.000 Endanwender berücksichtigt und die UsabilityLabore der, an der Entwicklung beteiligten, Hochschulen,
für Softwaretests genutzt.
Dabei geht es nicht nur darum, eine konsistente Bedienung
sicherzustellen. Die Nutzeroberflächen sollten optisch gefällig sein, sich an aktuellen Nutzungsgewohnheiten orientieren und auch für Neulinge einfach zu bedienen sein.
Hohe Ansprüche, denen stets versucht wurde gerecht zu
werden. Mit Erfolg: Stud.IP steht seit mehr als 10 Jahren für
eine ebenso mächtige wie einfach zu nutzende Lernplattform. Sie bietet einen einfachen Einstieg und wird - das
zeigt eine Befragung von 3.000 Nutzenden - tatsächlich
von den meisten als optisch attraktiv, als schön, empfunden. Warum ist das so?
„Wir versuchen gerade kein „schönes“ Design zu machen
sondern ein ästhetisches Erscheinungsbild zu gestalten.
Im Sinn von: Eine einfache Formensprache, einfache Muster, wiederkehrende, simple Elemente“, so Cornelis Kater
vom Vorstand des Stud.IP e.V. und treibende Kraft hinter
der Entwicklung des Designs. „Ein gutes Beispiel für unsere Arbeit sind die Symbole. Stud.IP ist keine Klicki-BuntiWeb-2.0-Seite mit drei großen Buttons, sondern ein LernManagementsystem, das komplexe Funktionalitäten bietet
und mit dem Menschen mit den unterschiedlichsten Vorkenntnissen jeden Tag arbeiten. Es gibt rund 120 verschiedene Icons im System, und bei jedem einzelnen muss sich
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Z IELGRUPPE
Hochschulen, Weiterbildungseinrichtungen sowie KMU (20-500 Mitarbeiter)
insb. projektorientiert arbeitend oder mit
Filialen/Außendienst.
R EFERENZKUNDEN
U.a. Universitäten Augsburg, Oldenburg,
Osnabrück, Hannover, Rostock, Trier, FH
Hildesheim, TU Clausthal, PH Heidelberg,
Fa. LUEG AG, FA. SAUTER AG, Polizeiakademie Niedersachsen, u.v.m.
 (©Youtube) Schönheit liegt im Auge des Betrachters:
Der „Face Distortion Effect verwandelt attraktive
Gesichter in Horrorfratzen. Probieren Sie es aus!
auf den ersten Blick erschließen, für welche Funktion es
steht und wozu es gut ist. “
Es gäbe wenig Raum für Spielereien, eine nüchterne Formensprache sei deshalb unabdingbar. Diese Nüchternheit
und der Verzicht auf Zierrat wird von den meisten Menschen als ästhetisch wahrgenommen. In einem zweiten
Schritt werden dann aus den einfachen Grundelementen
komplexe Seiten aufgebaut, deren Gestaltung wiederum
festgelegten Regeln folgen. Der Effekt: Die Orientierung im
LMS fällt leichter, die Seiten bieten unerfahrenen Nutzern
einen einfachen Einstieg, stellen Profis aber alle nötigen
Funktionen für komplexe Operationen zur Verfügung. Stud.
IP wirkt aufgeräumt und übersichtlich, Funktionen und Bereiche erschliessen sich meist auf den ersten Blick.
Um diesen Effekt zu erreichen ist freilich viel Arbeit nötig.
Das Stud.IP-Entwicklerteam nennt diese Prozesse „evolutionäres Design“. Die Gestaltung wird immer weiter verfeinert
und verbessert. Von Release zu Release gibt es keine großen
Sprünge im Design, die die Nutzer verwirren könnten, sondern stattdessen eine Vielzahl von kleinen, subtilen Änderungen, die die Übersicht erhöhen und auf die Funktionen
fokussieren, ohne sinnlose optische Spielereien. Jedes Designelement ist wohlüberlegt und hat einen Zweck.
Das Ergebnis dieser Arbeiten: Stud.IP ist ein Lernmanagementsystem, dass nicht nur funktionell ist, sondern von
den meisten Nutzenden intuitiv als schön wahrgenommen
wird. Wobei diese Schönheit weniger in den Augen der Betrachter angesiedelt ist als in der Tatsache, dass das gute
Design die Bedienung angenehm macht.
Beschrieben hier http://perceptionweb.com/abstract.cgi?id=p6968
MARCO BOHNSACK
INFO
Stud.IP
© Valua Vitaly - Fotoliacom
Marco Bohnsack, Jahrgang 1975,
studierte Sozial- und Medienwissenschaft mit Schwerpunkt
eLearning an der Georg-August
Universität in Göttingen. Er ist
Geschäftsführer von data-quest. Das Unternehmen aus Göttingen bietet seit 10 Jahren erfolgreich Support und Entwicklung
für Open Source Software wie
Stud.IP und TYPO3 an.
STICHWORTE
Um eine Einheit aus Funktionalität, Bedienbarkeit und optisch ansprechender Anmutung zu erreichen, bedarf es darum dreier Dinge: 1. Eine Philosophie hinter der Softwaregestaltung, 2. Strikte Gestaltungsregeln für Elemente und
3. wirklich gute Designer, die verstehen um was es geht.
Dazu kommen: Tests, Tests und noch mehr Tests mit Endanwendern, um immer wieder zu prüfen, ob die Konzepte
auch in der Praxis funktionieren und ob alle Richtlinien eingehalten wurden.
 Auch Software kann ästhetisch sein. Manchmal sogar schön.
JAHRBUCH
eLearning & WISSENSMANAGEMENT 2012
Stud.IP („Studienbegleitender Internetsupport von
Präsenzlehre“) ist eine Open-Source Lernplattform,
die besonders wegen ihrer Flexibilität und ihres modularen Aufbaus geschätzt wird. Stud.IP wird als
Campusmanagementsystem an Hochschulen und als
System zur Mitarbeiterqualifizierung in Unternehmen eingesetzt. Die Plattform besitzt Schnittstellen
u.a. zu HISinOne, TYPO3 und ILIAS.
KONTAKT
data-quest GmbH
37085 Göttingen
Tel: +49 (0) 551 / 38 19 85-0
www.data-quest.de
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