Zum Abschlussbericht - Deutsche Rheuma

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Zum Abschlussbericht - Deutsche Rheuma
 Gisela Westhoff (DRFZ Berlin), 21.02.2013 Abschlussbericht zum Deutsche Rheuma‐Liga‐geförderten Projekt Mundgesundheitliche Probleme und Implantat‐Versorgung bei Patientinnen mit Sjögren Syndrom Zusammenfassung Hintergrund der Studie: Die verminderte Speichelproduktion geht beim Sjögren‐Syndrom mit einem hohen Risiko für Karies und andere parodontale Erkrankungen einher. Wegen der fehlenden immunologischen, reminerali‐
sierenden und spülenden Wirkung des Speichels kommt es häufig zu raschem kariösen Zahnverfall sowie zu verstärkter Plaquebildung, die wiederum zu Entzündungen des Zahnhalteapparats und da‐
mit zu Zahnverlust führt1, 2. Viele Betroffene sind daher bereits im mittleren Alter auf umfassenden Zahnersatz angewiesen. Her‐
ausnehmbarer Zahnersatz stellt Patienten mit Mundtrockenheit jedoch vor erhebliche Probleme. Da die Schmierwirkung des Speichels fehlt, scheuert der Zahnersatz auf den Schleimhäuten und kann zu Druckstellen und Druckgeschwüren führen, die mangels immunkompetenter Speichelbestandteile schwer heilen. Die Folge sind häufig schlecht sitzende Prothesen, die immer wieder Druckstellen ver‐
ursachen und damit die Nahrungsaufnahme erschweren und die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen3, 4. Anfragen von Studienteilnehmern der Beobachtungskohorte Sjögren Syndrom und Mitglieder von Selbsthilfegruppen wiesen uns darauf hin, dass sowohl die Betroffenen selbst als auch ihre Zahnärzte und Rheumatologen in Hinblick auf die Wahl des angemessenen Zahnersatzes häufig unsicher sind. Zahnimplantate wären eine Option, Teil‐ oder Totalprothesen zu stabilisieren oder einzelne Lücken zu schließen. Da Implantat‐Hersteller jedoch kein Interesse daran haben, Implantate an einer kleinen Risikopopulationen zu evaluieren, gibt es bisher keine belastbaren Erkenntnisse über die Sicherheit von Implantat‐Therapien bei Patienten mit Sjögren Syndrom. Fragestellung: Angesichts fehlender Studien und des großen mundgesundheitlichen Leidensdrucks vieler Patienten mit primärem und sekundärem Sjögren Syndrom sollten mittels Befragung einer größeren Gruppe von Betroffenen und gleichaltrigen Frauen aus der Normalbevölkerung folgende Sachverhalte in Er‐
fahrung gebracht werden: 
Zahl der Zähne und Zahnersatz bei Patientinnen und gleichaltrigen Frauen aus der Normalbevöl‐
kerung 
Zahl der Zähne bei Sjögren Patientinnen im Verhältnis zu Alter, Krankheitsdauer und Krankheits‐
schwere 
Häufigkeit von Zahnimplantaten bei Patientinnen und Kontrollen 
Haltbarkeit von Implantaten und Implantat‐Verlustrisiken bei Sjögren Patientinnen 
Begleitkrankheiten und Therapien als mögliche Kontraindikationen für Implantat‐Versorgung 1 Mundgesundheitliche Probleme und Implantat‐Versorgung bei Patientinnen mit Sjögren Syndrom 
Zufriedenheit mit Zahnimplantaten 
Haltungen gegenüber Zahnimplantaten bei Patientinnen und Kontrollen, die keine Implantate haben. Durchführung: Im November 2011 wurden 234 Studienteilnehmerinnen der Sjögren Beobachtungskohorte des DRFZ mit einem 7‐seitigen Fragebogen zu Mundgesundheit und Zahnersatz angeschrieben. 206 Studien‐
teilnehmerinnen füllten bis zum Sommer 2012 das Mundmodul aus (88%). Die mundgesundheitli‐
chen Daten wurden mit den soziodemographischen und klinischen Daten der Verlaufsbeobachtung verknüpft. Um Vergleichsdaten von nicht am Sjögren‐Syndrom erkrankten Frauen (Kontrollen) zu gewinnen, wurden die Studienteilnehmerinnen gebeten, ein weiteres, um soziodemographische Fragen ergänz‐
tes Mundmodul, an eine gleichaltrige Freundin oder Bekannte weiter zu geben, die nicht an Mund‐
trockenheit leidet. Siebenundachtzig Frauen schickten ein ausgefülltes Mundmodul an die Studien‐
zentrale. Ergebnisse: Die Patientinnen litten zu 76% am primären und zu 24% am sekundären Sjögren Syndrom. Die Diag‐
nosen waren entsprechend der aktuellen Klassifikationskriterien gesichert5. Beide Gruppen unter‐
schieden sich in keinem der berücksichtigten Krankheitsschwere‐Parameter. Patientinnen und Kontrollen glichen sich in Alter (58 ±13 versus 56 ±13 Jahre) und Schulbildung, un‐
terschieden sich aber deutlich im Anteil der Raucherinnen (derzeit: 5% versus 22%). Die Sjögren Patientinnen waren im mittleren Alter von 42 ±14 Jahren (Range 12‐72 Jahre) am Sjögren Syndrom erkrankt. Zum Zeitpunkt der Befragung litten sie seit durchschnittlich 16 ±11 Jahren (Range 1‐51 Jahre) an Mundtrockenheit. 1
Zahl der Zähne und Zahnersatz bei Patientinnen und gleichaltrigen Frauen aus der Normalbe‐
völkerung Die Patientinnen hatten deutlich weniger eigene Zähne und deutlich häufiger herausnehmbare To‐
talprothesen sowie Zahnimplantate als die gleichaltrigen Frauen aus der Normalbevölkerung (Tabelle 1). Tabelle 1: Zahl der Zähne und Zahnersatz von Patientinnen und Kontrollen Patientinnen Kontrollen n 206 87 21.2 ±7.3 (24) 23.8 ±4.6 (25) Herausnehmbare Teilprothesen, % 23.8 19.5 Herausnehmbare Totalprothesen, % 14.1 3.4 (33) 16.0% (6) 6.9% Zahl der Zähne, µ ±SD (Median) Zahnimplantate, (n) % Mittelwert, Standardabweichungen und Median (µ ±SD) oder Prozente (%) 2 Mundgesundheitliche Probleme und Implantat‐Versorgung bei Patientinnen mit Sjögren Syndrom 2
Zahl der Zähne der Sjögren Patientinnen im Verhältnis zu Alter, Krankheitsdauer und Krank‐
heitsschwere Patientinnen im höheren Alter und Patientinnen mit lang bestehender sowie schwerer Mundtro‐
ckenheit berichteten jeweils deutlich weniger verbliebene Zähne als jüngere Patientinnen mit kürze‐
rer Krankheitsdauer und weniger schwerer Mundtrockenheit. Am wenigsten Zähne hatten Patientin‐
nen, die bereits im Jugendalter, also häufig viele Jahre vor Beginn der Sjögren‐Erkrankung, an ausge‐
prägten Zahnfleischentzündungen und ausgeprägter Karies gelitten hatten (Tabelle 2). Tabelle 2: Zahl der Zähne im Verhältnis zu demographischen und gesundheitlichen Bedingungen % Zähne, µ P Alter, Jahr ≤ 50 51 ‐ 60 61 – 70 > 70 24.5 29.4 25.5 20.6 25.7 20.8 20.7 16.9 <0.001 Schulbildung Hauptschule Realschule höher als Realschule 20.3 38.1 41.6 19.4 20.2 22.8 0.019 Jahre mit Mundtrockenheit ≤ 10 11 – 20 > 20 32.5 38.9 28.6 23.7 20.4 19.2 0.001 Schwere der Mundtrockenheit (NRS 0‐10) 0 ‐ 2 3 ‐ 6 7 ‐ 10 22.3 34.5 43.2 25.4 21.0 20.1 0.001 Schwere Karies im Jugendalter Ja Nein 29.6 70.4 18.7 22.4 0.001 Schweres Zahnfleischbluten im Jugendalter Ja Nein 15.5 84.5 18.8 21.6 0.044 Parodontitis, vom Zahnarzt diagnostiziert Ja Nein 22.3 77.7 15.4 22.9 <0.001 Total 21.2 ±7.3 3 Zahnimplantate bei Patientinnen und Kontrollen Die Sjögren Patientinnen hatten deutlich häufiger Zahnimplantate als die gleichaltrigen Frauen aus der Normalbevölkerung (16.0% vs. 6.9%). Frauen mit Implantaten, egal ob Patientinnen oder Kontrol‐
len, waren deutlich älter und hatten deutlich weniger natürliche Zähne als Frauen ohne Implantate. Verglichen mit Implantat‐Trägerinnen aus der Gruppe der Kontrollen hatten Sjögren‐Erkrankte Imp‐
lantat‐Trägerinnen deutlich mehr Zahnimplantate (µ 3,2 versus 2,3). Entsprechend größer war ihr Risiko, ein Implantat zu verlieren. Sechs von 33 Patientinnen mit Implantaten verloren jeweils eine ihrer künstlichen Zahnwurzeln (18,2%), während von den sechs Implantat‐Trägerinnen unter den Kontrollen keine einen Implantatverlust berichtete. Die Implantate gingen teils bereits im ersten Jahr, teils aber auch erst nach 12 Jahren Tragezeit verloren. Bei den Patientinnen betrug die mittlere Tra‐
gezeit der ältesten noch vorhandenen Implantate annähernd 5 Jahre (Tabelle 3). 3 Mundgesundheitliche Probleme und Implantat‐Versorgung bei Patientinnen mit Sjögren Syndrom Tabelle 3: Zahnimplantate bei Patientinnen und gleichaltrigen Frauen aus der Normalbevölkerung Zahnimplantate Patientinnen Kontrollen 206 87 Teilnehmerinnen mit Zahnimplantaten, n (%) 33 (16.0 %) 6 (6.9 %) Zahl der jemals verpflanzten Implantate, n (µ) 107 (3,2) 14 (2,3) 102 14 Mittlere Implantatzahl pro Implantatträgerin, µ ± SD (range) 3.1 ± 2.0 (1‐8) 2.3 (1‐6) Alter der Teilnehmerinnen mit versus ohne Implantate, Jahre (µ) 64.3 vs. 57.1 63.2 vs. 53.3 Zahl eigener Zähne bei Teilnehmerinnen mit versus ohne Implantate, µ 17.5 vs. 21.9 21.5 vs. 24.0 Durchschnittliches Alter des jeweils ältesten noch getragenen Implantats, Jahre µ ± SD (Median) 4.8 ± 5.3 (3) 2.4 ±1.8 (2) Teilnehmerinnen mit Implantatversagen, n (%) 6 / 33 (18.2 %) 0 / 6 (0 %) Entfernte oder ersetzte Implantate, n (%) 6 / 107 (5.6 %) 0 /14 (0 %) 2 x1 / 2 / 5 / 8 / 12 ‐ n Zahl der derzeit getragenen Implantate, n Tragedauer des Implantats bei Verlust (n = 6) in Jahren Mittelwerte, Standardabweichungen (µ ±SD) und Median oder Prozente (%) 4 Implantat‐Verlustrisiken bei Sjögren Patientinnen Da nur sechs von 33 Implantat‐Trägerinnen jeweils nur ein Implantat verloren hatten, lassen sich mögliche Risiken für Implantatverlust nur anekdotisch beschreiben. Demnach könnten schwere Mundtrockenheit, eine zahnärztlich diagnostizierte Parodontitis sowie eine begleitende rheumatoide Arthritis häufiger mit Implantatverlust einhergehen (Tabelle 4). Tabelle 4: Vergleich von Implantat‐Trägerinnen mit und ohne Implantatverlust Implantat‐ Verlust Kein Implantat‐
Verlust P 6 27 Mittlere Zahl jemals erhaltener Implantate, µ 3.7 3.2 0.571 Alter der Implantat‐Trägerinnen, Jahre µ 60.8 64.9 0.442 Alter bei Beginn der Mundtrockenheit, Jahre µ 43.8 49.9 0.338 Dauer der Mundtrockenheit, Jahre µ 20.2 16.6 0.522 Schwere der Mundtrockenheit (NRS 0‐10), µ 7.3 5.7 0.294 Zahnfleischbluten in letzten 4 Wochen, % 50.0 37.0 0.442 Parodontitis, zahnärztlich diagnostiziert, % 66.7 22.2 0.053 Rheumatoide Arthritis, % 50.0 18.5 0.137 n Mittelwerte (µ) oder Prozente (%) 4 Mundgesundheitliche Probleme und Implantat‐Versorgung bei Patientinnen mit Sjögren Syndrom 5
Begleitkrankheiten und Therapien als mögliche Kontraindikationen für Implantat‐Versorgung Zwischen 3% und 55% der Patientinnen mit Implantaten aber keine der Kontrollen mit Implantaten berichteten über längere Zeit Therapien erhalten zu haben, die als Kontraindikationen für Zahnimp‐
lantate diskutiert werden. Die möglicherweise kritischen chronischen Krankheiten Osteoporose (je ca. 15%), Hyperthyreose (je ca. 13%) und Diabetes mellitus (3% der Patienten, kein Fall unter den Kontrollen) waren annähernd gleich häufig unter Patientinnen und Kontrollen mit Implantate. Auch Patientinnen mit und solche ohne Implantate unterschieden sich kaum in der Häufigkeit kriti‐
scher Krankheiten oder Therapien. Lediglich die geringere Häufigkeit von Osteoporose und Bisphos‐
phonat‐Therapien unter den Patientinnen mit Implantaten könnte darauf hinweisen, dass bei den Patientinnen mit den beiden kritischen Merkmalen häufiger von einer Implantat‐Behandlung abge‐
sehen wurde als bei Patientinnen ohne (Tabelle 5). Von den sechs Patientinnen mit Implantatverlust berichtete keine eine der kritischen Krankheiten oder Therapien. Tabelle 5: Begleitkrankheiten und Therapien bei Patientinnen mit und ohne Zahnimplantate n Alter, Jahre, µ Osteoporose, % Diabetes mellitus, % Krebs, % Hyperthyreose, % Glukokortikoid Therapie, % Bisphosphonate, % Antikoagulantien, % Antikonvulsiva, % Chemotherapie, % 6
Patientinnen mit Implantaten Patientinnen ohne Implantate P 33 64.3 15.2 3.0 9.1 12.1 54.5 3.0 12.1 9.1 3.0 167 57.1 24.3 5.8 12.1 11.6 61.8 12.7 15.6 8.1 7.5 0.003 0.180 0.449 0.440 0.560 0.275 0.084 0.481 0.534 0.309 Zufriedenheit mit Zahnimplantaten Annähernd drei Viertel der Patientinnen mit Implantaten waren hoch zufrieden mit ihren künstlichen Zahnwurzeln. Die übrigen schätzten sich immer noch als mindestens zufrieden ein. Damit waren die Patientinnen vergleichbar zufrieden wie die gleichaltrigen Kontrollen mit Implantaten. Die Mehrheit der Patientinnen (21 von 33; 63.6%) gab an, anderen Sjögren Patientinnen ohne Zögern Implantate empfehlen zu können. Elf Patientinnen würden sie eher empfehlen und nur eine würde die Implantat‐Behandlung nicht weiter empfehlen. Die weitreichende Zufriedenheit mit den Zahnimplantaten spiegelte sich auch in der allgemeinen Zufriedenheit mit der zahnärztlichen Versorgung: Patientinnen mit Implantaten schätzten sich dies‐
bezüglich deutlich zufriedener ein als Patientinnen ohne (NRS 1.8 ±1.6 vs. 3.7 ±2.9; P = 0.001). 5 Mundgesundheitliche Probleme und Implantat‐Versorgung bei Patientinnen mit Sjögren Syndrom 7
Haltungen gegenüber Zahnimplantaten bei Patientinnen und Kontrollen, die keine Implantate haben Patientinnen und Kontrollen ohne Zahnimplantate zeigten weitgehend vergleichbare Haltungen ge‐
genüber dieser Art der Behandlung. Je rund die Hälfte beider Gruppen gaben an, nicht interessiert zu sein während je rund ein Fünftel äußerten, ziemlich oder fest entschlossen zu sein, sich Implantate setzen zu lassen. Jenseits dieser beiden dezidierten Haltungen unterschieden sich Patientinnen und Kontrollen jedoch nennenswert: Die Patientinnen gaben deutlich häufiger Bedarf an Implantaten an und befürchteten gleichzeitig häufiger, die Implantate könnten bei ihnen nicht gut einwachsen und sie könnten sich die Behandlung finanziell nicht leisten. Auch äußerten sie häufiger, nicht genügend über Möglichkeiten und Risiken der Implantat‐Behandlung informiert zu sein (Tabelle 6). Die Haltungen der Patientinnen waren unabhängig von der Schwere der Mundtrockenheit. Nur eine Minderheit der Patientinnen, egal ob mit oder ohne Implantate, war über die sogenannte Ausnahme‐Indikation für Menschen mit schwerer Mundtrockenheit informiert (mit Implantaten 27%, ohne 6%). Die Ausnahme‐Indikation aus dem Jahre 2006 garantiert Menschen mit schwerer Mundtro‐
ckenheit die Kostenübernahme der Implantat‐Behandlung durch die gesetzlichen Krankenversicherun‐
gen gemäß §28 Abs. 2 Satz 9 SGB V, wenn ein schleimhautgelagerter Zahnersatz nicht vertretbar ist. Nur zwei Patientinnen waren von ihren Zahnärzten auf die Ausnahme‐Indikation hingewiesen worden. Die anderen Inanspruchnehmerinnen erfuhren von Selbsthilfegruppen davon und erkämpften sich ihren Anspruch in teilweise langwierigen Begutachtungsverfahren. In keinem Fall gaben Rheumatolo‐
gen den Hinweis auf die Ausnahme‐Regelung. Alles in allem hatten überhaupt nur zehn Patientinnen jemals mit ihren Rheumatologen über Möglichkeiten und Risiken von Implantat‐Behandlungen gespro‐
chen. Tabelle 6: Haltungen gegenüber Zahnimplantaten bei Patientinnen und Kontrollen, die keine Zahn‐
implantate haben Patientinnen % Kontrollen % P n 173 81 Ich habe mich bisher noch nicht für Implantate interessiert 54.5 51.9 0.394
Ich brauche / möchte keine Implantate 42.0 53.1 0.065
Ich fürchte, Implantate könnten bei mir nicht gut einwachsen bzw. dauerhaft halten 40.3 19.8 0.001
Ich bin (ziemlich) fest entschlossen, mir Implantate setzen zu lassen 17.8 21.0 0.326
Ich hätte gern Implantate, kann sie mir aber nicht leisten 36.0 22.4 0.049
Ich weiß zu wenig, um mich für Implantate entscheiden zu können 52.8 30.9 0.001
Diskussion und Schlussfolgerungen Trotz der verbreiteten Skepsis, Patienten mit autoimmunen Krankheiten und insbesondere mit unge‐
nügendem Speichelfluss zahnimplantologisch zu behandeln, hat unsere Querschnittsbefragung von gut 200 Sjögren Patientinnen gezeigt, dass doch genügend Betroffene Erfahrungen mit Zahnimplan‐
6 Mundgesundheitliche Probleme und Implantat‐Versorgung bei Patientinnen mit Sjögren Syndrom taten haben, um daraus verallgemeinerbare Schlüsse auf die Sicherheit dieser Technik bei der ver‐
meintlichen Risikopopulation zu ziehen. Die Untersuchung zeigte überzeugend, dass die weitaus meisten Implantat‐Trägerinnen zufrieden mit dieser zahnmedizinischen Lösung waren und dass bis auf eine Patientin alle diese Behandlung anderen Sjögren‐Betroffenen empfehlen würden. Dieses Meinungsbild ersetzt keine standardisierte prospektive klinische Untersuchung zur Haltbarkeit von Zahnimplantaten bei Menschen mit ausgeprägter Mundtrockenheit. Eine solche Beobachtung würde jedoch auch erst nach vielen Jahren Langzeit‐Ergebnisse ausweisen können. Die retrospektive Betrachtung kann dagegen bereits jetzt belegen, dass von einer durchschnittlichen Haltedauer von mindestens 5 Jahren ausgegangen werden kann. Die Haltedauer würde bei fortgesetzter Beobach‐
tung vermutlich weiter ansteigen, denn derzeit ist sie zwangsläufig dadurch gedeckelt, dass die Be‐
handlungstechnik noch relativ jung ist und viele Befragte ihr erstes Implantat erst vor wenigen Jahren erhalten haben. Für die Verallgemeinerbarkeit der positiven Ergebnisse auf die weitaus meisten Sjögren‐Betroffenen spricht auch, dass selbst Patientinnen mit sehr ausgeprägter Mundtrockenheit und mit zusätzlichen Risiken Implantate gesetzt bekommen haben. Als zusätzliche Risiken gelten vor allem die Krankheiten Osteoporose, Diabetes mellitus, Hyperthyreose sowie Therapien mit Glukokortikoiden, Bisphospho‐
naten, Antikoagulantien, Antikonvulsiva oder Zytotoxika. Bis auf die Osteoporose und ihre Behand‐
lung mit Bisphosphonaten hatten Patientinnen mit Implantaten genauso viele zusätzliche Risiken und mindestens genauso ausgeprägte Mundtrockenheit wie diejenigen ohne Implantate. Implantate wa‐
ren demnach nicht nur einer Auswahl von Sjögren‐Kranken mit leichterer Krankheit oder weniger Risiken gesetzt worden. Und selbst wenn es eine solche Tendenz gäbe, dann hätten die Implantat‐behandelten Sjögren‐
Patientinnen neben ihrer autoimmunen Krankheit immer noch deutlich mehr der o.g. Risiken als gleichaltrige Frauen aus der Normalbevölkerung. Auch in der Normalbevölkerung wird mit der Imp‐
lantat‐Behandlung nur eine etwa 90 bis 95‐prozentige Erfolgsrate erzielt. Eine Studie, die Implantat‐
Misserfolge mit Alter, Geschlecht, Implantat‐Position, Knochenqualität und Komorbidität korrelierte, fand deutliche Assoziationen mit höherem Alter, Rauchen, Diabetes, postmenopausaler Östrogen‐
therapie und Position der Implantate. So waren im Oberkiefer Implantat‐Misserfolge mit 8,2% deut‐
lich häufiger als im Unterkiefer (4,9%)6. Bei der relativ geringen Misserfolgsrate sind die Belege für einzelne Kontraindikationen jedoch all‐
gemein eher schwach und teilweise wiedersprüchlich7 8‐11. In der Mehrheit der Fälle lässt sich Implan‐
tat‐Versagen nicht ursächlich auf bestimmte Risiken zurückführen. Es wird vielmehr davon ausgegan‐
gen, dass bei etwa 5% der Implantat‐behandelten Menschen überschießende Gewebsreaktionen zu Entzündungen führen, die das Einwachsen (Osseointegration) der künstlichen Zahnwurzeln verhin‐
dern und somit den Verlust des Implantats zur Folge haben12. Dieses Risiko scheint bei Sjögren Patientinnen trotz Störung der immunologischen Selbsttoleranz nicht systematisch erhöht zu sein. Bei nur zwei der 33 Implantat‐behandelten Patientinnen ist das Implantat innerhalb des ersten Jahres verloren gegangen. Dies ist angesichts der geringen Fallzahl zwar keine belastbare Größe, aber ein starker Hinweis darauf, dass trotz autoimmuner Krankheit nur wenige Sjögren‐Kranke mit Implantat‐Versagen rechnen müssen. Die Ergebnisse können Betroffene, ihre Zahnärzte und Rheumatologen ermutigen, bei gegebener Indikation eine zahnimplantologische Behandlung zu erwägen. Unterstützt durch eine Förderung der Deutschen Rheuma‐Liga Bundesverband (2011‐2012) 7 Mundgesundheitliche Probleme und Implantat‐Versorgung bei Patientinnen mit Sjögren Syndrom Reference List 1. Hernandez YL, Daniels TE. Oral candidiasis in Sjogren's syndrome: prevalence, clinical correlations, and treatment. Oral Surg Oral Med Oral Pathol 1989;68(3):324‐329. 2. Pedersen AM, Bardow A, Nauntofte B. Salivary changes and dental caries as potential oral markers of autoimmune salivary gland dysfunction in primary Sjogren's syndrome. BMC Clin Pathol 2005;5(1):4. 3. Ikebe K, Morii K, Kashiwagi J, Nokubi T, Ettinger RL. Impact of dry mouth on oral symptoms and function in removable denture wearers in Japan. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod 2005;99(6):704‐710. 4. Ikebe K, Matsuda K, Morii K et al. Impact of dry mouth and hyposalivation on oral health‐
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