neue musterwalzenhistorie.cdr
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Historische Musterwalzentechnik © werkstatt birger jesch Sammlung Im Jahr 1992 erhielt ich von einem Malerkollegen einen ersten Rollkasten sowie drei Musterwalzen. Alle weiteren Objekte kaufte ich aus Nachlässen. Meine Originaldruckkataloge sind nach Anwendungsbereichen,Stilen und Herstellungszeiträumen sortiert. Anfang 2012 umfasste die Sammlung ca. 1200 Musterwalzen sowie diverse Originalvorlagen damaliger Firmen. Die verschiedenen patentierten Systeme zur Farbübertragung sind ein weiterer Teil der Sammlung. Kulissen für Film und Gesellschaft Der Rollstempeldruck eignet sich hervorragend für Filmkulissen mit Handlungsspielräumen von 1920-1970. Auch In der modernen Auffassung von Wohnen, Arbeiten und Kommunizieren werden mit dieser fast vergessenen handwerklichen Technik Akzente gesetzt. Die freie Kombination von Farben und Strukturen ermöglicht dem gestaltenden Handwerker einen unerschöpflichen Spielraum. Restaurierung Zeit- und regionaltypisch genauen Restaurierung alter Bausubstanz mit historischen Originalwalzen und entsprechenden Anstrichen. Beratung / Verkauf Sie erhalten auf Wunsch honorarpflichtige Fachauskunft sowie Fotorechte. Historische Walzen, Rollkästen und Ersatzteile sind erhältlich. werkstatt birger jesch - 99444 blankenhain - friedhofstrasse 15 036459 / 63158 Werbung für den “Flächenbelebungsroller” der Firma Storch aus dem Jahr 1928. Im Jahr 1879 wurde der erste “Handdruckapparat mit Selbstfärbung” von Carl Longjaloux in Elberfeld zum Patent angemeldet. Die Storchwerke in Wuppertal/ Elberfeld wurden bekannte Hersteller. Horizontale Strukturen auf frühen Musterwalzen Werbung aus der Malerfachzeitung „Drei Schilde“ 1935u.1936 Werkzeug des Thüringer Malergesellen Willy Schachtschabel aus Hochdorf. Der Maler begann 1935 seine Lehre bei dem Blankenhainer Malermeister Hans Schäffer. Kurz vor dem Krieg, aus dem er nicht zurückkehrte, schaffte er sich diesen Aluminiumguß-Rollkasten und Musterwalzen an. mit einer alten Musterwalzen aus dem Nachlass Schachtschabel gestaltete Dielenwand (2012) Von unbändiger Lebens- und Schaffenslust getrieben erscheint der 96 jährige Malermeister in seinem Geburtsort zum Frühlingsbeginn 2011. Die soliden Grundlagen erwarb er beim Saalfelder Kirchenmaler Holzhey, der den Begabten 1938 nur schweren Herzens zur Meisterschule nach München entließ. Dort lernte er Aquarellieren am Ammersee mußte aber tagsüber seinen Unterhalt beim Münchner Malermeister Hermann Franz verdingen. Die Einberufung zu Kriegsbeginn unterbrach diese anspruchsvolle Ausbildung. Jahre später, zurückgekehrt in sein Heimatdorf, malerte er in den Dörfern gegen Naturalien und Baumaterial für den Neubau seines Hauses, da das Elternhaus durch einen Blitzschlag abbrannte. Gern dekorierte er die Stuben und Küchen mit der in der Nachkriegszeit populären Musterwalzentechnik. Die gefragten Walzen ertauschte er anfangs auch gegen Butter. Später erwarb er sie in der Saalfelder Farbendrogerie Facius. Zuletzt arbeitete mit einem Fundus von 60 Mustern. Ein stumpfes Grün sowie Rosenholz wurden seine Lieblingsfarbtöne. Im Jahr 1954 erhielt Herr Thiem endlich seinen Meisterbrief in Jena. Seine zahlreichen Kunden schätzten sein Talent und beauftragten ihn auch für Dekorationen im Stil der Bauernmalerei. Nach dem Ende seines Berufsleben findet er Herausforderung und Erfüllung in der Ölmalerei dörflicher Motive seiner Heimat. Tausch: Butter gegen Musterwalzen Kurt Thiem,1915* Ruppersdorf, Thüringer Schiefergebirge Werkzeug aus der Dresdner Schablonenfabrik Paul Grohmann, Produktbeschreibung von 1977 sowie Anzeige von 1937. Zeugnisse einer Malerfamilie aus Mainfranken Ein riesiges Konvolut Musterwalzenvorlagen aus dem Besitz der Rudloffs aus Bergrheinfeld zeugt noch heute von den Wandgestaltungen im ehemaligen Wirkungsbereich des Malermeisters Karl Rudloff und seines Sohnes Helmut. Schon Ignaz und Ferdinand Rudloff waren Tüncher. Karl Rudloff (*1909) bekam 1938 seinen Meisterbrief und übernahm 1948 das väterliche Geschäft. Alle seine fünf Söhne wurden Handwerker, drei davon Malermeister! Sein Sohn Helmut (*1935), der auch bei ihm lernte und arbeitete, übernahm 1974 das Elterliche Geschäft. Ständig waren ca. 5 Gesellen und ein, zwei Hilfsarbeiter beschäftigt. Geschäftshaus ca.1923 Aus den ersten drei Jahrzehnten der Nachkriegszeit stammt das Arsenal an Musterwalzen und Vorlagen verschiedener fränkischer Hersteller. Am meisten vertreten sind die Nürnberger Rollstempelwerkzeuge der Firma Karl Reuss. Dort wurden sehr viele als Patentwalzen bezeichnete Stegwalzen und Druckapparate mit bis zu drei Farbkammern hergestellt. Verwendet und beliebt waren auch die bei bestimmten Lichteinfall schillernden Perlglanzpigmente. An Hand der an den Originalvorlagen angehefteten Zettel mit handschriftlichen Notizen des Malers kann man heute einige der tatsächlich ausgeführten Gestaltungen belegen. Farbvorschläge der Firma Karl Reuss, Nürnberg, 1957 “Bärentatzen und SputniKs” Mitte der 1950iger Jahre hatte die Musterwalzentechnik Konjunktur. Aus Kostengründen (rare Pigmente) wurde auf helle Leimfarbenanstriche zumeist dunkler gewalzt. Die damals modernen abstrakten Muster konnte man gut zweifarbig übereinander rollen. Nach dem ersten Arbeitsgang wurde die Walze ausgewaschen, herumgedreht und mit einem zweiten Farbton, um eine halbe Breite versetzt, noch einmal darüber gearbeitet. Schnell fand man eigene Bezeichnungen für die gebräuchlichsten Muster. Da gab es z.B. die ”Bärentatzen”, die “Sputniks” und die “Russische Unterschrift”. Der Thüringer Maler Otto Jörk (*1940) lernte den Beruf beim großen Bruder Franz, der wiederum beim Vater Fritz Jörk. Dieser erhielt 1926 den Meisterbrief und übernahm 1936 die Werkstatt des in den Ruhestand gehenden Blankenhainer Malermeisters Hans Schäffer. Schon der Vater des 1920 geborenen Erhard Günther war in Werdau bei Zwickau Malermeister. Sein Sohn lernte 1935 den Malerberuf und machte 1947 seinen Meister. In der kargen Nachkriegszeit fanden besonders die dekorierenden Musterwalzen Anklang, von denen er sich im Laufe der Zeit über 200 Stück zulegte. Im westsächsischen Lichtentanne befand sich seine Werkstatt. Dort bestückte der Meister früh den Motorradanhänger mit Material und Leiter, um die Stuben der Dorfbewohner frisch zu malern. Bis Mittag mußte der Leimfarbenanstrich sitzen. Nach dem meist von der Kundschaft angebotenen Essen war der Anstrich aufgetrocknet und konnte anschließend mit Musterwalzen und Abschlußstrich dekoriert werden. Malermeister Erhard Günther 1920 - 2010 Aus dem Dornröschenschlaf geholt Ein Artikel des Fachpublizisten Hans-Jürgen Ronicke (*1936 Bad Oeynhausen) im Verbandsblatt der Maler und Lackierer thematisierte im Mai 2012 erstmals wieder das Arbeiten mit der schon fast vergessenen Musterwalzentechnik. Der gelernte Maler, der noch im Alter von 72 Jahren sein Diplom als Restaurator im Malerhandwerk bekam, hat seit 2002 in unzähligen Beiträgen in Fachzeitschriften sein Wissen weitergegeben. Er beobachtete in den letzten 20 Jahren ein Defizit an gestalterischer Fähigkeiten. Das Wissen um Flächenaufteilung, Farbwirkung und das Beherrschen dekorativer Techniken welches in seiner Lehrzeit selbstverständlich war, ist heute nicht mehr vorhanden. Der junge Malergeselle Ronicke führte in der Nachkriegszeit viele Dekorationstechniken wie Schablonieren, Massarieren, Wickeln, Bänder- und Strichziehen, Musterwalzen, Vergolden usw. durch. Dabei wurde sich stilistisch an Werkbund und Art Deco orientiert. Es waren jene Zeiten in denen sein Meister ausgebildet wurde. Im Jahr 1962 erhielt er selbst den Meisterbrief Es ist ein Glücksfall wenn private Interesse und Beruf so zusammenfallen dass auch nach dem Renteneintritt kein Stillstand eintritt. H.-J. Ronicke gibt seine Erfahrungen gern an junge Leute weiter und arbeitet als Seminarleiter bei den Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Vorlagebogen um 1900 aus einem von H. J. Ronicke gesicherten Konvolut Bogen aus dem Musterkatalog der Firma Gebrüder Kirschneck aus Selb in Bayern Dazu die Walze Nr. 919 (Nachkriegsproduktion) Unsere Familie baute 1938-39 ein Haus in Weiden/Oberpfalz, eine sehr arme und zurückgebliebene Gegend damals. Wir kamen aus Hessen und da kannte man selbstredend Tapeten: - französischer Einfluß eines von Napoleon gekürten Großherzogs. In Weiden kannte man damals Tapeten nur vom Hörensagen. Die Wände auch in unserem Hause wurden mit Leimfarbe grundiert;- und dann geschah für mich kleines Kind (Jahrgang 1936) so etwas wie ein Wunder: der Anstreicher rollte das Muster auf die Wand und aus den Streifen, die in sich schon wunderbar waren, ergab sich ein flächiger Zusammenhang über das ganze Zimmer. Damals wurden auch mehrere farbige Rollen in die Muster “eingerollt”. Am Ende waren die Muster mehrfarbig. Na, da staunte ich! Die jeweilige Leimfarbe wurde mit dem Pinsel auf einen walzenförmigen Schwamm aufgetragen. Sogar an das Geräusch und an den Geruch kann ich mich noch erinnern. Ottmar Bergmann, Jurist und Kunstwissenschaftler Tiger aus Österreich Tiger-Walzen aus Österreich (ca. 1960iger Jahre) Auch in Österreich und Ungarn war die Bemusterungstechnik populär. Dagegen gab es in den klassischen Ländern der kultivierten Innendekoration wie Frankreich und Großbrittanien für dieses Rollstempelverfahren keine eigene Produktion. Die Mangelwirtschaft in der DDR führte zu Improvisationen wie die Verwendung eines selbstgebauten Rollkastens mit Verlängerungsmöglichkeit. Auch wurden fehlende Ersatzteile durch Eigenbau ersetzt. Beide Geräte stammen aus dem Nachlass eines Malermeisters aus Wettin bei Halle. In den ländlichen Gebieten der DDR wurde noch bis Ende der 1980iger Jahre die Flächenbelebungstechnik angewandt. Der Musterkatalog 1979 des VEB Schablonenfabrik Dresden dokumentiert eine Produktion von insgesamt 2151 Designs, darunter auch 10 Holzmaserierungswalzen. Musterwalzen aus Leipzig Sockelgestaltung 1970iger Jahre in einem IndustriebauTreppenhaus in Kahla (Thüringen). Letzte handgeschnittene Musterwalzen einer Budapester Manufaktur 1996 ..Auch in der Gebrauchswarenwelt des Ostens, jener Peripherie einer zentralen Planwirtschaft, ist die Physiognomie solcher patinierter Mehrwegkonserven vorherrschend. Und es verrät sich im Vonhandgefalteten, Vonhandgestempelten und Vonhandwiedereingesammelten eine vorsintflutliche, aber auch tendenziell ökologische Produktions- und Konsumtionsweise. …Das Interessante daran ist, finde ich, dass es zunehmend einen Trend gibt in der Bundesrepublik, gerade bei jungem Publikum, im Osten – und das nächste ist natürlich die DDR – etwas Ursprüngliches zu suchen, was drüben durch die Amerikanisierung und durch die Computerisierung der Gesellschaft völlig totgewalzt wird. Gespräch mit Heiner Müller („Sinn und Form“, Heft 6 / 1985) Sammlung Im Jahr 1992 erhielt ich von einem Malerkollegen einen ersten Rollkasten sowie drei Musterwalzen. Alle weiteren Objekte kaufte ich aus Nachlässen. Meine Originaldruckkataloge sind nach Anwendungsbereichen,Stilen und Herstellungszeiträumen sortiert. Anfang 2012 umfasste die Sammlung ca. 1200 Musterwalzen sowie diverse Originalvorlagen damaliger Firmen. Die verschiedenen patentierten Systeme zur Farbübertragung sind ein weiterer Teil der Sammlung. Kulissen für Film und Gesellschaft Der Rollstempeldruck eignet sich hervorragend für Filmkulissen mit Handlungsspielräumen von 1920-1970. Auch In der modernen Auffassung von Wohnen, Arbeiten und Kommunizieren werden mit dieser fast vergessenen handwerklichen Technik Akzente gesetzt. Die freie Kombination von Farben und Strukturen ermöglicht dem gestaltenden Handwerker einen unerschöpflichen Spielraum. Restaurierung Zeit- und regionaltypisch genauen Restaurierung alter Bausubstanz mit historischen Originalwalzen und entsprechenden Anstrichen. Beratung / Verkauf Sie erhalten auf Wunsch honorarpflichtige Fachauskunft sowie Fotorechte. Historische Walzen, Rollkästen und Ersatzteile sind erhältlich. werkstatt birger jesch - 99444 blankenhain - friedhofstrasse 15 036459 / 63158