Teil 8 der Serie 2. Gesundheitsmarkt: Functional Clothing

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Teil 8 der Serie 2. Gesundheitsmarkt: Functional Clothing
privat Serie – 2. Gesundheitsmarkt: Functional Clothing
Zweite Haut
zum Wohlfühlen
Teil 8 der Serie 2. Gesundheitsmarkt: Functional Clothing / gesundheitsfördernde Kleidung
2. Gesundheitsmarkt
SERIE
Teil 1:Einleitung und Überblick – Januar
Teil 2: Präventionsmedizin/Checkups – Feb./März
Teil 3: Gesunde Augen – April
Teil 4: Zahn- und Mundgesundheit – Mai
Teil 5: Fitness – Juni
Teil 6: Wellness – Juli/August
Teil 7: Functional Food – September
Teil 8: Functional Clothing – Oktober
Teil 9: Gesundes Wohnen – Nov./Dez.
Teil 10: Gesundheitstourismus – Januar 2013
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Niederrhein Manager 10/12
„Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt
nur falsche Kleidung“. Dieser bekannte Spruch
mag etwas besserwisserisch auf jeden Durchnässten, Schwitzenden oder Frierenden wirken – dennoch ist er häufig wahr. Nur geht die
ursprüngliche Funktion von Kleidung in einer
Zeit, in der Outfits vor allem gut aussehen und
praktikabel sein sollen, manchmal etwas unter: Schließlich wurden Kleidungsstücke vor
Jahrtausenden entwickelt, um den menschlichen Körper vor Kälte, Hitze und anderen
Umweltreizen zu schützen und somit Krankheiten entgegenzuwirken und Gesundheit zu
erhalten. Erst im Laufe der Zeit bekam das
Aussehen einen immer höheren Stellenwert:
Kleidung sollte einen ästhetischen Anspruch
erfüllen oder auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe signalisieren. Das ist auch heute
noch so und wird immer weiter perfektioniert:
Chemische Verfahren etwa ermöglichen, dass
unsere Kleidung besonders leicht, farbintensiv,
weich, strapazierfähig oder knitterfrei ist.
Gleichzeitig sorgen technischer Fortschritt und ein gestiegenes Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein der Menschen dafür,
dass die gesundheitsfördernde Funktion von
Textilien seit einigen Jahren eine Renaissance
erfährt. So stellen bekannte Anbieter wie
Gore-Tex oder Sympatex wind- und wasserdichte, atmungsaktive, thermoregulierende
Serie – 2. Gesundheitsmarkt: Functional Clothing privat
oder UV-beständige Bekleidung her. Im medizinischen Bereich werden technische Textilien
zur Infektionsprophylaxe oder auch zur Therapieunterstützung eingesetzt. Mit Sensoren
ausgestattete „Smart Textiles“ minimieren das
Risiko bei Arbeiten mit großem Unfallpotenzial. Und immer mehr Verbraucher halten Ausschau nach Öko-Labeln und wollen wissen,
wie ihre Kleidung hergestellt wurde und wie
sie zum Wohlbefinden beitragen kann.
Wir wollten wissen: Wie kann Kleidung
Gesundheit erhalten bzw. fördern? Was sagen
Öko-Label aus? Und worauf sollte man sonst
noch achten, damit Kleidung einen Beitrag
zum Wohlbefinden leisten kann?
Naturfasern und Öko-Label
Wer sein Gesundheitsbewusstsein mit
Umweltschutz und ethischem Anspruch verbinden will, kann zunehmend auf Textilien
aus Naturfasern zurückgreifen, die aus biologischem Anbau oder artgerechter Tierhaltung
stammen. Zwar machen Bio-Baumwolle, Seide,
Flachs oder Hanf gemessen am Gesamttextilmarkt einen noch recht kleinen Anteil aus,
aber verzeichnen exponentielle Zuwächse:
Marktschätzungen zufolge hat sich allein der
Boommarkt Großbritannien in den letzten vier
Jahren im Bereich Naturtextilien verdreifacht.
Eine andere Möglichkeit, seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun, ist der Kauf von zertifizierten Kleidungsstücken. Das bekannteste und
verbreiteteste Öko-Zertifikat weltweit ist der
Oeko-Tex Standard 100. Das 1992 entwickelte
Prüf- und Zertifizierungssystem reglementiert
die Verwendung von möglichen Schadstoffen
in Textilien im Rahmen von umfangreichen
Labortests. Textilprodukte dürfen nur dann mit
dem Label ausgezeichnet werden, wenn sämtliche Bestandteile den geforderten Prüfkriterien
entsprechen, also auch Zubehör wie Nieten,
Knöpfe, Reißverschlüsse, Einlagen usw.
Grundlage der Schadstoffprüfungen bildet ein wissenschaftlich fundierter Kriterienkatalog mit über 100 Einzelparametern, zu
denen gesetzlich verbotene und reglementierte Substanzen, bekanntermaßen gesundheitsbedenkliche Stoffe sowie Kriterien zur
Gesundheitsvorsorge des Verbrauchers gehören. Die Textilien werden zum Beispiel
auch auf krebserregende und allergisierende
Farbstoffe, verbotene Farbmittel und Pestizidrückstände getestet. Strenge Grenzwerte
gelten darüber hinaus für Formaldehyd, extrahierbare Schwermetalle oder zinnorganische
Verbindungen. Schließlich müssen die Textilien gewisse Farbechtheiten einhalten und einen
hautfreundlichen pH-Wert aufweisen. Grundsätzlich gilt bei dem Prüfverfahren: Je intensiver der Hautkontakt eines Produktes ist, desto
höhere Anforderungen muss es dabei erfüllen. Entsprechend gelten für Babyartikel die
strengsten Grenzwerte, gefolgt von hautnah
getragenen Textilien wie zum Beispiel Unterwäsche, Produkten ohne direkten Hautkontakt
wie Jacken und schließlich Ausstattungsmaterialien wie Tischdecken. Die Prüfkriterien des
Labels sind weltweit verbindlich und werden
jährlich den neuesten Erkenntnissen angepasst
– angesichts unterschiedlicher Schadstoffvorgaben und Umweltstandards in den Produktionsländern ist das ein Plus an Transparenz
und Vergleichbarkeit.
Chemie ist nicht gleich Chemie
In der Bevölkerung hält sich allerdings
hartnäckig das Vorurteil, dass Chemie per se
etwas Schädliches ist. Dabei kommt es lediglich auf die Art der Chemikalien an, die zur
Herstellung unserer Kleidung verwendet werden. Oder, um mit Paracelsus zu sprechen: All'
Ding' sind Gift und nichts ist ohn' Gift, nur die
Dosis macht, dass ein Ding ein Gift ist.
„Oekotex heißt eben nicht keine oder
nur wenig Chemie, sondern weniger gefährliche Chemikalien. So kann beispielsweise ein
mit Silberionen ausgerüstetes Textil auch ein
Oekotex-Label haben, weil Silber nicht untersucht beziehungsweise aufgeführt wird“, sagt
Prof. Dr. Lutz Vossebein, Inhaber des Lehrstuhls für Textiltechnologie, Textile Prüfungen
und Qualitätsmanagement an der Hochschule
Niederrhein. „Das Oekotex-Label dient dem
Verbraucher also vor allem zur Risikoreduktion und zur Orientierung.“
Die eingangs erwähnten Funktionen wie
Wind- und Wasserdichte, Atmungsaktivität,
Thermoregulation und UV-Beständigkeit
entstehen allesamt ohne Chemie und finden sich somit auch in oekotex-gelabelten
Textilien wieder. „Nur die Geruchsneutralisation, auch Anti-Smell-Funktion genannt,
lässt sich nicht ohne Chemie herstellen. Die
Cyclodextrine, die die Duftstoffe aufnehmen
oder abgeben, sind allerdings unbedenklich
und deswegen nicht im Oekotex 100 aufgeführt“, erklärt Prof. Dr. Vossebein.
Wer Wert auf zertifizierte Kleidung legt
oder an einer Allergie leidet, sollte auch sein
Waschmittel prüfen, denn das hinterlässt
zumindest temporäre Spuren in den Textilien. Hier bietet der Markt viele dermatologisch getestete und schonende Produkte. Ein
alternatives Mittel soll die Waschnuss sein:
Prof. Dr. Lutz
Vossebein ist Inhaber
des Lehrstuhls für
Textiltechnologie,
Textile Prüfungen
und Qualitätsmanagement an
der Hochschule
Niederrhein.
Die Frucht des indischen Soapnut-Baumes
hat das gleiche Wirkungsprinzip wie Seife
(„Biotenside“), ist aber Natur pur. Über die
Effektivität der Waschnüsse streiten Wissenschaftler allerdings regelmäßig, da je nach
Art der Verschmutzung die Wirkung nicht
mit modernen Waschmitteln vergleichbar
ist und diesen deutlich nachsteht.
Wohlfühlen erwünscht
Neben der chemischen Unbedenklichkeit ist ein weiterer Faktor von großer Bedeutung: das Tragegefühl. „Die Kleidung muss im
Schnitt passen, nicht zu eng sein und thermophysiologischen Komfort aufweisen“, sagt
Prof. Dr. Vossebein. Mit letztem Punkt meint
der Experte die Fähigkeit des Kleidungsstücks
zum Feuchte- und Wärmemanagement. Dazu
zählt auch die Atmungsaktivität von Textilien
– die Fähigkeit, Wasserdampf bzw. Schweiß
entweichen zu lassen. Diese Funktion hat
zum Beispiel die Kunstfaser Polyester, die allerdings aufgrund ihres in der Vergangenheit
etwas muffigen Geruchs immer noch ein angekratztes Image mit sich trägt.
Die Suche nach der passenden Kleidung
kann man recht gut einkreisen, wenn man sich
vor dem Kauf eines Kleidungsstückes grundsätzlich folgende Fragen stellt: Wie wende ich
das Textil an – etwa bei der Arbeit oder beim
Sport? Was sind meine physiologischen Voraussetzungen – schwitze ich viel, friere ich
schnell oder leide ich an einer bestimmten
Allergie? An welchem Ort trage ich die Kleidung hauptsächlich – ist es dort kalt, warm
oder windig? Schließlich hat Kleidung auch
eine psychologische Komponente: „Wer sich
wohlfühlt in seiner zweiten Haut, trägt auch
etwas zu seiner Gesundheit bei“, so Prof. Dr.
Vossebein. Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage muss daher heißen: Gesundheitsfördernde Kleidung ist solche Kleidung, die
ein individuell gutes Körpergefühl gibt – und
das mit möglichst unbedenklicher Chemie.
Thomas Corrinth | tc@niederrhein-manager.de
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