Profifußball in Deutschland: Eine Analyse von Strukturen und

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Profifußball in Deutschland: Eine Analyse von Strukturen und
Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Sozialwissenschaft
Profifußball in Deutschland:
Eine Analyse von
Strukturen und Vermarktungsprozessen aus
sportökonomischer Perspektive
Diplomarbeit
Vorgelegt von:
André Schubert
Lange Straße 53
44137 Dortmund
Andre.Schubert75@web.de
Betreut durch: Prof. Dr. Rolf G. Heinze
Bochum, Februar 2003
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG .................................................................................................2
1.1 Der Aufbau der Arbeit..............................................................................................3
1.1.1 Der theoretische Teil ............................................................................................3
1.1.2 Der praktische Teil...............................................................................................4
2. EINFÜHRUNG IN DIE STRUKTUR DES PROFIFUßBALLS.........................7
2.1 Das ökonomische Modell des professionellen Sports.............................................8
2.1.1 Der Input Bereich...............................................................................................11
2.1.2 Vorkombinationsprozesse ..................................................................................14
2.1.2.1 Das Sportunternehmen ................................................................................15
2.1.2.2 Der Transfermarkt für Spieler.....................................................................20
2.1.2.3 Der Sportveranstalter ..................................................................................29
2.1.2.3.1 Die internationalen Verbände: FIFA und UEFA .................................30
2.1.2.3.2 Der Deutsche Fußball Bund e.V. .........................................................31
2.1.2.3.3 Der Liga-Fußballverband e.V./ die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH
.............................................................................................................................32
2.1.3 Der Endkombinationsprozess ............................................................................37
2.1.3.1 Koproduktion auf den Sportveranstaltungen: Der sportliche Wettkampf...38
2.1.3.1.1 Franchise- versus Relegationsligen......................................................40
2.1.3.1.2 Die nationalen Wettbewerbe: Bundesliga und DFB-Pokal..................41
2.1.3.1.3 Die europäischen Wettbewerbe: Champions League und UEFA-Cup 43
2.1.4 Der Output und seine Vermarktung: Professioneller Fußball............................46
2.1.4.1 Der Guts-Charakter des Outputs „professioneller Fußball“........................48
2.1.4.2. Die zentrale Rolle des Zuschauers .............................................................50
2.1.4.2.1 Fußball: Die Nummer eins in der Zuschauergunst in Deutschland .....51
2.1.5 Zusammenfassung der Ergebnisse .....................................................................52
3. DIE UMSÄTZE IM PROFIFUßBALL ...........................................................56
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4. DER MARKT FÜR EINTRITTSRECHTE ....................................................61
4.1 Die Determinanten für den Stadionbesuch...........................................................62
4.2 Die Entwicklung der Zuschauerzahlen und Einnahmen.....................................64
4.2.1 Die ungleiche Verteilung der Zuschauerzahlen .................................................68
4.3 Der Bau oder Kauf von Stadien.............................................................................70
4.3.1 Logen und Business Seats statt Stehplätzen: Eine neue Klientel im Stadion? ..74
5. DER MARKT FÜR FERNSEHRECHTE .......................................................78
5.1 Die Entwicklung der Preise für die Fernsehrechte der Bundesliga ...................80
5.1.1 Die Verteilung der Fernsehgelder ......................................................................82
5.2 Zentrale versus dezentrale Vermarktung.............................................................85
5.3 Die Champions League-Gelder und ihre Verteilung ...........................................90
5.4 Einnahmen aus dem UEFA-Cup ...........................................................................94
5.5 Nur noch Fußball im TV: Die Gefahr der Übersättigung...................................94
5.5.1 Die Probleme der Fernsehsender bei der Refinanzierung der Übertragungsrechte
.....................................................................................................................................97
5.5.2 Die Kirch-Pleite und ihre Auswirkungen auf den deutschen Profifußball ........98
6. DER MARKT FÜR SPORTSPONSORING/ WERBERECHTE ...................104
6.1 Definition und Dimensionen des Sportsponsoring.............................................105
6.1.1 Zielsetzung des Sportsponsoring .....................................................................108
6.2 Direkte versus indirekte Vermarktung...............................................................111
6.2.1 Vermarktungsagenturen ...................................................................................111
6.3 Trikotsponsoring ...................................................................................................115
6.3.1 Die Entwicklung und Wirkung des Trikotsponsorings....................................118
6.4 Stadion- und Bandenwerbung .............................................................................121
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6.5 Sonstige Sponsoring-/ Werbemöglichkeiten .......................................................124
7. DER MARKT FÜR MERCHANDISING/ LIZENZEN .................................128
7.1 Definition und Dimensionen des Merchandising/ der Lizenzvergabe..............129
7.2 Die Zukunft des Merchandising/ Licensing........................................................133
8. DER KAPITALMARKT..............................................................................137
8.1 Die Gründe für den Börsengang..........................................................................139
8.2 Rechtliche, strukturelle und wirtschaftliche Grundlagen des Börsengangs ...141
8.2.1 Vergleich der unterschiedlichen Rechtsformen ...............................................144
8.3 Börsenerfahrungen ausländischer Klubs............................................................147
8.4 Der erste deutsche Klub an der Börse: Die Borussia Dortmund GmbH & Co.
KGaA............................................................................................................................150
8.4.1 Der Kursverlauf der Aktie................................................................................154
8.4.1.1 Ursachen für die schlechte Performance der Aktie...................................155
8.5 Fußballaktien: Nur etwas für Fans? ...................................................................157
8.6 Weitere Formen der Kapitalbeschaffung ...........................................................158
9. FAZIT UND AUSBLICK .............................................................................161
10. LITERATURVERZEICHNIS ....................................................................165
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1: Ökonomisches Modell des professionellen Sports.................................9
Abbildung 2.2: Verbandsstruktur im Fußball ...............................................................30
Abbildung 2.3: Umfrage: Die beliebtesten TV-Sportarten 2002...................................51
Abbildung 3.1: Die Gesamtumsätze in der 1. Bundesliga zwischen 1989 und 2003 in
Mio. Euro ................................................................................................................56
Abbildung 4.1: Zuschauerzahlen der 1. Bundesliga von 1963 bis 2002 in Millionen ..65
Abbildung 4.2: Die durchschnittlichen Zuschauerzahlen pro Spiel der 1. Bundesliga
von 1963 bis 2002 ...................................................................................................66
Abbildung 4.3: Die durchschnittlichen Zuschauerzahlen pro Spiel der 2. Bundesliga
von 1974 bis 2002 ...................................................................................................66
Abbildung 4.4: Die Zuschauereinnahmen der 1. Bundesliga von 1963 bis 2002 in Mio.
DM ..........................................................................................................................67
Abbildung 5.1: Die Entwicklung und Verteilung der Champions League-Fernsehgelder
zwischen 1995 und 2003 in Mio. Euro ...................................................................93
Abbildung 5.2: Sendevolumen des Fußballs im deutschen Fernsehen zwischen 1984
und 2000 in Stunden ...............................................................................................95
Abbildung 5.3: Kosten für die Bundesliga-Senderechte nach altem und neuen Vertrag
zwischen 2001 und 2004 in Mio. Euro .................................................................101
Abbildung 5.4: Entwicklung der durchschnittlichen Gehaltskosten pro Verein in der 1.
Bundesliga zwischen 1989 und 2001 in Mio. Euro ..............................................101
Abbildung 6.1: Die Gesamtsponsoreneinnahmen der Vereine aus der 1. Bundesliga
zwischen 1995 und 2001 in Mio. Euro .................................................................107
Abbildung 6.2: Entwicklung der Einnahmen durch Trikotsponsoring in der 1.
Bundesliga zwischen 1973 und 2003 in Mio. Euro ..............................................119
Abbildung 6.3: Umfrage: Top fünf der bekanntesten Trikotsponsoren der 1. Bundesliga
im Februar 2002 ....................................................................................................120
Abbildung 7.1: Einnahmen der Vereine der 1. und 2. Bundesliga aus dem
Merchandising/ Licensing in Mio. Euro ...............................................................132
Abbildung 7.2: Ausgaben für Fußballfanartikel in Deutschland von Personen über 14
Jahre in den zurückliegenden zwölf Monaten in Prozent .....................................134
Abbildung 8.1: Die Konzernstruktur von Borussia Dortmund....................................151
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Inhaltsverzeichnis
Abbildung 8.2: Der Kursverlauf der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA von
Oktober 2000 bis Dezember 2002 in Euro............................................................154
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Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle
2.1:
Idealtypischer
Vergleich
der
Organisationsformen
Verein
und
Handelsgesellschaft/ Kapitalgesellschaft ................................................................19
Tabelle 2.2: Entwicklung der durchschnittlichen Ausgaben für Spielergehälter in der 1.
Bundesliga zwischen 1995 und 2000......................................................................24
Tabelle 2.3: Anzahl der in der 1. Bundesliga durchgeführten transferpflichtigen
Wechsel sowie die durchschnittlich gezahlte Ablösesumme zwischen 1994 und
2000.........................................................................................................................27
Tabelle 2.4: Mögliche Szenarien bei der Lizenzvergabe ...............................................35
Tabelle 2.5: Die Zuschauerebenen-Matrix.....................................................................50
Tabelle 2.6: Zuschauerzahlen ausgewählter Fernsehübertragungen im Jahre 2002 ......52
Tabelle 3.1: Die Etats der Vereine in der 1. Bundesliga für die Saison 2002/03 in Mio.
Euro .........................................................................................................................57
Tabelle 3.2: Die Etats der Vereine in der 2. Bundesliga für die Saison 2002/03 in Mio.
Euro .........................................................................................................................58
Tabelle 4.1: Die Zuschauerzahlen in der 1. Bundesliga für die Saison 2001/02 ...........69
Tabelle 4.2: Ausgewählte Stadionprojekte und ihre Finanzierung ................................71
Tabelle 5.1: Übertragungskosten für die Fußball-Bundesliga zwischen 1965 und 2004
.................................................................................................................................80
Tabelle 5.2: Umsätze und der Anteil der TV-Gelder in der 1. Bundesliga für die Saison
2000/01....................................................................................................................84
Tabelle 5.3: Einnahmen deutscher Vereine aus der Teilnahme an der Champions
League 2001/02 in Mio. CHF .................................................................................92
Tabelle 5.4: Die Fußball-Bundesliga im deutschen Fernsehen 2002.............................96
Tabelle 6.1: Sponsoringvolumen und prozentuale Aufteilung der Ausgaben zwischen
1986 und 2002 in Deutschland in Mrd. DM .........................................................107
Tabelle 6.2: Sponsoreneinnahmen einzelner Vereine aus der 1. Bundesliga zwischen
1998 und 2002 in Mio. Euro .................................................................................108
Tabelle 6.3: Vermarktungsstrukturen bei den Vereinen aus der 1. Bundesliga in der
Saison 2002/03 ......................................................................................................113
Tabelle 6.4: Vermarktungsstrukturen bei den Vereinen aus der 2. Bundesliga in der
Saison 2002/03 ......................................................................................................114
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Inhaltsverzeichnis
Tabelle 6.5: Trikotsponsoren in der 1. Bundesliga in der Saison 2002/03 ..................116
Tabelle 6.6: Trikotsponsoren in der 2. Bundesliga in der Saison 2002/03 ..................117
Tabelle 6.7: Preise für vergleichbare Banden in ausgewählten Stadien der 1. Bundesliga
in der Saison 2002/03 in Euro...............................................................................122
Tabelle 6.8: Sponsorendichte in der 1. Bundesliga für die Saison 2001/02.................123
Tabelle 6.9: Ausrüster in der 1. Bundesliga in der Saison 2002/03 .............................125
Tabelle 7.1: Entwicklungsphasen der Fanartikelvermarktung im deutschen Sport .....131
Tabelle 8.1: Wesentliche Merkmale der die für die Umwandlung von Fußballvereinen
in Kapitalgesellschaften in Betracht kommenden Gesellschaftsformen im
Überblick...............................................................................................................144
Tabelle 8.2: Branchenspezifische Ziele und Vorbedingungen der zur Umwandlung von
Fußballvereinen in Kapitalgesellschaften in Frage kommenden Rechtsformen im
Vergleich ...............................................................................................................145
Tabelle 8.3: Performance ausgewählter börsennotierter Fußballvereine im Vergleich148
Seite vii
„Das Leben schlägt den Fußball, wenn es um Trauer geht; selbst für uns ist eine Niederlage nicht so schlimm wie ein Todesfall. Aber Fußball schlägt das Leben, wenn es
um Glück geht.“
Nick Hornby, Autor und Fußballfanatiker
(zitiert aus SCHULZE-MARMELING/ STEFFEN 1998: 8)
Einleitung
Seite 1
Einleitung
1. Einleitung
Wie kein anderer Sport vermag es der Fußball, Menschen in seinen Bann zu ziehen. Das
jüngste Beispiel ist die Fußballweltmeisterschaft 2002 in Korea und Japan, bei der die
Zuschauerzahlen hierzulande vor dem Fernseher oder auf den zahlreich aufgebauten
Großbildleinwänden bei Spielen der deutschen Mannschaft von Runde zu Runde –trotz
sportlich eher bescheidener Leistungen- immer größer wurde. Darunter befanden sich
auch viele Personen, die sich sonst nicht für diesen Sport interessieren. Fußball avancierte zu dem beherrschenden Thema in den Medien, das alle sonstigen Themen aus
Politik und Gesellschaft in den Hintergrund drängte. Am Tag des Endspiels –
passenderweise ein Sonntag- herrschte eine erwartungsfrohe Festtagsstimmung, wie sie
höchstens noch das Weihnachtsfest zu verbreiten im Stande ist: Auf vielen öffentlichen
Plätzen in Städten und Dörfern sowie in Gaststätten, Biergärten oder einfach zu Hause
versammelten sich riesige Menschenmassen, um das Endspiel mit Beteiligung ihrer
Nationalmannschaft zu sehen.
Fußball bewegt aber längst nicht mehr nur die Emotionen von Millionen von Menschen,
im Fußball selbst werden mittlerweile auch Millionenbeträge bewegt. In der Saison
1997/98 konnten die Vereine aus der 1. Bundesliga zusammen erstmals über eine Milliarde DM Umsatz verzeichnen, ein Ergebnis welches in den darauffolgenden Jahren kontinuierlich gesteigert wurde.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der Vermarktungsprozesse im
deutschen Profifußball.1 Der Profifußball unterscheidet sich in der Beziehung grundlegend vom Amateurfußball, als dass er den beteiligten Spielern, Trainern und Betreuern
die Ausübung des Sports als Beruf ermöglicht, mit dem sie ihren Lebensunterhalt
bestreiten können. Er ist extrem leistungsbezogen und lebt praktisch vom Wettbewerb.
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Begriffe „Profifußball“ und „professioneller
Fußball“ synonym verwendet.
1
Die Ausführungen, die den Zeitraum vor der deutschen Einheit betreffen, beziehen sich ausschließlich
auf das Gebiet der alten Bundesrepublik. Zwar gab es in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)
auch professionell betriebenen Fußball, der allerdings sehr stark staatlicher Regulierung und bisweilen
auch Beeinflussung unterlag (siehe dazu FRIEDEMANN 1996 und VON SPITZER 2000). Im Rahmen
der Wiedervereinigung wurden die Strukturen der alten Bundesrepublik –ähnlich wie beim politischen
und wirtschaftlichen System- auch auf den Fußball im Osten übertragen. Mit dem radikalen Systemwechsel von der Plan- hin zur Marktwirtschaft waren die meisten ostdeutschen Klubs völlig überfordert: Die
einstige Elite aus der Oberliga, der höchsten Spielklasse in der DDR, dümpelt heute in der Dritt- und
Viertklassigkeit herum (Dynamo Dresden, 1. FC Magdeburg, VfB Leipzig und viele andere). Zur Zeit
spielen mit Hansa Rostock und Energie Cottbus nur zwei ostdeutsche Klubs in der 1. Bundesliga.
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Einleitung
Der gängigen Auffassung folgend, wird der Spielbetrieb der 1. und. 2. Bundesliga als
Profifußball angesehen, der somit den Untersuchungsgegenstand darstellt, wobei der
Schwerpunkt auf der 1. Bundesliga liegt.
Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Übergang zwischen Profi- und Amateurfußball recht fließend verläuft: Auch in der Regionalliga, der dritten Liga, wird teilweise schon unter Profi-Bedingungen gearbeitet. Allerdings werden die dafür notwendigen Gelder in der Regel nicht durch Vermarktung erwirtschaftet, sondern sie stammen
von Sponsoren oder aus Krediten. Die Motivation der Klubs für dieses riskante Verhalten liegt in der Hoffnung, dadurch den Sprung in den finanziell lukrativen Profifußball
zu schaffen.
Die Arbeit verfolgt das Ziel, neben einer Einführung in sportökonomische Überlegungen und in die Strukturen des Profifußballs, auch die im Hintergrund ablaufenden Vermarktungsprozesse und Zusammenhänge darzustellen.
1.1 Der Aufbau der Arbeit
Die Arbeit gliedert sich dabei –auch wenn nicht so gekennzeichnet- faktisch in einen
theoretischen und einen praktischen Teil.
1.1.1 Der theoretische Teil
Kapitel zwei verfolgt dabei das Ziel, den Leser/ die Leserin2 in die gegenwärtige Struktur des Profifußballs einzuführen.
Als theoretische Grundlage dient das abstrakte Modell des professionellen Sports von
BENNER (1992), das auf den „Praxisfall“ des Profifußballs in Deutschland angewendet
wird: Der professionelle Fußball ist als ein auf Kooperation von mindestens zwei Sportvereinen beruhendes Produkt zu charakterisieren. Zur Erstellung dieses Produkts benötigen die beteiligten Sportvereine bestimmte Faktoren, wie zum Beispiel Spieler und
Trainingstätten, um ihre sportliche Leistungsfähigkeit aufzubauen, die wiederum im
Rahmen von Sportwettkämpfen –den Spielen- abgerufen wird.
Neben einer ausführlichen Beschreibung des Modells werden auch die Organisationen,
die Veranstaltungsformen sowie die institutionellen Regelungen im professionellen
Fußball aufgezeigt und einer näheren Analyse unterzogen. Darüber hinaus erfolgt im
2
Im Verlauf der Arbeit wird zugunsten der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet.
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Einleitung
Rahmen der Modellbeschreibung eine Einführung in die Forschungserkenntnisse der
noch recht jungen Disziplin der Sportökonomik.
Die in Kapitel zwei herausgearbeiteten Erkenntnisse dienen als Basis für die anschließende Analyse der aus der Vermarktung des Produkts „professioneller Fußball“ resultierenden Märkte.
Das Kapitel endet mit einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse.
1.1.2 Der praktische Teil
Das Produkt „professioneller Fußball“ dient als Ausgangspunkt für verschiedene Leistungen wie Fernsehübertragungen oder Eintrittsrechte. Diese werden auf verschiedenen
Märkten verkauft.
Neben der Motivation der unterschiedlichen Marktteilnehmer werden auch die Zahlungsströme offengelegt sowie die Entwicklung der Märkte dargestellt.
Kapitel drei gibt einen kurzen Gesamtüberblick über die finanziellen Dimensionen, in
welche der Profifußball in Deutschland mittlerweile vorgestoßen ist.
Kapitel vier behandelt den Markt für Eintrittsrechte. Neben der Entwicklung der Zuschauerzahlen und der daraus resultierenden Einnahmen wird unter anderem auch die
Thematik des Stadionbaus behandelt, sowie Chancen aber auch Risiken solcher Vorhaben thematisiert.
Das Kapitel fünf beschäftigt sich mit der Vermarktung von Fußball im Fernsehen. Ausgehend von der Darstellung der Vermarktungssituation der nationalen und internationalen Fußballwettbewerbe wird das Verfahren der bisher häufig praktizierten, aber kartellrechtlich umstrittenen Zentralvermarktung diskutiert. Das Ende des Kapitels widmet
sich der Kirch-Krise sowie den möglichen Auswirkungen auf die Bundesliga.
In Kapitel sechs geht es um den Bereich Sportsponsoring und Werberechte. Vor allem
die Trikot- und Bandenwerbung wird hier einer genaueren Analyse unterzogen.
Die Entwicklung des Geschäfts mit Fußball-Fanartikeln und Lizenzen ist das Thema
von Kapitel sieben.
Kapitel acht widmet sich der Beschaffung von finanziellen Mitteln über den Kapitalmarkt. Schwerpunktmäßig geht es um den Börsengang von Fußballvereinen und die
dafür nötigen Vorraussetzungen. Neben den Chancen werden auch die Risiken dieses
Vorhabens aufgezeigt. Zum Abschluss des Kapitels erfolgt eine etwas ausführlichere
Darstellung der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA, Deutschlands erster
börsennotierter Fußballkapitalgesellschaft.
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Einleitung
Der Stand der Ausführungen ist „gezwungenermaßen“ recht aktuell, da der Profifußball
sehr stark von tagespolitischen Entwicklungen beeinflusst wird: Wesentliche Ereignisse
und Änderungen bis einschließlich 31. Dezember 2002 werden daher berücksichtigt.
Zum 1. Januar 2002 erfolgte die Währungsumstellung. DM-Beträge aus älteren Quellen
werden nur dann umgerechnet, wenn sie direkt mit aktuellen, in Euro bezifferten Beträgen, verglichen werden. Andernfalls unterbleibt diese Umrechnung, um die Authentizität der Daten zu bewahren. Aus dem gleichen Grund wird ebenso auf eine Umrechnung
der für die Teilnahme an Europapokalwettbewerben in Schweizer Franken (CHF) ausgezahlten Beträge verzichtet.
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„Aber man darf aus dem Fußball keine Wissenschaft machen. Man kann höchstens die
einzelnen Phänomene beleuchten und kann versuchen dahinter zu schauen.“
Günter Netzer, Fußballlegende und Fernsehkommentator
(zitiert aus SCHULZE-MARMELING 2000: 8)
„Die Wahrheit liegt auf dem Platz.“
Fußballweisheit von Meistertrainer Otto Rehagel
Einführung in die Struktur des
Profifußballs
Seite 6
Einführung in die Struktur des Profifußballs
2. Einführung in die Struktur des Profifußballs
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand von ökonomischen Ansätzen Aussagen und
Erklärungen über die Entwicklung der Vermarktung von Profifußball in Deutschland zu
machen.
Im Unterschied zu den angelsächsischen Ländern (insbesondere den USA) steckt die
Sportökonomie, verstanden als eine Hinwendung der Wirtschaftswissenschaften zum
Leistungssport, in Deutschland eher noch in den Anfängen.1 Diese Tatsache mag verwundern, wenn man die sozialen und ökonomischen Dimensionen des Sports betrachtet:
So gab es in Deutschland 1999 rund 100.000 Sportvereine und Sportverbände mit circa
26 Millionen Mitgliedern; die Ausgaben der privaten Haushalte für sportbezogene Produkte und Dienstleistungen werden für das gleiche Jahr auf 52 Milliarden DM geschätzt
(TROSIEN 1999a: 11, 21). Die Zahl der Beschäftigten im Sportsektor und dem nahen
Umfeld wird für 1990 (Ost und West) auf knapp 670.000 beziffert (TROSIEN 1999b:
306).2
Die Rückständigkeit der Sportökonomik in Deutschland hat mehrere Gründe:
(1) HEINEMANN macht eine „ausgeprägte Ökonomieferne“ der Sportwissenschaften dafür verantwortlich (1995: 17): So hätten die meisten Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge den Lehrerberuf angestrebt. Zum einen waren
für diese Tätigkeit tiefere wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse nicht erforderlich, zum anderen befürchteten die Sportwissenschaftler dadurch einen Verrat
an klassischen Sportleridealen („homo ludens“ statt „homo oeconomicus“).
(2) Auch von Seiten der Wirtschaftswissenschaften gab es Berührungsängste. Sport
–insbesondere Massensportarten wie Fußball- hatte lange Zeit ein proletarisch
geprägtes Image und schien daher einer wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchung nicht würdig (ERNING 2000: 20).
(3) Im Gegensatz zu England und den USA, wo der Profisport von gewinnorientierten Kapitalgesellschaften organisiert wird, bestimmen in Deutschland bis in die
Gegenwart die der Gemeinnützigkeit verpflichteten, eingetragenen Vereine
1
So fehlt der Sportökonomik in Deutschland nicht nur die Eigenständigkeit, sondern auch eine durchgehende Systematik. Ein erstes, umfassendes Werk legte HEINEMANN mit seiner „Einführung in die Ökonomie des Sports“ 1995 vor. Zur Systematik und Besonderheiten der Sportökonomie siehe HEINEMANN 2001.
2
Diese Zahlen sind teilweise geschätzt. Zu weiteren Daten aus dem Sportsektor sowie die Probleme und
Konzepte bei deren Erfassung siehe TROSIEN 1999c und MEYER/ AHLERT 2000.
Seite 7
Einführung in die Struktur des Profifußballs
(e.V.’s) das Geschehen, die offiziell keine Gewinne erwirtschaften dürfen.3
Auch von dieser Tatsache aus betrachtet ist das bisherige Desinteresse der deutschen Wirtschaftswissenschaftler an diesen „Non-profit Organisationen“ durchaus nachvollziehbar (LEHMANN/ WEIGAND 1997: 381ff.).
Besonders durch die rasante Entwicklung im Bereich des Fußballs, der durch Kommerzialisierung in beachtliche finanzielle Dimensionen vorgestoßen ist, kam es zu einem
Umdenken bei den Ökonomen. So gibt es seit Mitte der neunziger Jahre eine zunehmend größere Anzahl von wirtschaftswissenschaftlichen Publikationen, die den Fußball
und seine Vermarktung zum Thema haben.4 Gerade diese Fokussierung auf den Bereich
Fußball erweckt den Eindruck einer „eigenständigen Fußballökonomik“ (ERNING
2000: 21).
Auf die sicherlich vorhandenen Besonderheiten des Sportsektors, die eine eigenständige
Sportökonomie rechtfertigen, bereits an dieser Stelle ausführlich einzugehen, wäre unvorteilhaft. Statt dessen werden sportökonomische Theorien und Denkansätze im weiteren Verlauf der Arbeit je nach Bedarf aufgegriffen und verwendet.
2.1 Das ökonomische Modell des professionellen Sports
Als theoretische Grundlage für die Vermarktung des Profifußballs dient das ökonomische Modell des professionellen Sports von BENNER, welches jedoch einer geringfügigen Überarbeitung unterzogen wurde (1992: 30).5 Das Modell stellt die auf Güterbasis
beruhenden Austauschbeziehungen der am Profifußball beteiligten Akteure/ Wirtschaftseinheiten dar (siehe Abbildung 2.1). Im Mittelpunkt steht dabei die Verwertung
des Outputs „professioneller Fußball“, dessen spezieller Charakter noch bestimmt werden muss.6 Dieser Output wird –ähnlich wie in anderen Bereichen der Wirtschaft –
durch diverse Input-/ Produktionsfaktoren und deren Kombination erstellt.
3
Eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Rechtsformen und den damit verbunden Organisationszielen von Vereinen erfolgt unter Punkt 2.1.2.1 und in Kapitel acht.
4
Der interessierte Leser sei hier auf das Literaturverzeichnis dieser Arbeit verwiesen.
5
So wurde es den speziellen Gegebenheiten des Fußballsports angepasst, Kapital- und Transfermarkt
hinzugefügt: Die Ergänzung des Bereichs Merchandising/ Lizenzrechte und seine Einbindung in das
Modell geht auf BRANDMAIER/SCHIMANY (1998: 37) zurück.
6
Eigentlich muss beim Output unterschieden werden zwischen dem einzelnen Spiel und der Summe aller
Spiele, die in ihrer Gesamtheit das Produkt „professioneller Fußball“ darstellen.
Seite 8
Seite 9
Realgüterströme
ƒ Einbringung materieller
und immaterieller Güter
ƒ Beteiligung des
Leistungsnehmers
II. Externe
ƒ Veranstaltungsrechte
ƒ Kapitalnutzung
ƒ Fremdbezogene
Dienstleistungen
ƒ Sportler
ƒ Betriebsmittel
ƒ Menschliche Arbeitskraft
I.Interne
Produktionsfaktoren
SU
Sendezeit
SV = Sportveranstalter
Sponsoren
Lizenznehmer
(4) Lizenzen
Zuschauer
Sportübertragung
Medien
Outputvermarktung
(1)Eintrittsrechte
(3) Nutzungsrechte
¾ Professioneller
Fußball
¾ Das Spiel
(2) Übertragungsrechte
Output
SU = Sportunternehmen
(Vereine)
Endkombinationsprozess
SU
Kooperation auf
Sportveranstaltungen
Nomialgüterströme
(Entgeltströme)
Vorkombinationsprozesse
SU
SU
SV
SU
(5) Spieler
SU
(6) Anteile
Kapitalmarkt
Produktionsfaktorkombinationsprozesse
Fanartikel
Quelle: In Anlehnung an BENNER (1992: 30)
via Sport
verkaufte Artikel
Input
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Abbildung 2.1: Ökonomisches Modell des professionellen Sports
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Aus der Nachfrage nach dem Output „professioneller Fußball“ resultieren vier Märkte:7
(1) Der Markt für Eintrittsrechte
(2) Der Markt für Fernsehrechte
(3) Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
(4) Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
Diese Märkte, ihre Strukturen und Entwicklungen gilt es in den nächsten Kapiteln näher
zu untersuchen.
Der ebenfalls im Modell verortete Kapitalmarkt (6), auf dem Vereine –unter bestimmten
rechtlichen Vorraussetzungen- ihre Anteile veräußern können, sowie der Transfermarkt
für Spieler (5), nehmen eine Sonderrolle ein. Aufgrund institutioneller Besonderheiten
hängen sie nur indirekt mit der Vermarktung des Outputs „professioneller Fußball“ zusammen, was in den entsprechenden Kapiteln noch zu erläutern sein wird.
Wie alle Modelle, die versuchen, komplexe Sachverhalte darzustellen, basiert auch das
Modell des professionellen Sports auf Vereinfachungen. So bildet das Modell nur die
direkten, unmittelbaren Austauschbeziehungen ab. Das wirtschaftliche Verhältnis von
Zuschauern, Medien, Sponsoren und Lizenznehmern untereinander wird dabei zwangsläufig vernachlässigt. Des weiteren bleiben auch die sogenannten „externen Effekte“,
die bei der Produktion des Outputs „professioneller Fußball“ entstehen, unberücksichtigt.8 So profitieren ganze Wirtschaftszweige vom professionellen Fußball, ohne etwas
dafür bezahlen zu müssen. An dieser Stelle sind unter anderem die Sportartikelhersteller
und –händler, das Wettwesen, der Bereich Printmedien und die Tourismusbranche zu
nennen. Dies sind nur die wichtigsten Bereiche, die Auflistung ließe sich nahezu beliebig verlängern.9 Daraus wird deutlich, dass die volkswirtschaftlichen Auswirkungen des
Profifußballs in ihrer Gesamtheit bisher kaum abschätzbar sind.
7
Ein Markt wird idealtypischerweise als ein Ort betrachtet, „an dem Angebot und Nachfrage nach Gütern
und Leistungen aufeinandertreffen“ (MÜHLBRADT 1996: 240).
8
„Externe Effekte liegen vor, wenn die ökonomische Lage eines Wirtschaftssubjektes durch Aktionen
eines anderen Wirtschaftssubjektes positiv oder negativ beeinflusst wird, ohne dass Gegenleistungen
(Bezahlungen, Entschädigungen) erfolgen“ (NOWOTNY 1999: 43). Zu externen Effekten im Sport siehe
auch HEINEMANN (1995: 238ff.).
9
Man denke zum Beispiel auch an immaterielle Werte, wie den Imagegewinn für Städte und Regionen,
die erfolgreiche oder populäre Vereine beheimaten: So erlangte die westfälische Kleinstadt Ahlen durch
den Aufstieg des lokalen Fußballklubs LR Ahlen in die zweite Bundesliga bundesweit Beachtung. Im
Ruhrgebiet sind Schalke 04 und Borussia Dortmund sehr bedeutende Imageträger für ihre Heimatstädte.
Seite 10
Einführung in die Struktur des Profifußballs
2.1.1 Der Input Bereich
Professioneller Fußball entsteht nicht aus dem Nichts; für die Erstellung dieses Produkts
ist ein Input -nämlich diverse Faktoren- erforderlich, die es anschließend möglichst erfolgreich zu kombinieren gilt. In diesem Kapitel geht es nun darum, diese Produktionsfaktoren (ein zugegebenermaßen gerade für den Bereich des Fußballs sehr abstrakt klingender Begriff!) zu benennen und näher zu untersuchen. Im ökonomischen Modell des
professionellen Sports wird zwischen internen und externen Produktionsfaktoren unterschieden (BENNER 1992: 36). Die internen Produktionsfaktoren zeichnen sich dadurch
aus, dass sie zwar von außen über Beschaffungsmärkte besorgt werden, das Unternehmen –in diesem Fall ein Fußballverein- aber bezüglich ihrer Verwendung frei darüber
verfügen kann. Zu den internen Produktionsfaktoren zählen:
(1) Menschliche Arbeitskraft: Hierunter fallen zum einen dispositive Tätigkeiten,
zum anderen der Bereich Management/ Unternehmensführung. Zu den dispositiven Tätigkeiten zählen der Trainer und die Betreuer, wobei gerade erstgenannter einen nicht zu gering zu bewertenden Anteil am sportlichen Erfolg/ Misserfolg einer Mannschaft hat: Der Trainer stellt vor der Saison ein Team zusammen, das bedeutet, er entscheidet, welche neuen Spieler der Verein verpflichten
und von welchen bereits vorhandenen er sich trennen soll. Des weiteren legt er
die taktische Ausrichtung fest, mit der seine Mannschaft in einem Spiel agieren
soll. Er hat auch dafür zu sorgen, dass die Mannschaft körperlich fit und hochmotiviert ist.10 Während Trainer und Betreuer für die sportlichen Belange eines
Vereins zuständig sind, kümmert sich das Management um die geschäftlichen
Angelegenheiten wie die Abwicklung von Spielertransfers und die Vermarktung
des Vereins. An dieser Stelle ist es wichtig festzuhalten, dass sich sportlicher
und wirtschaftlicher Erfolg im Fußball komplementär zueinander verhalten
(ERNING 2000: 76). Daraus folgt, dass auf Dauer nur solche Vereine Erfolg
10
Neben fachlicher Kompetenz werden die psychologischen Fähigkeiten von Trainern zunehmend wichtiger. Das Fußballspielen braucht man einem Profispieler heutzutage in der Regel kaum noch beizubringen; hochbezahlte Sportler jedoch so motivieren zu können, dass sie ständig bereit sind, optimale Leistung zu erbringen, ist die eigentliche Herausforderung für Trainer. Der Wechsel des Trainers bei Misserfolg kann manchmal wahre Wunder wirken: So tauschte der 1.FC Kaiserslautern in der Saison 1989/90 –
deutlich abgeschlagen auf einem Abstiegsrang stehend- kurz vor Ende der Spielzeit den Trainer aus. Der
neue Coach schaffte nicht nur den Klassenerhalt, im nächsten Jahr wurde er mit nahezu unverändertem
Kader sensationell Deutscher Meister. Dieses positive Beispiel darf aber nicht von der Tatsache ablenken,
dass ein Trainerwechsel nicht automatisch mit sportlichem Erfolg einhergeht: ERNING hat die Trainerwechsel in der Fußball Bundesliga zwischen 1963 und 1999 statistisch untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass 50 Prozent der betroffenen Vereine in der Abschlusstabelle auf besseren Plätzen standen als
vorher; 26 Prozent belegten die gleiche und 24 Prozent gar eine schlechtere Position als vor dem Wechsel
(2000: 240ff.).
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
haben können, die sowohl über gutes Trainerpersonal als auch ein kompetentes
Management verfügen.11
(2) Betriebsmittel: Hier ist bei Fußballvereinen an erster Stelle das Stadion zu nennen, in denen die Klubs ihre Spiele austragen. Je nachdem, ob das Stadion im
Besitz des Vereins oder der öffentlichen Hand ist, fallen Unterhaltungskosten
oder Mietgebühren an. Neben den Stadien sind auch Trainingszentren, Jugendinternate und Geschäftsstellengebäude den Betriebsmitteln zuzuordnen. Die Ausstattung mit Sportgeräten ist bei Fußballvereinen ein eher zu vernachlässigender
Posten, da die Kosten für Bälle, geeignete Spielkleidung usw. im Verhältnis zu
erstgenannten Betriebsmitteln sehr gering sind.
(3) Sportler: Die Fußballspieler sind die wichtigsten und auch wohl bekanntesten
„Produktionsfaktoren“. Sie sind maßgeblich am Erfolg eines Vereins beteiligt.
Die Sportler erfahren ihre Nennung als eigenständiger Produktionsfaktor, weil
sie weder den Bereichen menschliche Arbeitskraft noch den Betriebsmitteln eindeutig zuzuordnen sind (BENNER 1992: 38). Dass es sich bei der Erbringung
ihrer Leistung um menschliche Arbeit handelt, liegt auf der Hand. Ähnlich wie
bei den Betriebsmitteln ist in einem Fußballspieler aber auch Kapital gebunden
(durch seine Verpflichtung oder Ausbildung), was wiederum Kosten verursacht
und so eine Eingruppierung zu dieser Produktionsfaktorengruppe rechtfertigen
würde. Spieler werden entweder vom Verein selbst ausgebildet, was zur Zeit bei
den Profivereinen –bis auf einige Ausnahmen wie zum Beispiel der SC Freiburg- eher selten ist, oder aber über den Transfermarkt verpflichtet. Der Transfermarkt hat durch das Bosman-Urteil Mitte der neunziger Jahre zu einer deutlichen Stärkung der Verhandlungsposition auf Seiten der Spieler geführt, was sich
in relativ stark gestiegenen Gehältern für letztgenannte bemerkbar gemacht hat.
So sind die Spielergehälter der größte Posten auf der Ausgabenseite der Vereine.
An dieser Stelle muss diese kurze Ausführung reichen, die Problematik wird
noch einmal explizit unter Punkt 2.1.2.2 diskutiert.
(4) Fremdbezogene Dienstleistungen: Hinter diesem Punkt verbergen sich Dienstund Wertleistungen Dritter, das heißt, nicht im Sportunternehmen selbst beschäftigter Personen oder Firmen. Dabei handelt es sich meist um solche Leistungen, zu deren eigener Erstellung das Sportunternehmen a) nicht in der Lage
ist oder b) deren Eigenproduktion wirtschaftlich unrentabel erscheint. Darunter
11
Natürlich ist auch ein leistungsstarker Spielerkader vonnöten, dazu jedoch im folgenden mehr.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
fallen bei Fußballvereinen meistens der Ordnungsdienst und der Gastronomiebereich im Stadion sowie Beratungsdienstleistungen, die bei Vermarktungsagenturen „eingekauft“ werden.
(5) Kapitalnutzung: Sportunternehmen benötigen Kapital, um andere Produktionsfaktoren beschaffen zu können. Dabei lässt sich zwischen Fremd- und Eigenkapital unterscheiden. Solange Kapital in anderen Produktionsfaktoren gebunden
ist (z.B. in Spielergehältern), steht es für andere Investitionen nicht zur Verfügung. Der daraus resultierende Nutzenentgang führt zu Opportunitätskosten in
Form von effektiven oder kalkulatorischen Zinsen, so dass man die Kapitalnutzung theoretisch als eigenen Produktionsfaktor bezeichnen könnte. BENNER
verweist darauf, dass diese Einschätzung in der Betriebswirtschaftslehre umstritten ist, da die Kapitalkosten meistens den damit erworbenen Mitteln zugeschrieben werden und die Kapitalnutzung somit kein eigenständiger Produktionsfaktor
ist (1992: 39).
(6) Veranstaltungsrechte: Um eine Sportveranstaltung ausrichten zu dürfen, muss
man auch die Rechte dafür besitzen. Für die Sportveranstaltung „Fußball Bundesliga“ besitzt der Ligaverband e.V./ die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL)
das Veranstaltungsrecht. Dieses wird jeweils der Heimmannschaft einer Bundesligaspielpaarung übertragen. Die Teilnahme an der Sportveranstaltung „Fußball
Bundesliga“ ist an zwei Bedingungen geknüpft, welche die Vereine zu erfüllen
haben:12
a) die sportliche Relegation
b) den Nachweis wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
Die externen Faktoren entziehen sich im Unterschied zu den internen weitgehend der
Kontrolle und Verfügung des Sportunternehmens. Unter die Rubrik der externen Produktionsfaktoren fällt
(1) die Beteiligung des Leistungsnehmers: Bei den Leistungsnehmern handelt es
sich traditionellerweise in erster Linie um Zuschauer, die sich rechtzeitig zum
Veranstaltungsort begeben müssen. Sie sind einerseits die Leistungsabnehmer,
indem sie ein Spiel konsumieren, andererseits aber auch Co-Produzenten, da sie
zum Beispiel durch Anfeuerungsrufe aktiv in den Produktionsprozess eingreifen.
Ohne ihre Anwesenheit könnte es keinen professionellen Fußball geben, da die
12
Eine ausführlichere Darstellung der Strukturen erfolgt später.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
Vereine ihr „Produkt“ dann auch nicht verkaufen und ihnen so die finanziellen
Mittel für die Unterhaltung der Mannschaften, Stadien usw. fehlen würden.13
Aber nicht nur der Zuschauer direkt am Ort des Geschehens, sondern auch der
Fernsehzuschauer oder Radiohörer, der das Fußballspiel auf diesem Wege live
(oder in bedingtem Maße zeitversetzt) verfolgt, gehört ebenfalls zur Gruppe der
Leistungsnehmer. Während der Zuschauer im Stadion über den Eintrittspreis direkt seinen finanziellen Anteil an der Finanzierung der Vereine leistet, geschieht
das beim „medialen“ Zuschauer indirekt über Gebühren.
(2) die Einbringung materieller und immaterieller Güter: Medien und Sponsoren sind ebenfalls Leistungsnehmer. Um die ihnen dargebotene Leistung in ihrem Sinne nutzbar machen zu können, bedarf es vor allem materieller Güter wie
Fernsehkameras oder Werbebanden.
2.1.2 Vorkombinationsprozesse
In einem nächsten Schritt werden nun die internen Produktionsfaktoren von den Sportunternehmen und dem Sportveranstalter sinnvoll miteinander kombiniert. Ziel dieser
Vorkombination ist es, „Leistungsfähigkeit für die anschließende Endkombination“ auf
den Sportveranstaltungen aufzubauen (BENNER 1992: 42). Bei einem Fußballverein
liegt dabei das Hauptaugenmerk auf der sportlichen Leistungsfähigkeit des Spielerkaders. Die Trainer und das dahinterstehende „Funktionsteam“, bestehend aus Betreuern,
Physiotherapeuten usw., versuchen, diese durch Training immer weiter zu steigern, so
dass die Mannschaft auf Sportveranstaltungen wettbewerbsfähig wird und somit erfolgreich agieren kann.
Zu diesen Maßnahmen zählt auch das Verpflichten neuer Spieler, von denen man sich
eine Erhöhung der Gesamtleistungsstärke der Mannschaft erhofft. Neben den sportlichen Aspekten gewinnen die finanziellen Belange eines Vereins zunehmend an Bedeutung. Um die laufenden Kosten finanzieren zu können, muss für entsprechende Einnahmen gesorgt werden. Dies ist die Aufgabe des Managements.
Da die Einnahmen aus der direkten Vermarktung des Outputs „professioneller Fußball“
den Vereinen oft nicht mehr reichen, versuchen einige Vereine bereits über den Gang
auf den Kapitalmarkt an weitere Finanzmittel zu kommen. In den meisten Fällen bieten
13
Zumindest wäre er unter marktwirtschaftlichen Kriterien betrachtet nicht sinnvoll. Es wäre natürlich
auch denkbar, dass sich reiche Privatpersonen Mannschaften zur eigenen Belustigung „halten“ und eine
Liga unter Ausschuss der Öffentlichkeit veranstalten. Ein zugegebenermaßen sehr hypothetischer Gedanke.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
sie dabei –nach der Umwandlung in die Rechtsform einer Aktiengesellschaft- ihre Anteile an der Börse zum Kauf an.
Der Sportveranstalter hat ebenfalls durch Vorkombinationsprozesse seine Leistungsfähigkeit aufzubauen. Er hat die Durchführung der Sportveranstaltung zu organisieren.
Dafür bedient sich der Sportveranstalter der internen Produktionsfaktoren „Veranstaltungsrechte“ und „menschliche Arbeitskraft“, wobei der Schwerpunkt bei letzterem
eindeutig auf den dispositiven Tätigkeiten liegt (BENNER 1992: 42). Im Falle der Fußball Bundesliga sind der Ligaverband e.V./ die Deutsche Fußball Liga GmbH die Veranstalter. Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem das Erstellen eines Spielplans, die
Kontrolle der Stadien auf ihre Sicherheit, die Überprüfung der Vereine hinsichtlich ihrer
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und das Aushandeln von Verträgen mit dem Fernsehen bezüglich der Vermarktung des Outputs „professioneller Fußball“.
Da die Sportunternehmen und der Sportveranstalter die wichtigsten Akteure im Produktionsprozess darstellen, erscheint es sinnvoll, sich noch näher mit ihren Strukturen und
Zielen auseinander zu setzen.
2.1.2.1 Das Sportunternehmen
Sportunternehmen kooperieren auf einem vom Sportveranstalter organisierten Wettkampf mit dem Ziel der Produktion von professionellem Sport. Da -logischerweiseimmer wenigstens zwei Sportunternehmen an diesem Wettkampf teilnehmen müssen,
kann man die Sportunternehmen als „Ko-Produzenten“ bezeichnen (BENNER 1992:
88).
Im Bereich des Fußballsports in Deutschland sind die Vereine mit ihren Mannschaften
Träger des professionellen Sports, also in der Rolle der Sportunternehmen. Das Hauptziel der Vereine ist sicherlich die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen wie der deutschen Meisterschaft und den Pokalwettbewerben. Wie aber bereits gezeigt wurde, sind
dafür Produktionsfaktoren wie menschliche Arbeitskraft und Sportler erforderlich, deren Beschaffung wiederum mit der Entstehung von Kosten verbunden ist. Der Verein
hat neben dem sportlichen Training der Mannschaft ebenfalls dafür zu sorgen, dass er
über ausreichendes Kapital verfügt, um diese Produktionsfaktoren vorrätig halten zu
können. Dazu bedarf es neben sportlicher auch wirtschaftlicher Kompetenz, für die ein
fähiges Management verantwortlich sein sollte. Die Aufgabe des Managements besteht
in erster Linie darin, darauf zu achten, dass der Verein bei der Erreichung seiner sportlichen Ziele ökonomisch und nachhaltig wirtschaftet. Das ist notwendig, denn allzu oft
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
führt das blinde Streben nach kurzfristigen sportlichen Erfolgen Vereine in die Schuldenfalle. Meistens wird dann in teure Spieler investiert, die dem Verein einen vermeintlichen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten sichern sollen. Durch den sportlichen
Erfolg erhofft man sich dann Mehreinnahmen (zum Beispiel durch Zuschauereinnahmen, Merchandising usw.), mit denen die gemachten Schulden zurückgezahlt werden
sollen. Diese „Milchmädchenrechnung“ geht jedoch oft nicht auf, da der Ausgang eines
sportlichen Wettkampfes mit einem recht hohen Maß an Unsicherheit behaftet ist
(HEINEMANN 2001: 21). Sportlicher Erfolg ist nur bedingt plan- und vorhersehbar.
Es ist aber auch ein anderer Fall denkbar. Wenn sich alle Vereine verschulden, um ihre
sportliche Leistungsfähigkeit zu steigern, wäre es möglich, dass die „alten Kräfteverhältnisse“ in etwa so bestehen bleiben. Alle Vereine wären dann verschuldet, ohne dass
auch nur einer von ihnen sportlich besser gestellt wäre.14 Ein solches Szenario eines
ruinösen Wettbewerbs wird in der sportökonomischen Literatur als „Rattenrennen“ bezeichnet (FRANCK/ MÜLLER 1998).
Folglich existiert ein Konflikt zwischen sportlichen und wirtschaftlichen Zielen (BENNER 1992: 91). Keines dieser beiden Ziele darf vernachlässigt werden, sonst droht entweder der sportliche Abstieg oder der finanzielle Bankrott, der mindestens das gleiche
Schicksal zur Folge hat.15
Wie dieser Konflikt gelöst wird, hängt zu einem wesentlichen Teil von den Führungsstrukturen innerhalb der Vereine ab. Diese Strukturen sind –zu einem nicht unerheblichen Anteil- durch die Wahl der Rechtsform vorgegeben.16 Bis vor kurzem hatten die
Vereine in Deutschland keinen Einfluss auf die Wahl ihrer Rechtsform; der Deutsche
Fußball-Bund (DFB) gestattete nur den eingetragenen, gemeinnützigen Verein nach §
21 BGB (ERNING 2000: 195).
Als einen Verein bezeichnet man einen „auf gewisse Dauer angelegten, körperschaftlich
organisierten Zusammenschluss einer Anzahl von Personen, die ein gemeinschaftliches
Ziel verfolgen“ (ERNING 2000: 195). Bei Fußballvereinen ist dieses Ziel in erster Linie
die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen und die Ausbildung von Spielern. Letzteres
trifft zur Zeit eher auf die kleineren Vereine zu, die nicht über die finanziellen Mittel
verfügen, um sich „fertige“ Spieler zu kaufen.
14
Einziger Vorteil wäre die wahrscheinliche Anhebung des sportlichen Niveaus der Gesamtveranstaltung.
In extremen Fällen werden Vereine komplett aufgelöst und aus dem Vereinsregister gestrichen.
16
„Die gewählte Rechtsform verleiht der betroffenen Institution eine Grundordnung, die alternativ als
„Unternehmensverfassung“ bezeichnet werden kann“ (ERNING 2000: 192ff.).
15
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
Der eingetragene Verein (e.V.) erscheint als Rechtsform für Profifußballklubs mit Millionenumsätzen im Jahr aus mehreren Gründen unangemessen:
(1) Gemäß § 21 BGB sind eingetragene Vereine als nichtwirtschaftliche Vereinigungen, die gemeinnützige Zwecke, wie die Förderung der Jugend und der Kultur usw. verfolgen, zu klassifizieren. Wirtschaftliche Tätigkeiten sind ihnen zwar
gestattet, aber nur in dem Rahmen, in dem die daraus erzielten Umsätze für die
Teilnahme an Sportwettkämpfen notwendig sind. Wirtschaftliche Aktivitäten in
geringem Maße werden als für den Fortbestand von Vereinen erforderliche Nebentätigkeiten betrachtet und gestattet, sie werden zudem steuerlich begünstigt.
Daher spricht man auch vom „Nebenzweckprivileg“ (SCHÄFER 1999: 100).17
Diese Auslegung des Gesetzes geht von einem Idealtypus des Vereins aus. Bei
Profifußballvereinen rücken die wirtschaftlichen Tätigkeiten zwangsläufig immer mehr in den Vordergrund, so dass man eigentlich nicht mehr von einen Nebenzweck sprechen kann. Daher sind die Klubs eigentlich wirtschaftliche Vereine gemäss § 22 BGB. Es liegt daher eine klare „Rechtsformverfehlung“ vor
(ERNING 2000: 199).
Diese Verfehlung wurde lange toleriert, weil einerseits die Vereine Außenstehenden keinen Einblick in ihre Geschäftsbücher gewährten und so das wahre
Ausmaß ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten verborgen blieb, andererseits die Behörden absichtlich nicht eingeschritten sind, um die Vereine nicht in Bedrängnis
zu bringen (FLORY 1997: 32).
(2) Bei eingetragenen Vereinen stellt die Mitgliederversammlung das höchste Gremium dar. Auf den Mitgliederversammlungen wird der Vorstand gewählt, der
für die sportlichen und wirtschaftlichen Aktivitäten des Vereins verantwortlich
ist (SCHÄFER 1999: 99). Profifußballvereine haben mittlerweile Jahresumsätze
in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe und benötigen professionelle Führungsstrukturen, um den Zielkonflikt zwischen sportlichem Erfolg und wirtschaftlichen Erfordernissen erfolgreich bewältigen zu können. Tragende Entscheidungen sollten daher nicht von einer Mitgliederversammlung getroffen werden, die
größtenteils nicht über entsprechende Sachkenntnisse verfügt. Beispiele aus der
Vergangenheit belegen, dass auf den –nicht selten von Emotionen geprägtenVersammlungen- oft recht „unglückliche“ und nicht nachvollziehbare Personalentscheidungen getroffen worden sind, welche Kontinuität im Vorstand und da17
Sie müssen aber dem idealen Vereinszweck eindeutig untergeordnet sein (Benner 1992: 95).
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
mit auch in der Geschäftsführung der Vereine unmöglich machten und ihnen
somit schadeten.18
Dem DFB blieb diese Problematik nicht verborgen. Im April 1995 erließ er deshalb eine Vorschrift, die besagte, dass der Vorstand der Bundesligavereine nicht
mehr direkt von der Mitgliederversammlung gewählt werden durfte. Stattdessen
wählen die Mitglieder eine Art Aufsichts-/ Verwaltungsrat. Dieses praktisch dazwischengeschaltete Organ bestellt nun den Vorstand und entlastet die Geschäftsführung. Dadurch soll die Wahl von „Zufallskandidaten“ in den Vorstand
verhindert werden (BANDOW/ PETERS 2002: 180).
(3) Die Vorstände von eingetragenen Vereinen bestehen fast ausschließlich aus ehrenamtlichen Mitgliedern. Das ist für einen „Idealverein“, bei denen der sportliche Gedanke im Vordergrund steht, durchaus legitim.19 Wenn es jedoch um Millionenumsätze geht, wie es beim Profifußball mittlerweile der Fall ist, erscheint
dies als absolut unangemessen. Die Anforderungen, die an die Vereinsführung
gestellt werden, sind einfach wesentlich vielseitiger und komplexer als dies beim
idealtypischen Amateurverein der Fall ist (FLORY 1997: 34).
Kein Wirtschaftsunternehmen mit vergleichbaren Umsätzen würde ehrenamtlich
von „Freizeit-Geschäftsführern“ gemanagt. Es kann nicht sein, dass der sportliche Bereich ständig professioneller gestaltet wird, der administrative Bereich
hingegen stagniert. So droht auf Dauer ein Konflikt zwischen sportlichen und
wirtschaftlichen Zielen. Die daraus resultierenden Konsequenzen sind bereits
dargestellt worden.
Die dargelegten Argumente zeigen recht deutlich, dass die Rechtsform des eingetragenen Vereins einer weiteren Professionalisierung der Vereinsführung von Profiklubs eher
im Wege zu stehen scheint. Für Amateur- und Breitensportvereine bleibt sie hingegen
weiterhin die adäquate Lösung.
18
Man denke nur an die legendären Jahreshauptversammlungen von Schalke 04. Unter anderem fiel man
Anfang der neunziger Jahre auf die vollmundigen Versprechungen des Klinikbesitzers Eichberg herein,
der den Verein –damals gerade erst wieder aus der zweiten Liga aufgestiegen- innerhalb kürzester Zeit in
die nationale Spitze zurückführen wollte. Die Ära Eichberg endete 1994 sportlich wie finanziell desaströs: Der FC Schalke war in die Abstiegszone der Bundesliga abgerutscht, und eine Schuldenlast von
damals 20 Millionen DM ließen die Lizenzerteilung für die neue Spielzeit als sehr unwahrscheinlich
erscheinen.
19
Ganz abgesehen davon, dass diese Vereine überhaupt nicht die finanziellen Mittel dafür hätten, hauptberufliche Vorstandsmitglieder zu bezahlen.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
Der DFB hat endlich die Zeichen der Zeit erkannt und erlaubt seit Oktober 1998 nun
auch eine Umwandlung der Vereine in Kapitalgesellschaften, wie es in den anderen
europäischen Ligen längst Gang und Gebe ist (WGZ-BANK 2001: 42ff.).20
Tabelle 2.1: Idealtypischer Vergleich der Organisationsformen Verein und Handelsgesellschaft/ Kapitalgesellschaft
Organisationscharakteristika
Verein
Nutzenmaximierung, Budgetmaximierung
positiv:
• Offene, autonome Festlegung
der Ziele
1. Zieldefinition • Normen, Werteorientierungen
• Idealistische Ziele
2. Kapitalbeschaffung
Kapitalmaximierung
positiv:
• Keine Einschränkung bei der
Festlegung der Unternehmensziele
• Auch gemeinnützige Zwecke
sind zulässig
negativ:
• Gefahr von Unschärfen
• Widersprüche als Konflikt- potential
Durch Sponsoren und Mitglieder
negativ:
• Beeinflussung der Zieldefinition durch Markteinflüsse
positiv:
• Unabhängigkeit von Staat und
Markt
positiv:
• Eigenkapital als neue Finanzierungsquelle
negativ:
• Abhängigkeit von Sponsoren
• Begrenzte Ressourcen
• Unsicherheit in der Finanzierung
negativ:
• Hohe Anforderungen an die
Börsenfähigkeit
• Konkurrenz von anderen Kapitalnachfragern
• Marktabhängigkeiten
Entgeltliches Management
Ehrenamtliche Arbeit
positiv:
• Geringe Kosten
• Aktivitätsmöglichkeiten im
Non-profit-Bereich
3. Leistungspotentiale
Handelsgesellschaft/
Kapitalgesellschaft
negativ:
• Schwieriges Management
• Kapazitäten, Kontinuität unsicher
• Aufgabensteuerung, Verantwortlichkeit problematisch
• Mangelnde Professionalität
Eigenkapitalgeber
positiv:
• Aktives Personalmanagement
• Bedarfsgerechte Personalplanung, Einstellungen/ Entlassungen
• Aufgabensteuerung über Weisungsrechte
• Hohe Professionalität
negativ:
• Kostenintensiv
• Ausschluss von Aktivitäten im
Non-profit-Bereich
Quelle: ZACHARIAS (1999: 117), eigene Ergänzungen
20
Der Rechtsformwechsel wird in Kapital acht ausführlich thematisiert.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
Kapitalgesellschaften wird in der Literatur die Eigenschaft zugeschrieben, auf Gewinnerzielung ausgerichtet zu sein, während der eingetragene Verein eher als nutzenmaximierend eingeschätzt wird (ERNING 2000: 190, BENNER 1992: 90).21
Die Nutzenmaximierung der Vereine besteht darin, sportlich erfolgreich zu sein. Um
dieses Ziel in der heutigen Zeit zu erreichen, bedarf es der entsprechenden finanziellen
Mittel, um gute Spieler und entsprechendes Trainerpersonal verpflichten zu können.
Folglich müssen die Vereine darum bemüht sein, ihre Gewinne zu maximieren. Das
sollte unter der Rechtsform der Kapitalgesellschaft leichter zu realisieren sein als unter
der des eingetragenen Vereins.
Der Rechtsformwechsel sollte aber auch nicht überbewertet werden. Sicherlich gehen
von der Organisationsform der Kapitalgesellschaft effizienzsteigernde Organisationsstrukturen und Anreize aus. Allerdings wird ein Profifußballklub aufgrund der noch
aufzuzeigenden Besonderheiten in der Sportbranche immer ein Mischtyp zwischen
Sportverein und Wirtschaftsunternehmen bleiben, also nie eine Kapitalgesellschaft im
idealtypischen Sinne werden (SIGLOCH 2001: 13ff.).22
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden Fußballklubs weiterhin als Vereine bezeichnet,
ohne dass damit eine Aussage über die tatsächlich gewählte Rechtform verbunden ist.
Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass Sportunternehmen –im Vergleich zu Unternehmen in anderen Branchen- einer sehr starken Reglementierung von Seiten des
Sportveranstalters unterworfen sind. Die Sportunternehmen tragen zwar das volle unternehmerische Risiko, in ihrer Entscheidungsautonomie sind sie aber sehr stark eingeschränkt (BENNER 1992: 97).23
2.1.2.2 Der Transfermarkt für Spieler
Sportunternehmen sind stets darum bemüht, ihre eigene sportliche Leistungsfähigkeit zu
verbessern. Die eigene Ausbildung junger, talentierter Nachwuchsspieler oder die Verpflichtung von „fertigen“ Profis ist –neben regelmäßigem Training natürlich- ein probates und häufig angewendetes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Aus dem Grund hat
sich im Fußballbereich ein Spielermarkt herausgebildet: Wechselwillige oder zur Zeit
21
Teilweise wird dem Verein darüber hinaus auch eine Tendenz zur Budgetmaximierung zugeschrieben.
Bis Ende August 2002 hatten erst neun Klubs aus der 1. Bundesliga und drei aus der 2. Bundesliga den
Rechtsformwechsel vollzogen beziehungsweise eine Umwandlung konkret ins Auge gefasst (WGZBANK 2002: 50). Das spricht eigentlich dafür, dass die übrigen Vereine mit ihrer bisherigen Rechtform
und der damit verbundenen Organisationsstruktur noch recht zufrieden sind.
23
Auf die Beschränkungen von Seiten des Sportveranstalters wird in den folgenden Punkten näher eingegangen.
22
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
vertragslose Spieler bieten ihre Dienste –meist vertreten durch sogenannte Spielervermittler- interessierten Vereinen an.24 Der Spieler hofft dabei auf einen gut dotierten Vertrag, der Verein auf eine Verstärkung seiner Mannschaft. Wenn sich ein Verein mit einem Spieler bezüglich eines Wechsels einig ist, wird ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen, der ein ordentliches Kündigungsrecht nicht vorsieht (HÜBL/ SWIETER
2002: 53). Ein Vereinswechsel vor Ablauf des Vertrages ist aber dennoch möglich, dafür müssen sowohl Spieler als auch der Verein zustimmen.25 Kommt es zu einem vorzeitigen Wechsel, darf der abgebende vom aufnehmenden Verein als Entschädigung
eine Ablösesumme fordern.26
Theoretisch betrachtet sollte ein Spieler gemäß seiner Grenzwertproduktivität entlohnt
werden, also entsprechend den zusätzlichen Erlösen, die er dem Verein einbringt
(LEHMANN/ WEIGAND 1999: 126).27 Er wird folglich dann -Nutzenmaximierung
vorausgesetzt- einen Vereinswechsel anstreben, wenn seine Grenzwertproduktivität bei
einem anderen Klub größer ist und er aus diesem Grund ein höheres Gehalt verlangen
kann (ERNING 2002: 176). Hat der wechselwillige Spieler noch einen gültigen Vertrag
beim abgebenden Verein, hat dieser, wie bereits erwähnt, das Recht auf eine Entschädigungszahlung. Die Höhe der Ablösesumme ist frei aushandelbar, sollte aber im Interesse des abgebenden Vereins mindestens der Differenz zwischen Grenzproduktivität und
dem Gehalt des Spielers entsprechen (HÜBL/ SWIETER 2002: 60).
Ein vertragsloser Spieler hat demgegenüber den Vorteil, ablösefrei von einem neuen
Verein unter Vertrag genommen werden zu können. Dieser Umstand wirkt sich in der
Regel auch positiv auf das zu erzielende Gehalt aus, da dieses häufig durch die Zahlung
24
Es kann auch sein, dass Vereine Spieler anbieten, die in den sportlichen Planungen keine Rolle mehr
spielen. Neben dem klassischen Transfer besteht auch die Möglichkeit, einen Spieler nicht sofort zu kaufen, sondern auszuleihen. Das Verfahren ist mit dem des Transfers identisch, nur mit dem Unterschied,
dass ein Ausleihgeschäft zeitlich befristet ist und die vom Verein zu entrichtende Gebühr nicht so hoch
ist. Der Spieler kehrt nach Ende der ausgehandelten Leihfrist zum abgebenden Verein zurück, sofern er
dort noch einen gültigen Kontrakt besitzt. Das Ausleihen von Spielern ist in den letzten Jahren sehr populär geworden.
25
Außerdem sind Wechselfristen einzuhalten: Neuerdings darf nur noch in der Zeitraum vom Ende der
alten Saison bis zum 31. August und dann noch mal Zeit vom 1. bis 31. Januar gewechselt werden.
26
Er kann den Spieler natürlich auch ablösefrei gehen lassen, wenn er sich unbedingt von ihm trennen
will.
27
Obwohl der Output „professioneller Fußball“ als Teamleistung entsteht, sollte der Beitrag des einzelnen Spieler recht gut erkennbar sein. Schließlich ist seine Leistung jederzeit beim Training und bei den
Spielen kontrollierbar. Eine Entlohnung gemäss der Grenzwertproduktivität erklärt auch, warum die Gehälter in der Bundesliga zum einen sehr hoch, zum anderen sehr ungleich verteilt sind: Topspieler erreichen eine höhere Grenzwertproduktivität, folglich ist ihre Entlohnung deutlich höher als die durchschnittlicher Spieler (LEHMANN/ WEIGAND 1999).
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
eines „Handgeldes“ aufgestockt wird.28 Im Extremfall erhält der Spieler so den vollen
Gegenwert seines Grenzwertproduktes als Gehalt (HÜBL/ SWIETER 2002: 58).29
Der Arbeits- und Transfermarkt für Spieler unterliegt besonderen rechtlichen Regelungen und freiwilligen Beschränkungen, deshalb erscheint es sinnvoll, sich etwas näher
damit auseinander zu setzen. Bis zum sogenannten Bosman-Urteil im Jahr 1995 lag die
Verhandlungsmacht eindeutig auf Seiten der Vereine.30 Es war bis dato üblich, dass der
einen Spieler abgebende Verein generell vom aufnehmenden Klub eine Ablösesumme
fordern konnte.31 Dabei spielte es keine Rolle, ob der Spieler noch einen gültigen Vertrag besaß oder diesen schon erfüllt hatte. In erster Linie hatten sich also die Vereine
untereinander zu einigen, der Wille des Spielers spielte dabei eine eher untergeordnete
Rolle.
Die Ablösesummen wurden als Ausbildungsentschädigungen deklariert, die –wie es der
Name schon vermuten lässt- den abgebenden Verein für die geleistete Aus- und Weiterbildung des Spielers entschädigen sollte. Zudem versprachen sich die Verfechter von
Ablösesummen dadurch die Erhaltung der wirtschaftlichen und somit auch sportlichen
Ausgeglichenheit, da sich der abgebende Verein von dem erlösten Geld einen neuen
28
Unter einem „Handgeld“ versteht man eine direkte, einmalige Zahlung an einen ablösefreien Spieler.
Die Spieler rechtfertigen diese teilweise recht hohen Beträge damit, dass der aufnehmende Verein ja
keine Ablösesumme zahlen muss (LEMKE 1999: 114). Bekanntestes Beispiel dafür ist Sebastian Deisler,
der nach Ablauf der Saison 2001/02 ablösefrei von Hertha BSC Berlin zum FC Bayern München wechselte, und vorab 20 Millionen DM Handgeld als „Entscheidungshilfe“ kassierte.
29
Bei nicht ablösefreien Spielern werden die „Beschaffungskosten“ von der Grenzproduktivität abgezogen, so dass sich das Gehalt verringert.
30
Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) tragen immer den Namen des Klägers. Jean-Marc
Bosman war belgischer Fußballprofi und wechselte 1988 von Standard Lüttich zum Ortsrivalen und damaligen Erstligisten RC Lüttich. Dort erhielt er einen gut dotierten Zwei-Jahres Vertrag. Da Bosman in
diesem Zeitraum sportlich nicht überzeugen konnte und sich meistens nur auf der Ersatzbank wiederfand,
legte ihm die Vereinsführung nach Ablauf seines Vertrages ein neues Angebot vor, das ein drastisch reduziertes Grundgehalt knapp über dem deutschen Sozialhilfesatz vorsah. Bosman lehnte dieses Angebot
ab und suchte sich daraufhin einen neuen Verein. Den fand er mit dem französischen Zweitligisten Dünkirchen, der Bosman ein deutlich höheres Gehalt bot. Dünkirchen wollte Bosman erst für ein Jahr vom
RC Lüttich ausleihen und ihn dann gegen Zahlung einer festgeschriebenen Ablösesumme endgültig verpflichten. Die Verträge mit Dünkirchen waren bereits unterzeichnet, als das für alle Beteiligten Unerwartete geschah: Der RC Lüttich zweifelte an der Seriosität der von Dünkirchen zur Sicherheit für den späteren Transfer hinterlegten Bankbürgschaft und verweigerte Bosman daher die Freigabe. Ohne die Freigabe
aus Belgien war er für Dünkirchen nicht spielberechtigt, und somit verlor der schon abgeschlossene Vertrag seine Gültigkeit. Des weiteren ließ Lüttich Bosman vorsorglich vom belgischen Verband sperren,
damit er auch bei keinem anderen Verein spielen konnte. Der Spieler, durch diese Maßnahme praktisch
arbeitslos, wollte sich der aus seiner Sicht ungerechten Behandlung nicht beugen und leitete daraufhin
gerichtliche Schritte gegen seinen früheren Arbeitgeber ein. Er klagte aber nicht nur auf Schadensersatz
vom RC Lüttich, sondern nahm auch die Abschaffung des bisherigen Transfersystem in seine Klage mit
auf. Nach dem Gang durch mehrere nationale Instanzen, wandte er sich an den Europäischen Gerichtshof.
Dieser gab Bosman im Dezember 1995 recht, und erklärte Ablösesummen bei ausgelaufenen Arbeitsverträgen für unrechtmäßig. Das Gericht stufte das bisherige Transfersystem als einen Verstoß gegen die in
Artikel 39 des EG-Vertrages festgelegte Arbeitnehmerfreizügigkeit ein. Fußballspieler sollten das gleiche
Recht haben wie jeder andere Arbeitnehmer (WEISS 2000: 84ff.).
31
Die Ablösesumme konnte aber nicht willkürlich festgesetzt werden, sondern wurde nach einem einheitlichen Schlüssel berechnet (FLORY 1997: 52).
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
Spieler verpflichten konnte (FRICK/ WAGNER 1996: 611). Von dieser Regelung profitierten in besonderem Maße auch die kleineren Amateurvereine, bei denen die Ablösesumme für junge, talentierte Spieler zum festen Bestandteil ihres Etats gehörte.
Mit dem Bosman-Urteil gehören Ablösesummen nun der Vergangenheit an, da sie mit
dem europäischen Recht auf freie Arbeitsplatzwahl nicht vereinbar sind (siehe Fußnote
21). Das gilt allerdings nur für Spieler, die in EU-Ländern beschäftigt sind und deren
Vertrag ausgelaufen ist. Für die übrigen Spieler, die noch einen gültigen Kontrakt bei
ihren Vereinen besitzen, muss ein an einer Verpflichtung interessierter Klub weiterhin
eine Ablösesumme zahlen.
Des weiteren sah der Europäische Gerichtshof in dem Urteilsspruch die in den europäischen Fußballligen praktizierten Ausländerbegrenzungen als Diskriminierung an und
erklärte sie damit ebenfalls für rechtswidrig. Zu der Zeit existierte die sogenannte
„3+2“-Regel, die es Vereinen erlaubte, drei ausländische Spieler sowie zwei „assimilierte“ Spieler ausländischer Herkunft einzusetzen. Die Letztgenannten mussten aber
wenigstens fünf Jahre in Juniorenmannschaften des entsprechenden Landes gespielt
haben, um diesen Status zu erlangen (FLORY 1997: 63). Folglich durften maximal fünf
ausländische Spieler gleichzeitig auf dem Platz stehen.32
Die Reaktion auf das Bosman-Urteil war sehr unterschiedlich. Während sich die Spieler
über ihre neu gewonnene Freiheit freuten, sahen sich die Vereine in ihrer Existenz bedroht. In Deutschland wurde gar versucht, durch eine freiwillige Absprache der Vereine
untereinander ein „Gentlemen’s Agreement“, das alte System der Ablösesummen, weiterhin aufrecht zu erhalten (WEISS 2000: 98ff.). Dass es letztlich doch nicht so weit
kam, liegt daran, dass diese Vorhaben einen Verstoß gegen geltendes europäisches
Recht bedeutet hätten. Im Falle einer Klage nur eines einzelnen Spielers wäre dieses
Vorhaben von jedem Gericht unterbunden worden.
Im folgenden wird nun versucht, die wichtigsten Auswirkungen des Bosman-Urteils auf
den Spielertransfermarkt kurz zu skizzieren:
(1) Spielergehälter: Fakt ist, dass sich die Kräfteverhältnisse auf dem Transfermarkt eindeutig zu Gunsten der Spieler verschoben haben. Nach dem Ablauf ihrer Verträge können sie nun ablösefrei zu dem Verein wechseln, der ihnen die
besten sportlichen oder finanziellen Perspektiven bietet. Angebot (Spieler) und
Nachfrage (Vereine) treffen jetzt direkt –ohne institutionelle Beschränkungenaufeinander. In den Spielzeiten nach dem Bosman-Urteil sind die Gehälter der
32
Auch EU-Bürger wurden als Ausländer gezählt.
Seite 23
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Profispieler –und damit auch die Ausgaben der Vereine- in Deutschland stark
angestiegen.
Tabelle 2.2: Entwicklung der durchschnittlichen Ausgaben für Spielergehälter
in der 1. Bundesliga zwischen 1995 und 2000
Saison
1995/96
Gehaltsausgaben je VerDurchschnittsgehalt in
ein in Mio. DM
Mio. DM
(Durchschnitt)
19,2
0,955
Steigerung
in Prozent
--
1996/97
22,4
1,05
+ 9,9
1997/98
28,3
1,19
+ 13,3
1998/99
32
1,29
+ 8,4
1999/00
36,1
1,38
+ 6,9
Quelle: HÜBL/ SWIETER (2002: 56)
Das hängt aber nicht nur mit der gestiegenen Verhandlungsmacht der Spieler zusammen, sondern liegt auch an den aus professionellerer Vermarktung resultierenden höheren Einnahmen der Vereine (LEHMANN/ WEIGAND 1999: 124).
Da die Spieler einen erheblichen Anteil an der Gesamtwertschöpfung des Vereins haben, sind die Gehaltssteigerungen der letzten Jahre teilweise berechtigt.
Werden jedoch Spieler über ihrem individuellen Wertschöpfungsniveau bezahlt,
steht der Verein über kurz oder lang vor dem Konkurs (ERNING 2000: 164ff.).
Die Anzeichen dafür, dass sich die Ausgaben für Spielergehälter überproportional zu den Einnahmen der Vereine entwickeln, mehren sich (LEMKE 1999: 113,
FRANZKE 1999a).
Die Vereine sehen sich dabei in einer Dilemma-Situation: Aufgrund der Struktur
der europäischen Fußballligen, in denen sportlicher Erfolg (Nutzenmaximierung) die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg (Gewinnmaximierung) bedeutet,
veranstalten die Klubs ein gnadenloses „Wettrüsten“ untereinander (FRANCK/
MÜLLER 2000a: 13):33 Die Hoffnung auf sportlichen Erfolg und die damit verbundenen Einnahmen führen zu immer höherwertig besetzten und größeren
Spielerkadern. Nutznießer dieser Entwicklung sind die Spieler, die dadurch immer höhere Gehälter aushandeln können. Der einzelne Verein kann sich dieser
Entwicklung nicht einfach entziehen (LEMKE 1999: 115). Würde er beim
33
Mehr zu dieser Thematik unter Punkt 2.1.3.1.1.
Seite 24
Einführung in die Struktur des Profifußballs
„Wettrüsten“ nicht mitmachen, würde seine sportliche Leistungsfähigkeit derart
absinken, dass er die Liga wohl nicht erhalten könnte.34
Zur Lösung des Problems der „aus dem Ruder laufenden“ Gehaltskosten werden
immer mal wieder Gehaltsobergrenzen, sogenannte Salary-Caps, vorgeschlagen
(ERNING 2000: 168ff.). Diese Obergrenzen sollen pro Verein festgelegt werden
und berechnen sich idealerweise aus der Wertschöpfung, welche die Vereine
durch die Spieler erzielen. Es ist davon auszugehen, dass diese Maßnahme auf
Kosten der schwächeren Spieler (Junioren, ältere Spieler) geht. Die Klubs werden weiterhin Topspielern attraktive Gehälter bieten und das Geld notfalls bei
den Bezügen der schwächeren Spieler einsparen. Zudem müsste es weltweit Salary-Caps geben, sonst würden Spieler einfach in Ligen ohne diese Regelung abwandern.35
Abschließend bleibt festzuhalten, dass es keiner institutionellen Regelungen bedarf, um den Anstieg der Gehaltskosten zu bremsen, sondern vielmehr Professionalität, Weitsicht und Courage auf Seiten der Vereinsvorstände. Nicht alles,
was sportlich erstrebenswert ist, ist finanziell verantwortbar.
In der Öffentlichkeit stoßen die hohen Gehälter immer häufiger auf Kritik, was
bei dauerhaft knapp vier Millionen Arbeitslosen nicht verwundert.36 In den Stadien wird das kickende Personal auf dem Rasen bei ausbleibendem sportlichen
Erfolg vom Publikum immer häufiger mit dem Spruch „Sch**** Millionäre“
geschmäht. Zur Verteidigung der Kicker bleibt festzuhalten, dass der Beruf des
Profifußballspielers mit hohen Risiken und Unsicherheiten verbunden ist
(LEHMANN/ WEIGAND 1999: 124): Ein Fußballspieler muss sich schon im
Alter von zehn bis zwölf Jahren darauf festlegen, ob er später einmal Profi werden will. In vielen Fällen leidet unter der intensiven Trainingsbelastung die
schulische und berufliche Ausbildung. Wenn es mit der großen Karriere nicht
klappt, bleibt häufig nur ein schlecht bezahlter Job im Niedriglohnbereich.
34
Positives Gegenbeispiel war lange Zeit der SC Freiburg, der bei dem Gehaltspoker nicht mitgemacht
und stattdessen auf den eigenen Nachwuchs gesetzt hat. Um so trauriger ist natürlich der Abstieg dieses
Vereins am Ende der Saison 2001/02 zu bewerten.
35
Zum Start der Bundesliga 1963 hatte der Deutsche Fußball Bund schon einmal eine Höchstgrenze für
Spielergehälter, Ablösesummen und Handgelder festgesetzt mit dem Ziel, die größtmögliche Chancengleichheit zu gewährleisten. Das Resultat war, dass die besten Spieler ins Ausland abwanderten und die
Vereine versuchten, diese Regelung zu umgehen. Als Konsequenz wurde Hertha BSC Berlin am Ende der
Spielzeit 1964/65 aufgrund der Zahlung zu hoher Handgelder die Lizenz entzogen und der Klub damit in
die Regionalliga zurückgestuft. Wenig später wurden die Regulierungen dann wieder aufgehoben, da sie
in der Praxis von jedem Verein unterlaufen worden waren.
36
Zuletzt entfachte die Sport Bild Anfang 2002 eine derartige Debatte.
Seite 25
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Auch Verletzungen können die sportliche Laufbahn beeinträchtigen oder
schlimmstenfalls beenden, so dass die hohen Gehälter auch als „Risikoprämie“
zu betrachten sind. Die Erwerbsphase von Profispielern dauert im Normalfall
nur zehn bis fünfzehn Jahre, auch diese Tatsache sollte nicht außer Acht gelassen werden. In diesem Zeitraum hat der Spieler die finanzielle Vorsorge zu treffen für die Zeit, die nach seiner aktiven Laufbahn kommt und in der er nicht
mehr diese hohen Gehälter bekommt. Schauspieler, Musiker und andere Künstler beziehen zum Teil noch viel höhere Gagen, ohne dass sich jemand darüber
aufregt. Das „Problem“ des Sportlers –des Fußballspielers im besonderen- liegt
im Vergleich zu anderen künstlerischen Berufen darin, dass seine Leistung vermeintlich einfacher zu bewerten ist und sie dem Zuschauer leichter zu imitieren
scheint (LEHMANN 2000: 98ff.).37
(2) Vertragslaufzeiten und Ablösesummen: Vereine versuchen, die Spieler jetzt
deutlich länger an sich zu binden, als dies vor dem Bosman-Urteil der Fall war.
Vertragslaufzeiten von bis zu sieben Jahren sind keine Seltenheit mehr.
Aus Sicht der Vereine ist dieses Verhalten nachvollziehbar. Haben sie einen
Spieler für teures Geld aus einem laufenden Vertrag herausgekauft, oder einen
vertragslosen Spieler durch Zahlung eines Handgeldes zum Verein gelockt, wollen sie ihre Investitionen dadurch absichern. Will der Spieler nun unbedingt vorzeitig wechseln, kann man so wenigstens eine Transferentschädigung vom aufnehmenden Klub kassieren. Lange Vertragslaufzeiten bedeuten aber auch eine
Gefahr für den Verein. Über die Leistungsfähigkeit eines Spielers liegen logischerweise nur Erfahrungswerte aus der Vergangenheit vor. Ist er auch in der
Zukunft in der Lage, die von ihm erwarteten Leistungen zu bringen, oder sitzt er
einfach nur seinen gut dotierten Vertrag ab?
Obwohl das Transfersystem durch den europäischen Urteilsspruch eigentlich
aufgelöst werden sollte, hat sich die Zahl der ablösepflichtigen Spielerwechsel
kaum verringert, die durchschnittlichen Entschädigungszahlungen sind sogar gestiegen (siehe Tabelle 2.3). Dieser Widerspruch lässt sich jedoch sehr leicht erklären. Zum einen sind die nun längeren Vertragslaufzeiten dafür verantwortlich,
zum anderen die Tatsache, dass mittlerweile bevorzugt Spieler aus Südamerika
und Afrika verpflichtet werden. Dort gilt das Bosman-Urteil nicht, deshalb fallen
weiterhin Ablösesummen an. Die Erhöhung der durchschnittlich gezahlten Ab37
Jeder Fußballzuschauer wird sich schon mal nach einer vergebenen Großchance des Stürmers seines
favorisierten Vereins gesagt haben: „Den hätte ich locker reingemacht!“.
Seite 26
Einführung in die Struktur des Profifußballs
lösesummen ist auf die gestiegenen Umsatzerlöse der Vereine zurückzuführen
(HÜBL/ SWIETER 2002: 61).
Tabelle 2.3: Anzahl der in der 1. Bundesliga durchgeführten transferpflichtigen
Wechsel sowie die durchschnittlich gezahlte Ablösesumme zwischen 1994 und
2000
1994/95
Spielerwechsel mit Ablösesummenzahlung
93
Durchschnittliche Ablösesumme in Mio. DM
1,24
1995/96
98
1,39
1996/97
95
1,05
1997/98
84
1,81
1998/99
88
2,92
1999/00
96
3,48
Saison
Quelle: HÜBL/ SWIETER (2002: 59, 61), eigene Darstellung
(3) Zunahme ausländischer Spieler: Mit dem Bosman-Urteil wurde auch die bis
dahin zahlenmäßige Begrenzung ausländischer Spieler pro Team für rechtswidrig erklärt. Mittlerweile dürfen in den beiden deutschen Profiligen Spieler europäischer Herkunft in unbegrenzter Zahl eingesetzt werden.38 Für Spieler aus
nichteuropäischen Ländern bestehen hingegen weiterhin Restriktionen; nur fünf
von ihnen können maximal bei einem Verein unter Vertrag stehen und somit pro
Partie eingesetzt werden (FRANZKE 2001a).39
Durch diese Regelung ist der Arbeitsmarkt für Spieler wesentlich größer geworden. War aufgrund der Ausländerklauseln nur für Topspieler ein Wechsel ins
Ausland realistisch, ist der Arbeitsmarkt für die nicht so begabten Spieler jetzt
nicht mehr nur auf das eigene Land beschränkt (LEHMANN/ WEIGAND 1999:
125). Die Öffnung des Arbeitsmarktes stellt jedoch für die einheimischen Profis
nicht nur eine Chance, sondern auch eine Gefahr dar. Verstärkt zieht es ausländische Spieler -vornehmlich aus dem osteuropäischen und südamerikanischen
Raum- in die Bundesliga. So hat sich der durchschnittliche Anteil der in der An-
38
Das Land muss Mitglied im europäischen Fußballverband UEFA sein.
Gleichzeitig ist aber auch jeder deutsche Profiklub verpflichtet, wenigstens zwölf Spieler mit deutschem Pass unter Vertrag zu haben.
39
Seite 27
Einführung in die Struktur des Profifußballs
fangsformation der Bundesliga spielenden ausländischen Profis im Zeitraum von
1996 bis 2002 von 28,1 Prozent auf 52,5 Prozent erhöht (PFEIFER 2001).40
War die alte Ausländerregelung als eine Art protektionistische Schutzmaßnahme
einzustufen, muss man sich jetzt ernsthaft um die Zukunft der einheimischen
Jungprofis und Talente sorgen. Sie werden es auf lange Sicht zunehmend schwerer haben, sich gegen die ausländische Konkurrenz durchzusetzen und so die für
ihre Entwicklung wichtige Spielpraxis zu bekommen. Von dieser Problematik
sollte auch das überraschend gute Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2002 nicht ablenken.
Ende des Jahres 2000 ging von EU-Kommisar Monti der Versuch aus, Ablösesummen
endgültig, das bedeutet auch bei noch laufenden Verträgen, abzuschaffen. Nach Ablauf
einer dreimonatigen Kündigungsfrist sollten sich alle Spieler ablösefrei einen neuen
Verein suchen können (WIRTSCHAFTSWOCHE 2000). Die EU-Kommission einigte
sich nach heftigen Interventionen von Seiten der Fußballverbände auf einen Kompromiss. Dieser beinhaltete unter anderem, dass die Laufzeit von Spielerverträgen fünf Jahre nicht überschreiten darf und für Nachwuchsspieler bis zum Alter von dreiundzwanzig
Jahren weiterhin eine Ausbildungsentschädigung verlangt werden kann (WIRTSCHAFTSWOCHE 2001).
Die aktuelle Wirtschaftskrise macht auch vor dem Fußball-Business nicht halt. Die
Kirch-Krise und die daraus resultierenden finanziellen Einbußen bei der Fernsehvermarktung haben dafür gesorgt, dass der Spielermarkt praktisch zum Erliegen gekommen
ist. Die Vereine sind gezwungen zu sparen, reduzieren ihre Kader und fordern ihre Profis teilweise zum –mehr oder weniger- freiwilligen Gehaltsverzicht auf (KICKER
2002a). Knapp 30 Spieler der Bundesliga und 50 Zweitligaspieler hatten Mitte Juli 2002
noch keinen neuen Arbeitgeber gefunden; viele von ihnen werden wohl erstmals mit
dem Problem der Arbeitslosigkeit konfrontiert (FAZ 2002a). Nicht nur durchschnittliche Profis, auch ein Topspieler wie Effenberg war davon betroffen. Nachdem auch im
Ausland kein Klub in der Lage war, das vom ablösefreien Effenberg geforderte Millionengehalt zu zahlen, schloss er sich kurz vor Ablauf der Wechselfrist –für ein deutlich
geringeres Salär- notgedrungen dem VfL Wolfsburg an.
Ob diese Entwicklung von längerer Dauer ist, und zu der von den Vereinen lange herbeigesehnten Senkung der Spielergehälter führt, oder ob es sich nur um ein kurzes Intermezzo handelt, vermag zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand zu sagen.
40
„Spitzenreiter“ in dieser Kategorie ist der FC Energie Cottbus, der in der Saison 2001/02 teilweise
ausschließlich mit ausländischen Profis antrat.
Seite 28
Einführung in die Struktur des Profifußballs
2.1.2.3 Der Sportveranstalter
Neben den Sportunternehmen –den Vereinen- hat auch der Sportveranstalter im Rahmen der Vorkombinationsprozesse seine Leistungsbereitschaft aufzubauen (BENNER
1992: 42). Wie bereits angesprochen, obliegt ihm die organisatorische Planung und
Vermarktung der Sportveranstaltung, auf der dann die Sportunternehmen im sportlichen
Wettkampf ihre vorbereiteten Leistungen abrufen. Dazu kombiniert er ebenfalls interne
Produktionsfaktoren, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf den Veranstaltungsrechten
und dispositiven Tätigkeiten liegt.
Der Sportveranstalter bezieht seine Daseinsberechtigung aus dem Wunsch des Publikums nach „regelmäßig wiederkehrenden Leistungsvergleichen“, die unter vergleichbaren Bedingungen stattfinden (BENNER 1992: 68). Mit der Organisation solcher Wettkämpfe und der Festlegung allgemein gültiger Regeln wären die einzelnen Sportvereine
überfordert, aus diesem Grund existiert die Rolle des Sportveranstalters. Zu seinen Aufgaben zählen unter anderem das Erstellen von Spielplänen, das Festlegen sportlicher
und wirtschaftlicher Qualifikationskriterien für die Vereine, die Überwachung des
Spielbetriebs, die Einhaltung und Schaffung von Regelwerken sowie die Kontaktaufnahme mit möglichen Abnehmern bezüglich des Verkaufs des auf der Sportveranstaltung produzierten Output (BENNER 1992: 72).
Im Gegensatz zu den Vereinen trägt der Sportveranstalter kein unternehmerisches Risiko, sondern beschränkt sich auf die Funktion einer „übergeordneten Organisations- und
Kontrollinstanz“ (BENNER 1992: 68).41 Auf den eigentlichen sportlichen Wettkampf
und die Leistungserstellung der Sportunternehmen hat der Sportveranstalter keinerlei
Einfluss, seine Funktion beschränkt sich auf die Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltungen.
Im Bereich des Fußballsports hat sich durch den Zusammenschluss von Vereinen eine
hierarchische Struktur von Verbänden entwickelt, die als Sportveranstalter fungieren
und die verschiedenen Wettbewerbe organisieren. Die Verbände erbringen diese Dienstleistung für ihre Mitglieder, die Vereine, und werden dafür von ihnen entlohnt.
41
Hier wird schon von den noch darzustellenden Verbandsstrukturen der Sportveranstalter im Fußball
ausgegangen. Sportveranstalter in Einzelsportbereichen , wie zum Beispiel im Tennis, übernehmen
durchaus ein oft nicht unbeträchtliches unternehmerisches Risiko.
Seite 29
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Abbildung 2.2: Verbandsstruktur im Fußball (aus deutscher Perspektive)42
Veranstalter von:
Globale Ebene
Europäische Ebene
• Weltmeisterschaft
Fédération Internationale de Football Association
• Weltpokal
• Vereinsweltmeisterschaft
(FIFA)
• Europameisterschaft
• Champions League
• UEFA-Cup
Union des Associations Européennes de Football
(UEFA)
• Europäischer Supercup
• UEFA-Intertoto-Cup
DFB:
Deutscher Fußballbund e.V.
Nationale Ebene
• Länderspiele
• DFB-Pokal
• Regionalligen Nord + Süd
(DFB)
• DFB-Hallenmasters
Ligaverband/ DFL:
• 1. Und 2. Bundesliga
5 Regionalverbände
Die Liga-Fußballverband e.V.
Deutsche Fußball
Liga GmbH
Regionale Ebene
• Liga-Pokal
(DFL)
Regional-/ Landesverbände
• Amateurligen
• Landes- und Verbandspokal
21Landesverbände
Vereine der
1. Bundesliga
Vereine der
2. Bundesliga
Vereine
Quelle: Eigene Darstellung
2.1.2.3.1 Die internationalen Verbände: FIFA und UEFA
Die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) wurde 1904 gegründet
und hat ihren Sitz in Zürich in der Schweiz. Sie ist der Weltfachverband des Fußballsports. Die FIFA organisiert und koordiniert die Belange des Fußballsports weltweit. Mittlerweile gehören ihr über zweihundert nationale Verbände als Mitglieder an,
wobei pro Land nur einem Verband die Mitgliedschaft gewährt wird.
Zu den wichtigsten Aufgaben der FIFA gehören –neben der Ausrichtung der Weltmeisterschaften- die allgemeine Förderung und Entwicklung des Fußballs, die Festlegung
von Fußballregeln, sowie die Kontrolle, ob diese von den nationalen Verbänden auch
eingehalten werden (ERNING 2000: 39). Weltweit wird zwar nicht exakt nach demselben Regelwerk gespielt, die FIFA sorgt aber dafür, dass diese Unterschiede nicht zu
groß werden (FLORY 1997: 14). Das sichert die Einheitlichkeit des Fußballsports und
42
Zur Erklärung: Wettbewerbe, die für Nationalmannschaften veranstaltet werden, sind kursiv dargestellt.
Sportlich wichtige Veranstaltungen sind fetter gedruckt als die eher unbedeutenden Wettbewerbe.
Seite 30
Einführung in die Struktur des Profifußballs
ermöglicht so erst Spiele zwischen Mannschaften aus unterschiedlichen Regionen und
Kontinenten. Änderungsvorschläge von nationalen Verbänden müssen erst von ihr „abgesegnet“ werden, bevor sie umgesetzt werden dürfen.43
Die Union des Associations Européennes de Football (UEFA) ist der europäische Fußballfachverband. Er wurde 1954 gegründet und hat seinen Sitz im schweizerischen Nyon. Die UEFA zählt über 5077 nationale Fußballverbände aus Europa zu ihren Mitgliedern; die Mitgliedschaft Israels stellt dabei die einzige geografische Ausnahme dar. Die
Aufgaben der UEFA ähneln sehr stark denen der FIFA, was aber nicht verwundern sollte, schließlich ist die UEFA eine Art „kontinentaler Ableger“ eben dieser. Die UEFA
veranstaltet die Europameisterschaften und die europäischen Pokalwettbewerbe auf
Vereinsebene, zudem hat sie sich der Förderung des europäischen Fußballs und der
Umsetzung der FIFA-Regularien verschrieben (ERNING 2000: 40).
2.1.2.3.2 Der Deutsche Fußball Bund e.V.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist mit seinen über sechs Millionen Mitgliedern, die
in knapp 27.000 Vereinen organisiert sind, der wohl mitgliederstärkste Einzelsportverband der Welt. Er ist Dachverband und oberste Institution im organisierten deutschen
Fußball.44 Der DFB ist eine Vereinigung der Landesverbände, Regionalverbände und
des Ligaverbandes, der im Anschluss noch behandelt wird (DFB 2002a: Präambel).
Gegründet wurde er im Jahre 1900; seit 1950 hat er seinen Sitz in Frankfurt am Main.
Der DFB ist Mitglied bei der FIFA und der UEFA und hat es sich zur Aufgabe gemacht,
deren Regeln und Verordnungen in Deutschland umzusetzen(DFB 2002a: § 3). Er genießt eine absolute Monopolstellung, da die FIFA nur einen Verband pro Land als Mitglied zulässt (VÄTH 1994: 94).
Zu den weiteren Aufgaben des DFB gehört unter anderem die Förderung und Entwicklung des Fußballsports besonders im Jugend- und Amateurbereich, die Ausbildung von
Trainern und Schiedsrichtern sowie das Erstellen von Spielplänen und die Schaffung
von sportlichen Qualifikationskriterien wie Auf- und Abstiegsregelungen.
Als Sportveranstalter tritt der DFB bei der Ausrichtung von Länderspielen, dem DFBPokal und den beiden Regionalligen in Erscheinung. Bei den unterhalb der Regionalli43
So wollte der amerikanische Verband vor der Weltmeisterschaft 1994 die Tore vergrößern. Als Begründung wurde angeführt, dass so mehr Treffer pro Spiel erzielt werden könnten, was „Soccer“ in den
USA vermeintlich attraktiver machen sollte. Dieser Vorschlag wurde von der FIFA abgelehnt und konnte
daher nicht umgesetzt werden.
44
Das gilt nicht für Freizeit und Betriebssportmannschaften, die häufig in selbst organisierten Ligen spielen.
Seite 31
Einführung in die Struktur des Profifußballs
gen angesiedelten Amateurligen und Pokalwettbewerben fungiert der DFB indirekt über
seine Regional- und Landesverbände als Veranstalter. Der DFB hat sich in seiner Satzung der Gemeinnützigkeit verschrieben, er verfolgt dementsprechend in erster Linie
nichtwirtschaftliche Ziele (DFB 2002a: § 5).
Aus eben diesem Grund tritt er mit Beginn der Saison 2001/2002 nicht mehr als Veranstalter der beiden Bundesligen auf, sondern hat das Veranstaltungsrecht dem neugegründeten Ligaverband e.V. überlassen. Der Spagat zwischen den immer stärker werdenden wirtschaftlichen Interessen der Profiklubs und den Erfordernissen des Amateurund Breitensports ist einfach zu groß geworden. Dieser Bandbreite von Ansprüchen
fühlte sich der DFB nicht mehr gewachsen. Als Konsequenz kümmert er sich –gemäß
seiner Satzung- nun wieder verstärkt um den Amateurbereich, die Organisation und
Vermarktung der Bundesligen hat er dem Ligaverband e.V./ der Deutschen Fußball Liga GmbH übertragen.
2.1.2.3.3 Der Liga-Fußballverband e.V./ die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH
Der Liga-Fußballverband e.V. (Ligaverband) entstand 2001 aus dem Zusammenschluss
der „lizensierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Fußball-Lizenzligen Bundesliga
und 2. Bundesliga“ (LIGAVERBAND 2001a: § 1).45 Er hat seinen Sitz auch in Frankfurt.46 Der Ligaverband ist neben den Regional- und Landesverbänden ordentliches
Mitglied im DFB und daher an dessen Regularien und Statuten gebunden.
Seit der Saison 2001/02 obliegt dem Ligaverband die komplette organisatorische
Durchführung der 1. und 2. Bundesliga und hat damit den DFB als Veranstalter abgelöst
(DFL 2001: § 4).
Das operative Geschäft des Ligaverbands übernimmt die DFL Deutsche Fußball Liga
GmbH (DFL), ebenfalls mit Sitz in Frankfurt. Die DFL ist weder Mitglied im DFB,
noch handelt es sich bei ihr um einen gemeinnützigen Verein. Sie ist als Kapitalgesellschaft organisiert, deren einziger Gesellschafter der Ligaverband ist (DFL 2001: § 2).47
45
Die 36 Vereine der Bundesligen hatten bereits vor der Gründung des Ligaverbands einen besonderen
Status, sie wurden als „außerordentliche Mitglieder“ innerhalb des DFB betrachtet. Ihre Interessenvertretung vollzog sich über den Ligaausschuss, der allerdings längst nicht die Befugnisse und Handlungsvollmachten des neuen Verbands hatte (VÄTH 1994: 97ff.). Aufgrund der aktuellen Abstiegsregelung in der
2. Bundesliga verliert der Ligaverband jedes Jahr vier Vereine als Mitglieder, dieser Verlust wird durch
die aus den Regionalligen aufsteigende Klubs wieder ausgeglichen.
46
Er ist sogar im gleichen Gebäude wie der DFB untergebracht.
47
Somit bestimmt der Ligaverband –die Vertretung der 36 Profivereine- die Zusammensetzung des Aufsichtsrates und damit auch die der Geschäftsführung.
Seite 32
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Die DFL fungiert als Dienstleistungsgesellschaft für den Ligaverband, übernimmt dessen Geschäftsführung. Sie organisiert für diesen den ihm vom DFB zur Nutzung überlassenen Spielbetrieb der 1. und 2. Bundesliga und betreibt die Vermarktung der Liga
(insbesondere den Verkauf der Fernsehübertragungsrechte).
Der Ligaverband ist hingegen selbst nur noch für die Erteilung der Lizenzen an Spieler
und Vereine zuständig (LIGAVERBAND 2001a: § 4c ff.).48 Ohne Lizenz dürfen weder
Spieler noch Vereine am Spielbetrieb teilnehmen.
Ein Spieler erhält die Lizenz recht einfach. Grundlage dafür ist ein gültiger Arbeitsvertrag mit einem Verein der 1. oder 2. Bundesliga sowie ein Gesundheits-Check, bei dem
der Spieler seine Sporttauglichkeit unter Beweis stellen muss (LIGAVERBAND 2001b:
LOS § 2). Hat er diese beiden Kriterien erfüllt, kann er einen Vertrag mit dem Ligaverband unterzeichnen, mit dem er sich verpflichtet, dessen im Ligastatut festgehaltene
Ordnungen und Satzungen zu akzeptieren. Der Spieler ist dann Lizenzspieler. Seine
Lizenz gilt unbefristet, sie erlischt jedoch bei einem Wechsel ins Ausland oder mehr als
zweijähriger Arbeitslosigkeit (LIGAVERBAND 2001b: LOS § 3). In besonderen Fällen
wie zum Beispiel bei Verstößen gegen das Ligastatut kann die Lizenz auch entzogen
werden.
Während die Erlangung einer Lizenz für einen Spieler eigentlich nur als eine Formalie
zu betrachten ist, gestaltet sich dies bei Vereinen schon schwieriger. Sie müssen sich
jedes Jahr aufs Neue um eine Lizenz beim Ligaverband bewerben. Dafür haben sie eine
ganze Menge an Qualifikationen und Kriterien zu erfüllen (LIGAVERBAND 2001b:
LO § 2ff.):
(1) Die sportliche Qualifikation: Grundlage für die Erlangung einer Lizenz ist die
sportliche Qualifikation für die 1. oder 2. Bundesliga. Ein Verein erfüllt dieses
Kriterium, wenn er die vorangegangene Spielzeit in einer der beiden Ligen gespielt hat, ohne dabei die Saison auf einem der momentan vier Abstiegsplätze in
der 2. Bundesliga beendet zu haben. Alternativ dazu erwirbt ein Klub, der die
Saison auf einem zum Aufstieg berechtigenden Rang in der dritten Liga, der Regionalliga, abschließt die sportliche Zugangsberechtigung zur 2. Bundesliga für
die kommende Spielzeit und erfüllt damit das Kriterium ebenfalls.
48
Die Bedingungen für die Erteilung der Lizenzen sind im Ligastatut festgelegt, welches sich aus der
Lizensierungsordnung (LO), der Lizenzordnung Spieler (LOS), der Spielordnung des Ligaverbandes
(SpOL) und der Ordnung für die Verwertung kommerzieller Rechte (OVR) zusammensetzt (LIGAVERBAND 2001b).
Seite 33
Einführung in die Struktur des Profifußballs
(2) Organisatorische Anforderungen: Der Bewerber muss in das Vereins- beziehungsweise das Handelsregister eingetragen sein und sich zudem in seiner Satzung der vom Ligaverband und vom DFB festgelegten Statuten und Durchführungsbestimmungen sowie der Gemeinnützigkeit verpflichtet haben.
Für Vereine, die ihren Lizenzspielerbereich auf eine Kapitalgesellschaft ausgelagert haben gilt zusätzlich, dass der Name des Muttervereins im Namen der Gesellschaft geführt wird. Firmennamen sind dabei als Zusatz unzulässig, der Sitz
der Gesellschaft muss mit dem des Vereins identisch sein. Darüber hinaus hat
die Kapitalgesellschaft ihre Beteiligungsstruktur gegenüber dem Ligaverband
offen zu legen.
(3) Technische und spieltechnische Anforderungen: Der Bewerber muss mindestens zwölf Lizenzspieler mit deutscher Staatsangehörigkeit sowie einen Trainer
mit DFB-Lizenz unter Vertrag stehen haben.49 Die Spieler müssen dem Verein
die Verwertung ihrer Persönlichkeitsrechte vertraglich zugesichert haben, die
der Verein dann wiederum dem Ligaverband und dem DFB zu deren Nutzung
zu überlassen hat.
Das als Spielstätte dienende Stadion hat über ein Fassungsvermögen von mindestens 15.000 Zuschauern zu verfügen und muss sicherheitstechnischen Ansprüchen genügen. In Einzelfällen werden befristete Ausnahmeregelungen gewährt. Zudem muss der Verein über mindestens zehn weitere Mannschaften im
Amateur- und Jugendbereich verfügen und zur Förderung der Jugendarbeit ein
Leistungszentrum betreiben oder zumindest konkret planen.
(4) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit: Der Bewerber hat eine Bilanz zum 31.12.
des abgelaufenen Jahres sowie detaillierte Gewinn- und Verlustrechnungen für
die komplette abgelaufene Saison und für die erste Hälfte des laufenden Spieljahres vorzulegen.50 Des weiteren ist ein Lagebericht des Vorstandes beziehungsweise der Geschäftsführung und Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen für
die zweite Hälfte der laufenden Saison und die komplette kommende Saison erforderlich. Die Richtigkeit all dieser Unterlagen hat ein Wirtschaftsprüfer zu testieren.
Darüber hinaus hat der Bewerber eine Kaution zu entrichten und dem Ligaverband Dokumente vorzulegen, anhand derer sich die wirtschaftlichte Gesamtsituation des Vereins beurteilen lässt. Hier sind in erster Linie Vermarktungsverträ49
50
Bei ausländischen Trainer wird deren Lizenz in der Regel anerkannt.
Für ein Spieljahr gilt der Zeitraum vom 01.07. bis zum 30.06..
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
ge relevant. Außerdem muss der Bewerber den Ligaverband mit einer schriftlichen Erklärung dazu bemächtigen, dass dieser Erkundungen bei Kreditinstituten
und beim zuständigen Finanzamt einholen darf.
Verbindlicher Abgabetermin für Lizenz-Bewerbungsunterlagen ist der 15. März, Bewerber aus dem Amateurfußball haben ihre Unterlagen schon am 1. März einzureichen.51
Die Lizenz gilt, wie bereits erwähnt, jeweils nur für eine Spielzeit und erlischt beim
sportlichen Abstieg aus der 2. Bundesliga. Werden die Auflagen nicht erfüllt, kann eine
bereits erteilte Lizenz wieder entzogen oder eine neue verweigert werden.52
Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass eine Lizenz unter gewissen Vorgaben vergeben wird, die von den Vereinen nachträglich erfüllt werden können. Der Hauptgrund für
die Verweigerung der Lizenz ist der nicht als ausreichend erachtete Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; aufgrund von technischen oder organisatorischen Mängeln ist noch keinem Verein die Lizenz entzogen beziehungsweise nicht erteilt worden.
Tabelle 2.4: Mögliche Szenarien bei der Lizenzvergabe
Liquidität
Vermögenslage
Lizenzerteilung
1
OK
OK
positiv
2
OK
Mängel
Mängel
OK
Mängel
Mängel
mit Auflagen, wie zum Beispiel Transferüberschuss
mit Bedingungen, die innerhalb einer
bestimmten Frist zur Lizenzerteilung
erfüllt werden müssen
negativ
3
4
Quelle. SPORTS-CONSULT (2002a)
Sinn und Zweck des Lizensierungsverfahrens ist in erster Linie die Verhinderung eines
insolvenzbedingten Ausscheidens eines Klubs während der laufenden Saison. Dieses
hätte zum einen fatale Folgen für die Glaubwürdigkeit und Integrität des Wettbewerbs,
51
Da dann meistens noch kein Aufsteiger verbindlich feststeht, müssen alle Vereine, die für den sportlichen Aufstieg in Frage kommen, entsprechende Unterlagen einreichen. Wird keine Lizenz beantragt oder
werden die Unterlagen zu spät vorgelegt, ist ein Aufstieg –trotz sportlicher Qualifikation- nicht möglich.
52
Dass es sich bei dem Lizensierungsverfahren und den damit verbundenen Auflagen keineswegs um ein
„stumpfes Schwert“ handelt, haben einige Vereine bereits zu spüren bekommen: Erster Absteiger durch
Lizenzentzug war Hertha BSC Berlin am Ende der Bundesligasaison 1964/65. Der bisher letzte Klub, den
dieses Schicksal ereilte, war der Zweitligist Tennis-Borussia Berlin, der für die Saison 2000/01 aufgrund
des fehlenden Nachweises wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit keine neue Lizenz erhielt. Am bislang
häufigsten wurde Rot-Weiß Essen die Lizenz entzogen, nämlich in den Zweitliga-Spielzeiten 1990/91
und 1993/94. In der Saison 1996/97 kam Essen einem drohenden erneuten Lizenzentzug durch den sportlichen Abstieg aus der 2. Bundesliga zuvor.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
zum anderen würde es sich auch negativ auf die Einnahmesituation der übrigen Vereine
auswirken.53 Bislang musste sich noch kein Verein vom laufenden Spielbetrieb der 1.
und 2. Bundesliga zurückziehen.54
Zudem soll das Lizensierungsverfahren als Nebeneffekt einen ruinösen wirtschaftlichen
Wettbewerb der Vereine untereinander, das sogenannte Rattenrennen, unterbinden, in
dem es Misswirtschaft sanktioniert.
Die Anwendung eines Lizensierungsverfahrens ist jedoch keinesfalls eine Erfindung des
Ligaverbands, sondern wurde vorher auch schon vom DFB praktiziert, der ein ähnliches
Verfahren auch für die Regional- und -neuerdings auch- Oberligen anwendet.55
Aufgrund der Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung vor allem südeuropäischer
Vereine hat die UEFA vor kurzem –im Sinne der Wahrung einer Chancengleichheitangekündigt, ebenfalls ein Lizensierungsverfahren der Teilnahme an den EuropacupWettbewerbe vorzuschalten.56 Das Verfahren soll zur Saison 2003/04 erstmals praktiziert werden und den unter den Vereinen betriebenen ruinösen Wettbewerb sanktionieren und damit eindämmen (EBEL/ KLIMMER 2001: 179ff.).
Durch die Gründung des Ligaverbands und der DFL und der damit einhergehenden
Übernahme der Organisations- und Veranstaltungsrechte für die beiden Profiligen haben die Vereine der 1. und 2. Bundesliga deutlich an Macht und Einfluss gewonnen. Als
kritisch bleibt aber vor allem die Tatsache anzusehen, dass die Klubs nun indirekt über
den Ligaverband, deren Mitglieder sie ja sind, selbst für die Lizenzvergabe verantwortlich sind.
Bei den ersten echten Bewährungsproben konnten sowohl Ligaverband als auch die
DFL wenig überzeugen. Während der Ligaverband bei dem erstmals komplett eigenverantwortlich durchgeführten Lizensierungsverfahren ein heilloses Chaos verursachte, das
am Ende von einem ordentlichen Gericht „entwirrt“ werden musste, verhielt sich die
53
Sie hätten ein Heimspiel weniger. Zudem steht zu befürchten, dass aufgrund der negativen Publicity
Sponsoren abspringen oder das Fernsehen seine Zahlungen reduziert.
54
Das ist so nicht ganz korrekt: Nach dem ersten Spieltag der Saison 1979/80 wurde der Zweitligist SC
Westfalia Goldin Herne in Folge der Insolvenz seines Mäzens und Hauptsponsors Goldbach und dem
damit einhergehenden Verlust der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vereins vom DFB zur Rückgabe der Lizenz gedrängt. Herne wurde in die Oberliga zurückgestuft, die bereits ausgetragene Partie gegen
Herford annulliert und Rot-Weiß Lüdenscheid, der Absteiger der Vorsaison, rückte stattdessen nachträglich in die Liga auf.
55
Wobei die dort angewendeten Lizensierungsverfahren längst nicht so umfangreich sind.
56
Chancengleichheit deshalb, weil einige UEFA-Mitgliederverbände für die Teilnahme an den nationalen
Ligen ein Lizensierungsverfahren praktizieren (zum Beispiel Deutschland), andere Mitgliederverbände
jedoch nicht (zum Beispiel Spanien): Während Real Madrid bis zum Verkauf seines Trainingsgeländes an
die Stadt einen Schuldenberg im dreistelligen Millionenbereich (Euro) aufgetürmt und weiter nur die
teuersten Spieler unter Vertrag genommen hat, wäre dies für einen Bundesligisten kaum möglich, da er
seine Lizenz in Folge der Verbindlichkeiten längst verloren hätte.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
DFL zu Beginn der Kirch-Krise viel zu zögerlich und zurückhaltend, indem sie weiterhin von der Erfüllung der Verträge ausging (siehe Kapitel 6).57
Festzuhalten bleibt des weiteren, dass der DFB die Organisation und Vermarktung der
beiden Profiligen dem Ligaverband/ der DFL nur zur Nutzung überlassen hat. Mit der 1.
und 2. Bundesliga gibt der DFB einen finanziell profitablen Bereich auf. Daher wurde
ein Grundlagenvertrag zwischen DFB und Ligaverband verfasst, der die aus der Nutzungsüberlassung resultierenden Rechte und Pflichten für beide Vertragsparteien verbindlich regelt (DFB 2000). So verpflichtet sich der Ligaverband drei Prozent seiner
jährlichen Einnahmen aus Eintrittskarten und der Rechtevermarktung, mindestens aber
12,8 Millionen Euro, an den DFB abzuführen. Im Gegenzug muss der DFB 25 Prozent
der Erlöse aus den Spielen der Nationalmannschaft, mindestens aber 4,1 Millionen Euro, an den Ligaverband überweisen.
Zudem hat der Ligaverband die Verzahnung von Amateur- und Profiligen auch weiterhin zu gewährleisten; er darf folglich die Auf- und Abstiegsregelungen nicht außer Kraft
setzen (LIGAVERBAND 2001a: § 6).
Bei Vernachlässigung oder Nichterfüllung der im Grundlagenvertrag geregelten Pflichten durch den Ligaverband fallen die Veranstaltungsrechte wieder an den DFB zurück.
2.1.3 Der Endkombinationsprozess
Wir haben jetzt also einen Sportveranstalter und Sportunternehmen, die unter Bezugnahme von internen Produktionsfaktoren ihre Leistungsfähigkeit aufgebaut haben. Aber
erst im Rahmen des Endkombinationsprozesses kommt es zur Erstellung des eigentlichen Outputs „professioneller Fußball“ (BENNER 1992: 42). Auf der vom Sportveranstalter organisierten Veranstaltung treffen mindestens zwei Sportunternehmen aufeinander und rufen dabei ihre vorbereiteten Leistungen ab. Das Ergebnis ist ein sportlicher
Wettkampf.
Diese Tatsache ist für sich allein genommen noch nichts außergewöhnliches, Wettkämpfe dieser Art finden jedes Wochenende auf Tausenden von Sportplätzen zwischen
Konstanz und Flensburg statt. Zum „professionellen Fußball“ wird die Sportveranstal-
57
So wurde erst dem SSV Reutlingen, dann Eintracht Frankfurt die Lizenz für die 2. Bundesliga verweigert, später dann doch mit Auflagen wieder zurückgegeben. Leidtragender war unter anderem die SpVgg.
Unterhaching, die bis zwei Wochen vor Saisonstart nicht wusste, ob sie als sportlicher Absteiger nun in
der Regionalliga antreten musste oder doch in der 2. Bundesliga verbleiben konnte und später ein ordentliches Gericht mit Klärung der Frage beauftragte.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
tung erst durch die direkte Miteinbeziehung externer Faktoren wie Zuschauern und Medien, die den Output konsumieren und weiter vermarkten (BENNER 1992: 43).
2.1.3.1 Koproduktion auf den Sportveranstaltungen: Der sportliche Wettkampf
Dass es sich bei dem sportlichen Wettkampf um eine Koproduktion der beteiligten
Sportunternehmen handelt, ist bereits erwähnt worden. Daraus ergeben sich jedoch auch
weitreichende Konsequenzen: Im Unterschied zu einem „normalen“ Wirtschaftsunternehmen ist das Erreichen einer absoluten Monopolstellung für einen Sportverein nicht
nur nicht erstrebenswert, sogar das Gegenteil ist der Fall, es würde sich absolut fatal
auswirken. Denn zum Erstellen des Outputs „professioneller Fußball“ benötigt ein Verein immer einen Gegner, alleine kann er nicht produzieren. Sportunternehmen stehen
folglich in assoziativer Konkurrenz zueinander.
Um möglichst große wirtschaftliche Gewinne durch Eintrittsgelder oder Fernsehrechte
zu erlösen, benötigt jeder Verein möglichst starke Gegenspieler, damit der Ausgang des
sportlichen Wettkampfs mit einem gewissen Grad an Spannung bezüglich des Ausgangs
behaftet bleibt. Eine Monopolstellung würde innerhalb kurzer Zeit die Gewinne aller
Vereine schmälern, weil die Zuschauer und die Öffentlichkeit dann –mangels Spannung- das Interesse an der Sportart verlieren.58 Dieses Phänomen wird in der sportökonomischen Literatur als „Louis-Schmeling-Paradox“ bezeichnet, woraus häufig auch
eine „Besonderheitshypothese“ für den Sportbereich abgeleitet wird (NEALE 1975).
HEINEMANN spricht daher von der „Schädlichkeit einer sportlichen Monopolstellung“
(2001: 21).59
Im Anschluss an diese grundlegenden Überlegungen soll im folgenden die organisatorische Veranstaltungsform der Sportwettkämpfe behandelt werden.
Als adäquate Veranstaltungsform im Fußball wird meistens die Liga bevorzugt. In einer
Liga treten die teilnehmenden Vereine in einer vorher festgelegten Anzahl von Spielen
zum Zweck des sportlichen Wettkampfes gegeneinander an. Das besondere daran ist,
dass die einzelnen Begegnungen in ein „Metaspiel“ eingebunden sind (FRANCK/
MÜLLER 2000a: 8ff.). Dieses „Metaspiel“ ist die Meisterschaft. Die einzelnen Spiele
werden verknüpft und in einen größeren Zusammenhang gestellt. Durch diesen überge58
Es wäre ja zum Beispiel denkbar, dass ein erfolgreicher Verein alle talentierten Spieler der Konkurrenz
aufkauft.
59
So hatte der mit Abstand erfolgreichste Verein im deutschen Profifußball, der FC Bayern München,
immer wenigstens einen annähernd gleichstarken Rivalen: In den siebziger Jahren war Borussia Mönchengladbach der große Gegenspieler der Bayern, in den achtziger Jahren schlüpfte Werder Bremen in
diese Rolle. Seit Beginn der neunziger Jahre ist nun Borussia Dortmund der große Rivale der Bayern.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
ordneten Rahmen erhält die einzelne Begegnung einen Sinn, wird bewert- und vergleichbar.60
Ziel der Meisterschaft ist es, eine Rangfolge unter den teilnehmenden Vereinen herzustellen und so die beste Mannschaft, den Meister, zu ermitteln. Aufgrund dieses Anspruchs wird der Liga in der Literatur häufig ein Monopolcharakter zugeschrieben
(FRANCK/ JUNGWIRTH 1999: 123, DREWES 2002: 115ff.).
Grundvoraussetzungen für das erfolgreiche Bestehen einer Liga sind die Normierung
der Wettkampfbedingungen und Regeln sowie die Sicherstellung der sportlichen Integrität (KIPKER/ PARENSEN 1999: 139). Das ist wichtig, um die Vergleichbarkeit der
sportlichen Leistungen und die Glaubwürdigkeit der Liga zu gewährleisten. Für die erste Bedingung hat der Sportveranstalter zu sorgen. Er legt vor Beginn einer Spielzeit -der
Saison- Regeln und Vorgaben für alle teilnehmenden Mannschaften verbindlich fest.
Die Sicherstellung der sportlichen Integrität obliegt in erster Linie den Mannschaften.
Sie müssen dem Zuschauer durch ihr Auftreten und ihr Engagement beweisen, dass sie
während des sportlichen Wettkampfes sprichwörtlich alles geben.61 Sonst ist der Sinn
der Meisterschaft in Frage gestellt.
Das Produkt „Meisterschaft“ entsteht durch die Kooperation der Vereine (FRANCK/
JUNGWIRTH 1999: 121ff.): Der geleistete Beitrag des einzelnen Vereins ist dabei
kaum zu erkennen, daher kann man von einer Teamproduktion sprechen. Die Vereine
sind auf die sportlichen Gegenspieler angewiesen, können nicht alleine „produzieren“;
sie stehen in „assoziativer Konkurrenz“ zueinander (HEINEMANN 2001: 19).
Neben der Liga existiert als Veranstaltungsform der Cup-Wettbewerb. Im Unterschied
zu dieser wird der Cup-Wettbewerb im „K.o.-Verfahren“ ausgetragen: Die Spielpaarungen der teilnehmenden Vereine werden dabei durch ein Los- und/ oder Setzverfahren
festgelegt. Der Sieger der jeweiligen Partie kommt dabei eine Runde weiter, der Verlierer scheidet aus. Die für die Liga geltenden Voraussetzungen von Normierung und
sportlicher Integrität gelten für den Cup-Wettbewerb natürlich ebenfalls.
Cup-Wettbewerbe sind im Fußball weit verbreitet, sie finden aber fast ausschließlich als
zusätzliche Wettbewerbe neben dem normalen Liga-Betrieb statt. Der Grund dafür ist
60
So erhält der Sieger einer Partie Punkte, der Verlierer keine. Bei einem Unentschieden kommt es zur
sogenannten Punkteteilung, die aber bei Anwendung der Drei-Punkte-Regelung keine mehr ist, da jeder
Verein nur einen Punkt erhält. Ähnlich verfährt man mit den erzielten und kassierten Toren, aus denen die
Differenz gebildet wird. Als Ergebnis wird eine Tabelle erstellt, welche die Rangfolge der Vereine gemäß
ihrer erzielten Punkte wiederspiegelt. Erst bei Punktgleichheit wird die Tordifferenz zu Rate gezogen.
61
Dass dieser Punkt nicht zu unterschätzen ist, zeigt der Einbruch der Zuschauerzahlen nach bekannt
werden des Bundesliga-Skandals in den siebziger Jahren. Durch verkaufte und manipulierte Spiele hatte
die Liga für einen Teil der Zuschauer ihre Glaubwürdigkeit verloren. Zum Bundesliga-Skandal siehe auch
BENDER/ KÜHNE-HELLMESSEN (1998: 94ff.).
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
sehr einfach zu erklären, er hängt mit der finanziellen Planungssicherheit für die Vereine zusammen (FLORY 1997: 21ff.). Die Liga garantiert eine feste Anzahl von Spielen
und somit kalkulierbare Einnahmen. Diese Planbarkeit ist bei Cup-Wettbewerben nicht
gegeben, da kein Verein vorher wissen kann, wie viele Spiele er in diesem Wettbewerb
tatsächlich bestreiten wird.
2.1.3.1.1 Franchise- versus Relegationsligen
Die Teilnehmer an einer Ligameisterschaft können auf unterschiedliche Weise ermittelt
werden. Zum einen kann dies über die sportliche Qualifikation erfolgen, zum anderen
kann das Teilnahmerecht erkauft werden. Im ersten Fall spricht man daher von Relegationsligen, im zweiten Fall von sogenannten „Franchiseligen“. Obwohl der europäische
Fußball ausschließlich in Form von Relegationsligen veranstaltet wird, ist es dennoch
sinnvoll, sich einmal auch kurz mit dem Konzept der in Nordamerika sehr populären
Franchiseliga zu befassen.62
Für eine Relegationsliga müssen sich die teilnehmenden Mannschaften jede Saison erneut sportlich qualifizieren. Das bedeutet, dass sie in der abgelaufenen Spielzeit so erfolgreich gewesen sein müssen –sprich so viele Punkte erzielt haben-, um nicht auf einem Abstiegsrang zu stehen. Oder sie müssen in der darunter rangierenden Liga einen
Platz belegt haben, der zum Aufstieg berechtigt.
Das Konzept der Relegationsliga sieht eine vertikale, hierarchische Struktur vor. Unterhalb der obersten Liga existieren weitere Ligen, die durch Auf- und Abstiegsregelungen
miteinander verbunden sind. So ist es auch Mannschaften aus den untersten Ligen möglich –die finanziellen Mittel und den sportlichen Erfolg vorausgesetzt-, irgendwann
einmal am Betrieb der obersten Spielklasse teilnehmen zu können. Die Zusammensetzung der Ligen ändert sich jede Spielzeit, man kann daher auch von einem offenen saisonalen Markt sprechen (ERNING 2000: 107).
Im Gegensatz dazu ist eine Franchiseliga ein eher geschlossener Markt. Die Mitgliedschaft in einer Franchiseliga ist an den Erwerb einer Lizenz gekoppelt. Es gibt keine
Absteiger, weil keine Ligen darunter existieren. Die bereits dem Teilnehmerkreis der
Liga angehörenden Vereine entscheiden darüber, ob ein interessierter Bewerber die Lizenz erwerben darf oder nicht. Entscheidend für den Verkauf der Lizenz ist die Größe
62
Den Unterschied zwischen den beiden Ligatypen aufzugreifen erscheint sehr sinnvoll, da ihn viele
Autoren sportökonomischer Veröffentlichungen nicht wahrnehmen und Forschungsergebnisse aus den
amerikanischen Ligen ohne Berücksichtigung der anders gearteter Strukturen direkt auf Europa übertragen wollen (z.B. FRICK/ WAGNER 1996 oder KRUSE/ QUITZAU 2002).
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
des Einzugsgebiets und die geographische Lage des Bewerbers. Ist sein Einzugsgebiet
zu klein –und damit das verbundene Zuschaueraufkommen zu gering- oder liegt es im
Einzugsbereich eines anderen, bereits in der Liga spielenden Teams, wird sein Ansinnen, in die Liga aufgenommen zu werden, abgelehnt, da den anderen Teams daraus ein
finanzieller Schaden erwachsen würde.
Aus diesem Grund wird häufig behauptet, in Franchiseligen fände automatisch eine effizientere Ressourcenallokation statt als in Relegationsligen (DREWES 2002: 117ff.).
Dafür weisen Relegationsligen eine deutlich höhere Wettbewerbsintensität auf (ERNING 2000: 110, DREWES 2002). Jeder Verein hat seine Mitgliedschaft in der Liga
jedes Jahr aufs Neue sportlich zu bestätigen, indem er nicht auf einem Abstiegsrang
landet. Die Relegation ist als eine Art Sanktionsmechanismus zu begreifen, die sportliche und finanzielle Ineffizienz und Misswirtschaft bestraft:63 Die jeweils schwächsten
Teams einer Saison scheiden aus und werden durch die stärksten Mannschaften der darunter liegenden Liga ersetzt. Ähnlich wie in der Marktwirtschaft wird auch in Relegationsligen der Wettbewerb als das dominierende Verfahren zur Effizienzsteigerung angesehen.
Nach diesen eher theoretischen Erörterungen werden jetzt die nationalen und internationalen Wettbewerbe im Fußball dargestellt und etwas näher erläutert.
2.1.3.1.2 Die nationalen Wettbewerbe: Bundesliga und DFB-Pokal
Der wichtigste nationale Wettbewerb ist die Deutsche Meisterschaft. Seit 1963 ist die
Bundesliga die oberste Spielklasse in Deutschland; der Sieger dieser Liga erringt den
Titel des Deutschen Meisters.64 Mittlerweile gehören der Bundesliga achtzehn Vereine
an, die jeweils zweimal -in Hin- und Rückrunde- bei wechselndem Heimrecht gegeneinander antreten.
Seit der Spielzeit 1995/96 kommt bei der Bewertung der Spiele die Drei-Punkte-Regel
zur Anwendung (siehe Fußnote 48). Die Bundesliga ist eine typische Relegationsliga;
zur Zeit müssen die schlechtesten drei Vereine am Ende der Spielzeit in die 2. Bundesliga absteigen und werden durch die besten drei Mannschaften eben dieser Liga ersetzt.
Der seit 1974 existierenden 2. Bundesliga folgen die beiden Regionalligen Nord und
Süd, und so geht es immer weiter bis hinab auf die Ebene der kommunalen Kreisligen.
63
Auf den Zusammenhang von sportlichem und finanziellen Erfolg ist bereits hingewiesen worden.
Deutsche Meister werden im Fußball bereits seit 1903 ermittelt, die Austragung in Form einer zentralen
Profiliga existiert erst seit der Spielzeit 1963/64. Für nähere Informationen zur Gründung der Bundesliga
siehe auch WEISS (2000: 30ff.) und SCHULZE-MARMELING (2000: 128ff.).
64
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
Aufgrund der Tatsache, dass die FIFA nur einen nationalen Vertreter pro Land als Mitglied akzeptiert, hat die Bundesliga eine absolute Monopolstellung inne. Eine Konkurrenzliga gab es noch nie und wird es in absehbarer Zeit wohl auch nicht geben.65
Neben der Deutschen Meisterschaft wird seit 1935 auch ein nationaler Pokalwettbewerb
ausgetragen. Der Wettbewerb wird in Anlehnung an den Veranstalter DFB-Pokal genannt. Der DFB-Pokal ist ein klassischer Cup-Wettbewerb, bei dem gemäss dem „K.o.Verfahren“ immer nur der Sieger einer Spielpaarung eine Runde weiter kommt.66 Insgesamt nehmen an der Hauptrunde des Pokals 64 Mannschaften teil, die dann per Losentscheid zu Spielpaarungen gesetzt werden. Amateurmannschaften (also Regionalliga und
darunter) genießen gegen Profiklubs aus der 1. und 2. Bundesliga automatisch Heimrecht, damit sie eine reelle Chance auf das Weiterkommen besitzen. Die einzige Ausnahme dieser Regel betrifft den Austragungsort des Finales, das seit 1985 immer im
Berliner Olympiastadion gespielt wird.
Das Teilnehmerfeld des DFB-Pokals setzt sich zusammen aus den 36 Profivereinen der
beiden Bundesligen, den vier Absteigern aus der 2. Liga, und den 21 Verbandspokalsiegern der Landesverbände.67 Der Pokal hat bei den großen Bundesligavereinen stark an
Bedeutung verloren, obwohl ein Sieg in diesem Wettbewerb immer noch einen Startplatz im UEFA-Cup bedeutet. Das liegt vor allem daran, dass der Pokal finanziell wenig
lukrativ ist.68
Für die kleinen Amateurvereine ist der DFB-Pokal häufig das Highlight des Jahres,
wenn sie –entsprechendes Losglück natürlich vorausgesetzt-, einen hochkarätigen Bundesligisten wie Bayern München oder Borussia Dortmund vor heimischem Publikum
herausfordern können. Nicht selten enden die Partien „David gegen Goliath“ mit einer
faustdicken Überraschung. Vestenbergsgreuth, Magdeburg und zuletzt die Amateure
vom VfL Wolfsburg lassen grüßen.69 Neben dem sportlichen Aspekt sind für die kleinen Vereine vor allen Dingen die Zuschauereinnahmen wichtig.
65
Bis auf die lokalen Freizeit- und Betriebssportligen findet alles, was in Deutschland irgendwie mit
Fußball zu tun hat, unter dem Dach von DFB/ DFL statt.
66
Es findet nur ein Spiel zwischen den beiden Mannschaften statt. Sollte es nach Ablauf der regulären
Spielzeit unentschieden stehen, gibt es erst eine Verlängerung. Wenn die Partie dann immer noch nicht
entschieden sein sollte, wird der Sieger per Elfmeterschiessen ermittelt.
67
Dem aufmerksamen Leser dürfte nicht entgangen sein, dass es sich dabei in der Summe nur um 61
Mannschaften handelt. Die verbleibenden drei Startplätze gehen an die Verlierer der VerbandspokalEndspiele der Landesverbände, welche die meisten Herrenmannschaften im Spielbetrieb haben.
68
Ein weiterer Grund für den Bedeutungsverlust des Pokals ist in der Abschaffung des exklusiv für die
nationalen Pokalsieger ausgerichteten Europacups der Pokalsieger im Jahre 1999 zu sehen.
69
Die mittlerweile mit der SpVgg Fürth fusionierte Mannschaft warf in der Spielzeit 1994/95 als Drittligist sensationell den damals amtierenden Meister Bayern München aus dem Pokal. Das gleiche Kunststück gelang dem damals viertklassigen 1. FC Magdeburg in der Saison 2000/01. Zuletzt sorgten die
Seite 42
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Neben den beiden bedeutenden Wettbewerben Deutsche Meisterschaft und DFB-Pokal
existieren noch das DFB-Hallenmasters und der Ligapokal. Diese beide Veranstaltungen dienen in erster Linie der Unterhaltung des Publikums in der fußballlosen Zeit in
der Winter- und Sommerpause. Die Bedeutung des seit 1988 veranstalteten Hallenmasters lässt sich allein aus der Tatsache ableiten, dass es 2002 wegen Terminproblemen
gar nicht erst ausgetragen worden ist. Die Zukunft dieses Wettbewerbs steht mehr denn
je in Frage, da die meisten Vereine die Winterpause in Zukunft zur Regeneration nutzen
wollen (und müssen).
Etwas anders verhält es sich mit dem vor Beginn der Saison stattfindenden Liga-Pokal.
Teilnehmen dürfen der Meister und der Pokalsieger sowie die Vereine, welche die vorangegangene Bundesligasaison auf den Plätzen zwei bis fünf abgeschlossen haben. Der
Liga-Pokal ist ebenfalls ein klassischer Cup-Wettbewerb mit „K.o.-Verfahren“. Auch
wenn der Titel als sportlich eher wertlos einzustufen ist, bleibt der Wettbewerb durch
seine unverhältnismäßig hohen Preisgelder interessant. So erhält der Sieger in der
Spielzeit 2002/03 circa 1,27 Millionen Euro Prämie.
2.1.3.1.3 Die europäischen Wettbewerbe: Champions League und UEFA-Cup
Neben den nationalen Veranstaltungsformen Meisterschaft und Pokal sind auch die von
der UEFA ausgerichteten europäischen Pokalwettbewerbe Champions League und UEFA-Cup von besonderer Bedeutung. Die Teilnahme an diesen finanziell lukrativen und
prestigeträchtigen Veranstaltungen ist nur den bestplatzierten Vereinen der nationalen
Ligen möglich.
Wie viele Startplätze im Europacup einem Land im Europacup zustehen, hängt vom
bisherigen Abschneiden seiner Klubs in diesen Wettbewerben ab. Die UEFA hat dafür
eine Fünfjahres-Wertung eingeführt, in der es für jeden Sieg und jedes Unentschieden
einer Mannschaft im Europacup Punkte gibt. Die Länder, die in dieser Wertung auf den
ersten Plätzen stehen, erhalten maximal sechs Europacup Startplätze ( vier für die
Champions League und zwei für den UEFA-Cup), die nachfolgenden Nationen weniger. Die Zahl der Startplätze pro Land bemisst sich folglich nach dem Leistungsprinzip.70
ebenfalls viertklassigen Amateure des VfL Wolfsburg im Pokal für Furore, als sie den späteren Deutschen
Meister Borussia Dortmund bereits in der ersten Runde ausschalten konnten.
70
Der aktuelle Zwischenstand und der Modus der UEFA-Fünfjahres-Wertung wird regelmäßig im Kicker
Sportmagazin veröffentlicht.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
Da es (noch) keine gemeinsame europäische Liga gibt, ist mit dem Europapokal ein
zusätzlicher Wettbewerb geschaffen worden, dessen Ziel die Ermittlung der besten
Mannschaft des Kontinents ist. Der Kernbereich für die Vereine bleibt aber weiterhin
die nationale Liga. Nur eine erfolgreiche Saison in der Liga und die Belegung eines
Qualifikationsplatzes beschert einem Verein die Teilnahme an einem europäischen
Wettbewerb.
Der wichtigste europäische Vereinswettbewerb ist die Champions League, ein recht
neuer Wettbewerb, der 1992 an die Stelle des seit 1956 ausgetragenen Europapokals der
Landesmeister getreten ist. Der Austragungsmodus ist in diesem kurzen Zeitraum jedoch sehr oft verändert worden; die wohl einschneidendste Neuerung war die Öffnung
des Wettbewerbs für die Vize-Meister der erfolgreichsten Nationen in der UEFAFünfjahres-Wertung ab der Spielzeit 1997/98. Bis dahin war der Wettbewerb exklusiv
nur den jeweiligen Landesmeistern vorbehalten. Seit diesem Zeitpunkt ist die Champions League im Hinblick auf ihren Namen eigentlich eine „Mogelpackung“.
Die Ausweitung des Teilnahmerechts auch auf die zweitplatzierten Vereine ging den
großen europäischen Ligen wie England, Spanien, Italien und Deutschland noch nicht
weit genug. Mittlerweile war die Champions League finanziell derart lukrativ geworden, dass noch mehr Mannschaften aus diesen Ländern davon profitieren wollten: 1998
drohten die in der „G14“ vereinigten europäischen Spitzenklubs mit der Schaffung eines
eigenen Wettbewerbs.71 Diesem Druck war die UEFA nicht gewachsen, und deshalb
dürfen seit 1999 auch die Meisterschaftsdritten und -vierten aus den erfolgreichsten
Ligen an der Champions League teilnehmen, vorausgesetzt, sie haben die davor geschalteten Qualifikationsrunden überstanden.72
Der Austragungsmodus der Champions League entspricht dem Wunsch der Vereine,
möglichst viele, fest einkalkulierbare Spiele zu haben. Es ist eine Mischung aus Ligaund Cup-Wettbewerb-Elementen.. Die 32 Teilnehmer beginnen in der Vorrunde in acht
Vierergruppen, in denen jeder zweimal gegen jeden spielt (bei wechselndem Heimrecht). Jede Mannschaft hat also auf jeden Fall sechs Spiele sicher. Die beiden erstplat71
Hinter der Bezeichnung „G14“ verbergen sich Real Madrid, FC Barcelona, FC Liverpool, Manchester
United, AC Mailand, Inter Mailand, Juventus Turin, Ajax Amsterdam, PSV Eindhoven, Paris St. Germain, Olympique Marseille, FC Porto, Bayern München und Borussia Dortmund. Mit Hilfe dieses Zusammenschlusses, dessen Name an die stärksten Industrie-Nationen der Welt, die G 7, erinnern soll, versuchen diese bedeutenden Klubs, Einfluss auf Entscheidungen der UEFA nehmen. Ende August des Jahres 2002 kamen mit Arsenal London, Bayer Leverkusen, Olympique Lyon und dem FC Valencia vier
weitere Klubs dazu, so dass aus der „G14“ mittlerweile die „G18“ geworden ist.
72
In den Qualifikationsrunden müssen diese Mannschaften gegen die Klubs antreten, die in ihren Ländern
zwar Meister geworden sind, aufgrund der schlechten Platzierung ihrer Nation in der UEFA-Wertung
keinen festen Startplatz in der Champions League haben.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
zierten Mannschaften jeder Gruppe erreichen die Zwischenrunde, wo diese 16 Teams
wiederum in vier Vierergruppen nach dem bekannten System gegeneinander antreten.
Die übrig bleibenden acht Teams spielen dann ab dem Viertelfinale nach dem „K.o.Verfahren“ gegeneinander. Es gibt ein Hin- und ein Rückspiel –bei wechselndem Heimrecht. Bei Punkt und Torgleichheit kommt die Mannschaft weiter, die auswärts die
meisten Treffer erzielt hat.73 Die Ausnahme ist das Finale, das nur in einem einzigen
Spiel an einem neutralen Ort ausgetragen wird.
Bei vielen Fans und Fernsehzuschauern ist der Austragungsmodus der Champions League sehr unbeliebt, weil der Wettbewerb durch die vielen Spiele in Vor- und Zwischenrunde sehr stark “aufgebläht“ wirkt. Auch die Spannung bleibt oft auf der Strecke, da
viele Partien von vornherein bedeutungslos sind, weil die Mannschaften die weiter
kommen, bereits feststehen. Die Anwendung eines reinen „K.o.-Verfahrens“, wie früher
im Europapokal der Landesmeister praktiziert, ist aber mit der von den Klubs gewünschten Planungssicherheit nicht vereinbar.
Mittlerweile scheinen auch die UEFA und die Vereine eingesehen zu haben, dass der
jetzige Modus einfach zu viele Spiele vorsieht. Für die Saison 2003/04 ist daher die
Streichung der Zwischenrunde angekündigt worden.
Neben der „Königsklasse“, der Champions League, existiert noch der UEFA-Cup. Dieser Wettbewerb, der seit 1958 ausgetragen wird und in der Anfangszeit noch Messepokal hieß, ist von seiner Wertigkeit deutlich geringer als die Champions League einzustufen. Diese Aussage bezieht sich sowohl auf den finanziellen Aspekt, als auch auf das
sportliche Prestige. Dennoch ist der Wettbewerb für die Vereine keineswegs uninteressant. Für die einen ist er eine Art „Trostpflaster“ für die verpasste Champions LeagueQualifikation, für die anderen die Möglichkeit, ihren Zuschauern überhaupt internationale Spiele bieten zu können. Zudem sind die zusätzlichen Erlöse aus dem UEFA-Cup
besser als keine Einnahme.
Die Teilnehmer des UEFA-Cups setzen sich zusammen aus den Verlierern der Champions League-Qualifikationsrunden, den normal über die Liga qualifizierten Teams, sowie
den nationalen Pokalsiegern, deren Wettbewerb 1999 in Folge der Champions LeagueErweiterung zum letzten Mal ausgetragen worden ist. Die Spielpaarungen werden pro
Runde ausgelost, gespielt wird in Hin- und Rückspiel bei wechselndem Heimrecht nach
73
Haben beide Mannschaften auswärts die gleiche Anzahl Treffer erzielt, geht es mit einer 30-minütigen
Verlängerung weiter. Ist dann immer noch keine Entscheidung gefallen, folgt ein Elfmeterschießen.
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Einführung in die Struktur des Profifußballs
bekanntem „K.o.-Verfahren“. Das Finale wird dann nur in einem Spiel an einem neutralen Ort ausgetragen.74
Die ebenfalls von der UEFA ausgerichteten Wettbewerbe Europäischer Supercup und
UEFA-Intertoto-Cup sind recht einfach zu beschreiben. Der Titel des Europäischen Supercups wird in einem Spiel zwischen dem amtierenden Champions League-Sieger und
dem UEFA-Cup-Sieger ermittelt. Er hat jedoch sportlich gesehen überhaupt keinen
Wert und wird von den Vereinen häufig nur als lästige Pflichtaufgabe betrachtet.
Etwas anders verhält es sich mit dem UEFA-Intertoto-Cup. Bei dem Wettbewerb handelt es sich um eine Qualifikationsrunde für den UEFA-Cup. Teilnehmen können solche
Vereine, welche die direkte Qualifikation über die Liga knapp verpasst haben. Gespielt
wird nach dem gleichen Verfahren wie im UEFA-Cup. Insgesamt können sich zur Zeit
drei Mannschaften über diese „Hintertür“ ihre Teilnahmeberechtigung für den eigentlichen UEFA-Cup „erspielen“.75
Nach den Ablauf und Organisation betreffenden Ausführungen kommen wir nun zu den
für die Bundesliga interessanten Fakten. Zur Zeit sind –gemäss der FünfjahresWertung- Meister und Vizemeister direkt für die Champions League qualifiziert; der
Tabellendritte muss in die Qualifikationsrunde. Der Tabellenvierte und -fünfte darf am
UEFA-Cup teilnehmen; gleiches gilt für den DFB-Pokalsieger. Die Plätze sechs bis acht
berechtigen zur Teilnahme am UEFA-Intertoto-Cup.
Damit dürften auch die Veranstaltungsformen des nationalen und europäischen Fußballs
hinlänglich erläutert worden sein. Als nächstes folgt jetzt eine nähere Analyse des Outputs „professioneller Fußball“.
2.1.4 Der Output und seine Vermarktung: Professioneller Fußball
Bei dem im Rahmen einer Sportveranstaltung produzierten Outputs muss zunächst der
Ordnung halber unterschieden werden zwischen dem einzelnen Spiel und dem professionellen Fußball, verstanden als der Überbegriff für die Summe der in den verschiedenen
Wettbewerben ausgetragenen Spiele.
74
Das sollte zumindest so sein. Da die UEFA die Endspielorte auf Jahre im voraus bestimmt, ist es in
sehr seltenen Fällen möglich, dass ein Endspielgegner ungewollt Heimrecht genießt. Zuletzt kam Feyenoord Rotterdam in der Saison 2001/02 in den Genuss dieses Vorteils. Da die UEFA Rotterdam als Endspielort für den UEFA-Cup festgelegt hatte, konnte die holländische Mannschaft das Endspiel gegen
Borussia Dortmund vor heimischem Publikum spielen. Diese Form von Wettbewerbsverzerrung sollte in
Zukunft nicht mehr passieren, hier ist Handlungsbedarf auf Seiten der UEFA erforderlich.
75
Weitere drei Vereine erhalten einen Startplatz aufgrund einer von der UEFA durchgeführten FairnessWertung. Dadurch soll der „Fair-play“-Gedanke gefördert werden.
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Der Output „professioneller Fußball“ ist als wirtschaftliches Gut zu charakterisieren,
welches im Unterschied zu den freien Gütern nicht beliebig zur Verfügung steht und
daher durch wirtschaftliches Handeln erstellt werden muss (WOLL 1993: 50).76 Die
dabei entstehenden Kosten müssen von den Abnehmern wirtschaftlicher Güter, die dadurch einen Nutzen erfahren, erstattet werden. Genau dies ist beim professionellen Fußball auch der Fall. Die Vereine treten in finanzielle Vorleistung, indem sie die InputProduktionsfaktoren bereitstellen, sprich eine wettbewerbsfähige Mannschaft zusammenstellen und von einem Betreuerstab trainieren lassen. Im Idealfall wird dieses Engagement durch die Erlöse aus den diversen Absatzmärkten belohnt, und es werden nicht
nur die Kosten gedeckt, sondern es bleibt auch noch ein Gewinn übrig.
Der Output „professioneller Fußball“ dient den Zuschauern in erster Linie als Konsumgut, mit dem sie ihr Bedürfnis nach sportlichem Wettkampf und Unterhaltung befriedigen und für die Nutzung dieses Gutes bezahlen. Beim Konsum des Guts „professioneller Sport“ liegt zudem das ökonomische Merkmal der Nicht-Rivalität vor, wenn man
einmal davon absieht, dass bei den direkt vor Ort anwesenden Zuschauern die Kapazität
der Stadien eine Obergrenze markiert (PARLASCA 1993: 20ff.).77
Für Medien, Sponsoren und Lizenznehmer ist der professionelle Fußball hingegen ein
Produktionsgut: Die daran erworbenen Rechte werden zur Erstellung neuer Güter benötigt (BENNER 1992: 43). Dazu aber mehr in den folgenden Kapiteln.
Nach dem Verkauf der Übertragungsrechte für die Weltmeisterschaften 2002 und 2006
an den Münchener Rechtehändler Kirch und dessen Androhung, auch die Spiele der
deutschen Nationalmannschaft nur im Pay-TV zu zeigen, erklärte die Ländermedienkonferenz 1997 eben diese Spiele zu nationalen Großereignissen, von denen niemand
ausgeschlossen werden dürfe (ERNING 2000: 57ff.). Als Konsequenz müssen sie nun
weiterhin unverschlüsselt im frei empfangbaren Fernsehen übertragen werden.
Gerechtfertigt wurde der Beschluss mit dem in der Verfassung festgelegten Recht auf
die Grundversorgung mit Informationen. Der Fußball hat in diesem Fall den Rang eines
öffentlichen Gutes eingenommen. Das zeigt den Stellenwert, den dieser Sport mittlerweile in Deutschland genießt. Ob man das für überzogen oder gar unangemessen erachtet, bleibt dem Ermessen des Lesers überlassen.
76
Waren und Dienstleistungen erhalten erst durch Nachfrage den Charakter eines Gutes (WOLL 1993:
49).
77
Unter der Nicht-Rivalität versteht man, dass der Konsum einer einzelnen Person den der anderen physisch nicht beeinträchtigt (NOWOTNY 1999: 37).
Seite 47
Einführung in die Struktur des Profifußballs
2.1.4.1 Der Guts-Charakter des Outputs „professioneller Fußball“
Professioneller Fußball ist ein „immaterielles, das heißt physisch substanzloses, unstoffliches, nicht greifbares Wirtschaftsgut“ (BENNER 1992: 44). Neben dieser Tatsache
weist der Output „professioneller Fußball“ weitere Eigenschaften auf, die für Dienstleistungen typisch sind (BENNER 1992: 45):
(1) Produktion und Absatz finden zeitgleich statt, man spricht in diesem Zusammenhang auch vom sogenannten „uno-actu-Prinzip“. Der Konsument, in diesem
Fall in erster Linie der Zuschauer, muss bei der Produktion anwesend sein. Aber
nicht nur das, er bringt sich selbst durch Applaudieren, Anfeuern und ähnliches
in den Produktionsprozess mit ein. Er wird zum Mitproduzenten, zum „Prosumer“.
(2) Der Output ist nicht lagerfähig. Eine „Vorratsproduktion“ ist daher auch nicht
möglich.
(3) Die Produktion des Outputs ist standortgebunden: Die Zuschauer in der Rolle
des Konsumenten müssen sich ins Stadion begeben, und dafür teilweise lange
Anfahrten und etwaige Übernachtungen in Kauf nehmen.
Als Fazit der Überlegungen lässt sich der professionelle Fußball als eine „bilaterale
personenbezogene“ Dienstleistung charakterisieren (BENNER 1992: 46).
Diese Aussage gilt so nur für die direkt der Sportveranstaltung beiwohnenden Zuschauer. Für den Bereich der Medien, Sponsoren und Lizenznehmer scheinen vor allem die
Argumente der mangelnden Lagerfähigkeit und der Standortgebundenheit teilweise außer Kraft gesetzt. So werden zum Beispiel Spiele im Free-TV kaum noch live übertragen, sondern es werden zeitlich versetzt die Höhepunkte in Ausschnitten gesendet.78
Der Fernsehzuschauer muss sich dann zum Konsum der Spiele nur noch in sein Wohnzimmer begeben.
Trotz dieser Einwände bleibt der professionelle Fußball –vor allem aufgrund seiner
Immaterialität- eindeutig eine Dienstleistung. Während der Output „professioneller
Fußball“ für den vor Ort anwesenden Zuschauer eine „originäre, konsumtive“ Dienstleistung darstellt, ist sie für Medien, Sponsoren und Lizenznehmer eine „derivate, produktive“ Dienstleistung (BENNER 1992: 48): Der Zuschauer ist an dem Unterhal78
Dabei darf die dazwischen liegende Spanne auch nicht zu groß sein. Kaum jemand wird sich ernsthaft
für einen mehrere Tage alten Zusammenschnitt eines Bundesligaspiels interessieren: Das Ergebnis ist
längst bekannt, die Tageszeitungen haben in der Nachberichterstattung bereits ausführlich sämtliche besonderen Vorkommnisse und die Konsequenzen aus dem Spiel angesprochen und ausdiskutiert. Eine
Zusammenfassung eines derart „alten“ Spiels hat für die Zuschauer keinen Wert mehr. HEINEMANN
spricht daher von der „Flüchtigkeit“ des Produktes Sport (2001: 21).
Seite 48
Einführung in die Struktur des Profifußballs
tungswert der Sportveranstaltung interessiert, gleiches gilt auch für den Fernsehzuschauer.
Für Medien, Sponsoren und Lizenznehmer stellt der professionelle Fußball ein produktives Gut dar. Er ist als Kernleistung aufzufassen, die erst durch Kombination mit weiteren Leistungen zu einem absetzbaren Gut wird (WELLING 2002: 4ff.). So ist zum Beispiel die Übertragung eines Fußballspiels im Fernsehen als ein auf Kombination der
Kernleistung „professioneller Fußball“ mit Rechten (Übertragungsrechte), Sachen (Kameras, Übertragungstechnik usw.) und Diensten (Kameraleute, Kommentatoren usw.)
beruhendes Leistungsbündel zu betrachten.
Der professionelle Fußball ist darüber hinaus ein Gut mit besonderen Eigenschaften. In
diesem Zusammenhang sind folgende Aspekte zu nennen:
(1) Unsicherheit: Trotz vorhandener Spielregeln verbleibt den Spielern und Trainern ein großer individueller Gestaltungsspielraum. Daher ist jedes Spiel einzigartig, sein Ausgang nicht vorhersehbar (BENNER 1992: 53). Das Ergebnis eines
Spiels ist –trotz Trainings und anderer Vorbereitungen- stark zufallsabhängig.
Es ist zudem unabhängig von vorherigen Spielausgängen. HEINEMANN spricht
deshalb von einer „fehlenden Transitivität der Ergebnisse“ (2001: 21).79 Gerade
die daraus resultierende Unsicherheit macht den professionellen Fußball zu einem häufig nachgefragten Gut.
(2) Fehlende Elastizität des Angebots: Das Angebot der Spiele ist durch die Veranstaltungsform fest determiniert (BENNER 1992: 54): Es kann weder an sinkende, noch an eine steigende Nachfrage angepasst werden, ohne dass der Wettbewerb dadurch einen „Imageschaden“ erleidet.
(3) Ausgeprägte Produkttreue: Die meisten Anhänger eines Vereins halten der
Mannschaft auch bei anhaltendem Misserfolg die Treue.80 Das erscheint auch
für Dienstleistungen sehr ungewöhnlich. Wer würde zum Beispiel über Jahre
hinweg zu einem Friseur gehen, mit dessen Leistung er nicht zufrieden ist?
Darüber hinaus weist der professionelle Fußball die Eigenschaften eines Erfahrungsguts auf (PARLASCA 1993: 21): Erst nach Ende des Spiels kann der Zuschauer die Qualität der dargebotenen Leistungen verbindlich bewerten.
79
Ein kleines Beispiel verdeutlicht diese Überlegung: Bayern München schlägt Schalke 04, Borussia
Dortmund die Münchener. Dennoch kann man keinesfalls sicher sein, dass Dortmund jetzt auch Schalke
schlägt.
80
Man denke zum Beispiel an die zahlreichen Fans von „abgestürzten“ Traditionsklubs wie Rot-Weiß
Essen oder Dynamo Dresden, die ihre Vereine auch in der Dritt- und Viertklassigkeit zahlreich unterstützt
haben und dies auch in Zukunft tun werden.
Seite 49
Einführung in die Struktur des Profifußballs
(4) Objektiv nicht messbare Qualität: Die Qualität von Spielen wird in höchstem
Maße subjektiv beurteilt (HEINEMANN 2001: 23). Es existiert -außer den
durch die Wettbewerbsform festgelegten Regelungen wie die Punktevergabe oder das Weiterkommen- kein objektiver Bewertungsmaßstab.
(5) Mangelnde Abnehmerorientierung: Die Hauptmotivation der Vereine liegt
darin, möglichst erfolgreich zu spielen, also zu gewinnen. Ob der Abnehmer der
Dienstleistung „professioneller Fußball“ mit den dargebotenen Leistungen einverstanden ist, spielt in diesem Fall eine eher untergeordnete Rolle (BENNER
1992: 52ff.).81
2.1.4.2. Die zentrale Rolle des Zuschauers
Der Zuschauer nimmt im ökonomischen Modell des professionellen Fußballs eine herausragende Rolle ein (siehe auch Abbildung 2.1). Das Vorhandensein von Zuschauern
im weitesten Sinne, ganz gleich, ob es sich um Besucher der Sportveranstaltung oder
Fernsehzuschauer, Radiozuhörer usw. handelt, impliziert eine Nachfrage nach professionellem Fußball, macht ihn zu einem Gut.
Tabelle 2.5: Die Zuschauerebenen-Matrix
raumgleich
zeitgleich
zeitversetzt
raumversetzt
Live-Erlebnis im Stadion
Übertragung im Hörfunk, Internet
etc.
Aufzeichnung über Video- Lein-
Aufzeichnung im TV, Videokasset-
wand im Stadion
ten etc.
Quelle: WELLING (2002: 4)
Diese Nachfrage ist die Grundlage für professionellen Fußball, ermöglicht ihn überhaupt erst (PARLASCA 1993: 19). Bestünde kein Interesse an der Sportart Fußball,
wäre wohl kein Fernsehsender oder Sponsor bereit, Geld für Übertragungs- und Werberechte zu bezahlen. Von den fehlenden Zuschauereinnahmen mal ganz zu schweigen.
81
Bestes Beispiel hierfür ist das im negativen Sinne „legendäre“ Weltmeisterschaftsvorrundenspiel Spiel
zwischen Deutschland und Österreich 1982 im spanischen Gijon. Beim Stande von eins zu null für das
deutsche Team wurden jegliche sportlichen Bemühungen auf dem Spielfeld praktisch eingestellt, schließlich reichte dieses Resultat beiden Mannschaften zum Einzug in die nächste Runde. Leidtragende waren
neben den Zuschauern vor allem das Team Algeriens, welches in Folge dieses unsportlichen Verhaltens
ausgeschieden war.
Seite 50
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Der Fußball würde ein Schattendasein fristen, die Spieler wären Amateure, die den
Sport neben ihrem normalen Beruf betreiben würden.82 Erst durch das vielseitige, öffentliche Interesse, welches dem Fußball in Deutschland zuteil wird, besteht die Möglichkeit, den Sport adäquat zu vermarkten und ihn so professionell betreiben zu können.
2.1.4.2.1 Fußball: Die Nummer eins in der Zuschauergunst in Deutschland
Dass der Fußball in Deutschland ein stark ausgeprägtes öffentliches Interesse genießt,
soll im folgenden anhand einiger Daten aufgezeigt werden. Laut UFA Fußball Studie
2000 sind 34 Prozent der deutschen Bevölkerung über 14 Jahren am Fußball „sehr interessiert“, 19 Prozent „eher interessiert“ und immerhin noch 22 Prozent „weniger interessiert“. Nur 25 Prozent der Befragten zeigten überhaupt kein Interesse am Fußballgeschehen (UFA SPORTS 2000: 12).83 Da darf es auch nicht verwundern, dass der Fußball mit großem Abstand die populärste TV-Sportart in Deutschland ist.
Abbildung 2.3: Umfrage: Die beliebtesten TV-Sportarten 2002 (Angabe in Prozent)
60
Fußball
53
Automobilrennsport
34
Skisport
30
Boxen
Leichtathletik
20
Tennis
20
Eiskunstlaufen
15
Radsport
15
Tanzen
13
Handball
13
Eishockey
13
7
Basketball
Volleyball
sonstige = 4
keine Angabe = 1
Basis: 1211 Sportinteressierte
5
Quelle: KLEWENHAGEN/ KLOTZ/ KROLL/ SOHNS (2002: 24)
82
Ein solches „Schicksal“ ist in Deutschland Sportarten recht unpopulären Sportarten wie Volleyball,
Tischtennis oder Hockey beschieden, die einfach kaum Vermarktungspotential besitzen.
83
Bei der UFA Fußballstudie handelt es sich um eine repräsentative Befragung, die seit 1994 alle zwei
Jahre durchgeführt wird.
Seite 51
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Dementsprechend hoch sind folglich auch die Zuschauerzahlen, die mit Fernsehübertragungen von Fußballspielen erreicht werden. Die nachfolgende Tabelle dokumentiert die
Fernsehzuschauerzahlen ausgewählter Spiele im Jahre 2002.
Tabelle 2.6: Zuschauerzahlen ausgewählter Fernsehübertragungen im Jahre 2002
Partie
Zuschauer in Mio.
Weltmeisterschafts-Finale: Brasilien - Deutschland
22,94
Weltmeisterschafts-Halbfinale: Südkorea - Deutschland
19,07
Champions League-Finale: Leverkusen – Madrid
12,16
Champions League-Viertelfinale: Madrid – Bayern München
10,29
DFB-Pokal-Halbfinale: Schalke 04 – Bayern München
9,95
UEFA-Cup-Finale: Rotterdam - Dortmund
9,41
DFB-Pokal-Finale: Leverkusen – Schalke 04
9,38
Quelle: Eigene Recherche aus diversen Presseveröffentlichungen
Neben diesen Fakten belegen weitere Parameter wie die Mitgliederzahlen im DFB oder
die Zuschauerzahlen in den Stadien das Fußballinteresse der Deutschen. Die Zuschauerzahlen sind Gegenstand von Kapitel vier und werden daher an dieser Stelle nicht
präsentiert, der neugierige Leser muss sich also noch etwas gedulden.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Fußballsport in Deutschland über ein gewaltiges
Vermarktungspotential verfügt und er daher professionell betrieben werden kann.
2.1.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
Im Verlauf des Kapitels wurde anhand des ökonomischen Modells des professionellen
Sports die Entstehung von Profifußball analysiert. Als Hauptakteure wurden dabei die
Vereine identifiziert, die unter Zuhilfenahme interner Produktionsfaktoren (vor allem
menschliche Arbeitskraft und Sportler) wettbewerbsfähige Fußballmannschaften zusammenstellen. Diese Mannschaften treten auf von Veranstaltern organisierten Sportwettkämpfen gegeneinander an.
Als Besonderheit fiel hier die Koproduktion auf, das bedeutet, dass es immer wenigstens zweier Mannschaften bedarf, um einen Output –in dem Fall ein Spiel- zu produzieren. Das unternehmerische Risiko liegt fast ausschließlich auf Seiten der Vereine. Die
Sportveranstalter sind zwar an den Umsätzen beteiligt, treten aber finanziell nicht in
Seite 52
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Vorleistung. Sie sind von ihrer Struktur her betrachtet Organisationen, die für ihre Mitglieder –sprich die Vereine- Leistungen erbringen und von diesen dafür entlohnt werden. Diese Leistungen sind unter anderem die Veranstaltungen von regelmäßig wiederkehrenden Wettbewerben, an denen die Vereine teilnehmen können. Als gängigste
Wettbewerbsform im Fußball wurde die Liga dargestellt, die das einzelne Fußballspiel
in eine Serie von Spielen integriert und es somit in einen größeren Zusammenhang, das
Metaspiel Meisterschaft, stellt. Neben der Liga existieren Cup-Wettbewerbe als zusätzliche Veranstaltungen. Des weiteren wurden die wichtigsten nationalen und europäischen Institutionen und Wettbewerbe des Vereinsfußballs vorgestellt und näher erläutert.
Der Output, der auf solchen Wettbewerben produziert wird, ist der professionelle Fußball. Korrekterweise muss an dieser Stelle zwischen dem singulären Spiel und der
Summe der Spiele, dem professionellen Fußball, unterschieden werden. Der Output
stellt aufgrund der Nachfrage, die ihm zuteil wird, und der eingebrachten, knappen Produktionsfaktoren ein wirtschaftliches Gut dar. Die Produktion von professionellem
Fußball ist mit einem hohen Maß an Unsicherheit belastet, was aber auch den Reiz und
die besondere Nachfrage der Sportart erklärt.
Der Output „professioneller Fußball“ ist als eine Dienstleistung einzustufen: Dafür
sprechen neben der Immaterialität des Produktes unter anderem die Synchronität von
Produktion und Absatz. Der Leistungsnehmer hat sich –im weitesten Sinne- an den Ort
des Geschehens zu begeben, um die Dienstleistung abzunehmen. Während der Output
für den Fernsehzuschauer und den Stadionbesucher konsumtiven Charakter hat, stellt
sie für die anderen Leistungsnehmer wie Medien, Lizenznehmer und Sponsoren eine
produktive Dienstleistung dar. Diese wird durch Kombination mit weiteren Sach- und
Dienstleistungen sowie Rechten zu einem als Leistungsbündel zu charakterisierenden,
vermarktbaren Gut.
Aus der Vermarktung des Guts ergeben sich dann folgende Teilmärkte, die in den nachfolgenden Kapiteln –unter Rückgriff auf die gewonnenen Erkenntnisse- näher analysiert
werden sollen:
(1) Der Markt für Eintrittsrechte
(2) Der Markt für Fernsehrechte
(3) Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
(4) Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
Seite 53
Einführung in die Struktur des Profifußballs
Darüber hinaus wird auch der Kapitalmarkt, auf dem zu Kapitalgesellschaften umgewandelte Fußballvereine Beteiligungen zum Kauf anbieten, kurz vorgestellt.
Für die folgenden Ausführungen werden die im ökonomischen Modell des professionellen Sports dargelegten Marktbeziehungen als bekannt vorausgesetzt, daher wird nicht
mehr explizit darauf verwiesen (siehe Abbildung 2.1).
Seite 54
„Fußball ist ein absolutes Geschäft. Man darf nicht so naiv sein und glauben, daß das
Geld keine Rolle spielt. Das beste Konzept ist also, Geld zu beschaffen.“
Uwe Seeler, Fußballlegende und kurzzeitig Vereinspräsident
(zitiert aus ASCHENBECK 1998: 47)
„Big Business ist die böse Hexe des Fußballs.“
César Luis Menotti, argentinische Trainerlegende
(zitiert aus FAZ 2002b)
Die Umsätze im Profifußball
Seite 55
Die Umsätze im Profifußball
3. Die Umsätze im Profifußball
Dieses Kapitel ist gewissermaßen als „Einschub“ gedacht. Es soll –vor allem dem nicht
sachkundigen Leser/ Leserin- einen Einblick darüber vermitteln, in welche finanziellen
Sphären der Profifußball in Deutschland in den letzten Jahren vorgestoßen ist1.
Der Gesamtumsatz der 1. Bundesliga ist im Zeitraum von 1989 bis heute rasant gestiegen.
Abbildung 3.1: Die Gesamtumsätze in der 1. Bundesliga zwischen 1989 und 2003 in
Mio. Euro2
1000
874
800
600
400
200
307
256
245
211
186
660
570
491
464
378
757
653
642
Gesamtumsatz
/03
02
20
/02
01
20
/01
00
20
/00
99
19
/99
19
98
/98
19
97
/97
96
19
/96
19
95
/95
94
19
/94
93
19
/93
92
19
/92
91
19
/91
90
19
19
89
/90
0
Etats
Quelle: SWIETER (2002: 43), eigene Recherche
Die Umsätze beziehungsweise Etats verteilen sich recht unterschiedlich auf die beteiligten Vereine, so dass eine ungleiche Verteilung der finanziellen Ressourcen deutlich
sichtbar wird (siehe Tabelle 3.1):
1
Die im vorliegenden und den nachfolgenden Kapiteln präsentierten Zahlen entstammen allgemein zugänglichen Presseveröffentlichungen und sind auch dementsprechend gekennzeichnet. Die meisten Zahlen beruhen auf recht zuverlässigen Schätzungen. Die „Originalzahlen“ waren leider nicht zu beschaffen.
Obwohl sie der DFL im Rahmen der Lizenzerteilung vorgelegt werden müssen, herrscht sowohl auf Seiten des Verbands als auch bei den meisten Vereinen diesbezüglich absolute Informationssperre.
2
Bei den grauen Balken für die letzten beiden Jahre handelt es sich nicht um die tatsächlich erreichten
Umsätze, sondern nur um die von den Klubs vor der Saison veranschlagten Etats. Erfahrungsgemäß liegen die am Ende von den Vereinen erreichten Umsätze noch einmal mehr als ein Drittel über den veranschlagten Etats, so dass auch in den letzten beiden Jahren weitere Steigerungen gegenüber dem Umsatz
zu der Saison 1999/00 stattgefunden haben.
Seite 56
Die Umsätze im Profifußball
Tabelle 3.1: Die Etats der Vereine in der 1. Bundesliga für die Saison 2002/03 in Mio.
Euro3
1.
FC Schalke 04
80,0
98,0
Veränderung
gegenüber
Vorjahr
-18 %
2.
Bayern München
62,0
61,4
+1 %
3.
Hamburger SV
61,0
57,3
+6 %
4.
Borussia Dortmund
51,0
51,0
0%
5.
Hertha BSC Berlin
45,8
43,5
+5 %
6.
Werder Bremen
40,0
38,3
+4 %
7.
Bayer Leverkusen
38,5
33,2
+16 %
8.
VfB Stuttgart
35,4
39,1
-9 %
9.
VfL Wolfsburg
35,0
30,7
+14 %
10. TSV 1860 München
29,0
33,0
-12 %
11. Hansa Rostock
25,0
25,6
-2 %
11. Borussia Mönchengladbach
25,0
26,0
-4 %
11. Hannover 96 (A)
25,0
20,0
+25 %
14. 1. FC Kaiserslautern
23,0
24,5
-6 %
14. Arminia Bielefeld (A)
23,0
13,0
+77 %
16. Energie Cottbus
21,0
22,5
-7 %
17. VfL Bochum (A)
21,0
13,0
+62 %
18. 1.FC Nürnberg
12,0
12,3
-2 %
Verein
Etat 2002/03
Etat 2001/02
(A) = Aufsteiger aus der 2. Bundesliga
Quelle: SPIEGEL (2002a)
Ein paar Maßzahlen aus dem Bereich der Statistik belegen die schon mit bloßem Auge
sichtbare Vermutung: Der Mittelwert der Etats liegt bei 36,3 Millionen Euro bei einer
Standardabweichung von 16,8 Millionen Euro4. Der Gini-Koeffizient der Verteilung
3
Auch diese Darstellung ist erklärungsbedürftig: Einige Vereine kalkulieren in ihren Etats nur mit den
nötigsten „Grundkosten“ für die Profimannschaft wie den Spielergehältern; andere rechnen auch zu erwartende Einnahmen sowie die Kosten für Punktprämien, Kreditrückzahlungen oder die Amateur- und
Jugendmannschaften mit ein. Zu der ersten Kategorie zählen Bayern München und Borussia Dortmund,
deren tatsächliche erreichte Umsätze weit über denen der restlichen Vereine liegen werden. Insofern liefert Tabelle 3.1 ein etwas schiefes Bild von der Realität ab, das sollte vor dem Hintergrund der folgenden
Aussagen berücksichtigt werden.
4
Die Standardabweichung berechnet sich aus der Wurzel der Varianz, die wiederum aus der quadrierten
Summe der Differenz eines jeden Wertes vom arithmetischen Mittel der Verteilung, dividiert durch die
Seite 57
Die Umsätze im Profifußball
beträgt 0,257; ein Wert, der unter Berücksichtigung der wesentlich höheren tatsächlichen Umsätze bei Bayern München und Borussia Dortmund noch höher ausfallen würde5.
Dagegen fallen die Etats in der 2. Bundesliga wesentlich bescheidener aus:
Tabelle 3.2: Die Etats der Vereine in der 2. Bundesliga für die Saison 2002/03 in Mio.
Euro
Verein
Etat 2002/03
Etat 2001/02
1.
1. FC Köln (Ab)
21,0
42,0
Veränderung
gegenüber
Vorjahr
-50 %
2.
SC Freiburg (Ab)
14,0
22,0
-36 %
3.
Eintracht Frankfurt
12,0
25,0
-52 %
4.
Karlsruher SC
11,0
13,0
-15 %
5.
MSV Duisburg
10,0
12,0
-17 %
6.
Union Berlin
7,6
6,7
+13 %
7.
Alemannia Aachen
7,2
9,2
-22 %
8.
FSV Mainz 05
7,0
8,0
-13 %
8.
SV Waldhof Mannheim
7,0
8,0
-13 %
10. VfB Lübeck (A)
6,5
2,3
+183 %
11. SSV Reutlingen
6,0
6,0
0%
11. Eintracht Braunschweig (A)
6,0
6,3
-5 %
11. SpVgg. Greuther Fürth
6,0
7,0
-14 %
14. LR Ahlen
5,5
6,2
-11 %
15. RW Oberhausen
5,0
5,0
0%
16. FC St. Pauli (Ab)
4,5
11,0
-59 %
16. Wacker Burghausen (A)
4,5
1,7
+165 %
18. SV Eintracht Trier (A)
3,9
1,2
225
(A)= Aufsteiger aus der Regionalliga (Ab)= Absteiger aus der 1. Bundesliga
Quelle: KÖLNISCHE RUNDSCHAU (2002)
Anzahl der Fälle, gebildet wird. Je größer nun die Standardabweichung, als desto weniger aussagekräftig
–weil nicht mehr repräsentativ- ist der Mittelwert zu betrachten.
5
Der Gini-Koeffizient ist ein Konzentrationsmaß, das im vorliegenden Fall Werte zwischen 0 (absolute
Gleichverteilung) und der Obergrenze von 0,94 (Einpunktverteilung; ein Verein verfügt über das gesamte
Geld, die anderen Vereine haben keine Einnahmen) betragen kann. Zum Gini-Koeffizient siehe unter
anderem VON DER LIPPE (1993: 158ff.).
Seite 58
Die Umsätze im Profifußball
Dafür sind die veranschlagten Zahlen im Vergleich zur 1. Bundesliga „authentischer“,
weil alle Vereine scheinbar nach vergleichbaren Kriterien kalkuliert haben. Im Gegensatz zur 1. Bundesliga fallen in der zweiten Liga die aus der Vermarktung zu erzielenden Einnahmemöglichkeiten deutlich geringer aus (siehe auch die folgenden Kapitel)6.
Unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten betrachtet, steht die zweite Liga der Bundesliga in nicht viel nach: Das arithmetische Mittel bei den Etats beträgt acht Millionen
Euro, die Standardabweichung 4,13 Millionen Euro. Der Gini-Koeffizient der Verteilung nimmt mit 0,253 einen nahezu identischen Wert wie in der ersten Liga an7.
Dass die unterschiedlichen Einnahmeerlöse aus unterschiedlicher Popularität der Vereine resultieren, gilt es unter anderem in den folgenden Kapiteln aufzuzeigen. Das sogenannte „Mäzenatentum“ spielt im übrigen für die Finanzierung des Profifußballs keine
Rolle mehr. Einen Mäzen, verstanden als eine wohlhabende Person, die einem Verein
Geld gibt, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen, kann derzeit keiner der 36 Profivereine vorweisen (HEINEMANN 1995: 213)8. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe:
Zum einen sind die zur Unterstützung eines Profiklubs notwendigen Summen im Laufe
der letzten Jahre stark angestiegen, zum anderen scheuen auch viele Vereine die Abhängigkeit von einem einzelnen Geldgeber.
6
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Aufsteiger in die Bundesliga die größten Zuwächse bei
den Etats zu verzeichnen haben (siehe Tabelle 3.1).
7
Man denke jedoch an die gemachten Einschränkungen bezüglich der Etats in der 1. Bundesliga.
8
Das letzte „Überbleibsel“ dieser Zunft war sicherlich der Kölner Unternehmer Löring, dessen Millionen
Fortuna Köln 26 Jahre in der zweiten Bundesliga gehalten haben. Der Übergang vom Mäzen zum Sponsor verläuft in der Praxis oft fließend. Bestes Beispiel dafür ist Ahlens Präsident Helmut Spikker: Seine
üppigen Finanzspritzen haben den TuS Ahlen innerhalb von acht Jahren aus der siebten bis in die zweite
Liga gebracht. Allerdings tat er dies nicht völlig selbstlos: So musste der Verein 1996 seinen Namen nach
geschafftem Regionalligaaufstieg in Leichtathletik und Rasensport Ahlen ändern. Das in Deutschland
einmalige Vereinskürzel ist wohl nicht so ganz zufällig identisch mit Spikkers Firma LR International.
Zudem weist auch das neue Vereinswappen ebenfalls eine sehr starke Ähnlichkeit mit dem Firmenlogo
auf. Aufgrund dieser massiven Gegenleistungen ist Spikker wohl eher als Sponsor denn Mäzen einzustufen.
Seite 59
„Der Fußball ist ohne Fans überhaupt nichts. Die Fans sind das Lebenselexier des
Spiels. Je eher die Leute dies verstehen, desto besser wird das Spiel.“
Jock Stein, schottische Trainerlegende
(zitiert aus SCHULZE-MARMELING 1995a: 9)
„Die Professionalisierung und Kommerzialisierung hat eine weitgehende Auflösung der
traditionellen Beziehung Fan-Spieler bewirkt. Gut dotierte Spieler kommen und gehen,
die ehrenamtlich arbeitenden Fans bleiben, ohne dafür auch nur Treueprämien zu kassieren. Bestenfalls erhalten sie für ein einzelnes Spiel, bei dem die Hütte nicht anders zu
füllen ist, einen Preisnachlass.“
Dietrich Schulze-Marmeling, Fußballautor
(zitiert aus SCHULZE-MARMELING 1995b: 244)
Der Markt für Eintrittsrechte
Seite 60
Der Markt für Eintrittsrechte
4. Der Markt für Eintrittsrechte
Der Markt für Eintrittsrechte ist die traditionelle Einnahmequelle von Fußballvereinen
und stellte lange Zeit die einzige Vermarktungsform für den professionellen Fußball
dar. Zuschauer, die einem Spiel direkt beiwohnen wollen, treten dabei als Nachfrager
von Eintrittskarten auf. Hierbei muss zwischen Einzelkarten, die nur für ein bestimmtes
Spiel Gültigkeit besitzen, und Dauerkarten, welche für alle Heimspiele eines Vereins für
die gesamte Dauer einer Saison gelten, unterschieden werden. Die Preise für Eintrittskarten sind abgestuft und richten sich nach der Qualität des damit zu belegenden Platzes: Dabei spielt es eine Rolle, ob der Platz überdacht ist oder nicht, ob es sich um einen
Sitz- oder Stehplatz handelt usw.. Dazu jedoch im folgenden mehr.
Die Struktur des Marktes für Eintrittsrechte ist gekennzeichnet durch viele Nachfrager
(Zuschauer), während über die Zahl der Anbieter in der Literatur jedoch Uneinigkeit
herrscht. In älteren Veröffentlichungen wird eine Liga häufig als eine einzige Unternehmung betrachtet (ERNING 2000: 99). Der Überlegung folgend gäbe es nur einen
Anbieter von Fußballspielen, nämlich den Veranstalter der Liga, der somit eine Monopolstellung inne hätte.
Diese Argumentation verkennt aber die „Stellung der Sportunternehmen als grundsätzlich autonome Wirtschaftseinheiten“ und ist daher zu verwerfen (BENNER 1992: 61).
Im Falle der Bundesliga gibt es pro Spieltag jeweils neun Anbieter, die das Produkt
„Bundesligaspiel“ dem Zuschauer offerieren:1 Es handelt sich um die Vereine, die laut
Spielplan Heimrecht genießen und dadurch vom Ligaverband e.V./ Deutsche Fußball
Liga GmbH (DFL) mit der Ausrichtung des Spiels beauftragt sind. Insgesamt gibt es in
Deutschland pro Spielzeit also nur 18 Anbieter für Erstligafußball. BENNER sieht deshalb den Markt für Eintrittsrechte als „heterogenes Oligopol“ an (1992: 61).
Wer hierzulande professionellen Fußball sehen will, kommt an den beiden Bundesligen
nicht vorbei, da diese eine Monopolstellung besitzen. Es gibt keine Konkurrenzliga.
Aufgrund dieser Tatsache sehen einige Autoren in der Veranstaltungsform Bundesliga
und den darin organisierten Vereinen ein Angebotskartell (VÄTH 1994: 95) beziehungsweise ein Mengenkartell (PARLASCA 1993: 72ff.).
Als Kartell bezeichnet man den Zusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen
mit dem Ziel, eine wettbewerbsbeschränkende Marktstellung zu erlangen (WÖHE 2000:
1
Diese Überlegung berücksichtigt nur die 1. Bundesliga. Schließt man die 2. Liga mit ein, gibt es pro
Spieltag 18 Anbieter.
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Der Markt für Eintrittsrechte
330). Diese marktbeherrschende Stellung geht dann zu Lasten des Verbrauchers, da der
Wettbewerb als dynamisches Verfahren zur Aufdeckung von Ineffizienzen außer Kraft
gesetzt ist. Kartelle zeichnen sich auch durch abgesprochene Verhaltensweisen aus,
durch welche die Maximierung des gemeinsamen Gewinns sichergestellt werden soll.
An der Auffassung, die Bundesliga sei als Kartell zu betrachten, müssen Zweifel angemeldet werden (ERNING 2000: 100ff.). Die von vornherein festgelegte Produktionsmenge, sprich die Anzahl von Spielen, basiert auf organisatorischen Erfordernissen und
findet im Sinne des Verbrauchers statt: Wie würde der Zuschauer wohl reagieren, wenn
nach Ablauf der Saison aufgrund der großen Nachfrage einfach weitere Spieltage drangehängt würden?2 Das Vertrauen des Zuschauers in die Reputation der Liga wäre wahrscheinlich dahin und er würde sich von ihr abwenden. Die Begrenzung der Anzahl der
Spiele ist ein dem Ligawettbewerb „wesensimmanentes“ Charakteristikum (HELLMANN 2000: 99).
Ein anderer Aspekt ist der, dass die Vereine sehr wohl sportlichen und wirtschaftlichen
Wettbewerb untereinander betreiben. Von abgestimmten Verhaltenweisen kann also
nicht die Rede sein.3
Es bleibt aber auch festzuhalten, dass den Vereinen trotz stattfindenden Wettbewerbs –
anders als in anderen Wirtschaftszweigen- nicht daran gelegen ist, die Konkurrenz völlig auszuschalten und eine absolute Monopolstellung zu erobern. Eine in etwa wettbewerbsfähige Konkurrenz ist für die Produktion von professionellem Fußball und dessen
erfolgreicher Vermarktung unabdingbar („Louis-Schmeling-Paradox“).
Eine Einstufung der Bundesliga als Kartell ist aufgrund der dargestellten Kritikpunkte
zumindest fragwürdig. Eine Bewertung als saisonal geschlossener Markt mit Ein- und
Austrittsbarrieren wie Auf- und Abstieg sowie dem Nachweis wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit trifft den Sachverhalt eher.
4.1 Die Determinanten für den Stadionbesuch
Nach diesen theoretischen Überlegungen sollen nun eher praktische Aspekte im Vordergrund stehen. Einer dieser Aspekte ist der, warum die Zuschauer eigentlich zu Fußballspielen ins Stadion gehen. Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten, schließlich
2
Auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Spiele werden in Folge zu geringer Nachfrage abgesagt.
Eine Ausnahme stellt sicherlich der Bundesligaskandal in den siebziger Jahren dar, als Spiele regelrecht
verkauft wurden. Als Folge dieser Machenschaften war ein Vertrauensverlust in die „Glaubwürdigkeit“
der Liga zu verzeichnen, der sich in sinkenden Zuschauerzahlen manifestierte (siehe Punkt 3.3).
3
Seite 62
Der Markt für Eintrittsrechte
gibt es auf den ersten Blick keinen logischen Grund dafür, dass Menschen unter Umständen weite Anreisen, schlechtes Wetter und ähnliche Widrigkeiten in Kauf nehmen,
um ein Fußballspiel zu sehen, dessen Qualität und Ausgang im Vorfeld nur erahnt werden kann. Lange Zeit wurde vermutet, dass gerade diese Unsicherheit die Hauptdeterminante für den Besuch von Sportveranstaltungen sei. Darauf wies bereits Rottenberg in
seinem 1956 erschienenen, richtungsweisenden Aufsatz „Der Arbeitsmarkt von Baseball-Spielern“ hin, der im übrigen als der Ausgangspunkt für die Sportökonomie anzusehen ist (HEINEMANN 2001: 25).
Dass der Faktor Unsicherheit jedoch überschätzt worden ist, liegt bei näherer Betrachtung auf der Hand: Selbst sportlich völlig bedeutungslose Partien wie Freundschaftsoder Abschiedsspiele werden oft zahlreich besucht. Von Unsicherheit kann bei solchen
Spielen keine Rede sein, schließlich geht es um nichts.
Zuschauer, die ins Stadion gehen, haben eine bestimmte Erwartungshaltung: Sie wollen
vor allen Dingen ihr favorisiertes Team siegen sehen oder zumindest ein gutes Spiel
präsentiert bekommen. Wenn sich die Zuschauer nun dauerhaft mit der Unsicherheit
konfrontiert sehen, dass ihre gestellten Erwartungen vielleicht doch nicht in Erfüllung
gehen, wird ein Teil von ihnen sich sicherlich rational verhalten und sich eine neue
Freizeitbeschäftigung suchen, die ihrer Erwartungshaltung eher gerecht wird. Unsicherheit verunsichert nämlich im sprichwörtlichen Sinne.
Mittlerweile existieren zahlreiche empirische Studien, welche die Determinanten der
Nachfrage nach Zuschauersportarten zum Thema haben. HEINEMANN hat die wesentlichen Faktoren daraus zusammengefasst, die in Anlehnung daran im folgenden kurz
skizziert werden sollen (1995: 179-186):
(1) Unsicherheitsfaktoren: Demnach ist es von großer Bedeutung für die Nachfrage von Zuschauern nach Spielen, dass der Ausgang des sportlichen Kräftemessens offen ist. Ist dies der Fall, ist mit recht hohen Zuschauerzahlen zu rechnen.
Formal wird zwischen kurz-, mittel- und längerfristiger Unsicherheit unterschieden. Erstere bezieht sich auf den Ausgang des einzelnen Spiels, die mittelfristige
Form von Unsicherheit auf den Zeitraum einer ganzen Saison, und letztere
gleich auf eine Periode mehrerer Spielzeiten. Oder einfacher ausgedrückt: Je
spannender/ offener das einzelne Spiel oder der gesamte Wettbewerb, mit desto
größerer Zuschauernachfrage ist zu rechnen.
(2) Qualitätsfaktoren: Auch die vom Spiel erwartete Qualität –der sportliche Erfolg- spielt eine große Rolle für die Nachfrage. Die Tabellenposition der beiden
Seite 63
Der Markt für Eintrittsrechte
Mannschaften lässt solche Rückschlüsse zu. Weitere Indikatoren dafür sind unter anderem die von einer Mannschaft bisher erreichten Erfolge sowie die Anwesenheit von berühmten, attraktiven Spielerpersönlichkeiten.
(3) Ökonomische Einflussfaktoren: Hier sind in erster Linie der Eintrittspreis und
das verfügbare Einkommen des potentiellen Zuschauers entscheidend. Während
zwischen der Höhe des Preises für die Eintrittskarten und der Nachfrage danach
noch ein recht enger Zusammenhang besteht, spielt die absolute Einkommenshöhe dafür fast keine Rolle.
(4) Sozio-demographische Faktoren: Auch zwischen der Größe einer Stadt und
der Nachfrage soll ein Zusammenhang bestehen. Je größer die Stadt ist, mit desto mehr Zuschauern ist auf Sportveranstaltungen zu rechnen.
CZARNITZKI und STADTMANN kommen in einer neueren Studie ebenfalls zu der
Erkenntnis, dass der Faktor Unsicherheit überbewertet sei. Das Argument der Unsicherheit verkenne die bestehende Solidarität zwischen Verein und Fans (CZARNITZKI/
STADTMANN 1999: 2ff.). Wesentlich entscheidender seien deshalb die von Vereinen
über Jahre hinweg erworbenen Eigenschaften „Reputation“ und „Goodwill“, welche die
Fans dazu bewegen, ihrem Club auf ewig die Treue zu halten.
Diese Ergebnisse mögen für einen Ökonomen aufschluss- und erkenntnisreich sein, für
einen fußballbegeisterten Menschen haben sie nur bedingte Aussagekraft. Neben den
genannten Faktoren gibt es zahlreiche andere Gründe, warum Zuschauer zum Fußball
gehen. Einige davon erscheinen logisch, andere wiederum nicht.
Der Fußball ist nicht in erster Linie ein ökonomisches, sondern ein soziales Phänomen.4
Deshalb greift eine rein ökonomisch ausgerichtete Herangehensweise an dieser Stelle
zwangsläufig zu kurz. HEINEMANN bringt das auf den Punkt: „Aber vermutlich hat
jeder Zuschauer seine höchst eigenen Gründe, warum er immer wieder ins Stadion geht,
und möglicherweise ändern sich diese auch noch von Spiel zu Spiel“ (1995: 186).
4.2 Die Entwicklung der Zuschauerzahlen und Einnahmen
Einen Überblick über die Zuschauerzahlen der 1.Bundesliga gibt Abbildung 4.1. Die
Grafik belegt deutlich, dass die Nachfrage nach dem direkten Besuch von Fußballspie-
4
Zur Faszination des Fußballsports sei dem interessierten Leser vor allem das Buch „Fever pitch“ von
HORNBY (1999) ans Herz gelegt. Ebenfalls empfehlenswert ist „Gott ist rund“ von SCHÜMER (1996)
und „Der Traumhüter“ von RENG (2002).
Seite 64
Der Markt für Eintrittsrechte
len über die Jahre hinweg gestiegen ist. Diese Entwicklung verlief jedoch keineswegs
konstant, es gab auch Rückschritte. Während der „Knick“ in den Siebzigern auf die
Folgen des Bundesligaskandals zurückzuführen ist, hat der Rückgang Mitte der achtziger Jahre mehrere Gründe: Zum einen dominierte der FC Bayern München in dieser
Zeit die Liga fast nach Belieben, zum anderen blieben die deutschen Clubs auf der Bühne des europäischen Fußballs chronisch erfolglos. Zudem wurde Tennis –beflügelt
durch die Erfolge von Steffi Graf und Boris Becker- zu einer ernsthaften Konkurrenz in
Bezug auf die Gunst der Zuschauer.
Abbildung 4.1: Zuschauerzahlen der 1. Bundesliga von 1963 bis 2002 in Millionen
10
9
8
7
6
5
4
3
2
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19
63
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19 64
64
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65
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66
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67
/
19 68
68
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69
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71
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72
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73
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74
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75
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76
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19 77
77
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78
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80
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/
19 82
82
/
19 83
83
/
19 84
84
/
19 85
85
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19 86
86
/
19 87
87
/
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88
/
19 89
89
/
19 90
90
/
19 91
91
/
19 92
92
/
19 93
93
/
19 94
94
/
19 95
95
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96
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19 97
97
/
19 98
98
/
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99
/
20 00
00
/
20 01
01
/02
0
Quelle: DFB (2002b), eigene Darstellung
Die starke Zunahme der Zuschauerzahlen seit Beginn der neunziger Jahre wird hauptsächlich der Ausweitung der Sendezeit des Bundesligafußballs im Fernsehen zugeschrieben (SCHULZE-MARMELING 1995c: 16): Dadurch sei es zu einer Fokussierung der Zuschauernachfrage auf den Profifußball gekommen, da die Qualitätsunterschiede zum lokalen Amateurfußball nun offensichtlich wurden.5
In Zukunft ist mit noch höheren Zahlen zu rechnen, da aufgrund der Weltmeisterschaft
2006 das Fassungsvermögen einiger Stadion noch weiter vergrößert wird.
Abbildung 4.2 zeigt ergänzend die durchschnittlichen Zuschauerzahlen pro Bundesligaspiel:
5
Zudem ist es wesentlich leichter einen Gesprächspartner zu finden, mit dem man sich über Borussia
Dortmund oder Bayern München unterhalten kann als über den lokalen Kreisligisten.
Seite 65
Der Markt für Eintrittsrechte
Abbildung 4.2: Die durchschnittlichen Zuschauerzahlen pro Spiel der 1. Bundesliga
von 1963 bis 2002
35.000
31.112
30.000
25.000
20.000
/02
/00
99
01
20
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97
/96
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95
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19
/90
19
/88
89
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85
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19
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81
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79
/78
19
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/74
73
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/70
/68
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/66
65
19
19
67
/64
63
19
/76
16.387
15.000
Quelle: DFB (2002b), eigene Darstellung
Ein Blick auf die Zahlen der 2. Bundesliga belegt, dass das „Unterhaus“ im Vergleich
zur 1. Bundesliga einen deutlich geringeren Zuschauerzuspruch genießt (siehe Abbildung 4.3).
Abbildung 4.3: Die durchschnittlichen Zuschauerzahlen pro Spiel der 2. Bundesliga
von 1974 bis 20026
12.000
10.804
11.000
10.000
9.000
8.000
7.000
6.000
5.000
4.000
4.033
19
19
74
/75
75
/
1 9 76
76
/
19 77
77
/78
19
78
/
19 79
79
/
19 80
80
/
19 81
81
/
19 8 2
82
/
19 83
83
/
1 9 84
84
/
19 85
85
/
19 86
86
/
19 87
87
/
19 8 8
88
/89
19
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/
19 90
90
/
19 91
91
/
19 92
92
/
19 9 3
93
/
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/95
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19 96
96
/
1 9 97
97
/
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98
/
19 99
99
/
20 00
00
/
20 0 1
01
/02
3.000
Quelle: DFB (2002b), eigene Darstellung
6
Auf eine Darstellung der Gesamtzuschauerzahlen der 2. Bundesliga wurde verzichtet, da die Liga von
ihrer Gründung 1974 bis zur Spielzeit 1980/81 zweigleisig mit insgesamt 36 Vereinen ausgetragen worden ist. In der Saison 1991/92 wurde sie erneut –vereinigungsbedingt- noch einmal in zwei Staffeln mit je
zwölf Mannschaften gespielt. Aufgrund dieser Tatsache würde ein Vergleich der Gesamtzuschauerzahlen
einen falschen Eindruck erwecken.
Seite 66
Der Markt für Eintrittsrechte
Die Entwicklung in der 2. Liga verläuft wesentlich abwechselungsreicher; es ist ein
stetiges Auf und Ab erkennbar. Das hängt vor allem mit der Zusammensetzung der Liga
zusammen, die sich jedes Jahr gravierend ändert: Die besten drei Klubs steigen auf, die
schlechtesten vier ab. Für die Saison 2002/03 ist wieder mit einer Zunahme der Zuschauerzahlen zu rechnen, da „Publikumsmagneten“ wie Köln, Freiburg, St. Pauli und
Braunschweig der Liga wieder angehören.
Neben den Besucherzahlen sind auch die daraus resultierenden Einnahmen relevant.
Abbildung 4.4: Die Zuschauereinnahmen der 1. Bundesliga von 1963 bis 2002 in Mio.
DM (mit Trendlinie)
300
250
200
150
100
50
20
01
/02
/00
/98
99
19
/96
95
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19
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/94
19
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19
91
/90
19
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/88
19
/86
87
19
/84
85
83
19
81
/82
19
/80
19
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19
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73
71
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19
/68
67
19
19
/66
65
19
19
63
/64
0
Quelle: HÜBL/ SWIETER (2002: 37), Werte für 2001 und 2002 anhand eigener Berechnungen
Abbildung 4.4 zeigt deutlich, dass die Zuschauereinnahmen in der 1. Bundesliga kontinuierlich gestiegen sind.
Drastische Einbrüche wie bei den Zuschauerzahlen gibt es nicht. Der Grund hierfür liegt
darin, dass die Eintrittspreise natürlicherweise über die Jahre hinweg angehoben wurden
und immer mehr günstige Stehplätze in teurere Sitzplätze umgewandelt wurden.
Durchschnittlich nur noch 25 Prozent beträgt der Anteil der Zuschauergelder am Gesamtetat der Vereine der 1. Bundesliga (GEFFKEN 2001).7
Die absoluten Einnahmen werden zwar weiterhin steigen, ihr Anteil an den Gesamtumsätzen wird dennoch nicht zu-, sondern eher abnehmen. Dies prognostizieren zumindest
die Vereine (HÜBL/ SWIETER 2002: 36). Zudem bleibt festzuhalten, dass die Zu7
Man sollte bedenken, dass der Verkauf von Eintrittskarten bis zu Beginn der achtziger Jahre die mit
Abstand größte Einnahmequelle für die Vereine war.
Seite 67
Der Markt für Eintrittsrechte
schauereinnahmen keine „Reingewinne“ darstellen: Gut 60 Prozent verbleiben dem
ausrichtenden Verein, die restlichen 40 Prozent werden für Stadionmiete, Sicherheitsdienst und Verbandsabgaben aufgewendet (BRANDMAIER/ SCHIMANY 1998: 43).
Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass der DFB-Pokal der einzige Wettbewerb ist,
bei dem die Zuschauereinnahmen geteilt werden. Bei allen anderen PokalWettbewerben verbleiben die Einnahmen ausschließlich beim ausrichtenden Verein.
4.2.1 Die ungleiche Verteilung der Zuschauerzahlen
Wie schon aus der Überschrift dieses Kapitels ersichtlich wird, verteilen sich die Zuschauerzahlen sehr ungleich auf die Vereine. Tabelle 4.1 verdeutlicht dies exemplarisch
für die abgelaufene Saison. Insgesamt wurden die 306 Bundesligaspiele von 9.500.367
Zuschauern besucht. Borussia Dortmund, sowohl Spitzenreiter bei den Zuschauerzahlen
als auch späterer Meister, konnte mehr als fünf mal so viele Zuschauer im Westfalenstadion begrüßen wie der Verein mit dem geringsten Zuschaueraufkommen, der VfL
Wolfsburg.
Auf die ersten sechs Teams der Zuschauertabelle entfallen rund 50 Prozent der Besucher, während sich die letzten sechs Mannschaften in dieser Kategorie mit knapp 20
Prozent begnügen müssen. Statistische Kennzahlen untermauern die Vermutung der
ungleichen Verteilung: Der Mittelwert bei den Zuschauerzahlen beträgt 527.798 (nur
die ersten fünf Vereine liegen darüber), die Standardabweichung liegt bei 233.397, also
fast der Hälfte des Mittelwerts und der berechnete Gini-Koeffizient hat den Wert 0,238.
Man kann also sehr wohl von einer Ungleichverteilung sprechen.
Ebenfalls auffällig ist die Diskrepanz zwischen den Zuschauerzahlen und der in der
Meisterschaft erreichten Platzierung einiger Klubs (siehe Tabelle 4.1). So belegt zum
Beispiel der Hamburger SV trotz eines eher enttäuschenden elften Platzes in der Meisterschaft Rang vier in der Zuschauertabelle, während der „Beinahe-Meister“ aus Leverkusen in der Zuschauergunst nur knapp über den Abstiegsrängen liegt.
Der Zusammenhang zwischen den Merkmalen „Platz in der Zuschauertabelle“ und
„Platz in der Meisterschaft“ ist nur als mäßig einzustufen, wenn man den Spearman’schen Rangkorrelationskoeffizienten von 0,459 zugrunde legt.8 Der sportliche Er-
8
Der Rangkorrelationskoeffizient von Spearman vergleicht die Rangfolge der Ausprägung eines Merkmals mit der eines anderen und setzt sie in Beziehung zueinander. Das Maß kann dabei Werte zwischen
eins und minus eins annehmen. Im ersten Fall ist der Zusammenhang gleichläufig, im zweiten Fall vollständig gegenläufig (SCHEIPER 2000: 191).
Seite 68
Der Markt für Eintrittsrechte
folg ist also längst nicht der einzige und bedeutendste Faktor für die Zuschauernachfrage.
Tabelle 4.1: Die Zuschauerzahlen in der 1. Bundesliga für die Saison 2001/02
Verein
Gesamtzuschauer
1 057 758
Schnitt
62 221
Stadionauslastung
91 %
Platzierung
2001/02
1.
1.
Borussia Dortmund
2.
FC Schalke 04
964 399
56 729
94 %
5.
3.
Bayern München
892 722
52 513
83 %
3.
4.
Hamburger SV
728 062
42 827
77 %
11.
5.
1. FC Kaiserslautern
628 004
36 941
89 %
7.
6.
Hertha BSC Berlin *
532 860
31 345
57 %
4.
7.
1. FC Nürnberg
495 142
29 126
65 %
15.
8.
Borussia
Mönchengladbach
1. FC Köln *
489 915
28 819
84 %
12.
483 861
28 462
79 %
17.
10. Werder Bremen
466 157
27 421
77 %
6.
11. TSV 1860 München
443 602
26 094
38 %
9.
12. VfB Stuttgart
441 517
25 972
48 %
8.
13. SC Freiburg
402 429
23 672
95 %
16.
14. FC St. Pauli
361 120
21 242
94 %
18.
15. Bayer Leverkusen
337 519
19 854
88 %
2.
16. Hansa Rostock
301 584
17 740
59 %
14.
17. Energie Cottbus
274 138
16 126
77 %
13.
18. VfL Wolfsburg
199 578
11 740
54 %
10.
9 500 367
31 047
9.
* = Stadion im Umbau
Quelle: Kicker (2002b: 163)
Mit dem Traditionsverein 1.FC Köln steigt ein Klub ab, der in der Zuschauertabelle in
der oberen Region rangiert. Ökonomisch gesehen ist das ein Verlust für die Liga. Ein
Ausschluss eines solchen Teams wäre in einer Franchiseliga niemals in Frage gekommen. Hier zeigt sich einmal mehr die deutlich höhere Wettbewerbsintensität von Relegationsligen.
Obwohl die Zuschauereinnahmen für die Etats der Vereine eine eher abnehmende Bedeutung haben, spielen sie für die Vermarktungsfähigkeit der Klubs eine sehr große
Seite 69
Der Markt für Eintrittsrechte
Rolle: So sind in der Zuschauergunst hoch stehende Vereine für Sponsoren wesentlich
interessanter als solche mit geringerem Zuschauerzuspruch (CZARNITZKI/ STADTMANN 1999: 1). Vor diesem Hintergrund sollte man die Tabelle 4.1 für die weiteren
Ausführungen im Gedächtnis behalten.
4.3 Der Bau oder Kauf von Stadien
In den vorangegangenen Ausführungen wurde festgestellt, dass die Bedeutung der Zuschauereinnahmen in Zukunft wahrscheinlich stagniert oder gar abnimmt. Trotz dieser
Prognose befindet sich die Bundesliga in einem wahren „Bau-Boom“: Fast allerorten
werden neue Stadien geplant und gebaut, oder die alten modernisiert (siehe Tabelle
4.2).9 Ein Widerspruch? Nur auf den ersten Blick! Die Verantwortlichen von
Bundesligavereinen sind keineswegs „dumme Kaufleute“, wie Dortmunds Manager
Michael Meier im Januar 2001 auf einer Podiumsdiskussion an der Ruhr-Universität
Bochum auf eine Frage bezüglich dieses Widerspruchs betonte.
Für den Aus- oder Neubau von Fußballstadien sprechen vor allem zwei Gründe. Zum
einen genügen die alten Stadien dem Anspruch der Zuschauer nicht mehr: Der Genuss
eines Spiels steht zwar weiterhin im Vordergrund, der Trend geht aber eindeutig in
Richtung „Erlebniskonsum“ (NORD LB 2001: 8): Der Zuschauer von heute wünscht
sich bequeme Sitzplätze mit guter Sicht auf das Geschehen auf dem Spielfeld, moderne
Video-Anzeigetafeln, eine erlebnisintensive Atmosphäre im Stadion, ein ausreichendes
Angebot an gastronomischen Einrichtungen (Catering) und gute Verkehrs- und ÖPNVAnschlüsse für eine reibungslose An- und Abreise.
Diese Voraussetzungen sind in den alten Stadien meist nicht gegeben, da die Anlagen
fast ausschließlich im Besitz der öffentlichen Hand waren, und aufgrund knapper Kassen kaum Geld für Instandhaltung oder gar Sanierung und Ausbau ausgegeben wurde.
9
Tabelle 4.2 gibt nur einen Überblick über einige ausgewählte Stadionprojekte. Eine stets aktuelle Liste
aller zur Zeit in Deutschland geplanten oder bereits umgesetzten Bauvorhaben findet man unter
www.stadionwelt.de .
Seite 70
Der Markt für Eintrittsrechte
Tabelle 4.2: Ausgewählte Stadionprojekte und ihre Finanzierung
Ort und Stadion
Kapazität*
Art der
Massnahme
Umbau
Kosten + Finanzierung
Kosten: 473 Mio. DM
Finanzierung:
- 383 Mio. Bund
- 90 Mio. Land
Kosten: 70 Mio. DM
Finanzierung:
- komplett durch Betreiber
Berlin
„Olympiastadion“
Sp: 76 065
L: 113
Dortmund
„Westfalenstadion“
Ausbau der
Stadionecken
Gelsenkirchen
„Arena AufSchalke“
(2001 fertiggestellt)
Sp: 67 000
L: 11
BS: 3300
Sp: 52 141
L: 72
BS: 1400
Hamburg
„AOL-Arena“
(2001 fertiggestellt)
Sp: 50 048
L: 50
BS: 1750
Umbau
München:
„Allianz-Arena“
Sp: 66 000
L: 600
BS: 1600
Neubau
Kosten: 500 Mio. DM
Finanzierung:
- 250 Mio. FC Bayern
- 250 Mio. TSV 1860
Mönchengladbach
„Sportpark Nord“
Sp: 43 500
L: 50
Neubau
Rostock
„Ostseestadion“
(fertiggestellt 2001)
Sp: 25 000
L: 26
BS: 1000
Umbau
Kosten: 155 Mio. DM
Finanzierung:
- 75 Mio. Darlehen Stadt
- 30 Mio. Bankfinanzierung
- 20 Mio. Fremdmittel
- 20 Mio. Bauträger
- 10 Mio. Verein
Kosten: 55 Mio. DM
Finanzierung:
- 35 Mio. Kredit
- 10 Mio. Land
- 10 Mio. Stadt
Neubau
Kosten: 358 Mio. DM
Finanzierung:
- 225 Mio. Kredit
- 66 Mio. Kommanditisten
- 25 Mio. Darlehen (Bauträger)
- 17,5 Mio. Zuschüsse
(RAG)
- 15 Mio. Fans
- 9,5 Mio. Stadt
Kosten: 190 Mio. DM
Finanzierung:
- 21,3 Mio. Stadt
- 137,7 Mio. Fremdfinanzierung
- 31,7 Mio. Betreiber
* = Legende: Sp = Sitzplätze, L = Logen, BS = Business Seats
Quelle: KLEWENHAGEN/ KROLL/ WEILGUNY (2001: 25-26), BVB (2002a: 46)
Nicht nur der Zustand der Stadien, sondern auch ihr Konstruktionstyp lässt sie für die
heutigen Zuschauerbedürfnisse ungeeignet erscheinen: Da sie durch die öffentliche
Hand finanziert wurden, sollten die Anlagen auch vielfältig nutzbar sein (NORD LB
2001: 51). Daher wurden fast überall Leichtathletik-Stadien gebaut, bei denen sich zwischen Spielfeld und Tribüne noch eine breite Laufbahn befindet. Wer einmal selbst in
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Der Markt für Eintrittsrechte
einem solchen Stadion gewesen ist, kann die Bezeichnung „Stimmungsruine“ gut nachvollziehen (SCHÜMER 1996: 55). Aus diesem Fehler hat man gelernt. Die geplanten
und in den letzen Jahren bereits gebauten Arenen sind fast ausschließlich reine Fußballstadien, also ohne Laufbahn.10
Zum anderen haben auch die Vereine ein großes Interesse an neuen Wettkampfstätten.
Auch wenn sich die Zuschauereinnahmen nicht mehr großartig steigern lassen, so werden die Vermarktungsmöglichkeiten in modernen Arenen wesentlich besser eingeschätzt (NORD LB 2001: 9). Die neuen Stadion sind stärker auf die Bedürfnisse von
Sponsoren und Zuschauern zugeschnitten: So sind in den neuen Arenen größere Flächen
für das medienwirksame Anbringen von Werbetafeln vorgesehen, zudem gibt es eine
größere Anzahl an gastronomischen Einrichtungen und Merchandising-Ständen. Daher
kann der Verein nicht nur mehr Sponsoren „an Bord holen“, die Zuschauer bleiben zudem wahrscheinlich länger im Stadion und geben auch mehr Geld aus.11
Ganz besonders hohe Erwartungen werden auch in die Schaffung sogenannter „VIPBereiche“ gesetzt, die es in dieser Form in älteren Stadien nicht gibt. Bei den „VIPBereichen“ wird noch einmal unterschieden zwischen Logen und Business Seats: Die
Logen sind gut eingerichtete, abgetrennte Räume für mehrere Personen, während es sich
bei den Business Seats um einzelne Sitze im Stadion handelt. Was beiden jedoch gemeinsam ist, ist die luxuriöse gastronomische Vielfalt in Verbindung mit exzellentem
Service sowie einem hervorragenden Blick auf das Spielfeld.
Dass sich der „normale“ Fan diesen Luxus nicht leisten kann, ist klar.12 Die Zielgruppe
für die Logen sind große und mittelständische Unternehmen, für die Business Seats sind
es die kleineren Unternehmen und Privatpersonen (NORD LB: 2001: 28). Worin liegt
nun deren Motivation, für Sitzplätze in einem Fußballstadion so viel Geld auszugeben?
Sie wollen von dem Umfeld des Fußballs profitieren. Häufig laden Firmen Kunden und
potentielle Geschäftspartner zu Spielen in die Logen ein. Die Atmosphäre im Stadion in
Verbindung mit der guten Bewirtung soll recht hilfreich sein, um erste Kontakte zu
knüpfen und Geschäftsabschlüsse anzubahnen (KLEWENHAGEN/ KROLL/ WEILGUNY 2001: 21).
10
Die einzigen Ausnahmen bilden Berlin und Stuttgart. Hier werden bereits bestehende Stadien ausgebaut, daher kann der Grundriss nicht verändert werden.
11
Dieser Punkt ist nicht ganz unstrittig: DIETL/ PAULI weisen darauf hin, dass diese zusätzlichen Einnahmen häufig überschätzt werden (1999: 48ff.): Private Haushalte unterliegen im Bezug auf Freizeit und
Ausgaben natürlich auch gewissen zeitlichen und finanziellen Beschränkungen.
12
So verlangten die Bundesligisten Schalke, Hamburg und Rostock im Jahre 2001 bis zu 144.000 DM für
eine Loge und bis zu 9.000 DM für einen Business Seat pro Saison (KLEWENHAGEN/ KROLL/ WEILGUNY 2001: 21). Die NORD LB gibt einen Überblick über die Preise für den Zugang zu den „VIPBereichen“ in der Bundesliga für die Saison 2000/01 (2001: 68-69).
Seite 72
Der Markt für Eintrittsrechte
Finanziell scheint die Schaffung von „VIP-Bereichen“ für die Vereine äußerst lukrativ
zu sein. So stammen zum Beispiel in Gelsenkirchen in der Arena „AufSchalke“ 40 Prozent der Zuschauereinnahmen aus der Vermietung von Logen und Business Seats. Ein
sehr erstaunlicher Wert, wenn man bedenkt, dass der Anteil der Zuschauer auf diesen
Plätzen weniger als fünf Prozent der Gesamtzuschauer ausmacht (VORNHOLZ 2002).
Durchschnittlich mit 30 bis 50 Prozent am Anteil der Gesamtzuschauererlöse dürfen
Vereine rechnen, die einen „VIP-Bereich“ einrichten (KLEWENHAGEN/ KROLL/
WEILGUNY 2001: 21). Qualität und Anzahl der Einrichtungen spielt dafür natürlich
auch eine Rolle.
Ein weiterer, bisher noch in den Anfängen befindlicher Vermarktungsbereich, ist der
Verkauf des Namens eines Stadions an einen Sponsor.13 Vorreiter dieses Trends ist der
Hamburger SV, der für knapp 30 Millionen DM im Jahre 2001 den Namen seines neu
errichteten Stadions von „Volksparkstadion“ in „AOL-Arena“ änderte. Nachdem sich
jetzt die erste Aufregung gelegt hat –eigentlich sollte Hamburgs Fußball-Idol Uwe Seeler der Namenspatron sein- werden weitere Vereine diesem Vorbild folgen.14
Jetzt, nachdem die Vorteile und Notwendigkeiten neuer Stadien aufgezeigt wurden, darf
natürlich auch die Frage nach ihrer Finanzierung nicht unbeachtet bleiben15. Sind die
alten Stadien noch ausschließlich von der öffentlichen Hand bezahlt worden, ist dies in
der heutigen Zeit angesichts der leeren öffentlichen Kassen und den doch immensen
Baukosten nicht mehr möglich. Die Vereine können die Bauvorhaben ob der im Raum
stehenden Summen trotz der Umsatzzuwächse der letzten Jahre auch nicht allein finanzieren. Private Investoren halten sich ebenfalls zurück (NORD LB 2001: 54ff.): Zu unsicher ist die zukünftige Einnahmesituation. Was ist zum Beispiel, wenn der Verein
absteigt?
Da keine der drei genannten Gruppen ein Stadion allein finanzieren kann oder will, stellen in der Praxis „Public-Private-Partnerships“ die gängigste, weil wohl auch einzig
sinnvolle Finanzierungsform für Fußballstadien in Deutschland dar (NORD LB 2001:
12-13 und 51ff.). Beim „Private-Public-Partnership“ kommt es zu einer Kooperation
zwischen der öffentlichen Hand, privaten Investoren und teilweise auch den Vereinen,
wobei verschiedenste Kombinationen denk- und machbar sind (siehe Tabelle 4.2).16 Die
13
Das ist eigentlich nur mit neuen Stadien möglich, da wohl kein Sponsor Interesse daran hat, das Namensrecht für ein altes, marodes Stadion zu erwerben.
14
So ist jetzt schon klar, dass das neue Münchener Stadion den Namen „Allianz-Arena“ tragen wird.
15
Auch die anstehende Weltmeisterschaft 2006 ist ein Grund für den Stadionneubau.
16
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob München die große Ausnahme sei: Das neue Stadion wird
komplett durch die beiden Vereine FC Bayern und TSV 1860 finanziert. Die Stadt übernimmt im Gegen-
Seite 73
Der Markt für Eintrittsrechte
öffentliche Hand kann sich direkt finanziell mitengagieren oder auch nur Bürgschaften
für Kredite übernehmen.
Trotzdem bleibt besonders die finanzielle Eigenbeteiligung der Vereine eine kritische
Angelegenheit: Bisher zahlten die meisten Klubs nur Mieten für die Stadien an die
Kommunen. Diese Mietzahlungen reichten meistens kaum aus, die Betriebskosten der
Anlagen zu decken. Eine finanzielle Beteiligung an einem Stadionneu- oder Umbau und
die damit verbundenen Kreditrückzahlungen belasten den Etat der Vereine über Jahre
mit einer wesentlich höheren Summe im Vergleich zur vorher entrichteten Miete.
Außerdem werden auch die Betriebskosten, die auch bei neuen Stadien anfallen, von
den Klubs sehr häufig unterschätzt. So können je nach Art und Aufwand der architektonischen Konstruktion bis zu zehn Prozent der Baukosten jährlich als Betriebskosten
anfallen (DIETL/ PAULI 1999: 48ff.). Diese Beträge fallen dann noch zusätzlich zu den
eigentlichen Kreditrückzahlungen an. Daher besteht durchaus die Gefahr, dass sich Vereine bei Stadionbaubeteiligungen finanziell übernehmen können.
4.3.1 Logen und Business Seats statt Stehplätzen: Eine neue Klientel im Stadion?
Besonders die Etablierung der „VIP-Bereiche“ macht deutlich, dass sich der professionelle Fußball in Deutschland neuen Zuschauerschichten öffnet, die früher wohl kaum
den Weg ins Stadion gefunden hätten. Inwieweit diese „Öffnung“ freiwillig erfolgte,
oder nicht auch wirtschaftliche Überlegungen dabei eine Rolle spielten, gilt es später
noch einmal genauer zu untersuchen.
Eingeläutet wurde dieser Trend jedoch schon viel früher: Seit Mitte der achtziger Jahre
wurde –als Folge der großen Stadionkatastrophen- die Anzahl der Stehplätze
kontinuierlich zu Gunsten der teureren, vermeintlich sichereren Sitzplätze verringert.17
Seit der Saison 1998/99 sind bei Europacupspielen von Seiten der UEFA nur noch
zug aber die Kosten für den Anschluss an die Infrastruktur (U- und Autobahn) des bisher unerschlossenen
Geländes.
17
1985 kamen in der Hochzeit des sogenannten „Hooliganism“ im englischen Bradford und im belgischen Brüssel 57 beziehungsweise 39 Fußball-Fans ums Leben. 1989 fanden im englischen Sheffield 96
Menschen unter ebenfalls dramatischen Umständen den Tod im Fußballstadion, als sie in einem Stehplatz-Fanblock von zahlreich nachrückenden Zuschauern regelrecht erdrückt wurden (SCHULZEMARMELING 2000: 202ff.). Ob wirklich die Stehplätze der einzige Auslöser für die Katastrophen waren, wie von Seiten der Verbände geschlussfolgert wurde, darf zumindest bezweifelt werden SCHULZEMARMELING 1992: 228ff.).
Seite 74
Der Markt für Eintrittsrechte
Saison 1998/99 sind bei Europacupspielen von Seiten der UEFA nur noch Sitzplätze
erlaubt (ASCHENBECK 1998: 142).18
Die kritische Fanszene bezeichnet diesen Prozess –dem sie sehr skeptisch bis ablehnend
gegenübersteht- als „Versitzplatzung“ (ASCHENBECK 1998: 145ff.): Die „Versitzplatzung“ vertreibe die traditionelle, proletarische Zuschauerklientel zunehmend aus
dem Stadion, da die neu geschaffenen Sitzplätze für Mitglieder dieser Schichten kaum
noch zu bezahlen seien. Besonders vehement richtet sich die Fanszene gegen die Schaffung von „VIP-Bereichen“. Es wird befürchtet, dass deren zahlungskräftige Kundschaft
zunehmend größeren Einfluss auf die Stadionarchitektur und das Rahmenprogramm
nimmt: So würde bereits jetzt die Atmosphäre in den Stadien unter dem auf den Sitzplätzen anzutreffenden Zuschauertypus des „kritischen Konsumenten“ leiden, der nur
passiv unterhalten werden will, ohne selbst zur Stimmung etwas beizutragen.
Völlig unverständlich sind die Befürchtungen der Fanszene nicht. Auf der anderen Seite
muss man aber auch die Vereine verstehen, die sich ökonomischen Zwängen ausgesetzt
sehen. Trotz der im Laufe der letzten Jahre gesunkenen Bedeutung der Zuschauereinnahmen können die Klubs –vor allem die kleineren- trotzdem nicht darauf verzichten.
Und da machen nun mal die Sitzplätze und neuerdings auch die „VIP-Bereiche“ den
Hauptanteil an den Einnahmen aus.19
Rein ökonomisch betrachtet sind die in der Bundesliga immer noch vorhandenen Stehplatztribünen ein „Zugeständnis“ der Vereine an ihre treuesten Fans; subventioniert
werden sie durch die Einnahmen aus Sitzplätzen und „VIP-Bereichen“ (NORD LB
2001: 30). Von Subvention kann man sprechen, weil die Klubs darauf verzichten, die
Stehplatzblöcke in ertragsreichere Sitzplätze umzuwandeln. Auch für den Neu- oder
Ausbau ist die „Versitzplatzung“ notwendig, da diese Baumaßnahmen ohne die damit
verbundenen Mehreinnahmen nicht zu finanzieren sind.
Dass es aber weiterhin Stehplätze in der Bundesliga gibt, hängt mit dem Wissen und der
Einsicht der Vereine zusammen, dass die Zuschauer auf diesen Plätzen –die Fans- maßgeblich für die Stimmung und die Atmosphäre im Stadion verantwortlich sind:20 Gerade
auf den Stehplatzrängen findet eine intensive Interaktion zwischen den Zuschauern und
18
Da die meisten Stadien in Deutschland –im Gegensatz zu denen in England- immer noch über Stehplatztribünen verfügen, werden diese bei Europacupspielen provisorisch zu Sitzplätzen „umfunktioniert“.
19
Ob dieser Boom anhalten wird, ist zur Zeit mehr als fraglich: Das Bundesfinanzministerium erwägt, die
steuerliche Absetzbarkeit von VIP-Logen und Business Seats komplett zu streichen (HALLE 2002a).
Bislang konnten Firmen die Ausgaben für solche Plätze als Betriebsausgaben steuerlich geltend machen
und bekamen daher vom Fiskus rund 50 Prozent der Ausgaben erstattet.
20
Auch die in Tabelle 4.2 dargestellten Stadionprojekte beinhalten Stehplätze, die aber bei Bedarf in
Sitzplätze umgewandelt werden können. Ein Verzeichnis über die Anzahl der Stehplätze in Bundesligastadien findet man im KICKER (2002b: 168-169).
Seite 75
Der Markt für Eintrittsrechte
den Vorgängen auf dem Spielfeld statt, die den besonderen Reiz des Stadionbesuches
auch für Sitzplatzzuschauer ausmacht (LÜTTMER 1995: 64ff.). Schlachtgesänge und
Anfeuerungsrufe gehen ausschließlich von den Fans auf den Stehtribünen aus.
Mit dem Argument der kritischen Fanszene, die traditionelle Zuschauerklientel werde
durch die „Versitzplatzung“ systematisch aus den Stadien gedrängt, sollte man sich
noch einmal auseinandersetzen. Natürlich ist es unbestritten, dass der Fußball von seiner
Entstehung bis zum Ende der siebziger Jahre hauptsächlich ein Freizeitvergnügen der
Arbeiterschaft war. Mit dem für Westeuropa typischen Wandel von der Industrie- zur
Dienstleistungsgesellschaft ist diese Schicht im Auflösen begriffen. Als Konsequenz
des Wandels sanken die Zuschauerzahlen bei Fußballspielen zu Beginn der achtziger
Jahre in ganz Westeuropa kontinuierlich (SCHULZE-MARMELING 2000: 202ff.).
Der Zuschauerrückgang begünstigte zudem auch die Zunahme an gewaltbereiten Fans,
den Hooligans. Diese nutzten die Krise, in der sich der gesamte Fußballsport zu dieser
Zeit befand, aus und entdeckten die Stadien als ihr „Tätigkeitsfeld“. Der Fußball
brauchte einige Zeit, um dieses Problem in den Griff zu bekommen und das damit verbundene schlechte Image wieder los zu werden.
Der Aufschwung, der seit Beginn der neunziger Jahre im Bereich des Fußballs deutlich
spürbar ist, erklärt sich zu einem nicht unwesentlichen Teil dadurch, dass man sich den
gesellschaftlichen Realitäten bewusst wurde und auch die Mittel- und Oberschicht erfolgreich als Zielgruppe erkannt hat (SCHULZE-MARMELING 2000: 209ff.). Die zunehmende Anzahl von Sitzplätzen und die „VIP-Bereiche“ sind auch das Ergebnis einer
durch Tertiarisierung veränderten Gesellschaftsstruktur:
An dieser Realität ist auch der Fußball nicht vorbeigekommen; er hat diesen Wandel
schneller vollzogen als viele andere Regionen und Wirtschaftszweige in Europa. Die
traditionelle Zuschauerklientel hat den Fußball nicht mehr für sich alleine; sie muss sich
das Spiel nun mit anderen Gesellschaftsschichten „teilen“ und dabei auch deren Interessen respektieren lernen.
Trotzdem muss man der kritischen Fanszene insoweit Recht geben, als dass sich der
Fußball nicht vollständig dem ökonomischen Kalkül verschreiben darf. Er mag zwar
mittlerweile zu einem Wirtschaftsgut geworden sein, verfügt aber dennoch weiterhin
über eine nicht zu unterschätzende soziale Komponente. Die Beibehaltung der Stehplätze in der Bundesliga ist ein richtiger Schritt in diese Richtung. Weitere werden aber
folgen müssen, denn die Fans sind das wahre Kapital der Vereine.
Seite 76
„Ein Fernsehsender darf mit Fußball kein Geld verdienen. Das ist meine feste Philosophie.“
Karl-Heinz Rummenigge, Ex-Fußballspieler und mittlerweile Vorstanschef der FC
Bayern München AG vor der Kirch Krise
(zitiert aus FAZ 2001)
„Die Ware Fußball gehört zum Allerbesten, was man weltweit haben kann. Mit dem
unbedeutendsten Fußballspiel machen sie mehr Quote als mit jeder Vorabendserie.“
Günter Netzer, Fußballlegende, Fernsehkommentator und neuerdings Rechteinhaber
nach der Kirch-Krise
(zitiert aus RUHR NACHRICHTEN 2002a)
Der Markt für Fernsehrechte
Seite 77
Der Markt für Fernsehrechte
5. Der Markt für Fernsehrechte
Auf dem Markt für Fernsehrechte werden –wie es der Name eigentlich schon zum Ausdruck bringt- die Rechte für die Übertragung von Fußballspielen im Fernsehen verkauft.
Die Motive der Marktteilnehmer liegen dabei auf der Hand: Die Rechteinhaber –in den
meisten Fällen die Fußballverbände- wollen einen möglichst hohen Preis erzielen, um
finanziell möglichst viel für die Vereine heraus zu holen. Gleichzeitig sind sie aber auch
daran interessiert, dass der Fußball im Fernsehen gezeigt wird. Sponsoringerlöse hängen
zu einem nicht unwesentlichen Teil mit der Fernsehpräsenz zusammen (KRUSE 2000:
16, CALMUND 1999: 31-32).1 Daher können die Rechteinhaber den Preis –trotz ihrer
Monopolstellung- nicht ins Unermessliche treiben. Auf der Nachfrageseite benötigen
die Fernsehsender die Fußball-Übertragungsrechte zur „Produktion“ von zuschauerattraktiven Sportsendungen. Zur Refinanzierung der damit verbundenen Kosten werden
Sponsoren –oft zum Leidwesen der Fernsehzuschauer- gegen die Entrichtung eines
Entgelts Sendezeiten zur Präsentation ihrer Werbe-Trailer angeboten. Dazu jedoch mehr
in Kapitel sechs.
Die Struktur des Marktes für Fernsehrechte hat sich in Deutschland im Laufe der letzten
Jahre nachhaltig verändert.2 Lange Zeit standen sich jeweils nur ein Anbieter, nämlich
der DFB als alleiniger Rechteinhaber, und die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und
ZDF als einziger Nachfrager gegenüber, so dass man von einem „bilateralen Monopol“
sprechen konnte (ERNING 2000: 135).3 Seit der Einführung der dualen Rundfunkordnung in den achtziger Jahren drängen auch private Sender auf diesen Markt. 1985 nahm
mit dem Privatsender SAT.1 erstmals ein Konkurrent auf der Nachfrageseite an den
Verhandlungen teil. Während sich auf der Angebotsseite eigentlich bis zum heutigen
Tag nichts geändert hat –außer dass die Übertragungsrechte mittlerweile vom DFB auf
den Ligaverband e.V./ die Deutsche Fußball Liga GmbH übergegangen sind- ist auf der
Nachfrageseite ein ziemlich intensiver Wettbewerb der Fernsehsender um die Übertragungsrechte entstanden. Aus dem einstigen Nachfragemonopol entwickelte sich so ein
„wettbewerbsorientiertes Nachfrageoligopol“ (ERNING 2000: 136).
1
Aus diesem Grund zahlen auch einige Sportarten, wie zum Beispiel Tischtennis und Volleyball, für ihre
Fernsehpräsenz.
2
Die folgende Schilderung bezieht sich nur auf die von DFL und DFB veranstalteten Wettbewerbe Bundesliga und DFB-Pokal. Abweichende strukturelle Rahmenbedingungen und Regelungen im Europacup
werden unter den entsprechenden Punkten abgehandelt und analysiert.
3
ARD und ZDF haben bei den Verhandlungen gemeinsam agiert und sich nicht gegenseitig überboten.
Seite 78
Der Markt für Fernsehrechte
Dass mittlerweile für die Übertragungsrechte von Fußballwettbewerben Preise bezahlt
werden, die durch im unmittelbaren Umfeld der Übertragungen erzielbaren Werbeeinnahmen kaum noch zu refinanzieren sind, hängt mit der strategischen Bedeutung dieser
Rechte zusammen (ENDERLE 2000: 72): Fußball ist in der Zuschauergunst in Deutschland die absolute Nummer eins und ein Garant für hohe Einschaltquoten (siehe Punkt
2.1.4.2.1).
Auch wenn die Ausstrahlung von Fußballübertragungen nicht kostendeckend möglich
ist, so steigert sie dennoch das Ansehen und die strategische Marktposition –den Marktanteil- eines Senders. Daraus kann der Sender dann zusätzliche Erlöse erwirtschaften.
Zudem sind die Fußball-Übertragungsrechte ein exklusives Gut, das im Gegensatz zu
Filmen und anderen möglichen Programminhalten recht schwer bis gar nicht substituierbar ist (SCHELLHASS 2000a: 7ff.): Zeigt Sender A einen guten Film, kann Sender
B einen qualitativ hochwertigen Film auf dem gleichen Sendeplatz positionieren, um in
der Zuschauergunst „die Nase vorn zu behalten“. Überträgt Sender A hingegen zum
Beispiel ein interessantes Länderspiel, wird es für Sender B wesentlich schwieriger,
gegen diese Konkurrenz zu bestehen und Zuschauer von Sender A dazu zu bewegen,
nicht das Spiel sondern das Programm von Sender B zu schauen. Dafür ist die Fußballübertragung aber auch ein kurzlebiges Gut, das zeitnah verwertet werden muss, da sein
Wert sonst rasch verfällt.
Beim Verkauf der Fernsehrechte sind seit einiger Zeit häufig Vermarktungsagenturen
zwischengeschaltet (KIPKER 2000: 42). Da diese aber nicht als eigenständige Akteure,
sondern im Auftrag für die Fernsehsender handeln, erfolgt eine ausführlichere Darstellung und Analyse der Vermarktungsagenturen erst in Kapitel sechs. Für diesen Zusammenhang ist eigentlich nur wichtig, dass sich die Fernsehsender durch das Einschalten
von Vermarktungsagenturen Synergieeffekte erhoffen: So hat eine in der Rechtevermarktung tätige Agentur die Kontakte, um die Übertragungsrechte an Zweit- und Drittvermarkter oder ins Ausland weiterzuverkaufen, ohne dass sich der Sender darum
kümmern muss. Außerdem ist die Medienmacht eines international tätigen Vermarkters
wesentlich eher ein Gegenpol zur Monopolstellung des DFB beziehungsweise der DFL
als die eines einzelnen Senders.
Seite 79
Der Markt für Fernsehrechte
5.1 Die Entwicklung der Preise für die Fernsehrechte der Bundesliga
Seit Gründung der Bundesliga werden die Fernsehrechte stets zentral vom DFB beziehungsweise neuerdings von der DFL an Fernsehsender und Agenturen verkauft.
Tabelle 5.1: Übertragungskosten für die Fußball-Bundesliga zwischen 1965 und 2004
Saison
Sender und Agenturen
Preis in Mio. Euro
1965/66
ARD/ ZDF
0,33
1966/67
ARD/ ZDF
0,41
1967/68
ARD/ ZDF
0,41
1968/69
ARD/ ZDF
0,86
1969/70
ARD/ ZDF
1,33
1970/71
ARD/ ZDF
1,53
1971/72
ARD/ ZDF
1,60
1972/73
ARD/ ZDF
1,60
1973/74
ARD/ ZDF
1,74
1974/75
ARD/ ZDF
2,25
1975/76
ARD/ ZDF
2,45
1976/77
ARD/ ZDF
2,45
1977/78
ARD/ ZDF
2,75
1978/79
ARD/ ZDF
3,44
1979/80
ARD/ ZDF
3,51
1980/81
ARD/ ZDF
3,22
1981/82
ARD/ ZDF
3,45
1982/83
ARD/ ZDF
3,70
1983/84
ARD/ ZDF
4,09
1984/85
ARD/ ZDF
5,11
1985/86
ARD/ ZDF
6,14
1986/87
ARD/ ZDF
8,18
1987/88
ARD/ ZDF
9,20
1988/89
UFA/ RTL
20,45
1989/90
UFA/ RTL
23,01
1990/91
UFA/ RTL
25,56
1991/92
UFA/ RTL/ PREMIERE
40,90
1992/93
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
74,14
1993/94
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
74,14
1994/95
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
74,14
1995/96
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
86,92
1996/97
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
99,70
1997/98
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
127,82
1998/99
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
163,61
1999/00
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
168,73
2000/01
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
355,35
2001/02
ISPR/ SAT.1/ PREMIERE
328
2002/03
INFRONT */ SAT.1/ PREMIERE
290
2003/04
INFRONT */ SAT.1/ PREMIERE
290
* = INFRONT SPORTS & MEDIA AG, übernahm die nach der Kirch-Insolvenz im Besitz
der Rechte befindliche Auffanggesellschaft „Buli-GmbH“
Quelle: CALMUND (1999: 33-34), EBERT (2002: 167), eigene Ergänzungen
Seite 80
Der Markt für Fernsehrechte
Die Vermarktung der Fernsehrechte kann dabei nach SCHAFFRATH chronologisch in
drei Phasen untergliedert werden (2000: 29):
•
1. Phase: In der Zeit des öffentlich-rechtlichen Nachfragemonopols von Mitte
der sechziger bis Mitte der achtziger Jahre gibt es keinen Wettbewerb um die
Übertragungsrechte. Daher sind die Preissteigerungen sehr moderat. Es ist sogar
davon auszugehen, dass der Angebotsmonopolist DFB die Rechte weit unter ihrem tatsächlichen Wert verkauft hat (ERNING 2000: 143ff.).
•
2. Phase: Durch die Dualisierung des Rundfunkwesens nimmt mit SAT 1 1985
erstmals ein privater Sender am Wettbewerb um die Senderechte teil. Die Zahl
der Mitbewerber nimmt in den folgenden Jahren noch weiter zu mit dem Ergebnis, dass die Preise stärker steigen. Für die Spielzeit 1988/89 erwirbt mit RTL
erstmals ein Privatsender die Fußballrechte. Bis auf einige Ausnahmen findet die
Übertragung der Spiele zeitversetzt statt: Dem Fernsehzuschauer werden in den
Sportsendungen lediglich Zusammenschnitte mit den Höhepunkten präsentiert.
•
3. Phase: Durch den Start des analogen Bezahlfernsehens 1991 sowie die Einführung des digitalen Pay-TV 1996 stoßen die Preise in ungeahnte, neue Dimensionen vor. Vor allem von den Sportrechten erhoffen sich die Macher die Etablierung des Bezahlfernsehens in Deutschland und sind daher bereit, exorbitante
Summen dafür zu bezahlen. Das Bezahlfernsehen schafft die Neuerung, dass regelmäßig Spiele live übertragen werden: Ganz zu Anfang gibt es nur das „Topspiel der Woche“ gegen Gebühr zu sehen, seit der Saison 2000/01 werden mittlerweile alle 306 Spiele (!) einer Saison – die Digitalisierung macht es möglichlive gezeigt.
Dass die Fernsehsender und Agenturen mittlerweile so hohe Preise für die Fernsehrechte zahlen, hat die Anbieterseite unter einen gewissen Druck gesetzt, sich wirtschaftlichen Interessen zu öffnen (KRUSE 2000: 8ff.). So kam der DFB als Sportveranstalter
dem Wunsch der Fernsehsender nach, Spieltage zu „splitten“. Die 1. Bundesliga spielt
seitdem samstags und sonntags, die 2. Bundesliga freitags, sonntags und montags.4 Obwohl die geteilten Spieltage weder von den Fans noch von den Vereinen gewollt sind,
finden sie trotzdem statt (HALLE 2002b).5
4
Nur die jeweils letzten beiden Spieltage werden in beiden Ligen zeitgleich angesetzt, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
5
So gab es in der Saison 2000/01 die von Fans organisierte Kampagne „Pro 15:30“. Ziel der sehr medienwirksam aufgezogenen Kampagne war es, dass alle Spiele der 1. Bundesliga eines Spieltags am
Samstag Nachmittag um halb vier ausgetragen werden sollten. Ihr war aber nur mäßiger Erfolg beschie-
Seite 81
Der Markt für Fernsehrechte
Auch die Organisationsstruktur des Sportveranstalters hat sich in Folge der höheren
Einnahmen aus den Fernsehrechten verändert. So haben sich die 36 Profiklubs im Ligaverband e.V. zusammengeschlossen. Dessen Geschäftsführungsgesellschaft, der DFL,
obliegt seit der Spielzeit 2001/02 die Organisation und Vermarktung des Spielbetriebs
der beiden Bundesligen.
Neben der Bundesliga werden auf nationaler Ebene auch die Übertragungsrechte für
den DFB-Pokal verkauft. Dieser Verkauf erfolgt ebenfalls zentral über den DFB. Über
die genauen Zahlen ist jedoch nur wenig bekannt, da die Rechte am DFB-Pokal von den
öffentlich-rechtlichen Sendern im Paket zusammen mit den Länderspielen und der Regionalliga erworben worden sind. Der alte Vertrag, der bis zum Jahr 2004 läuft und dem
DFB pro Jahr rund 76 Millionen Euro einbringt, wurde erst kürzlich zu nahezu unveränderten Konditionen bis 2009 verlängert (KICKER 2002c). Der weitaus größte Teil
des Betrages dürfte für die Übertragungsrechte der Länderspiele der Nationalmannschaft bestimmt sein. Der FC Schalke 04 zum Beispiel wurde in der Saison 2000/01
DFB-Pokalsieger: 32 Prozent seines Gesamtetats erzielte der Verein aus den Bundesligaübertragungsrechten, nur vier Prozent hingegen aus den DFB-Pokal-Rechteerlösen
(siehe Tabelle 5.2). Ökonomisch betrachtet ist daher der geringe Stellenwert, den der
DFB-Pokal bei den Profivereinen mittlerweile erreicht hat, durchaus zu verstehen.
Trotzdem bleibt zu bedenken, dass der Pokal der kürzeste Weg in den UEFA-Cup ist.
Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass die privaten Sender bislang noch keinen
ernsthaften Versuch gestartet haben, um die Übertragungsrechte für den DFB-Pokal zu
erwerben.
5.1.1 Die Verteilung der Fernsehgelder
Die aus dem Verkauf der Übertragungsrechte stammenden Einnahmen wurden bis zur
Saison 1999/00 zu jeweils gleichen Teilen unter den Profimannschaften aufgeteilt. Dabei erhielten Vereine aus der 1. Bundesliga stets einen größeren Anteil als die aus der 2.
Bundesliga.6 1999 wurde ein neuer Verteilungsmodus beschlossen, der auch dem sportlichen Erfolg der Klubs Rechnung trägt und ab der Saison 2000/01 zur Anwendung
kommt. Grund für die Einführung des neuen Verteilungsschlüssels war die Verdoppe-
den. Zwar wurden die Freitags-Termin gestrichen, an den wesentlich unpopuläreren Sonntagsspielen
wurde jedoch festgehalten.
6
So wurden zum Beispiel in der Saison 1995/96 die Gesamterlöse im Verhältnis 65 zu 35 zwischen den
Vereinen der ersten und zweiten Liga aufgeteilt (BRANDMAIER/ SCHIMANY 1998: Anhang V).
Seite 82
Der Markt für Fernsehrechte
lung der Fernseheinnahmen von der Spielzeit 1999/00 zur darauf folgenden Saison (siehe Tabelle 5.1).
Diese zusätzlichen Einnahmen sollten nicht wie bisher, also nur nach dem Teilnahmeprinzip, sondern zusätzlich auch zu einem gewissen Teil nach dem Leistungsprinzip
aufgeteilt werden. Der neue Verteilungsschlüssel, der laut DFL-Ligastatut in dieser
Form bis zur Spielzeit 2003/04 seine Anwendung erfährt, sieht folgende Regelungen
vor (LIGAVERBAND 2001b: 154):7 Die Fernsehgesamterlöse werden erst einmal prozentual im Verhältnis 80 zu 20 zwischen 1. und 2.Bundesliga aufgeteilt. So blieben den
Vereinen der 1.Bundesliga in der vergangenen Spielzeit 262,4 Millionen Euro. Die eine
Hälfte dieses Betrags, also 131,2 Millionen Euro, wird wiederum nach einem Schlüssel
verteilt, der die Platzierungen der Klubs in den vorangegangenen drei Jahren berücksichtigt, wobei die am kürzesten zurückliegende Spielzeit am stärksten ins Gewicht
fällt.
Die anderen 131,2 Millionen Euro werden noch einmal geteilt: 75 Prozent der Summe,
in diesem Fall 98,4 Millionen Euro, werden als eine Art „Sockelbetrag“ zu gleichen
Teilen an alle 18 Vereine verteilt, so dass jeder Klub 5,46 Millionen Euro erhält. Die
noch übrig bleibenden 32,8 Millionen Euro werden als sogenanntes „Platzgeld“ ausgeschüttet: Pro Spieltag der Saison erhält der Tabellenletzte einen Betrag von 6.156 Euro,
der Tabellenführer den 18-fachen Satz, nämlich 110.808 Euro. Die dazwischen
rangierenden Vereine bekommen jeweils den Satz des Tabellenletzten, multipliziert mit
der Zahl des Ranges, den sie zu dem Zeitpunkt in der Tabelle belegen.
Der neue Verteilungsschlüssel besteht also verteilungspolitisch betrachtet aus drei Elementen: Dem festen Sockelbetrag, der jedem Ligateilnehmer zusteht, sowie der auf dem
Leistungsprinzip beruhenden Beträge, die sich sowohl nach aktuellem als auch zurückliegendem sportlichen Erfolg bemessen.
Bei Beträgen in dieser Größenordnung wird schnell deutlich, dass die Fernseheinnahmen mittlerweile den größten Posten bei der Etatzusammensetzung der Vereine ausmachen. Durchschnittlich mehr als 50 Prozent machen die Fernsehgelder am Etat eines
Bundesligisten aus; in der zweiten Liga ist die Abhängigkeit aufgrund geringerer Zuschauer- und Sponsoringerlöse noch wesentlich größer (GEFFKEN 2001, siehe auch
Tabelle 5.2). „Die Liga hängt am Fernsehtropf“ hat das Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender beim FC Bayern München einmal treffend formuliert (zitiert aus
7
Details des Verteilungsschlüssels wurden bisher nicht veröffentlicht, die folgenden Angaben beruhen
daher zum Teil auf eigenen Berechnungen, die auf die Veröffentlichung einiger Zahlen aus diversen Zeitungsartikeln basieren (FRANZKE 1999b, FRANZKE 2001b, KICKER 2001).
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Der Markt für Fernsehrechte
BAMS 2001). Dass sich der Fußball in eine Abhängigkeit zum Fernsehen begeben hat,
wurde von Verantwortlichen lange dementiert, spätestens seit der Kirch-Krise ist dieser
Umstand aber nicht länger zu leugnen (siehe auch Punkt 5.5.2).
Tabelle 5.2: Umsätze und der Anteil der TV-Gelder in der 1. Bundesliga für die Saison
2000/01
Verein
1. Bayern München
davon TVUmsatz
2001/02 in Einnahmen aus
Mio. Euro der Bundesliga
173
14 %
davon TVEinnahmen
insgesamt *
44 %
2. Borussia Dortmund
114
17 %
17 %
3. Bayer Leverkusen
97
24 %
31 %
4. 1. FC Kaiserslautern
63
30 %
48 %
5. Hamburger SV
62
28 %
50 %
6. FC Schalke 04
60
32 %
36 %
7. Hertha BSC Berlin
54
27 %
42 %
8. VfB Stuttgart
40
30 %
34 %
9. TSV 1860 München
39
23 %
55 %
10. Werder Bremen
39
43 %
48 %
11. 1. FC Köln
34
40 %
41 %
12. VfL Wolfsburg
33
53 %
53 %
13. SC Freiburg
28
60 %
60 %
14. Borussia Mönchengladbach (A)
28
28 %
28 %
15. Hansa Rostock
25
52 %
52 %
16. Energie Cottbus
21
49 %
49 %
17. 1. FC Nürnberg (A)
15
57 %
57 %
18. FC St. Pauli (A)
12
66 %
66 %
(A) = Aufsteiger aus der 2. Bundesliga * = inklusive DFB-Pokal und Europacup
Quelle: FRANZKE (2002a)
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Der Markt für Fernsehrechte
5.2 Zentrale versus dezentrale Vermarktung
Bevor nun die Entwicklungen der Fernseheinnahmen in den beiden EuropacupWettbewerben thematisiert werden, erscheint es sinnvoll, sich das Vermarktungssystem
für die Fernsehrechte näher anzuschauen. Bis zur Spielzeit 1997/98 hat der DFB die
Partien der Bundesligen und des DFB-Pokals sowie die Heimspiele deutscher Mannschaften im UEFA-Cup und im mittlerweile abgeschafften Europapokal der Pokalsieger
zentral vermarktet.8
Zentralvermarktung bedeutet, dass die Verbände in ihrer Funktion als Veranstalter stellvertretend für die einzelnen Vereine mit den Fernsehsendern und Agenturen in Verhandlung treten und die erzielten Erlöse dann auf die Vereine verteilen. In einem solchen Verfahren kann der einzelne Verein die Übertragungsrechte also nicht eigenständig zum Kauf anbieten und so vielleicht höhere Einkünfte erzielen.
Da die Zentralvermarktung unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten als durchaus
problematisch einzustufen ist, war es nicht verwunderlich, dass auch das Bundeskartellamt auf diese Vermarktungspraxis aufmerksam geworden ist. Auf dessen Betreiben
wurde dem DFB am 11. Dezember 1997 die Zentralvermarktung von Heimspielen deutscher Mannschaften im UEFA-Cup und im Europapokal der Pokalsieger höchstrichterlich vom Bundesgerichtshof untersagt.
Beobachter gingen davon aus, dass nun die Zentralvermarktung der Bundesliga als
nächstes „gekippt“ würde.9 Daher war man dann doch ein wenig überrascht, als der
DFB 1998 mit seinem Antrag Erfolg hatte, der die Freistellung der Zentralvermarktung
für die Bundesliga und den DFB-Pokal vom Kartellverbot vorsah: Die Entscheidung, in
die 6. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) den Sport als
Ausnahmebereich mit aufzunehmen, der damit vom Kartellverbot unberührt bleibt,
wurde sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat einstimmig getroffen. Da das Bundeskartellamt jetzt quasi machtlos ist, hofft man auf Seiten der Wettbewerbshüter jetzt
auf ein Eingreifen aus Brüssel. Seitdem ist nicht mehr viel passiert, so dass bis zum heutigen Tage Bundesliga und DFB-Pokal sowie die Champions League weiterhin zentral
vermarktet werden. So viel zu den Fakten.10
8
Die Champions League stellt die einzige Ausnahme dar. Sie wird ebenfalls zentral vermarktet, aber von
der UEFA, ihrem Ausrichter.
9
Viele Bundesligavereine hatten für den Fall schon einmal vorsorglich Verträge mit Vermarktungsagenturen unterzeichnet (SWIETER 2002: 28).
10
Die nun folgenden Ausführungen beruhen weitgehend auf der ökonomischen Sicht der Dinge. Mit der
juristischen Perspektive beschäftigt sich –unter anderem- WENG sehr ausführlich (2000).
Seite 85
Der Markt für Fernsehrechte
Die Frage des Pro und Contra der Zentralvermarktung ist seither in der Sportökonomie
sehr ausführlich und zugleich kontrovers diskutiert worden.11 Da die Frage „Zentralversus Einzelvermarktung“ zum einen auch in Zukunft noch relevant sein wird und zum
anderen von großer finanzieller Bedeutung für den Fußball ist, wird im folgenden versucht, die Diskussion kurz zusammenzufassen und die Argumente herauszuarbeiten.
Dass die Vereine als Anbieter von professionellem Fußball durch den zentralen Verkauf
der Fernsehrechte durch den DFB beziehungsweise neuerdings die DFL ein „stabiles
Kartell in Form eines Syndikats“ bilden, darüber sind sich sowohl Kritiker als auch Befürworter der Zentralvermarktung einig (KRUSE/ QUITZAU 2002: 1).12 13 Recht unterschiedlich fallen aber die Bewertungen des Verfahrens aus.
Kritiker der Zentralvermarktung bemängeln vor allem
(1) den Eingriff in die Marktwirtschaft und damit die Verhinderung von Wettbewerb: So sei es üblich, dass Waren und Dienstleistungen in marktwirtschaftlichen Systemen von den Produzenten selbst vermarktet werden, um ein ökonomisch optimales und effizientes Ergebnis zu gewährleisten (KRUSE/ QUITZAU
2002: 1ff.). Und die Produzenten sind im Fußball nun einmal die Vereine, da sie
ja schließlich auch das finanzielle Risiko tragen und nicht die Verbände.
(2) die künstliche Verknappung der Spiele im Fernsehen und die damit einhergehende mangelnde Orientierung am Konsumenten (Fernsehzuschauer): Jedes
Bundesligaspiel wird in voller Länge von Fernsehkameras aufgezeichnet, trotzdem bekommt der Fernsehzuschauer davon nur zeitversetzt kurze Zusammenfassungen zu sehen (WOLF 2000: 89ff.).14 Leidtragende seien neben den Fernsehzuschauern auch die Vereine, da sie eine geringere Fernsehpräsenz erreichen.
Der Zusammenhang von Fernsehpräsenz und Sponsoringeinnahmen wurde ja
bereits aufgezeigt. Bestünde hingegen die Möglichkeit der Einzelvermarktung
durch die Vereine selbst, könnten diese durch den Verkauf der Senderechte notfalls auch an kleinere oder Regionalsender dafür sorgen, dass ihr Spiel auf jeden
Fall im Fernsehen gezeigt wird.
11
Siehe zum Beispiel KRUSE/ QUITZAU (2002: Fußnote 1).
Ein Syndikat ist die am straffsten organisierte Form eines Kartells. Absatz oder Beschaffung werden in
einem Syndikat von einer zentralisierten Einrichtung aus abgewickelt (WÖHE 2000: 331).
13
Diese Einschätzung steht in keinem Wiederspruch zu der unter Punkt vier gemachten Aussage. Der
zentrale Verkauf der Fernsehrechte erfüllt den Tatbestand eines Kartells, die Organisationsform „Bundesliga“ jedoch nicht.
14
Dieses Argument hat mittlerweile viel seiner Überzeugungskraft eingebüsst, da mittlerweile alle Bundesligaspiele im Pay-TV zu sehen sind. Die Kartellmenge entspricht folglich exakt der Wettbewerbsmenge, von Verknappung kann also keine Rede mehr sein (SCHELLHAASS 2000b: 34).
12
Seite 86
Der Markt für Fernsehrechte
(3) dass sie eine Markteintrittsbarriere für kleinere Fernsehsender darstellt: Fußball
ist einer der Quotenbringer im deutschen Fernsehen. Da die Übertragungsrechte
nur im Block zu kaufen sind, sei es für einen kleineren Sender nahezu unmöglich, die Rechte zu erwerben (PARLASCA 2000: 92ff.). Die Zentralvermarktung habe demzufolge zu einer erheblichen Konzentration auf der Nachfrageseite, also bei den Fernsehsendern, geführt.15
Kritiker der Zentralvermarktung halten die im Rahmen des Verfahrens ebenfalls durchgeführte Erlösumverteilung für überbewertet (PARLASCA 2000: 94). Stattdessen wird
auf die Einzelvermarktung in Kombination mit einer Fondslösung auf freiwilliger Basis
gesetzt (KRUSE/ QUITZAU 2002: 14ff.). Als Beispiel für das Gelingen eines solchen
Fonds wird die Regelung im Europacup angeführt (WOLF 2000: 92): Nachdem die
Zentralvermarktung im UEFA- und Pokalsieger-Cup 1997 untersagt wurde, zahlten die
für diese Wettbewerbe qualifizierten Mannschaften rund dreißig Prozent der nun durch
Einzelvermarktung erzielten Erlöse in einen Fonds ein. Die Gelder wurden daraufhin
unter den nicht im Europacup spielenden Vereinen der 1. und 2. Bundesliga aufgeteilt.16
Und genau an dieser Verteilungsproblematik setzen die Befürworter der Zentralvermarktung an (unter anderem SCHELLHAASS 2000b, HELLMANN 2000). SWIETER
beweist sehr nachvollziehbar, dass die Umverteilung der Erlöse aus den Fernsehrechten
zu einer „effizienteren Bewirtschaftung des Meisterschaftsrennens“ führt (2002: 149ff.).
Was sich zunächst kompliziert anhört, erscheint dann doch logisch: Um einen gewissen
Grad sportlicher Ausgeglichenheit zu gewährleisten, bedarf es einer ausreichenden finanziellen Ausstattung der kleineren Vereine. Auch wenn sportlicher Erfolg nicht käuflich ist, so besteht doch ein Zusammenhang zwischen den finanziellen Möglichkeiten
eines Vereins und seiner Platzierung in der Liga (siehe auch Kapitel drei).
Bei dieser Überlegung kommt eine Besonderheit des Sports zum Tragen, auf die bereits
hingewiesen wurde: Absolute Monopolstellungen gereichen dem Inhaber eher zum
Nach- denn zum Vorteil. Ein Fußballspiel –um in der Thematik zu bleiben- beruht auf
der Koproduktion von zwei Vereinen, die Bundesliga auf der Koproduktion der teilnehmenden 18 Mannschaften. Erlangen ein oder auch mehrere Vereine aufgrund deutlich höherer Einnahmepotentiale einen derart großen sportlichen Vorsprung vor dem
Rest der Liga, droht die große Langeweile. Die Zuschauerzahlen im Stadion sowie vor
15
Man sollte sich fragen, ob die ökonomische Bedeutung der Fußballübertragungsrechte bei dieser Argumentation nicht vielleicht etwas überbewertet worden ist.
16
Diesen Fonds gibt es mittlerweile nicht mehr, die im Europacup spielenden Vereine behalten das von
ihnen durch den Verkauf der Übertragungsrechte eingenommene Geld komplett selbst. Der früher durch
den DFB gewährleistete „Solidarausgleich“ existiert also nicht mehr.
Seite 87
Der Markt für Fernsehrechte
den Fernsehgeräten werden wahrscheinlich abnehmen; dadurch würden die damit zusammenhängenden sonstigen Erlöse aus Sponsoring und Merchandising ebenfalls sinken. Eine Liga lebt von der Spannung: Es sollte immer möglich sein, dass der letzte den
ersten schlagen kann. Ist diese Spannung nicht mehr gegeben, verliert das Gesamtprodukt „Liga“ zunehmend seine Attraktivität.
Zur Sicherstellung eines funktionsfähigen sportlichen Wettbewerbs bietet sich die Verteilung der Fernsehgelder geradezu an. Im Gegensatz zu Zuschauer-, Sponsoring- und
Merchandisingeinnahmen ist der Anteil, den der einzelne Verein daran hat, eigentlich
kaum bestimmbar (SWIETER 2002: 162). Die Notwendigkeit der Erlösumverteilung
aus den Fernsehgeldern wird von den Kritikern zwar ebenso gesehen, aber sie sehen aus
wettbewerbspolitischen Aspekten die Einzelvermarktung mit freiwilligem Solidarfonds
als die bessere, weil marktkonformere Lösung an.
Diese Sichtweise birgt jedoch auch viele Probleme in sich. Die Zentralvermarktung
stellt die Übertragung von Spielen aller Vereine sicher. Die für die weiteren Einnahmen
wichtige Fernsehpräsenz ist damit gesichert. Im Falle der Einzelvermarktung hätten
einige Vereine, wie zum Beispiel Bochum, Cottbus oder Rostock, Probleme, die Übertragungsrechte für alle ihre Spiele zu verkaufen.17 18
Von der 2.Bundesliga einmal ganz abgesehen: Mannschaften wie LR Ahlen, Wacker
Burghausen oder Eintracht Trier erwecken bestenfalls auf regionaler Ebene Interesse.
Zudem müssten die Vereine dann regelmäßig in Verhandlungen mit Fernsehsendern
und Agenturen treten. Man darf wohl davon ausgehen, dass die dafür notwendigen Informationen asymmetrisch, also eher auf Seiten der Fernsehsender und Agenturen, angesiedelt sind. Besonders die kleinen Vereine der 2.Bundesliga verfügen wahrscheinlich
nicht einmal über die nötige personelle Infrastruktur. Unter diesem Aspekt betrachtet
erweist sich die Zentralvermarktung auch als Transaktionskosten sparend.
Als ebenfalls problematisch zu betrachten ist die Lösung mit den freiwilligen Solidarfonds. Kurzfristig sind solche Fonds durchaus praktikabel, wie der Solidarfonds aus den
Europapokalgeldern beweist. Auf die Dauer wird es aber schwierig sein, Vereine dazu
17
Von den „Top-Spielen“ gegen Bayern München, Dortmund, Schalke 04 u.a. einmal abgesehen.
Dass dieser Einwand nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt das Beispiel aus der Serie A, der ersten Liga
in Italien (SPIEGEL 2002b): Dort werden die Pay-TV-Rechte dezentral vermarktet. Vor Beginn der aktuellen Spielzeit hatten acht Vereine keinen Abnehmer für ihre Übertragungsrechte gefunden und drohten
ob des damit verbundenen finanziellen Engpasses mit dem Boykott der Liga. Daraufhin wurde der Start
der Liga auf Anfang September verschoben, um den betroffenen Vereinen mehr Zeit zur Aushandlung
neuer Fernsehverträge zu geben. Als sich trotzdem kein Abnehmer für die Rechte fand, sprangen die
sechs reichsten Klubs „in die Bresche“. Um den Ligabetrieb nicht zu gefährden –das hätte das finanzielle
Aus für alle Vereine bedeutet- subventionieren sie nun mit einem Teil ihrer TV-Gelder die acht Klubs
ohne Fernsehvertrag. Meiner Ansicht nach handelt es sich bei diesem Vorgang um einen Akt erzwungener Solidarität, die sich in Zukunft so nicht aufrecht zu erhalten sein wird.
18
Seite 88
Der Markt für Fernsehrechte
zu bewegen, bereits eingenommenes Geld wieder herzugeben.19 Sollten in Zukunft weitere Vereine in Kapitalgesellschaften umgewandelt werden, wird auch dort das Streben
nach Gewinnmaximierung stärker; das Einzelinteresse könnte gegenüber dem Gesamtinteresse der Liga in den Vordergrund rücken.
Aber nicht nur das könnte die erfolgreichen Vereine dazu bewegen, vom Solidarausgleich abzurücken. Der von den Befürwortern mit Blick auf die in Amerika praktizierten Umverteilungsmechanismen vorgeschlagene Solidarfonds auf freiwilliger Basis
verkennt zudem die unterschiedlichen Ligastrukturen. Die amerikanischen Profiligen
haben im Gegensatz zu den europäischen Ligen keinen „internationalen Überbau“ wie
zum Beispiel die Champions League und den UEFA-Cup: In Deutschland findet der
Profifußball auf zwei Ebenen statt, einer nationalen und einer europäischen. Und gerade
dieser Umstand kann die sportlich und finanziell erfolgreichen Vereine dazu verleiten,
den heimischen Solidarausgleich zu boykottieren, um mit dem eingesparten Geld die
Konkurrenzfähigkeit in den finanziell wesentlich lukrativeren Europapokalwettbewerben sicher zu stellen.
Die dargelegten Argumente sprechen eindeutig für die Beibehaltung der Zentralvermarktung.20 Die damit einhergehende „Zwangsumlage“ des Fernsehgeldes ist der Lösung mit einem freiwilligen Solidarfonds deutlich überlegen (SCHELLHAASS 2000b:
35ff.). Die Umverteilung der Fernsehgelder ist für die meisten Vereine –vor allem die
der 2.Bundesliga- extrem wichtig, um wirtschaftlich überhaupt bestehen zu können.
Eine auf Freiwilligkeit beruhende Erlösverteilung könnte jederzeit scheitern. Die Folgen
wären katastrophal und würden den deutschen Fußball in seinen Grundfesten erschüttern. Und das ist sicherlich nicht übertrieben: Vereine wie Bochum, Rostock, Cottbus,
Nürnberg, Fürth, Ahlen, Burghausen –um nur einige zu nennen- könnten sich Profifußball nicht mehr leisten. Die Konsequenz wäre wahrscheinlich die Aufgabe des Konzepts
der Relegationsliga zu Gunsten einer einzelnen Franchise-Profiliga.
Die großen, finanzstarken Vereine blieben unter sich, die bisher gegebene Verzahnung
von Profi- und Amateurfußball wäre ein für alle Mal dahin. Ob die deutlich geringere
Wettbewerbsintensität in einer solchen Liga im Interesse der Konsumenten und das
dann wirklich vorhandene Angebotskartell –Franchiseligen sind geschlossene Ligen- im
Sinne der Wettbewerbshüter sind, ist zumindest zu bezweifeln.
19
Ein weiterer Vorteil der für die Zentralvermarktung spricht. Bei diesem Verfahren bekommen die Vereine nämlich das Geld von der DFL nach dem beschriebenen Verteilungsschlüssel zugeteilt.
20
So sehen es scheinbar auch die Vereine: 17 Klubs der 1.Bundesliga haben sich für die Zentralvermarktung ausgesprochen, nur Borussia Dortmund –seit Oktober 2000 an der Börse- ist für eine Einzelvermarktung eingetreten (FRANZKE 2001c).
Seite 89
Der Markt für Fernsehrechte
„Die Sicherung einer hohen Produktqualität (=spannender sportlicher Wettkampf) ist
der ökonomische Zweck der zentralen Vermarktung der Fernsehrechte“ lautet daher
auch das Fazit von SCHELLHAASS, dem meines Erachtens beizupflichten ist (2000b:
33).21
5.3 Die Champions League-Gelder und ihre Verteilung
Der Verkauf der Fernsehrechte an der Champions League erfolgt –wie bereits erwähntzentral über den Ausrichter UEFA.22 Im Gegensatz zur Bundesliga werden die Rechte
pro Land exklusiv an jeweils nur einen Pay-TV- und einen Free-TV-Sender vergeben:23
In Deutschland zeigt Premiere World mittlerweile alle Spiele live im Pay-TV, während
RTL im frei empfangbaren Fernsehen jeweils ein Spiel pro Woche –meistens eines mit
deutscher Beteiligung- live überträgt; von den verbleibenden Spielen werden jeweils
zeitversetzt von RTL kurze Zusammenschnitte gesendet24.
Dieses Vorgehen war -abgesehen von der Praxis der zentralen Vermarktung- den Wettbewerbshütern in Brüssel ein besonderer Dorn im Auge, so dass sie schon vor Jahren
die Ermittlungen einleiteten (WENG 2000: 157ff.). Aber die Mühlen der Bürokratie
mahlen bekanntlich langsam und so verwundert es auch nicht, dass bis zum jetzigen
Zeitpunkt noch keine endgültige Entscheidung diesbezüglich ergangen ist.25 So viel zu
den Rahmenbedingungen.
Aus Sicht der Vereine ist die Champions League eine wahre „Geldbeschaffungsmaschine“: In der Saison 2001/02 nahm die UEFA 1.055 Millionen Schweizer Franken (CHF)
aus der Vermarktung des Wettbewerbs ein (UEFA 2002a).26 Von diesem Betrag erhiel21
Dass Eingriffe in den Wettbewerb in einigen wenigen Fällen durchaus volkswirtschaftlich positive
Wirkungen haben können, belegt gleicher Autor mit einem Verweis auf den Patentschutz (SCHELLHAASS 2000b: 35).
22
Dabei tritt die UEFA jedoch nicht selbst mit Fernsehsendern in Verhandlung, sondern sie verkauft die
Rechte an eine Vermarktungsagentur. Seit dem Beginn der Champions League im Jahre 1992 ist dies die
schweizerische TEAM, die jüngst auch den Zuschlag bis 2006 erhielt.
23
Für die Übertragung der Bundesligaspiele werden zahlreiche Zweit- und Drittverwertungsrechte vergeben. Neben Premiere World, dem Inhaber der exklusiven Erstverwertungsrechte, bringen –unter anderemmit SAT.1 („ran“), der ARD (Tagesschau), dem ZDF (Aktuelles Sportstudio) und den dritten Programmen mehrere andere Sender in zeitlichem Abstand zu den Live-Übertragungen mehr oder weniger ausführliche Zusammenschnitte von den Spielen.
24
Es wird geschätzt, dass RTL circa 60 Millionen Euro pro Jahr für die Rechte bezahlt (RUHR Nachrichten 2002b).
25
Zwar dürfen die Rechte gemäss neuer EU-Richtlinien nicht mehr als Ganzes verkauft werden, sondern
sie müssen in verschiedene Rechte-Pakete (zum Beispiel „Spiele dienstags“, „Spiele mittwochs“ oder
„Web-Radio“) „aufgesplittet“ werden. Medienexperten gehen jedoch davon aus, dass sich dadurch in der
Praxis nicht viel ändern wird und die Champions League in Zukunft weiterhin exklusiv bei nur einem
Pay-TV- und einem Free-TV-Sender zu sehen sein wird (SPONSORS 2002a).
26
Den größten Anteil daran machen die Fernsehrechte aus, ebenfalls sehr bedeutend ist der Verkauf von
Bandenwerbung. Der findet nämlich in Analogie zu den Übertragungsrechten auch zentral statt: Dem
Seite 90
Der Markt für Fernsehrechte
ten die 32 teilnehmenden Vereine insgesamt stolze 768 Millionen CHF, während der
Rest für Solidaritätszahlungen an die Ligen der Mitgliedsverbände und zur Refinanzierung der auf Seiten der UEFA anfallenden Kosten verwendet wurde (UEFA 2002b). Die
768 Millionen CHF wurden unter Zuhilfenahme eines recht komplexen Schlüssels auf
die Vereine verteilt, der sich aus verschiedensten Komponenten zusammensetzt: Einem
festen Sockelbetrag, den jeder Teilnehmer erhält, sowie einer auf dem sportlichen Erfolg in der aktuellen Champions League Saison basierenden Prämie und den Zahlungen
aus dem sogenannten „Market Pool“. Letzterer ist der komplizierteste Teil des Verteilungsschlüssels. Wie viel Geld eine Mannschaft letztlich aus dem Market Pool erhält,
hängt von folgenden Faktoren ab (UEFA 2000):
(1) Der Summe, welche die Fernsehsender des entsprechenden Landes für die
Champions League Übertragungsrechte gezahlt haben. Mannschaften aus Ländern wie Deutschland, England oder Spanien können daher mit wesentlich mehr
Geld rechnen als Vereine aus kleinen und/ oder ökonomisch schwächeren Ländern, da dort die Übertragungsrechte rein nominal betrachtet der UEFA geringere Einnahmen bescheren. Es gilt also eine Art Verursacherprinzip. Einfacher
ausgedrückt besteht ein proportionaler Zusammenhang zwischen den Kosten der
Senderechte in einem Land und dem finanziellen Rückfluss zu den entsprechenden nationalen Vereinen. 50 Prozent der Gelder aus dem Market Pool werden
auf diese Weise verteilt, wobei noch zu berücksichtigen ist, dass im Falle mehrerer Teilnehmer aus einem Land nicht jeder einen gleich großen Teil erhält, sondern die sportliche Leistung in der abgelaufenen nationalen Meisterschaft entscheidend ist. Der Meister erhält den prozentual größten Teil, der Vize-Meister
einen etwas kleineren und so weiter.27
(2) Die anderen 50 Prozent aus dem Market Pool werden proportional zur Anzahl
der bestrittenen Spiele „ausgeschüttet“. Da erfolgreiche Mannschaften mehr
Spiele absolvieren als erfolglose, kann man in diesem Vorgehen eine Honorierung des aktuellen sportlichen Erfolgs sehen.
Die genaue Höhe der Zahlungen aus dem Market Pool steht erst am Ende der Spielzeit
fest, wenn alle Einnahmen verbucht sind. Die Höhe der Prämien und des Startgelds wird
hingegen ex-ante festgelegt. In der Spielzeit 2001/02 erhielt jede Mannschaft, die sich
aufmerksamen Fernsehzuschauer sollte bereits aufgefallen sein, dass die Bandenwerbung bei Champions
League Spielen in allen Stadien absolut identisch ist („Corporate Design“; hoher Wiedererkennungswert).
27
Die erfolgreichsten drei Nationen in der UEFA-Fünf-Jahres-Wertung können im Optimalfall vier Teilnehmer stellen.
Seite 91
Der Markt für Fernsehrechte
erfolgreich für die erste Gruppenphase qualifiziert hatte, vorab einen Betrag von 3,03
Millionen CHF (UEFA 2002c).28 Darüber hinaus bekam jedes Team noch einmal drei
Millionen CHF „Startprämie“ extra. Damit aber noch nicht genug. Für jeden Sieg in der
Gruppenphase gibt es zusätzlich 500.000 CHF, ein Unentschieden bringt immerhin
noch 250.000 CHF.
Nach Abschluss der ersten Gruppenphase kamen sowohl der Gruppenerste als auch der
Zweitplazierte in die zweite Runde, die nach gleichem Verfahren und gleichen Prämienzahlungen ausgetragen wurde. Die Gruppendritten der ersten Runde durften im
UEFA-Cup weiterspielen, während die Gruppenletzten endgültig ausgeschieden waren.
Natürlich nicht, ohne vorher noch einmal einen Bonus von 500.000 CHF eingestrichen
zu haben.
Die nach Abschluss der zweiten Gruppenphase feststehenden acht Viertelfinalteilnehmer erhielten je vier Millionen CHF, das Erreichen des Halbfinales brachte fünf Millionen CHF. Für die Finalteilnehmer gab es keine Vorab-Prämie; dafür durfte sich der Sieger Real Madrid über zehn Millionen CHF freuen, während sich der Besiegte, Bayer
Leverkusen, mit sechs Millionen CHF „trösten“ durfte.
Von den 768 Millionen CHF wurden 385 Millionen über die Prämienregelung aufgeteilt, die verbleibenden 383 Millionen über den Market Pool vergeben.
Tabelle 5.3: Einnahmen deutscher Vereine aus der Teilnahme an der Champions League 2001/02 in Mio. CHF29
Gruppenphase
Finalrunde
MarketPool
Gesamt
1. Runde
2. Runde
Bayer Leverkusen
8,03
4,75
15,0
21,9
49,68
Bayern München
8,53
5,25
4,0
29,14
46,92
FC Schalke 04
7,53
---
---
17,65
25,18
Borussia Dortmund
7,53
---
---
11,63
19,16
Quelle: UEFA (2002c), eigene Darstellung
28
Auch Vereine, welche die Qualifikation verpassen, gehen nicht leer aus: Zum einen dürfen sie immerhin noch im UEFA-Cup antreten, zum anderen erhalten sie als Entschädigung für jede überstandene Runde dieses Wettbewerbs 80.000 CHF aus den Champions League-Geldern. In der Qualifikation gescheiterte nationale Meister bekommen darüber hinaus noch einen einmaligen Bonus von 150.000 CHF ausgezahlt (UEFA 2002a).
29
Dabei handelt es sich nur um die von der UEFA zugeteilten Gelder. Des weiteren erzielten die Klubs
natürlich auch Einnahmen durch den Verkauf von Eintrittskarten, Merchandising, Catering und ähnliches.
Seite 92
Der Markt für Fernsehrechte
Für die Saison 2002/03 rechnet die UEFA mit ähnlich hohen Einnahmen, so dass die
Verteilung nahezu identisch ausfallen dürfte (UEFA 2002a). In der darauffolgenden
Spielzeit wird sich die Einnahmesituation aufgrund der Streichung der zweiten Gruppenphase wohl verschlechtern, da ja dann wesentlich weniger Spiele stattfinden werden.
Abbildung 5.1: Die Entwicklung und Verteilung der Champions League-Fernsehgelder
zwischen 1995 und 2003 in Mio. Euro
800
700
600
500
176,7
300
100
0
183,6
248,9
296,5
296,5
247,5
247,5
247,5
2000/01
2001/02
2002/03
Prognose
182,4
400
200
183,6
183,6
61,8
78,7
64,3
36
35,1
15,4
1995/96
83,2
16,8
1996/97
29,3
26,8 225,8
112,9
112,9
1997/98
1998/99
Prämien
1999/00
Market Pool
Sonstiges
Quelle: WGZ-Bank (2002: 63)
Unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten sind die hohen Einnahmen durchaus kritisch zu betrachten.30 Mit Hilfe dieser zusätzlichen Gelder lassen sich leicht Vormachtsstellungen in den nationalen Ligen aufbauen, so dass sich auf Dauer immer die gleichen
Teams für den Wettbewerb qualifizieren und dadurch den nationalen Konkurrenten keine Chance lassen, sich auch einmal für die Champions League zu qualifizieren. Dies gilt
in besonderem Masse für Vereine aus kleinen und/ oder ökonomisch schwachen Ländern.31
30
Der „Spitzenreiter“ bei den Champions League-Geldern 2001/02 war Real Madrid mit 54,53 Millionen
CHF, „Schlusslicht“ Spartak Moskau mit immerhin noch 7,87 Millionen CHF (UEFA 2002c).
31
Als Beispiel sei hier Rosenborg Trondheim aus Norwegen genannt. Die Mannschaft wurde zu Beginn
der neunziger Jahre erstmals norwegischer Meister und qualifizierte sich überraschenderweise auch für
die Hauptrunde der Champions League. In Folge der für norwegische Verhältnisse immens hohen Einnahmen aus diesem Wettbewerb baute Rosenborg eine nationale Vormachtsstellung auf. Die Mannschaft
ist seitdem ununterbrochen nationaler Meister. Ein Ende der Vorherrschaft ist nicht in Sicht, da der Verein seine dominierende Stellung in Norwegen dank weiterer Champions League-Teilnahmen immer weiter ausbaut.
Seite 93
Der Markt für Fernsehrechte
5.4 Einnahmen aus dem UEFA-Cup
Die durch den Verkauf der UEFA-Cup Übertragungsrechte zu erzielenden Erlöse fallen
im Vergleich zur Champions League sehr bescheiden aus, sie bescheren den daran teilnehmenden Vereinen dennoch einen strategischen finanziellen Vorteil gegenüber der
nicht für den Europacup qualifizierten nationalen Konkurrenz. Wie bereits erwähnt,
wird der UEFA-Cup dezentral vermarktet; die Vereine müssen die Fernsehrechte in
Eigenregie oder über Vermarktungsagenturen an interessierte Fernsehsender verkaufen.
Der Preisfindung sind dabei eigentlich keine Grenzen gesetzt, Erfahrungswerte aus der
Vergangenheit zeigen, dass der Preis für die Rechte an Spielen mit deutscher Beteiligung zwischen zwei bis fünf Millionen DM pro Partie gelegen haben (SCHAFFRATH
2000: 31). Daran dürfte sich nicht all zu viel geändert haben.32
Insgesamt lässt sich zu den Einnahmen aus dem UEFA-Cup daher nicht viel sagen, da
im Unterschied zu den zentral vermarkteten Wettbewerben Bundesliga und Champions
League keine Gesamtumsätze vorliegen, sondern jeder Verein nur seine eigenen Einnahmen verbucht und darüber dann meistens auch keine Auskunft an die Presse gibt.
Entscheidend für das finanzielle Abschneiden im UEFA-Cup ist, wie viele Runden ein
Verein erfolgreich übersteht. Da der Wettbewerb direkt mit dem „K.o.-Verfahren“ beginnt, ist ein Ausscheiden schon nach der ersten Runde möglich. Folglich sind die Einnahmen aus dem UEFA-Cup -im Unterschied zur Champions League- zumindest seriös
nicht zu kalkulieren.
5.5 Nur noch Fußball im TV: Die Gefahr der Übersättigung
Wie bei jedem anderen Produkt besteht natürlich auch beim Fußball die Gefahr einer
Übersättigung auf Seiten des Zuschauers. Wie Abbildung 5.2 verdeutlicht, hat die Übertragungsdauer von Fußball im deutschen Fernsehen in den letzten zehn Jahren stark
zugenommen.
32
Abweichungen in beide Richtungen sind im Einzelfall natürlich möglich. So wird Bayern München im
Falle eines vorzeitigen Ausscheidens aus der Champions League bei einem interessanten Gegner im UEFA-Cup sicherlich höhere Erlöse erzielen.
Seite 94
Der Markt für Fernsehrechte
Abbildung 5.2: Sendevolumen des Fußballs im deutschen Fernsehen zwischen 1984
und 2000 in Stunden
6000
5000
4000
4629
4748
1997 1998* 1999
2000
4231
3456
3791
3202
2764
3000
2211
2000
1000
5457
* = Jahr der Fußballweltmeisterschaft
mit vermehrter Berichterstattung
1540
189
0
1984
~
1991
1992
1993 1994* 1995
1996
Quelle: HOFFMANN (2001: 339)
Allein die Übertragung der Fußball-Bundesliga nimmt mittlerweile im Fernsehprogramm einen sehr breiten Raum ein (siehe Tabelle 5.4). Neben den Live-Spielen im
Pay-TV wird dem Fernsehzuschauer zwischen Samstag- und Sonntagabend eine ziemliche Bandbreite an Sendungen mit mehr oder weniger ausführlichen Zusammenfassungen und Analysen angeboten.
Das ist aber noch längst nicht alles:33 Freitags, sonntags und montags gibt es noch Zusammenfassungen und Live-Spiele der 2. Bundesliga zu sehen, dazu von Dienstag bis
Donnerstag in regelmäßigen Abständen Europapokalbegegnungen. Für den Fall, dass
die Bundesliga in der Saison an einem Wochenende spielfrei hat, darf man sich auf den
DFB-Pokal oder Länderspiele freuen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Sendungen wie zum Beispiel den „Doppelpass“ oder die „Viererkette“ auf DSF, in denen
Fußball zwar nicht gezeigt wird, aber als Gesprächsstoff für Diskussionen und Kontroversen herhalten muss. Es gibt keinen Tag mehr, an dem nicht irgendwo Fußball im
Fernsehen gezeigt wird.
Dass dieses fast schon inflationäre Angebot auch Gefahren in sich birgt, ist den Verantwortlichen der Vereine natürlich auch klar. „Fußball ist auch ein sensibles Gut, das
nicht unbegrenzt strapaziert werden kann. Man muss sehr sorgfältig und vernünftig mit
diesem Produkt umgehen!“ mahnt deshalb auch Leverkusens weitsichtiger Manager
CALMUND (1999: 37).
33
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde auf eine ausführliche Darstellung aller Fußballsendungen im
Fernsehen verzichtet. Dem nicht so mit der Materie vertrauten Leser sei bei weitergehendem Interesse ein
Blick in seine Fernsehzeitung empfohlen.
Seite 95
Der Markt für Fernsehrechte
Tabelle 5.4: Die Fußball-Bundesliga im deutschen Fernsehen 2002 (ausgewählte Sendungen)
Premiere
World
(alle Spiele
live)
SAT.1
ARD
ZDF
DSF
Dritte
Programme
Free-TV
Sendeform
Pay-TV
Free-TV
Free-TV
Free-TV
Free-TV
Status
Rechte *:
Erstverwertung
Erstverwertung
Free-TV
Drittverwertung
Zweitverwertung
Drittver- Drittverwertung wertung
Sendung
Sendetermin
FußballAktuelles „Bundes„ran“
Tagesschau
Bundesliga
Sportstudio liga pur“
samstags, samstags, samstags, samstags,
15.0018.0020.0022.0017.40 Uhr 20.00 Uhr 20.15 Uhr 23.15 Uhr
(+Vor- und
Nachberichte)
(alle Spielberichte)
(Kurzberichtevon
zwei Spielen)
sonntags,
17.1520.00 Uhr
sonntags,
19.0020.15 Uhr
sonntags,
20.0020.15 Uhr
(+Vor- und
Nachberichte)
(alle Spielberichte)
(Kurzberichte von
zwei Spielen)
diverse
(Zusammenfassung
aller Spiele)
sonntags,
13.0014.15
Uhr und
21.4522.45
Uhr
(Zusammenfassung aller
Spiele)
sonntags,
ab 21.45
Uhr
(Kurzberichte von
Spielen
aus dem
Sendegebiet)
* = Der Status der Übertragungsrechte ist ausschlaggebend für die zeitliche Distanz, die zwischen
Spiel und der Berichterstattung im Fernsehen liegt. Des weiteren wird dadurch auch die Länge der
Übertragungen und Zusammenfassungen determiniert. So hat der Erstverwerter -in diesem Fall Premiere World- das exklusive Recht, als einziger Sender Live-Übertragungen anzubieten. Die Zweit- und
Drittverwerter müssen vertraglich vereinbarte zeitliche Abstände einhalten und dürfen nur
Zusammenfassungen senden.
Quelle: Eigene Recherche und Darstellung
Bisher halten sich die Anzeichen für die Übersättigung der Zuschauer aber noch in
Grenzen. Die Zuschauerzahlen in den Stadien der Bundesliga haben sich auf einem
konstant hohen Niveau eingependelt. Trotzdem sind laut UFA-Studie 54 Prozent der
Befragten der Meinung, dass zu viel Fußball übertragen wird, während sich nur vier
Prozent für noch mehr Fußball im Fernsehen aussprechen (UFA SPORTS 2000: 94).
Der mangelnden Zuschauerresonanz auf die Vorrundenspiele der Champions League
Seite 96
Der Markt für Fernsehrechte
sowohl in den Stadien als auch zu Hause vor dem Bildschirm wurde zum Beispiel insoweit Rechnung getragen, als dass für die kommende Saison die zweite Gruppenphase
gestrichen wurde.
Alles in allem bleibt festzuhalten, dass trotz beträchtlicher Ausweitung des Sendevolumens die wirklich bedeutenden Fußballspiele in Deutschland weiterhin „Quotenbringer“
sind und vermutlich auch bleiben werden (siehe auch Punkt 2.1.4.2.1). Das Problem der
Übersättigung liegt vielmehr in der Übertragung qualitativ schlechter und bedeutungsloser Spiele. Gerade in diesem Segment wäre für die Zukunft eine Reduzierung angebracht.
5.5.1 Die Probleme der Fernsehsender bei der Refinanzierung der Übertragungsrechte
Doch die notwendige Verknappung der Fußballübertragungen kommt für die Fernsehsender eigentlich nicht in Frage. Sie stecken in dem Dilemma, dass sie auf der einen
Seite viel Geld für die Rechte bezahlt haben und dies durch den Verkauf von Werbung
wieder hereinholen wollen und folglich viele Spiele übertragen müssen, sie aber auf der
anderen Seite Gefahr laufen, durch zu viele Übertragungen das Produkt Fußball „kaputt“ zu senden.
Fußball im Fernsehen bringt den übertragenden Sendern zwar Prestige, hohe Reichweiten und wirkt sich positiv auf den Gesamtmarktanteil aus, seine Kosten sind dadurch
aber nicht halbwegs refinanzierbar (unter anderem SCHÖNEBERGER 1998: 5, EMPACHER 2000: 143ff.): Zu den Kosten für die Rechte kommen zusätzlich noch die
Ausgaben für die Übertragung und journalistische Aufbereitung der Spiele usw..34 Daher schätzt EMPACHER, dass auf eine Mark Rechtekosten noch einmal 50 Pfennig
Produktionskosten kommen (2000: 143).
In der besonderen strategischen Bedeutung von Fußballübertragungen liegt ein zweites,
für die Fernsehsender verhängnisvolles Dilemma begründet: Weil die Rechte heiß begehrt sind, überbieten sich die Sender beziehungsweise die von ihnen beauftragten
Agenturen gegenseitig und sind damit selbst hauptverantwortlich für die exorbitanten
Preissteigerungen der letzten Jahre.35 Die alte Weisheit „Sport ist Mord“ trifft damit
34
Mittlerweile kommen in jedem Bundesligastadion zahlreiche Kameras zum Einsatz. Außerdem müssen
die Sender noch eine „Rahmensendung“ produzieren, in der die Spiele dem Zuschauer präsentiert werden.
35
Ein Ausweg aus diesem Dilemma bestünde in abgestimmtem Verhalten bei den Verhandlungen, was
aber per Gesetz ausdrücklich verboten ist.
Seite 97
Der Markt für Fernsehrechte
zumindest auf die ökonomische Situation der Sender bei der Refinanzierung der Fußballrechte zu.
Lange Zeit wurde daher geschlussfolgert, der Fußball sei auf Dauer im Free-TV nicht zu
finanzieren und würde deshalb dauerhaft und vollständig ins Bezahlfernsehen „übersiedeln“ (SCHAFFRATH 2000: 33ff., ). Ganz abgesehen davon, dass das aus diversen
Gründen nicht im Interesse der Bundesligavereine liegt, sind wir spätestens seit der
Kirch-Pleite (vorerst) um diese Vision ärmer.36
5.5.2 Die Kirch-Pleite und ihre Auswirkungen auf den deutschen Profifußball
Die enormen Preissteigerungen bei den Bundesligaübertragungsrechten hängen zu einem nicht unwesentlichen Teil mit dem Bemühen des (ehemaligen) Münchener Medienmoguls Leo Kirch zusammen, seinem Pay-TV Sender Premiere zum Durchbruch zu
verhelfen und damit finanziell rentabel zu machen. Da das Bezahlfernsehen –im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie zum Beispiel Großbritannien- in Deutschland seit seinem Start im Jahr 1991 immer weit weniger Abonnenten zu seinen Kunden
zählte als zum Kosten deckenden Arbeiten notwendig gewesen wäre, wollte Kirch Premiere durch das Senden bedeutender Sportveranstaltungen für den Zuschauer attraktiver
machen. Fußball als Deutschlands beliebteste TV-Sportart war natürlich ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Strategie. Um die exklusiven Fußballrechte auch weiterhin behalten zu können, erwarb Kirch nach ausgelaufenem alten Vertrag die Rechte für den
Zeitraum bis zum Ende der Spielzeit 2003/04 erneut. Für den Vier-Jahres-Vertrag wollte er insgesamt drei Milliarden DM zahlen und übertraf damit die Gebote anderer Sender deutlich (SCHAFFRATH 2000: 31).
Was aus heutiger Sicht als zu riskant erscheint, muss vor dem damaligen Hintergrund
betrachtet werden. Premiere war eine stark defizitäre Unternehmung. Kirch hatte im
Prinzip nur zwei Möglichkeiten: Sich entweder aus dem Geschäft zurück zu ziehen oder
noch einmal in die Offensive zu gehen. Er entschied sich für letztere Variante, da auch
die Prognosen für die Zukunft Positives verhießen. Laut einer repräsentativen FORSAUmfrage aus dem Jahr 2000 wollte sich fast jeder zehnte Bundesbürger nur aufgrund
der Fußballübertragungen Pay-TV anschaffen (HORIZONT.NET: 2000).
36
Die Erlöse aus den Märkten für Eintrittsrechte, Sponsoring und Merchandising hängen eng mit der
Fernsehpräsenz zusammen. Daher liegt es im Interesse der Bundesligavereine, dass der Fußball weiterhin
einem breiten Fernsehpublikum zugänglich ist.
Seite 98
Der Markt für Fernsehrechte
Dass es letztlich nicht so weit kam, hat viele Ursachen, auf die hier im Detail nicht näher eingegangen werden kann. Zusammenfassend lassen sich vor allem zwei Gründe
ausmachen: Zum einen sind die Deutschen eine umfassende und zeitnahe Berichterstattung der Bundesliga im Free-TV gewohnt; zum anderen erschien vielen der Preis von
damals knapp über 1000 DM (für alle Spiele) zu hoch.
Ein letzter Versuch Kirchs, fußballbegeisterte Fernsehzuschauer doch noch zu Abonnenten von Premiere zu machen, scheiterte kläglich. Er verlegte zu Beginn der Saison
2001/02 kurzerhand die Fußballsendung „ran“ auf SAT.1 von 19.00 Uhr auf 20.15 Uhr,
so dass die ersten bewegten Bilder aus der Bundesliga erst drei Stunden nach Abpfiff im
frei empfangbaren Fernsehen zu sehen waren. Die Fernsehzuschauer reagierten dann
aber ganz anders, als es sich Kirch und seine Geschäftspartner vorgestellt hatten. Sie
boykottierten sowohl den neuen Sendeplatz von „ran“ als auch Premiere: Während die
Abonnentenzahl bei Premiere stagnierte, brach die Einschaltquote bei „ran“ regelrecht
ein. Nur noch knapp 1,6 Millionen Zuschauer wollten die Sendung am dritten Spieltag
noch sehen, was einem Marktanteil zwischen sieben und acht Prozent entsprach
(SCHAFFRATH 2001: 6ff.).
Neben dem sowieso schon bestehenden Druck von Seiten der unzufriedenen Zuschauer
bedrängten nun auch die Werbepartner von „ran“ und die DFL Kirch ob der bescheidenen Einschaltquoten.37 Dem massiven Druck konnte sich Letztgenannter nicht lange
entziehen und so wurde die Verlegung des Sendeplatzes von „ran“ bereits am fünften
Spieltag wieder rückgängig gemacht.
Branchenkennern war jedoch spätestens seit dieser Maßnahme klar, dass sich Kirch
kräftig verkalkuliert hatte. Die Gerüchte um eine bevorstehende Pleite verdichteten sich
seither zunehmend (FRANZKE 2002b). Kurz vor Ende der Spielzeit war es dann amtlich: Kirch musste einen Konkursantrag stellen und ließ mitteilen, dass er von der letzten der vertraglich vereinbarten Rate von 100 Millionen Euro nur knapp ein Fünftel an
die DFL würde zahlen können. Hatten die Ligaverantwortlichen scheinbar bisher wohl
noch keinen ernsthaften Gedanken an eine mögliche Kirch-Insolvenz verschwendet,
brach danach ein recht hektisches Treiben aus:38 Nordrhein-Westfalens damaliger Ministerpräsident Clement stellte öffentliche Kredite für die durch die Kirch Pleite in finanzielle Not geratenen Profivereine in Aussicht, Bayern Manager Uli Hoeneß brachte
37
Erstere aufgrund der für diese Einschaltquoten viel zu hohen Werbepreise. Außerdem wurde ein
Imageverlust befürchtet. Die DFL sorgte sich hingegen um einen potentiellen Schaden, den das Produkt
„Bundesliga“ hätte nehmen können.
38
O-Ton von DFL-Chef Werner Hackmann noch Anfang März: „Am Ende hat es bei Kirch immer geklappt“ (zitiert aus KLEMM 2002).
Seite 99
Der Markt für Fernsehrechte
höhere Fernsehgebühren ins Gespräch, mit Hilfe derer die Bundesliga wieder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen werden sollte.
Neben den verringerten Einnahmen für die Spielzeit 2001/02, mit denen die Vereine
fest kalkuliert hatten, bestand auch die Gefahr, völlig ohne Fernsehvertrag in die neue
Saison zu gehen, was das finanzielle Aus für die meisten Klubs bedeutet hätte. Die
DFL, an die die Rechte wieder zurückgefallen waren, bemühte sich dementsprechend
eifrig um einen neuen Käufer.
Dass am Ende mit der „Buli-GmbH“ ausgerechnet die Auffanggesellschaft von Kirch
den Zuschlag erhielt, mutet auf den ersten Blick schon recht paradox an. Letztendlich
gab die DFL dem im Vergleich zum alten Vertrag deutlich niedrigerem Angebot der
Kirch-Auffanggesellschaft den Vorzug gegenüber dem schärfsten Konkurrenten, der
AIM unter Führung des Münchener Rechtehändlers Kloiber. Obwohl die AIM deutlich
mehr Geld geboten haben soll, hat sich die „Buli-GmbH“ aufgrund des aus DFL-Sicht
„solideren“ Angebots durchgesetzt (SPONSORS 2002b).39
Ende 2002 erwarb dann die Schweizer Agentur Infront Sports & Media AG, an der unter anderem auch Günter Netzer beteiligt ist, mit der Übernahme der „Buli-GmbH“ die
Rechte aus der Kirch-Konkursmasse.
Der neue Fernsehvertrag und die damit verbundenen geringeren Einnahmen stellen für
die kleineren und finanzschwächeren Vereine eine mittlere bis große Katastrophe dar.
Insgesamt verlieren die Klubs der 1. und 2. Bundesliga bis 2004 knapp 270 Millionen
Euro; Geld, das vorher fest eingeplant gewesen ist (siehe Abbildung 5.3).
Um die größte Not zu lindern, hat die DFL eigene finanzielle Rücklagen aufgelöst und
das Geld den Vereinen zukommen lassen. Zudem wurden die im Rahmen des Lizensierungsverfahren hinterlegten Kautionen ebenfalls zurückgezahlt und auf die Hinterlegung neuer Kautionen für die Saison 2002/03 komplett verzichtet (FRANZKE 2002c).
Die finanziellen Auswirkungen der Kirch-Pleite sind für die meisten Vereine noch immer nicht vollständig absehbar. Mit den Einnahmen aus dem alten Vertrag mit Kirch ist
vielerorts fest kalkuliert worden, als neue Spieler verpflichtet, alte Verträge verlängert
und Bauvorhaben geplant wurden. Alle Vereine sind daher zur Zeit eifrig darum bemüht, Einsparmöglichkeiten zu finden. „Zur Not müssen wir alle den Gürtel enger
schnallen. Da flankt halt einer für 300.000 statt für 400.000 Euro hinter das Tor!“ kom-
39
So hatte der Sender Premiere erklärt, nur mit Kirch zusammenarbeiten zu wollen und von Kloiber/
AIM keine Rechte zu kaufen. Zudem wurde der DFL eine Option zur Übernahme von 25 Prozent der
Anteile am Sportsender DSF und dem Internetportal Sport1 angeboten.
Seite 100
Der Markt für Fernsehrechte
mentiert Leverkusens Manager Calmund recht flapsig die notwendig gewordenen
Einsparungen bei den Gehältern des kickenden Personals (zitiert aus FRANZKE
2002d).
Abbildung 5.3: Kosten für die Bundesliga-Senderechte nach altem und neuen Vertrag
zwischen 2001 und 2004 in Mio. Euro
500
460
400
328
360
358
290
300
290
200
100
0
2001/02
2002/03
neuer Vertrag
2003/04
alter Vertrag
Quelle: EBERT (2002: 167)
In der Tat sind die Spielergehälter die größten Ausgabenposten auf Vereinsseite. Ein
Großteil der in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegenen Fernsehgelder ist nicht
zuletzt auch in Folge des Bosman-Urteils direkt in die Kassen der Spieler geflossen.
Abbildung 5.4: Entwicklung der durchschnittlichen Gehaltskosten pro Verein in der 1.
Bundesliga zwischen 1989 und 2001 in Mio. Euro
30
24,28
25
20,35
20
14,51
15
10
5
3,45
3,85
4,53
5,4
6,12
7,7
9,68
16,42
11,45
Quelle: FRANZKE (2002a)
Seite 101
20
00
/01
19
99
/00
19
98
/99
19
97
/98
19
96
/97
19
95
/96
19
94
/95
19
93
/94
19
92
/93
19
91
/92
19
90
/91
19
89
/90
0
Der Markt für Fernsehrechte
Die Vereine versuchen diese Entwicklung nun dadurch in den Griff zu bekommen, indem sie ihre Spieler zum freiwilligen Verzicht auf einen Teil ihres Gehalts auffordern
oder leistungsbezogene Prämien kürzen oder auch ganz streichen. Natürlich schlägt sich
der finanzielle Sparzwang auch auf den Spielermarkt nieder: Immer mehr Profis werden
nach ausgelaufenem Vertrag arbeitslos oder müssen gezwungenermaßen finanzielle
Abstriche beim neuen Kontrakt machen (siehe auch Punkt 2.1.2.2).
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die tatsächlichen Auswirkungen der Kirch-Pleite
noch gar nicht absehbar sind. Es ist aber möglicherweise in den nächsten zwei Jahren
mit der einen oder anderen Insolvenz im deutschen Profifußball zu rechnen, denn zur
Zeit droht weiteres Ungemach: SAT.1, ebenfalls im Rahmen der Kirch-Insolvenz an
einen neuen Besitzer verkauft, hat angekündigt, seine am 31. Dezember 2002 endende
Option auf die Rechte für die Bundesligasaison 2003/04 zu bisherigen Konditionen
nicht wahrnehmen zu wollen (WULZINGER 2002). Ausschlaggebend dafür scheint der
aus Sicht des Senders zu hohe Preis, rund 80 Millionen Euro, zu sein. Nur noch rund 50
Millionen Euro soll SAT.1 bereit sein zu zahlen.
Wenn es zu keiner Einigung kommen sollte, fallen die Erstverwertungsrechte für das
Free-TV wieder an die Infront Sports & Media AG zurück. Diese hat dann zwei Möglichkeiten: Entweder findet sie einen neuen Abnehmer, der in etwa die ursprüngliche
Summe zu zahlen bereit ist, oder sie nutzt ihrerseits eine vertraglich vereinbarte Ausstiegsklausel und gibt die Rechte komplett zurück. Dann müsste ein komplett neuer
Fernsehvertrag ausgehandelt werden, der wahrscheinlich noch einmal deutlich unter den
290 Millionen Euro pro Jahr, die der bisherige nachverhandelte Vertrag vorsieht, liegen
wird.40
Für einige Bundesligisten wie den sowieso schon krisengeschüttelten, finanzschwachen
1. FC Kaiserslautern käme das wahrscheinlich dem sprichwörtlichen Todesstoß gleich.
40
Ein durchaus nicht unrealistisches Szenario, wenn man bedenkt, dass Infront zur Zeit von den 290
Millionen Euro pro Jahr nur rund 260 Millionen durch Einnahmen refinanziert, also schon jetzt einen
Verlust von 30 Millionen Euro erwirtschaftet (WULZINGER 2002). Sollten durch den Verzicht von
SAT.1 noch weitere Einbußen hinzu kommen, wird man sicher nicht den gleichen Fehler wie Kirch machen, sondern sich rechtzeitig wieder aus dem Geschäft zurückziehen.
Seite 102
„Ich leite diesen Betrieb seit 30 Jahren, 22 Jahre ohne Sportwerbung und acht Jahre
mit. In den ersten 22 Jahren hat kein Huhn nach mir gekräht, heute bin ich bekannt wie
ein buntes Huhn. Ich kann mich verbreiten, wo ich will. Diese PR ist mit Geld gar nicht
zu bezahlen.“
Günther Mast, Unternehmer und „Erfinder“ der Trikotwerbung in Deutschland, in einem Interview 1981 zur Bedeutung des Sportsponsorings
(zitiert aus SCHAFFRATH 1999: 167)
Der Markt für Sportsponsoring/
Werberechte
Seite 103
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
6. Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Auf dem Markt für Sportsponsoring/ Werberechte bieten Fußballvereine diverse „Nutzungsrechte“ zahlungswilligen Unternehmen zu Werbezwecken an:1 Solche Nutzungsrechte können unter anderem in Form von Trikot- und Bandenwerbung bestehen, bei
denen der Verein (der Gesponserte) dem zahlenden Unternehmen (der Sponsor) die
Vorderseite seiner Spielkleidung und die eigentlich als Abgrenzung von Platz und Tribüne gedachten Banden zur Gestaltung mit Firmenlogos und/ oder Werbebotschaften
überlässt.2 Über den (Un-)Sinn und Zweck von Werbung muss an dieser Stelle wohl nur
so viel gesagt werden, als dass der Werbetreibende sich dadurch einen größeren Absatz
seiner Waren oder Dienstleistungen erhofft.
Der in den letzten Jahren stark expandierte Markt beruht auf der Erkenntnis Werbung
schaltender Unternehmen und Agenturen, dass der professionelle Sport ob seiner massiven Medienpräsenz einen optimalen Ort zur Übermittlung von Werbebotschaften darstellt. Optimal vor allem deshalb, weil kostengünstiger im Vergleich zu herkömmlicher
Werbung wie Fernsehspots oder Annoncen in Zeitungen.
Trotzdem geht dabei in den meisten Fällen die Initiative vom Verein aus, der das dadurch eingenommene Geld zur Refinanzierung seiner finanziellen Ausgaben benötigt.
Nur in sehr selten verhält es sich umgekehrt und ein potentielle Sponsor tritt von sich
aus an den Klub heran. Dennoch verdankt der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
seine Entstehung in erster Linie der Bereitschaft der Sponsoren, Geld für diese Dienstleistung zu bezahlen.
Von seiner Struktur her ist der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte sehr unreglementiert und offen (im Vergleich zum Markt für Fernsehrechte): Sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nachfragerseite stehen sich eine überschaubare Anzahl von Marktteilnehmern gegenüber, was das Zustandekommen kompetitiver Marktpreise begünstigt
(BENNER 1992: 63).
Auf der Einnahmeseite eines Bundesligavereins macht das Sponsoring mittlerweile
durchschnittlich gut 25 Prozent an den Gesamterlösen aus (SWIETER 2002: 44). Nach
1
Der Übergang zwischen Sponsoring und Werbung verläuft fließend. Beide Begriffe werden in der Alltagssprache oft synonym verwendet. Der genaue Unterschied wird im folgenden noch ausführlich dargelegt.
2
Neben monetären Zahlungen kann die Vergütung des Sponsors natürlich auch in materiellen Zuwendungen bestehen, was in der Praxis aber eher selten vorzufinden ist.
Seite 104
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
einer Umfrage hält ein Großteil der Vereine diesen Anteil in der Zukunft noch für steigerbar (SWIETER 2002: 41).
6.1 Definition und Dimensionen des Sportsponsoring
Die bisher gemachten Aussagen über den Begriff des Sportsponsoring reichen für eine
genauere Analyse natürlich noch nicht aus. Daher widmen sich die nachfolgenden Ausführungen der Definition, den Dimensionen und der Zielsetzung von Sponsoring, bevor
die Verwendung dieses Instruments in der Praxis thematisiert werden kann.
Der Begriff des Sportsponsoring wird in der Literatur nicht einheitlich verwendet
(HEINEMANN 1995: 211ff.). Die folgende Definition von HERRMANNS erscheint
dabei am brauchbarsten (2001: 123):
„Sportsponsoring lässt sich kennzeichnen als die Zuwendung von Finanz- und/
oder Dienstleistungen von einem Unternehmen, dem Sponsor, an eine Person,
eine Gruppe von Personen oder eine Organisation bzw. Institution aus dem
Sport, dem Gesponserten, gegen die Gewährung von Rechten zur kommunikativen Nutzung von Person bzw. Organisation und/ oder Aktivitäten des Gesponserten, auf der Basis einer vertraglichen Vereinbarung“.
Die Wurzeln des Sportsponsoring liegen im Mäzenatentum, an dessen Stelle es seit Mitte der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts peu á peu getreten ist (BRANDMAIER/
SCHIMANY 1998: 49ff.): Während der Mäzen keine konkrete Gegenleistung für sein
Engagement verlangt und quasi aus altruistischen Motiven handelt, vergibt der Sponsor
seine Fördermittel ausschließlich nur bei Erbringung einer –wie auch immer geartetenGegenleistung durch den Gesponserten.3 Die Gründe für den Wandel vom Mäzenatentum zum Sponsoring sind vielfältig. Zum einen sind die zur adäquaten Unterstützung
eines Sportlers oder einer Mannschaft in einer professionell betrieben Sportart notwendigen Finanzaufwendungen in den zurückliegenden Jahrzehnten stark gestiegen, so dass
sie von einem einzelnen Mäzen allein nicht mehr so ohne weiteres aufgebracht werden
können. Zum anderen ist aufgrund der massiven Medienpräsenz des professionellen
Sports vielen bisher nicht in der Sportförderung tätig gewesenen Unternehmen klar ge3
Obwohl bei dieser Beziehung ökonomische Aspekte eindeutig im Vordergrund stehen, ist einigen Sponsoren sicherlich ein gewisses Maß an Interesse an der Sportförderung und an gesellschaftspolitischer
Verantwortung nicht abzusprechen. Aktuellstes Beispiel dafür ist der Kauf der Transferrechte an Miroslav
Klose vom 1. FC Kaiserslautern durch die Lottogesellschaft Rheinland-Pfalz. Die Maßnahme sichert in
erster Linie das wirtschaftliche Überleben des finanziell angeschlagenen Vereins. Ein lukratives Geschäft
wird es für die auch als Sponsor von Kaiserslautern fungierende Gesellschaft wahrscheinlich nicht.
Seite 105
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
worden, dass Sponsoring ein optimales Kommunikationsmedium zum Verbreiten von
Werbebotschaften darstellt. Neben den Hauptakteuren Sponsor und Gesponserter sind
weitere Beteiligte mehr oder weniger direkt mit in diese Beziehung eingebunden (HEINEMANN 1995: 214ff., siehe auch Abbildung 2.1):
(1) Zuschauer/ Kunden: Für den Sponsor ist der einer Sportveranstaltung direkt
oder über die Medien (Fernsehen) beiwohnende Zuschauer eigentlich nur als potentieller Kunde der von ihm beworbenen Waren oder Dienstleistungen interessant. Der Zuschauer hingegen ist primär an dem Sportereignis interessiert –
schließlich hat er ja dafür bezahlt-; Werbung von Sponsoren empfindet er meist
als störend.4
(2) Medien: Die Medien und hier vornehmlich das Fernsehen erfüllen eine Doppelfunktion: Zum einen finanzieren sie über den Kauf der Übertragungsrechte den
Sport, zum anderen werden sie durch das Senden von Sportereignissen zum
Multiplikator der von den Sponsoren platzierten Werbebotschaften. Ohne die
Übertragung von Sportveranstaltungen hätten Unternehmen kein Interesse am
Sponsoring.
(3) Agenturen: Zwischen Sponsor und Gesponserten treten seit einiger Zeit sehr
häufig Vermarktungsagenturen als Vermittler auf. Sie verfügen über das entsprechende Know-how und die nötigen Kontakte, um mögliche SponsoringPartnerschaften einzufädeln. Vermarktungsagenturen werden sowohl von Sponsoren als auch Gesponserten in erster Linie eingeschaltet, um Transaktionskosten zu sparen.
Sponsoring wird in Deutschland zunehmend beliebter als Werbe- und Förderungsinstrument (siehe Tabelle 6.1). Sportsponsoring ist dabei nicht die einzige Form von
Sponsoring, aber die prozentual bedeutendste. Obwohl der Sportbereich in den letzten
Jahren nominal betrachtet Einbußen hinzunehmen hatte, behauptet er dennoch seine
dominante Stellung innerhalb des Sponsoringbereichs.
4
Anfangs bestand von Seiten der Zuschauer eine tiefe Ablehnung gegenüber Sponsoring im Sport. Es
wurde befürchtet, dass der Sport sich verkauft und eine „Fremdbestimmung“ in Kauf nimmt. Das Publikums akzeptierte das Sportsponsoring erst mit zeitlicher Verzögerung (BRANDMAIER/ SCHIMANY
1998: 52ff.). Erklärend ist hinzuzufügen, dass gerade in Deutschland der Spitzensport sehr lange dem
Amateurgedanken verhaftet war und teilweise immer noch ist. So schaffte der DFB erst 1998 eine Regelung, die Profifußballvereinen neben der Rechtsform des eingetragenen, gemeinnützigen Vereins auch die
der Kapitalgesellschaft erlaubte.
Seite 106
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Tabelle 6.1: Sponsoringvolumen und prozentuale Aufteilung der Ausgaben zwischen
1986 und 2002 in Deutschland in Mrd. DM
1986
1998
2002*
0,5 Mrd. DM
4,0 Mrd. DM
5,4 Mrd. DM
76 %
63 %
58 %
Medien
---
13 %
18 %
Kultur
14 %
13 %
13 %
Soziales
6%
6%
6%
Ökologie
4%
5%
5%
Sponsoringvolumen
davon entfallen auf
Sport
* = Prognose
Quelle: MUSSLER (2001: 32-33)
In der 1. Fußball-Bundesliga sind die Einnahmen aus dem Bereich Sponsoring in den
letzten Jahren deutlich gestiegen.
Abbildung 6.1: Die Gesamtsponsoreneinnahmen der Vereine aus der 1. Bundesliga
zwischen 1995 und 2001 in Mio. Euro
75,9
80
70
58
60
47,6
50
40,7
40
30
21,1
26,7
20
10
0
1995/96
1996/97
1997/98
1998/99
1999/00
2000/01
Erfolgsabhängiger Anteil
Quelle: WGZ-BANK (2001: 79)
Die Einnahmen verteilen sich recht unterschiedlich auf die einzelnen Vereine. Je populärer ein Klub ist, mit desto mehr Geld aus dem Bereich Sponsoring kann er rechnen.
Von Vereinsseite soll diesbezüglich nichts mehr dem Zufall überlassen bleiben: Die
Klubs versuchen –mehr oder weniger erfolgreich- sich als eigenständige Marken zu
Seite 107
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
positionieren, also den Schritt vom Sportverein zum (Marken-) Produkt zu vollziehen.
In der Fachsprache wird das als Aufbau eines „Brandname“ bezeichnet (WGZ-BANK
2001: 79ff.). Die Profilierung eines „Brandname“ hängt jedoch sehr stark vom sportlichen Erfolg eines Klubs ab, in der Regel können sich nur dauerhaft sportlich erfolgreiche Klubs auch –um in der Fachsprache zu bleiben- langfristig erfolgreich positionieren.5 Daher verwundert es auch nicht, dass -wenn man einschlägigen Marktanalysen
Glauben schenkt- in Deutschland bisher nur Bayern München und Borussia Dortmund
der Schritt vom Verein zur Marke vollends geglückt ist (MOHR/ BOHL 2002). Was
insgesamt von diesem Konzept zu halten ist, bleibt dem Leser selbst überlassen.
Tabelle 6.2: Sponsoreneinnahmen einzelner Vereine aus der 1. Bundesliga zwischen
1998 und 2002 in Mio. Euro6
Verein
1998/99
1999/00
2000/01
2001/02
17,07
29,23
13,2
28,0
---
27,56
---
---
FC Schalke 04
8,43
8,94
12,28
---
Werder Bremen
16,07
21,74
---
---
Hamburger SV
4,49
7,21
---
---
VfB Stuttgart
12,83
8,13
---
---
Hertha BSC Berlin *
7,31
14,16
---
---
---
3,56
---
---
Borussia Dortmund
Bayern München
VfL Wolfsburg
* = inklusive Merchandising
Quelle: GROLL/ SCHLÖSSER/ SCHULTE (2001), diverse Pressemitteilungen
6.1.1 Zielsetzung des Sportsponsoring
Sponsor und Gesponserter haben sehr unterschiedliche Ziele. Während letztgenannter
das Sponsoring in erster Linie als Refinanzierungsinstrument betrachtet, ist die Zielsetzung auf Seiten des Sponsors wesentlich komplexer. Für ihn stellt das Sponsoring eine
5
Der FC St. Pauli und der FC Freiburg sind eher Ausnahmen. Sie verfügen trotz sportlich eher mäßiger
Leistung –beide sind in der Saison 2001/02 aus der 1. Bundesliga abgestiegen- über ein sehr positives
Image. Die Ursachen für dieses positive Image sind aber keine gut durchgeplanten MarketingKampagnen, sondern Besonderheiten im wirtschaftlichen und kulturellen Umfeld der Vereine.
6
Es werden an dieser Stelle nur die Zahlen einzelner Vereine präsentiert, weil die anderen Klubs dazu
gegenüber der Presse keine Auskunft gegeben haben. Des weiteren liegt die Vermutung nahe, dass nicht
immer das gleiche Erfassungskonzept zu Grunde liegt.
Seite 108
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Ergänzung zur konventionellen Werbung dar (MUSSLER 2001: 31ff.). Im Unterschied
zu dieser erwirbt der Sponsor kein ausgereiftes Produkt wie zum Beispiel eine ausgeklügelte Kampagne, sondern einen über den Sport vermittelten emotionalen Kontakt
zum potentiellen Kunden. Emotionalität ist bekanntlich weder plan-, geschweige denn
vorhersagbar, folglich kauft der Sponsor sprichwörtlich „die Katze im Sack“:7 Die Risiken eines Sponsorships sind recht asymmetrisch zu Ungunsten des Sponsors verteilt
(HAASE 2001: 11): Er ist kaum in der Lage einzugreifen, wenn es sportlich nicht so
läuft wie geplant. Die einzige Absicherung des Sponsors besteht deshalb im Abschluss
leistungsbezogener Verträge.
Trotz bestehender Risiken entscheidet sich eine zunehmend größere Anzahl von Unternehmen und Organisationen aus Werbe- und Imagegründen für das Instrument Sportsponsoring. Während das relevante Publikum zu Beginn eines Sponsorship zunächst nur
einen zeitlich und räumlichen mehr oder weniger systematischen Zusammenhang zwischen Firmenlogos und/ oder Werbebotschaften mit Vereinen und/ oder Sportveranstaltungen wahrnimmt, ist die Erwartungshaltung des Sponsor an diese Kommunikationsbeziehung wesentlich komplexer.
Nach HAASE lassen sich –aus Sicht des Sponsors- insgesamt drei Ebenen der Zielsetzung des Sponsoring ausmachen (2001: 13ff.):
(1) Transportfunktion: Der Sponsor erwartet von seinem Engagement eine Steigerung seines Bekanntheitsgrades beziehungsweise das seines Produktes. In der
Fachsprache bezeichnet man das auch als „Awareness“. Für die Erreichung dieses Ziels ist dem Sponsor daher sowohl an einem häufigen als auch qualitativ
hochwertigen Kontakt zum Publikum gelegen. Die Kontakthäufigkeit lässt sich
relativ einfach über Medienanalysen überprüfen (siehe auch Punkt 6.3.1); die
Kontaktqualität wird im wesentlichen schon vorab durch die Auswahl eines
Sponsorships festgelegt. So sollte der Sponsor vor Abschluss eines Vertrags darauf achten, dass der von ihm Gesponserte auch die für ihn relevante Zielgruppe
7
Ein gutes Beispiel dafür ist der Einstieg der Bekleidungsfirma „s.Oliver“ als Trikotsponsor bei Borussia
Dortmund. Der Verein hatte 1997 gerade die Champions League gewonnen als sich „s.Oliver“ die Werberechte auf dem Trikot der Westfalen sicherte. In dem Glauben, mit der besten Mannschaft in Europa
einen Vertrag zu machen, ließ sich „s.Oliver“ das Sponsorship für damalige Zeit eine verhältnismäßig
hohe Summe kosten. Was folgte war ein beispielloser sportlicher Abstieg, der für Dortmund am Ende der
Saison 1999/00 beinahe in der 2. Bundesliga geendet hätte. So war es nicht verwunderlich, dass
„s.Oliver“ seine Option für eine Vertragsverlängerung nicht wahrnahm und den Platz für einen neuen
Trikotsponsor frei machte. Dieser hatte wesentlich mehr Glück und konnte sich bereits im zweiten Jahr
seines Engagements zusammen mit der Mannschaft und den Fans über den Gewinn der Deutschen Meisterschaft freuen.
Seite 109
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
zu seinem Publikum zählt.8 Verfehlt der Sponsor seine Zielgruppe völlig, bringt
ihm auch die höchste Kontakthäufigkeit nichts, das Sponsorship hat dann sein
Ziel verfehlt.
(2) Transferfunktion: Der Sponsor erhofft sich eine Imageübertragung: Der Ruf
des Gesponserten beziehungsweise die ihm zugeschriebenen Eigenschaften sollen positiv auch mit ihm in Verbindung gebracht werden („spread-over-effect“).9
Gerade hier liegt natürlich ein besonderes Risiko. Der Sport ist bekanntlich ein
Tagesgeschäft und das Publikum differenziert sehr wenig, daher können unzureichende sportliche Leistungen auch schnell auf den Ruf des Sponsors „abfärben“.10 Die Transferfunktion setzt eine gedankliche Leistung beim Zuschauer
voraus. Sie setzt auf der psychologischen Ebene an. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der Zuschauer mit dem Gesponserten identifiziert und diesen
potentiell nachahmen möchte. Das beginnt beim Verhalten, kann sich dann je
nach Intensität bis zur Übernahme der Kleidung und der Präferenzen des Gesponserten erstrecken.11 Und zu den Präferenzen zählen ja scheinbar auch die
Produkte für die der Gesponserte Reklame macht. Daher ist für die Wahl des
Sponsorships sehr wichtig, dass die Beziehung zwischen Sponsor und Gesponsertem glaubwürdig ist oder zumindest erscheint.
(3) Strategische Funktion: Für die Entscheidung für oder gegen ein Sponsorship
spielen auf Seiten der Unternehmen nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern
auch emotionale und strategische Überlegungen eine entscheidende Rolle. Zum
einen erhofft sich der Sponsor ein eigenes, positives Image, schließlich demonstriert er ja soziale und kulturelle Verantwortung durch sein Engagement. Zum
anderen geht es ihm aber auch darum, Barrieren für Konkurrenten zu errichten.
So glauben viele Unternehmen gerade aus sehr wettbewerbsintensiven Wirtschaftszweigen an eine Art „First-mover“-Effekt. Das Sponsorship stellt in diesem Fall eine Vorwegnahme von potentiellen Engagements der Konkurrenz dar.
8
Sowohl das Abklären der Kontakthäufigkeit als auch der Kontaktqualität ist ein bedeutendes Tätigkeitsfeld für die Markt- und Meinungsforschung.
9
Natürlich ist das Ganze auch im Umkehrschluss denkbar. So existiert die These, dass die gesellschaftliche Aufwertung des Fußballs in den letzten Jahren auch mit dem positiven Image der Sponsoren zusammen hängt (HAASE 2001: 18).
10
So verlangte am Ende der Saison 1994/95 der Trikotsponsor des Hamburger SV, die Fernsehzeitschrift
„TV Spielfilm“ aufgrund der sportlichen Talfahrt und Querelen innerhalb des Vorstands des Vereins, dass
der Klub die letzten Spiele ohne Trikotwerbung bestreiten sollte. Dem lag die Befürchtung zu Grunde,
das negative Image des HSV könne vom Publikum auch auf die „TV Spielfilm“ übertragen werden.
11
Gerade der Bereich Kleidung stellt eine Schnittstelle zum Merchandising dar.
Seite 110
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Alles in allem wird deutlich, dass der Bereich des Sportsponsoring bei näherer Betrachtung wesentlich komplexer und auch Risiko-behafteter ist, als es auf den ersten Blick
den Anschein hat.
6.2 Direkte versus indirekte Vermarktung
Bezüglich der Vermarktungsform ist zwischen der direkten und der indirekten Vermarktung zu unterscheiden (BRANDMAIER/ SCHIMANY 1998: 56). Während bei der direkten Vermarktung Sponsor und Gesponserter alle anfallenden Modalitäten in Eigenregie abwickeln, werden bei der indirekten Vermarktung eingeschaltete Fachagenturen
teilweise oder aber auch komplett damit betraut.
6.2.1 Vermarktungsagenturen
Die Gründe für das Einschalten von Vermarktungsagenturen muss man von zwei Seiten
betrachten.
Die Vereine suchen die wirtschaftliche Beziehung mit den Rechtevermarktern vor allem
deshalb, weil sie von deren fachspezifischen Know-how profitieren wollen. Von dem
Wissen und der Marktkenntnis der Vermarktungsagenturen erhoffen sie sich die Erschließung neuer beziehungsweise zusätzlicher Finanzquellen sowie die Einsparung von
Transaktionskosten; das Vereinsmanagement kann sich dann wieder voll und ganz auf
seinen traditionellen Aufgabenbereich konzentrieren (KIPKER 2000: 44ff.). Die Motive
der Vermarktungsagenturen liegen gleichfalls auf der Hand. Sie bieten ihre Dienste an,
um damit Geld zu verdienen. Nach KIPKER lassen sich drei vertikale Integrationsstufen in der wirtschaftlichen Beziehung zwischen Verein und Rechtevermarkter unterscheiden (2000: 43):
•
Vom niedrigsten Integrationsgrad spricht man, wenn lediglich Einzel- oder Globalvermarktungsverträge zwischen den Partnern bestehen. Im Falle des Einzelvermarktungsvertrags erhält der Rechtevermarkter lediglich ein einzelnes Vermarktungsrecht, bei Globalvermarktungsverträgen bekommt er alle Rechte. Als
Entlohnung erhält der Vermarkter üblicherweise einen vertraglich vorher festgelegten Anteil von den erzielten Vermarktungseinnahmen als Provision.
•
Vom mittleren Integrationsgrad ist die Rede, wenn Vermarktungsrechte komplett an eine Agentur verkauft beziehungsweise abgetreten werden. Die Vereine
Seite 111
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
erhalten als Gegenleistung jährlich einen festen Betrag, der gegebenenfalls durch
erfolgsabhängige Zahlungen aufgestockt werden kann.
•
Die höchste Integrationsstufe wird erreicht, wenn der Vermarkter Gesellschaftsanteile an dem Verein erwirbt. Letzterer muss dafür vorher natürlich in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden sein. In dem DFB-Beschluss von 1998,
der die Umwandlung von Vereinen in Kapitalgesellschaften möglich macht, ist
aber auch ein Passus enthalten, der Fremdbeteiligungen bei FußballKapitalgesellschaften nur bis zu knapp unter 50 Prozent der Anteile erlaubt.12
Folglich verbleibt die Stimmrechtsmehrheit immer beim Verein. Eine mögliche
Fremdbestimmung soll so verhindert werden.
Im Gegensatz zum Verkauf der Gesamtfernsehrechte für die Bundesliga oder die
Champions League, bei denen die Rechtevermarkter im Auftrag der Fernsehsender handeln, nehmen sie beim Vermarkten der Vereine durchaus eine eigenständige Position
ein.
Sowohl der Verein als auch die Vermarktungsagentur gehen bei einer eingegangenen
wirtschaftlichen Beziehung gewisse Risiken ein: Das Argument der eingesparten Transaktionskosten muss sich dauerhaft nicht unbedingt positiv für den Verein auswirken. In
dem er sich aus den abgetretenen Bereichen der Rechtevermarktung zurückzieht, ermöglicht er auch –ganz im Sinne der „Principal-Agent-Theorie“- das Entstehen eines
„Informationsvorsprungs“ auf Seiten des Vermarkters. Dadurch kann der Verein dauerhaft in die Abhängigkeit des Vermarkters geraten. Auf der anderen Seite gehen auch die
Agenturen ein gewisses Risiko ein. Sportlicher Erfolg ist nur bedingt planbar und hängt
von einer Fülle von Faktoren ab. Je erfolgreicher nun ein Verein sportlich agiert, desto
lukrativer werden sich auch seine Vermarktungsrechte verkaufen lassen. Das gilt natürlich auch im Umkehrschluss: Ist der Verein, bei dem der Vermarkter eingestiegen ist,
nicht so erfolgreich wie erwartet, bedeutet dies auch finanzielle Einbußen für Letztgenannten.
Durch den Abschluss eines Vertrags zwischen Verein und Vermarkter begeben sich
beide Seiten in eine gewisse Abhängigkeit zueinander. Eine von der Presse immer mal
wieder ins Spiel gebrachte mögliche Einflussnahme des Rechtevermarkters auf das
sportliche Geschehen sollte daher folglich weder im Interesse der einen noch der ande-
12
Die beiden einzigen Ausnahmen stellen Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg dar. In Leverkusen
ist die Bayer AG zu 100 Prozent Gesellschafter an dem mittlerweile in eine GmbH umgewandelten Verein. Der Volkswagen AG wird ebenfalls ein deutlich höherer Beteiligungsgrad beim VfL Wolfsburg von
Seiten des DFB eingeräumt (SWIETER 2002: 27).
Seite 112
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
ren Vertragspartei liegen. Eine von den Medien aufgedeckte –wie auch immer gearteteEinflussnahme des Vermarkters auf den sportlichen Bereich würde vom Zuschauer bestenfalls als Wettbewerbsverzerrung, schlimmstenfalls als Manipulation aufgefasst, was
wiederum die Glaubwürdigkeit zunächst des betroffenen Vereins in Frage stellen würde
und damit schwere finanzielle Einbußen nach sich zöge.13
In der 1. Bundesliga lässt mittlerweile fast jeder Verein seine Rechte durch eine Fachagentur vermarkten. Dabei sind je nach Interesse und Marktlage unterschiedlichste
Konstellationen realisiert worden.
Tabelle 6.3: Vermarktungsstrukturen bei den Vereinen aus der 1. Bundesliga in der
Saison 2002/03
Verein
Vermarkter
Trikot
Stadion
Borussia Dortmund
Banden
TV-Rechte
Sportfive
Bayer Leverkusen
selbst
Sportfive
Bayern München
ISPR
selbst
Hertha BSC Berlin
Sportfive
FC Schalke 04
selbst
DSM/ selbst
ISPR
Werder Bremen
ISPR
DSM
ISPR
1. FC Kaiserslautern
DVAG
SportA
selbst
ISPR
VfB Stuttgart
TSV 1860 München
selbst
VfL Wolfsburg
Event Marketing
IMG/ selbst
Hamburger SV
Borussia Mönchengladbach
selbst
selbst
Sportfive
DSM
SportA
Sportfive
Sportfive
Arminia Bielefeld
VfL Bochum
DSM
selbst
1. FC Nürnberg
Hannover 96
Sportfive
Sportfive
Energie Cottbus
Hansa Rostock
Sportfive
selbst
Sportfive
Sportfive
Sportfive
DSM
Quelle: SPORTS-CONSULT (2002b)
13
Vom diesem Imageverlust wäre auf längere Sicht wahrscheinlich die gesamte Liga betroffen.
Seite 113
k.A.
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Lediglich Bayern München und Energie Cottbus verzichten gänzlich auf die Dienste
von Vermarktungsagenturen.14 Ebenfalls noch interessant ist die Tatsache, dass alle
Klubs mit Ausnahme des VfL Bochum ihre Fernsehrechte an Vermarkter abgetreten
haben. Und das, obwohl bisher nur die Spiele im UEFA-Cup dezentral vermarktet werden. Es ist also davon auszugehen, dass die Klubs für den Fall der Untersagung der
Zentralvermarktung durch die Europäische Kommission vorbereitet sein wollen, ganz
gleich, ob sie die bisherige Regelung befürworten oder ablehnen.
In der 2. Bundesliga fällt die Vermarktungsdichte hingegen wesentlich geringer aus:
Tabelle 6.4: Vermarktungsstrukturen bei den Vereinen aus der 2. Bundesliga in der
Saison 2002/03
Verein
Vermarkter
SC Freiburg
Eigenvermarktung
1. FC Köln
IMG (Trikot, Stadion, Banden)
FC St. Pauli
Upsolut Sportmarketing
FSV Mainz 05
KirchSport, Forum GmbH
SpVgg. Greuther Fürth
Eigenvermarktung
1. FC Union Berlin
Eigenvermarktung
Eintracht Frankfurt
Eigenvermarktung
LR Ahlen
Eigenvermarktung
SV Waldhof Mannheim
Eigenvermarktung in Verbindung mit der Sportwelt
MSV Duisburg
Hellmich Management
RW Oberhausen
Event Marketing
Karlsruher SC
Eigenvermarktung
Alemannia Aachen
Eigenvermarktung
SSV Reutlingen
Eigenvermarktung in Verbindung mit KirchSport
Wacker Burghausen
Eigenvermarktung
SV Eintracht Trier
Eigenvermarktung
VfB Lübeck
Eigenvermarktung
Eintracht Braunschweig
Eigenvermarktung (Trikot, Banden), DSM (Banden)
Quelle: SPONSORS (2002c: 35)
14
Die Gründe der beiden dürften jedoch höchst unterschiedlich geartet sein.
Seite 114
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Das hängt wohl in erster Linie mit der im Vergleich zur 1. Bundesliga wesentlich geringeren Ertragskraft der Vereine zusammen, die für die Vermarktungsagenturen keinen
ausreichenden Profit zu gewährleisten scheint. So verwundert es auch nicht, dass nur
solche Vereine von Agenturen vermarktet werden, denen man in absehbarer Zeit den
Sprung in die 1. Bundesliga zutraut.15
6.3 Trikotsponsoring
Das Trikotsponsoring stellt sowohl die finanziell bedeutendste als auch medienwirksamste Form des Sponsoring beim Fußball in Deutschland dar. Beim Trikotsponsoring
bezahlen Unternehmen oder Organisationen dafür, um auf der Vorderseite der Spielertrikots ihre Werbebotschaften oder Firmenlogos platzieren zu dürfen.16 Knapp 80 Millionen Euro lassen sie sich in der Saison 2002/03 insgesamt die Trikotwerbung bei den
18 Vereinen aus der 1. Bundesliga kosten (siehe Tabelle 6.5).
Absoluter Spitzenreiter in dieser Kategorie ist einmal mehr der FC Bayern München,
der mehr als doppelt so hohe finanzielle Zuwendung von seinem Sponsor bekommt als
der Zweitplatzierte, Borussia Dortmund. Schlusslicht sind die Aufsteiger aus Bielefeld,
Hannover und Bochum, die immerhin noch zwei Millionen Euro pro Jahr durch die Trikotwerbung verdienen. Eine Ungleichverteilung der Sponsorengelder ist mehr als offensichtlich. Während die populären und erfolgreichen Vereine wie Bayern München,
Dortmund oder Schalke 04 scheinbar keine Probleme haben, hohe Summen durch das
15
Eine Ausnahme von dieser Regel stellte das Engagement des Vermarkters Sportwelt dar: Das Unternehmen beteiligte sich mit ziemlich hohen Summen bevorzugt bei abgestürzten Traditionsvereinen aus
der Regional- oder gar Oberliga. Der Gedanke, der dahinter steckte, war gar nicht so unlogisch, wie er aus
heutiger Sicht erscheint: Mit der „Anschubfinanzierung“ durch die Sportwelt sollte möglichst schnell
wieder der Sprung in den Profifußball gelingen. An den dort erzielten Vermarktungserlösen der Klubs
wäre die Sportwelt dann mit bis zu 75 Prozent beteiligt gewesen (SWIETER 2002: 28). Die Idee hatte nur
einen Haken. Die von der Sportwelt unterstützten Vereine sind nämlich an dem Sturz ins Amateurlager
selbst nicht ganz unschuldig gewesen; häufig war Misswirtschaft auf Vereinsseite der Hauptgrund für den
sportlichen Niedergang (siehe Fortuna Düsseldorf, Rot-Weiß Essen). Da reichte es natürlich nicht aus,
den Vereinen einfach nur „neues“ Geld zur Verfügung zu stellen. So wurde bei vielen Sportwelt-Vereinen
das Geld auf die gleiche Art und Weise leichtsinnig ausgegeben, wie dies vorher auch schon der Fall
gewesen war. Das Ende der Geschichte ist schnell erzählt: Der sportliche Erfolg blieb vielerorts aus, die
Sportwelt wollte und konnte wohl auch kein neues Geld nachschießen. Die Vertragsbeziehung zwischen
einzelnen Vereinen, der Sportwelt und den daraus resultierenden Verpflichtungen beschäftigen heute in
erster Linie Gerichte. Die Sportwelt ist mittlerweile pleite, ihr Konzept gilt als gescheitert.
16
In anderen Sportarten wie beim Handball oder Eishockey ist das Anbringen von Werbung auch auf
dem Rücken oder den Ärmeln der Trikots erlaubt. Der DFB legte bereits 1973 fest, dass eine bestimmte
Größe und Durchmesser bei den Werbeapplikationen nicht überschritten werden darf, ferner ist es nur
erlaubt, die Werbung auf der Vorderseite der Spielkleidung anzubringen (SCHAFFRATH 1999: 167).
Seite 115
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Trikotsponsoring zu erlösen, wird es für die kleineren Vereine zunehmend schwerer,
überhaupt Trikotsponsoren zu finden.17
Tabelle 6.5: Trikotsponsoren in der 1. Bundesliga in der Saison 2002/03
Deutsche Telekom
Betrag in
Mio. Euro
pro Jahr
17,0
Laufzeit
bis zum
Jahr
2008
Borussia Dortmund
e.on
8,0
2006
Bayer Leverkusen
RWE
7,0
2003
FC Schalke 04
Victoria Versicherung
6,0
2004
Hamburger SV
TV Spielfilm
6,0
2003
Arcor
5,5
2004
Volkswagen
5,0
Unbefristet
1. FC Kaiserslautern
DVAG
4,6
2004
VfB Stuttgart
Debitel
3,0
2003
TSV 1860 München
Liqui Moly
2,5
2006
Werder Bremen
Spirit (Reno)
2,5
2004
Jever (Brau und Brunnen)
2,5
2004
Entrium Direct Bank
2,5
2008
DWS Investments
2,5
2003
envia
2,0
2004
World of TUI
2,0
2004
KIK Textil
2,0
k.A.
Vita Cola (Brau und Brunnen)
2,0
k.A.
Verein
Bayern München
Hertha BSC Berlin
VfL Wolfsburg
Borussia Mönchengladbach
1. FC Nürnberg
VfL Bochum
Energie Cottbus
Hannover 96
Arminia Bielefeld
Hansa Rostock
Trikotsponsor
Quelle: SPORTS CONSULT (2002c), eigene Recherche
So konnten Bochum, Rostock und Bremen erst kurz vor beziehungsweise kurz nach
dem Beginn der Saison diesbezüglich Einigungen mit Sponsoren erreichen.18 Wären die
Bemühungen nicht erfolgreich gewesen, hätten erstmals seit der Spielzeit 1979/80 wie17
Man darf natürlich aber auch nicht verschweigen, dass die erfolgreichen Klubs aufgrund der Teilnahme
an den europäischen Wettbewerben über eine wesentlich höhere Fernsehpräsenz verfügen als durchschnittliche Mannschaften. Diese Tatsache ist für potentielle Sponsoren und deren Zahlungsbereitschaft
nicht unerheblich.
18
In der vorangegangen Saison war Werder Bremen komplett ohne Trikotwerbung aufgelaufen. Der
finanzielle Verlust hielt sich aber in Grenzen, da man die Rechte dafür vorher an die ISPR abgetreten
hatte. Da diese keine Trikotsponsor gefunden hat, musste sie dem Verein trotzdem –sozusagen als Entschädigung- eine vorher vereinbarte Garantiesumme überwiesen.
Seite 116
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
der Vereine keinen Trikotsponsor gehabt (SCHAFFRATH 1999: 168).19 Vieles spricht
dafür, dass auch die Sponsoren wählerischer werden. Ein Hauptgrund dafür sind sicherlich die in den letzten Jahren stark gestiegenen Preise für die Trikotwerbung (siehe
nächsten Punkt). Wenn man sich dann doch für ein Engagement bei einem kleineren
Verein entscheidet, dann werden nur Verträge mit relativ kurzer Laufzeit abgeschlossen.
In der 2. Bundesliga sind die Einnahmen aus der Trikotwerbung erwartungsgemäß wesentlich geringer:
Tabelle 6.6: Trikotsponsoren in der 2. Bundesliga in der Saison 2002/03
Fraport
Betrag in
Mio. Euro
pro Jahr
1,5
Laufzeit
bis zum
Jahr
2004
SC Freiburg
NaturEnergie
1,0
2004
FC St. Pauli
Securvita
1,0
2003
1. FC Köln
VPV Versicherung
1,0
2003
Amadeus AG
0,5
2004
KarstadtQuelle Versicherungen
0,5
2005
BSR
0,5
2003
MVV Energie
0,5
2003
MSV Duisburg
Hellmich Unternehmensgruppe
0,5
k.A.
RW Oberhausen
Konvent AG
0,5
2003
Karlsruher Versicherungen
0,5
2003
Aachener und Münchener Vers.
0,5
2003
TXU Europe Energy Trading
0,5
2005
Alwitra
0,3
2003
Wacker Burghausen
TUI Travel Star
0,3
k.A.
VfB Lübeck
Schleswag AG
0,3
k.A.
LR Cosmetic
k.A.
k.A.
kein Trikotsponsor
---
---
Verein
Trikotsponsor
Eintracht Frankfurt
FSV Mainz 05
SpVgg. Greuther Fürth
1. FC Union Berlin
SV Waldhof Mannheim
Karlsruher SC
Alemannia Aachen
Eintracht Braunschweig
SV Eintracht Trier
LR Ahlen
SSV Reutlingen
Quelle: SPONSORS (2002c: 35)
19
Vom Sonderfall Werder Bremen in der Saison 2001/02–siehe vorherige Fußnote- einmal abgesehen.
Seite 117
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Bei den Trikotsponsoren der Vereine aus der 2. Bundesliga fällt auf, dass sich sehr viele
quasi-öffentliche Unternehmen darunter befinden (die Frankfurter Flughafengesellschaft
Fraport, der Mannheimer Energieversorger MVV, das norddeutsche Pendant Schleswag
sowie die Berliner Stadtreinigung BSR). Es könnte sich in diesen Fällen eher um Subventionierung von Vereinen durch die öffentliche Hand handeln als um kommerzielle
Interessen von Seiten des Sponsors handeln (SPONSORS 2002c). Was verspricht sich
zum Beispiel die Berliner Stadtreinigung von ihrem Engagement beim 1. FC Union?
Welche relevante Zielgruppe soll hier eigentlich angesprochen werden?
Insgesamt dominieren in beiden Ligen zur Zeit Energieversorger und Versicherungen
im Bereich der Trikotwerbung, was für das von HAASE angeführte Argument der „strategischen Funktion“ bei Sponsorships spricht (siehe Punkt 6.1.1): Das erste Unternehmen einer Branche entscheidet sich für die Trikotwerbung, die Konkurrenten ziehen
nach, weil sie dem „First-mover“ den vermeintlichen Vorteil nicht überlassen wollen.
6.3.1 Die Entwicklung und Wirkung des Trikotsponsorings
Als Erfinder der Trikotwerbung und Vorreiter in Sachen Sportsponsoring in Deutschland gilt der Wolfenbütteler Unternehmer Günter Mast: Zur Rückrunde der Saison
1972/73 sollte der damalige Bundesligist Eintracht Braunschweig mit dem Wappen von
Masts Likörfirma „Jägermeister“ auf der Brust auflaufen. Für den auf fünf Jahre befristeten Vertrag stellte der Unternehmer dem Verein insgesamt 500.000 DM in Aussicht,
eine für damalige Zeit sehr hohe Summe (BENDER/ KÜHNE-HELLMESSEN 1998:
82). Das Problem war nur, dass der DFB Trikotwerbung –von Sponsoring sprach man
damals übrigens noch nicht- zu diesem Zeitpunkt kategorisch untersagte, weil ihm diese
„Kommerzialisierung“ mit den Amateuridealen des Sports unvereinbar schien.
Die Öffentlichkeit reagierte anfangs auch ähnlich ablehnend. Mast jedoch ließ sich von
seiner Idee nicht so ohne weiteres abbringen –zudem profitierte er von den Berichten
über die Kontroverse in den Medien, die ihm und seinem Produkt kostenlose Publicity
bescherte- und konterte mit einem genialen Schachzug. Auf der nächsten Mitgliederversammlung änderte der Verein -auf Vorschlag von Mast- seine Satzung und nahm statt
des ursprünglichen Löwen einen Hirsch in sein Vereinwappen auf. Zufälligerweise war
dieser Hirsch absolut identisch mit dem Firmenlogo von „Jägermeister“, so dass der
Verein nun ganz offiziell Werbung für Mast machen konnte. Dem DFB blieb daraufhin
praktisch nichts anderes übrig, als seine ablehnende Haltung gegenüber der TrikotwerSeite 118
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
bung aufzugeben, schließlich konnten die anderen Vereine ja jederzeit dem Braunschweiger Beispiel folgen. Seit Februar 1973 ist die Trikotwerbung im deutschen Fußball erlaubt.20
Ein Großteil der Bundesligavereine brauchte etwas länger, um sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen: So verkauften in der Spielzeit 1975/76 gerade mal sieben Vereine die Werbefläche auf ihrem Trikot an einen Sponsor. Erst ab der Saison 1979/80
konnten alle Klubs einen Trikotsponsor vorweisen.
Mittlerweile gehört Trikotwerbung zum alltäglichen Erscheinungsbild im Profifußball;
es ist heute schon so, dass Vereine ohne Partner auf der Brust auffallen.
In der Anfangszeit des Trikotsponsoring wurde jedoch längst noch nicht so viel Geld
dafür bezahlt, wie das heute der Fall ist.
Abbildung 6.2: Entwicklung der Einnahmen durch Trikotsponsoring in der 1. Bundesliga zwischen 1973 und 2003 in Mio. Euro
90
82,60
80
70
60
50
40
30
20
10
2,76
20
01
/02
19
99
/00
19
97
/98
19
95
/96
19
93
/94
19
91
/92
19
89
/90
19
87
/88
19
85
/86
19
83
/84
19
81
/82
19
79
/80
19
77
/78
19
75
/76
19
73
/74
0
Quelle: HÜBL/ SWIETER (2002: 44), eigene Recherche
Besonders offensichtlich ist die Steigerung der Einnahmen im Zusammenhang mit der
Entwicklung der für die Übertragungsrechte der Bundesliga gezahlten Fernsehgelder
(siehe auch Tabelle 5.1): Es kommt im gleichen Zeitraum auch beim Trikotsponsoring
innerhalb kürzester Zeit zu einer Verdoppelung der Einnahmen. Betrugen diese in der
Saison 1996/97 noch 27,6 Millionen Euro, waren es bereits zwei Jahre später 56,1 Millionen Euro.21 Insgesamt ist die rasante Steigerung des Popularitätszuwachses der Bundesliga in den letzten Jahren vor allem an der deutlich gestiegenen Fernsehpräsenz fest20
Die UEFA vollzog diesen Schritt auf europäischer Ebene erst knapp zehn Jahre später.
Zum Vergleich stiegen in der gleichen Zeitspanne die Fernsehgelder von 99,7 Millionen Euro auf 163,6
Millionen Euro (siehe Tabelle 5.1).
21
Seite 119
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
zumachen (siehe auch Abbildung 5.2). Besonders dem Fernsehen als Multiplikator kann
man daher eine entscheidende Rolle zuschreiben.
Wenn Trikotsponsoren derart hohe Summen bezahlen, hoffen sie im Gegenzug natürlich auf eine positive Wirkung für ihr Produkt. Es sei an dieser Stelle noch einmal festgestellt, dass Sponsoring keinesfalls ein Ersatz, sondern lediglich eine Ergänzung zur
konventionellen Werbung darstellt. Der Sponsoringauftritt muss –und das gilt nicht nur
beim Trikotsponsoring- auf jeden Fall mit anderen Werbemaßnahmen oder Kampagnen
„vernetzt“ sein, um eine erfolgsversrechende Wirkung entfalten zu können
(SCHAFFRATH 1999: 163ff.).22 Das Sponsoring profitiert dabei von Synergie- und
„Wiedererkennungseffekten“ auf Seiten des Zuschauers. Der Vorteil gerade der Trikotwerbung liegt darin, dass sich das mittlerweile „werbemüde“ Publikum vor dem Fernseher oder im Stadion ihrer Anwesenheit faktisch nicht entziehen kann, wie dies zum
Beispiel bei normalen Fernsehwerbespots durch Umschalten möglich ist. Trikotwerbung sichert somit dem Sponsor höchste Exklusivität und Aufmerksamkeit.
Um den Erfolg eines Sponsorship zu überprüfen, geben Sponsoren mittlerweile selber
diesbezüglich Studien in Auftrag oder nutzen die immer zahlreicher werdenden Panelbefragungen von speziellen Markt und Meinungsforschungsinstituten.
Abbildung 6.3: Umfrage: Top fünf der bekanntesten Trikotsponsoren der 1. Bundesliga
im Februar 2002 (Angabe in Prozent)
56
Opel (Bayern München)
26
e.on (Borussia Dortmund)
9
Volkswagen (VfL Wolfsburg)
TV Spielfilm (Hamburger SV)
Victoria Versicherungen (Schalke 04)
6
5
Basis: 638 Fußballinteressierte
Quelle: SPONSORS (2002d: 30)
22
Durch Trikot- oder auch Bandenwerbung sind –mangels Platzes- nur „einfache“ Botschaften wie Logos
und Firmennamen zu vermitteln. Für konkretere Aussagen über das beworbene Produkt ist daher traditionelle Werbung unerlässlich.
Seite 120
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Auffällig an der als Beispiel aufgeführten Erhebung aus dem Februar 2002 sind die hohen Bekanntheitswerte von Opel (damals Bayern München) und e.on (Borussia Dortmund), die damit die hohen Summen, welche die Unternehmen an diese beiden Vereine
zahlen beziehungsweise gezahlt haben, rechtfertigen.
Die Bekanntheitsgrade von Opel und e.on zeigen einmal mehr, dass eigentlich nur mit
den erfolgreichen Vereinen eine hohe „Awareness“ zu erreichen ist. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.23
6.4 Stadion- und Bandenwerbung
Neben den Spielertrikots existieren im Stadion noch zahlreiche weitere Flächen und
Plätze, an denen man Werbung publikums- und zugleich auch medienwirksam anbringen kann. Die dabei am häufigsten zu Werbezwecken genutzten Flächen sind die Banden, die ursprünglich als Abgrenzungsbarrieren zwischen Spielfeld und Zuschauern
konzipiert waren. Diese Funktion erfüllen sie heute als Werbeträger natürlich auch
noch.24
Die Preise für das Anmieten einer solchen Werbebande richten sich zum einen nach der
Größe, zum anderen –und dieser Punkt ist wesentlich bedeutender- nach ihrer Position
am Spielfeldrand: Befinden sich die Banden in einem Bereich, der von den Fernsehkameras gut und häufig erfasst wird, sind sie dementsprechend teurer als solche, die in
einer eher „unattraktiven“ Umgebung stehen.25 Ein für das Fernsehen attraktiver Bereich stellt zum Beispiel der Strafraum dar. Aus diesem Bereich werden vor allem in
Zusammenfassungen der Spiele die meisten Szenen gezeigt, zudem ist der Zuschauer
hier am aufmerksamsten. Daher sind die Banden hinter den Toren meist teuerer als zum
Beispiel die auf Höhe der Mittellinie.
23
So erzielte der Trikotsponsor des mittlerweile in die Oberliga abgestiegenen saarländischen FC Homburg ebenfalls sehr hohe Bekanntheitswerte: In der letzten seiner nur drei Spielzeiten währenden Bundesligazugehörigkeit, der Saison 1989/90, machte der Verein auf seinem Trikot Reklame für einen Kondomhersteller. In diesem Fall war nicht das sportliche Abschneiden des Vereins –der am Ende der Saison
sang- und klanglos abstieg-, sondern der außergewöhnliche Sponsor verantwortlich für die extrem hohe
Awareness.
24
Bandenwerbung gibt es schon viel länger als Trikotwerbung.
25
Im Stadion sind nur Banden auf drei Seiten des Spielfeldes „fernsehrelevant“: Da die meisten Fernsehkameras auf der Haupttribüne platziert sind, können sie nur die Werbebanden auf der Gegengerade sowie
den beiden Kurven erfassen. Die Bandenpreise vor der Haupttribüne sind daher recht günstig, so dass die
Werbeflächen dort bevorzugt von kleinen und mittelgroßen Firmen und Unternehmen aus der Region
gebucht werden.
Seite 121
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Die Preise für Werbebanden werden von den verantwortlichen Agenturen oder dem
Management des Vereins nach verschiedenen Kriterien festgelegt. Entscheidend sind
vor allem die Fernsehpräsenz und die Einschaltquoten, die der entsprechende Verein in
der letzten Saison verzeichnen konnte (KLEWENHAGEN/ SOHNS/ WEILGUNY
2002: 28).
Der Durchschnittpreis für eine Bande in der 1. Bundesliga ist von der Saison 1993/94,
wo er bei 52.000 DM lag, bis zur Saison 1998/99 auf 92.600 DM gestiegen (SWIETER
2002: 40).
Tabelle 6.7: Preise für vergleichbare Banden in ausgewählten Stadien der 1. Bundesliga
in der Saison 2002/03 in Euro
Stadion
Ruhrstadion Bochum
Preis pro Bande in der Saison 2002/03 *
85.000
Ostseestadion Rostock
99.000
Weserstadion Bremen
100.000
Arena „AufSchalke“ Gelsenkirchen
159.000
* = zuzüglich Mehrwertsteuer und Herstellungskosten
Quelle: DSM (2002)
Neben den klassischen Banden gibt es seit einiger Zeit auch gewisse Neuerungen im
Bereich der Werbeträger: Die für den Zuschauer offensichtlichsten Veränderungen waren die Einführung der Drehbande und der sogenannten „Cam-Carpets“. Bei erstgenannten handelt es sich um Banden, bei denen die Werbebotschaft nach einer bestimmten Zeit wechselt. Für den Werbekunden sind sie interessanter, weil günstiger als eine
„Dauerwerbebande“. Des weiteren versprechen sie eine höhere Aufmerksamkeit beim
Zuschauer, weil dieser die durch den Wechsel ausgelöste Bewegung wahrscheinlich
eher wahrnimmt. Bei den „Cam-Carpets“ handelt es sich um 3-D-Teppiche, die meistens direkt hinter den Fünf-Meter-Räumen liegen. Sie erwecken den optischen Eindruck, als stünde eine Bande direkt neben dem Tor.
Elektronische Banden mit Digitalanzeige und animierten Effekten, wie man sie vielleicht schon in Fußballübertragungen aus Spanien gesehen hat, sind in Deutschland hingegen noch verboten.
Damit sind jedoch längst noch nicht alle Möglichkeiten zum Anbringen oder Verkünden
von Werbebotschaften erschöpft: Es gibt schließlich noch die Anzeigetafeln, LautspreSeite 122
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
cherdurchsagen und so weiter und so weiter. Der Kreativität der Werbefachleute scheinen bisher keine Grenzen gesetzt.
Die Frage, die man sich jetzt sicher stellt, ist die, ob die ganzen Maßnahmen überhaupt
noch produktiv –im Sinne der Werbetreibenden- sein können. Wer in der letzten Jahren
einmal ein Bundesligaspiel besucht hat, kann nachvollziehen, was sich hinter dem abstrakt klingenden Begriff der Reizüberflutung verbirgt: Der Zuschauer sieht sich einer
derart großen Menge von Werbebotschaften ausgesetzt, dass sogar seine diesbezüglich
vormals eher ablehnende Haltung mittlerweile einer pathetischen Resignation und
Gleichgültigkeit gewichen ist.
Den Werbefachleuten ist diese Problematik natürlich nicht verborgen geblieben. Sie
gehen davon aus, dass dem Zuschauer maximal zwölf verschiedene Sponsoren „zugemutet“ werden können, wenn noch ein idealer Nutzen für diese erreicht werden soll
(KLEWENHAGEN/ SOHNS/ WEILGUNY 2002: 26).26 Die Realität im Bundesligaalltag sieht jedoch anders aus: Durchschnittlich 19 Sponsoren präsentierten ihre Botschaften in der Saison 2001/02 in den Stadien der 1. Bundesliga (siehe Tabelle 6.8).
Von Vereinsseite her betrachtet ist hier keine Lösung zu erwarten, da es den Klubs in
erster Linie um den Verkauf möglichst vieler Werbeflächen geht. Gefragt sind da eher
die Sponsoren, die ihre Engagements diesbezüglich genauer überprüfen sollten: Macht
es wirklich Sinn, der 25. Sponsor eines Vereins zu sein, oder sollte man dann doch lieber auf einen anderen Klub ausweichen, der eine größere Exklusivität verspricht?
Wie bereits erwähnt, spielen aber eben auch emotionale Gründe für oder gegen ein
Sponsorship eine entscheidende Rolle, so dass derart rationale Überlegungen in der
Praxis offensichtlich dann doch keine entscheidende Rolle spielen.
Tabelle 6.8: Sponsorendichte in der 1. Bundesliga für die Saison 2001/02
Verein
1. FC Kaiserslautern
Sponsorenanzahl zentrale
Sponsorenanzahl alle
Werbemittel *
registrierte Werbemittel
1
5
FC St. Pauli
6
8
VfL Wolfsburg
8
14
FC Schalke 04
10
13
Hansa Rostock
11
14
TSV 1860 München
11
15
26
Manche Experten halten sogar nur maximal sechs Sponsoren für sinnvoll.
Seite 123
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
Sponsorenanzahl zentrale
Sponsorenanzahl alle
Werbemittel *
registrierte Werbemittel
Borussia Mönchengladbach
11
18
Verein
Bayer Leverkusen
12
21
Borussia Dortmund
13
15
FC Bayern München
13
18
1. FC Köln
14
21
Werder Bremen
16
23
SC Freiburg
17
25
Hamburger SV
18
28
Hertha BSC Berlin
18
26
1. FC Nürnberg
22
26
Energie Cottbus
22
26
VfB Stuttgart
24
33
Durchschnitt
14
19
* = nur Banden und „Cam-Carpets“
Quelle: KLEWENHAGEN/ SOHNS/ WEILGUNY (2002: 28)
6.5 Sonstige Sponsoring-/ Werbemöglichkeiten
Neben der Trikot- und Bandenwerbung bietet der Fußball noch weitere Sponsoringmöglichkeiten, die je nach der Kreativität des Managements beziehungsweise der vermarktenden Agentur mehr oder weniger stark ausgeprägt genutzt werden: Reklame auf den
Trinkbechern im Stadion, Präsentation der Zuschauerzahlen, Unterstützung des Jugendbereichs und so weiter, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Den finanziell bedeutendsten Bereich stellen die Ausrüsterverträge dar. Dabei sichert
sich ein Sportbekleidungshersteller durch die Zahlung eines Betrages das Recht, einen
Verein mit seinen Textilien ausrüsten zu dürfen. Die Mannschaft erhält kostenlos Trikots und Trainingsbekleidung von dem entsprechenden Ausrüster mit der Vorgabe, ausschließlich mit dieser Garnitur in der Öffentlichkeit aufzutreten.27
Der Sportartikelhersteller erhofft sich von einem solchen Deal eine Steigerung seines
Bekanntheitsgrades und dadurch auch eine Erhöhung seiner Umsätze: Der Zuschauer
27
Bei Zuwiderhandlungen sind meistens vorher vertraglich festgelegte Geldbußen zu zahlen.
Seite 124
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
soll die scheinbare Loyalität zwischen seinem Lieblingsverein und dem Ausrüster beim
nächsten Sportartikelkauf selbst „praktizieren“ und dessen Produkte kaufen.28
Tabelle 6.9: Ausrüster in der 1. Bundesliga in der Saison 2002/03
Verein
FC Bayern München
Ausrüster
Betrag pro Jahr
in Mio. Euro
Laufzeit bis
zum Jahr
Adidas (strategischer
Partner, hält 10 Prozent
der Anteile an der FC
Bayern München AG)
75,0 *
2010
Hamburger SV
Nike
Nike
1,5
2004
1,25
2006
1. FC Nürnberg
Adidas
1,25
2003
FC Schalke 04
Adidas
1,2
k.A.
Bayer Leverkusen
Adidas
1,0
2005
Hertha BSC Berlin
Nike
1,0
2003
Borussia Mönchengladbach
Reebok
0,75
2003
Hannover 96
Uhlsport
0,65
2005
Goool.de (Eigenmarke)
Nike (Schuhe)
Nike
0,5
2003
0,5
k.A.
VfL Wolfburg
Puma
0,5
2004
Werder Bremen
Kappa
0,4
2003
VfB Stuttgart
Puma
0,4
2005
Uhlsport
0,3
2005
Energie Cottbus
Jako
0,2
2004
VfL Bochum
Nike
0,2
2004
Hansa Rostock
Jako
0,15
2004
TSV 1860 München
Borussia Dortmund
1. FC Kaiserslautern
Arminia Bielefeld
Gesamt #
11,75
* = einmalige Zahlung, # = ohne FC Bayern München
Quelle: SPORTS-CONSULT (2002c)
Insgesamt kassieren die 17 Bundesligisten (ohne den Sonderfall Bayern München)
11,75 Millionen Euro von ihren Ausrüstern. Die Tendenz ist im Vergleich zu den Vorjahren aber eher rückläufig, was vor allem an der Überschätzung der Wachstumspoten-
28
Gerade im Bereich der Ausrüsterverträge ist der Übergang zum Merchandising fließend.
Seite 125
Der Markt für Sportsponsoring/ Werberechte
tiale im Merchandising liegt. Eine ausführlichere Darstellung dieser Thematik erfolgt
im nächsten Kapitel.
Während in der 1. Bundesliga auch die kleineren Vereine noch Geld von den Ausrüstern
erhalten, sind viele Vereine in der 2.Bundesliga mittlerweile bereits schon froh, wenn
sie die Sportbekleidung kostenlos erhalten.29
29
Noch schlechter stellt sich die Situation in den Regionalligen dar: Hier müssen einige Vereine ihre
Trikots sogar komplett selbst kaufen oder zumindest etwas dazubezahlen.
Seite 126
„Wir müssen einen Markt kreieren, der die natürlichen Bedürfnisse der Fans befriedigt.“
Uli Hoeneß, Manager FC Bayern München
(zitiert aus ASCHENBECK 1998: 51)
„Im Grunde geht es darum, die unheilbare Leidenschaft der Fans zu Geld zu machen.“
Jim White, englischer Journalist
(zitiert aus MANCHESTERUNITED.DE 2001)
Der Markt für Merchandising/
Lizenzen
Seite 127
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
7. Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen stellt im Vergleich zu den anderen Märkten
eine recht neue Form der Vermarktung im Profisport dar. Vereinfacht ausgedrückt bezeichnet Merchandising den Handel und Verkauf von –in diesem Falle sportbezogenenFanartikeln. Eine ausführlichere Definition des Begriffes und seine Abgrenzung zur
Lizenzvergabe (Licensing) erfolgt unter dem nächsten Punkt.
Bei den Fanartikeln handelt es sich unter anderem um Schals, Mützen und Trikots, die
mit dem Logo des Vereins versehen sind oder im Falle der Trikots mit der originalen
Spielkleidung der Profispieler identisch sind. Daher spricht man auch von ReplikaTrikots.
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen hat für die Vereine mittlerweile eine doppelte
Bedeutung, nämlich sowohl eine ökonomische als auch eine „außerökonomische“
Funktion (ROHLMANN 2001: 429ff.). Während die ökonomische Bedeutung auf der
Hand liegt –Merchandising ist ein weiteres Finanzierungsinstrument-, ist der außerökonomische Effekt auf der Ebene der Markenbildung anzusiedeln: Profifußballvereine
wollen sich als „Brandnames“ positionieren, sie „verfestigen“ durch den Verkauf von
Fandevotionalien die bereits bestehende emotionale Bindung zum Anhänger noch weiter und kommen somit dem Ziel der eigenständigen Marke immer näher (siehe auch
Punkt 6.1). Der Fan demonstriert durch den Kauf und die Verwendung von Merchandisingartikeln auch eine für Außenstehende sichtbare Verbundenheit zu seinem Verein.
Von seiner Markstruktur her betrachtet unterlag der Markt für Merchandising/ Lizenzen
einem radikalen Wandel: Bis in die neunziger Jahre hinein betrieben die meisten Vereine das Geschäft mit den Fanartikeln recht unstrukturiert; das Angebot war teilweise eher
zufällig zusammengestellt und entsprach nicht immer den Wünschen der potentiellen
Abnehmer. Es handelte sich zu der Zeit dabei wohl eher um einen Verkäufermarkt,
denn die Nachfrager (Fans) waren wesentlich aktiver als die Anbieterseite (Vereine)
(ROHLMANN 2001: 431).1 Das Angebot an Fanartikeln war geringer als die Nachfrage
danach, deshalb verschafften viele Fans diesem Missstand insofern Abhilfe, als dass sie
Fahnen, Schals und ähnliches in Eigenregie entwarfen und herstellten.
Ab Mitte der neunziger Jahre entdeckten auch die Vereine in Deutschland das Merchandising –sicherlich auch initiiert durch die Erfolge dieser Branche in den USA und
1
Zur genaueren Unterscheidung der Begriffe „Käufermarkt“ und „Verkäufermarkt“ siehe auch WÖHE
(2000: 481ff.).
Seite 128
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
Großbritannien- als einen zukunftsträchtigen Wachstumsmarkt. Das Angebot an Fanartikeln wurde seither konsequent erweitert, so dass aus dem Verkäufermarkt innerhalb
kurzer Zeit ein Käufermarkt geworden ist, das Angebot die Nachfrage also übersteigt.
7.1 Definition und Dimensionen des Merchandising/ der Lizenzvergabe
Der Begriff Merchandising stammt –wie man unschwer erkennen kann- aus dem Englischen und bedeutet streng übersetzt eigentlich „Verkaufsförderung“. Er wird aber auch
als Oberbegriff für den Verkauf von Fanartikeln gebraucht. Dieser scheinbare semantische Widerspruch wird aber noch aufgelöst.
Fanartikel sind Produkte, die aufgrund einer Kennzeichnung oder auch ihres Designs in
mehr oder weniger direktem Zusammenhang zu einer irgendwie populären Einzelperson
oder Gruppe stehen. Hierbei muss es sich nicht unbedingt nur um Sportler handeln,
Fanartikel gibt es zum Beispiel auch in den Bereichen Musik und Film.2
ROHLMANN liefert folgende Definition für Merchandising im Sportbereich (2001:
429):
„Im Sport spricht man von Merchandising, wenn eine Sach- oder Dienstleistung
durch eine besondere Kennzeichnung mit einem Einzelsportler, Sportverein oder
einer Sportveranstaltung in Verbindung gebracht wird.“
Der Zusammenhang zur ursprünglichen Bedeutung des Begriffs ist also weiterhin gegeben; über die Fanartikel soll der Sport beziehungsweise einzelne Mannschaften besser
verkauft werden.3
Von „klassischem“ Sportmerchandising spricht man, wenn sowohl das Bezugsobjekt als
auch der Vertreiber der Fandevotionalien identisch sind, der betreffende Verein also
Produktion und Vertrieb der Artikel in Eigenregie erledigt (ROHLMANN 2001: 430).
Ist dies jedoch nicht der Fall und der Verein vergibt die Nutzungs- und Vermarktungsrechte an den Vereinslogos und den Urheberrechten komplett an eine Firma oder Agentur, handelt es sich um eine Lizenzvergabe, die auch „Licensing“ genannt wird. Für die
2
Das sind nur die bekanntesten Beispiele. Jede Person oder Gruppe, die über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt, kann Fanartikel von sich herstellen lassen und zum Kauf anbieten.
3
Im weiteren Verlauf wird es ausschließlich um das Merchandising ganzer Vereine gehen. Es besteht
natürlich auch die Möglichkeit, mit Einzelsportlern Merchandising zu betreiben. Dies ist im Bereich des
deutschen Fußballs aber noch immer die Ausnahme und wird daher auch nicht näher thematisiert.
Seite 129
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
Überlassung der Lizenzen erhält der Verein ein Entgelt, dass sich meistens am Umsatz
der Artikel orientiert (BRANDMAIER/ SCHIMANY 1998: 58).
Die Vergabe von Lizenzen ist mittlerweile weit verbreitet und bietet sich gerade bei
nicht direkt sportbezogenen Artikeln wie Bettwäsche, Duschgels und ähnlichen Produkten an. Statt solche Fanartikel in Eigenregie herzustellen, treten die Klubs die Lizenzen
dafür –vor allem mangels Marktkenntnissen in den entsprechenden Bereichen- gegen
Gebühr an sachkundige Unternehmen ab. Das hält die Vereine aber nicht davon ab, diese Fanartikel auch über eigene Vertriebsnetze wie Fanshops oder via Internet selbst zu
verkaufen. In den meisten Fällen wird der Vertrieb der Fanartikel in der Stadt oder der
Region vom entsprechenden Verein selbst organisiert, den überregionalen Vertrieb
übernimmt der Lizenznehmer.4
Aus den dargelegten Ausführungen sollte bereits ersichtlich geworden sein, warum
Vereine in einigen Fällen dem Licensing gegenüber dem klassischen Merchandising
den Vorrang geben: Die Lizenzvergabe ist mit wesentlich geringeren finanziellen Risiken für die Klubs verbunden, da sie lediglich am Umsatz beteiligt sind. Zudem entfallen
auch Lager- und Vertriebskosten, die bei der Errichtung überregionaler Vertriebsnetze
und der entsprechenden Logistik sicherlich anfallen würden.
Die Begriffe Merchandising und Licensing werden oft synonym verwendet, die bisherigen Ausführungen haben aber gezeigt, dass Licensing eine Form des Merchandising
darstellt. Der Unterschied zum „klassischen“ Merchandising liegt in der besonderen
Akteurskonstellation begründet: Lizenzgeber und Lizenznehmer sind im Gegensatz zum
„klassischen“ Merchandising nicht identisch.
Der Gesamtumsatz im Bereich Merchandising/ Licensing wurde in Deutschland für das
Jahr 2000 auf knapp zwölf Milliarden DM geschätzt; zwischen 1,2 bis 1,5 Milliarden
DM konnte dabei alleine der Fußball –ohne das Sonderereignis Europameisterschaftfür sich verbuchen (ROHLMANN 2001: 426).5
Der Verkauf von Fanartikeln stellt eine verhältnismäßig neue Vermarktungsform des
Profifußballs dar. Gerade in Deutschland wurden die im Bereich des Merchandisings
liegenden Potentiale lange Zeit unterschätzt (siehe auch Tabelle 7.1): Erst zu Beginn der
neunziger Jahre beginnen die Vereine damit, sich systematisch mit der Produktion und
dem Vertrieb von Fanartikeln zu beschäftigen.
4
Unter der Voraussetzung, dass auch eine überregionale Nachfrage danach besteht.
Wenn man jedoch einen Blick auf den Pioniermarkt USA wirft, wo durch Merchandising/ Licensing im
Jahr 2000 ein Gesamtumsatz von 150 Milliarden DM erzielt wurde, wirken die Zahlen aus Deutschland
wiederum recht bescheiden (ROHLMANN 2001: 426).
5
Seite 130
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
Tabelle 7.1: Entwicklungsphasen der Fanartikelvermarktung im deutschen Sport
Marktphase
Wachstumsmotor
Angebot
Stückzahlen/
Anzahl der Artikel/
Warengruppe
Vereinshaltung
Fremdbestimmung/
Partnerschaften
Verantwortlichkeit
Strategie
80er Jahre
90er Jahre
2000er Jahre
Eintritt
Wachstum
Reife
Zufallsaktivität,
Gelegenheitsnachfrage
allgemeiner Nachfrageboom
gezielte Nachfrageentwicklung
einzelne Produkte,
Test-Sortimente
sehr breite, z.T. ausufernde Sortimente
Erlebniswelten für
verschiedene Segmente
relativ klein
möglichst groß
unterschiedlich und
auf Basis systematischer Planung
passiv abwartend,
Kontrolle fehlt oder
unwichtig
unterstützend, gelegentliche Überprüfungen
aktiv gestaltende
Rolle, strenges
Controlling
wenige Lizenzvergaben
Zunahme von Lizenzen bis hin zur
Abgabe aller Vermarktungsrechte
selektive Lizenzpolitik, gezieltes Outsourcing, strategische Allianzen
ehrenamtliche Vor- Semiprofessionalität, Spezialisten, insbeteils Ehrenamt, teils sondere Marketingstände, AmateurFachleute
Management
strukturen
isoliertes Angebot
von ad-hoc-Artikeln
undifferenzierter
Fanartikelverkauf
differenziertes, teils
sogar selektives
Merchandising
Quelle: ROHLMANN (2001: 433)
Vereine und Lizenznehmer glaubten, mit dem Merchandising eine neue, problemlose
und schier unerschöpfliche Geldquelle aufgetan zu haben (ROHLMANN 2001: 431ff.).
Schuld an dieser Euphorie waren sicherlich auch unkritisch übernommene Erfolgsmeldungen von dem Merchandising-Pioniermarkt USA und aus Großbritannien6. Jedenfalls
nahm das Angebot an Fan- und Lizenzartikeln derart sprunghaft zu, dass es fast einer
Inflation gleichkam. Waren solche Artikel bis in die neunziger Jahre hinein eher Man6
Hier wird vor allem auf den englischen Klub Manchester United geschaut, der als Vorreiter in Sachen
Merchandising/ Licensing in Europa gilt. In der Saison 1999/00 erzielte der börsennotierte Verein mit 65
Millionen DM den höchsten Umsatz aller europäischen Fußballvereine im Bereich der Fanartikel
(ROHLMANN 2001: 429). Die Merchandising-Aktivitäten von ManU, wie der Klub in der Umgangssprache auch genannt wird, werden mittlerweile sowohl von Kritikern als auch von Teilen der eigenen
Anhängerschaft argwöhnisch betrachtet: Häufiger Wechsel der Trikots –teilweise bis zu vier Mal in einer
Spielzeit- sowie ein extrem, manchmal bis zur Absurdität ausgeweitetes Fanartikelangebot wird von einigen Fans als „Abzockerei“ betrachtet, geschichtlich bewanderte Journalisten sprechen in Anlehnung an
den Beginn der Industrialisierung in England von der Renaissance des sogenannten „ManchesterKapitalismus“ (MANCHESTERUNITED.DE 2001).
Seite 131
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
gelware, gab es sie nun in allen erdenklichen Variationen im Überfluss. Fast kein Gebebrauchsgegenstand war vor der Etikettierung mit Vereinwappen sicher: So wurden
Zahnputzbecher, Fußmatten, Essbestecke, Rasierer und Handys kurzerhand zu Fanartikeln „umfunktioniert“. In „Extremfällen“ prangten die Embleme von Fußballvereinen
sogar auf Lebensmitteln wie Bier, Milch oder Kartoffeln.
Nach dem anfänglichen Hoch Mitte der neunziger Jahre folgte bald die Ernüchterung
auf dem Fanartikelmarkt. Die in der Saison 1997/98 von den Vereinen erzielten Umsätze sind bisher nicht mehr erreicht worden.
Abbildung 7.1: Einnahmen der Vereine der 1. und 2. Bundesliga aus dem Merchandising/ Licensing in Mio. Euro7
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
85,5
82,8
81,6
77,7
72,6
72
7,7
6,1
6,1
8,7
1996/97
1997/98
1998/99
1999/00
Umsatz 1. und 2. Bundesliga zusammen
2000/01
2001/02
Prognose
Umsatz nur 2. Bundesliga
Quelle: ROHLMANN (2001: 428), SPONSORS (2002e: 34)
Insgesamt bleibt kritisch anzumerken, dass es sich bei den Zahlen nur um Umsätze und
nicht um Gewinne handelt. Es wird sogar vermutet, dass die meisten Klubs bisher mit
dem Merchandising/ Licensing keine nennenswerten Gewinne erwirtschaftet haben
(ASCHENBECK 1998: 52ff.):8 Produktions-, Lagerhaltungs-, Vertriebs- und Personalkosten kombiniert mit mangelndem betriebswirtschaftlichem Sachverstand auf Seiten
7
Diese Zahlen stehen in keinem Widerspruch zu den vorher genannten 1,2 bis 1,5 Milliarden DM die für
das Jahr 2000 nur für den Fußball als Gesamtumsatz für den Bereich Merchandising/ Licensing geschätzt
wurden. In Abbildung 7.1 sind lediglich die Umsätze der Klubs aus den beiden Bundesligen dargestellt,
nicht jedoch die aus dem Einzelhandel und dem Schwarzmarkt, der für die Branche ein nicht zu unterschätzendes Problem bedeutet.
8
Gerade im Bereich des Merchandising/ Licensing kommen bei den Vereinen unterschiedlichste Erfassungskonzepte zur Anwendung, die nicht selten auch dazu dienen, die Zahlen zu „beschönigen“. Häufig
müssen die Zahlen aber auch komplett geschätzt werden, weil sich die Klubs dazu überhaupt nicht äußern
(ROHLMANN 2001: 427).
Seite 132
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
der Verantwortlichen (siehe auch Tabelle 7.1) hätten dazu geführt, die sowieso schon
geringen Gewinnmargen in diesem Segment noch weiter zu reduzieren.9
Von den 72 Millionen Euro Umsatz, die in der Saison 2001/02 mit Merchandising/
Licensing im deutschen Profifußball erzielt worden sind, entfielen zwei Drittel auf nur
fünf Vereine (SPONSORS 2002e: 34): Spitzenreiter in diesem Bereich war einmal mehr
der FC Bayern München mit knapp 20,4 Millionen Euro vor Borussia Dortmund mit
11,75 und dem FC Schalke 04 mit immerhin noch 6,64 Millionen Euro. Komplettiert
werden die „Top Five“ vom 1. FC Köln und dem SV Werder Bremen. Obwohl die zur
Verfügung stehenden Daten und ihre Qualität für eine ausführlichere Untersuchung
nicht ausreichen, lässt sich dennoch erkennen, dass neben der Popularität vor allem der
momentane sportliche Erfolg beim Merchandising entscheidend ist, wobei letztgenannter sicherlich in einem engen Kausalzusammenhang zur Popularität eines Vereins zu
sehen ist (SPONSORS 2002e: 34).10
7.2 Die Zukunft des Merchandising/ Licensing
Der Markt für Merchandising/ Licensing hat für die Mehrzahl der deutschen Profivereine noch längst nicht die ökonomische Bedeutung, die ihm Mitte der neunziger Jahre
zugetraut worden war. Obwohl er als Finanzierungsinstrument bisher noch nicht entscheidend in Erscheinung getreten ist, kam seine außerökonomische Bedeutung deutlich
stärker zum Tragen: Über den Verkauf von Fanartikeln stärkt der entsprechende Verein
die emotionale Bindung zu seinen Anhängern. So wird eine langfristige Identifikationsbasis geschaffen: Der Vereinsname wird für die Anhänger zu einer Marke, deren Wertschätzung durch die Fans in einem gewissen Masse auch vom sportlichen Erfolg abgekoppelt wird (ROHLMANN 2001: 426). Dieses Markenprofil kann dann auch in anderen Zusammenhängen genutzt werden, da es über einen intensiven und qualitativ hochwertigen, weil emotionalen Bekanntheitsgrad verfügt.11 Für das Konzept der Markenpositionierung sind Fanartikel demnach unerlässlich.
9
So haben einige Vereine beim Merchandising im Endeffekt sogar noch „draufgezahlt“ (ASCHENBECK
1998: 52ff.).
10
So konnte zum Beispiel Borussia Dortmund –bei gleichbleibendem Etat- den Anteil vom Merchandising am Gesamtumsatz in der abgelaufenen Spielzeit (Deutscher Meisterschaft, UEFA-Cup-Finalist) von
17,2 % auf 27,3 % ausweiten (BVB 2002a: 18-19).
11
So bieten zum Beispiel ein bekannter Elektronikhersteller ein Handy und eine Bank eine Kreditkarte
mit dem Logo von Borussia Dortmund an. Bevorzugt werden diese beiden Produkte direkt im Stadion
beworben. Beide Unternehmen hoffen mit ihren außergewöhnlichen Angeboten darauf, dass der Fan von
Seite 133
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
Darüber hinaus ist das Potential auf dem Markt für Fußballfanartikel in Deutschland
natürlich noch längst nicht ausgeschöpft, wie Abbildung 7.2 belegt: Demnach hat also
fast ein Drittel der Bevölkerung über 14 Jahre im zurückliegenden Jahr kein Geld für
Fanartikel ausgegeben. Dies ist ein verhältnismäßig hoher Wert, hier ist also durchaus
noch Spielraum für weitere Umsatzsteigerungen vorhanden.
Abbildung 7.2: Ausgaben für Fußballfanartikel in Deutschland von Personen über 14
Jahre in den zurückliegenden zwölf Monaten in Prozent (Hochrechnung auf die Gesamtbevölkerung, Stand 2000)
30,4
17,1
0 DM
1-29 DM
17
30-59 DM
11,6
12,5
11,4
60-89 DM
90-119 DM
>120 DM
Quelle: UFA SPORTS (2000: 76), eigene Darstellung
Ebenfalls bemerkenswert ist die Tatsache, dass die „klassischen“ Fanartikel Trikot,
Schal und Mütze einen Anteil von mehr als 50 Prozent am Gesamtumsatz ausmachen
(ARTHUR ANDERSEN 2001: 2). Artikel wie Handys, Shampoo oder Regenschirme
werden hingegen kaum nachgefragt (UFA SPORTS 2000: 76).
Für die zukünftige Entwicklung des noch sehr jungen Bereichs Merchandising/ Licensing sind daher abschließend folgende Entwicklungstendenzen und Handlungsempfehlungen zu berücksichtigen (siehe auch Tabelle 7.1):
(1) Professionalisierung des Merchandising: Ehrenamtliche Mitarbeiter oder
ehemalige Profispieler sind in der Regel den doch recht komplexen Anforderungen nicht gewachsen.12 Marketing- und Vertriebsfachleute bringen wesentlich
Borussia Dortmund ihren Produkten mit dem gleichen „Goodwill“ wie dem Verein begegnet und er die
Artikel deshalb kauft.
12
Eine berühmte Ausnahme von der Regel ist Bayerns umtriebiger und weitsichtiger Manager Uli Hoeneß, der sich vorher ebenfalls recht erfolgreich als Spieler bei den Münchenern betätigte.
Seite 134
Der Markt für Merchandising/ Lizenzen
fundiertere Kenntnisse für diese Aufgabe mit. Der wirtschaftliche Erfolg des
Merchandising sollte zudem regelmäßig betriebswirtschaftlich überprüft werden.
(2) Reduzierung des Angebots („Klasse statt Masse“): Besonders in großen Sortimenten sind viele sogenannte „Ladenhüter“ versteckt, in denen nicht nur Kapital gebunden ist, sie verursachen zudem hohe Lagerkosten. Diese Artikel gilt es
mit Hilfe eines gezielten Controllings auszusortieren. Stattdessen sollten lieber
bei besonderen Ereignissen spontan Artikel wie spezielle T-Shirts oder Schals
produziert werden.
(3) Sorgfältige Prüfung bei der Lizenzvergabe: Lizenzen sollten nicht wahllos
vergeben werden. Besonders qualitativ minderwertige Lizenzartikel schaden
eher dem Image des lizenzgebenden Klubs als dem des Produzenten.
Es bleibt also festzuhalten, dass Merchandising/ Licensing kein „Sorglos“-Business ist,
in dem man einfach irgendwelche Artikel „auf den Markt werfen kann“, die dann ohne
weiteres einen Abnehmer finden.
Das Merchandising/ Licensing ist von seiner finanziellen Bedeutung her gesehen sicherlich überbewertet worden, ein Finanzierungsinstrument wird es wohl nur für die großen
und erfolgreichen Vereine werden. Für die Außendarstellung und die Positionierung der
Klubs ist es hingegen unverzichtbar, weshalb vor allem auch die kleineren Vereine dieses Business trotz geringer Gewinnaussichten weiter professionalisieren sollten.
Seite 135
„Ich denke, wir haben eine klare Marketing-Strategie bei der Einführung der Aktie
vermissen lassen. Man hätte das Bewusstsein, dass da eine echte Aktie an den Markt
gebracht wird und kein Totoschein, mehr schärfen müssen.“
Michael Meier, Manager Borussia Dortmund
(zitiert aus RUHR NACHRICHTEN 2002c)
Der Kapitalmarkt
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Der Kapitalmarkt
8. Der Kapitalmarkt
Als letztes Finanzierungsinstrument des professionellen Fußballs wird in diesem Kapitel
die Miteinbeziehung des Kapitalmarkts thematisiert. Der Gang zum Kapitalmarkt stellt
die mit Abstand neueste Form der Refinanzierung von Profifußballvereinen dar. Um
Missverständnissen vorzubeugen, bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass der Kapitalmarkt natürlich bei klassischen Kreditgeschäften zur Finanzierung von Spielertransfers
oder ähnlichem schon vorher in Anspruch genommen worden ist. Neu ist allerdings die
Tatsache, dass Fußballvereine Beteiligungen an ihrem Geschäftbetrieb am Kapitalmarkt
zum Kauf anbieten und sich somit einer breiten, teilweise auch „sportfernen“ Anlegerschicht öffnen.
Das Kapitel widmet sich folglich in erster Linie dem Börsengang von Fußballkapitalgesellschaften, Grundlagen, sowie Chancen und Risiken eines solchen Vorhabens werden
aufgezeigt: Bis zum 30. August 2002 hatten 38 Vereine aus Europa den Schritt auf das
Börsenparkett gewagt, darunter auch Borussia Dortmund, der erste und bisher noch einzige Klub aus Deutschland (WGZ-BANK 2002: 7). Dass es neben dem Börsengang
sehr wohl noch andere Formen der Beschaffung finanzieller Mittel über den Kapitalmarkt gibt, wird am Abschluss des Kapitel noch zu thematisieren sein.
Die Klubs erhoffen sich durch den Börsengang neues Kapital, welches sie zur Investition in Spielstärke und infrastrukturelle Maßnahmen wie zum Beispiel einen Stadionbau
benötigen. Vom Anleger hingegen darf man –eine rein ökonomische Betrachtung vorausgesetzt- erwarten, dass er auf eine Rendite für sein eingesetztes Kapital spekuliert.
Im weiteren Verlauf dieser Ausführungen wird noch zu klären sein, ob Fußball-Aktien
für ausschließlich gewinnorientierte Anleger, die sogenannten „Shareholder“, überhaupt
geeignet sind, oder ob es sich dabei nicht doch eher um „Stakeholder“-Aktien handelt,
deren Käufer ein über die bloße Gewinnmaximierung hinaus gehendes, wie auch immer
geartetes Interesse an dem entsprechenden Verein haben sollten.
Dem Zeitpunkt eines Börsenganges wird in der Literatur eine strategische Bedeutung
zugeschrieben. So geht man von einem „First-Mover-Vorteil“ für den jeweils ersten
börsennotierten Klub eines Landes aus (FRANCK/ MÜLLER 2000b: 10ff.): Demnach
wird dieser Klub besonders hohe Emissionserlöse erzielen, weil er in überproportionalem Ausmaß von dem der ganzen Liga entgegengebrachten „Goodwill“ profitiert und
deshalb auch fußballbegeisterte Anleger die Aktie kaufen werden, obwohl sie sich dem
Verein nicht direkt als Fan verbunden sehen. Der Börsengang des ersten Vereins hat
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aber neben den finanziellen Vorteilen des Klubs selbst auch noch einen gewissen Symbolcharakter für die übrigen Vereine der Liga: Verläuft der Börsengang erfolgreich,
werden andere Vereine dem Beispiel folgen wollen. Ist dies aber nicht der Fall und die
Aktie hat –aus welchen Gründen auch immer- sehr starke Verluste gegenüber ihrem
Ausgabekurs zu verzeichnen, ist den anderen „börsenwilligen“ Klubs der Zugang zum
Kapitalmarkt bis auf weiteres erst mal verbaut, wenn sie sich nicht unter Wert verkaufen
wollen.
Formal betrachtet sind der Kapitalmarkt und die auf ihm gehandelten Fußball-Aktien
losgelöst von der direkten Vermarktung des Outputs „Professioneller Fußball“, wie Abbildung 2.1 (das ökonomische Modell des professionellen Sports) zeigt. Dennoch erscheint es sehr wahrscheinlich, dass der Aktienkurs eines börsennotierten Klubs von
dem Erfolg oder auch Misserfolg bei der Outputvermarktung zusammenhängt: Je weniger Zuschauer und Sponsoren ein Verein hat, desto geringere Umsätze wird er auf diesen Märkten erzielen. Geringere Umsätze bedeuten in solchen Fällen auch geringere bis
gar keine Gewinne, was Aktionäre nicht gerade erfreut zur Kenntnis nehmen werden.
Der bisherige Verlauf der Arbeit hat gezeigt, dass der Erfolg der Vermarktung des Outputs „Professioneller Fußball“ in nicht unbeträchtlichem Maße mit dem unmittelbaren
sportlichen Erfolg zusammenhängt: Ob der Kurs einer Fußballaktie ebenfalls vom
sportlichen Abschneiden der entsprechen Mannschaft abhängt, gilt es noch zu klären.1
Als weiteres Investitionshemmnis für potentielle Anleger dürfte neben der vermeintlichen Abhängigkeit vom sportlichen Erfolg auch die besondere Wettbewerbssituation im
Sport und dort insbesondere im Bereich des Fußballs sein (FRANCK/ MÜLLER 2000b:
4ff.). Das einzelne Spiel beruht auf der Koproduktion zweier Mannschaften, der Ligaund Pokalbetrieb auf der Koproduktion aller beteiligten Teams. Ist die Liga insgesamt
schwach, leiden auch einzelne starke Klubs darunter, weil auch ihre Erlöse aus der
Vermarktung wahrscheinlich zurückgehen oder stagnieren werden.2 Organisiert werden
die Spiele der Wettbewerbe vom jeweiligen Sportveranstalter, der neben den Spielre1
Das gilt natürlich nicht, wenn es dem börsennotierten Klub gelingen sollte, einen Großteil seiner Geschäftstätigkeit in nicht direkt vom sportlichen Erfolg abhängige Bereiche auszulagern, was in der Praxis
allerdings kaum möglich sein sollte, schließlich ist der Fußball ja das eigentliche Kerngeschäft.
2
Das beste Beispiel dafür ist die Ehrendivision in den Niederlanden: Ajax Amsterdam, Feyenoord Rotterdam und der PSV Eindhoven machen die Meisterschaft seit langer Zeit regelmäßig unter sich aus.
Durch die „Schwäche“ der übrigen Vereine hat die Liga insgesamt recht bescheidene Zuschauerzahlen,
was sich wiederum in geringeren Fernseh-, Sponsoren- und Merchandisinggeldern bemerkbar macht.
Unter der daraus resultierenden Schwäche leiden auch die drei Top-Klubs, die regelmäßig ihre besten
Spieler an finanzkräftigere Vereine aus dem Ausland abgegeben müssen. Dieses Beispiel zeigt, dass die
Leistung eines einzelnen „Fußballunternehmens“ auch sehr stark von der Leistungsfähigkeit seines Umfeldes –sprich den anderen an der Liga oder den Pokalwettbewerben beteiligten Fußballunternehmenabhängt.
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geln für die Mannschaften auch den Vereinen eine Menge von Restriktionen auferlegt:
So darf zum Beispiel kein Verein Werbebotschaften auf das Spielfeld malen, eigenmächtig Spieltermine verlegen oder bei Europapokalspielen Stehplätze anbieten, auch
wenn eine Nachfrage nach diesen Maßnahmen bestehen sollte.
Bei der Zusammenstellung seines Spielerkaders ist der Verein ebenfalls eingeschränkt:
Wenigstens zwölf deutsche Spieler müssen unter Vertrag stehen, gleichzeitig sind bei
Spielerwechseln bestimmte Fristen einzuhalten. Dem Anleger muss also bewusst sein,
dass die Performance eines börsennotierten Fußballklubs zum einen auch von der Leistungsfähigkeit seines „Liga-Umfeldes“ abhängt und zum anderen seiner Geschäftstätigkeit durch Regeln und Restriktionen von Seiten des Sportveranstalters enge Grenzen
gesetzt sind. Anleger sollten sich dieser Hindernisse sowie einer sicherlich vorhandenen
gewissen Abhängigkeit vom sportlichen Erfolg bewusst sein und das bei ihrer Investitionsentscheidung/ Renditeerwartung mit einkalkulieren.
Strukturell betrachtet ist der Handel mit Fußball-Aktien sehr stark reglementiert. Für die
Vereine gelten die gleichen hohen Ansprüche in Bezug auf Rechnungslegung und Publizitätsverpflichtung wie für „normale“ börsennotierte Unternehmen am Kapitalmarkt.
8.1 Die Gründe für den Börsengang
Als wesentlicher Punkt für den Gang zur Börse wird ein erhöhter Kapitalbedarf aufgrund mangelhafter Eigenkapitalausstattung angeführt (ZACHARIAS 1999: 111). In
der Tat ist eine Verbesserung der Eigenkapitalstruktur bei den meisten Profivereinen
angeraten. In seiner jüngst veröffentlichten Studie kommt KERN auf Basis vom DFB
bereitgestellter Daten aus dem Lizensierungsverfahren für die Saison 1999/00 zu dem
Ergebnis, dass die Eigenkapitalquote der Vereine aus der 1. Bundesliga zu gering sei
(2002): So war zu diesem Zeitpunkt nur der FC Bayern München schuldenfrei; zwei
weitere Klubs verfügten über mehr eigenes Kapital als sie Schulden hatten. Die restlichen Vereine waren definitiv überschuldet. Die Nettoverschuldung nach Abzug der Barreserven betrug damals schon 374,2 Millionen Euro.
Durchschnittlich betrug der Schuldenstand pro Klub 13,9 Millionen Euro (Median). In
Folge der Kirch-Krise und den damit verbundenen Mindereinnahmen ist davon auszugehen, dass sich diese Zahlen eher noch weiter verschlechtert denn verbessert haben.
Die Verbindlichkeiten der Bundesligisten übersteigen ihr Eigenkapital bei weitem.
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Als mögliche Verwendungszwecke für das durch einen Börsengang eingenommene
neue Kapital nennen BANDOW/ PETERS folgende Bereiche beziehungsweise Maßnahmen (2001: 176ff.):
(1) Kapital zur Verpflichtung neuer Spieler: Der sportliche –und damit auch der
finanzielle- Erfolg eines Vereins hängt sehr stark von der Qualität seines Spielerkaders ab. In Folge des Bosman-Urteils sind die Spielergehälter in den letzten
Jahren deutlich angestiegen, so dass das an der Börse erlöste Kapital dem entsprechenden Verein hilft, den finanzstarken Klubs aus dem In- und Ausland auf
dem Transfermarkt Paroli bieten zu können.
(2) Jugendarbeit: Neben der Verpflichtung teurer Spieler versuchen viele Vereine
auch die eigene Jugendarbeit durch zum Beispiel Nachwuchsinternate zu stärken. Ziel dieser Maßnahme ist es, zumindest einen Teil des Spielerkaders zukünftig aus den Reihen des eigenen Nachwuchses kostengünstig rekrutieren zu
können.
(3) Renovierung, Um- oder Neubau von Stadien: Viele Vereine verfügen über alte, nicht mehr zeitgemäße Stadien. Ein modernes Stadion ist aber die Vorraussetzung, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.
(4) Imagegewinn: Durch den Börsengang erfährt der Verein eine Steigerung seines
Bekanntheitsgrades, was zur Stärkung seines Markennamens mit beitragen kann.
Durch die Stärkung des Markennamens ist eine Steigerung der Einnahmen aus
den Bereichen Sponsoring und Merchandising wahrscheinlich. Allerdings ist im
Falle eines nicht erfolgreichen Börsengangs auch der gegenteilige Fall denkbar.
(5) Zukünftiger Zugang zum Kapitalmarkt: Ein erfolgreicher Börsengang hält
sich die Option offen, den Kapitalmarkt auch in Zukunft in Anspruch nehmen zu
können.
(6) Diversifizierung: Mit dem erlösten Geld von der Börse kann der Verein neue
Geschäftsfelder aufbauen, um sich finanziell gesehen ein Stück weit unabhängig
von Erfolgen im sportlichen Bereich zu machen.
(7) Abbau von Schulden: Auch der Abbau von Altschulden kann ein Grund für
den Gang an die Börse sein. Gerade diesem Punkt sollte man aber eher skeptisch
betrachten: Bisher schlecht geführte Vereine werden in der Regel die von den
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Anlegern gestellten Erwartungen wie Rendite oder die Installierung professionellerer Strukturen kaum erfüllen können.3
8.2 Rechtliche, strukturelle und wirtschaftliche Grundlagen des Börsengangs
Bevor ein Fußballverein den Schritt an die Börse wagen kann, hat er –wie „normale“
Unternehmen auch- gewisse Auflagen zu erfüllen.4
Der erste Schritt stellt dabei die Umwandlung der Rechtsform vom eingetragenen Verein hin zur Kapitalgesellschaft dar. Die Möglichkeit des Rechtsformwechsels für Vereine aus der 1. und 2. Bundesliga besteht in Deutschland erst seit Oktober 1998, als der
DFB seine Statuten diesbezüglich änderte. Allerdings beinhaltet die Neuregelung weiterhin einige Restriktionen, die in erster Linie dazu dienen sollen, die Wettbewerbssituation innerhalb der Ligen nicht zu verzerren (ZACHARIAS 1999: 195ff.): So ist nur eine
Ausgliederung des Lizenzspielerbereichs eines Vereins aus der 1. oder 2. Bundesliga,
dem sogenannten Mutterverein, auf einen externen Rechträger, eine Tochtergesellschaft, vorgesehen.5
Als mögliche Rechtsform für die ausgegliederte Lizenzspielerabteilung stehen gemäss
den DFB-Vorgaben die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie die Aktiengesellschaft (AG) und die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) zur Auswahl.
Die letzten beiden kommen als Publikumsgesellschaft für einen Börsengang in Frage,
während sich die GmbH in erster Linie zur organisatorischen Einbindung von Sponsoren anbietet (BANDOW/ PETERS 2002: 181).
Die Wahl der Rechtsform bleibt den Vereinen überlassen, die entsprechend ihrer jeweiligen Rahmenbedingungen und Ziele die für sie geeignetste Form wählen können. Träger der Bundesligalizenz soll nach dem Willen des DFB die Tochtergesellschaft, also
3
Bestes Beispiel für den misslungenen Versuch, einen Schuldenabbau über den Gang zum Kapitalmarkt
erreichen zu können, ist der Hamburger SV: Anfang der neunziger Jahre gründete der damals mit knapp
zwölf Millionen DM verschuldete Klub eine Vermarktungsgesellschaft, die HSV Sport AG. Ziel der
Maßnahme war ein Verkauf der Anteile an der Vermarktungsgesellschaft und dadurch auch eine Entschuldung des Vereins. Das Konzept entwickelte sich jedoch aus mehreren Gründen heraus zum Flop:
Zum einen waren die Ertragsaussichten der HSV Sport AG aufgrund fehlender „Betriebsmittel“ (die
Lizenzabteilung gehörte weiterhin dem Hauptverein an, da eine Ausgliederung noch nicht erlaubt war)
sehr schlecht, zum anderen war das Wertpapier mit knapp über 1000 DM schlichtweg zu teuer. An der
Börse ist diese „Aktie“ nie gehandelt worden, da sich in Folge der genannten Gründe kein Kreditinstitut
als Emissionsbank betätigen wollte.
4
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Anforderungen des deutschen Kapitalmarkts.
5
Der Lizenzspielerbereich kann –je nach Auslegung des Vereins- neben der Profimannschaft auch die
Amateurmannschaft sowie die A-Jugend beinhalten. Mannschaften ohne regelmäßig entlohnte Spieler
müssen jedoch im Mutterverein verbleiben und dürfen nicht mit ausgegliedert werden. Dieser muss sicherstellen, dass er weiterhin in wesentlichem Umfang das Fußballspielen betreibt.
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die ausgegliederte Lizenzspielerabteilung, sein. Denn erst durch die Lizenz erhält sie die
Grundlage für eigenverantwortliche wirtschaftliche Aktivitäten.
Des weiteren sehen die DFB-Statuten eine Mindestbeteiligung von 50 Prozent der
Stimmanteile zuzüglich einer Stimme des Muttervereins bei der Tochtergesellschaft vor
(„50 % + 1 Regel“).6 7 Die Regelung gilt nicht im Falle der Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien.
Das Ziel dieser Vorgabe liegt auf der Hand: Die Klubs sollen vor möglicherweise das
sportliche Geschehen beeinflussenden Fremdeinflüssen durch Kapitalanleger geschützt
werden und weiterhin „Herr im eigenen Hause“ bleiben. Darüber hinaus sind Beteiligungen des Muttervereins und seiner Tochtergesellschaften an anderen Fußballkapitalgesellschaften aus dem gleichen Grund verboten und werden bei Zuwiderhandlung mit
dem Entzug der Lizenz bestraft. Auch Mehrfachbeteiligungen an Fußballkapitalgesellschaften durch institutionelle Anleger wie zum Beispiel Medienunternehmen oder
Sportartikelhersteller sind nicht gestattet. Die Integrität des sportlichen Wettkampfes
soll dadurch über jeden Zweifel erhaben sein.8
Die Entscheidung für oder gegen eine Rechtsformänderung hat die Mitgliederversammlung des betreffenden Vereines zu beschließen.
Der Wandel der Rechtsform ist nur ein erster, allerdings grundlegender Schritt auf dem
Weg zum Going Public. Hat sich ein Verein dazu entschieden, seine Anteile an der Börse anzubieten, muss er zusätzlich seine technische sowie wirtschaftliche Börsenreife
unter Beweis stellen.
Hinter dem Begriff der technischen Börsenreife verbergen sich zahlreiche gesetzliche
Verordnungen und Vorschriften, die je nach angestrebten Börsensegment teilweise etwas unterschiedlich ausfallen. Die schärfsten Zulassungskriterien werden in Deutschland für das Börsensegment „Amtlicher Handel“ gestellt.
Als wichtigste Kriterien gelten das Alter der Gesellschaft sowie die Vorgabe, dass der
Antrag zur Zulassung zum Börsenhandel zusammen mit einem Kreditinstitut oder Fi6
Dies gilt nur bei der AG und der GmbH. Bei der KGaA können theoretisch auch 100 Prozent der
Anteile veräußert werden, wenn der Mutterverein zwecks Einflusssicherung entweder selbst oder als
alleiniger Anteilseigner einer GmbH als Komplementär (Vollhafter) auftritt (WGZ-BANK 2001: 42).
7
Eine Ausnahme stellen die bereits angesprochenen Vereine Leverkusen und Wolfburg dar: Beide Vereine haben als Rechtsform für die ausgegliederten Lizenzspielerbereiche die GmbH gewählt, um eine organisatorisch verbindliche Integration ihrer Hauptsponsoren zu gewährleisten: Sowohl die Bayer AG als
auch der Volkswagenkonzern unterstützen die genannten Klubs seit einem längeren Zeitraum in einem
finanziell ungewöhnlich starken Ausmaß, so dass der DFB für solche Fälle eine Sonderregelung –die
sogenannte „Lex Leverkusen“- erlassen hat. Als zukünftiger Nutznießer der Regelung käme zum Beispiel
auch der LR Ahlen in Frage.
8
Schiedsrichter dürfen überhaupt keine Aktien von Fußballvereinen besitzen, Spieler nur welche von
dem Klub, bei dem sie gerade unter Vertrag stehen.
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nanzdienstleister gestellt werden muss. Vor allem das Alter ist bei Fußballkapitalgesellschaften problematisch, da zwischen der Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung und
dem Börsengang häufig nur ein sehr kurzer Zeitraum liegt. Die Vereine müssen dann im
nachhinein –von Wirtschaftsprüfern testierte- sogenannte „Pro-Forma-Abschlüsse“ für
die vergangenen Jahre erstellen, um das eigentlich geforderte Mindestalter von drei Jahren zumindest formal noch zu erfüllen (BANDOW/ PETERS 2002: 184). Durch die
gesetzliche Vorgabe, den Zulassungsantrag zusammen mit einem Kreditinstitut oder
Finanzdienstleister zu stellen, soll dem Emittenten ein sachkundiger Partner zur Seite
gestellt werden, der sich dann später auch für den Verkauf der Aktien verantwortlich
zeigt, weshalb man auch von der „Emissionsbank“ spricht.9
Neben der technischen Börsenreife sollte der Verein sinnvollerweise auch wirtschaftliche Vorraussetzungen erfüllen (BANDOW/ PETERS 2002: 186ff.). Dazu gehört unter
anderem ein gewisses Maß an Kontinuität, welches über testierte Jahresabschlüsse
nachzuweisen ist. Zudem sollte der Verein gute wirtschaftliche Ertragsaussichten nachvollziehbar prognostizieren können, um für Anleger überhaupt interessant zu sein. Denn
diese sind in erster Linie an einer Rendite für ihr zur Verfügung gestelltes Kapital interessiert. Deshalb sollte der an die Börse gehende Verein zum Zeitpunkt des Going
Publics auch in der Lage sein, eine Dividende zahlen zu können, ohne sich dabei verschulden zu müssen.
Im organisatorischen Bereich sollte der Klub zudem so aufgestellt sein, dass er über klar
abgegrenzte Zuständigkeitsbereiche und professionelles Personal verfügt und den zukünftigen Bilanzierungspflichten ebenfalls nachkommen kann. Ist die Organisationsstruktur hingegen unübersichtlich, werden potentielle Anleger dies als mögliches Risiko
für den Unternehmensgewinn betrachten und eine Investition möglicherweise scheuen.
Außerdem ist ein Jahresumsatz von knapp 50 Millionen Euro eine ungefähre Zielgröße,
die der Börsenkandidat nicht unterschreiten sollte. Daher ist ein Börsengang längst nicht
für alle Vereine der Bundesliga ein Thema, sondern kommt ernsthaft wohl nur für die
umsatzstärksten Klubs in Frage.
Hat der Börsengang dann stattgefunden, unterwirft sich der Verein –analog zu „normalen“ Unternehmen- je nach Börsensegment variierenden, umfangreichen Bilanzierungsund Publizitätspflichten.
9
Zu weiteren Details siehe ZACHARIAS (1999).
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8.2.1 Vergleich der unterschiedlichen Rechtsformen
Die Wahl der Rechtsform sollte vom Verein mit Weitsicht bedacht werden, da daraus
entsprechende Haftungsansprüche, Publizitätspflichten, Steuerbelastungen und weitere
Verpflichtungen resultieren (WÖHE 2000: 281ff.). Ein erneuter Rechtsformwechsel ist
zwar nicht ausgeschlossen, wäre aber zumindest mit weiteren zusätzlichen Kosten verbunden. Welche Rechtsform für einen Verein die wirtschaftlich und organisatorisch
zweckmäßigste ist, muss daher im Vorfeld sehr sorgfältig abgewogen werden. Die ideale Lösung gibt es natürlich nicht, dennoch ist davon auszugehen, dass von einer adäquaten Rechtsform eine effizienzsteigernde Wirkung ausgeht (ERNING 2000: 202).
Neben der AG, der KGaA und der GmbH haben sich in der Praxis weitere „gesetzlich
nicht vorgesehene Gesellschaftsformen“ im Bereich der Kapitalgesellschaften etabliert
(WÖHE 2000: 313): Bei der GmbH & Co. KGaA sowie der AG & Co. KGaA handelt
es sich um Mischtypen, die aus der Kombination der verschiedenen Gesellschaftsformen entstanden sind.
Tabelle 8.1 gibt einen kurzen Überblick die wichtigsten Merkmale der Gesellschaftsformen:10
Tabelle 8.1: Wesentliche Merkmale der die für die Umwandlung von Fußballvereinen
in Kapitalgesellschaften in Betracht kommenden Gesellschaftsformen im Überblick
Merkmal
Mitglieder/
Mindestgründerzahl
Fungibilität
AG
KGaA
Aktionäre/ 1
phG*: Komplementär, Kdt:
Kommanditaktionäre/ 5
Kommandist: hoch
hoch
GmbH & Co.
KgaA/ AG & Co.
KGaA
phG in der Form
der GmbH, sonst
wie KGaA/ 5
wie KGaA
über die GmbH
durch Begrenzung wesentliche UnterKontrolle der
oder
AG gewährdes
Börsengangs
nehmensentscheiAnteilsmehrheit
Haftung
GmbH
Gesellschafter/ 1
grundsätzlich
gegeben, aber
durch Erfordernis
der notariellen
Beurkundung
erschwert
Satzungsmäßige
Zustimmung zur
Anteilsveräußerung möglich
leistet
(z.B. stimmrechtsdungen von Zulose Aktien)
stimmung des phG
abhängig
auf das Gesellpersönliche Haf- beschränkt auf das beschränkt auf das
schaftsvermögen
tung des phG,
Vermögen der
Vermögen der
beschränkt
ansonsten Gesell- GmbH/ AG bzw.
GmbH
schaftsvermögen
der KGaA
10
Eine ausführlichere Darstellung ist im Rahmen dieser Abhandlung nicht möglich. Für weitere Einzelheiten siehe WÖHE (2000: 279ff.) und ZACHARIAS (1999: 209ff.).
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Beteiligung
Gewinn/Verlust
Stimmrecht
Festlegung der
Dividende/ stille
Reserve durch
Wertsteigerungen
der Aktie/ höhere
Dividende bei
Vorzugsaktien
nach Anteilen/
Vorzugsaktien
ohne
wie bei der AG,
phG erhalten Gewinnanteile und
Tätigkeitsvergütungen
wie KGaA
Ausschüttungen im
Ermessen der
Gesellschafterversammlungen
nach Anteilen,
eingeschränktes
Stimmrecht des
phG in der Hauptversammlung
nein, ausschließlich durch phG
wie KGaA
nach Anteilen
durch GmbH/AG
ja
zwingend
ja
möglich
ja
möglich
Fremdbestimmung
zwingend
zwingend
Aufsichtsrat
ja
ja
Publizität
* = persönlich haftende(r) Gesellschafter
Quelle: WGZ-BANK (2001: 45), leicht geändert
Ein Vergleich der Rechtsformen bezüglich ihrer Eignung zur Erreichung ökonomischer
und organisatorischer Ziele ergibt folgendes Ergebnis:
Tabelle 8.2: Branchenspezifische Ziele und Vorbedingungen der zur Umwandlung von
Fußballvereinen in Kapitalgesellschaften in Frage kommenden Rechtsformen im Vergleich (1= schlechte Zielerreichung, 5= gute Zielerreichung)
Branchenspezifische Ziele und
Vorbedingungen
Eigenkapitalfinanzierung
Platzierungsvolumen
Haftungsbegrenzung
Beibehaltung der Kontrolle: (Einzelziele)
• Aufsichtsrat (Ja/Nein)
• Verbleiben wesentliche Entscheidungen beim Verein (zweifach gewichtet)
Fremdorganschaft in Form eines
professionellen Managements möglich?
Fremdkapitalfinanzierung
Vermeidung von Beteiligungen an
zukünftigen Kapitalmaßnahmen
Summe
AG
KgaA
GmbH & Co. KGaA GmbH
AG & Co. KGaA
4
1
5
1
5
5
4
4
5
3
5
2
4
5
1
4
(3)
(2)
(3)
(5)
(3)
(5)
(5)
(4)
5
1
5
5
4
1
5
5
3
5
1
2
25
25
31
19
Quelle: WGZ-BANK (2001: 46)
Anhand einiger kurzer Ausführungen sollen die in Tabelle 8.2 getroffenen Bewertungen
-zumindest teilweise- noch einmal inhaltlich erklärt werden:
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(1) Eigenkapitalfinanzierung: Dass Fußballvereine aus diversen Gründen (Spielertransfers, Stadionbau) einen hohen Bedarf an finanziellen Mitteln haben, ist im
Verlauf dieser Arbeit bereits hinlänglich gezeigt worden. Auf den ersten Blick
scheint daher die AG die geeignetste Rechtform zur Stärkung der Eigenkapitalquote zu sein (WGZ-BANK 2001: 46).
(2) Platzierungsvolumen: Was hingegen das Platzierungsvolumen der Anteile betrifft, sind die KGaA und die GmbH & Co. KGaA beziehungsweise die AG &
Co. KGaA klar im Vorteil, da bei diesen Rechtsformen theoretisch die kompletten Anteile zum Kauf angeboten werden können, ohne gegen die DFB-Vorgaben
zu verstoßen („50 % + 1 Regel“). Die einzige Bedingung dafür ist, dass der Mutterverein als haftender Komplementär agiert und wesentliche Unternehmensentscheidungen deshalb bei ihm verbleiben. Das Platzierungsvolumen bei der AG
ist hingegen auf knapp unter 50 Prozent beschränkt, da andernfalls eine Fremdbestimmung nicht ausgeschlossen werden kann. Allerdings dürfte aufgrund der
mangelnden Mitspracherechte der Kommanditaktionäre der Preis pro Anteil unter dem einer AG liegen.
(3) Haftungsbegrenzung: Was haftungsrechtliche Aspekte anbelangt, weist die
KGaA die größten Nachteile auf, da der Mutterverein im Falle von Misswirtschaft mit seinem gesamten verbliebenen Vermögen haftet. Bei Mischform
GmbH und Co. KGaA hingegen kann nur die als Komplementär fungierende
GmbH regresspflichtig gemacht werden, die lediglich mit der Einlage der Gesellschafter haftet.
(4) Beibehaltung der Kontrolle: In diesem Punkt weist die AG die schlechteste
Punktzahl bei der Bewertung auf. Wesentliche Entscheidungen bei der AG trifft
der Vorstand, der wiederum indirekt über den Aufsichtsrat von den Aktionären
bestellt wird. Bei Fußball-AG’s kommt jedoch relativierend hinzu, dass der
Mutterverein immer über etwas mehr als 50 Prozent der Anteile verfügen muss.
Bei der KGaA sowie den beiden Mischformen verbleibt die Entscheidungsmacht
entweder beim Mutterverein in seiner Rolle als Komplementär oder bei der Geschäftsführung der GmbH, so dass eine Fremdbestimmung praktisch ausgeschlossen werden kann.
(5) Fremdorganschaft durch ein professionelles Managements: Gerade ein börsennotierter Klub ist zu unternehmerischem Handeln und wirtschaftlichem Denken verpflichtet, ohne das dabei die Interessen der Fans zu kurz kommen. Diese
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schwierige Aufgabe ist am ehesten von einem professionellen Management zu
bewältigen. Die Möglichkeit zur Installation eines solchen Managements ist bei
der AG und den beiden Mischformen gegeben, bei der KGaA hingegen verbleibt
die Geschäftsführung in der Hand des Komplementärs.
(6) Vermeidung der Beteiligung an weiteren Kapitalmaßnahmen: Sollten nach
dem Börsengang weitere finanzielle Mittel erforderlich sein, erweist sich die
Rechtsform der AG als nachteilig: Sollte der Verein bereits die Maximalzahl
von knapp unter 50 Prozent seiner Anteile veräußert haben, muss er sich an einer Kapitalerhöhung selbst beteiligen, da er aufgrund der DFB-Vorgaben keine
weiteren Anteile zum Kauf anbieten darf.
Als Fazit dieser Überlegungen erscheint die GmbH & Co. KGaA oder die AG & Co.
KGaA als optimale Rechtsform für eine einen Börsengang beabsichtigende Fußballkapitalgesellschaft. Ist ein Börsengang hingegen kein Thema, sondern sollen Sponsoren
und Investoren institutionell stärker eingebunden werden, bietet sich die GmbH an.
8.3 Börsenerfahrungen ausländischer Klubs
Im Jahr 1983 wagte mit dem Londoner Klub Tottenham Hotspur der erste Fußballverein
den Gang an die Börse. Und er blieb es auch relativ lange, denn erst 1987 tat es ihm der
dänische Klub Bröndby Kopenhagen gleich.
Mittlerweile werden die Anteile von 38 europäischen Fußballvereinen an der Börse oder
auf anderen Kapitalmärkten gehandelt: Spitzenreiter in dieser Kategorie ist Großbritannien, das Mutterland des modernen Fußballs, mit 23 börsennotierten Klubs (England 19,
Schottland 4). Die restlichen Vereine verteilen sich auf Dänemark (6), Italien (3), Portugal (2), die Türkei (2), sowie auf Deutschland und die Niederlande (jeweils 1).
Die Bilanz der an der Börse gehandelten Klubs fällt zur Zeit sehr negativ aus: Von den
38 Fußballkapitalgesellschaften notierten zum 30.08.2002 lediglich die Aktien von drei
Vereinen über dem Emissionspreis (WGZ-BANK 2002: 9).11 Darunter war natürlich
auch das Wertpapier des Branchenführers Manchester United, der zu Zeiten seines absoluten Höchststandes im März 2000 eine Verzwanzigfachung des Wertes seiner Aktie
gegenüber des Ausgabekurses vorweisen konnte (WGZ-BANK 2002: 13).
11
Die Performance von Fußballaktien war nicht immer so dürftig (siehe ZACHARIAS 1999 oder WGZBANK 2001). Die momentanen Kursverluste hängen zu einem nicht unwesentlichen Teil auch mit der zur
Zeit eher schlechten Stimmung auf den Kapitalmärkten und der Finanzkrise im gesamten europäischen
Fußball zusammen.
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Während Manchester United den Wandel vom Verein zum Unternehmen nahezu vollständig bewältigt hat –der Klub wird mittlerweile im FT-SE 250 Index berücksichtigtin dem die 250 führenden, in London gelisteten Unternehmen vertreten sind, machen
die übrigen börsenotierten Fußballkapitalgesellschaften in letzter Zeit hauptsächlich
durch hohe Kursverluste von sich reden. In Einzelfällen mussten sich Klubs auch wieder vom Kapitalmarkt zurückziehen.12
Tabelle 8.3: Performance ausgewählter börsennotierter Fußballvereine im Vergleich
(Stand 18.12.2002)
Manchester United
England
1.
1991
Veränderung gegenüber dem Ausgabekurs
+530 %
Bröndby Kopenhagen
Dänemark
1.
1987
+29 %
Tottenham Hotspur
England
1.
1983
+26 %
Juventus Turin
Italien
1.
2001
-55 %
Ajax Amsterdam
Niederlande
1.
1998
-65 %
FC Chelsea
England
1.
1996
-66 %
Preston North End
England
2.
1995
-70 %
Leeds United
England
1.
1996
-73 %
AS Rom
Italien
1.
2000
-74 %
Lazio Rom
Italien
1.
1998
-75 %
Sheffield United
England
2.
1997
-86 %
Aston Villa
England
1.
1997
-89 %
Verein
Land
Liga
an der
Börse seit
Quelle: Eigene Recherche und Berechnung
Obwohl es natürlich sehr schwierig ist, pauschal Aussagen über die Gründe für die
schlechte Börsenperformance von Fußballkapitalgesellschaften zu machen, soll zumindest der Versuch gemacht werden. Basierend auf den Ergebnissen der WGZ-BANK, die
regelmäßig eine Studie zur Entwicklung von Fußballaktien erstellt, sind vor allem die
folgenden Gründe –neben dem zur Zeit schlechten Börsenklima- als Hauptursache für
den bisherigen Kursverfall auszumachen (2001, 2002):
12
Zuletzt ereilte dieses Schicksal die beiden englischen Zweitligaklubs Nottingham Forrest und die
Queens Park Rangers.
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(1) Unzureichende wirtschaftliche Kompetenz im Management der Vereine: So
haben viele Klubs in einem Börsengang die Chance gesehen, relativ leicht an
frisches Kapital zu kommen. Die daraus resultierenden Folgekosten und Pflichten sind jedoch meist unberücksichtigt geblieben: Die notwendige Kommunikation mit dem Kapitalmarkt (Stichwort „FC No Comment“) hat ebenso wenig
stattgefunden wie eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Geschäftspolitik. Statt nach
der „Steine und Beine“-Strategie zu verfahren, die neben dem Kauf von Spielern
auch Investitionen sowohl in die organisatorische Infrastruktur als auch in neue,
nicht unmittelbar mit dem sportlichen Erfolg verbundene Geschäftsfelder vorsieht, ist das aus dem Börsengang stammende Kapital vielerorts ausschließlich
in Spielstärke investiert worden.
(2) Mangelnde sportliche Leistungsfähigkeit der Klubs: Der sportliche Erfolg
determiniert –auch bei Diversifizierung der Geschäftsfelder- maßgeblich die finanziellen Einnahmen. Vor allem in England haben viele Vereine den Gang an
die Börse gewagt, deren sportliches Leistungspotential dafür eigentlich als nicht
ausreichend zu bewerten war: Gemeint sind die unterklassigen Teams und die
sogenannten „Fahrstuhlmannschaften“ wie zum Beispiel Manchester City, die
Bolton Wanderers oder der FC Millwall, die ständig durch Auf- oder Abstieg
zwischen den Ligen hin und her pendeln und deren wirtschaftliche Erträge und
folglich auch deren Aktienkurse sich ähnlich volatil entwickeln.
Insgesamt trat ein deutlicher Zusammenhang zwischen sportlichen Kriterien wie
Auf- oder Abstieg sowie der Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb (vor
allem an der Champions League) und dem Kursverlauf der Aktien zu Tage. In
der Regel waren sportlich konstant erfolgreich agierende Klubs weniger stark
von Kursverlusten betroffen als erfolglose Teams.
Ausgehend von diesen Ergebnissen folgert die WGZ-BANK, dass ein Börsengang eigentlich nur für solche Vereine in Frage kommt, die sich in der nationalen Spitze etabliert haben und regelmäßig um die Meisterschaft oder zumindest
um die Teilnahme zur Champions League mitspielen.
Aufgrund der angespannten Lage auf den Kapitalmärkten und der bisher eher mäßigen
Performance der Fußballaktien ist in naher Zukunft kaum mit weiteren Börsengängen
von Fußballkapitalgesellschaften zu rechnen.
Seite 149
Der Kapitalmarkt
8.4 Der erste deutsche Klub an der Börse: Die Borussia Dortmund
GmbH & Co. KGaA
Am 31. Oktober 2000 wurde mit der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA die erste
Aktie eines deutschen Fußballclubs in den amtlichen Handel der Frankfurter Wertpapierbörse aufgenommen.13
Knapp ein Jahr zuvor hatte die Mitgliederversammlung des Vereins mit großer Mehrheit der Ausgliederung der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftstätigkeiten auf
eine Kapitalgesellschaft zugestimmt und damit den Weg für den Börsengang geebnet.
Im April wurden daraufhin neben der Profimannschaft auch das Amateurteam, die AJugend-Mannschaft
sowie
die
in
der ersten
Bundesliga
spielende
Damen-
Handballmannschaft auf die neu gegründete Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA
übertragen (SCHEWE 2002: 168).
Die Struktur des Konzerns Borussia Dortmund und die daraus resultierenden Verpflichtungen und Befugnisse sind für eine Kapitalgesellschaft recht ungewöhnlich.
Das Herzstück des Konzerns ist die bereits erwähnte Borussia Dortmund GmbH & Co.
KGaA (siehe Abbildung 8.1). Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 19,5 Millionen
Euro und ist auf die gleiche Anzahl von auf den Inhaber laufenden Stammaktien ohne
Nennbetrag, die sogenannten Stückaktien, aufgeteilt.
Von diesen 19,5 Millionen Aktien wurden 13,5 Millionen Aktien im Rahmen des Going
Public an der Börse platziert, was in etwa 69,2 Prozent der Gesellschaftsanteile entspricht. Die übrigen 30,8 Prozent der Kommanditanteile verblieben beim Mutterverein.
So weit ist das noch nichts ungewöhnliches.
Als Komplementär der Kommanditgesellschaft fungiert eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Borussia Dortmund Geschäftsführungs GmbH (Stammkapital
30.000 Euro). Sie ist nicht am Gesellschaftskapital beteiligt und zu 100 Prozent im Besitz des Muttervereins, dem Ballspielverein Borussia 09 e.V. Dortmund. Ihr obliegt
auch die alleinige Geschäftsführung der GmbH & Co. KGaA. Von einem persönlich
haftenden Gesellschafter kann deshalb eigentlich nur formal die Rede sein.14
13
Der Autor der vorliegenden Arbeit ist neben einer passiven Mitgliedschaft auch Aktionär bei Borussia
Dortmund: Es handelt sich dabei allerdings nur um eine sogenannte „Schmuckaktie“, die gerahmt über
dem Schreibtisch hängt und eher aus emotionalen denn aus ökonomischen Aspekten heraus erworben
wurde. Für die Zukunft ist kein weiterer Kauf von Aktien des Vereins geplant.
14
Normalerweise haftet der Komplementär als Ausgleich für seine uneingeschränkte Geschäftsführungskompetenz auch unbeschränkt persönlich. Das ist im Falle der GmbH & Co. KGaA, die vom Bundesgerichtshof erst 1997 anerkannt wurde, nicht der Fall (SCHEWE 2002: 170).
Seite 150
Der Kapitalmarkt
Abbildung 8.1: Die Konzernstruktur von Borussia Dortmund
Ballspielverein
Borussia 09 e.V. Dortmund
Streubesitz
100 %
30,8 %
Borussia Dortmund
Geschäftsführungs GmbH
69,2 %
Kommanditaktionäre
0%
100 %
Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA
100 %
goool.de
Sportswear
GmbH
75 %*
Westfalenstadion
Dortmund
GmbH & Co.
KG
51 %
B.E.S.T.
Borussia
Euro Lloyd
Sports Travel
GmbH
50 %
Sports &
Bytes
33,4 %
Orthomed
GmbH
* = Zum 01.01.2003 wurde der Anteil komplett an einen Investor verkauft.
Quelle: SCHEWE (2002: 169), BVB (2002b)
Auffällig ist die weiterhin dominierende Stellung des Muttervereins beziehungsweise
seiner Mitglieder: Sie bestimmen indirekt über die Wahl des Vorstandes darüber, wer
Mitglied der Geschäftsführungs GmbH wird und damit auch wie die Borussia Dortmund GmbH und Co. KGaA geführt wird.
Die Einnahmen aus dem Börsengang wurden gemäß der „Steine und Beine“-Strategie
verwendet: Weit mehr als 50 Millionen Euro sind in die Transfers von Spitzenspielern
wie Rosicky, Amoroso und Koller geflossen, der übrige Teil des Geldes ist in eine Verbesserung der Infrastruktur und den Aufbau neuer, fußballnaher Geschäftsfelder verwendet worden. So verfügt der Konzern über zahlreiche Tochtergesellschaften, an denen er unterschiedlich stark beteiligt ist (BVB 2002a: 22ff.):
(1) Die goool.de Sportswear GmbH, die neben den Mannschaften von Borussia
Dortmund mittlerweile auch andere Teams ausrüstet und eine neutrale Sportkollektion auf den Markt gebracht hat. Im Geschäftsjahr 2001/02 erreichte goool.de
einen Umsatz von 4,9 Millionen Euro und erzielte dabei einen Gewinn von
Seite 151
Der Kapitalmarkt
110.600 Euro.15 Begünstigt wurde das positive Ergebnis durch das positive
sportliche Abschneiden, das auch den Fanartikelverkauf steigerte.
(2) Die Westfalenstadion Dortmund GmbH & Co. KG. Das Westfalenstadion ist eine hochmoderne und attraktive Spielstätte, in der neben Fußballspielen auch
Seminare und Kongresse veranstaltet werden. Darüber hinaus ist das Stadion
auch Spielstätte bei der Weltmeisterschaft 2006. Zum 1. Januar 2003 erwarb
-recht überraschend- die Molsiris Vermietungsgesellschaft mbH & Co. sowohl
die Stadionanteile der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA als auch die der
übrigen Eigentümer (BVB 2002b).
Aus dem Deal, der als Leasing-Geschäft geplant ist, erlöste Borussia Dortmund
75,4 Millionen Euro: Knapp 47,5 Millionen Euro werden in einem verzinsten
Depot angelegt, der Rest des Geldes wird dem operativen Geschäft zugeführt.
Borussia Dortmund hat nun laut Vertrag einen jährlichen Pachtzins von 12,6
Millionen Euro für die uneingeschränkte Nutzung des Stadions zu zahlen, dem
gegenüber stehen kalkulierte Einnahmen von 16,2 Millionen Euro pro Jahr. Zum
31. Dezember 2017 kann Borussia Dortmund das dann schulden- und lastenfreie
Stadion für einen festgeschriebenen Kaufpreis von knapp 75,5 Millionen Euro
zurückkaufen. Bezahlt werden kann die nicht unbeträchtliche Summe mit dem
verzinsten Geld aus dem Depot, welches bis dahin auf diesen Betrag angewachsen sein sollte.
Ziel der Maßnahme ist zum einen die langfristige Finanzierung der zur Zeit noch
im Bau befindlichen dritten Ausbaustufe des Westfalenstadions, zum anderen
eine Stärkung der Liquidität sowie die Erzielung der gesamten Einnahmen aus
dem Stadionbetrieb und langfristig den vollständigen Erwerb. Im abgelaufenen
Geschäftsjahr erwirtschaftete die Westfalenstadion GmbH & Co. KG Umsatzerlöse von 10,6 Millionen Euro, wobei aber aufgrund laufender Finanzierungsaufwendungen ein Minus von 600.000 Euro zu beziffern war.
(3) Zusammen mit dem Reiseveranstalter Euro Lloyd betreibt Borussia Dortmund in
der Dortmunder Innenstadt ein Reisebüro. Neben Reisen für die Mannschaft,
Fans und Sponsoren, etabliert sich das Büro zunehmend auch im Firmenkundengeschäft. Der Umsatz des abgelaufenen Geschäftsjahres betrug 1,9 Millionen
Euro bei einem Gewinn von 64.000 Euro.
15
Das Geschäftsjahr der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA beginnt jeweils am 01.07. eines Jahres
und endet folglich am 30.06..
Seite 152
Der Kapitalmarkt
(4) Die Sports&Bytes GmbH, die Internetauftritte entwickelt und vermarktet. Zu
den bisherigen Kunden zählen neben Borussia Dortmund selbst vor allem andere
Sportvereine. Im Geschäftsjahr 2001/02 wurden zwar Umsätze in Höhe von
900.000 Euro erzielt, insgesamt wurde aber mit einem Verlust von 400.000 Euro
abgeschlossen. Inwieweit dieses Ergebnis mit der zur Zeit anhaltend schwierigen Lage im Bereich der Internetvermarktung zusammenhängt, wird sich wohl
erst in Zukunft zeigen.
(5) Borussia Dortmund verfügt über 33,4 Prozent der Anteile an der Orthomed
GmbH, einem auf Leistungssportler spezialisierten Rehabilitationszentrum in
Dortmund, welches neben den Spielern von Borussia unter anderem auch die
Sportler des Olympiastützpunktes Westfalen zu seinen Kunden zählt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr brachte die Beteiligung einen Gewinn von 17.500 Euro
ein.
Mit Hilfe der Diversifizierung der Geschäftsfelder soll der wirtschaftliche Erfolg des
Konzerns ein Stück weit unabhängig werden von der sportlichen Performance der Lizenzspielermannschaft. Aktuell machen die wirtschaftlichen Aktivitäten um die 10 Prozent am Gesamtumsatz aus, mittelfristig soll dieser Anteil auf 30 Prozent gesteigert
werden (BVB 2002a: 59).
Allerdings sind solche Diversifizierungsmodelle auch nicht ganz unumstritten: So droht
zum einen die Gefahr, sich sprichwörtlich zu „verzetteln“, weil man den Bereich der
eigenen Kernkompetenz verlässt und sich auf „unbekanntes Gebiet“ begibt. Zum anderen kann es aufgrund von Quersubventionierungen dazu kommen, das zu lange an unrentablen Unternehmungen festgehalten wird (DAHLKE/ ROTT 2001: 10).
Der Gesamtumsatz des Konzerns Borussia Dortmund lag im Geschäftsjahr 2001/02 bei
150,4 Millionen Euro, was eine Steigerung von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Neben der Steigerung des Gesamtumsatzes konnte diesmal auch ein Gewinn von
755.350 Euro erwirtschaftet werden, nachdem im Vorjahr noch ein Verlust von 10,9
Millionen Euro zu Buche stand (BVB 2002a: 65).16
Insgesamt sind laut Bilanzstruktur die langfristigen Verbindlichkeiten fast vollständig
durch Eigenkapital ausgeglichen (BVB 2002a: 21).
16
Hiefür sind wohl hauptsächlich die Kosten des Going Public verantwortlich.
Seite 153
Der Kapitalmarkt
8.4.1 Der Kursverlauf der Aktie
Trotz der wirtschaftlich zufriedenstellenden Situation von Borussia Dortmund hat die
Aktie den Anlegern bislang noch keine rechte Freude bereitet.
Abbildung 8.2: Der Kursverlauf der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA von Oktober 2000 bis Dezember 2002 in Euro (mit Trendlinie)
10
8
6
4
2
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De
tob
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02
02
Ok
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tob
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00
00
0
Quelle: Eigene Recherche
Schon der Start war wenig verheißungsvoll: Betrug der Emissionspreis des Wertpapiers
noch elf Euro, so hatte sich der Kurs bereits am Ende des ersten Handelstages auf knapp
10 Euro verringert. Danach folgte eine ziemlich rasante Talfahrt, die nur zweimal kurzfristig gestoppt schien.
Bisher zumindest scheint kein besonders starker Zusammenhang zwischen dem Kurs
der Aktie und sportlichen Ereignissen zu bestehen. Der Verein war seit dem Börsengang
–von einigen wenigen Ausnahmen wie dem regelmäßigen frühen Scheitern im DFBPokal- sportlich recht erfolgreich. Die Saison 2000/01 wurde als Dritter abgeschlossen,
die anschließende Qualifikation zur Champions League wurde geschafft. Aber selbst im
Mai 2002, als Borussia Dortmund zum sechsten Male Deutscher Meister wurde –und
sich somit direkt für die Champions League qualifizierte- und das UEFA-Cup-Finale
erreichte, reagierte die Aktie nur kurzfristig mit einem kaum sichtbaren Ausschlag nach
oben, um danach den schon am Börsenstart eingeschlagenen Abwärtstrend weiter fortzusetzen. Es hat den Anschein, als ob negative sportliche Ergebnisse –wie zum Beispiel
das Ausscheiden aus der Champions League Ende Oktober 2001- viel langfristigere
Auswirkungen auf den Kurs haben als positive Ereignisse.
Seite 154
Der Kapitalmarkt
Obwohl Borussia Dortmund im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2001/02 den wirtschaftlichen „Turnaround“ geschafft hat, erreichte die Aktie Mitte Dezember des Jahres 2002
einen neuen Tiefststand: Der Kurs beträgt nur noch knapp drei Euro, die Aktie hat also
mehr als 70 Prozent gegenüber dem Emissionskurs eingebüßt. Der Unternehmenswert
beträgt bei diesem Aktienkurs nur noch rund 58,5 Millionen Euro, also nur noch knapp
ein Drittel des Jahresumsatzes.
Die WGZ-BANK, selbst im Besitz der Aktie, hält die Borussia Dortmund GmbH dagegen für deutlich unterbewertet: Sie schätzt den momentanen Wert des Unternehmens
auf 235 Millionen Euro (WGZ-BANK 2002: 37).17
Solche Prognosen nützen den Aktionären recht wenig, ihnen bleibt –neben dem Verkauf
des Wertpapiers- nur die Hoffnung auf bessere Zeiten.
8.4.1.1 Ursachen für die schlechte Performance der Aktie
Als mögliche Ursachen für den Kursverfall kommen –unter anderem- folgende Aspekte
in Frage:
(1) Angespannte Lage auf den Kapitalmärkten: Die Aktie von Borussia Dortmund ist längst nicht das einzige Wertpapier, das in den letzten zwei Jahren
massive Kursverluste zu beklagen hatte. Das Segment „Neuer Markt“, noch vor
kurzem der Hoffnungsträger schlechthin, ist in Folge von Insolvenzen und extremer Kursverluste der dort gelisteten Unternehmen aufgelöst worden. Auch
der DAX, ein Index der 30 wichtigsten Werte, die an der Frankfurter Börse gehandelt werden, hat in den letzten beiden Jahren um knapp 60 Prozent nachgegeben.
(2) Unsichere Fernseheinnahmen: Der größte Posten auf der Einnahmenseite von
Borussia Dortmund sind die nationalen und internationalen Fernsehgelder.
Durch die Insolvenz von Kirch und die dadurch notwendig gewordene Neuverhandlung der deutschen Fernsehgelder musste Borussia Dortmund bereits Einbußen gegenüber dem bisherigen Vertrag in Kauf nehmen. Auch in der Champions League ist ab der Spielzeit 2003/04 aufgrund des geänderten Modus und der
Probleme der Fernsehsender bei der Refinanzierung mit sinkenden Einnahmen
zu rechnen.
17
Die Schätzung setzt sich aus drei Teilen zusammen: Der Mannschaft, deren Wert auf 140 Millionen
Euro taxiert wird, sowie der Beteiligung am Stadion (65 Millionen Euro) und dem Markenwert Borussia
Dortmund (30 Millionen Euro).
Seite 155
Der Kapitalmarkt
(3) Mangelnde Erfahrung der Anleger mit Fußballaktien: Borussia Dortmund
ist der erste börsennotierte Verein in Deutschland. Daher liegen noch keine verlässlichen Erfahrungswerte über die zu erwartende Performance von deutschen
Fußballkapitalgesellschaften vor. Ebenfalls abschreckend ist die –sowohl für den
Verein als auch für den Anleger- relativ geringe Prognosemöglichkeit in Bezug
auf die sportliche Leistung der Mannschaft, die wiederum zu einem wesentlichen Teil die wirtschaftlichen Erträge bestimmt.
(4) Keine Dividendenzahlungen: Bisher hat die Borussia Dortmund GmbH & Co.
KGaA ihren Aktionären noch keine Dividenden gezahlt. Die meisten Aktionäre
haben mit der Aktie noch keinen Cent Gewinn gemacht, es sei denn, sie haben
günstig gekauft und die kurzen Aufschwungphasen zum Verkauf genutzt. Bei
einer derart schlechten Renditeerwartung –weder Kursgewinne noch Dividendeist es nicht verwunderlich, wenn Anleger die Aktie meiden und in vermeintlich
ertragreichere Werte investieren.
Zudem fehlt es den Fußballaktien gerade in Deutschland noch an Akzeptanz. Sie
werden vielfach noch belächelt und eher als ein Merchandisingartikel denn als
eine Wertanlage betrachtet.
(5) Verkauf großer Aktienpakete durch die Deutsche Bank: Die Deutsche Bank
hatte als Konsortialführer des Börsengangs mit knapp 24 Prozent einen nicht
unbeträchtlichen Teil der Aktien erworben, um den Kurs zu stützen. Seit einem
Wechsel an der Führungsspitze der Bank werden diese Anteile kontinuierlich
abgebaut, was den Kurs natürlich weiter nach unten drückt, da bei dem recht geringen Handelsvolumen der Aktie das Angebot deshalb größer ist als die Nachfrage (MAUERER 2002).
(6) Ungünstige Governance-Struktur aus Sicht der Anleger: Der Aktionär hat
bei der gewählten Rechtsform der GmbH & Co. KGaA praktisch keine Eingriffsmöglichkeiten: Der Geschäftsführungs GmbH obliegt als Komplementärin
die alleinige Geschäftsführung auf Dauer. Selbst ein Widerspruchsrecht bleibt
den Aktionären versagt (BVB 2000: § 6). Auch der von der Aktionärshauptversammlung der GmbH & Co. KGaA gewählte Aufsichtsrat bleibt weitestgehend
machtlos, da nur Vereinsgremien die Mitglieder der Geschäftsführung bestellen
oder abberufen können (SCHEWE 2002: 169ff.). Die Geschäftsführung rekrutiert sich weitestgehend aus dem Vorstand des Muttervereins und ist deshalb –
wenn auch indirekt- nur vom Veto der Mitgliederversammlung abhängig. Es
Seite 156
Der Kapitalmarkt
steht daher aus Anlegersicht zu befürchten, dass es zu einer Vernachlässigung
der Interessen der Kapitalgeber (Rendite) zu Gunsten der Interessen der Vereinsmitglieder (sportlicher Erfolg) kommt. Selbst wenn ein Aktionär 100 Prozent der Anteile besitzen sollte, kann er auf die Geschäftsführung keinerlei Einfluss nehmen.
Den Aktionären ist es deshalb angeraten, neben der Aktie auch die Mitgliedschaft beim Mutterverein zu erwerben, um so ihren Forderungen Nachdruck verleihen zu können.
8.5 Fußballaktien: Nur etwas für Fans?
Wie die bisherigen Ausführungen gezeigt haben, ist das „Fußball-Business“ ein Wirtschaftsbereich mit einigen Besonderheiten: Dies betrifft nicht nur das Produkt selbst,
welches stets nur durch die Koproduktion zumindest zweier Sportunternehmen erstellt
werden kann, sondern auch das durch zahlreiche Vorgaben seitens der Sportveranstalter
reglementierte Wirtschaftsumfeld. Man denke nur an das Bosman-Urteil oder die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte.
Diese Besonderheiten wirken sich natürlich auch auf die Wertpapiere von Fußballkapitalgesellschaften aus und sollten daher vor dem Kauf vom Anleger miteinkalkuliert
werden. Die Performance einer Fußballaktie kann noch schwieriger prognostiziert werden als die eines „normalen“ Unternehmens, weil die sportliche Leistung einer Mannschaft, welche wiederum maßgeblich die wirtschaftlichen Erträge determiniert, trotz
bester Planung auch immer ein Stück weit vom Zufall abhängig ist.18 Aus dem Grund
bringt die WGZ-BANK auch die Sportwette als Alternative zum Kauf von Fußballaktien ins Gespräch (2002: 11).
Die momentane Kursentwicklung der Fußballkapitalgesellschaft scheint ebenfalls nicht
dazu angetan, Vertrauen bei potentiellen Anlegern zu erwecken.
Trotz allem sollte man nicht vorschnell den Stab über die Fußballaktien brechen. Als
alleinige Anlage sind sie sicher nicht zu empfehlen, zur Risikostreuung im Portfolio
jedoch durchaus geeignet.
18
Bestes Beispiel dafür ist der FC Bayern München, der in der Saison 2002/03 mit Ballack und Zé Roberto nochmals verstärkt, völlig überraschend bereits in der ersten Gruppenphase der lukrativen Champions
League ausgeschieden ist und nun Mindereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe zu beklagen hat.
Seite 157
Der Kapitalmarkt
Fußball war ein Wachstumsmarkt und wird es in Zukunft aller Wahrscheinlichkeit nach
auch wieder werden. Obwohl viele deutsche und europäische Klubs aktuell mit Finanzproblemen zu kämpfen haben, bleibt die Massenanziehungskraft des Sports davon weitestgehend unberührt und damit die Basis für weiteres Wachstum gegeben. Mit der notwendigen Zunahme an Professionalität im Management der Klubs sollten auch die Interessen von Kapitalgebern eine stärkere Berücksichtigung finden als das bisher häufig
der Fall gewesen ist.19
Diese Aussage gilt es aber nicht als pauschal zu interpretieren: Entscheidend ist –wie
bei jedem anderen Aktie auch- das Unternehmen, welches dahinter steht: Dessen fundamentale Wirtschaftsdaten sollten in Ordnung sein, es sollte über ein fähiges Management sowie ein auf Nachhaltigkeit ausgelegtes, sinnvolles Geschäftskonzept verfügen.20
Sind diese Vorgaben erfüllt, ist die Aktie beileibe nicht nur etwas für Fans, sondern
auch für Anleger interessant. Sie erfordert nur halt ein wenig mehr Phantasie und einen
„längeren Atem“, schließlich sind Fußballaktien keine „normalen“ Aktien und werden
es wohl auch nie werden.
Sind die Vorgaben hingegen nicht erfüllt, wird das Wertpapier aller Wahrscheinlichkeit
nach ein Flop.
8.6 Weitere Formen der Kapitalbeschaffung
Neben dem Verkauf von Anteilen an der Börse gibt es noch weitere Möglichkeiten zur
Beschaffung von finanziellen Mitteln über den Kapitalmarkt. Auch die Vereine aus der
Fußball-Bundesliga werden zunehmend kreativer, wenn es darum geht, die zahlreichen
Finanzierungsinstrumente zu nutzen.
Der FC Bayern München beteiligte seinen langjährigen Ausrüster, den Sportartikelhersteller Adidas-Salomon, mit zehn Prozent an seiner neugegründeten AG und kassierte
dafür 75 Millionen Euro. Adidas-Salomon erhält dafür als Gegenleistung eine jährliche
Dividendenzahlung und würde auch bei dem schon häufig angedachten Börsengang der
FC Bayern München AG, der auf absehbare Zeit aber wohl kein mehr Thema ist, partizipieren.
19
Vor allem muss es gelingen, die sich in den letzten Jahren zum Kostentreiber entwickelten Spielergehälter wieder auf ein erträgliches Maß zurück zu fahren.
20
Ein solches Konzept könnte unter anderem in der Diversifizierung der Geschäftsfelder sowie der Modernisierung der Infrastruktur bestehen. Zudem sollte es auf realistischen Prognosen bezüglich der für die
Zukunft zu erwartenden Einnahmen basieren. Eine Ideallösung gibt es jedoch –wie so oft- nicht, jeder
Verein muss das im Rahmen seiner Möglichkeiten für sich beste Konzept finden.
Seite 158
Der Kapitalmarkt
Es müssen nicht immer nur Anteile sein, die zu Geld gemacht werden. Der FC Schalke
04 erlöste 85 Millionen Euro durch eine Anleihe bei amerikanischen und britischen Investoren (HANDELSBLATT 2002). Der Verein, der das Geld unter anderem für den
infrastrukturellen Ausbau des Geländes rund um seine Arena „AufSchalke“ verwenden
will, verpflichtet sich im Gegenzug bis 2026 jährlich zwischen acht und neun Millionen
Euro von seinen Zuschauereinnahmen an die Kapitalgeber abzuführen.
Dieses in der Finanzwelt als „Asset Backed Securization“ bezeichnete Geschäft birgt
aber auch gewisse Gefahren in sich: Gerade in Zeiten der durch die Kirch-Krise ausgelösten Finanzkrise im deutschen Profifußball stellen für einen Verein wie den FC
Schalke 04, der sich der Treue und Loyalität seiner Fans sicher sein kann und dessen
Heimspiele deshalb stets ausverkauft sind, die Zuschauereinnahmen die einzige wahre
Konstante dar. Sollte der Klub weiteres Kapital benötigen, könnte es schwierig werden,
da die sicherste Einnahmequelle bereits verpfändet ist.
Bisher sind Borussia Dortmund, der FC Bayern München und der FC Schalke 04 im
Bezug auf die Finanzierung ihrer Unternehmen noch Vorreiter. Es ist aber davon auszugehen, dass weitere Vereine diese Beispiele nachahmen und die vom Kapitalmarkt bereitgestellten Finanzierungsinstrumente nutzen werden.
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„Auf welchen Gesetzestafeln steht gemeißelt, dass Fußballer Millionen im Jahr verdienen müssen? Wer verlangt, dass Fußballvereine sich in der Außendarstellung gebärden
müssen wie Großkonzerne oder Fürstenhäuser? Wie eine Genossenschaft von Hochstaplern hat sich die Fußball-Branche in Europa in den letzten Jahren eine Scheinwelt
aufgebaut. Finanziert wurde das brüchige Imperium von Fernsehleuten, die nicht mehr
alle Tassen im Schrank hatten und jetzt selber vor dem Ruin stehen. Der verscherbelte
Fußball –allen Warnungen zum Trotz sägt er immer noch weiter am Ast, auf dem er
sitzt.“
Ulrich Homann, Sportjournalist
(zitiert aus HOMANN 2002)
„Der Profifußball ist mehr als eine Wirtschaftsbranche unter anderen, er ist der Inbegriff akzeptierter Globalisierung –und Europäisierung: Fußball ist eines der wenigen
globalen Phänomene, bei denen die USA keine führende Rolle spielen. Was in den
Netzwerken der großen Unternehmen als Tendenz angelegt ist, ist im Profifußball Realität: Ein globaler Arbeitsmarkt, ein globales Publikum, ein globales Produkt, das unter
global geltenden Regeln erzeugt wird. Der Profifußball ist eine Zukunftsbranche par
excellence. Er unterliegt aber wie andere Zukunftsbranchen den Krisen der Globalisierung –wie die derzeitigen Probleme des europäischen Profifußballs zeigen.“
(zitiert aus EHRKE/ WITTE 2002:1)
Fazit und Ausblick
Seite 160
Fazit und Ausblick
9. Fazit und Ausblick
Das als Dienstleistung zu charakterisierende Gut „professioneller Fußball“ wird in vielfältiger Weise durch Kombination mit anderen Leistungen „aufbereitet“. Dadurch erst
wird es marktfähig und auf entsprechenden Märkten verkauft. Die daraus resultierenden
Erlöse werden dann von den Vereinen wieder zur Refinanzierung ihrer Ausgaben
verwendet.
Durch geschickte Vermarktung und Kommerzialisierung konnten die Einnahmen beträchtlich gesteigert werden, so dass die 18 Vereine der 1. Bundesliga bereits in der
Spielzeit 1999/00 einen Gesamtumsatz von über einer Milliarde DM verzeichnen konnten.
Als eine wesentliche Erkenntnis der Arbeit bleibt festzuhalten, dass die verschiedenen
Vermarktungsformen nicht losgelöst von einander zu betrachten sind, sondern in Wechselwirkung zueinander stehen. So hängt zum Beispiel die Höhe der Erlöse aus dem
Sponsoring-Bereich indirekt auch mit der Präsenz des Fußballs in den Medien und den
Zuschauerzahlen in den Stadien ab: Hohe Werte in den beiden letztgenannten Bereichen
implizieren eine große Popularität der Sportart, welche sie wiederum als Werbeträger
interessant erscheinen lässt.
Daher ist es sinnvoll, die verschiedenen Vermarktungsformen als Teil-Märkte zu betrachten. In den letzten zehn Jahren hat dabei der Markt für Fernsehrechte aufgrund der
dort erzielten massiven Umsatzzuwächse die Rolle des „Leit-Marktes“ eingenommen:
Analog zu den steigenden Erlösen aus der Fernsehvermarktung sind die Einnahmen auf
den anderen Märkten ebenfalls mitgestiegen.
Spätestens die Kirch-Krise hat ganz klar gezeigt, dass der Markt für Fernsehrechte mittelfristig an eine Wachstumsgrenze gestoßen ist. Der für diese und die nächste Saison
ausgehandelte Betrag von 290 Millionen Euro pro Spielzeit stellt damit vorerst einen
Erlössockelpunkt dar, der –je nachdem wie sich SAT.1 entscheidet- kurzfristig sogar
noch einmal unterschritten werden könnte.
Aufgrund der momentan schlechten konjunkturellen Lage in Deutschland erscheint es
wahrscheinlicher, dass die Abnehmer auf den anderen Teil-Märkten (zum Beispiel
Sponsoren und Lizenznehmer) mit dem Verweis auf die gesunkenen Fernsehgelder versuchen werden, den Preis für ihre Rechte am „professionellen Fußball“ ebenfalls zu
drücken, als dass diese Einnahmen steigen werden und den Verlust ausgleichen.
Seite 161
Fazit und Ausblick
Der fast ein Jahrzehnt andauernde „Boom“ im Profifußball hat damit vorerst ein Ende
gefunden, das neue Motto lautet sparen, sparen und nochmals sparen. Dies betrifft in
besonderem Masse die kleineren und nicht international spielenden Klubs.
Wobei das natürlich nichts ungewöhnliches ist: Auch im Profifußball folgt -ähnlich wie
in anderen Wirtschaftszweigen auch- auf jede „Boom-Phase“ eine Krise. So wird sich
auch der Profifußball den neuen Gegebenheiten anpassen müssen.
Einsparpotentiale bieten besonders die auch aufgrund des Bosman-Urteils unverhältnismäßig stark gestiegenen Spielergehälter. Bereits jetzt drängen viele Vereine ihre
Spieler zum „freiwilligen“ Gehaltsverzicht. Vor allem mittelmäßige Profispieler können
sich schon einmal mit dem Gedanken anfreunden, in Zukunft wieder etwas weniger zu
verdienen, wohingegen die Top-Spieler von dieser Entwicklung wahrscheinlich weitestgehend unberührt bleiben werden.
Ebenfalls sehr auffällig ist die Tatsache, dass trotz der gewaltigen Umsatzzuwächse der
letzten Jahre nur die allerwenigsten Klubs Gewinne erwirtschaftet haben; die Mehrzahl
der Klubs ist mittlerweile hoch verschuldet: Betrug die Verschuldung der Vereine der 1.
Bundesliga in der Saison 1999/00 noch 370 Millionen Euro, geht man momentan bereits
von Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von knapp 600 Millionen aus.
Zu behaupten, die Vereine könnten nicht mit Geld umgehen, ist aufgrund dieser Zahlen
sicherlich nicht von der Hand zu weisen, verkennt aber zugleich die Komplexität der
dahinter stehenden Problematik. Trotz der seit kurzem bestehenden Möglichkeit des
Rechtsformwechsels besteht immer noch eine große Diskrepanz zwischen der Professionalisierung im sportlichen Bereich und der des administrativen Umfeldes.
Man muss den Klubs aber auch zu Gute halten, dass sie in einem extrem wettbewerbsintensivem Umfeld agieren. Durch die praktizierte Organisationsform der Relegationsliga
sind sowohl Auf- als auch Abstiege möglich, wobei letztere mit sehr großen wirtschaftlichen Verlusten verbunden sind. Darüber hinaus besteht in der 1. Bundesliga die Möglichkeit, sich für einen lukrativen Europacup zu qualifizieren. Und hier kommt dann
eine Besonderheit des Sports zum Tragen, nämlich die Unsicherheit des Ausgangs: Für
den Zuschauer ist sie der Spannungsmoment und deshalb einer der Gründe, weshalb er
ins Stadion geht oder sich ein Spiel live im Fernsehen anschaut. Für den einzelnen Verein bedeutet die Unvorhersehbarkeit des sportlichen Ausgangs de facto eine extreme
wirtschaftliche Planungsunsicherheit: Vereine in der Abstiegszone wissen nicht, in welcher Liga sie im nächsten Jahr spielen werden und mit welchen Einnahmen sie rechnen
können. Gleiches gilt für Aufstiegskandidaten und Vereine mit Europacup-Ambitionen.
Seite 162
Fazit und Ausblick
Diese Planungsunsicherheit versuchen die Klubs durch die Verpflichtung weiterer Spieler, die den gewünschten sportlichen Erfolg sicherstellen sollen, zu reduzieren.
Die Vereine setzen sich dabei aber zwangsläufig gegenseitig unter Druck, es kommt zu
einem „Wettrüsten“ und häufig auch zur Überinvestition in Spielstärke. Das Ergebnis
sind dann aufgeblähte Kader, hohe Spielergehälter und eben der erwähnte hohe Schuldenstand.
Insgesamt befinden sich alle Vereine unter den gegebenen Wettbewerbsbedingungen in
der Dilemmasituation, dass der sportliche Erfolg die Grundlage für das Erzielen von
Gewinnen darstellt. Deshalb werden die Klubs auch in Zukunft dem Erreichen sportlicher Ziele zwangsläufig einen höheren Stellenwert als der Kapitalmaximierung einräumen müssen.
Die Verschuldung der Liga ist neben dem unprofessionellen Verhalten einiger Manager
und Vereinspräsidenten zu einem guten Teil auch auf strukturelle Probleme der Organisationsform der Relegationsliga zurück zu führen. Eine weitere Professionalisierung im
administrativen Bereich ist dennoch unumgänglich, um auf Dauer wenigstens kostendeckend zu arbeiten. Hohe Gewinne sind trotz der hohen Umsätze im gesamten europäischen Profifußball unter den gegebenen Strukturen nicht zu erwarten.
Ein grundlegender Wandel der Wettbewerbssituation könnte zum Beispiel durch die
Aufgabe des Relegations- zugunsten eines Franchisesystems, wie es in den Profiligen
Nordamerikas angewendet wird, erreicht werden. Ob dieser Schritt jedoch durchsetzbar
und wünschenswert ist, bleibt zumindest dahingestellt. Franchiseligen sind sehr stark
reglementiert, außerdem verhindern sie die Verzahnung von Amateur- und Profisport.
Aufgrund der starken Abhängigkeit der Einnahmen von den Faktoren „sportlicher Erfolg“ und Popularität, die sich selbst zu einem gewissen Maß gegenseitig bedingen,
zeichnet sich speziell in der 1. Bundesliga ein gewisser Trend zur „Drei-KlassenGesellschaft“ ab. Vereine wie Bayern München und Borussia Dortmund verfügen über
derart große finanzielle Mittel, dass sie zumindest mittelfristig einen uneinholbaren
Vorsprung gegenüber den anderen Klubs aufweisen.
Neben der Spitzengruppe , die neben Bayern und Dortmund je nach Saisonverlauf noch
zwei bis drei andere Klubs umfasst, haben sich auch eine Mittelfeld- und eine Abstiegsgruppe herausgebildet, die quasi in einer eigenen Liga spielen. Sollte sich dieser Trend
verfestigen, könnte auf Dauer der Spannungsgrad innerhalb der Liga abnehmen, was
wiederum zu sinkenden Gesamteinnahmen führen würde.
Seite 163
Fazit und Ausblick
Deshalb ist die im Rahmen der zentralen Fernsehvermarktung durchgeführte Quersubventionierung aller Vereine ein „notwendiges Übel“, da es den Wettbewerb innerhalb
der Liga aufrecht erhält. Aus diesem Grund ist die Zentralvermarktung mit Zwangsumlage einer freiwilligen Lösung, die jederzeit aufgekündigt werden könnte, deutlich überlegen.
Trotz der in den nächsten Jahren notwendigen Einsparungen ist dem Profifußball in
Deutschland eine recht sichere Zukunft beschieden, da er es immer noch vermag, ein
Millionenpublikum emotional zu berühren. Sollte der Fußball diese Eigenschaft jedoch
irgendwann einmal verlieren, wäre er tatsächlich in einer existentiellen Krise.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Sportsektor ein recht „eigentümlicher“ Bereich
mit vielen Besonderheiten ist, welche die Herausbildung und Etablierung einer eigenständigen Disziplin, der Sportökonomie, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen
Sport und Wirtschaft befasst, durchaus rechtfertigen.
Bislang steckt die Sportökonomie in Europa und speziell in Deutschland aber noch
sprichwörtlich in den Kinderschuhen: Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind nur Einzelphänomene dokumentiert worden, deren Einbindung in größere Zusammenhänge ist jedoch
meist unberücksichtigt geblieben. Auch war/ ist es wenig hilfreich, relativ unkritisch
Erkenntnisse aus Nordamerika zu übernehmen, die aufgrund der unterschiedlichen
Strukturen wenig bis keine Aussagekraft besitzen. Handlungsempfehlungen für die Praxis konnte die Sportökonomie bisher noch kaum liefern.
Hier besteht für die Zukunft noch beträchtlicher Forschungsbedarf. An die Stelle der
„Einzelfallforschung“ sollte eine „ganzheitlich“ ausgerichtete Sportökonomik treten, die
auch den Besonderheiten und Strukturen des Sports Rechnung trägt.
Neben den wirtschaftswissenschaftlichen Theorien sollten organisationstheoretische,
sozialgeschichtliche und psychologische Überlegungen ebenfalls miteinbezogen werden. Schließlich ist der Sport –trotz Kommerzialisierung- immer noch ein sehr vielschichtiges Phänomen.
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