Die Fantastischen Vier

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Die Fantastischen Vier
© Ralph Larmann
Thema Die Fantastischen Vier – Die Rekord-Tour
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Die Fantastischen Vier – Die Rekord-Tour Thema
Die Fantastischen Vier
Die Rekord-Tour
Ihre Silberne Hochzeit feierten die schwäbischen Hip-Hopper mit einer ausgiebigen
Tour, die den gleichen Namen wie ihr aktuelles Album trug: Rekord. Rekordverdächtig
war bei dieser Konzertreihe nicht nur die Performance, sondern auch die Technik.
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Thema Die Fantastischen Vier – Die Rekord-Tour
Die Fantastischen Vier: Michi Beck, Thomas D und Smudo (vorne v.l.). Im Hintergrund agiert Producer And.Ypsilon an den Synthies und dem Sequencer.
Im letzten Jahr war es genau 25 Jahre
her dass die steile Karriere der Fantastischen Vier, kurz Fanta4, auf einer
selbst gezimmerten Bühne aus EuroPaletten begann. Seit dem hat sich viel
getan. Mit dem Titel „Die da!?!” schafften
sie im Jahr 1992 das, was vorher noch
keinem Künstler der deutschen Sprechgesang-Szene gelungen war: Ein Top-10-Hit
im gesamten deutschsprachigen Raum.
Ein Grundpfeiler dieses Erfolgs
ist der seit den ersten Tagen der Karriere
wachsende Wille zur Perfektion – Und das
nicht nur was die Studioarbeit anbelangt.
Schon seit vielen Jahren gelten die LiveShows der Fantastischen Vier als Events
der Extraklasse. So, wie auf den Studioalben immer mehr Studiomusiker die Arbeit
mit Samples und Beats ergänzen, so lassen
sich die Rapper auf ihren Konzerten ausnahmslos von einer umfangreichen Band
begleiten. Nicht nur musikalisch streben
die vier Stuttgarter nach Perfektion. Auch
ihre Shows sind technische Meisterwerke.
Für die Rekord-Tour wurde von
Licht-Designer Gunther Heckel in enger
Zusammenarbeit mit dem Lighting Direc-
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tor Marc Lorenz eine aufwändige und beeindruckende Licht- und Video-Show entwickelt. Hecker ist bereits seit 22 Jahren für
die Fantastischen Vier tätig.
Ein zentrales Element des Bühnenbildes stellte der auf allen sechs Seiten bespielbare LED-Videowürfel dar, der mittig
über der Bühne schwebte. Der von der
XL Video GmbH in Zusammenarbeit mit
WIcreations konstruierte Würfel mit vier
Metern Seitenlänge konnte horizontal wie
vertikal bewegt werden, sich drehen und
zusätzlich an jeweils einem der oberen
Punkte geneigt werden.
Der Würfel flog mit seinen 3,6
Tonnen Gesamtgewicht an vier Punkten.
Als LED-Material wurden Radiant MC-18
Hybrid-Elemente verwendet. Neben dem
Würfel kamen zwei halbtransparente
­Videoflächen im Format 8 x 4 Meter zum
Einsatz. Spiegelelemente in der Rückwand der Bühne schafften die Möglichkeit
­extrem dynamische Effekte auf die Bühne
zu bringen.
Neben den LED-Flächen waren
auch reichlich Movingheads im Einsatz. 50
Robe Robin BFML, 40 Robe Robin Pointes,
60 Robe Robin 800 LED Wash, 12 Martin
Atomic und sechs JB Lighting Sparx 7sorgten unter anderen für Effekte und eine perfekte Ausleuchtung. Auf der Licht-Equipment-Liste in diesem Artikel finden Sie die
komplette Lichtbestückung der Bühne.
Die Show wurde über HOG4 Konsolen gefahren. Insgesamt waren zwei
HOG4 Konsolen und zwei Fullboar 4 im
Einsatz. Erweitert durch zwei Playbackwings. Die HOG4 waren per HogNet
vernetzt und liefen als TrackingserverBackupsystem, so dass eventuelle Resets
auch während der Show von der zweiten
HOG4 am FoH getätigt werden konnten,
ohne dabei den Operator bei seiner Arbeit
zu stören. Eine Fullboar 4 fand sich an der
Dimmercity als Techkonsole. Die zweite
Fullboar war als vom Gesamtsystem getrenntes Backup verfügbar.
Die Videozuspielungen wurden mit
einer Kombination aus Quartz Composer
und Resolume Arena ausgespielt. And.Ypsilon programmierte die Quartz Composer
selbst. Er konnte zudem über MIDI-Signale
aus seinem Sequencer-Setup einzelne Visuals und Effekte von der Bühne triggern.
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Die Videoflächen waren halbtransparent ausgeführt (l. und r.).
Licht-equipment
Bühne Rig:
40 Robe POINTE
50 Robe BMFL
14 JB Lighting Sparx 7 (Geändert: im Plan Mac301)
32 Robe Colorwash 2500
Bühne Floor:
06 JB Lighting Sparx 7 (Geändert: im Plan Colorwash 2500)
12 MartinAtomic 3000 Strobe
14 Robe Colorwash 2500
FoH B-Stage:
16 Robe Colorwash 2500
12 Robe Colorwash 2500
Pulte:
Hog4 plus Playbackwing 4 inkl. Backup
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Die Lichtregie am FoH mit HOG4 und Playbackwing.
Gunther Hecker und
Marc Lorenz im Interview
Was war den Künstlern bei der Planung der Show besonders wichtig?
Gunther Hecker: Sie wollten unbedingt
wieder eine Kopfbühne haben. Ansonsten sind die visuellen Elemente ja immer
ein wichtiger Bestandteil einer Fanta4Produktion. Das sieht man ja auch an der
engen Zusammenarbeit mit And.Ypsilon
in diesem Bereich.
Wie haben Sie der Show ihre persönliche Handschrift verliehen?
Gunther Hecker: (Lacht) Da mache ich
mir keine Gedanken drüber. So etwas passiert einfach.
Was war für Sie die größte Herausforderung bei dieser Show?
Gunther Hecker: Die Band feierte ja ihr
25-jähriges Bühnenjubiläum und der Titel
des Albums und der Tour „Rekord“ waren
da schon eine Art Vorgabe, eine Jubiläumstour sollte schon etwas Besonderes sein. Ich
habe bestimmt ein dreiviertel Jahr über das
Bühnenbild und die Effekte nachgedacht.
Was war zuerst da: Die Visualisierungen auf den LED-Wänden und dem
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LED-Würfel, oder das Licht-Design?
Gunther Hecker: Das Bühnenbild stand
zuerst fest. Wir haben die Goldwände ja
bereits auf den großen Festivals im Sommer genutzt. Die Visuals und einige Videoideen sind dann in der Preproduction ca.
vier bis sechs Wochen vor Tour entstanden,
aber wie es auch immer so ist, vieles entsteht dann doch erst wenn man es in Real
sieht bei den Proben. Das Lichtdesign war,
nachdem das Bühnenbild klar war, parallel
entstanden.
Was war Ihr wichtigstes „Tool“?
Gunther Hecker: Eindeutig das Zusammenspiel von Licht und Video. Wir haben
Videoflächen nicht nur als klassisches bilddarstellendes Element genutzt, sondern als
Beleuchtung. Daher waren auch die für die
Zuschauer nicht direkt sichtbaren WürfelFlächen komplett mit LED-Panels bestückt.
Marc Lorenz: Ebenso nutzen wir die Hybrid-Funktion der LED-Wand. Hierbei hatten
wir neben der 192 x 192 Pixel pro Würfelfläche die hauptsächlich für Content und
Livebild genutzt wurde, noch eine weitere
Ebene mit je 24 x 24 Pixeln pro Fläche zur
Verfügung die mit ca. 3 cm großen RGBLED_Pixeln bestückt war und für uns als
Scheinwerfer diente.
Warum haben Sie sich für die HOG4
Konsole entschieden?
Gunther Hecker: Ich arbeite schon seit der
HOG2 mit der HOG-Familie. Mit der HOG4
bin ich sehr zufrieden, man fühlt sich sofort
heimisch und meiner Arbeitsweise kommt
das Pult auch sehr entgegen. Ebenso mag
ich die Ergonomie der Konsole.
And.Ypsilon triggerte die Visuals teilweise von der Bühne aus. In welchem
Umfang fand das statt?
Gunther Hecker: In sehr großem Umfang, fast alle Effekte die wir auf dem Würfel oder den beiden Side-Screens einsetzen
kamen aus dem Quartzcomposerpatch
von And.Ypsilon
Marc Lorenz: Wir hatten ein System entwickelt, das es uns ermöglichte, dass wir
Videos oder Videoeffekte von allen möglichen Quellen triggern konnten. So konnte
And.Ypsilon von der Bühne aus per MIDIover-Ethernet aus seinem Logic-System,
Gunther von der HOG4 und Haegar noch
von einem Midicontroller Einfluß nehmen
und Cues triggern. Bei einigen Songs wie
z.B. Die vierte Dimension wurde fast alles
von And.Ypsilon getriggert. Das schöne an
dieser Arbeitsweise ist, dass wir beim proben die Effekte live spielen und recorden
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Der Videowürfel wurde auf zwei Ebenen mit zehn bzw. sieben Movingheads pro Würfelkante umrahmt.
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können. Viele dieser Effekte sind auch so
programmiert, dass sie abhängig sind von
der Velocity einer MIDI-Note. Alles in allem
eine sehr musikalische Herangehensweise.
Wie wurde das technisch umgesetzt?
Marc Lorenz: Wie schon erwähnt konnte
jeder Beteiligte auf die Quartzcomposerpatches Einfluss nehmen. Die beiden HOG4
waren mit HOG-Net miteinander verknüpft
und dann per Art-Net mit den MacPros verbunden und konnten auf denen Resolume
Arena lief. Hier war zum eine Mapping von
DMX auf Parameter möglich, aber es gab
auch spezielle Quartzpatches die direkt
DMX verstanden und getriggert werden
konnten. Dann natürlich per Midi aus dem
Logic-System von And.Ypsilon, dieses war
per Glasfaser per Ethernet mit den MacPros
verbunden. Und zusätzlich gab es noch
einen lokalen Midi-Controller der per USB
angeschlossen war. Der Vorteil an Resolume ist daß es veröffentlichte Parameter aus
Quartz Composer darstellen kann und man
dadurch wieder die Möglichkeit hat diese
per Midi und/oder DMX zu mappen.
War dabei ein besonderes „Timing"
nötig, gerade im Zusammenspiel mit
vorprogrammierten Cues?
Marc Lorenz: Das Timing gab bei solchen
Sachen immer das Logic vor. Dort liegen
ja auch alle Clicks an zu denen die Band
spielen, Loops laufen von dort usw. Wir
hatten also keine externe Masterclock oder
Timecode laufen. Die Licht-Cues wurden
alle von Hand gedrückt und auch viele
­Videocues. Bei ein paar Songs wie dem
Intro / Vierte Dimension hatte And.Ypsilon
dann doch die Oberhand und er gestaltete
und triggerte den Großteil von dem was
man sah. Die Nanoclock die man im VideoRack sah war lediglich ein Sync-Generator
für die Kameras.
Text & Interview:
Steffen Sauer
Fotos: Ralph Larmann
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