ELISABETH Der unterhaltsamste Totentanz der
Transcription
ELISABETH Der unterhaltsamste Totentanz der
Medium Augustin Auflage 30.000 Ausgabe 355/2013 (14-tägig) Seite 36 . 36 AomriH dichter innenteil AusderKulturPASSage ELISABETH... Der unterhaltsamste Totentanz der Musicalgeschichte Kritik aus dem "Kurier" kann ich mich nur anschließen. Tatsächlich wird absolut authentisch aufgezeigt, dass der Mythos der lieben, schönen und glücklichen Sisi schon zu ihren Lebzeiten künstlich erzeugt wurde. Selbst in ihren schwersten Stunden, nach dem Tod ihrer Tochter Sophie oder später nach dem Tod ihres Sohnes Rudolf wurden Fotobände der trauerndenElisabeth verkauft. Kitsch, wie es Luigi Lucheni formuliert der spätere Mörder von Elisabeth führt durch die Geschichte, brilliant dargestelltvon Riccardo Greco. Die Geschichte beginnt mit der Ermordung Elisabeths und wird im Anschluss in Rückblickenvon ihrem Mörder erzählt. Damit zeigt sich von Beginn an, dass Elisabeth ihr Leben lang vom Tod verfolgt wurde. Sehr oft hat sie sich gewünscht, zu sterben, befreit zu werden von all der vom Kaiserhof vorgeschriebenen Etikette. So erzählt Lucheni die Geschichte von Elisabeth aus der Sicht des Volkes und nicht die bekannten, teilweise huldvollen Begebenheiten,welche von der herrschenden Klasse niedergeschrieben wurden. Er beginnt seine Erzählungauch mit den Worten: "Es gibt unzählige Bücher über Elisabeth, aber in keiner dieser Aufzeichnungenkann man lesen, wie sie wirklich war, was wirklich in ihrem Inneren vorgegangen ist." Diese innere Zerissenheit wird von Annemieke Van Dam sehr glaubwürdiggespielt, sie glänzt mit absoluter Natürlichkeit und angenehmer Stimme. Meist barfuß stellt sie eine unbeschwerte Elisabeth dar, die Schritt für Schritt zur unglücklichenFrau wird, immer nur Regeln befolgen müssenentspricht so gar nicht ihrem Freiheitsdrang. Ihr ständiges Sehnen und Kämpfen findet schließlich Erfüllungin der leidenschaftlichen Umarmung mit dem Tod (Mark Seibert als Tod braucht keinen Vergleich mit Uwe Kroger zu scheuen). e Dieser - * *- TONIS BILDERLEBEN ' r \ O o /* t~^M V Unmittelbarnachdem sie gestorben ist, legt Elisabeth Schuhe und Mieder ab, endlich darf sie "leben", endlich muss sie sich nicht mehr verstellen. Übrigens: Das Duett "Der letzte Tanz" mit Annemieke Van Dam und Mark Seibert ist ein Highlight dieser Aufführung. Faszinierend war das Bühnenbild in jeder Szene, besonders beeindruckend für mich: Verstorbene auf einem Friedhof, welche langsamvom Bühnenkeller aufgefahrensind und mit dem Tod gesungen haben. Es entstand der Eindruck, dass sie aus einer Gruft herauskommen. Wie alle anderen Szenen, wo sehr viele Personenauf der Bühne waren, waren diese schwierigen Auftritte bestens organisiert, in atemberaubenden Arrangements. Im ersten Drittel hatte ich kurzfristigdie Sorge, dass es sich bei dieser Aufführungum eine kitschige, kommerzielle Neuauflage der Urversion handelt. Zu übertrieben empfand ich die Idylle in Bayern und in Schönbrunn, auch die Darstellung des Franz Joseph konnte mich nicht gleich überzeugen. Erst mit Fortdauer des Stückes war mir klar, dass eben genau dadurch dieser Mythos Elisabeth entstanden ist. Durch dieses Unbehagenin mir als Zuschauer konnte ich Elisabeth ein wenig besser verstehen, konnte nachvollziehen, dass diese Art zu leben, leben zu müssen, nicht den Vorstellungen eines Menschen entsprechen kann, der die Freiheit liebt. Auch die Darstellung des Kaisers (Franziskus Hartenstein) dürfte der Wirklichkeit stark entsprochen haben. Anfänglich sehr jung in die Herrscherrolle gedrängt, völlig verunsichert und immer gelenkt von seiner Mutter Sophie. Dieses komplexbehaftete Auftreten war sehr gut gespielt, Selbstsicherheit konnte er nur auf der Jagd ausleben. Kurz vor dem Tod seiner Frau Elisabeth hat Franz Josef einen letzten Versuch unternommen, durch ein Gespräch in der Schweiz seine Ehe doch noch zu retten. In einem äußerst gelungenen Duett versucht er, Elisabeth, die er scheinbar liebt, nach Hause zurückzuholen. Er scheitert mit diesem Versuch, weil Elisabeth schon lange ihr eigenes Leben lebt, immer auf der Suche nach Glück. Dieses Glück konnte die berühmte Kaiserin Elisabeth, die man auch Sisi genannt hat, erst in ihrem Tod finden. Rudi Lehner H 0 Elisabeth Musical Raimund Theater Wallgasse18-20,1060 Wien www.vbw.at Die Aktion "Hunger auf Kunst & Kultur" ermöglichtMenschen, die finanziell weniger gut gestellt sind, mittels Kulturv% i '7&r ^ t \ v _\ 0 Arttft pass Ausstellungen, Museen, Konzerte, Kinofilme und Kulturveranstaltungen verschiedenster Art bei freiem Eintritt zu besuchen. www.hungeraufkunstundkuitur.at 1/1