Skript - walser-h-m.ch
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Hans Walser Mathematik für die Sekundarstufe 1 Modul 402 Schnittpunkte im Dreieck Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck ii Inhalt 1 Schnittpunkte im Dreieck ............................................................................................1 1.1 Zur Einstimmung..................................................................................................1 1.2 Die vier Klassiker .................................................................................................2 1.3 Weitere Beispiele .................................................................................................3 2 Vom Beweisen .............................................................................................................5 2.1 Klassischer Beweis: Der Dialog ...........................................................................5 2.2 Rechnerische Beweise ..........................................................................................6 2.3 Der Zug-Modus. Wahrscheinlichkeitsbeweis ......................................................7 2.4 Schräge Sicht ........................................................................................................8 2.5 Zentrische Streckung ............................................................................................8 2.6 Beweis mit Pflastersteinen .................................................................................10 3 Der FERMAT-Punkt ....................................................................................................10 3.1 Wegenetze ..........................................................................................................11 3.2 Der FERMAT-Punkt .............................................................................................12 3.3 Experimente mit Seifenlauge .............................................................................13 3.4 Wegenetze im Viereck .......................................................................................13 4 Der Satz von CEVA ....................................................................................................16 4.1 Beispiel zum Satz von CEVA ..............................................................................16 4.2 Theorie ...............................................................................................................16 4.3 Beispiele .............................................................................................................20 Modul 402 für die Lehrveranstaltung: Mathematik für die Sekundarstufe 1 Sommer 2000 Erstausgabe Sommer 2002 Korrekturen, Ergänzungen Sommer 2004 Korrekturen, grafische Überarbeitung, Straffung Sommer 2006 Straffungen und Ergänzungen. Geändertes Layout Frühjahr 2008 MathType Frühjahr 2010 Fehlerkorrektur last modified: 6. Juni 2014 Hans Walser www.walser-h-m.ch/hans Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 1 1 Schnittpunkte im Dreieck When shall we three meet again? In thunder, lightning or in rain? William Shakespeare, Macbeth Wir suchen drei Linien in einem beliebigen Dreieck, welche sich unabhängig von der speziellen Form des Dreieckes in einem Punkt schneiden. Drei Linien, welche sich in einem Punkt schneiden, werden als kopunktal bezeichnet. 1.1 Zur Einstimmung Wir zeichnen eine Dreieck mit Umkreis (Umkreisfigur im Anhang) und schneiden den Kreis aus. Dann falten wir die Außensegmente an den Dreiecksseiten hinein. Was geschieht? Einfalten der Außensegmente Die drei Kreisbogen scheinen sich in einem Punkt zu schneiden; zudem vermuten wir, dass dies der Höhenschnittpunkt ist. C B A Überlegungsfigur Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 2 1.2 Die vier Klassiker Mit Schnittpunkten im Dreieck werden allgemein die vier „klassischen“ Schnittpunkte assoziiert: Der Schwerpunkt S (Schnittpunkt der Seitenhalbierenden), der Schnittpunkt U der Mittelsenkrechten der Dreiecksseiten (Umkreismittelpunkt), der Höhenschnittpunkt H und der Schnittpunkt I der Winkelhalbierenden (Inkreismittelpunkt). U S Die vier Klassiker I H Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 3 1.3 Weitere Beispiele Es gibt sehr viele weitere Beispiele von Schnittpunkten dreier Geraden im Dreieck. a) Wir verbinden die Berührungspunkte des Inkreises mit den Gegenseiten. Die drei Geraden schneiden sich in einem Punkt; dieser ist aber nicht der Inkreismittelpunkt. Zum Beweis dieser Schnittpunktseigenschaft kann der Satz von CEVA verwendet werden. Dreieck mit Inkreis b) Wir setzen auf jeder Dreiecksseite (das Dreieck braucht nicht rechtwinklig zu sein) ein Quadrat auf und ergänzen an den Dreiecksecken zu einem Parallelogramm gemäß Figur. Dann verbinden wir die Quadratmitten mit den gegenüberliegenden äußersten Eckpunkten der Parallelogramme. Die drei Linien schneiden sich in einem Punkt. Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 4 Aufgesetzte Quadrate und Parallelogramme Nun ist es allerdings so, dass Studierende statt kopunktale Geraden das Duale dazu, nämlich kollineare Punkte entdecken. Und es gibt noch mehr zu entdecken. Verschiedenes fällt auf Überlegungsfigur Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 5 2 Vom Beweisen Wenn drei Geraden durch ein und denselben Punkt verlaufen – drei solche Geraden werden als kopunktal bezeichnet –, so kann das ein Zufall sein oder aber eine besondere Eigenschaft dieser drei Geraden (zum Beispiel der drei Seitenhalbierenden eines Dreieckes), eine Eigenschaft, welche in jedem beliebigen Dreieck gilt. Es stellt sich dann die Frage, ob und wie diese Eigenschaft der Kopunktalität für jedes beliebige Dreieck – anders gesagt: Für ein allgemeines Dreieck – nachgewiesen werden kann. Zum Beweis können ganz unterschiedliche Methoden verwendet werden, wie am Beispiel des Schwerpunktes gezeigt werden soll. 2.1 Klassischer Beweis: Der Dialog Wir stellen die Gedankengänge von Petra und Quasi einander gegenüber. Petra argumentiert so: 0 s0 s1 P 0 10 M1 2 P M1 12 1 1 M0 2 01 M0 02 2 Unterteilung Im Dreieck A0 A1 A2 schneiden wir die beiden Seitenhalbierenden s0 und s1 in P. Zusammen mit der Strecke A2 P entstehen so vier kleine Teildreiecke Δ 0 1, Δ 0 2, Δ 1 2 und Δ 1 0 sowie ein offenbar größeres Restdreieck Δ 2 . Die Teildreiecke Δ 0 1 und Δ 0 2 sind flächengleich, da sie mit A1 M0 beziehungsweise M0 A2 gleich lange Grundseiten sowie die gemeinsame von P ausgehende Höhe dazu haben. Analog (das Wort analog weist darauf hin, dass derselbe Gedankengang nochmals durchgespielt wird, aber mit einer anderen „Besetzung“ der beteiligten Punkte, Geraden, Strecken und Dreiecke) folgt, dass die beiden Teildreiecke Δ 1 2 und Δ 1 0 flächengleich sind. Nun ist aber Δ 0 1 + Δ 0 2 + Δ 1 2 die halbe Dreiecksfläche (warum?) und Δ 0 2 + Δ1 2 + Δ 1 0 ist ebenfalls die halbe Dreiecksfläche. Durch Vergleich ergibt sich Δ 0 1 = Δ 1 0, und damit sind alle vier kleinen Teildreiecke flächengleich. Δ 1 2 ist also flächenmäßig ein Drittel des Dreieckes A1 A2 M1 . Weil es mit diesem Dreieck die von A2 ausgehende Höhe gemeinsam hat, misst die Strecke M1 P einen Drittel der Strecke M1 A1 . Analog zeigt Petra, dass auch die Strecke M0 P einen Drittel der Strecke M0 A0 misst. Soweit Petra. Quasi geht von einer anderen Grundfigur aus: Er schneidet die beiden Seitenhalbierenden s1 und s2 in Q. Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 6 0 M2 s1 M1 Q s2 1 2 Die Figur von Quasi Seine Überlegungen, die analog verlaufen wie jene von Petra, führen zu folgenden Schlüssen: Die Strecke M1Q misst einen Drittel der Strecke M1 A1 , und die Strecke M2Q misst einen Drittel der Strecke M2 A2 . Nun liegen zwei einander scheinbar widersprechende Aussagen vor: Petra findet, dass die Strecke M1 P einen Drittel der Strecke M1 A1 misst. Quasi dagegen findet, dass die Strecke M1Q einen Drittel der Strecke M1 A1 misst. Da die beiden Punkte P und Q beide im Innern der Strecke M1 A1 liegen, kann der Widerspruch nur dadurch gelöst werden, dass P und Q ein und derselbe Punkt sind. Damit ist aber auch klar, dass alle drei Seitenhalbierenden durch diesen Punkt verlaufen. 2.2 Rechnerische Beweise 2.2.1 Vektorrechnung Die Geraden und deren Schnittpunkt werden mit Hilfe der Vektorgeometrie dargestellt. ! ! Wir bezeichnen mit ai den Vektor vom Koordinatenursprung zum Punkt Ai und mit mi den Vektor vom Koordinatenursprung zum Seitenmittelpunkt Mi . Dann gilt zunächst (die Indizes werden immer modulo 3 gerechnet): ! ! ! mi = 12 ( ai+1 + ai+2 ) Für die Seitenhalbierende si ergibt sich die Parameterdarstellung: ( ) ! ! ! ! ! ! si : xi ( ti ) = 12 ( ai+1 + ai+2 ) + ti ai − 12 ( ai+1 + ai+2 ) ! ! ! ! Für ti = 13 folgt xi 13 = 13 ( a0 + a1 + a2 ) . Dieses Resultat ist unabhängig vom Index i, das heißt, es verlaufen alle drei Seitenhalbierenden s0 , s1 und s2 durch diesen Punkt. () In unserer Rechnung haben wir heuristisch den Schwerpunkt beim Parameterwert ti = 13 vermutet (warum ist diese Vermutung sinnvoll?) und dann ein zyklisch symmetrisches Resultat erhalten, das heißt ein Resultat, das sich nicht ändert, wenn i durch i + 1 oder durch i + 2 ersetzt wird. Ohne dieses heuristische Vorgehen ist die Rechnung weniger elegant. Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 7 2.2.2 Spezielle Wahl der Koordinaten Wir haben in unseren Rechnungen die Eckpunkte des Dreieckes A0 A1 A2 beliebig gewählt. Gelegentlich ist es aber auch sinnvoll, eine möglichst spezielle Wahl zu treffen. Da Schnittprobleme ähnlichkeitsinvariant sind, kann die Länge einer Dreiecksseite vorgegeben werden. Eine besonders spezielle Wahl der Eckpunktskoordinaten ist zum Beispiel A0 ( 0, 0) , A1 (1,0) , A2 ( p, q) . Die ganze Konfiguration hängt dann noch von den beiden Parametern p und q ab. y A2(p,q) 1 A0 A1(1,0) x Spezielle Wahl der Koordinaten So oder so: Die algebraischen Rechnungen können recht aufwändig werden und sind praktisch oft nur mit einem Computer-Algebra-System wie zum Beispiel Maple oder Mathematica zu bewältigen. Bei orthodoxen Geometern stellt sich dann sofort die Frage, ob das noch ein „gültiger“ Beweis sei. 2.3 Der Zug-Modus. Wahrscheinlichkeitsbeweis Geometrie-Software wie zum Beispiel Cabri-géomètre oder Euklid besitzt in der Regel einen Zug-Modus: In einer fertigen Konstruktion können die Ausgangsdaten, zum Beispiel die drei Eckpunkte eines der Konstruktion zugrunde liegenden Dreieckes, im Nachhinein durch Ziehen mit der Maus verändert werden. Ein allgemeingültiger Schnittpunkt dreier Geraden bleibt bei diesem Veränderungsprozess erhalten. Die Frage ist nun umgekehrt, ob die Invarianz eines (vermuteten) Schnittpunktes beim ZugProzess schon als „Beweis“ gelten kann. Es können ja – wegen der Pixel-Rasterung – letztlich nur endlich viele Fälle betrachtet werden. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schnittpunktseigenschaft dann doch nicht stimmen könnte, so klein, dass wir uns eine tolerantere Haltung gegenüber Zug-Modus-“Beweisen“ angewöhnen müßten. Gefährlich wir die Angelegenheit bei „Fast“-Schnittpunkten, wo drei Geraden zwar nicht kopunktal sind, aber während des ganzen Zug-Prozesses ein Dreieck bilden, das von einer Kreisscheibe mit konstantem („kleinen“) Radius überdeckt werden kann. Cabri-géomètre besitzt zwar eine Vergrößerungsmöglichkeit, aber diese ist nach oben beschränkt. Jedenfalls ist der Zug-Modus ein gutes interaktives Instrument zur Auffindung und ersten Kontrolle eines Schnittpunktes. Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 8 2.4 Schräge Sicht Es gibt geometrische Eigenschaften, welche sich bei schräger Ansicht nicht verändern, zum Beispiel Inzidenz, Parallelität und Teilverhältnisse (insbesondere „Mittelpunkt“). Geometrische Konstruktionen, welche nur auf diesen Eigenschaften basieren, sind gegenüber schräger Sicht invariant. Ein Beispiel dazu ist der Schnittpunkt der Seitenhalbierenden, also der Schwerpunkt. Da jedes beliebige Dreieck als schräge Ansicht eines regelmäßigen Dreieckes interpretiert werden kann, genügt es in solchen Fällen, die Schnittpunktseigenschaft im regelmäßigen Dreieck zu beweisen, wo der Beweis oft recht einfach ist. (Diese schräge Sicht wird als affine Abbildung bezeichnet.) 2 2 M1 M0 M1 S S M0 0 0 1 M2 M2 1 Dreieck als affines Bild eines regelmäßigen Dreieckes Dieses Verfahren funktioniert nicht, sobald rechte Winkel oder Winkelhalbierende im Spiel sind, also beim Höhenschnittpunkt, beim Umkreismittelpunkt und beim Inkreismittelpunkt. 2.5 Zentrische Streckung Zwei Figuren, die durch eine zentrische Streckung aufeinander abgebildet werden können, heißen perspektivähnlich. Perspektivähnliche Figuren sind ähnlich, zudem sind entsprechende Geraden zueinander parallel. Perspektivähnlichkeit Wie ist es bei der Camera obscura? Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 9 2.5.1 Camera obscura Die Lichtstrahlen gehen vom Motivpunkt geradlinig und wellenförmig diffus in alle Richtungen aus. Das Loch bewirkt eine Auswahl aus diesen Lichtstrahlen. Es geht rein theoretisch nur ein Lichtstrahl durch dieses Loch und erzeugt auf einer Wand, einem Schirm oder einer lichtempfindlichen Schicht einen Bildpunkt. Das Bild, daß sich aus verschiedenen Bildpunkten zusammensetzt ist kopfstehend und seitenverkehrt. 2.5.2 Anwendung der Perspektivähnlichkeit Perspektivähnlichkeit heißt aber umgekehrt, dass die Verbindungsgeraden entsprechender Punkte zweier perspektivähnlicher Dreiecke kopunktal sind; sie schneiden sich im Streckungszentrum. Das einfachste Beispiel liefert wiederum der Schwerpunkt: Die beiden Dreiecke A0 A1 A2 und M0 M1M2 sind perspektivähnlich. 2 M1 M0 0 M2 1 Perspektivähnlichkeit beim Schwerpunkt Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 10 2.6 Beweis mit Pflastersteinen Wir zerlegen ein Dreieck in 36 kongruente und zum Ausgangsdreieck ähnliche Pflastersteine und bemalen diese gemäß Figur. Dann ist alles klar. Pflasterung und Färbung 3 Der FERMAT-Punkt Pierre de FERMAT, 1601/07 – 1665 Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 11 3.1 Wegenetze 3.1.1 Optimales Wegenetz im Dreieck Welches Wegenetz im Dreieck ABC hat eine optimale, das heißt hier minimale Gesamtlänge? (Problem von FERMAT, vgl. [Coxeter 1963, S. 38]) C A B Optimales Wegenetz? 3.1.2 Beliebige Wegenetze im Dreieck C C P P A A P* B 60° B C* Gesamtlänge? Minimale Gesamtlänge Wie lang ist das gesamte Wegenetz mit dem beliebigen Verzweigungspunkt P, welches die drei Eckpunkte A, B und C verbindet? Zur Bestimmung der Gesamtlänge des Wegenetzes drehen wir das Dreieck BPA um B um 60°. Das Dreieck BPP* ist dann gleichseitig, die Strecke PP * also gleich lang wie die zum Wegenetz gehörende Strecke BP des Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 12 Wegenetzes. Ferner sind die beiden Strecken C * P * und AP gleich lang. Das gesamte Wegenetz ist also gleich lang wie der Polygonzug C*P*PC. 3.1.3 Minimale Länge Bei jedem Wegenetz erhalten wir bei diesem trickreichen Verfahren denselben Punkt C*. Wenn also die Gesamtlänge des Wegenetzes minimiert werden soll, heißt das, dass die Gesamtlänge C * P * + P * P + PC des Polygonzuges C*P*PC minimiert werden soll. Dies wird durch die Strecke C * C erreicht. 3.2 Der FERMAT-Punkt Den FERMAT-Punkt finden wir schließlich, indem wir in analoger Weise die Strecken A * A und B * B zeichnen. Die Punkte A*, B* und C* sind jeweils die äußeren Eckpunkte der den Dreiecksseiten a, b und c nach außen aufgesetzten gleichseitigen Dreiecke. Die drei Strecken A * A , B * B und C * C haben je die Länge des minimalen Wegenetzes mit dem FERMAT-Punkt; sie sind also gleich lang und haben den FERMATPunkt als gemeinsamen Schnittpunkt. Zudem schneiden sie sich im FERMAT-Punkt unter drei gleichen Winkeln von 120°. Der FERMAT-Punkt lässt sich daher auch als gemeinsamer Schnittpunkt der drei Ortsbogen über den Dreiecksseiten für den Winkel 120° konstruieren. B* C F A B C* Der FERMAT-Punkt A* Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 13 3.3 Experimente mit Seifenlauge 3.3.1 Plexiglasmodell Minimale Wegenetze können mit Hilfe von Seifenlauge dargestellt werden. Dazu benötigen wir ein Dreiecksmodell, das aus zwei parallelen Plexiglasscheiben mit ca. 1 cm Abstand besteht, in welchem die Eckpunkte durch verbindende Stifte dargestellt werden. Dies kann durch Schrauben von ca. 3 mm Durchmesser realisiert werden; mit zusätzlichen Muttern kann der Abstand zwischen den Plexiglasscheiben justiert werden. 3.3.2 Seifenlauge nach Großmutterart Rezept: 1 Liter lauwarmes Wasser 500 g Zucker 750 g Hakawerk Neutralseife 25g Tapetenkleister (Methylan von Henkel) Alles mischen, einen Tag stehen lassen 9 Liter Wasser dazugeben, gut rühren 3.3.3 Das minimale Wegenetz Wir tauchen das Plexiglasmodell kurz in die Seifenlösung. Dadurch bildet sich ein Film zwischen den beiden Plexiglasscheiben und den die Eckpunkte darstellenden Verbindungsschrauben. Dieser Film hat das Bestreben, sich möglichst dick zu machen. Daher müssen die anderen Dimensionen minimiert werden. Da der Scheibenabstand gegeben ist, kann nur noch die Dimension, welche den Weglängen entspricht, minimiert werden. Die Praxis zeigt, dass diese Modelle recht gut spielen. 3.4 Wegenetze im Viereck 3.4.1 Minimales Wegenetz im Quadrat C D D C 120° 120° 120° A B Diagonalen A B Optimales Wegenetz Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 14 Das minimale Wegenetz im Quadrat besteht nicht, wie man anfänglich vermutet, aus den beiden Diagonalen, sondern aus einem Netz mit zwei Verzweigungspunkten, in welchen die Wege Winkel von 120° einschließen. Man kann allgemein zeigen, dass in Verzweigungspunkten in Minimalnetzen die Wege bei Verzweigungspunkten immer drei gleiche Winkel von 120° einschließen müssen. 3.4.2 Beliebige Wegenetze C D P Q A B Wegenetz im Viereck Wie kann die gesamte Länge eines beliebigen Wegenetzes in einem allgemeinen Viereck visualisiert werden? Der Trick (nun ist es bereits eine Methode) besteht wiederum darin, geeignete Dreiecke um 60° herauszudrehen. Dadurch entsteht ein Polygonzug, der gleich lang ist wie das gesamte Wegenetz. Die Endpunkte dieses Polygonzuges sind Ecken von nach außen aufgesetzten gleichseitigen Dreiecken. Diese Endpunkte sind - bei gegebener Netztopologie - invariant; die Minimallänge des gesamten Netzes ergibt sich daher durch die Strecke, welche diese Endpunkte verbindet. C D 60° 60° C D P A B Minimale Gesamtlänge Q A B Verzweigungspunkte Die Verzweigungspunkte finden sich dann durch die Umkreise der beiden gleichseitigen Dreiecke, welche auch Ortsbogen für 120° sind. Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 15 3.4.3 Die zweite Lösung Wenn wir die beiden gleichseitigen Dreiecke an den anderen beiden Vierecksseiten aufsetzen, ergibt sich eine zweite Lösung mit einer anderen Netztopologie. Dieses Netz hat, wie am Rechteck leicht überlegt werden kann, eine andere Gesamtlänge. Unsere Konstruktionen liefern also nicht in jedem Fall das Minimalnetz, sondern allenfalls bloß ein relatives Minimalnetz, das heißt das Minimalnetz bei gegebener Netztopologie. C D A B Andere Netztopologie 3.4.4 Weitere Fragen • Minimalnetz im stumpfwinkligen Dreieck • Minimalnetze im regelmäßigen Fünfeck • Minimalnetze im Fünfeck • Minimalnetze im n-Eck. Wie viele Netztopologien gibt es? Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 16 4 Der Satz von CEVA 4.1 Beispiel zum Satz von CEVA a a a Wie groß ist das Produkt: 0 1 1 2 2 0 = a0 2 a1 0 a2 1 a02 2 B0 a01 1 a12 t0 t2 t1 a21 B1 a10 B2 a20 0 Beispiel zum Satz von CEVA 4.2 Theorie Der Satz von CEVA ist ein sehr effizientes Hilfsmittel zum Beweis von Schnittpunkten. Er ist auch aus historischer Sicht recht interessant: Er ist der erste Satz der Elementargeometrie, der nicht schon in der griechischen Geometrie bekannt war. Giovanni CEVA (1647 - 1734) lebte in Mantua und publizierte 1678 in Mailand die Schrift De lineis rectis se invicem secantibus, statica constructio. CEVA argumentierte in seinen Überlegungen mit an den Eckpunkten eines Dreieckes angebrachten Gewichten ungleicher Größe und fragte nach deren Schwerpunkt (vgl. [Chasles 1968]). Der übliche Schwerpunkt eines Dreieckes erscheint in diesen Überlegungen als Sonderfall für die gleichmäßige Gewichtsverteilung 1:1:1. Der Satz von CEVA besagt folgendes: Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 17 2 a12 a02 t2 B1 a10 B0 t0 0 a20 t1 B2 a21 a01 1 Der Satz von CEVA Drei Eckpunktstransversalen t0 , t1 und t2 sind genau dann kopunktal, wenn für die jeweils auf der Gegenseite gebildeten Abschnittsverhältnisse gilt: a01 a12 a20 =1 a02 a10 a21 a Bemerkung: Sehr oft werden die im Satz von CEVA verwendeten Teilverhältnisse a i,i+1 i,i+2 mit einem Vorzeichen definiert, das genau dann negativ ist, wenn sich der Teilpunkt Bi im Innern der Strecke Ai+1Ai+2 befindet. In dieser Notation muss das Produkt der drei Teilverhältnisse − 1 sein. Ist das Produkt + 1, so liegen die drei Punkte B0 , B1 und B2 auf einer Geraden (Satz von FERMAT). Der Satz von CEVA gilt auch dann, wenn der gemeinsame Punkt der drei Ecktransversalen außerhalb des Dreieckes liegt. Die im Satz von CEVA vorkommenden Begriffe und Teilverhältnisse sind affin invariant. Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 18 Für den Beweis des Satzes von CEVA gehen wir von drei kopunktalen Ecktransversalen aus und verwenden Flächenverhältnisse von Teildreiecken. 2 a12 a02 t2 B1 a10 0 h02 P t0 B0 t1 h 01 a01 a20 B2 a21 1 Flächenverhältnis von Teildreiecken Die beiden Dreiecke A0 A1P und A0 A2 P haben eine gemeinsame Seite PA0 . Ihre Flächen verhalten sich also wie die zugehörigen Höhen h0 1 und h0 2. Aufgrund der Strahlensätze verhalten sich diese beiden Höhen h0 1 und h0 2 wie die Abschnitte a0 1 und a0 2 . Somit gilt, wenn A den Flächeninhalt bezeichnet: a01 AΔA0 A1P = a02 AΔA0 A2 P Analog gilt: a12 AΔA1A2 P = a10 AΔA1A0 P und a20 AΔA2 A0 P = a21 AΔA2 A1P Daraus ergibt sich: a01 a12 a20 =1 a02 a10 a21 Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 19 Für drei Ecktransversalen, welche nicht kopunktal sind verwenden wir zunächst den Schnittpunkt von zwei der drei Ecktransversalen, zum Beispiel P0 1 als Schnittpunkt von t0 und t1 . 2 a12 a02 t2 B1 t2* a10 B0 P01 t0 t1 a20 0 a20 B2 B2* a01 a21 a21 1 Nicht kopunktale Ecktransversalen Es sei dann t2∗ die Transversale durch A2 und P0 1. Somit gilt: a01 a02 a12 a10 ∗ a20 ∗ a21 =1 Wegen a2 0 < a2∗0 und a2 1 > a∗2 1 (oder allenfalls umgekehrt, also a2 0 > a2∗0 und a2 1 < a∗2 1) ist wiesen. ∗ a20 a20 a01 a12 a20 und damit ≠ ≠ 1 . Damit ist der Satz von CEVA be∗ a21 a02 a10 a21 a21 Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 20 4.3 Beispiele 4.3.1 Der Schwerpunkt a a Die Punkte Bi sind die Mittelpunkte der Strecken Ai +1Ai+ 2 . Daher ist a01 = 1 , a12 = 1 02 10 a a a a und a20 = 1 , woraus unmittelbar a01 a12 a20 = 1 folgt. 21 02 10 21 4.3.2 Der Höhenschnittpunkt 2 a12 a02 B1 h2 a10 h1 B0 H h0 a01 0 a20 B2 a21 1 Der Höhenschnittpunkt Aus A := AΔA0 A1A2 = 12 h0 a0 folgt h0 = a01 = a02 a22 a12 − h02 − h02 = 2A a0 . Nach dem Satz des Pythagoras gilt dann: ( ) −( ) a22 − 2A a 2 0 a12 2A a0 2 = a02 a22 − 4A 2 a02 a12 − 4A 2 Analog folgt: a12 = a10 a a a a12 a02 − 4A 2 a12 a22 − 4A 2 und a20 = a21 a22 a12 − 4A 2 a22 a02 − 4A 2 Daraus folgt a01 a12 a20 = 1 , womit die Existenz des Höhenschnittpunktes gesichert ist. 02 10 21 Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck 21 Bemerkung: Die Existenz des Höhenschnittpunktes lässt sich auch ohne den Satz von CEVA beweisen. Der Höhenschnittpunkt des Dreieckes A0 A1 A2 ist nämlich der Mittelsenkrechtenschnittpunkt des zum Dreieck A0 A1 A2 ähnlichen, aber längenmäßig doppelt so großen Dreieckes D0 D1 D2 . D1 2 D0 H 0 1 D2 Höhenschnittpunkt als Mittelsenkrechtenschnittpunkt Hans Walser: Modul 402, Schnittpunkte im Dreieck Anhang Dreieck mit Umkreis - Dreieck einzeichnen (Ecken auf Umkreis) - Kreis ausschneiden - Außensegemente an Dreiecksseiten hineinfalten - ??? 22