Ronahî Nr. 33
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Ronahî Nr. 33
İnhaltsverzeichnis Newroz Reise 2012 Konfederalîzma Demokratîk Lêxistingerîya Netewe Demokratîk ya ne Dewlete ....................................2 Abdullah ÖCALAN Der Lausanner - Vertrag soll den Kurden erneut aufgezwungen werden .............................................7 Evrim DEMİR Der syrische Aufstand .......................................................10 Şores KAMA 17. Kongress der Yekitiya Xwendekarên Kurdistan ...................................................14 Hüseyin ÇELEBİ Bio-Macht ............................................................................20 Deniz ÇEWLİK RONAHÎ Zeitschrif der Studierenden aus Kurdistan Postfach 103831, 50478 Köln Barzani oder Öcalan .........................................................23 Nick BRAUNS Öko-Feminismus .................................................................28 Janet BİEHL Internet http://www.yxk-online.com e-mail : Ökologie ..............................................................................38 Abdullah ÖCALAN yxkonline.post@googlemail.com kovararonahi@googlemail.com Partizipative Ökonomie......................................................48 Michael ALBERT Das 4.YXK-Sommercamp .................................................53 Teilnehmer des Sommercamp Neçunhatîme ......................................................................58 Rawin STERK Pirsgirêkên Dîrokî û Civakî .............................................59 Azad SÎSER Rewsa ciwanên kurd li Ewrupa .......................................63 Aras BAGOK Mit solidarischen Grüßen, Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V. Yekitîya Xwendekarên Kurdistan ____________________________________________________ Die 19.Hüseyin Celebi Literaturpreisveranstaltung ..............................................35 RONAHÎ Die Erhaltung der Geschichte Dersims.............................42 Jûji Wie jedes Jahr, werden wir als eine StudentInnen - Delegation aus Europa, eine Newrozreise in die Heimat unternehmen. Diese Delegation wird alljährlich, an jedem Märzmonat seitens der YXK nach Kurdistan entsendet. Dabei werden unterschiedliche Städte wie Amed, Elîh (Batman), Mêrdîn besucht. FreundInnen die mit uns reisen wollen, können sich über diese Email-Adresse bereits im Voraus anmelden: Newroz2012@hotmail.de Bezüglich dem Reiseantritt und den Reisekosten könnt ihr uns anschreiben. Wintercamp 2011: Dieses Jahr werden wir als YXK zum ersten Mal, ein Wintercamp organisieren. In diesem Camp werden wir einerseits aufkommende bildungstechnische Fragen sowie andererseits Probleme, die während unserer Arbeiten aufkamen, versuchen gemeinsam zu lösen. Daneben werden wir das Neujahr zusammen begrüßen und gemeinsam Filmabende veranstalten. Während des Wintercamps werden auch sportliche Aktivitäten in der Akademie angeboten und außerdem werden auch gemeinsame Ausflüge unternommen. Stattfinden tut das Ganze vom 25.-29. Dezember 2011 bei der UTAMARA, in Bonn. Bezüglich dem Reiseantritt und den Reisekosten könnt ihr uns anschreiben. Mit solidarischen Grüßen, Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V. Yekitîya Xwendekarên Kurdistan Editorial Im Augenblick befinden wir uns in einer wichtigen und sehr intensiv verlaufenden politischen Phase. Dieser Prozess erinnert uns YXK'ler an die 1990er Jahre, in der die Türkei gegen die Kurden einen schmutzigen Krieg geführt hatte. In mancherlei Hinsicht verlaufen die Angriffe sogar viel intensiver als zuvor. Die islamistischtürkische Strömung ist seit Jahrzehnten darum bemüht, sich innerhalb des Staatsapparetes zu organisieren. Insbesondere mit dem Aufkommen der AKP, hat man mit Unterstützung der Gülen Bewegung nahezu sämtliche Einrichtungen der Türkei mit eigenen Kadern infiltriert. Die noch vor einer kurzen Zeit bestehenden Gespräche mit der Befreiungsbewegung und dessen Vorsitzenden, haben sich in einen umfangreichen und systematischen Krieg umgewandelt. Inbesondere nach dem diesjährigen erfolgreichen Wahlergebnis der Kurdischen Bewegung, legte die AKP-Regierung und die dahinter stehende grüne Ergenekon, d.h. die Gülen-Bewegung, dieses Resultat als eine Bedrohung fest. Gerade dadurch startete man schließlich nach den Wahlen, mit einem neuen Verleumdungs- sowie Vernichtungskonzept. Der Angriff wird aus dreierlei Richtungen betrieben: Gegen Rêber APO wird eine scharfe Isolationspolitik umgesetzt. Daneben werden die Boden- und Luftoperationen gegen die Guerilla in Nord- und Südkurdistan intensiviert. Zuletzt geht man gegen die legal politischen Struk- turen vor. Es befinden sich mehr als 4.000 kurdische PolitikerInnen in den Haftanstalten. Für uns als YXK ist es eine unverzichtbare Frage, wie wir diesen Prozess zu deuten haben. Wenn wir als aufgeklärte und studierende Jugend, darauf eine passende und richtige Antwort geben können, können wir gegen den intensiven und breiten Angriff an der kurdischen Gesellschaft, auch effizient entgegenhalten. In diesem Sinne trägt unser diesjährig stattfindender 17.YXK Kongress eine besondere Bedetung. Bis zum 17.Kongress wurden ernsthafte Arbeiten unternommen. Einerseits hat der Verband entgegen allen Entwicklungen reflexartig reagiert und seine Sensibilität gezeigt. Auf der anderen Seite wurden, um die Bildung innerhalb des Verbandes voranzutragen, Bildungs- und Lesetage ausgetragen. Während dieser Phase sind wir quantitativ gewachsen; in Essen, Berli, Bonn, Hannover und Kaiserslautern wurden neue Hochschulgruppen eröffnet. Die diesjährige Sommerakademie ist trotz der geringen Teilnahme, aufgrund des starken Inhalts sehr gut verlaufen und hat den Mitgliedern eine große Kraft und Moral gegeben. Diese Arbeiten haben einerseits die YXK gestärkt und dafür gesorgt, dass wir unsere Mission weiterführen werden. Der 17.Kongress war in diesem Zusammenhang ein Zusammentreffen, indem sehr ernsthafte Diskussionen geführt wurden. Bisherige Bemü- hungen und Arbeitsweisen wurden analysiert. Im Anschluss dessen haben wir daraus neue Methoden und Modalitäten hervorgebracht, die sich auch in der neu konzipierten Planung sowie Satzung wiedederfinden. In der bevorstehenden Phase bilden für uns die Ergebnisse aus dem 17.YXK Kongress, für die Umsetzung eine besondere Bedeutung. In diesem Rahmen wurde ein neuer sowie sehr starker Vorstand gewählt und daneben wurden auch die Kommissionen aufs Neue geformt. Außerdem hat der Verband dieses Jahr, die 19.Hüseyin Celebi Literaturpreisveranstaltung realisiert und abgeschlossen - die ebenfalls eine besondere Bedeutung für uns trägt. Das verspätete Erscheinen der vorliegenden Ronahi-Ausgabe ist eigentlich ein zu kritisierender Punkt. Es ist darum von besonderer Relevanz, dass die Zeitschrift zukünftig - mit Unterstützung aller FreundInnen - jeweils alle drei Monate einmal erscheint. Alles in allem sollte alle FreundInnen die vorliegende Phase - insbesondere was die Perspektiven aus dem 17.Kongress und der uns auferlegten Mission angeht - entsprechend deuten und sich den Arbeiten zuwenden. Eine gesonderte Mission aus dem Kongress, die uns auferlegt wurde, ist die, dass wir Heval Hüseyin Celebi uns als Vorbild nehmen und sein als Erbe hinterlegtes Engagement; seinen Kampf weiterführen werden. In diesem Sinne wünschen wir euch allen viel Erfolg! RONAHÎ KONFEDERALÎZMA DEMOKRATÎK RÊXİSTİNGERİYA NETEWA DEMOKRATÎK YA NE DEWLET E Abdullah ÖCALAN “Konfederalîzma demokratîk pir girîng e. Em vêya ne tenê ji bo Kurdan, ji bo Rojhilata Navîn û her wiha ji bo cîhanê jî pêşniyar dikin. Wê bandoreke pêşî lê veker di xetimandina ku jêdera xwe ji dewlet-neteweê digire de, bike” Pêwîste têgîna Konfederalîzma Demokratîk were nîqaşkirin. Ya ez qala wê dikim demokratîkkirina Komarê ye. Têgihiştina min ya ji sosyalîzmê re wiha ye; Sosyalîzma pêkhatî jî dinavê de, ez têgihiştina sosyalîzmeke ku xwe dispêre dewletê rast nabînim. Têgihiştina min ya Konfederalîzma demokratîk jî ev e. Heta ku demokrasî neyê pêşxistin sosyalîzm jî nabe. Bi desthilatiya Sovyetan jî ev çareser nebû. Sovyet, mîna dewleta rahibên Sûmeran bûn. Çîn jî wisa. Ji ber vê yekê jî nekarîn xwe li hember DYE ser lingan bigirin. Rewşa Rojhilata Navîn a heyî, ne ji jor de DYE’yê, ne jî di jêr de gel qebul dike. Rêveber di vê navberê de tengav bûne. Ya wê xwe biguherînin, yan jî wê di bin zextên DYE’yê de biçewisin. Pêla neteweperestiyeke nû çawa bû sedem ku dema borî da wendakirin, wê îro jî bide wendakirin. Li vir Konfederalîzma Demokratîk mîna dermanek e. Dibe ku DYE bi sorkirina neteweperestiyê re rê li ber wendakirina sedsaleke veke. Neteweperestî sedsalekî da wendakirin, ji bo ev sedsal jî ne de wendakirin tê xwastin ku konfederalîzma demokratîk ji binîve were birêxistin kirin. Ev xeta serekeye. Tê xwastin ku sosyalîzmeke xwe dispêre demokratbûnê hebe. Esasê vêya ew her şeş xalên ku min di bernameyê de dabû diyarkirine. YE niha demokratîk dibe, Tirkiye demokratîk dibe, tevgera Kurd demokratîk 2 dibe. Divê ev sentezekî çêbikin. Bila şaş neyê fêhmkirin, ez nabêjim bila Tirkiye konfederalîzm be. Bila pêkhateya xwe ya unîter jî bi parêze, lê ez dibêjim bila li gel vêya komara demokratîkbe. Ez li dewsa dewleta Barzanî-Talabanî dibêjim Konfederalîzma Demokratîk ya Kurdistanê. Divê ev bi Komara Tirkiyê re dost be. Konfederalîzma demokratîk ne neteweperestiya Kurd e. Ji netewparêziya dewletî dûr mayîn, girîngî dayîna netewa demokratîk û pêvajoya Yekîtiya Ewrûpa wek sentezekî were fêhmkirin. Li ser vê bingehê dixwazim gel seferberbe. Bi vî rengî emê netewperestiyê ji xeterbûnê derbixînin. Konfederalîzma Demokratîk diyarî tevahî gelên cîhanê û Rojhilata Navîn dikim. Çareseriya heqîqî ya ji bo gelên Rojhilata Navîn û her wiha ji bo cîhanê jî konfederalîzma demokratîk e. Konfederalîzma demokratîk rêxistingeriya netewa demokratîk ya ne dewlet e. Konfederasyona demokratîk rêxistiniya hindikahiyaye; rêxistiniya çandî, dînî, heta ya cinsî û mîna vaye. Ez ji vêya re dibêjim netewa demokratîk û rêxistiniya çandî. Ji her gundek komînekî demokratîk dikare derbikeve. Yekbûna hemû rêxistinên çandî dibe konfederasyon. Divê wekî xet were nîşandan. Ez ji vêya re dibêjim konfederasyona demokratîk ya ne dewlet. Mînakên vê yên dîrokî hene. Beriya niha demokrasiya Atîna hebû. Di Sûmeran d ejî rêxistiniyeke heman hebû. RONAHÎ Konfederalîzma Ewrûpa çêdibe. Konfederalîzma Rojhilata Navîn jî dibe. Ji bo Kurdan jî li Rojhilata Navîn Konfederalîzma Kurd di cî de ye. Îsraîl û Flîstîn di navbera xwe de dikarin konfederalîzma demokratîk saz bikin. Ji bo 22 dewletên Ereban, di navbera xwede konfederalîzmeke demokratîk ya demokrasiyê li ber çavan bigire, dibe. Tirk di navbera xwede dikarin konfederalîzma demokratîk ya Tirk saz bikin. Hun nikarin tevahî Tirkan di bin yek aleke dewletê de bînin bahev. Ji ber ku tev dewletên netewîne. Lê di navbera xwede dikarin konfederalîzma demokratîk saz bikin. Ev ji bo Kurdan jî baş û di cîde ye. Kurd dikarin di navbera xwede, bêyku dest bidin sînoran, konfederalîzma demokratîk ya Kurd damezrînin. Hemû parçeyên Kurdistanê, bêyku dest bidin sînoran û sînoran ji xwere wek asteng bibînin, divê sînoran mîna pirekî bibînin û bivî awayî konfederalîzma xwe ya demokratîk pêşbixînin. Wê Kurd dinavbera xwede têkiliya siyasî, çandî û polîtîk pêk bîne. Ez na bêjim hilweşandina sînoran, dibêjim divê sînoran jixwere bikin pir. Ti zirer û ziyanekî vêya ji ti kesî/ê re nîne. Eger ev neyê kirin wê her devereke Kurdistanê bibe gola xwînê. Kurd tenê bi vî awayî dikarin ji pêvajoyeke bixwîn rizgar bibin. Demokrasiya Kurd ya bêxwîn encax wiha pêşbikeve. Di rewşeke berovajî de wê pêvajoyeke bixwîn ya mîna Filîstîn-Îsraîl were jiyankirin. Ev çareserî, wê pevçûna ku di derdora netewe-dewleta Kurd de pêşbikeve asteng bike. Ji bo vê yekê hilbijêrka tenê ewe ku dewlet netewe ji demokrasiyê re vekirîbe. Wê dest tê wernedin netewbûna demokratîk ya Kurd û li hev bikin. Ev wê pir bide qezenckirin. Pêwîst e Tirkiye, Îran, Sûrî û heta dewletoka Kurd jî li pêşiya vêya nebin asteng. Neolîberalîzm dixwaze dewleta netewe ji nû ve ava bike lê çi dike nake bi ser nakeve Dewleta netewe ya di dused salên dawî de weke hebûneke herî xwedayî hat pîrozkirin, di serdema fînansê de derz lê ketiye, ji ber ku di binya xwe de rastiyên civakî yên bi darê zorê helandine û tepisandine, bi awayekî jê tolê hilînin ketine rojevê û ev pêvajoyên bi hev re têkildar in. Têgihiştina karê ya serdema fînansê veguherîna dewleta netewe ferz dike. Di sîstematîkbûna pêxîrtengiyê de ev veguherîn bi roleke girîng radibe. Neolîberalîzm dixwaze dewleta netewe ji nû ve ava bike lê çi dike nake bi ser nakeve. Di vî warî de mirov dikare ji ezmûn û tecrûbeyên Rojhilata Navîn gelekî hîn bibe. Ev hêman careke din nîşan didin ku konfederalîzma demokratîk weke alternatîfeke bi hêz dikeve rojevê. Di ezmûna Rûsya Sovyetê de pêşî ya di rojevê de li pêş hat girtin, konfederalîzm li ser navê dewleta navendî ji holê hat rakirin ev jî yek ji sedemên bingehîn ên jihevdeketina sosyalîzma 3 pêkhatî ye. Bi serneketin di demeke kin de dejenerebûna Tevgerên rizgariya neteweyî ji nêz ve bi pêkneanîna wan a siyaseta demokratîk û kofederalîzma wê re girêdayî ye. Tevgerên şoreşger ên dused salên dawî dewleta netewe şoreşgertir hesibandin konfederalîzm jî weke şêweyekî siyasî yê paşvemayî dîtin li gorî vê jî bûn xwedî helwest ev bû bingehê serneketina wan. Kes tevgerên xwe bi sîleha modernîteya kapîtalîst dewleta netewe ve girêdan, yeqîn dikirin ku wê di demeke kin de bi vê sîlehê veguherînên civakî yên mezin pêk bînin, lê dereng serwextbûn ku bi vê sîlehê li xwe dane. Nêzîkatiya wan a gerdûnparêz, li ser xeteke rast pêşketî der barê xwezaya civakî de zû dereng wan gihandiye têgihiştina sosyalîzma pêk bê. Eskatalojiya (baweriya bi axîretê) di Pirtûkên Pîroz de bi awayekî weke sosyalîzmê xwe daye der. Civak li ser xeteke rast weke modelên pêş dikevin bi navê destpêk, koledar, feodal, kapîtalîst sosyalîst teswîr kirine. Li vir bi awayekî din têgihiştina çarenûs û qederê heye. Ev têgihiştinên dogmatîk ên kûr em ji wan bi tesîrbûne RONAHÎ huzra civakî tê gotin, ji bilî damezrandina serwertiya çîna bûrjûvayê bêtir tiştekî din nîne. Ji ber ku mêtinkarî zêde bi şêweyên wê yên dewleta netewe îcbarî kirine. Dewleta netewe ya em dikarin wê weke xwerêxistinkirina desthilatdariyê ya dewleteke herî mezin a navendî bi nav bikin, şêweyê bingehîn ê rêveberiya modernîteyê ye. Di rewşa heyî de alternatîfa tenê konfederalîzma demokratîk e. Ev, modela rêxistiniya pramîtî ye. Li vir axaftin, nîqaş û biyar ya koman e. Ji herî jêr heta herî jor delege wê bi hilbijartin werin û di lûtke de koordînasyonê çêbikin. Wê delege mîna karmendên gel yên salekî bixebitin. Prensîba diyarkirina çarenûsa xwe ya netewan ne tenê mafê avakirina dewlet e di bingehê wan de çarenûsperestiya dînî baweriya axîretê heye. Netewe-dewlet li ser esasê înkara demokrasiyê û ji vêya jî zêdetir ya komarê hebûna xwe diyar dike û pêk tê Pêvajoya modernîteya kapîtalîst pêvajoya dewletê ya herî zêde navendî dibe. Di civakê de navendên hêzê yên eskerî û siyasî yên ji wan re otorîte tê gotin ji bo sûdwergirtina yekdestdariya herî bi hêz têne astengkirin, civak bi awayekî herî zêde ji aliyê eskerî û siyasî ve bêhêz û bêrêveberî tê hiştin ev rewş jî dihêle ku rêveberiyên monarşiyên modern di pey re dewleta netewe ya hatiye pêşdebirin, civakê herî zêde ji aliyê eskerî û siyasî ve bê hêz bê sîleh bikin. Nîzama jêre nîzama huquq 4 Konfederalîzma demokratîk pir girîng e. Em vêya ne tenê ji bo Kurdan, ji bo Rojhilata Navîn û her wiha ji bo cîhanê jî pêşniyar dikin. Wê bandoreke pêşî lê veker di xetimandina ku jêdera xwe ji dewlet-neteweê digire de, bike. NY (BM) ya ku dispêre netewe-dewletê îflas kiriye. Pirsgirêka Iraqê vêya pir baş raxist berçavan. Neçareseriya ku di çarika dawî ya sedsala 20. de tê jiyankirin, rewşa Kendavê (Körfez), Iraq û Afganîstanê di holê de ye. NY bêçareye, DYE vêya hindek fêhmkiriye lê pêşkêşkirina modelekê ya emperyalîzmê sînordar e. Li dewsa alternatîfeke demokratîk ya heqîqî di welatên mîna Tirkiye, Misir û Afganîstanê de li pey modelên sixte yên demokrasiya rast berovajî dikin de ne. Prensîba diyarkirina çarenûsa xwe ya netewa ne tenê mafê avakirina dewlet e. Lenîn mehfa vêya anî. Lenîn û Stalîn ji ber vê prensîbê pir zêde wek prensîba avakirina dewletê dest girtin û bi vî awayî felaketên RONAHÎ dîrokî bixwere anîn. Ji bo rizgariyê komên dewletê yên sixte avakir. Ez diyarkirina çarenûsa xwe ya netewan wiha fêhm dikim, ji ber ku di Kurdan de qismeke pey vêya dikevin hene: ev maf, mafê avakirina demokrasiya xwe û çêkirina rêveberiyeke xwe ya ne dewletiye. Mafê avakirina modelekî ya komên ne dewletîne û hemû pirsgirêkên xwe di gundan de, taxan de û di çarçoveya bajaran de muneqeşe bikin, biryaran bigirin û çareserbikine. Min ji bo gelê Kurd mînaka Enkîdoyê hevkar yê ev pênc hezar sale ji dema Gilgameş ve dabû. Dewleteke hevkar a erzan didin sazkirin. Ez êriş nakim ser damezrandina wê dewletê. Lê wê ev dewlet li Rojhilata Navîn dawiya dawî karekterê dewleteke destpotîk bigire. Tê zanîn avakarên van dewletan kî ne. Wê ev dewlet xwîna gel bimije, ji ber ti pêwendiyeke xwe bi demokrasiyê re nîne. Niha jî xwe wek serokê dewletê îlan dikin. Lê dij derketina min a li dijî netewe-dewletê, wek derketina Zerduşt û Hz. Brahîm bimane û bibandor e. Biqasî dij derketina Hz. Brahîm li dijî Nemrût hêjaye. Ez ji bo pesnê xwe bidim vêya nabêjim, pêwîstiya min bi pesindanê jî nîne, lê dij derketina min bimaneye, yên dixwazin fêhm bikin dikarin fêhm bikin. Qey ezê serî ji Nemrûtan re bitewînim? Serê xwe ji axayan re danaynim. Îdeolojiya netewe-dewlet heram e, ez hezar carî nanê tifsî jî bixwim, lê minneta van dewletan nakim, her tiştê wan heram e. Di demên krîzan de sîstemên modern dikarin bizên Çawa ku di tevahiya dîroka şaristaniyan de hatiye ceribandin, di demên modern de jî hewldanên sîsteman ên yekdestdarîbûn û hev tinekirinê encam nedane, berdêlên wan jî giranbûne. Bêguman korbûnên di vî warî de bîlançoyên van şerên sîsteman gelekî giran kiriye. Sîstem wê giraniyê li ser hev çêkin bixwazin bi vî awayî jiyana xwe dewam bikin. Ji asta global heta bi asta xwecihî wê timî hegemondariyê bêne ferzkirin, berxwedanên dijber jî wê ji ceribandinan dersan bigirin û bi awayekî herî bi hêz dewam bikin. Heta çareserî nebe, em ê şer aştiyê her bi hev re bibînin. Analîz û çareserî hê bêtir serketî bibin, rastî, qencî û bedewiyê çiqasî nîşan bidin, bêguman rewşeke em karibin jêre bibêjin bêşerî û bêaştiyê pêk bê em ê karibin dinyayeke bi nirx bi arez bêtir xeyal bikin, pêk bînin. Bêguman hê zêdetir aştî hê kêmtir şer rewşeke bi nirx e, hewldanên ji bo pêkanîna wê jî hêjane esîl in. Bi şertê ku mirov bi prensîb, bi anor bi rûmet be. Me hegemondariya kapîtal a fînans globalê bi xwe weke pêvajoya krîza herî kûr terîf kir. Bûyer vê terîfê piştrast dikin. Herweha me bi awayekî berfireh anî ziman ku krîz sîstemîk ji avabûnê ye. Nûçeyên rojane yên der barê krîzê de jî karekterê sîstemîk avabûnê piştrast dikin. Di demên krî5 zan de sîstemên modern dikarin bizên. Hinek wexta dizên bi felc tînin, yên bi awayekî têkûz dizên jî kêm nînin. Di utopya lîberal a kapîtalîzmê de paketên çareseriyê yên gelekî berfireh pevkirî hîç kêm nabin. Nasekinin planên rojane, hefteyî, mehane, salane, deh salane pêncî salane dikin. Ev karê wan in, wê her bikin. Civak ji her demê zêdetir ji rastiya xwe ya exlaqî polîtîk hatiye mehrûmkirin Di van demên krîzan de şensê hêzên modernîteya demokratîk dikare zêdetir bibe. Dîrokeke mezin a berxwedanê ya pişta xwe danê, utopyayên azadî wekheviyê pêşiya wan rohnî dike. Herweha dersên mezin ên ji têkçûn û kêmasiyan derxistine hene. Dema ku mirov li hemûyan di zikhev de weke desteke wezîfeyên entelektuel, exlaqî polîtîk serwext bibe bixe nava çalakiyê, bêguman şensê wan ê serketinê zêde ye. Dîsa jî aliyên xweser ên demên krîzê yên avabûn sîstemîk hene divê bi baldarî mirov li ber çav bigire. Herçiqasî li ser şopa rabihuriyê bin jî zanist felsefeya exlaqî-polîtîk a divê RONAHÎ pêk bînin û nûbûnan bigire nava xwe divê ev neyê paşguhkirin. Naxwe weke ku gelek caran di demên berê de hatiye dîtin wê rê li seresere nêzîkbûn û serkoriyê veke. Tew misêwa xwe neo’kirina lîberalîzmê tehlûkeyê mezintir dike. Divê neyê jibîrkirin ku herkes ji pêxîrtengiya di sala 1929’an de li nava dinyayê pêk hat, li hêviya şoreşê bû, lê pêla faşîzmê ya bilind bû hê dewam dike. Civak ji her demê zêdetir ji wesfê wê yê exlaqî polîtîk hatiye mehrûmkirin. Teknolojiya înformatîk, dinyayên gelekî mezin ên ferazî û derfetên berevajîkirina rastiyên dinyayê pêşkêşî destê hêzên hegemondar ên îdeolojîk ên global dike. Avahiyên xwe yên riziyayî bi hêsanî bi sîstemeke nû ambalajkirî mîna nû çêbûye pêşkêş dike di vê de ti xirabiyê jî nabîne. Girseya heyî ji zûve veguherandiye girseya kerî ya faşîzmê. Li şûna hêvî şikandinê, divê mirov qîma xwe bi anîna cem hev a rastiya analîtîk hiskirinê neyne, ji sedî sed em heta jiyana exlaqî polîtîk nexin her kêlî mekanê xwe, bi hêsanî em dikarin bêne pûçkirin, ji lewra jî ez van diyar dikim. Îslama siyasî îdeolojiyeke milliyetgiriyê ye, olîgarşiyên dewletên netewe yên dused salên dawiyê maske dike Mirov ‘Îslama nerm’ ji rêrûesmekê wêdetir weke diyardeyeke modernîst a dused salên dawiyê di çarçoveya dewleta netewe de bigire dest, wê manedartir bibe. Mirov wê weke Îslama ji rêûresma dîn ne, weke milliyetgiriyê avabûna wê fêhm bike gelekî girîng e. Ji ber ku ji bo serwextbûnê ev nuqte kilît e. Prototîpiya milliyetgiriya herêmî ye, mohra oryantalîzmê li ser e. Vedîtineke oryantalîstan e, ti têkiliya xwe bi jiyana Îslamî re nîne. Bi belavbûna li herêmê ya hêzên hegemonîk ên Ewrûpayê, nexasim jî bi hegemonya Elmanyayê re ji nêz ve têkiliya xwe heye. Di dema dawî de li dijî Rûsya Sovyetê bi hegemonya DYE’yê ve girêdayî ye. Gelekî girîng e ku mirov fêhm bike, Îslama siyasî ya hatiye vedîtin têkiliya xwe bi çanda Îslama dîrokî re nîne, ev cureyê Îslamê milliyetgirî ye, armanca wê jî parçekirina çanda wê ye, bi vî awayî dixwaze herêmê ji hêz û taqetê bixe. Îslama siyasî îdeolojiyeke milliyetgiriyê ye, olîgarşiyên dewletên netewe yên dused salên dawiyê maske dike. Komara Îslamî ya Îranê vê rastiyê bi 6 awayekî balkêş nîşan dide. Îslama Şîa ji serî heta dawiyê milliyetgiriya Îranê ye; îdeolojiya hegemonîk a rêûresma împaratoriya Îranê ye. Lê weke çanda orjîn, weke dîrok Îslam hem cuda ye, hem jî girîng e. Mirov heta Îslamê bi vê rastiyê ji hev dernexe, mumkîn nîne çanda Rojhilata Navîn analîz bike , dabeş bike û bike mijara hin çareseriyan. Deryayeke mezin a çandê ye, weke wezîfe li benda çareserkirinê ye. Nexasim di serî de Hz. Muhammed, ji roja derketina holê heta roja me ya îro weke hêmaneke demokratîk Îslam weke hêmaneke desthilatdar Îslam, dîrokek e ku wan ji hev dike, li ser vî bingehî dîroka gelan, hebûnên xwecihî û herêmî ji nû ve li benda nivîsandinê ne. Dîroka civakî bi vê paradîgmayê were pêşdebirin ji bo rohnîkirina roja me ya îro, nirxa xwe zêde misoger e. Şîroveyên bi heman rengî ji bo Cihûtî, Xirîstiyantî Zerdeştiyê jî (sentezên mîna Manîheîzmê jî girîng in) bêne pêşdebirin, çanda Rojhilata Navîn wê bi awayekî nêzî rastiyê bê analîzkirin ev yek ê rê li dewlemendiya maneyê veke. Ji bo analîzên çandê, orjînên Sumer û Misrê bi qasî ku kilîta mijarê bin, girîng in. Rastiyek e ku piştrast bûye, dînên yekxwedayî û Pirtûkên Pîroz çavkaniya xwe ev orjîn in. Çanda Serdema Neolîtîkê ji hemûyan re dayiktî kiriye, ji lewra heta bandorên dîrokî yên vê çandê neyên analîzkirin, ti çand têra xwe rohnî zelal nabe. Hegel analîza çanda dema xwe di wê demê de spart heta çanda Serdema Antîk a bi sînor dihat bibîranîn çanda Misrê. Wexta ku dîroka çandî were tomarkirin şîrovekirin a derkeve holê wê Ronesanseke çandî be. Di rastiya çanda Rojhilata Navîn de ev wezîfe hê bi awayekî serketî bi cih nehatiye anîn. Fikrên dîroka dîndar milliyetgir ji pêşkêşkirina dogmayan wêdetir, vegotinekê pêşkêş nakin. RONAHÎ Der Lausanner- Vertrag soll den Kurden erneut aufgezwungen werden Evrim DEMİR “In einem so heiklen politischen Prozess, wo das bisherige Gleichgewicht erschüttert und einer Transformation unterzogen wird, haben die Kurden nun die Möglichkeit, den Status der Verleumdung - der seit dem bekannten Lausanner-Vertrag währt - zu überwinden und ihre gesellschaftlichen sowie nationalen Rechte zu erlangen” Mit dem Frühling der Völker im Nahen Osten begann nun der Imperialismus aufgrund des Fehlens einer Alternative für die hinfälligen Regime, die Reaktionen der Menschen zu missbrauchen und unter dem Mantel des gemäßigten Islams, die kapitalistische Moderne den Völkern im Nahostgebiet aufzudrängen. Auf diese Weise wird einerseits der Versuch unternommen, die ökonomischen Ressourcen der Region zu beschlagnahmen. Andererseits wird so der Radikalislam in Schacht gehalten und die sozio-kulturelle Dominanz der kapitalistischen Moderne etabliert. Zu diesem Zweck hat man sogar - wie sich dies auch im Fall Lybien gezeigt hat - von außen interveniert und damit die politische Kraft, mehr mittels eines Putsches, statt durch eine Revolution zu Sturz gebracht. Wie wir dies jedoch auch am Beispiel Ägyptens beobachten konnten, haben solcherlei Bemühungen dagegen, keine dauerhaften Ergebnisse herbeigeführt. Auch wenn die Reihe der Volksaufstände im Mittleren Osten an sich keine breite und tiefe gesellschaftliche Revolutionen ausmachen, haben sich allerdings die Knoten des Systems in diesem Gebiet gelöst. Bis wohin sich der Riss - der durch die Auflösung dieser Schlingen in 7 der Region hervorgerufen wurde ausbreiten wird, hängt hauptsächlich auch davon ab, wie die Revolution in Kurdistan ausgehen wird und welche Ergebnisse daraus abzuleiten sind. Die kapitalistische Moderne ist darum bemüht, ihre systemische Krise, durch die Rückeroberung und durch einen neuen Entwurf des Nahen - und Mittleren Ostens, diese Last von sich abzuwerfen. Darum werden in dem Gebiet diverse Übergriffe unternommen. Während der Neugestaltung der Region, wird das bisherige politische Gleichgewicht erneut einer Prüfung unterzogen; einstige Positionen und Rollen der hiesigen Kräfte beginnen sich zu ändern. In einem so heiklen politischen Prozess, wo das bisherige Gleichgewicht erschüttert und einer Transformation unterzogen wird, haben die Kurden nun die Möglichkeit, den Status der Verleumdung - der seit dem bekannten Lausanner-Vertrag währt - zu überwinden und ihre gesellschaftlichen sowie nationalen Rechte zu erlangen. Demgegenüber ist die Türkei jedoch darum bemüht, das neu zu entstehende Gleichgewicht in der Region so auszurichten, dass der Lausanner-Vertrag, die Verleumdung der Kurden, in einer restaurierten Form weiterhin andauert. Der türkische Kolonialismus mobilisert RONAHÎ darum sein gesamtes Repertoir, sein ganzes militärisches Potential, um die Kurdische Befreiungsbewegung einzudämmen und wenn möglich auch militärisch zu beseitigen. Die Kurdische Freiheitsbewegung ist seit 1993 darum bemüht, durch das Ausrufen unilateraler Waffenstillstände, die Kurdische Frage auf demokratischem sowie friedvollem Wege, zu einer Lösung zu führen. Dies wurde jedoch bis dato, stets durch das Fortführen der militärischen Operationen ins Leere geführt. Die Türkei hat den Willen für einen bilateralen Waffenstillstand bisher nie gezeigt. Die Türkei war jedoch gleich nach dem 1.Juni 2010 - Start der militärischen Offensive der Arbeiterpartei Kurdistans - so sehr in Bedrängnis geraten, dass sie mit Rêber Apo einen Dialogkanal aufgebaut haben Yazarların isimleri und mit ihm eine Reihe von Gesprächen führten. Im Zuge dessen entwarf der PKK Vorsitzende, für die Lösung der Kurdenfrage, mehrere Protokolle. Diese wurden jedoch schließlich aus staatlicher Seite nicht erwidert. Die AKP-Regierung hat die Gespräche demnach als Ablenkungs-Taktik 8 instrumentalisiert. Im Gegenzug hat dann Rêber Apo verkündet, dass er sich auf dem politischen Geschehen zurückziehen werde, womit er das politische Spiel der AKP, de facto ins Leere laufen ließ. Als dieses schmutzige Spiel der Türkei dann ans Tageslicht kam, begann das Kabinett, als Gegenzug zu der Offensive der PKK nun in türkischen Metropolen sowie in Nordkurdistan, einen politisch motivierten Gegenangriff - in Form von Verhaftungen gegen politische Strukturen der Kurdischen Bewegung. Es wurden bis dato etwa 4000 Menschen festgenommen. Darüber hinaus, hat die Türkei den Iran dazu verleitet - auf Basis der bestehenden anti-kurdischen Allianz - eine Bodenoffensive auf Qandil zu beginnen. Die Türkei dagegen hat damit gerechnet, aus dem Norden an- RONAHÎ zugreifen und die Kurdische Befreiungsbewegung auf diese Weise zu belagern und so zu begrenzen. Als die Angriffe der islamischen Republik nun begannen an der Guerilla in den Qandilbergen abzuprallen, ging auch dieser Plan der Türkei zunichte. Als der militärischen Niederlage auch noch der Raketenabwehrschild-Vertrag zwischen den USA und der Türkei hinzukam, hat der Iran die Qandil-Operation nun völlig quittiert. Diese Konstellation der Tatsachen hat den militärischen Plan der Türkei zunichte gemacht. Daneben haben die Kabinetts gelenkten Medien in der Türkei, intensive Propaganda-Nachrichten für eine mögliche grenzüberschreitende Militäroperation der türkischen Streitkraft produziert. Obwohl bezüglich dessen auffällig viel berichtet wurde, wurde von solch einer Option bisher kein Gebrauch gemacht. Gerade weil der türkische Staatsapparat in diesem Punkt auf die psychologische Kriegsführung setzt, wird gerade daraus deutlich, dass sich auf militärischem Terrain ein Mangel an Vertrauen und eine Schwäche offenbart. Eine grenzüberschreitende Operation wäre tatsächlich nur dann möglich gewesen, wenn die Türkei es geschafft hätte, den Iran in ihr Konzept zu integrieren. Als die AKP-Regierung nun begann in einen allgemeinen Angriffsmodus zu wechseln, hat die kurdische Guerilla als Reaktion darauf auch nicht gezögert. Die große militärische Buße der Türkei in Cele (Cukurca), hat im Grunde genommen wiederholt gezeigt, dass die türkischen Streitkräfte die PKK objektiv nicht besiegen können. Dass die Türkei nun als Gegenschlag hier auf chemische Waffen zurückgreift, führt uns die Hilfslosigkeit der Streit- kraft vor die Augen. Als nun alle Absichten des türkischen Staatsaparates diesmal eins nach dem anderen gegen die Wand schlugen, begann man neben den intensivierten militärischen und den politisch motivierten Operationen im Norden, die Isolationspolitik auf Rêber APO zu aktualisieren und anzustacheln. Seit nunmehr als 4 Monaten ist Rêber APO von der Außenwelt völlig abgekapselt. Um eine objektive Einschätzung zu machen, kann gesagt werden, dass weder die Türkei die PKK schlagen kann, noch die Arbeiterpartei Kurdistans den türkischen Staat. Ministerpräsident Erdogan gab dies sogar kürzlich auf einer 9 Presseerklärung zu, indem er betonte, dass die PKK in ihrem Aktionsradius maximal nur begrenzt werden kann. Wenn die sämtlichen Parameter der politischen Phase nun nebeneinander gestellt werden, so wird deutlich, dass wenn die Türkei den Dialog erneut aufnehmen sollte, sie dies höchstwahrscheinlich so angehen wird, dass der PKK davor der Zahn gezogen werden sollte. Dies wird insbesondere auch an Erdogans letzter Aussage deutlich. Aus spieltheoretischer Perspektive. tun Staaten dies deswegen, weil sie einen schwachen Verandlungspartner vor sich wünschen, den sie beeinflussen und die maximalen Forderungen somit auf ein Minimum reduzieren. RONAHÎ Der syrische Aufstand, die AKP und die kurdische Frage Şoreş KAMA “Eine Lösung in Syrien würde die AKP und den türkischen Staat in Bezug auf das eigene kurdische Problem in Bedrängnis bringen und diese zur Lösung auf friedlichem Wege zwingen” Auch der syrische Staat wurde im Zuge des arabischen Frühlings erfasst, so dass es in einigen Teilen des Landes zu Massenkundgebungen mit Aufstandscharakter gekommen ist. Getragen wurde der Aufstand zu Beginn von der Stadt Dar´a und ist nun auf Hama konzentriert. Unterschiedlichen Angaben zu Folge sind bis zu 2700 Menschen während der Kämpfe, vor allem durch staatlich angeordnete gezielte Tötungen, ums Leben gekommen. Auffällig am Aufstand in Syrien ist vor allem die AKP-Intervention begleitet von kriegerischer Rhetorik. Wir können bereits täglich offene Kriegsdrohungen vom türkischen Ministerpräsidenten Erdogan und seinem Außenminister Davutoglu in Richtung Assad und sein Regime wahrnehmen. AKP interveniert sehr offen und offensiv in den syrischen Aufstand Die AKP interveniert sehr offen und offensiv in den syrischen Aufstand und signalisiert bei jeder Gelegenheit Kriegsbereitschaft. Fast täglich fordern Erdogan und Davutoglu den Rücktritt Assads und legen ihm eine baldige Lösung nahe, da man laut Aussage dieser die Geduld verliert. Wenn sie dabei von einer Lösung reden, dann stets von einer nach ihrem Verständnis. 10 Dieses beinhaltet unter anderem den sofortigen Rücktritt Assads und die Anerkennung und Übergabe der Macht an den sogenannten Nationalen Rat, welcher unter Führung Burhan Ghalioun am 02.Oktober in Istanbul gegründet wurde. Dieser ist voll und ganz in der Hand der AKP und der letzte seiner Art, der in den letzten Monaten mit Unterstützung der USA, EU und Türkei gegründet wurde. Hierbei sollen nun alle größeren Gruppen vertreten sein und alle samt laut der Erklärung gewillt strukturiert zusammen gegen das Regime zu arbeiten. Als Ghalioun die Erklärung des Rates verlesen hatte hat er bekräftigt, dass man als Rat eine militärische Intervention von außen ablehnt. Die Frage dabei ist nur, ob der Rat und Ghalioun überhaupt die nötige Macht besitzen, um ein militärisches Eingreifen der Nato zu verhindern. Kooperation mit der Nato Viele der Ratsmitglieder sind teilweise seit Jahrzehnten im Exil und muten sich an die Interessen des syrischen Volkes vertreten zu können. Klar ist nur, dass sie sich auf die Nato und vor allem die Türkei stützen und hierbei die Frage aufgeworfen werden kann, inwieweit sie syrische Interessen ver- RONAHÎ folgen könnten. Die Geschehnisse in Syrien ähneln denen in Libyen, wo ein Übergangsrat/Nationalrat mit Unterstützung der Nato, damit auch der Türkei, an die Macht gebombt wurde. Wie in Libyen bedient man sich auch in Syrien einer Gruppe innerhalb des Staates, die in Feindschaft oder Ablehnung zum System steht. Über diese wird ein Aufstand entweder organisiert oder ein bestehender gepuscht. In beiden Versionen machen sich die Aufstände stark von der Nato abhängig, so dass sie unabhängig von ihrem eigentlichen Willen den Interessen der Nato dienen müssen. Dieses Dilemma wird aufgrund der hohen Erfolgsaussichten in Bezug auf den Sturz des Regimes in Kauf genommen, so dass generell momentan eine hohe Bereitschaft zur Kooperation mit der Nato besteht. Im Unterschied zu Libyen können wir die Rolle der Türkei in Bezug auf Syrien klar heraus arbeiten. Im Falle Libyens haben sich Erdogan und seine AKP, bevor sie begannen für den Waffengang zu werben und diesen zu unterstützen, sich zu Beginn gegen eine Intervention der Nato ausgesprochen. Die AKP wollte zu Beginn die sehr lukrative Beziehung zu Libyen unter dem existierenden System fortführen. Als sich jedoch die Niederlage Gaddafis abzeichnete und die Nato Druck auf die AKP und Erdogan aufgebaut hatte ging sie dazu über den Waffengang zu unterstützen, um eben auch im zukünftigen Libyen einen Teil des Kuchens für sich beanspruchen zu können. Im Falle Syriens können wir jedoch darauf verweisen, dass Erdogan und seine AKP eine klare Kriegsposition eingenommen haben, so dass sie, obwohl bisweilen lukrative Beziehungen bestehen, lieber heute als morgen einmarschieren würden. Wie kann man sich allerdings diesen Widerspruch erklären! Denn die Türkei zeigt zwei sehr unterschiedliche Herangehensweisen auf zwei sehr ähnliche Fragen. Daher müssen wir uns fragen, was ist nun anders? KCK-Modell als Lösung Die Antwort darauf ist, dass es in Syrien eine sehr gut organisierte kurdische Bewegung gibt, die Teil der kurdischen Freiheitsbewegung unter Führung der KCK ist. Die KCK ist die Vereinigung der Kommunen Kurdistans und ist auf die Ideen Abdullah Öcalans zurückzuführen. Dabei geht es um eine friedliche Lösung der kurdischen Frage auf politischer Ebene ohne die Staatsgrenzen der betroffenen Länder in Frage zu stellen. Vorgesehen ist eine konföderale Organisationsstruktur der Kurden, bei der diese über die Landesgrenzen hinweg enge Beziehungen zu einander aufbauen sollen, und in den jeweiligen Ländern sich auf allen Ebenen zu organisieren haben. In diesem Modell sollen viele der Befugnisse der Zentralmacht an regionale Verwaltungsstrukturen abgetreten werden, um so auch eine Gleichberechtigung für die vielen ethnischen und religiösen Minderheiten zu erlangen. Da nun in Syrien eine große kurdische Gesellschaftsgruppe unter dem Dach der KCK organisiert ist und diese zu einem erdrückenden Teil Anhänger der von Abdullah Öcalan propagierten Ideen sind, ist die Türkei stark beunruhigt, schon fast panisch. Denn anders lassen sich die Kriegsrhetorik und die Bereitschaft zur Aufgabe sehr großer strategischer und ökonomischer Vorteile nicht erklären. Es gilt auch die Haltung der Kurden dem Aufstand und Regime gegenüber in Syrien zu analysieren ist. 11 Die Kurden haben, wie man das auch den Erklärungen der KCK entnehmen kann, vollstes Verständnis für den arabischen Frühling gezeigt, der sich nun in Syrien konzentriert, und bekundeten ihre Sympathien für diesen. Sie bekräftigten mehrmals die Bedeutung dieses Aufstands für die arabische Bevölkerung und haben auf eine mögliche Aufklärung in der arabischen Welt hingewiesen. In diesem Rahmen haben die Kurden das Regime zur Demokratisierung aufgerufen und dabei für sich das Modell des demokratischen Konföderalismus der KCK als Perspektive beansprucht. Die kurdische Bewegung hat, wie auch in den anderen Teilen Kurdistan, den Aufbau dieses Modells bereits sehr weit voran getrieben und ist auf bestem Wege, auch unter Einbezug der Erfahrungen im Baskenland und dem Zapatistengebiet, dieses erfolgreich umzusetzen. Viele Entwicklungen im arabischen Raum begünstigen die Ideen Öcalans zur Lösung der kurdischen Frage auf friedlichem Wege und damit das Modell des demokratischen Konföderalismus. Die Strategie der kurdischen Bewegung und ihr Lösungsmodell werden zur Folge haben, dass diese die Funktion eines Katalysators in der Region wahrnehmen könnte. Weder im Zuge des vergangenen Aufstands im Iran noch beim heutigen in Syrien hat sie sich aktiv auf einer Seite eingebracht. Sie hat die Forderungen der Aufständischen inhaltlich unterstützt und sich klar zu diesen bekannt aber zugleich die Konfliktparteien zum demokratischen Dialog innerhalb der Landesgrenzen aufgerufen und die eigene Bereitschaft zur Teilhabe an solch einem bekundet. Dabei war es ihr ein zentrales Anliegen sich nicht für fremde Interessen instrumentalisieren zu lassen, so dass sie aufgrund vor RONAHÎ allem des Natoeinflusses auf den Aufstand sich auch auf diplomatischem Terrain zurückgehalten hat. Ihre Strategie bestand darin die Lösung im Innern auf friedlichem Wege zu suchen und die Einmischung des Auslands zu verneinen. AKP in Bedrängnis Nun da die AKP bei einem Regimewechsel befürchten muss, dass die Kurden weitgehende Rechte erhalten werden, ist sie panisch geworden. Die Unruhe in der AKP und dem türkischen Staat ist darauf zurück zu führen, dass man Angst vor weiteren Errungenschaften der Kurden in Syrien hat, da diese auch sich auf die anderen kurdischen Regionen reflektieren würden. Man muss hierbei vor allem den Bezug dieser kurdischen Bevölkerungsgruppe zur KCK und damit zur PKK und Öcalan berücksichtigen, so dass diese viel größere Auswirkungen auf die Entwicklungen in der Türkei haben werden, als die in Südkurdistan/Nordirak. Eine Lösung in Syrien würde die AKP und den türkischen Staat in Bezug auf das eigene kurdische Problem in Bedrängnis bringen und diese zur Lösung auf friedlichem Wege zwingen. Fest steht, dass die Kurden bei einem friedlicherem Wechsel eine der zentralen Rollen spielen werden, da sie einen riesen Erfahrungs- und Wissensschatz für ein alternativ-demokratisches System einbringen könnten und aufgrund ihrer Strategie als Mörtel für die heterogene Gesellschaft in Syrien fungieren könnten. Sollte es jedoch zu größeren kriegerischen Türkische Agenten als Provokateure in Syrien Auseinandersetzungen kommen und diese sogar den Einmarsch der Türkei(Nato) zur Folge haben, dann sind die Risiken nicht kalkulierbar, vor allem vor dem Hintergrund der aggressiven AKP-Politik der letzten Jahre. Die AKP bemüht dieses Szenario durch Provokationen, vor allem im kurdisch besiedelten Gebiet von Syrien, indem sie z.B. durch Provokateure und Agenten die türkische Fahne hissen lässt. Die Vorfälle haben wiederum den Organisations12 grad der kurdischen Bewegung offen gelegt, da kaum jemand auf diese Provokationen eingegangen ist und somit auch dem syrischen Staat keine Handhabe für ein brutales durchgreifen gegeben wurde. In diesem Falle wollte die AKP wohl die Grundlage für eine militärische Intervention legen und aus „humanitären Gründen“ mit Billigung und Unterstützung der Nato einschreiten. Die Entwicklungen haben die AKP stark überrascht, so dass sie panisch versucht ihre Politik und Taktik dem anzupassen. Weitere Punkte, die den Verdacht verstärken, dass die AKP auf eine mögliche Intervention in Syrien hin arbeitet sind auch die Tatsachen, dass die AKP bereits mehrere militärische Manöver direkt an der syrischen Grenze abgehalten hat und wohl die syrischen Deserteure aus militärischer Überlegung heraus aufnimmt und unterstützt. Erst am 06.Oktober hat Erdogan Assad aus Südafrika heraus erneut stark angegriffen und zugleich verkündet, dass er die syrischen Flüchtlinge an der Grenze zu Syrien zu besuchen gedenkt. Dem war dann auch so, nur mit dem Unterschied, dass zeitgleich ein großes Militärmanöver an der Grenze zu Syrien abgehalten wurde. Dies war eine klare Botschaft gen Assad. Jedoch geht es bei alle dem aus türkischer Perspektive vor allem um die kurdische Bewegung. AKP provoziert einen Krieg gegen Syrien Die AKP und Erdogan riskieren in Bezug auf Syrien einen Krieg, da sie bei einer Auseinandersetzung auf die Nato zählen. Hierbei geht man davon aus, dass dem Fall Syriens der Iran folgen könnte, so dass die türkische Seite sich der Natounter- RONAHÎ stützung sicher fühlt. Ob jedoch die Nato ein instabiles Syrien dem heutigen, relativ stabilen, vorziehen würde ist eine andere Frage. Auch sie ist aufgrund der weltweiten Kriege und der Finanzkrise geschwächt und somit auch an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. Die AKP hofft wohl eben auf diesen Zustand und würde sich im Kriegsfall anbieten und dafür im Gegenzug von der Nato und den Westmächten eine freie Hand gegen die kurdische Bewegung in Syrien einfordern. So könnte man sich auch den Druck aus Ankara gegen Assad erklären, da dieser im Gegensatz zur Position der Nato, EU und USA, deutlich Kriegs betonnter ist. Sprich die AKP riskiert ganz bewusst einen Krieg und schürt diesen schon ganz fleißig. Kurdische Befreiungsbewegung als Hindernis Hierbei muss auch beachtet werden, dass die AKP mit Unterstützung der nationalistischen MHP und kemalistisch-nationalistischen CHP im türkischen Parlament eine Verlängerung der Befugnis für grenzüberschreitende Operationen verabschiedet hat. Diese Blankovollmacht, begründet mit den sogenannten PKK-Lagern im Irak, erlaubt es dem türkischen Militär bei Bedarf über die eigenen Landesgrenzen hinweg militärische Operationen durchzuführen. Das türkische Militär hat in der Vergangenheit bereits 25 grenzüberschreitende Operationen durchgeführt und dabei nie sein Ziel erreicht. Warum besteht dann die AKP, obwohl auch sie eine große Niederlage bei der Zap-Operation von 2007 erlitten hat, auf diesem Instrument. Um diese Frage zu beantworten gilt es juristisch zu prüfen, ob diese Blankovollmacht es dem türkischen Militär auch erlauben würde in Syrien einzumarschieren, oder zumindest ins Grenzgebiet. Wenn die AKP ernsthaft in Syrien kriegerisch einzuschreiten gedenkt, wären viele der Fehltritte Erdogans in den letzten Monaten aufgeklärt. Die Politik Erdogans und seiner AKP sind voller Widersprüche, so dass man sich fragen muss, welche Absichten dahinter stecken. Wird hier bewusst ein Sturm nach dem anderen losgetreten, um andere Vorhaben zu kaschieren und verdeckt zu entwickeln. Man Bedenke hierbei die rhetorischen Angriffe Erdogans und der AKP in Richtung Israels und Deutschlands. Bei alle dem wird klar, dass die AKP ihren osmanischen Träumereien hinter jagt und die kurdische Bewegung, welche das größte Hindernis auf dem Weg dorthin darstellt, zu eliminieren gedenkt. Wir können beobachten, dass sie und ihre Basis, die Fetullah Gülen Bewegung, sich aller Argumente unabhängig ihres Ursprungs und Charakters bedienen, um nur zum Ziel zu gelangen. Für alle taktischen und strategischen Überlegungen der AKP stellt die kurdische Bewegung, aufgrund ihres demokratischen alternativen Systemverständnisses, ein Hindernis dar. Daher ist sie ohne Zweifel, auch entgegen ihrer pseudo kurdischen Öffnung, gewillt die kurdische Bewegung zu liquidieren. Als Fazit lässt sich zusammen fassen, dass die AKP wie alle Regierungen vor ihr die Verleugnungsund Vernichtungspolitik des türkischen Staates in Bezug auf die kurdische Frage als ihre Maxime versteht und nun dazu übergangen ist dieses Verständnis über die eigenen Landesgrenzen hinweg aktiv umzusetzen. Diese Politik wird am Widerstand der kurdischen Bewegung scheitern und dazu führen, dass die 13 AKP, wie bereits knapp ein Dutzend Regierungen vor ihr, in den Müllkorp der Geschichte verfrachten wird. Zur Politik der AKP könnte man folgendes Zitat von Bertrand Russel anbringen:“Man sollte eigentlich im Leben niemals die gleiche Dummheit zweimal machen, denn die Auswahl ist so groß“. Der türkische Staat und auch die noch recht junge AKP haben in ihrer Geschichte Fehler dutzendfach wiederholt, da sie nicht die Größe aufbringen konnten Alternativen zu entwickeln. Nun droht Ihre Dummheit über die eigenen Grenzen hinweg einen großen schmerzreichen Krieg vom Zaun zu treten. Dazu sind sie bemüht die Kurden für das Regime in Syrien als Ziel darzustellen und auch hier kann die Ermordung des kurdischen Oppositionellen Temo hinterfragt werden. Die Demokratische Unions Partei (PYD) in Syrien unter Führung Salih Müslüm Muhammeds hat die Ermordung Temos verurteilt und darauf hingewiesen, dass die Türkei hinter der Exukution stecken könnte. Sie hat in der selben Erklärung dazu aufgerufen eine Lösung im innern zu suchen und lehnt eine ausländische Einmischung, somit auch den sogenannten Nationlrat von Istanbul, ab. Sie selbst sind Teil eines inländischen Nationalrates, der innerhalb Syriens gegeründet wurde und die Lösung im Dialog sucht. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Einmischung der AKP in Syrien in einem Krieg münden wird oder, ob das syrische Regime sich bereit zur Demokratisierung erklärt und auf die Opposition und die kurdische Bewegung zugehen wird. Im Kriegsfall werden alle leiden und verlieren, im Dilaog wird der Nahe- und Mittlere-Osten große Errungschaften erlangen. RONAHÎ 17. Kongress der Yekitiya Xwendekarên Kurdistan Hüseyin ÇELEBİ “Es ist die Zeit zu wachsen! Mit dem System der YXK und dem Ziel zu wachsen wird sich die YXK in die Demokratische Autonomie einbringen und ihren Platz an der Seite des kurdischen Volkes einnehmen, wenn es seine Freiheit endlich erkämpft, denn es ist die Zeit erfolgreich zu sein” “Dem dema yekbûyîn û mezinbûnî ye! Dem dema serkeftinê ye!” (Es ist die Zeit eine Einheit zu werden und zu wachsen! Es ist die Zeit erfolgreich zu sein!) Unter diesem Slogan stand der 17. Kongress der YXK, welcher vom 1. bis 3. Oktober im Kulturcafé der RuhrUniversität Bochum stattfand und an dem sich über die drei Tage hinweg bis zu 100 kurdische Studierende und Jugendliche aus Europa, solidarische AktivistInnen aus Deutschland und patriotische Persönlichkeiten beteiligten. Es nahmen Delegierte kurdischer Studierendengruppen aus Österreich, Frankreich und Holland am Kongress teil, eine Genossin des sozialistischen Jugendverbandes Rebell verlas ein Grußwort im Namen des Verbandes, Grußworte und Berichte von kurdischen Studierenden aus Dänemark und Belgien erreichten den Kongress. Dieser rege Austausch macht das Bedürfnis der kurdischen Studierenden in Europa nach einer gemeinsamen Organisierung und Politik deutlich. Es zeigt sich, dass sich die Jugendlichen und Studierenden in der Diaspora als Teil der Lösung der kurdischen Frage begreifen und angemessene Antworten auf die aktuellen Entwicklungen finden wollen. Der Kongress stand unter dem Zeichen des Krieges gegen das kurdische Volk und so wurde die Bedeutung der Mission, welche unser Ehrenvorsitzender 14 Hüseyin Celebi vor der Gründung der YXK formulierte, betont. Die aktuelle Lage der kurdischen Frage wurde am ersten Tag des Kongresses gemeinsam analysiert, nachdem die männlichen Teilnehmer die Zeit, welche die YXK-JIN für ihre Selbstorganisation benötigte, für ein kurzes Seminar über den Feminizid genutzt hatte. Der 17. YXK-Kongress fand zur richtigen Zeit statt, denn er kann zu einer Antwort der kurdischen Studierenden in Europa auf die Ausrufung der Demokratischen Autonomie werden, wenn sich die Studierenden dieser Möglichkeit bewusst werden. Das kurdische Volk und seine Freiheitsbewegung sind den heftigsten Angriffen seit langem ausgesetzt, doch sind sie heute in der Lage das Blatt der Geschichte zu wenden und aus dem Grab zu steigen, in welches das kurdische Volk vor 100 Jahren gestürzt wurde. Richtiger Weise wurde die heutige Situation nicht nur mit der Zeit von 1992 verglichen, sondern vielmehr mit dem ersten Schuss aus dem Jahr 1984, denn heute steht alles auf dem Spiel. Es ist nicht sicher, dass der Freiheitskampf gewonnen werden wird, falsche Sicherheiten können zu großen Katastrophen führen, doch ist der Kampf des kurdischen Volkes für Freiheit seinem Ziel so nah wie noch nie. Vor diesem Bewusstsein wurde das vergangene Jahr seit dem 16. Kongress am zweiten Kongress-Tag eingehend RONAHÎ ausgewertet, es wurden Diskussionen geführt und eine Perspektive für das kommende Jahr eröffnet. Zentral bei den Diskussionen waren immer die Vorstellungen Hüseyin Celebis, die er der YXK in Form einer Mission auf ihren Weg mitgegeben hatte. Nach Hevale Hüseyin ist es nicht ausreichend bestehende Perspektiven nachzuahmen, sondern es besteht die Notwendigkeit eigene Perspektiven zu entwickeln, ja die neuen Perspektiven selbst zu sein. Dies betrifft sowohl die Vorstellung von einem freien Kurdistan, als auch die YXK. Aus den Auswertungen der Vergangenheit zeigt sich, dass die YXK in den letzten Jahren nach ihrem Wiederaufbau ab 2005 ein System geschaffen hat, das funktioniert. Die YXK hat sich mit ihrer Struktur der Ortsgruppen, Regionen und des Vorstandes den Anforderungen der Organisierung von Studierenden und Jugendlichen angepasst. Die entwickelten Methoden – von basisdemokratischen Treffen auf allen Ebenen neben der Aufteilung von Funktionen, über die Erstattung von Berichten und die Kultur von Kritik und Selbstkritik, bis hin zu der Arbeit in Kommissionen oder die Zahlung von Beiträgen – funktionieren, wenn sie ernsthaft angewandt werden. Sie müssen in der kommenden Zeit so schnell wie möglich verinnerlicht und angewandt werden, damit die YXK nicht „nur“ eine gemeinsame Ideologie und Mentalität verbindet, sondern auch ein System: es ist die Zeit eine Einheit zu werden! Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit zu wachsen. Die YXK muss viel mehr Jugendliche jeglichen Alters, Herkunft oder Beruf organisieren, die Arbeiten sind viel zu eng gefasst, weshalb sich unsere Perspektive oft nicht erweitert. Es ist die Zeit zu wachsen! Mit dem System der YXK und dem Ziel zu wachsen wird sich die YXK in die Demokratische Autonomie einbringen und ihren Platz an der Seite des kurdischen Volkes einnehmen, wenn es seine Freiheit endlich erkämpft, denn es ist die Zeit erfolgreich zu sein! In diesem Sinne verabschiedete der 17. Kongress der YXK seine Beschlüsse und Planungen: Beschlüsse des 17. YXK-Kongress: A. Allgemeine Beschlüsse 1. Oberste Priorität ist es sich das Paradigma einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft anzueignen und nach außen zu tragen. 2.Alle YXKlerInnen sind verpflichtet an den Veranstaltungen des Verbandes und denen des kurdischen Volkes, Demos usw. teilzunehmen. 3. Die kurdische Frage wird verstärkt an die Öffentlichkeit herangetragen. 4. Der Verband gründet in Deutschland und in anderen Ländern, in denen es organisierte StudentInnen gibt, Ortsgruppen. Mit den Arbeiten außerhalb Deutschlands wird ein Vorstandsmitglied speziell beauftragt. Die Arbeiten für den europaweiten Dachverband werden zukünftig intensiviert. Die YXK- Deutschland bereitet mit Stu15 dierenden-Organisationen in Europa die Gründung eines europaweiten YXK- Dachverbandes vor. Eine Konferenz der kurdischen Studierenden in Europa wird organisiert. 5. Die YXK-Jin stellt ihre selbstständige Planung und Beschlüsse, sofern sie den gesamten Verband betrifft, auf den betreffenden Plena vor. Dieser Raum ist fester Bestandteil jedes Treffens. Die Planung der YXK Jin wird vom gesamten Verband getragen. 6. Der YXK-Vorstand wird nach einer 40%-Quote nach Geschlecht besetzt. 7. Die Ortsgruppen bestehen aus mindestens 3 Mitgliedern. Die Ortsgruppen wählen zwei OrtsgruppensprecherInnen, eine Frau und einen Mann, die die Funktion gemeinsam ausführen. 8. Die Ortsgruppen halten möglichst wöchentlich, mindestens aber zweiwöchentlich ihre Versammlungen ab. Die Ortsgruppentreffen finden entsprechend einer festgelegten Tagesordnung statt und werden protokolliert. Die Protokolle werden an den/die RegionssprecherIn und alle Ortsgruppenmitglieder gesendet. Die Mitglieder, die nicht teilnehmen können, müssen den/die OrtsgruppensprecherIn über den Grund ihres Fehlens benachrichtigen. Die Versammlungen sollen unter Disziplin geführt werden. 9. Die OrtsgruppensprecherInnen sollen in Kontakt zur/zum RegionssprecherIn stehen und diese/n über Aktivitäten und Planungen schriftlich informieren. 10. Berichte der Ortsgruppe enthalten auch eine Bewertung zur aktuellen politischen Lage. Dazu wird ein neuer Leitfaden entwickelt. 11. Die Ortsgruppenmitglieder, die ihre Mitgliedsanträge noch nicht ausgefüllt haben, sollen diesen bis zum RONAHÎ 1. Dezember 2011 nachholen. Dabei sollen andere kurdische Studierende auch angeregt werden, offizielles Mitglied zu werden. Mitgliedsanträge sind von dem/ der OrtsgruppensprecherIn an die/ den RegionalsprecherIn weiterzugeben. 12. Jede Ortsgruppe schafft sich eine Festplatte an und archiviert ihre Arbeiten. 13. Eine der wichtigsten organisatorischen Arbeiten ist es, OberstufenschülerInnen zu erreichen und diese in die Ortsgruppen aufzunehmen. Die Ortsgruppen kommen ihrer Verantwortung, als Teil der Jugend, bei Bedarf auch Jugendliche zu organisieren, nach. Außerdem sollen die Ortsgruppen von Zeit zu Zeit Veranstaltungen organisieren, mit denen Jugendliche, v.a. OberstufenschülerInnen erreicht werden sollen. 14. Jede Ortsgruppe soll mit den anderen kurdischen Institutionen in der jeweiligen Stadt über Kommunikations- und Kooperationsstrukturen verfügen. Die YXK bringt sich aktiv in die bestehenden Volksräte ein. Die YXK entsendet ein Mitglied in die örtliche Jugendkommission sowie ein Mitglied in die örtliche Außenarbeitskommission. 15. Mit den studentischen und gesellschaftlichen Gruppen, mit denen man über gemeinsame Vorstellungen und Interessen verfügt, sollen Kontakte hergestellt und wenn möglich gemeinsame Aktivitäten durchgeführt werden. Es wird das Ziel gefasst, mit allen internationalistischen StudentInnen Kontakt aufzunehmen, diese Beziehungen zu vertiefen und diese an den Arbeiten des Verbands teilhaben zu lassen. 16. Jede Ortsgruppe veranstaltet zu Beginn des Semesters, verstärkt bezogen auf die Erstsemester, eine Aktivität, mit der sie sich vorstellt. Sofern noch nicht geschehen, melden sich die Ortsgruppen als Hochschulgruppe offiziell an. Die Ortsgruppen sind dafür zuständig, neuen Studierenden kurdischer und anderer Nation/Herkunft bei ihren studentischen und bürokratischen Anliegen behilflich zu sein. 17. Alle Ortsgruppen sollen sich auf AStA-Wahlen vorbereiten, mit Hochschulgruppen Kontakte knüpfen und intensivieren sowie bei Möglichkeit eigene KandidatInnen aufstellen. 18. Individuelle Beziehungen und Kontakte innerhalb der Universität sollen in Kontakte der Ortsgruppen und der gesamten YXK umgewandelt werden und somit offiziellen Charakter erhalten. 19. Die Ortsgruppen sollten sich an den ständigen Kommissionen des Verbandes orientieren. Sie sollten in ihren Ortsgruppen Verantwortliche zu den verschiedenen Schwerpunkten bestimmen, damit sich diese verstärkt den speziellen Aufgabenbereichen der Ortsgruppen widmen können und die Kommissionen gegebenenfalls unterstützen. 20. Jede Ortsgruppe übernimmt mindestens eine Aufgabe, die den ganzen Verband betrifft. 21. Jede Ortsgruppe kommt mit einem/r eigenen Vorstandskandidaten/in zum Kongress. 22. Die OrtsgruppensprecherInnen bilden gemeinsam mit der/dem RegionssprecherIn den Regionalvorstand. Dieser trifft sich alle ein bis zwei Monate mit allen Mitgliedern der entsprechenden Region zum Regionaltreffen. Die Ortsgruppen bereiten sich auf die Regionaltreffen vor und nehmen aktiv an diesen Teil. 23. Die Mitglieder der Ortsgruppen einer Region treffen sich neben den Regionaltreffen alle ein bis zwei Monate zu einem Bildungstag. Alle Ortsgruppen bereiten sich auf diesen Bil16 dungstag vor und gestalten diesen selbstständig. 24. Lese- und Bildungskreise werden eingeführt. 25. Es wird eine Fördermitgliedschaft eingerichtet. Die Fördermitglieder werden verstärkt in die Aktivitäten des Verbandes eingebunden. Darüber hinaus werden Aktivitäten für die Fördermitglieder veranstaltet. Der Mitgliedsbeitrag der Fördermitglieder liegt bei mindestens 10,00 Euro im Monat, kann aber auch freiwillig höher sein. 26. Die Öffentlichkeits-, Ronahîund die Übersetzungskomission werden zu der Presse- und Informationskommission zusammengelegt. 27. Die Kurdischkurs-Kommission wird zur Sprach- und Kulturkommission erweitert. 28. Die Planung des 17. YXK-Kongresses (siehe Anhang) wird angenommen und bis zum 18. YXK-Kongress umgesetzt. B. Beschlüsse der YXK-Jin 1. Die YXK-Jin trifft sich als Frauen der YXK zu autonomen Versammlungen a) Regionaltreffen der YXK-Jin finden in den jeweiligen Regionen statt. Alle Frauen einer Region treffen sich regelmäßig zu einer gemeinsamen Sitzung, um den Austausch untereinander zu ermöglichen. b) Alle Frauen der YXK-Jin treffen sich einmal vor dem YXK-Zwischenkongress sowie einmal vor dem YXKKongress zu einer Konferenz, um eigene Beschlüsse gemeinsam zu diskutieren und Projekte zu planen und um die Kandidatinnen der YXK-Jin für den Vorstand zu wählen. 2. Die YXK-Jin führt ihre eigene Bildungsarbeit durch. a) Die Vorstandsmitglieder der YXKJin kommen zeitnah, zum Kongress RONAHÎ zusammen, um sich für die zukünftige Arbeit zu bilden. b) Alle Frauen der YXK-Jin bilden in ihren jeweiligen Ortsgruppen und Städten Lesekreise, welche auf die Regionen erweitert werden. c) Jede Frau, die im Namen der YXK-Jin an einer Bildungsveranstaltung, an einem Lesekreis etc. teilgenommen hat, wird die erlangte Bildung an andere Frauen weitertragen. 3. Die YXK-Jin nimmt Frauen-spezifische Anlässe wahr und gestaltet diese aktiv. Dies sind vor allem der 6. Februar (Tag gegen Genitalverstümmelung), der 8. März (Frauen-Kampftag), der 4. April (An diesem Tag soll die Gelegenheit genutzt werden, sich den kurdischen Mütter unabhängig des Systems der Kapitalistischen Moderne zu widmen.) und der 25. November (Kampftag gegen Gewalt an Frauen). 4. Die YXK-Jin greift alle Kampagnen der kurdischen Frauenbewegung auf und trägt diese auf die universitäre Ebene. Alle Aktivitäten und Veranstaltungen der Frauenbewegung werden von der YXK-Jin begleitend unterstützt und getragen. Dazu zählt vor allem die Kraft und den Einsatz der Friedens-Mütter und aller anderen Frauen Kurdistans, wie der Diaspora an die Öffentlichkeit zu bringen. 5. Die YXK-Jin vertritt sich durch ihre eigenen Transparente und Flyer. C. Beschlüsse zu den ständigen Kommissionen Zu den Kommission 1. Die Mitglieder der ständigen Kommissionen werden vom 17. YXKKongress gewählt. Sie sollten sich auf die Arbeiten der Kommissionen konzentrieren und nicht in zu vielen unterschiedlichen Bereichen Aufgaben annehmen. 2. Die Kommissionen treffen sich alle ein bis zwei Monate und üben ihre Arbeiten eigenverantwortlich aus. 3. Jede Kommission wählt eine/ einen KommissionssprecherIn, die/ der in regelmäßigem Kontakt zum Vorstand steht und diesen schriftlich über die Aktivitäten der jeweiligen Kommission informiert. Finanz-Kommission 1. Jede Ortsgruppe bildet eine Finanzkommission aus min. 2 Personen, die Mitgliederbeiträge in der Höhe von 25 ğ zu Beginn des Semesters (innerhalb von 4 Wochen) einsammeln und an die Zentralkasse übergeben. 2. Bei einem Betrag in der Ortsgruppenkasse ab 250,- Euro muss der Überschuss an die Zentralkasse übergeben werden. 3. § 15 der Vereinssatzung muss unbedingt beachtet werden und ihm muss Folge geleistet werden. (dass immer min. 2 Kassenwarte zur Unterstützung und Prüfung des Finanzvorstandes vorhanden sind) 4. Der Vorstand hat Sorge zu tragen, dass bei großen Veranstaltungen Standplätze für den Verband vorhanden sind, sowie die Ortsgruppen dafür verant17 wortlich sind, auf lokalen Veranstaltungen präsent zu sein. 5. Jede Ortsgruppe soll im Rahmen der Möglichkeiten für ihre jeweiligen Veranstaltungen finanzielle Unterstützung suchen und sich dementsprechend selbstständig finanzieren (Beispiel: ASten, Ausländerreferate, Kulturgelder etc.) 6. Der Finanzbericht der Ortsgruppen ist im Rahmen der Ortsgruppentreffen an die Regionalverantwortlichen weiterzuleiten, die diesen dem Finanzvorstand weiterleiten. Der Finanzvorstand trägt diese Berichte zusammen und leistet den Kassenwarten Rechenschaft. 7. Der Verband stellt nach Möglichkeit Anträge bei Stiftungen, Hilfsorganisationen, die dem Verband politisch oder ideologisch nahestehen. 8. Die Finanzkommission erarbeitet einen Leitfaden, wie Finanzanträge gestellt werden können. Sprach- und Kulturkommission 1. Kontaktlisten von Kurdisch-LehrerInnen werden erstellt. 2. Die Kommission arbeitet mit der YMK und YEK-KOM und dem Kurdischen Institut in Köln zusammen, RONAHÎ etwa bei dem Ziel „Anerkennung der Ausbildung in kurdischer Sprache“. 3. Kommission steht in Rücksprache mit den Ortsgruppen. 4. Erarbeitetes in Berichten festhalten und archivieren, um bei Bedarf darauf zurückgreifen zu können. 5. Das Projekt Kurdisch-LernenLehren wird fortgesetzt. a) FreundInnen mit Kurdisch-Kenntnissen werden dazu animiert, an Ausbildungskursen teilzunehmen. b) Selbstlerngruppen werden in allen Ortsgruppen etabliert, falls keine professionelle Hilfe zur Verfügung steht. c) Bescheinigung der Kurdisch-Kur- se mit Zertifikaten. Allgemeine Anerkennung dieser Zertifikate ist Ziel der YXK. 6. Die kurdischsprachigen Wochenendseminare werden fortsetzen. 7. Die Organisation von Kursen und Veranstaltungen zur Förderung der kurdischen Kultur werden unterstützt. Dazu zählen unter ande-rem das Erlernen Instrumente zu spielen, Aneignung von Tänzen und Liedern, Praktizieren der kurdischen Sprache. 8. Kurdische Filmtage und das Halil Uysal Filmfestival werden von der Kommission unterstützt und in Zusammenarbeit mit Tev Cand werden zentrale Arbeiten übernommen. 9. Die Vielfalt der kurdischen Sprache mit ihren verschiedenen Dialekten und Mundarten wird erhalten und gepflegt. Presse- und Informationskommission 1. Die Homepage des Verbandes wird neu gestaltet. a) Ortsgruppen, Kommissionen und YXK-Jin erhalten eigenen Raum, den sie füllen können. b) Eine digitale Plattform für die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Texten, Präsentationen u.ä. wird eingerichtet. c) Die Sprachen der Homepage sollten Deutsch, Kurdisch, Englisch und weitere mögliche Sprachen sein. 2. Die Accounts unter dem Namen der YXK in sozialen Netzwerken u.ä. werden der Medienkommission übertragen. 3. Die Ronahî wird weiter zu einer ideologischen Schrift entwickelt. Für die YXK wichtige politische Schriften werden durch wissenschaftliche Texte 18 und Beiträge der eigenen Mitglieder und solidarischer AutorInnen ergänzt. Um Arbeiten des Verbandes, der Kommissionen und YXK-Jin darzustellen wird Raum gegeben. Hierzu ist der gesamte Verband verantwortlich Beiträge zu produzieren. 4. Die Sprachen der Zeitschrift sind Kurdisch und Deutsch. 5. Die Ronahî soll alle drei Monate in angemessener Qualität erscheinen und in größerer Stückzahl an immer mehr Jugendliche und Studierende im deutschsprachigen Raum gebracht werden. 6. Die Notizen der Gespräche zwischen Rêber Apo und seinen AnwältInnen werden ins Deutsche übersetzt. 7. Die Kommission knüpft ein Netzwerk zwischen den übersetzenden GenossInnen und koordiniert dieses gemeinsam mit dem Vorstand. a) Bezüglich der schriftlichen Übersetzung von Nachrichten und Stellungsnahmen wird enger mit anderen Institutionen (insbesondere ISKU) zusammengearbeitet. b) Simultan-ÜbersetzerInnen werden vermehrt ausgebildet. Internationalismus-Kommission 1. Ziel und Aufgabe der Internationalismus-Kommission ist der Aufbau von strategischen und taktischen Beziehungen zu nicht-kurdischen Organisationen. a) Mit diesen Organisationen werden Beziehungen geknüpft und kurz- und langfristige Planungen aufgestellt und Veranstaltungen organisiert (z.B.: Camps, Konferenzen etc.). b) Die Teilnahme an internationalen Veranstaltungen soll gewährleistet werden. (z.B.: 1. Mai, Weltfriedenstag etc.) 2. Die Internationalismus-Kommission organisiert Delegationen der YXK. a) Vor dem Antritt der Delegation RONAHÎ soll das Ziel des Vorhabens bestimmt werden. Die Planung für das dortige Vorgehen, die zu vereinbarenden Termine und Zusammenkünfte müssen vorher festgelegt werden. Ein detailliertes Programm wird vor der Reise angefertigt. b) Die TeilnehmerInnen der Delegationen werden zuvor sorgfältig ausgewählt (Kriterien: Sprachkenntnisse, Fähigkeit der Vermittlung der eigenen Organisation etc.) c) Die TeilnehmerInnen werden vor ihrer Reise gemeinsam an Vorbereitungsseminaren teilnehmen und z.B. Informationen über dort anzutreffende Organisationen und Persönlichkeiten erarbeiten. 3. Die Kommission lädt andere Organisationen und Persönlichkeiten zu den Veranstaltungen des YXK ein. a) Die einzuladenden Organisationen und Persönlichkeiten werden nach den Kriterien ausgewählt, inwiefern sie für den Verband und der Veranstaltung von Vorteil sind. b) Diesen werden vorab ausreichende Informationen über die Veranstaltung weitergeleitet und frühzeitig für die Versorgung und Unterkunft gesorgt. Sie werden in das Programm der Veranstaltung soweit möglich aufgenommen (z.B. durch Redebeiträge etc.). 4. Die internationalen kurdischen Veranstaltungen (z.B. das Amed-Camp und die Kampagne Tatort Kurdistan) werden unterstützt. 5. Die allgemeine Öffentlichkeit wird über aktuelle Ereignisse in Kurdistan regelmäßig informiert. Antirepressions-AG 1. Die Antirepressions-AG arbeitet dahingehend, den Verband vor Repressionen zu schützen, indem sie in den Verband hinein agiert. 2. Eine enge Zusammenarbeit mit AZADÎ und der Roten Hilfe findet statt. 3. In Fällen von Repression ist es die Verpflichtung der Mitglieder dies an die OrtsgruppensprecherInn anzutragen. Die Antirepressions-AG steht dem beratend zur Seite. Bildungskommission 1. Ein Reader mit Bachelor-Arbeiten und wissenschaftlichen Publikationen der Mitglieder zu den Themen KurdInnen, Kurdistan und Kurdische Frage wird erarbeitet. Ein Konzept für diesen Reader wird am Zwischenkongress vorgestellt. SchülerInnenkommission 1. Die SchülerInnenkommission initiiert ein Mentoring-Projekt. Jede/ jeder Studierende soll eine/ einen SchülerIn ein Semester lang betreuen. Dabei geht es darum, die SchülerInnen nicht nur auf ihrem Werdegang in der Schule zu betreuen, sondern auch auf sozialer, kultureller und familiärer Ebene. Dieses Projekt dient dazu den SchülerInnen ihren Weg in Richtung Studium zu erleichtern. 2. Es wird das Projekt „SchülerInnen helfen SchülerInnen“ gestartet. 19 a) In diesem Projekt sollen Schüler einander bei Problemen beistehen, um es präzise auszudrücken: „Schüler sollen sich gegenseitig fördern, indem sie Hilfe zur Selbsthilfe anbieten.“ b) Das Projekt wird von der SchülerInnenkommission betreut. c) Das Projekt organisiert Infoständen für SchülerInnen beispielsweise in den Städten, um TeilnehmerInnen anzuziehen. d) Das Projekt zielt auf die Förderung der kurdischen Kultur in den Schulen ab. Hierzu wird enger mit der Sprachund Kulturkommission zusammengearbeitet e) Kurdische LehrerInnen werden kontaktiert und in die Arbeiten einbezogen f) An den Schulen wird Nachhilfe angeboten, Räumlichkeiten der Schulen werden genutzt. Diese Arbeit kann auch mit Jugendhäusern durchgeführt werden. 3. Zunächst werden die oben genannten Projekte in den Ortsgruppen vorgestellt. Daraufhin setzen sich die Ortsgruppen mit den Vereinen in Verbindung, um die Projekte vorzustellen und diese gemeinsam ins Leben rufen. RONAHÎ Bio-Macht Deniz ÇEWLİK “Im Bio-Machtgefüge wird nicht mehr lediglich der Arbeiter oder geschweige denn nur eine Minderheit ausgebeutet. Das was hier nun ausgenommen wird ist das Leben selbst als Ganzes. Die Ausbeutung geschieht nicht allein in den Fabriken; es sind nicht mehr die Arbeitsstätten. Es sind der Lebensstil und die Bestrebungen nach Freiheit; das alles wird angegriffen. Das gesellschaftliche Leben ist nun nichts Weiteres als zu einem Objekt der Macht degradiert” Der Machtbegriff beschreibt einen Ausdruck womit man sich oft auseinandergesetzt hat. Insbesondere in den hierarchischen Modellen der Gesellschaft bzw. in den etatistischen Systemen ist der Machteinfluss fast überall ausfindig zu machen. In diesem Sinne ist ein Staat ohne Macht auch nicht vorstellbar. Wenn wir in diesem Rahmen von Macht sprechen, können wir Macht als etwas definieren, dass die rechtliche sowie die tatsächliche Autorität bzw. Gewalt beschreibt, womit die Gesellschaft gelenkt werden kann. Wenn wir Macht dagegen unverhüllt verstehen wollen, ist es natürlich nicht nur ein Instrument welches permanent von staatlicher Seite verwendet wird. Mit dieser Thematik hat sich insbesondere der französische Denker Michelle Foucault sehr beschäftigt und umfassende Thesen dazu aufgearbeitet. Vor allen Dingen, da aus unserer Perspektive die Demokratische Moderne nonkonformistisch von Macht gedeutet wird, ist es vielleicht von Bedeutung, Rolle und Wirkung der Macht auf der Gesellschaft separat zu behandeln und zu verstehen. Eines der wichtigsten Studienthemen Foucaults definiert seine Theorie über Wissen bzw. Macht (connaissance / pouvoir). Der Begriff der Bio-Macht erklärt ein Merkmal der These über Macht und Wissen. Dieser Ausdruck regiert in den entlegensten Bereichen des Lebens; es infiltriert sich überall - ohne sich je be20 merkbar zu machen - und erfüllt all seine Funktionen. Die Bio-Macht definiert eine Machtform, die abweichend von Paradigmen der rechtlichen Souveränität, sich in allen Lebensbereichen etabliert. Es gestaltet das gesellschaftliche Leben, indem es dieses beobachtet, inhaltlich gestaltet und nach Belieben entsprechend anpasst. Im Falle Bio-Macht dreht es sich bei der Macht, um die Produktion sowie Re-Produktion des Lebens. Im Bio-Macht Prozess der Macht wird eigentlich die Herstellung sowie Wiederaufbereitung des gesellschaftlichen Lebens gewährleistet. Im Bio-Machtgefüge wird nicht mehr lediglich der Arbeiter oder geschweige denn nur eine Minderheit ausgebeutet. Das was hier nun ausgenommen wird ist das Leben selbst als Ganzes. Die Ausbeutung geschieht nicht allein in den Fabriken; es sind nicht mehr die Arbeitsstätten. Es sind der Lebensstil und die Bestrebungen nach Freiheit; das alles wird angegriffen. Das gesellschaftliche Leben ist nun nichts Weiteres als zu einem Objekt der Macht degradiert. Auch wenn eines der wichtigsten Funktionen der Macht, die völlige Einkreisung des Lebens beschreibt, besteht die wesentliche Aufgabe darin, das gesellschaftliche Leben zu dominieren. So ist die Bio-Macht als ein Kontrollmechanismus zu begreifen, das tief in das Bewusstsein sowie in die Körper der Menschen eingreift, das bedeutet in alle sozialen Be- RONAHÎ ziehungen sowie Lebensweisen der Gesellschaft interveniert. Diese neue Macht inkludiert nicht nur formale politische Sphären, sondern wirklich das ganze Leben; Armut und Reichtum; die gesellschaftliche Produktion; d.h. tatsächlich alle Bereiche. Das, was nach Foucault ein Machtverhältnis also definiert, ist eine Handlungsweise, die auf das Handeln anderer wirkt. Foucault trifft auch eine Unterscheidung zwischen klassischer sowie moderner Macht. Er unterscheidet diese Machtformen in Hinsicht auf ihre Art und Weise wie sie im Angesicht von Leben und Tod wirken. Mit der klassischen Macht definiert er eine unmittelbar Gewalt ausübende Herrschaft, die ihre Macht aus ihrer Autorität über Leben und Tod zu entscheiden schöpft. Die moderne Macht beschreibt Foucault dagegen als indirekte Macht über Leben - anstelle des Todes vielmehr eine Macht die das gesellschaftliche Leben zu regulieren versucht ( M.Foucault, „Right of Death and power over Life“, New York 1984). Da nun kein Zentrum für Macht und Ausbeutung festgemacht werden kann, ist Macht und Ausbeutung nun überall zu orten. In der Kontrollgesellschaft; der Disziplinar-/ Überwachungsgesellschaft wird das menschliche Individuum anhand der repressiven Einrichtungen (Schule, Militär, Krankenhaus, Haftanstalt) so geformt, dass es nach gewünschtem Profil, selbst als ein biopolitisches Machtgefüge funktioniert. Am Beispiel der Schule kann Mensch sich Macht folgendermaßen vor die Augen führen: Dieses Machtverhältnis in schulischen Einrichtungen verdeutlicht am Modell "Fähigkeiten-Kommunikation-Macht" . Die Tätigkeit, soll hier den Erwerb von Fähigkeiten sichern und entfaltet sich sowohl durch geregelte Kommunikation in den Unterrichtsstunden, in Form von Ermahnungen, Fragen und Antworten als auch durch diverse Machtverfahren wie die der Belohnung und Bestrafung, der Abschließung, Überwachung und der Bildung von Hierarchienpyramiden ( M.Foucault, „Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses“ ). Statt das Individuum und die Gesellschaft zu verschließen, wird mit anderen Worten die Gesellschaft in etwas versetzt, in der es nach eigenen Freiheiten und Wünschen zu kontrollieren bzw. zu lenken ist. In der Überwachungsgesellschaft - wie auch Foucault hier betont bestehen zahlreiche Regelungsmechanismen und eine breite Palette an Instrumenten, in der die feinsten Details der Gesellschaft überwacht werden können. D.h. man kann hier bereits von Selbstregulierung sprechen. Macht legt kodierte, bereits vordefinierte Wahlen und Wünsche fest und bietet diese als Kriterien der freien Persönlichkeit bzw. als eine Subjektivität dar. In der Kontrollgesellschaft, werden alle Wünsche des Individuums, mit der Aufnahme in das System als Freiheiten geformt. Gerade dies - die Einbeziehung des externen ins das Innere - beschreibt die mechanische Präsenz bzw. Eigenschaft des bio- politischen Machtsystems. 21 Auch in puncto der Lebenserwartungsspanne der Bevölkerung, des Gesundheitszustandes etc. wirkt insbesondere Bio-Macht ein. Denn die Lebensdauer und die damit im Zusammenhang stehenden sämtlichen Konditionen die darauf einwirken - werden schlussendlich durch eine eine Reihe von Interventionen realisiert und das ist nichts anderes als die Bio-Politik der Bevölkerung. Die souveräne Macht, die einst durch das Töten symbolisiert wurde, wird jetzt durch exakte Kalkulationen an der Population sowie der Kontrolle bzw. des Managements am menschlichen Körper vollzogen. Auf diese Weise entsteht eine Ära der Bio-Macht. Foucault argumentiert sogar, dass die BioMacht, eine wesentliches Element der Entwicklung des Kapitalismus sei; da der Kapitalismus versucht hätte die Menschen in den wirtschaftlichen Produktionsprozess einzugliedern und andererseits versucht hätte die Populationszahlen je nach ökonomischem Stand entsprechend anzupassen. Gerade wenn wir hier den Terminus Macht bzw. Herrschaft versuchen zu beschreiben, sollten wir vielleicht an erster Stelle auch auf den Gewaltbegriff ein wenig eingehen. Da es an für sich RONAHÎ nicht einfach ist eine Unterscheidung zwischen Herrschaft und Macht bzw. Macht und Gewalt zu machen. Nach dem Soziologen Max Weber ist Macht eigentlich eine gerechtfertigte bzw. legitimierte und im Rahmen einer minimalen Einwilligung vollzogene Gewaltform. Die Gewalt ist demnach ein untrennbarer Bestandteil von Macht. Weber definiert Macht wie folgt: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ ( Max Weber, S.121, UTB, Berlin 2007). Um zum eigentlichen Thema nochmal zurückzukommen, definiert der Machtbegriff Foucaults einen der am schwierigsten zu begreifenden Ausdrücke. Es erscheint hier beachtenswert, dass er hier Macht nicht lediglich mit dem Staat sowie den -staatsbildenden Mechanismen in Verbindung setzt. Denn wenn Mensch sich den Staat und die diese Apparatur bzw. diesen Komplex zu errichtende Prozesse weglassen oder nicht vorstellen würde, würde sich die Herrschaft/ die Macht verhüllen. Das bedeutet, dass Macht von der Gesellschaft bereits so verinnerlicht wurde, dass nach Wunsch des Systems, eine Selbstregulierung bereits eingetroffen hat. Belagerung der Sexualität Innerhalb Foucaults Theorie gesellschaftlicher Macht nimmt auch die Sexualität eine zentrale Position ein. In seinem Werk „Sexualität und Wahrheit“ macht er weiterhin folgende Auslegungen zum Machtbegriff: Hier unterscheidet er in vier Formen, inwieweit die Bio-Macht, d.h. BioPolitik auch auf der Sexualität einwirkt, und zwar einerseits durch Ausgrenzungen, Ablehnungen, dem Verstecken sowie des Maskieren. Das Machtver- hältnis zur Sexualität sieht so aus, dass es nichts weiter als eine Anweisung bzw. Untersagung für etwas hervorbringt. Ansonsten besteht kein einziger Nutzen daraus; denn entweder schafft es Lücken oder einen Mangel; es ignoriert, schafft Brüche und setzt Grenzen. Grundlegend kann man sagen, dass Macht ein sogenanntes Sexualitätsgesetz diktiert. Es verhindert zudem, dass Sexualität in einer verständlichen Form, in ein funktionales System integriert bzw. aufgenommen wird. Es wird anhand ihrer Beziehung mit dem Gesetz enthüllt. Die Eroberung von Sexualität wird anhand der Sprache, oder besser gesagt mittels des Rechts vollzogen; denn Macht spricht und das ist in der Regel Gesetz. Der Verbotszyklus: Macht übt auf der Sexualität bloß ein Verbotsgesetz aus. Denn Macht intendiert, dass Sexualität sich selbst aufgibt. Ihr Werkzeug ist es mit einer Strafe zu drohen; die Strafe selbst ist jedoch die Auflösung der Sexualität selbst. Andererseits versucht Mensch durch Macht, ein logisches Verständnis für die Zensur zu entwickeln. Man bestätigt, dass es nicht erlaubt sei, man verhindert den Ausspruch, ja sogar die Existenz. Die Logik der Macht über der Sexualität besteht darin, die Nicht-Existenz, das Schweigen über ein widersprüchliches Gesetz zu bewahren. Institutionalisierung des Geständnisses Eine weitere Methode der Macht, ist die Institutionalisierung zur Bekenntnis. Das Bekenntnis zur Wahrheit diente der Macht insbesondere dazu, die Bevölkerung zu individualisieren. Im Westen diente die Bekenntnis dazu, das Wahre herauszubilden. So wurde es in weite Gebiete getragen: wie zum Rechtswesen, der Medizin, der Lehre, 22 den Beziehungen usw. Man bekannte sich zu Straftaten, sprach seine Gedanken aus, seine Wünsche. Vor Institutionen und auch in spezielleren Bereichen wurde auch ein Bekenntnis gemacht: den Vätern, den Lehrenden, den Ärzten gegenüber. Foucault behauptet hier, dass der Mensch im Abendland so zu einem BekenntnisTier wurde - insbesondere auch durch die Einwirkung der Dominanz der Kirche. Foucault beschreibt hier zwei Methoden zur Herstellung der Wahrheit bzgl. der Sexualität - die in diesem Zusammenhang entstanden sind: a) Gesellschaften die eine sog. ars erotica gebildet haben. Dazu zählen insbesondere Länder wie China, Japan, Indien sowie einige arabische Länder. Diese haben die Sexualität in erster Linie für sich selbst behandelt; als Vergnügen, b) Gesellschaften die eine sog. scientia sexualist geschaffen haben; dies war hauptsächlich die westliche Welt. Ab dem 19.Jahrhundert wurden in Bezug auf der Geschlechtlichkeit ein besonderes Wissen sowie Machtvorrichtungen entwickelt - anhand: a) der Hysterisierung des weiblichen Körpers b) der Sozialisierung des Fortpflanzungsverhaltens c) der Kinder- Sexualerziehung d) der Behandlung von psychologisch bedingten Krankheiten. Sexuelle Orientierungen und auch demografische Indikatoren bilden eine enge Beziehung zur Bio-Macht. Die Sexualität wird im bio-machtpolitisichem Kontext hier nur grob beschrieben, um überhaupt ein Verständnis für diesen Mechanismus herzustellen. Zusammengfasst kann jedoch argumentiert werden, dass das kapitalistisch - sexistische Klassensystem auf der Gesellschaft eine Machtpolitik ausübt. Diese Machtpolitik wird genau genommen durch die Bio-Macht vollzogen. RONAHÎ Barzani oder Öcalan? Zwei Konzepte der kurdischen Nationsbildung Nick BRAUNS “Eine Lösung der kurdischen Frage muss in allen Teilen Kurdistans sowohl die Aufhebung der Kolonialherrschaft wie eine Beseitigung der feudal geprägten sozioökonomischen Strukturen beinhalten. Einseitig auf nationale Befreiung durch einen eigenen Staat zielende Konzepte sind ebenso zum Scheitern verurteilt wie Herangehensweisen, die die koloniale Unterdrückung vernachlässigen und die kurdische Frage alleine als ein Problem wirtschaftlicher Unterentwicklung darstellen” Die kurdische Frage in ihrer heutigen Form ist das Ergebnis der von den Großmächten betriebenen Aufteilung des Nahen- und Mittleren Ostens nach dem Ersten Weltkrieg. Mehrfach schien der kurdische Traum eines eigenen Staates greifbar nahe zu sein. Doch immer wieder mussten die Kurden die Erfahrung machen, dass sie nur Spielfiguren auf dem Schachbrett der Großund Kolonialmächte sind. Die Briten hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg versucht, die Kurden aufzuwiegeln, um so die ölreiche osmanische Provinz Mosul kontrollieren zu können. Der den Osmanen von den Alliierten diktierte Friedensvertrag von Sèvres 1920 sah aus diesem Grund einen eigenen kurdischen Staat vor. Doch nach dem türkischen Befreiungskrieg unter Mustafa Kemals Führung, an dem sich auch kurdische Stämme beteiligt hatten, fanden die Kurden auf der Friedenskonferenz von Lausanne 1923 keine Vertretung. Ihre Siedlungsgebiete wurden auf die Staaten Türkei, Irak, Iran und Syrien aufgeteilt. Mit der von Ölinteressen diktierten Grenzziehung wurde ein bis heute ungelöster nationaler Widerspruch erzeugt, der vom Imperialismus immer wieder zur Einflussnahme in der ganzen Region genutzt wird. Die kemalistische Regierung der Türkei begann bereits kurz nach Vertragsunterzeichnung mit der Zwangs23 assimilation nichttürkischer Minderheiten. Kurdischer Widerstand zur Verteidigung traditioneller Autonomierechte wurde blutig niedergeworfen. Rund 1,5 Millionen Kurden wurden bis Ende der 30er Jahre aus ihren Siedlungsgebieten deportiert oder ermordet. In der Entstehung der kurdischen Frage zeigte sich am deutlichsten der unzulängliche Charakter der von Mustafa Kemal geführten und auf halben Weg abgebrochenen bürgerlichen Revolution der Türkei. So endete das Modernisierungsprogramm des kemalistischen Staates westlich des Euphrat. Um das Emporkommen einer konkurrierenden kurdischen Bourgeoisie zu verhindern, wurden die kurdischen Gebiete von der Zentralregierung in Ankara in permanenter wirtschaftlicher Unterentwicklung gehalten. Die Frage der Beseitigung feudaler Beziehungen auf dem Lande als erste und wichtigste Aufgabe jeder bürgerlichen Revolution wurde von den Kemalisten niemals ernsthaft angepackt. Großgrundbesitzer, Scheichs und Sippenchefs repräsentierten so in den kurdischen Landesteilen weiterhin die unantastbare ökonomische, politische und religiöse Autorität. In Gegenden, wo die feudalen Beziehungen stark waren, ist der Staat fortan Bündnisse mit den Grundherren, Clanführern und religiösen Würden- RONAHÎ trägern gegen das Volk eingegangen, die dadurch zu einer Agentenklasse wurden. Weil die bürgerliche "Demokratie" in der Türkei sich stets auf die Bajonette der Armee stützte und mit den Feudalherren arrangierte, konnte sie bis heute weder ernsthafte Schritte in Richtung wirklicher Demokratisierung unternehmen, noch die kurdische Frage lösen. Eine Lösung der kurdischen Frage muss in allen Teilen Kurdistans sowohl die Aufhebung der Kolonialherrschaft wie eine Beseitigung der feudal geprägten sozioökonomischen Strukturen beinhalten. Einseitig auf nationale Befreiung durch einen eigenen Staat zielende Konzepte sind ebenso zum Scheitern verurteilt wie Herangehensweisen, die die koloniale Unterdrückung vernachlässigen und die kurdische Frage alleine als ein Problem wirtschaftlicher Unterentwicklung darstellen. Nach den niedergeschlagenen kurdischen Aufständen in der Türkei und dem Irak in den 20er und 30er Jahren lassen sich zwei Wege der kurdischen nationalen Befreiung erkennen. Die eine von der ostkurdi- schen Republik Mahabad 1946 bis zur heutigen Autonomieregion in Südkurdistan reichende Linie, die auf Befreiung durch einen Nationalstaat setzt, ist eng mit dem Namen des Barzani-Clans verbunden. Die andere Linie, die nicht eine staatliche Form sondern den demokratischen Inhalt in den Vordergrund stellt, wird durch Abdullah Öcalan und die Arbeiterpartei Kurdistans PKK vertreten. Von Mahabad nach Hewler Die 1946 in der Stadt Mahabad im Iran ausgerufene »Republik Kurdistan« gilt als Symbol kurdischer Selbstbestimmung. Ihr Scheitern zeigt zugleich das Dilemma des bis heute mit dem Namen Barzani verbundenen Konzeptes eines von den Stämmen getragenen und von Großmachtinteressen gestützten kurdischen Nationalismus. Als während des Zweiten Weltkrieges die verbündeten britischen und sowjetischen Truppen in den Süden und Norden des Iran einrückten, entstand ein Machvakuum um das kurdische Gebiet um Mahabad. Um den Einfluss der USA und Großbri24 tanniens zurückzudrängen, ermutigten sowjetische Agenten den Demokratische Partei Kurdistans-Iran, den Richter und religiösen Führer von Mahabad Ghazi Mohammed zur Ausrufung einer kurdischen Republik. Die Republik Kurdistan umfasste ungefähr ein Drittel des kurdischen Siedlungsgebietes im Iran mit rund einer Million Einwohnern. Doch ihr reeller Einfluss blieb auf städtische Zentren beschränkt, da viele strenggläubige Stammeskurden gegenüber der unter dem Schutz der atheistischen Sowjetunion gebildeten Republik Distanz wahrten. Innerhalb der anfangs noch sozialreformerisch orientierten Demokratische Partei KurdistansIran verhinderten neu hinzu gestoßene feudale Großgrundbesitzer eine Bodenreform. Gestärkt wurden diese konservativen Kräfte durch den mit tausend Stammeskriegern und ihren Familien vor irakischen Truppen in den Iran geflohenen Partisanenführer Mullah Mustafa Barzani, der zum starken Mann von Mahabad wurde. Da die zugesagte sowjetische Militärhilfe ausblieb, war die Republik auf den Schutz der UdSSR angewiesen. Doch für die Sowjetdiplomatie dienten die Kurden vor allem als Druckmittel, um Ölkonzessionen im Nordiran zu erlangen. Als die Rote Armee vertragsgemäß im November 1946 aus dem Iran abzog, bedeutete dies den Todesstoß für die kurdische Republik. Wichtige Stammesführer hatten zu diesem Zeitpunkt längst aufgrund von Partikularinteressen ihren Frieden mit Teheran gemacht. Am 16. Dezember 1946 marschierte die iranische Armee kampflos in Mahabad ein. Ghazi Mohammed wurde zusammen mit seinem Vetter Seif und seinem Bruder Sadr im Morgengrauen des 31. März 1947 in Mahabad hingerichtet. Barzani floh mit RONAHÎ 500 seiner Krieger ins sowjetische Exil. 1974 hatte sich der Schwerpunkt des kurdischen Freiheitskampfes in den Irak verlagert. Schutzmacht des Partisanenführers Mullah Mustafa Barzani war nun die USA, die gemeinsam mit Israel über ihren engsten Verbündeten Persien die Peschmerga mit Waffen und logistischer Hilfe versorgten. Doch auf dem Höhepunkt der Kämpfe 1975 ließ US-Außenminister Henry Kissinger seine Schützlinge aus taktischen Gründen fallen, als Persien im Abkommen von Algier seine Grenzfragen mit Irak regelte. Die USA ignorierten ihre im Geheimen gegenüber Barzani gegebenen Versprechungen. Der Schah schloss die Grenze und sperrte Barzanis Kämpfern den Waffennachschub und den Rückzugsraum. Die Peschmerga erlitten ihre bisher größte Niederlage gegen die irakische Armee. “Der größte Fehler meines Lebens war es, den USA zu vertrauen”, erklärte der geschlagene Mullah Mustafa Barzani auf seiner Flucht. Sein Sohn Massoud, der nun die Demokratische Partei Kurdistans weiterführte, scheint daraus nichts gelernt zu haben. Im Anschluss an die US-geführte Militärintervention gegen den Irak 1991 ermutigte USPräsident George Bush Sen. die Kurden im Irak zum Volksaufstand. Innerhalb weniger Tage waren die kurdischen Gebiete von der Diktatur der Baath-Partei befreit. Doch dann zogen sich die USA zurück. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit schlugen die Truppen Saddam Husseins den kurdischen Aufstand nieder. Zwei Millionen Kurden flohen in den Iran und in die Türkei. Erneut waren die Kurden ein Opfer ihres Vertrauens in eine Großmacht geworden. Nach dem Golfkrieg 2003, in dem sich die Peschmerga der großen kur- dischen Parteien KDP und PUK als Bodentruppen der US-geführten Invasoren zur Verfügung stellten, wurden sie mit einer Autonomieregion in drei kurdischen Provinzen unter KDP-Führer Massoud Barzani als Präsidenten und dem Posten des irakischen Staatspräsidenten für PUKFührer Jalal Talabani belohnt. Seitdem weht zwar die kurdische Fahne im Nordirak, es gibt ein kurdisches Parlament und leicht bewaffnete kurdische Peschmerga-Streitkräfte. Die eher in Form von Stammeskonföderationen organisierten Parteien KDP genständige wirtschaftliche Entwicklung eines unabhängigen kurdischen Staates im Nordirak wäre. Umgeben von Feinden ist die “Region Kurdistan” vollständig abhängig vom Schutz und den Dollars der USA. Die Regionalregierung in Hewler ist hilflos gegenüber den regelmäßigen Bombardierungen grenznaher Gebiete durch die türkische und iranische Armee. Ein „freies Kurdistan“ existiert in Südkurdistan so nur der äußeren Form nach. Es wird sich zeigen, ob sich die tragische Geschichte des 20.Jahrhunderts wiederholt und die USA die Kurden als ihre bislang engsten Verbündeten im Irak erneut fallen lassen werden. Von Ankara nach Amed und PUK haben einen durch und durch korrupten Polizeistaat errichtet. Soziale Proteste werden gewaltsam niedergeschlagen, in kurdischen Gefängnissen wird gefoltert und die sich auf Abdullah Öcalan beziehende „Partei für eine Demokratische Lösung Kurdistans“ PCDK wurde verboten. Die USA verhindern im Bündnis mit arabischen Parteien und der türkischen Regierung zudem die Durchführung eines von der irakischen Verfassung vorgesehenen Referendums über einen möglichen Anschluss der erdölreichen Region um Kirkuk an das kurdische Autonomiegebiet was eine Voraussetzung für eine ei25 Die Gründung der PKK im Jahr 1978 bedeutete einen Bruch mit den bisherigen Konzepten, die Freiheit der Kurden zu erlangen. Das zeigt sich bereits an der Biographie eines Großteils der Gründer der Partei. So waren Abdullah Öcalan und seine Genossen keine religiösen Würdenträger wie die Aufstandsführer der 20er und 30er Jahre Sheikh Said und Seyid Riza oder der Präsident der Republik Mahabad, Ghazi Mohammed. Sie waren keine Oberhäupter bekannter und mächtiger Clans wie die Barzanis, sondern junge Männer und Frauen aus dem Volk, die ihre Jugend meist auf dem Dorf verbracht hatten und als erste in ihren Familien zum Studium nach Ankara gingen. Beeinflusst von den weltweiten antikolonialen Kämpfen ebenso wie von der revolutionären Jugendbewegung in der Türkei und deren Führern Mahir Cayan und Deniz Gezmis versuchen Öcalan und seine Genossen, das sozialistische Gedankengut auf die kurdische Situation anzuwenden. RONAHÎ Aus der Niederlage Mollah Mustafa Barzanis, der bis dahin auch von vielen Kurden in der Türkei als unangefochtener Führer gesehen wurde, zog Öcalan die Lehre, dass sich ein Befreiungskampf allein auf die eigene Stärke verlassen müsse. Keinesfalls dürfe sich eine Befreiungsbewegung in ein Abhängigkeitsverhältnis von einer der Großmächte bringen lassen. Barzani war in Öcalans Augen das typische Beispiel eines „primitiven“ Nationalisten, der sich auf rückständige feudale Stammesstrukturen stüt- durch kurdische Feudalherren gleichermaßen. Im programmatischen Manifest der PKK von 1978 liest sich das wie folgt: „Die Formierung der Feudal-Kompradoren-Schicht während der Entwicklungsphase des türkischen Kolonialismus in eine Agentenstruktur, die Unmöglichkeit der Entwicklung des nationalen Kapitalismus und die darauf folgende Nichtentstehung einer national-bürgerlichen Klasse und die materielle Abhängigkeit der städtischen Kleinbourgeoisie vom türkischen Kolo- ze. Alle bisherigen kurdischen Aufstände seien gescheitert, weil sie weder wirklich sozialistische noch konsequente nationale Befreiungskämpfe waren. Im Unterschied zum Barzani-Clan setzt die PKK in ihrem fast 35 jährigen Widerstand nicht auf feudale Würdenträger und Stammesloyalitäten, sondern mobilisiert arme Bauern, die Bewohner der städtischen Elendsviertel und insbesondere die Frauen gegen den türkischen Kolonialismus und die Unterdrückung nialismus und von der Feudal-Kompradoren-Schicht lässt die ArbeiterBauern-Allianz als Hauptkraft übrig.“ Dazu kommen die Jugend und die Intellektuellen sowie die städtische Kleinbourgeoisie als Bündnisschichten. Ausgehend von dieser Klassenanalyse der kurdischen Gesellschaft richteten sich die ersten Aktionen der PKK Ende der 70er Jahre auch nicht direkt gegen den türkischen Staat, sondern gegen dessen kurdische Agenten in Form von Großgrundbesitzern und Clanchefs. Erst im August 26 1984 begann der bewaffnete Kampf gegen die türkischen Besatzungstruppen. Ein auf die armen Volksmassen gestützter Freiheitskampf entwickelt eine ganz andere Dynamik als die von Stammes- und Religionsführern geleiteten Kämpfe von Stammesföderationen. Wo religiöse Trennung zwischen Sunniten und Aleviten und feudale Stammesgrenzen- und -feindschaften bislang einen gemeinsamen Widerstand verhindert hatten und oft genug zu Verrat aus kurzsichtigen und egoistischen Motiven einzelner Stammesführer führten, gelang es der PKK, diese feudalen Schranken in zunehmenden Maße zu überwinden. Die Einheit der Volksmassen wurde um die Fahne des kurdischen Patriotismus gebildet. Bei ihrer Gründung 1978 trat die PKK noch für ein aus vereinigtes Kurdistan als eigenständigen Staat ein. Dieses längst aufgegebene Ziel war schon damals nicht primär separatistisch gemeint, sondern fügte sich in eine antiimperialistische Strategie zur Befreiung der Türkei und der Nahostregion insgesamt ein. Im Gründungsmanifest der PKK von 1978 wird Kurdistan so als das schwächste Glied der imperialistischen Kette im Mittleren Osten und zugleich der zu lösende „gordische Knoten“ in der Region charakterisiert. „So, wie die Revolution Vietnams unter Führung des Proletariats eine Schlüsselrolle für die Revolution Indochinas gespielt hat, so wird auch die Revolution Kurdistans unter unterschiedlichen zeitlichen und örtlichen Voraussetzungen unter der Führung des Proletariats für die Volksrevolutionen des Mittleren Ostens eine Schlüsselrolle spielen.“ Die meisten türkischen sozialistischen Organisationen hatten ein Etappenkonzept vertreten. Demzufolge RONAHÎ müsse zuerst die Türkei vom Imperialismus befreit werden müsse, ehe das Selbstbestimmungsrecht der Kurden zu realisieren sei. Dagegen äußerte PKK-Mitbegründer Kemal Pir, der selber türkischer Herkunft war und sich als Internationalist den Revolutionären Kurdistans um Öcalan angeschlossen hatte, die Überzeugung, dass der Weg der Befreiung der Türkei über die Freiheit des kurdischen Volkes führen müsse. Dies entsprach dem Diktum von Marx und Engels, wonach ein „Volk, das andere unterdrückt, sich nicht selbst emanzipieren“ könne. Nachdem die PKK durch Serhildans (Volksaufstände) Anfang der 90er Jahre zur Massenbewegung auch in den Städten geworden war, verkündete Abdullah Öcalan im März 1993 den ersten großen Waffenstillstand. Dabei rückte er vom bisherigen Maximalziel der Unabhängigkeit ab. „Uns geht es nicht unbedingt um eine sofortige Abtrennung und Loslösung von der Türkei. Wir sind dafür, auf der Basis gleichberechtigter politisch-militärischer Gleichheit in brüderlichen Beziehungen zusammenzuleben. Wenn dies durch eine neue Verfassung gesichert würde, können wir unseren Kampf auf eine politische Ebene transformieren.“ An dieser Linie der PKK, wonach das Ziel nicht Unabhängigkeit um jeden Preis sondern geschwisterliches Zusammenleben auf gleicher Augenhöhe ist, hat sich bis heute nichts geändert. Statt für einen zwangsläufig von einer imperialistischen Schutzmacht abhängigen kurdischen Nationalstaat, der sich als Falle für das kurdische Freiheitsstreben entpuppt, tritt die von der PKK geführte Befreiungsbewegung heute für demokratische Autonomie durch rätedemokratische Selbstorganisation in allen Teilen Kurdistans ohne Veränderung der Staatsgrenzen ein. So könnte den Großmächten die kurdische Karte aus der Hand genommen werden, benennt Öcalan eine solche Lösung der kurdischen Frage zugleich als Voraussetzung für eine eigenständige demokratische Entwicklung des Mittleren Ostens. Nicht Bündnisse mit imperialistischen Großmächten wie EU und USA, die ihre eigene Agenda vertreten, sondern das Bündnis der unterdrückten kurdischen Nation mit den Unterdrückten der Unterdrückernationen - mit den türkischen, iranischen, arabischen Werktätigen, Frauen und ethnischen und religiösen Minderheiten - kann den wirklichen demokratischen und sozialen Wandel im Nahen Osten bringen. Notwendig ist für ein solches Bündnis eine sozialistische Programmatik, die das Selbstbestimmungsrecht der Kurden und anderer unterdrückter Nationen mit den sozialen Interessen der Werktätigen und der Souveränität der Völker des Mittleren Ostens gegen imperialistische Einmischung verbindet. Ihre heutige Stärke konnte die kurdische Bewegung in der Türkei durch die zeitweilige Separation von einer im Banne des Kemalismus gefangenen Linken in der Türkei erreichen. Während die türkische Linke den Schlägen der Putschjunta nach dem 12. September 1980 nicht standhalten konnte, wuchs der Widerstand gegen die Militärdiktatur in Kurdistan kontinuierlich an. Es gehört zur Dialektik der Geschichte, dass die kurdische Befreiungsbewegung, deren Wurzeln in der türkische Linken der 60er und 70er Jahre liegen, heute zum Kraftreservoir dieser schwachen sozialistischen Linken geworden ist. Symbolisch dafür steht die Tatsache, dass im Rahmen des aus der prokurdischen Partei für Frieden und Demokratie BDP und sozialistischen Organisationen gebildeten „Blocks für Arbeit, Demokratie und Freiheit“ erstmals seit den 60er Jahren wieder radikale 27 türkische Sozialisten ins Parlament gewählt wurden. So bewahrheitet sich Kemal Pirs Erkenntnis, dass die Befreiung der Türkei von imperialistischer Dominanz und Kapitalherrschaft über die Befreiung Kurdistans führt. Abdullah Öcalan über zwei Wege der kurdischen Nationsbildung „Im Moment versuchen die Kurden gerade mit zwei ineinander verschränkten Methoden gleichzeitig, zu einer Nation zu werden. Die erste Methode ist die der primitiv-nationalistischen, feudal-bourgeoisen kurdischen Oberschicht, welche vom westlich-kapitalistischen System unterstützt wird und ihr Programm vorläufig im föderalen kurdischen Staat im Irak konkretisiert. Die zweite ist die Methode des werktätigen kurdischen Volkes, die auf der eigenen Kraft beruht und bezweckt, zu einer demokratischen und freiheitlichen Nation zu werden. Während die erste von reaktionären Interessen geleitet wird und feudale, religiöse und Stammesbindungen benutzt, beruht die zweite auf demokratischen und freiheitlichen Beziehungen, für die enge Stammesgrenzen und feudale und religiöse Tendenzen keine Rolle spielen. Während die Vertreter der ersten Methode hauptsächlich unter den Bedingungen der US-Besatzung in Irakisch-Kurdistan die Führung zu übernehmen versuchen, versucht die zweite, gestützt auf die eigene Kraft, einer anderen Interpretation von Kurdistan zum Durchbruch zu verhelfen – nicht als Hemmschuh für die Demokratisierung der Türkei zu wirken, sondern als ihr Antrieb.“ (Abdullah Öcalan: Jenseits von Staat, Macht und Gewalt, Neuss 2010, S.350) RONAHÎ Öko-Feminismus Janet BİEHL “Die vom kulturellen Feminismus beeinflussten ökofeministischen Autorinnen tendieren ebenfalls dahin, Frauen eine größere "Nähe zur Natur" zuzuschreiben als Männern und ihre wahre Natur als ursprünglich ökologischer als die männliche zu betrachten. Sie legen uns nahe, vom Neolithikum eine Lebensweise zu lernen, die gleichzeitig geschlechtsegalitär ist und die Natur nicht unterdrückt” Der nordamerikanische Ökofeminismus entstand um 1974 am Institut für Soziale Ökologie in Vermont als ein Versuch, linke politische Theorie zu verbreitern und dahingehend zu transformieren, dass sie beides: Feminismus und Ökologie enthält. Wie die Soziale Ökologie, von der er beeinflusst ist, versprach auch der Ökofeminismus ursprünglich, die linke soziale und politische Analyse so zu erweitern, dass sie das Beziehungsgeflecht aller Herrschaftsstrukturen beinhaltet. Schon in der Sozialen Ökologie ist die Kritik der Hierarchie fundamentaler als es der Begriff von der "Klasse" vermag. Im Ökofeminismus bestand nun die Möglichkeit, Feminismus mit Anarchismus, libertärem Sozialismus und sozialer Ökologie zu verbinden. Und dies konkret, nicht idealistisch im philosophischen Sinn. Das Ziel waren politische, nicht individuelle Lösungen. Das Potential des Ökofeminismus umfasste mehr als das traditionell "Linke". Vierzehn Jahre später ist zu sagen, dass dieses Potential nicht umgesetzt wurde. Sobald er sich etabliert hatte, wurde der Ökofeminismus vom "kulturellen Feminismus" vereinnahmt. Dabei wurde das revolutionäre Potential völlig neutralisiert. Weit davon entfernt, die linke politische Theorie zu erweitern, hat der Ökofeminismus stattdessen Frau 28 und Natur von der linken Theorie abstrahiert und sich damit selbst eingeschränkt. Der Versuch einer ernsthaften Kritik des Kapitalismus und des Nationalstaats wurde aufgegeben und stattdessen die persönliche Veränderung betont, dabei sogar Göttinnen-Kult als Quelle sozialer Veränderung angesehen. Weit davon entfernt eine konkrete politische Analyse zu erstellen, bietet er hauptsächlich seine Metaphern über eine angenommene Beziehung zwischen Frau und "Natur", und schreibt die Unterschiede zwischen Mann und Frau auf der ganzen Linie fest. Allmählich setzte sich der Ökofeminismus nicht nur von allem Linken ab, sondern wurde sogar reaktionär. Jedes revolutionäre Projekt muss sich sowohl auf feministische wie ökologische Belange beziehen, weil dieser doppelte Bezug im Ökofeminismus angesprochen ist, muss er als politische Bewegung rekonstruiert werden. Um aber zu verstehen, wie es zum gegenwärtigen Zustand kam, müssen wir uns kurz die Entwicklung der Ideen, die als Ökofeminismus bekannt sind, vor Augen führen. Frau und Natur Die Konvergenz zwischen feministischem und ökologischem Denken war nicht willkürlich. Zu vielen (wenn auch RONAHÎ nicht allen) Zeiten in der westlichen Kultur, und in vielen (wenn auch nicht allen) nicht westlichen Kulturen wurden den Frauen bestimmte Beziehungen zur Natur zugesprochen, die Männer nicht haben. Länger als ein Jahrzehnt haben Ökofeministinnen verschiedene Interpretationen der vagen und lockeren Formulierung von "Frau und Natur" oder "die Beherrschung der Frau und die Beherrschung der Natur" vorgenommen. Insgesamt lassen sich ihre Thesen drei grundsätzlichen Argumentationslinien zuordnen. "Frau und Natur" als die " Anderen" Die erste Argumentationslinie war die zweier Autorinnen, die den Ökofeminismus in seinen Anfangsjahren stark beeinflusst haben, Mary Daly und Susan Griffin. Sie betonten die aus ihrer Sicht lebensbejahenden Beziehungen zwischen Frau und Natur, dem "ursprünglichen Anderen" einer durch und durch todverhafteten patriarchalischen westlichen Kultur. Mit einer kulturellen feministischen Perspektive prangert Daly die "nekrophilen Führer einer phallokratischen Gesellschaft" an, die "ihre Programme zur geplanten Vergiftung allen Lebens auf der Erde umsetzen" in "fanatischer Gleichgültigkeit gegenüber der Zerstörung, die sie am 'Anderen' auslassen - an den Frauen und an 'Mutter Natur'". "Phallischer Mythos und Sprache erzeugen, legitimieren und verschleiern die materielle Verseuchung" laut Daly, "die alles empfindende Leben auf diesem Planeten auszulöschen droht." Sie ruft die Frauen auf, einen "Sprung" zu machen in die Leere des Bewusstseins der Frauen von sich selbst, einen "Sprung", wie Rachel Carson's "Silent Spring", der in den Frauen selbst stattfindet, der "das Leben; die Existenz möglich macht." In Griffin's poetischem Werk "Woman and Nature "verkündet ein "Chorgesang über Frau und Natur", "wir wissen, dass wir von dieser Erde sind. Wir wissen, dass diese Erde aus unseren Körpern gemacht ist. Denn wir sehen uns selbst. Und wir sind Natur." Schließlich führte der einflussreiche Artikel der strukturellen Anthropologin Sherry Ortner "Verhält sich das Weibliche zum Männlichen, wie die Natur zur Kultur?" weiter aus, dass es ein kulturelles Allgemeingut sei, dass Frauen eine engere Beziehung zur Natur haben als Männer; ihr Artikel rechtfertigte damit den ökofeministischen Gebrauch der Metapher. Nur in einer Griffin'schen Poesie oder einem Daly'sehen Wortspiel konnte aber eine Verbindung von Frauen und Natur im Kontrast zur als männlich angesehenen Kultur - vage als politische Terminologie aufgefasst werden. Denn keine aufrechte Feministin würde die gesamte Kultur dem Mann überlassen, um Frauen mit der Natur identifizieren zu können. Frauen haben deutlichen Anteil an der Kultur; so ist es doch gerade ein Merkmal, das die Menschen 29 von den Tieren unterscheidet, dass sie kulturelle Wesen sind. Sie mit Natur gleichzusetzen, würde nicht nur bedeuten, sie völlig außerhalb von Kultur und Geschichte zu setzen, sondern sie auch ihrer ureigenen Menschlichkeit entäußern. Selbst Ortner warnte: "Die ganze Vorstellung ist eher ein Konstrukt der Kultur als ein Fakt der Natur. Die Frau ist 'in Wirklichkeit' nicht näher an der Natur als der Mann - beide besitzen Bewusstsein, beide sind sterblich."Die "Frau = Natur"-Metapher ist daher eine Definition der parazentrischen Kulturen, mit der die Unterordnung der Frauen fortgeschrieben wird. "Männliche" und "weibliche Natur" - die Parallelisierung von Frauen- und Naturunterdrückung Eine zweite Herangehensweise an den Begriff von "Frau und Natur" umging diese Falle und definierte Frauen als kulturelle Wesen. Autorinnen wie Charlene Spretnak fanden und feierten Kulturen, die nicht versuchten, die Natur zu beherrschen, und möglicher- RONAHÎ weise matrizentrisch waren, besonders solche, die dem Aufkommen staatlicher Gesellschaften im Westen zeitlich vorausgingen, wie im Neolithikum. Die Autorinnen sahen einen Zusammenhang zwischen der Naturbeherrschung in den westlichen Kulturen und der Unterdrückung matrizentrischer Kulturen. Kurz - Frauen und Natur blieben das "Andere", wie auch schon bei Daly und Griffin, nur dass diese "Andersartigkeit" eine kulturelle Form annahm. Diese gedankliche Richtung wurde stark vom "kulturellen Feminismus" beeinflusst, der immer größeren Einfluss gewann und einen enormen Umschwung im feministischen Denken auslöste, kurz nachdem der Ökofeminismus formuliert worden war (eine Entwicklung, die sozialistische Feministinnen wie Alice Echols oder Hester Eisenstein pointiert kritisiert haben). Kulturelle Feministinnen, im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen, den radikalen Feministinnen, betrachten Frauen nicht nur als biologisch vom Mann verschieden, sondern ordnen Frauen und Männern auch unterschiedliche Wesensmerkmale, Werte, sogar kosmologische Bestimmungen zu. Die Begrifflichkeiten von "männlicher" und "weiblicher Natur" erinnern kurioserweise an die Vorstellung von "Männlichkeit" und "Weiblichkeit" in vielen patrizentrischen Kulturen, die radikale Feministinnen stets vehement bekämpft haben. Die vom kulturellen Feminismus beeinflussten ökofeministischen Autorinnen tendieren ebenfalls dahin, Frauen eine größere "Nähe zur Natur" zuzuschreiben als Männern und ihre wahre Natur als ursprünglich ökologischer als die männliche zu betrachten. Sie legen uns nahe, vom Neolithikum eine Lebensweise zu lernen, die gleichzeitig geschlechtsegalitär ist und die Natur nicht unterdrückt. Als Beitrag in Richtung auf eine ökologische Gesellschaft betrachten sie die Forcierung "weiblicher" Werte in der gegenwärtigen Frau und Natur verachtenden Kultur. Möglicherweise gab es matrizentrische Kulturen, die der Entstehung 30 staatlicher Gesellschaften vorausgingen; sicherlich bestanden diese auch nicht auf der Basis einer naturbeherrschenden Ideologie. Möglicherweise haben sich noch heute viele Frauen Wesenszüge wie Fürsorge und Anteilnahme bewahrt - dies aber nicht nur aus biologischen sondern ebenso aus historischen und sozialen Gründen -, Wesenszüge, die vielen Männern - aus sozialen Gründen – abhanden gekommen sind (obwohl Männer, als menschliche Wesen, ebenso mit den Anlagen zur Fürsorge ausgestattet sind). Diese Unterschiede nun aber einer ' "männlichen" oder "weiblichen Natur" zuzuschreiben, bedeutet, die Möglichkeit auszuschließen, dass auch Männer fürsorglich sein können. Zudem wird damit den Frauen die moralische Aufgabenstellung auferlegt, die Gesellschaft vor der Zerstörung zu "retten", die ihr Männer in der Vergangenheit antaten. Damit wird eine unterdrückerische kulturelle Definition nicht nur aufgegriffen sondern festgeschrieben. Dadurch, dass der Ökofeminismus Frauen dazu bringen will, ihre eigenen Wesensmerkmale über die der Männer zu stellen, gerät er eher zu einer Anleitung zur individuellen Veränderung als zu einer gemeinschaftlichen politischen Kraft. Auch ignoriert diese Betrachtungsweise das Ausmaß der sozialen Ursächlichkeiten der "biologischen" Differenzen zwischen den Geschlechtern. Indem auf die Männer die Verantwortung für Krieg und Hierarchie abgewälzt wird, bleibt den Frauen nichts anderes übrig, als sich ausschließlich "pazifistisch" und egalitär zu verhalten. Durch die Analogie von Frau und Natur, wenn auch in ihrer kulturellen Form, wird die ökologische Bedeutung der männlichen Domäne der Jagd ignoriert und die nichtmenschliche Natur als durch und durch "gütig" apostrophiert. Zudem verfällt diese Hervorhebung des Neo- RONAHÎ lithikums und seiner Kulturen einem Atavismus (wissenschaftlicher Begriff für das unkritische Übertragen der Wertigkeiten primitiver Kulturen auf heute, F.K.) - als wäre seit dem Jahre 3000 v.Chr. nichts von besonderer Bedeutung für Frauen mehr geschehen. Der Grad von Hierarchien in den Kulturen des Neolithikums wird ebenso ignoriert wie deren spezielle Brutalität. Ignoriert wird auch das Problem der Individualität in Gemeinschaften, die sich mittels Brauch und Tradition regeln, ebenso wie die Probleme einer Kultur, die sich entlang biologischer Linien von Alter und Geschlecht organisiert. Und weiter werden nicht nur die Technologien ignoriert, die seit damals viel von der Plackerei des weiblichen Lebenszusammenhangs beseitigt haben, sondern auch die westliche revolutionäre Tradition, an der auch Frauen teilhatten und die heute ebenso im Besitz von Frauen wie Männern sein sollte. Zudem werden die antikommunistischen Tendenzen des kulturellen Feminismus in dieser ökofeministischen Diskussion durch Klagen über die feindliche Einstellung der Linken zur "Spiritualität" noch vertieft. Schließlich brachten diese Autorinnen die Verehrung einer "Göttin" in den Ökofeminismus ein, als einer Metapher für das Eindringen weiblicher Werte in die Gesellschaft, eine bizarre Einführung des Übernatürlichen in eine Bewegung, die ostentativ auf die Natur bezogen sein will. Diese Richtung des Ökofeminismus tendiert dahin, die nicht rationalen menschlichen Fähigkeiten - Intuition und mythische Poesie -, die für Aberglauben anfällig sind, als wertvoller als die angeblich "männliche" Rationalität anzusehen und ruft die Frauen auf, sie als emanzipatorische Fähigkeiten wahrzunehmen. Dabei werden kritische Fragen bezüglich des unterdrückerischen Wesens von Religion und religiöser Hierarchien vermieden, aus denen die Aufklärung die Menschen befreite, indem sie sie lehrte, die Realität mit den eigenen Fähigkeiten zu begreifen, ohne den Rekurs auf übernatürliche Fantasien. Eine Tradition, in der Priesterinnen einer Göttin die Gesellschaft regieren, ist es aber ebenso wenig wert, wieder eingeführt zu werden wie die Tradition der Krieger der Bronzezeit. Frau = Natur als Strategie Die dritte und vielleicht am meisten die Tatsachen verdrehende Herangehensweise an die Frage von Frau und Natur vermeidet zwar den Biologismus der zweiten (obwohl auch hier Atavismus und die Zuordnung von "männlich" und "weiblich" beibehalten werden), indem sie sich auf das soziale Gefüge bezieht. Obwohl sie die Biologie weder fürchten noch verfluchen, treten Ökofeministinnen wie Ynestra King dafür ein, dass sich Feministinnen bewusst des "Frau = Natur" zu strategischen Zwecken bedienen, im Endeffekt als eines Mythos, um den sich ökofeministische politische Aktion organisiert. Es bleibt aber zu fragen, ob ein patriarchalisches Konstrukt für die weibliche Emanzipation instrumentalisiert werden kann. Das "Frau = Natur", ob es sich nun biologisch oder sozial herleitet, hat für Frauen, die sich von kulturellen Definitionen zu befreien suchen, eindeutig ein eher regressives Potential. Für linke Frauen sollte es doch möglich sein, sich ohne die beständige Last des "Frau = Natur" für die Befreiung sowohl von Frauen wie der Natur einzusetzen. Ich schlage den Feministinnen in der Ökologiebewegung vor, diese Deutung eines spezifischen mystischen Zusammenhangs zwischen Frauen und Natur beiseitezulegen und stattdessen 31 an das Beziehungsgeflecht zwischen Frauen - wie auch Männern und dem ganzen übrigen sozialen Gefüge - und Natur ontologisch (ihrem Wesen gemäß, F.K.) heranzugehen. Dabei müssen die sozialen Realitäten all dieser Beziehungen berücksichtigt werden. So kann das ursprüngliche Versprechen des Ökofeminismus eingelöst werden, zur linken Bewegung beizutragen, wie auch sie zu vertiefen. Der Problemkreis "Frau = Natur" ist indes nicht der einzige von Belang im Ökofeminismus. Andere Fragen sind vielleicht noch viel fundamentaler. Diese sind aber nicht auf den Ökofeminismus beschränkt sondern begleiten die ganze Entwicklung der feministischen Theorie seit den späten 60er Jahren. Die Probleme des Ökofeminismus anzusprechen, schließt also ein, die Entwicklung des Feminismus insgesamt zu begreifen. Radikaler Feminismus Um die Wurzeln eines wirklich linken ökologischen Feminismus aufzudecken, müssen wir die Entwicklung des frühen radikalen Feminismus betrachten, um auf seinen Stärken aufzubauen wie auch seine Fehler zu vermeiden. Zu den Stärken des frühen radikalen Feminismus: von den späten 60er Jahren bis 1974/75 entwickelte er eine konkrete, materialistische, soziale feministische Analyse. Vor allem wurde versucht, die soziale Institutionen und Strukturen zu eruieren, welche über Ideologie oder gesellschaftliche Strukturen Frauen daran hinderten, das ganze Potential ihrer Humanität zu entfalten - wie z.B. Ehe, die Kleinfamilie, die romantische Liebe, sexuelle Unterdrückung, Staat und Religion. Würde ein neuer sozialer Ökofeminismus auf diesen Aspekten des frühen radikalen Feminismus aufbauen, dann könnte er sich konkretisieren und das RONAHÎ soziale Geflecht der Herrschaft angehen und die Göttinen wie auch die religiösen und vereinfachenden Zuordnungen von "männlicher" und "weiblicher Natur" den einfachen Gemütern überlassen. Die Männer Ein fundamentales und allgegenwärtiges Dilemma der Feministischen Bewegung ist, dass versucht werden muss, um die Frauen zu befreien, die gesamte Gesellschaft zu verändern. Denn Frauen können nicht frei sein, bis nicht auch die ganze Gesellschaft frei ist. Diese einfache Prämisse hat ernsthafte theoretische Konsequenzen. Es bedeutet nämlich, dass der Feminismus entweder auch den Männern die Emanzipation bieten oder sich stattdessen in eine übergreifende linke Theorie integrieren muss. Besonders für einen ökologischen Feminismus, der sich mit dem Dasein insgesamt befasst, ist es wichtig, sich mit der Frage der Männer zu befassen, denn die Männer sind nun mal Teil des Ganzen der menschlichen Gesellschaft. Genau an dieser Frage scheiterte schon der frühe radikale Feminismus und übertrug seine Prämissen auf das spätere feministische Denken, den Ökofeminismus eingeschlossen. Von Anfang an - das hat Ellen Willis (eine der Gründerinnen der "Redstockings") brilliant dargelegt - stand der frühe radikale Feminismus unter dem durch eigene Umstände geschaffenen Druck, zu beweisen, dass der Feminismus eine universelle Theorie sein könnte. Der radikale Feminismus, der sich als Folge unterdrückerischer Bedingungen in der Neuen Linken entwickelte, beschuldigte die Männer der Neuen Linken des Sexismus. Die Männer schlugen zurück, der Feminismus sei eine bürgerliche Ideologie. Nun mussten die radikalen Feministinnen beweisen, dass weit entfernt von jeder "Bürgerlichkeit" die Unterdrückung von Frauen von fundamentalerer Tragweite ist als die Klassenunterdrückung und dass der Feminismus eine fundamentale Theorie für die Befreiung aller - ob Mann oder Frau - ist, die gründlicher analysiert als jede andere linke politische Theorie. Um dem zu entsprechen, griffen radikale Feministinnen die Kritik der Hierarchie selbst auf (die zunächst von den Sozialen Ökologie, einer Art Ökoanarchismus entworfen wurde), wonach die Hierarchie eine grundsätzlichere soziale Gliederung bedeutet als Klasse. Radikale Feministinnen behaupteten, dass die Herrschaft über Frauen die erste Form der Hierarchie war und dass der erste Einschnitt in der menschlichen Gesellschaft der zwischen Frauen und Männern war, alle anderen Ausgliederungen erst später kamen. Willis schreibt selbstkritisch: "Radikale Feministinnen entwickelten in diesem Spiel schon sehr früh die These, dass die Unterdrückung der Frauen nicht nur die älteste und universellste, sondern auch die ursprünglichste Form der Herrschaft war. Wir argumentierten, dass sich andere Ausprägungen der Hierarchie auf der Grundlage der männlichen Oberherrschaft entwickelte und dementsprechende Formen annahmen - im Ergebnis also spezielle Formen der männlichen Oberherrschaft waren." Des weiteren behaupteten sie, dass die männliche Oberherrschaft immer noch die ursprünglichere Unterdrückung in der gegenwärtigen Gesellschaft sei. Dieses Ergebnis erlaubte dem radikalen Feminismus - wie Willis feststellt sich selbst als universelle Theorie zu betrachten, die letztendlich die existierende linke Theorie ersetzt. Wenn die männliche Oberherrschaft die ursprüngliche Form der Unterdrückung 32 sei, dann würde die Befreiung der Frauen auch die Befreiung der Männer bedeuten. Wäre einmal der Sexismus beseitigt, würden auch die anderen Systeme der Herrschaft aufhören zu existieren; würde die männliche Oberherrschaft niedergeworfen, so würde der Kapitalismus unter seinem eigenen sexistischen Gewicht zusammenbrechen. Diese Formulierung erlaubte dem radikalen Feminismus sich selbst als eine universelle emanzipatorische Theorie zu präsentieren. Nun, tatsächlich verheißt die Befreiung der Frauen von ihren sexuellen Rollen auch die Befreiung der Männer von ihren entsprechenden Rollen, was exakt die Emanzipation der Männer bedeuten würde. Denn, abgesehen von den offensichtlichen Privilegien, die die Männerherrschaft den Männern verschafft, fesseln die Geschlechterrollen Männer an die Männlichkeit und hindern sie daran, all ihre menschlichen Veranlagungen zu Liebe, Hilfsbereitschaft und Vertrauen auch zu entwickeln und ihre entsprechenden Emotionen auszuleben. In diesem Sinne ist der Feminismus tatsächlich für Männer befreiend. Auf ähnliche Weise verspricht die Befreiung von Schwulen und Lesben die Emanzipation aller von unterdrückerischen sexuellen Normen - zwingen doch die "Moral" und andere heterosexuelle Implikationen die Menschen zu sexuellen Praktiken, die möglicherweise nicht mit ihren Vorlieben übereinstimmen. Aber darüber hinaus sehen wir uns nun mit einer Unmenge von Fragen konfrontiert. Kann die Befreiung der Männer aus ihren "Geschlechtsrollen" sie - und die Frauen - auch von der Herrschaft des Kapitalismus und des Nationalstaats befreien? Kann der Feminismus die Befreiung der Männer und Frauen - aus allen Systemen der Herrschaft versprechen? Sind Männer Kapitalisten, weil sie Frauen hassen RONAHÎ und emotional unterdrückt sind? Und wie kann eine solche psychologische Erklärung nachgewiesen werden oder sogar zur Hoffnung auf Veränderung in der Zukunft Anlass geben? Außerdem sind die Männer nicht ein einheitliches Ganzes; Männer unterdrücken ebenso Männer in deren Rollen. Falls diese Formen der Unterdrückung aus Frauenhass entstehen, wie kann es dann sein, dass nicht alle Männer Kapitalisten und Dirigisten sind? Noch bevor diese Fragen befriedigend zugeordnet werden konnten, hatte der "kulturelle Feminismus" das Thema bereits biologisiert und damit die Ansicht von der Herrschaft über die Frauen als ursprünglicher Form der Unterdrückung im feministischen Denken verankert. Der kulturelle Feminismus betrachtete die reine männliche Gewalt - besonders Vergewaltigung – als Brennpunkt der Herrschaft über Frauen und damit aller Herrschaft. Der Frauenhass an sich wurde zum alles betreffenden Dreh- und Angelpunkt kultureller Feministinnen. Diskussionen über die Beziehungen zwischen männlicher Vormachtstellung und anderen Formen der Herrschaft versandeten in einem akademischen sozialistischen. Feminismus. Obwohl der Ökofeminismus nicht immer dermaßen biologisch geprägt war wie der kulturelle Feminismus, übernahm er doch die Voraussetzung, dass die Herrschaft über Frauen die ursprüngliche Form der Unterdrückung sei und der "Prototyp" aller anderen Herrschaftsformen. Ein Bestandteil ökofeministischen Denkens blieb die Annahme, es sei eine universelle radikale Theorie, dass alle Herrschaftssysteme in "patriarchalischen" Kulturen durch die Infiltration mit weiblichen Werten umgekrempelt werden könnten. Über den Problemkreis "Mann" wird in ökofeministischen Zirkeln nicht sonderlich diskutiert. Frau vermeidet die Frage, in dem darauf hingewiesen wird, die Männer müssten das mit sich selbst ausmachen. Wenn wir uns die Entwicklung ansehen, können wir nur feststellen, dass die Wahrnehmung von der Unterdrückung der Frauen als 'ursprünglicher' schwerwiegende Probleme aufwirft. "Diese Annahme", so schreibt Willis, "beinhaltet, dass die Männer nur aufgrund ihres MannSeins diese Systeme errichteten und behaupteten, entsprechend einem besonderen männlichen Charakter oder spezifisch männlicher vorrangiger Ziele." Wäre die Unterdrückung von Frauen der Prototyp aller Herrschaft, dann folgte daraus, dass Männer zu Kapitalisten und Etatisten würden, um letztendlich die Frauen zu beherrschen. Religiöse Priesterschaften, Kapitalismus, der Nationalstaat wären zweitrangige Auswüchse der ursprünglichen Geschlechterhierarchie, um im Grunde genommen über Umwege die Frauen zu beherrschen. Für die radikale politische Theorie ergeben sich daraus ernste Konsequenzen. Mit der Annahme des Geschlechts als primärem Ansatzpunkt der Unterdrückung müssen sich die Ökofeministinnen nicht 33 direkt mit der Bekämpfung von Kapitalismus oder Nationalstaat befassen und haben keine Veranlassung, den Ökofeminismus in eine linke politische Theorie zu integrieren. Antikapitalismus und Anarchismus werden als eigenständige Antworten auf die Unterdrückung vom ökofeministischen Ansatz vernachlässigt. Die Theorie von der "ursprünglichen Unterdrückung" begründet den Ökofeminismus also keineswegs als Theorie der universellen Befreiung sondern ist die Ursache für seine Isolation von den Linken. Nun ist aber noch nicht einmal erwiesen, ob die Unterdrückung der Frauen tatsächlich die erste Form der Unterdrückung überhaupt war. Wie die entwicklungsgeschichtliche Anthropologie gezeigt hat, geht in vielen Fällen der männlichen Dominanz die Gerontokratie (Herrschaft der Alten) voraus. Ebenso wenig ist nachgewiesen, dass Männer ihre eigenen Geschlechtsgenossen zum Zweck der Unterdrückung der Frauen unterdrücken. Tatsächlich dient diese Unterdrückung gewöhnlich ganz konkreten Zielen, wie materiellem Besitz oder ausgedehnterer staatlicher Macht. Grob gesagt: Frauen und Natur sind RONAHÎ nicht die einzigen "Anderen". Für die herrschenden Männercliquen sind sehr oft Männer "die Anderen". Männer sind nicht ein einheitliches Ganzes. Die Herrschaft von Männern über andere Männer geschieht aus eigenen, besonderen Gründen und manifestiert sich in Formen, die nicht unbedingt die Unterdrückung der Frauen zum Vorbild haben müssen, wie etwa industrielle und militärische Hierarchien. Die darauf aufbauenden Herrschaftssysteme haben eigene "Geschichte, Logik und Kampf", wie es Susan Prentice formuliert. Nach Prentice, einer Kritikerin des Ökofeminismus, "macht der Ökofeminismus politische und ökonomische Systeme zu einfachen Derivaten ("Auswüchse") männlichen Denkens, indem er den Ursprung der Herrschaft über Frauen und Natur im männlichen Bewusstsein ansiedelt." Und diese Sichtweise der Unterdrückung der Frauen beraubt andere Formen der Hierarchie ihrer Eigengesetzlichkeit. Kapitalismus und Etatismus sind jedoch eigenständige, bewusste Unternehmungen. "Die innere Logik des Kapitalismus - beispielsweise seine Beziehungen und wirksamen Kräfte von Produktion, Warenverkehr, Fetischismus, Ausbeutung, Herrschaft, Entfremdung usw. - macht die Ausbeutung der Natur zu einer bewussten Angelegenheit des Kapitalismus als eines weltweiten Systems. Dabei handelt es sich nicht um einen Fehler oder mangelndes Bewusstsein, sondern gerade das Bewusstsein wird zu diesem besonderen Zweck dirigiert und organisiert." Und dieser Zweck hat direkt kaum etwas mit den Beziehungen zwischen den Geschlechtern zu tun. Der Ökofeminismus muss die Lektion mancher radikaler Feministinnen aus den frühen 70er Jahren studieren: dass die Vernachlässigung von Kapitalismus und Etatismus in der feministischen Theorie den Feminismus 'nicht-revolutionär' belässt. Willis arbeitet heraus, dass liberale Frauen als Feministinnen nicht radikalisiert wurden: "Sie sprangen einfach auf die Idee von der Frauenunterdrückung als primärer auf und interpretierten sie dahingehend, dass linke Politik "männlich" und daher mit gutem Gewissen zu ignorieren sei, statt dass der Feminismus auch andere Kämpfe beinhalten und an ihnen teilnehmen müsse." Indem sie Kapitalismus und Etatismus als sekundäre Probleme wahrnahmen, war es Liberalen möglich, Feministinnen zu werden. Dasselbe gilt für einen Ökofeminismus, der sich von der Linken abgrenzte, wie radikal auch immer seine Vertreterinnen ihre Theorien entwarfen. Es wird höchste Zeit, dass Ökofeministinnen die These von der "Ursprünglichen Unterdrückung" revidieren und auf diese Weise die Diskussion über die Beziehungen zwischen dem Feminismus und der Linken neu beleben. Es beeinträchtigt den feministischen Kampf gegen den Frauenhass (Misogynie) ja in keinster Weise, wenn Frauen sich klar machen, dass dies nicht ihr einziger Kampf ist. Vergewaltigung und andere Formen der Gewalt gegen Frauen werden ja nicht von der Misogynie allein verursacht sondern ebenso von anderen Unterdrückungssystemen, von denen die Männer selbst gegenseitig betroffen sind. Auch wenn der Angriff auf die männliche Überheblichkeit mehr als notwendig bleibt, muss doch der Ökofeminismus seine Isolierung in selbstmitleidigen Phantasien über eine angeblich ursprüngliche Unterdrückung überwinden und zu einer antikapitalistischen - und antistaatlichen - Position finden. Die Analyse einer Bewegung über Wesen und Ursachen von Unterdrü34 ckung schlägt sich auch in ihren Organisationsformen nieder. Weder eine separatistische Frauenbewegung noch das Verschmelzen von Frauenangelegenheiten mit einer männlichen öko-anarchistischen oder -sozialistischen politischen Theorie entspricht der Analyse des sozialen Ökofeminismus. Viel eher entspricht dem Verständnis des Beziehungsgeflechts zwischen Misogynie und der Unterdrückung von Männern - und Frauen - durch Männer die Integration einer feministischen Bewegung und Analyse in "männliche" Bewegungen, unter Beibehaltung ihrer spezifischen Autonomie. In der Tat sind manche Männer die Verbündeten von Frauen, auch gegen andere Männer. Eine feministische "Ethik des Sorgens" ist antithetisch zum männlichen Herrschen, aber auch solche traditionell "männlichen" Begriffe wie Freiheit, Individualität und der Kampf für soziale Gerechtigkeit. Ein Feminismus, der nicht explizit antikapitalistisch und antistaatlich ist, kann die Ursachen der männlichen Vorherrschaft nicht wirklich bekämpfen. Gleichzeitig kann auch keine sozialistische oder anarchistische Theorie wahrhaft links sein, ohne Sexismus zu bekämpfen und feministische Ziele zu unterstützen. Ökofeminismus muss in einer übergreifenden linken politischen Theorie begründet sein, die all die sozialen Strukturen herausfordert, die die Unterdrückung von Frauen beinhalten. Daher ist die Integration des Feminismus in die linke Politik für beide - Feminismus und linke Theorie und Bewegungen - absolut zwingend. Buch zu bestellen auf: http://www.anarchia-versand.net/product_info.php/info/p874_Biehl--Janet-Der-soziale-Oekofeminismus.html RONAHÎ Die 19. Hüseyin Celebi Literaturpreisveranstaltung RONAHÎ “In diesem Sinne unterstrich Hevalê Hüseyîn's Vater die Bedeutung der literarischen Darbietung. Er ehrte in diesem Sinne erneut die Gefallenen der Revolution und machte daraufhin deutlich, dass die Jugendlichen die revolutionäre Bewegung umso mehr aneignen sollten” Die Preise der 19.Hüseyin Celebi Literaturpreisveranstaltung haben nach einer drei monatigen Vorbereitung dieses Jahr, während einer ansehnlichen Nacht in Hamburg ihre Besitzer gefunden. Die Darbietung startete mit Seminaren zur Kurdischen Sprache sowie zum Thema Feminizid. Mamoste Sami, der das Seminar zum Thema Sprache leitete, hat das Kurdische aus etymologischer Perspektive behandelt und den Ursprung der Sprache, dessen Form, Entwicklung sowie Geschichte erläutert. Im Anschluss wurden im Seminar zum Feminizid, der gesellschaftliche Sexismus, die kurdische Befreiungsbewegung umfangreich ausgeführt; in diesem Rahmen wurde dessen Bedeutung und Eigentschaft als gesellschaftsbefreiende Dynamik deutlich gemacht. Anschließend begann das Hauptprogramm. Die Veranstaltung wurde mit etwa 500 TeilnehmerInnen dieses Jahr in Hamburg ausgetragen - genau genommen an der Universität Hamburg. Dass es in Hamburg stattgefunden hat, trägt eine vielleicht eine besondere Bedeutung, da wie bekannt wurde, wenige Tage zuvor, 35 türkische Faschisten das Rektorat der dortigen Hochschule gedroht haben, um die Veranstaltung annulliert wird. Mit dem Einschreiten der YXK und den anschließend geführten Gesprächen mit dem Rektorat, konnte dies jedoch erfolgreich verhindert werden. Die Ausführung begann mit einer Hommage und nachfolgend mit einer Rede der beiden Freunde Naze sowie Metin. Die YXK Sprecher haben hierbei zusammenfassend Bezug zu den aktuellen Geschehnissen in Kurdistan genommen sowie die Wichtigkeit des hinterlassenen Erbes Heval Hüseyin Celebi's betont. Einige Sprecher, die insbesondere auf die in der letzten Phase geführten Attacken durch das AKP Kabinett und der türkischen Streitkräfte aufmerksam machten - v.a. auf die Tötung von 24 Widerstandskämpfern mittels Chemiewaffen - pointierten insbesondere, dass diese Angriffe wie zu den Gründungszeiten der YXK - Vorboten eines umfangreichen sowie schmutzigen Krieges darstellen würden. Es wurde sodann betont, dass die Studierenden große Verantwortungen aufnehmen sollten. RONAHÎ nicht so weitergeführt werden könne. Er unterstrich darum, dass man als studentische Jugend, die eigene Kultur, die Sprache sowie die eigenen Institutionen noch mehr als sonst aneignen und verteidigen müsse. In diesem Sinne unterstrich Hevalê Hüseyîn's Vater die Bedeutung der literarischen Darbietung. Er ehrte in diesem Sinne erneut die Gefallenen der Revolution und machte daraufhin deutlich, dass die Jugendlichen die revolutionäre Bewegung umso mehr aneignen sollten. Gleich nach seiner Rede wurden die Literaturpreise verteilt. Da zahlreiche der literarischen Arbeiten von Revolutionsgefangenen aus den türkischen Haftanstalten stammten, konnten diese ihre Preise auch dieses Jahr nicht persönlich entgegennehmen. Die SprecherInnen der YXK unterstrichen, dass auch Heval Hüseyin Celebi während einer solchen Phase sich entfaltetet und seinen NachfolgerInnen ein wertvolles Erbe zurückgelassen hätte und die Literaturveranstaltung auch in diesem Rahmen aufgefasst werden müsse. Die SprecherInnen machten auch darauf aufmerksam, dass die literarische Darbietung Empfindungen hinsichtlich dem Menschsein, dem Leben, der Revolution, seit Jahren an die ZuhörerInnen nahe gebracht hätte und dies auch weiterhin tun werde. Im Anschluss daran trat Hevalê Zîlan die Bühne an und faszinierte das Publikum mit ihrer einmaligen Stimme und ihrem Gitarren. Später kam Hevalê Hüseyîn's Vater Onkel Rifat zu Wort und teilte mit den Anwesenden seine Gefühle und Gedanken. Er machte dabei v.a. darauf aufmerksam, dass bei der Jugend heute qualitativ als auch quantitativ betrachtet, der Revolution gegenüber eine Entfremdung eingeschlichen hätte und diese Situation Werke die es in die Bewertung geschafft haben: Kurdische Gedichte; 1Rawîn Stêrk = Neçûn hatî me 2- Ömer Faruk Baran=Bîrêmjar 3- Leyla Saraç = Yadê Türkische Gedichte: 1- Resit Balıkkaya- Bizim maceralarımız 2-Resit Balıkkaya- Asılmışlar mavisi 3- Cengiz Sinan Halis Celik- Anzela Gedicht auf Kurdisch-Dimilkî: 1- Cengiz Sinan Halis Celik ( Ari)Harran Kurdische Erzählungen: 1- Erol Saybak -Jibirnakirin 2- Sexo Filik -Destan 36 RONAHÎ 3Adar Berdil- Mirina Xwedayeki Türkische Erzählungen: 1- Muharrem Ender Öndes- Karsilasma 2- Zeynep Parıltı- Taksim altı 3- Bulutların ardında Die Preise sind noch beim Vorbereitungskomitee verblieben und werden in kürzester Zeit an die Besitzer weitergeleitet. lution in Kurdistan und betonte mit Nachdruck die Bedeutung von Veranstaltungen wie dieser. Als letzter Sänger nahm Xelîl Xemgîn Platz auf der Bühne. Das Vorbereitungskomitee erwähnte, dass sich einige Komplikationen beim Empfang der Werke aus Kurdistan ergeben haben. Einige literarische Arbeiten sollen sogar ohne ihre Empfänger erreicht zu haben, wie- Anschließend betrat Koma Hîvron die Bühne und verzauberte das Publikum mit ihrem authentischen Gesang. Hiernach kam der BDP Abgeordnete aus Hakkari, Hamit Geylani zu Wort und bewertete den laufenden schmutzigen Krieg. Nachher laß Geylani aus seinem eigenen Werk Gedichte vor. Er unterstrich die Wichtigkeit der Kultur, der Literatur, der Sprache für die Revo37 der an die Adressaten zurückgeschickt worden sein. Dies lässt darauf schließen, dass die türkische Post mit größter Wahrscheinlichkeit die Sendung teils wissentlich blockiert hat. Im kommenden Jahr wird versucht, dies mit diversen Methoden zu umgehen. YXK Hüseyin Celebi Vorbereitungskomitee RONAHÎ Ökologie Abdullah ÖCALAN “Ökologie ist nicht nur Ökonomie. Es ist eine Geisteshaltung, die Rückkehr zu einem verlorenen Naturverständnis von Lebendigkeit und Heiligkeit. Ein Leben ohne das Bewusstsein von einer Natur, die quicklebendig ist, mit uns spricht, mit uns lebt und durch die wir leben, ein Leben als auf einem Boden, der schwarz wie der Tod ist und alle Heiligkeit eingebüßt hat, ist kaum lebenswert” Die Geschichte der Mittleren Ostens ist auch die Geschichte des Todes der Ökologie. Seit die Klassengesellschaft die Zivilisation von der Natur entfremdet hat, werden die bleibenden Umweltzerstörungen immer größer. Nahezu alle Wälder und Böden, die einst die fruchtbaren Lebensadern der Menschheit waren, sind zur Wüste geworden. Diese Gegenden waren es, deren Pflanzen und Tiere einst der Zivilisation den Weg bereiteten. Als der Mensch seinesgleichen in die Knechtschaft zwang, legte er auch das gnadenlose Beil der Zerstörung an die Natur. Er verwandelte Landstriche, die den Traum Paradies geschaffen hatten, in Wüsten. Als der Wald verschwunden war, blieb kein Boden. Als der Boden verschwunden war, blieben keine Pflanzen, Tiere und Menschen. Sie blieben hungrig, sie blieben durstig, sie blieben nicht. Schließlich wurden die reichsten Böden zu den Ärmsten, von denen man weiterwanderte. Einst waren aus allen vier Himmelsrichtungen Menschen auf dieses Stück Erde geströmt. Es wurde zu einem Boden, von dem man flieht, zu Steppe und Wüste. Wie die Geschichte der Frau ist auch die Geschichte der Ökologie im Mittleren Osten noch eine ungeschriebene. So, wie man die Geschichte der Frau kennen muss, um zur freien Frau zu werden, muss man auch die Geschichte 38 der Ökologie kennen, wenn man eine ökologische Gesellschaft will. Eine Bewegung für Demokratie und die Befreiung der Geschlechter wäre nichts anderes als der patriarchale Rest der Welt, wenn sie sich nicht zumindest auf eine große Bewegung für die Wiederaufforstung und den Schutz des Bodens vor Erosion gründete. Eine Ökologiebewegung gehört zu den unverzichtbaren Bestandteilen der neuen Gesellschaft, die wir errichten wollen. Ökologie ist nicht nur Ökonomie. Es ist eine Geisteshaltung, die Rückkehr zu einem verlorenen Naturverständnis von Lebendigkeit und Heiligkeit. Ein Leben ohne das Bewusstsein von einer Natur, die quicklebendig ist, mit uns spricht, mit uns lebt und durch die wir leben, ein Leben als auf einem Boden, der schwarz wie der Tod ist und alle Heiligkeit eingebüßt hat, ist kaum lebenswert. Umweltbewusstsein darf sich nicht nur auf schmutziges Wasser oder verdreckte Luft beziehen. Es bedeutet eine demokratische und sozialistische Gesellschaft, beides hängt eng miteinander zusammen. Es bedeutet Respekt vor der Kette der Evolution, die auch den Menschen hervorgebracht hat. Die natürliche Gesellschaft, die die Urgesellschaft spontan hervorgebracht hat, können wir heute mit Hilfe von Wissenschaft und Technologie bewusster erschaffen. Vielleicht mögen die RONAHÎ ökologischen Probleme gegen die blutigen Konflikte des Mittleren Ostens wie Belanglosigkeiten erscheinen, für die sich nur Träumer interessieren. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es zu Blutvergießen, Hunger und Arbeitslosigkeit durch Verrat an der Ökologie gekommen ist. So wie es ohne Heilkunde keine angemessene Behandlung geben kann, so kann es auch keine gesunde Gesellschaft geben, die nicht auf Ökologie beruht, also auch keine demokratische Gesellschaft ohne die Befreiung der Geschlechter. Der Mittlere Osten und mit ihm alle seine Völker stehen am Scheideweg. Die USA als Hegemonialmacht mit Tendenz zum Imperium sind weit davon entfernt, Lösungen vorzulegen. Es wäre aber auch unrealistisch, dagegen die Schaffung neuer Vietnams zu proklamieren. Es wird auch kein Land das wiederholen, was die Türkei in den zwanziger Jahren getan hat. Ein wichtiger Grund dafür ist das Fehlen eines Gegengewichts wie der Sowjetunion. Noch wichtiger ist aller- dings, dass der Imperialismus nicht mehr derselbe ist und deshalb auch ein nationaler Befreiungskampf nach Art der Türkei, oder wie in Vietnam, nicht in Frage kommt. Jeder historische Abschnitt hat seine eigene Bedingungen und Ziele, daher unterscheiden sich auch die Organisation und die Kämpfe. Das sinnvollste Verhalten gegenüber den USA und ihren Partnern ist heute, dass sich aller freiheitsliebenden Kräfte der Gesellschaft mit einem stimmigen, umsetzbaren Programm für Demokratie, Freiheit und Ökologie in umfassenden Netzwerken organisatorisch verbinden und zur Tat schreiten. So wird der Kampf vielleicht weniger blutig, aber sehr bewusst und effektiv geführt werden. Wir können das wenn nötig mit Kompromissen unter Wahrung von Prinzipien oder aber, wo das nicht möglich ist, gestützt auf die eigene Demokratie und die eigenen Verteidigungskräfte in Dörfern, Städten, Bergen u n d Wüsten verwirklichen. Völker, die sich nicht demokratisieren, haben keine Erfolgschance. Sie werden sehen, dass sich jedes gesellschaftliche Ziel erreichen lässt, wenn man sich mit Kongressen, die den allgemeinen Willen der Völker vertreten, und allen Arten von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Kooperativen und kom39 munalen Arbeitsgruppen an die Arbeit macht. Auf diese We i s e werden in diesem neuen historischen Abschnitt die Völker des Mittleren Ostens aufstehen. Deshalb werden sie nicht nur die alten und ähnlichen neuen Pläne des Imperialismus vereiteln, sondern können durch sinnvolle, prinzipientreue Kompromisse sogar zum Vorbild für eine friedliche Demokratisierung werden. Solch ein Aufstehen wäre den historischen Zivilisationen würdig. Nun mag man fragen, welche Rolle für die Revolutionäre bleibt. Vor allem müssen sie sich mit den skizzierten sozialwissenschaftlichen Tatsachen vertraut machen. Wenn man Revolutionen oder soziale Umwälzungen ohne sozialwissenschaftlichen Hintergrund betreibt, können sich unbemerkt Verbrechen und Verrat einschleichen. Wir können das nur verhindern, indem wir die Sozial- RONAHÎ wissenschaften den Kräften des Macht-Wissen-Komplexes aus der Hand nehmen und sie neu gestalten. Wir müssen unsere eigenen sozialwissenschaftlichen Schulen und Akademien errichten. Die Geisteshaltung hinter unserer Politik muss auf Sozialwissenschaft fußen. Vielleicht noch wichtiger: Wir müssen der gesellschaftlichen Moral zum Vorgang verhelfen. Richtige moralische Politik bedeutet Anspruch, Überzeugung und Geduld, den abgesteckten Weg bis zum Ende zu gehen. Es bedeutet, nicht umzukehren, keinen Verrat zu üben und keine Ausflüchte zu suchen. Eine Geisteshaltung, in der Moral und Wissenschaft zu einer Synthese finden, bedeutet, sich unserer Welt stündlich neu anzupassen und stets bewusst zu leben. Wir werden also sehen, dass wenn sich Wissenschaft, politischer Verstand und Moral die Hand reichen, jeder Dienst an der Menschheit und insbesondere an den Völkern unserer Region als ihrem untrennbaren Bestandteil möglich wird, dass es keinen gesellschaftlichen Kampf gibt, der uns mehr als je zuvor, Politik in diesem Bewusstsein zu betreiben, um die gewünschten gesellschaftlichen Veränderungen herbeizuführen. Wir können die Optionen der Völker des Mittleren Ostens in der Zeit des Übergangs zur demokratischen Zivilisation in drei Punkten zusammenfassen. Die erste Möglichkeit ist die Fortsetzung des Status quo ohne Veränderung. Das System, welches von den Kräfteverhältnissen des 20. Jahrhunderts profitierte, ist jedoch am Ende. Mit dem Zerfall des Realsozialismus verschärfte sich zum einen die Krise, zum anderen entstand die heutige, überwiegend unipolare Situation. Oben wurde beschrieben, wie das Imperium des Chaos unter US-Hegemonie versucht, die Krise zu meistern. Gleichzeitig findet die dritte große Offensive der kapitalistischen Globalisierung statt. Dem gigantischen Überangebot an Waren, der durch die revolutionären Ent- 40 wicklungen in Wissenschaft und Technik zustande kommt, stehen die besitzlosen Massen gegenüber. Die Globalisierung kann nicht ans Ziel kommen, ohne diesen Widerspruch zu lösen. Die konservativen Strukturen der Nationalstaaten gelten dabei als Haupthindernis und sollen zunehmend zugunsten von Individualisierung, Liberalisierung und Demokratisierung überwunden werden. Diese Entwicklung birgt für die breite Bevölkerung sowohl positive als auch negative Aspekte. Demokratische Aufbrüche und Bewegungen werden dadurch beschleunigt. Die Bewahrung des Status quo wird zunehmend unmöglich, da einerseits die Hegemonialmacht, andererseits Volksbewegungen von unten seine Abschaffung fordern. Die konservativen Kräfte werden sich immer weiter isolieren, wenn sie jegliche Problemlösung behindern und ansonsten versuchen, kleine Retuschen vorzunehmen, sobald sie in Bedrängnis geraten, und sich durch gelegentliche Provokationen auf den Beinen halten. Hinter ihnen stehen nicht mehr wie einst die USA oder die Sowjetunion, und so versuchen sie Zeit zu gewinnen, indem sie auf der Stelle treten. Gleichzeitig werden sie dabei immer aggressiver. Es scheint auch, dass sie nicht mehr wie früher mit pseudolinker oder –rechter Demagogie zum Erfolg kommen können. Die Kontrolle von Staat und Gesellschaft durch Faschismus oder Totalitarismus erfreut sich nicht mehr der gleichen Unterstützung wie ehedem. Da also der nationalstaatliche Status quo immer mehr die Unterstützung des Volkes verliert und sich auflöst, die Oberschicht sich in die neuen Hegemonialstrukturen integriert und die Volksmassen an der Basis nach einem demokratischen RONAHÎ System streben, scheidet diese erste Option aus. Selbst wenn dieser Prozess, den wir im Mittleren Osten tagtäglich erleben, nicht völlig zu einer Lösung führt, kann er dazu beitragen, dass die besagten Kräfte aufhören, Hindernisse darzustellen. Insbesondere die arabischen Staaten, allen voran Ägypten, sowie Pakistan, die Türkei und der Iran schwanken zwischen dem Status quo und der Veränderung. Sie sehen sich nicht in der Lage, klare Entscheidungen für die vor uns liegende Zeit zu treffen. Jedoch spricht einiges dafür, dass sie unter dem Einfluss des Greater Middle East Project von oben und des Projekts einer demokratischen, geschlechterbefreiten und ökologischen Gesellschaft des Volkes von unten in einen Prozess der Veränderung eintreten werden. Die zweite Option ist die eher pragmatische einer begrenzten Demokratie. Die Zeiten, in denen der Imperialismus einseitig eine Ordnung nach seinem Willen errichtete, sind vorbei. Es ist unwahrscheinlich, dass die USA als neue Hegemonialmacht in ähnlicher Weise einseitig ein System errichten und aufrecht erhalten werden. Auf der anderen Seite haben die Nationalstaaten, die verschiedene nationale Gemeinschaften in der jüngeren Vergangenheit errichtet haben, ihre Fähigkeit zur Problemlösung eingebüßt und sind selbst für In- und Ausland zum Problem geworden. Es fällt ihnen zunehmend schwerer, ihre Unabhängigkeit wie in den Zeiten der Kräftegleichgewichte aufrecht zu erhalten. In der heutigen Zeit stehen gegenseitige Abhängigkeiten im Vordergrund. Die dritte große Offensive der Globalisierung beschleunigt diesen Prozess weiter. Die Ära der in- ternationalen Beziehungen weicht einer Ära der Beziehungen zwischen Konzernen. Der Nationalstaat verwandelt sich in einen Konzernstaat. Das nationale Kapital weicht dem Kapital der internationalen Konzerne. Auf der anderen Seite erwachen lokale Kulturen zu neuer Blüte. Das Lokale ist ein Wert, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. Im Lichte diese Faktoren können wir unsere Zeit als eine Zeit definieren, in der das Globale und das Lokale in den Vordergrund treten. Dem entsprechen auf der politischen Ebene weder die entwickelten national-bürgerlichen Demokratien und der Faschismus, noch der Realsozialismus unterentwickelter Nationen und der Totalitarismus nationaler Befreiung. Möglicherweise werden Demokratien mit Mischcharakter entstehen, in denen zwei Systeme koexistieren. Demokratische Allianzen von gesellschaftlichen Gruppen lokalen und nationalen Zuschnitts könnten dafür die praktikabelste Methode darstellen. Die Einparteienmodelle der Linken und Rechten, die weder eine innerparteiliche noch eine parlamentarische Opposition zuließen, weichen effektiveren Mehrparteiendemokratien. 41 So kann jede Gruppe, die in der Lage ist, sich repräsentieren zu lassen, in direkteren, flexiblen Kontakt mit dem globalen System treten und den Angebotsüberschuss reduzieren. Dieser Prozess, der auf der ganzen Welt abläuft, wird auch für den Mittleren Osten immer wahrscheinlicher. Diese Option wird aktuell, weil die alten Strukturen des Status quo überwunden werden müssen. Das Greater Middle East Project der USA entstammt dieser Notwendigkeit. Den Völkern des Mittleren Ostens hingegen fehlt das Bewusstsein und der Organisationsgrad für den Aufbau einer authentischen Demokratie auf eigene Faust. Ihr Wille ist uneinheitlich, sie erwachen gerade erst und beginnen zu handeln. Das erschwert ihnen den einseitigen Aufbau einer wahrhaft demokratischen Option. Trotzdem bleibt der Aufbau einer eigenen, inneren Demokratie eine dringende und unverzichtbare Voraussetzung für prinzipientreue Kompromisse. Das Chaosintervall mit seinen Möglichkeiten für Freiheit und Kreativität macht diese Übergangszeit so wichtig und bietet die Möglichkeit, dass in gemischten Demokratien die Völker zu den wichtigsten Akteuren werden. RONAHÎ Die Erhaltung der Geschichte Dersims Der kurdische Schriftsteller Haydar Işık über das Massaker an den dersimer Kurden in den Jahren 1937/ 38 Jûjî YXK - Kassel “Die Rolle Deutschlands ist dabei auch nicht zu übersehen. Der deutsche Staat hilft diesem Unrechtsland, diesem rassistischen Land, um die Kurden zu verfolgen bzw. um sie Repressalien auszusetzen. Kein Mensch hat meinen Ausführungen Beachtung geschenkt” Herr Işık, Sie sind einer der renommiertesten kurdischsprachigen Autoren in Deutschland. Bis jetzt wurden leider nur Ihre Romane „Der Agha aus Dersim“ und „Die Vernichtung von Dersim“ ins Deutsche übersetzt. Können Sie uns sagen, wie die Presse/ die Kritiker Ihre Romane aufgenommen haben? Meine Romane wurden ganz gut aufgenommen. Der „Agha aus Dersim“ und auch „Die Vernichtung von Dersim“ wurden von vielen Literaturkritikern, Schriftstellern und Journalisten als „gut“ bezeichnet. Natürlich bin ich stolz darauf, dass diese Bücher auch in deutscher Sprache ebenfalls gut angekommen sind. Jedoch muss gesagt werden, dass die Verleger, durch meine Arbeit im Bezug auf die Kurden, mit der Zeit Angst hatten, mit mir als Schriftsteller zusammen zu arbeiten. Sie wollten die Kooperation mit einem Menschen, wie mir, in der Türkei werde ich als Separatist, hier in Deutschland als Terrorist bezeichnet, vermeiden. Mein Schicksal ist es, wie das aller Kurden, seit der Geburt an verfolgt zu werden. Schließlich ist es dieses Schicksal, welches verhindert, dass auch meine anderen Romane, die in türkischer Sprache veröffentlicht worden 42 sind und die meiner Ansicht nach sehr gelungen sind, auf Deutsch verlegt werden können. Ich finde keinen Verlag, der meine Werke publizieren will, bis jetzt sind lediglich drei meiner Bücher auf Deutsch erschienen. Ok. Also wenn Sie Kontakt mit Verlagen aufnehmen, sagen diese Ihnen von Anfang an „Wir drucken das nicht, das ist separatistisch oder für die PKK gesprochen!“ ? Ich meine es gibt so viele auf Deutsch erschienene Romane, die das Kurdische/ das Kurdentum behandeln, aber welche konkreten Gründe geben die Verleger beim Ablehnen Ihrer Manuskripte an? Die Verleger sagen sehr höflich, dass sie meine Romane nicht in ihr Programm aufnehmen wollen. Diese Höflichkeit ist sehr formell. Die Wahrheit ist einfach, dass diese Verleger nach der Recherche auf Google schon eine voreingenommene Meinung über meine Person haben. Meine Bücher zu verlegen, ist uninteressant für sie. Aus diesem Grunde sagen sie „nein“. Obwohl mich diese Ablehnungen nicht traurig stimmen, denke ich manchmal, dass es schön wäre, wenn die deutsche Öffentlichkeit mehr von meinen Büchern erfahren würde. RONAHÎ Es geht hier nicht nur um die deutsche Öffentlichkeit. Diese spielt, meiner Meinung nach, eine untergeordnete Rolle! Es gibt etliche in Deutschland geborene, aufgewachsene und sozialisierte junge KurdenInnen, die nur auf Deutsch lesen und schreiben können und es sind gerade diese jungen Kurden, die nicht an Ihre Werke rankommen. Also, ich z.B. habe die beiden Romane, die zurzeit im Buchhandel erwerblich sind, gelesen und suche, suche, suche immer neueren Stoff. Gibt es demnächst wieder Übersetzungen Ihrer Romane? Ist es möglich, dass man Ihre Bücher ins Deutsche übersetzt und dann über den Mesopotamienverlag eigenständig in Druck gibt, sodass die Masse Ihre Bücher konsultieren kann? Der Mesopotamienverlag müsste das eigentlich tun, aber leider ist auch dieser Verlag nicht imstande dieses große Projekt, auf Deutsch ein Buch zu übersetzen und zu verlegen ist durchaus eine Herausforderung, umzusetzen. Scheitert das Projekt an der Übersetzung? Es geht nicht nur ausschließlich um die Übersetzung. Eine Übersetzung, die literarischen Kriterien genügt, ist, durch meine Kontakte zu einer Übersetzerin, zu bewerkstelligen. Der Verlag muss über gewisse Geldquellen, Sponsoren verfügen. Auch manche deutsche Verlage verfügen nicht über diese Ressourcen, zumindest behaupten sie es. In der Vergangenheit hatte ich einmal Kontakt zu einem deutschen Verlag aufgebaut, der sich im Hinblick auf diese Thematik sehr interessiert zeigte. Gegen Ende des Gespräches sagte er mir jedoch: „Wenn viele Sponsoren hinter Ihnen stehen würden, würden wir eines Ihrer Werke drucken.“ Daraufhin erwiderte ich explizit, dass ich Literatur schaffen würde und möchte, dass es so verlegt werde. Also, ich suche keinen Sponsor. Ich bin Schriftsteller und ich schreibe! Ferner denke ich, dass die literarische Qualität meiner Werke nicht schlechter ist als die eines türkischen Schriftstellers, aber da ich ein Kurde bin und dieses Schicksal mich von Geburt an verfolgt und weil ich mich für meine Volkszugehörigkeit engagiere, werde ich mit diesen Problemen konfrontiert. Mein Schreibberuf macht mir in Deutschland zu schaffen. Die Publikation meiner Bücher in türkischer Sprache ist unkomplizierter. In Istanbul wird jedes meiner Werke verlegt, aber auf Deutsch oder in andere Sprachen ist das bisher nur selten oder gar nicht geschehen. Leider sind die Kurden auch nicht in der Lage, ihr eigenes Schicksal mittels anderer Sprachen zu thematisieren. Ich habe in Deutschland eins als Erster gesehen: Bei meinen etlichen Vorträgen habe ich immer darauf aufmerksam gemacht, dass die Türkei so viele unserer Menschen umbringt. Die Rolle Deutschlands ist dabei auch nicht zu übersehen. Der deutsche Staat hilft diesem Unrechtsland, diesem rassistischen 43 Land, um die Kurden zu verfolgen bzw. um sie Repressalien auszusetzen. Kein Mensch hat meinen Ausführungen Beachtung geschenkt. Ich habe viele Jahre an einer Realschule Türkisch unterrichtet, darüber hinaus war ich in der Lehrergewerkschaft GEW organisiert. Während dieser Zeitspanne habe ich jede Situation, egal ob auf Landesvertretersammlungen oder woanders, als Anlass genutzt, um auf das Schicksal der Kurden aufmerksam zu machen. Als ich 70 Jahre alt wurde, habe ich meine Kolleginnen und Kollegen eingeladen und da sprach einer ganz ehrlich: „Wir haben Haydar immer als einen wahrgenommen der, ob- RONAHÎ zwölf Tage lang in Untersuchungshaft genommen, obwohl es keinen Anlass zur Gesetzwidrigkeit gab. Man hat mich wirklich traurig gemacht. wohl es nicht im Programm stand, immer die Situation der Kurden thematisiert hat. Wir waren so sauer auf Haydar, aber jetzt haben wir begriffen, warum dieser Mann das tut.“ Die Mitglieder der GEW haben nicht nachvollziehen können, warum die Kurden so verfolgt werden, warum sie nicht ihre Muttersprache sprechen dürfen, warum sie ihre Identität leugnen müssen. In diesem Jahrhundert ist es eine unmenschliche Situation, gar eine faschistische Haltung, dass uns unsere Grundrechte vorenthalten werden. Ich habe wirklich jede Gelegenheit instrumentalisiert, um auf die Unterdrückung der Kurden aufmerksam zu machen. Jetzt ist es so, dass es von Seiten des deutschen Staates in der Vergangenheit oft Repressionen/ Anzeigen gegen Sie gab, unter anderem wegen Ihrer schriftstellerischen Tätigkeit. Warum ist es dem deutschen Staat, trotz der angeblichen Pressefreiheit hierzulande, so wichtig Ihre Stimme als kurdi- scher Autor im Keim zu ersticken? Also, ich lebe sehr legal. Ich habe überhaupt nichts Kriminelles oder Gesetzwidriges unternommen. Ich lebe hier wie ein Europäer, aber bei den Behörden, obwohl ich gesagt hatte, dass ich ein deutscher Staatsbürger bin, habe ich zweimal erfahren, dass die Beamten mir sagten: „Aber Sie sind ein Kurde!“. Das heißt also ein Kurde, obwohl er Europäer ist, hat kein Recht über die Situation der Kurden in der Türkei zu berichten. Dieser Umstand hat mich natürlich sehr traurig gemacht, daraufhin habe ich mich noch mehr für diese Sache engagiert. Ich bin bemüht das Kurdenproblem in die Öffentlichkeit zu transportieren, aber die Behörden versuchen natürlich, Deutschland und die Türkei arbeiten zusammen und sie versuchen uns Kurden hier zu verfolgen, dies zu verhindern. Der lange Arm der Türkei reicht bis nach Deutschland, bis nach München. Mein Haus wurde fünf Mal durchsucht. Beim letzten Mal, also 2007, haben sie mich 44 Was war der Grund für Ihre Festnahme? Es wurde mir vorgeworfen eine terroristische Organisation zu unterstützen. Aber dies ist nicht mein Aktionsfeld. So etwas habe ich nicht gemacht. In München habe ich zwar viele Vereine für Kurden gegründet, aber was daran ist illegitim? Sie versuchten mich mit Gewalt ins Gefängnis zu bringen. Am Ende hat mich der Richter freigesprochen, der Gerichtsbeschluss war rehabilitierend. Kommen wir nun zu Ihren Werken. Ihr Werk „Die Vernichtung von Dersim“ wird als Roman bezeichnet. Beim Lesen stellt man fest, dass die Trennlinie zwischen Realität und Fiktion nicht klar zu bestimmen ist. Warum haben Sie sich für diese Form der Epik entschieden? Ich versuchte das Schicksal meines Volkes anhand einer Erzählung, die beim Leser gut ankommen würde, zu schildern. Wenn ich knallhart von den dort geschehenen Fakten berichtet hätte, wäre dieses Werk wahrscheinlich nicht lesbar gewesen, weil die Tatsachen grausam sind. Dies würde kein Leser, auch keine Frau, lesen können. Mittels der Liebe zur Natur, zu Schönheiten sowie zu Menschen versuchte ich über dieses Massaker zu berichten. Ich habe immer versucht ein hartes Geschehen zu erzählen und gleichsam war ich bemüht, dem Leser eine Pause anzubieten. In diesem Stil schreibe ich die meisten meiner RONAHÎ Bücher. Der Grund warum ich so intensiv über diesen brutalen Völkermord schrieb ist, dass ich oft mit den Erzählungen der Frauen konfrontiert wurde, die davon berichteten, was ihnen während der Zeit der Dersimvernichtung 1937/ 38 wiederfahren war. Ich versuchte diese „harte“ Geschichte so verständlich wie möglich wiederzugeben, sodass der Leser nicht abgeschreckt war, sondern der Handlung mit Ruhe und Gelassenheit folgen konnte. Wie sind Sie beim Schreiben dieses Romans vorgegangen? Stand z.B. die Art des Erzählers von Anfang an fest oder hat sich diese erst im Laufe der Handlung entwickelt? Wie kamen Sie zu den Figuren? Zu Beginn meiner Schreibtätigkeit erstellte ich mir zunächst einen Plan, wie ein Architekt oder sagen wir wie ein Kelimknüpfer. Anschließend überlegte ich lange, wie ich diesen Plan umsetzen könnte. In einem nächsten Schritt suchte ich Material und zum Schluss versuchte ich mittels dieses Plans die Protagonisten, die ich dem Leser präsentieren wollte, zu beschreiben und nahe zu bringen. Haben Sie sich bei der Erschaffung der Figuren des Romans an Menschen orientiert, die Sie wirklich einmal kannten oder sind das rein Figuren, die aus Ihrer Fantasie entspringen oder sind es Figuren aus den Erzählungen der Frauen, die über die Jahre 1937/ 1938 berichteten? Die Figuren habe ich von der Geschichte Dersims übernommen, z.B. gab es den Kurden Seynel Tschausch so wurde er von den Menschen genannt. In meinem Roman habe ich genau diesen Kurden beschrieben, jedoch habe ich ihn unbenannt. Das gleiche gilt auch für Memik Agha. Der hieß in der Realität nicht Memik Agha, sondern Use Mırç. Bei den Figuren sind nur die Namen fiktiv, ansonsten sind die Figuren authentisch. sie alt, jung oder gar schwanger waren. Sie haben Zehntausende, die Kurden sagen Siebzigtausende ermordet, verbrannt, vergiftet, vergast. Einige kurdische weibliche Kinder jedoch wurden von den türkischen Soldaten als „besleme“, als Dienstmädchen, mitgenommen. Schließlich Wofür steht die Figur des Alibinat? Sowie die Figur der Gule? Alibinat ist ein Weise. Es gibt in der kurdischen Gesellschaft, in jedem kurdischen Dorf eine weise Person. Diese weise Person versuchte ich in der Figur des Albinat wiederzugeben. Auf Kurdisch sagt man zu diesen weisen älteren Menschen „rezipi“. Meist werden die Männer als rezipi bezeichnet. Jedoch habe ich meine Mutter als weiser erlebt als meinen Vater, welcher weniger intelligent war. Zumindest hatte ich diesen Eindruck. Die Figur der Gule war für mich ein Trauma. Die Türken haben in Dersim nicht nur Menschen willkürlich umgebracht, es war egal ob wurden sie, sobald sie erwachsen waren, als Erst- oder Zweitfrau mit einem türkischen Mann verheiratet. Die Figur Gule ist aus meinem Wissen über die Tochter eines Verwandten, die ihm von türkischen Streitkräften weggenommen worden war, entstanden. Bereits im Jahre 1990 habe ich über dieses Thema geschrieben und berichtet, dass dies in Dersim geschehen war. Damals hat sich kein Mensch für diese Tatsache interessiert, aber heute sehen wir hunderte Frauen und Kinder, von den Türken verschleppt und als „besleme“ gehalten, die sich zu ihrem Schicksal äußern. Die Frau von Kenan Evren ist angeblich auch solch eine Frau! Auf unsere Dersimkonferenzen, 45 RONAHÎ Was den Hasen betrifft gilt Folgendes: Eines Tages sah ich, dass mein Vater zwei Hasen tötete und sie den Hunden vorwarf. Unsere Hunde fraßen die Hasen, wir jedoch hatten kein Fleisch. Wir haben sehr selten Fleisch gegessen. Da der Hase kein Wiederkäuer ist und angeblich wie die Frauen blutige Tage hat und schließlich nach der Ansicht der Dersimer den Hunden oder anderen Viechern näher steht, essen sie ihn nicht. Aber ehrlich gesagt, habe ich das Ganze auch nicht verstanden. Ich hätte gerne Hasenfleisch gegessen, aber man hat es uns nicht gegeben [lacht]. die regelmäßig stattfinden, versuchen wir überlebende Zeugen einzuladen, die von ihren eigenen Erfahrungen berichten können. So war z.B. die Großmutter der türkischsprachigen Autorin Sema Kaygusuz ebenfalls eine Kurdin aus Dersim, auch sie wurde damals von den Mördern ihrer Familie als „besleme“ mitgenommen und später mit einem Türken verheiratet. Ich habe auch eine telefonische Verbindung zu einer älteren, in Istanbul wohnende Dame, welche als vier jähriges Mädchen aus Dersim verschleppt worden ist. Weil diese Frau sich in Interviews zu ihrer Herkunft geäußert hatte, haben ihre beiden leiblichen Kinder, welche in Deutschland leben, den Kontakt zu ihr abgebrochen. Beim Lesen Ihres Romans sind mir zwei Dinge aufgefallen, die mich lange beschäftigt haben. Zum einen gilt mein Interesse dem Hasen, den die kurdischen Aleviten stark verachten. Was steckt hinter dem Hass diesem Tier gegenüber? Zum anderen stößt man in Ihrem Werk sehr oft auf die Blut- und Bodenideologie. Warum betonen Sie diesen Aspekt so intensiv? Meine Mutter hat nicht studiert und nicht die Schule besucht, sie war Analphabetin. Sie sagte zu mir, als sie sich mit mir in die Berge verschanzt hatte: „Schau, dieses Feld ist rot.“ Sicherlich wusste ich aus welchen Gründen das Feld rot aussah. Auf dem Feld befand sich ein Eisenoxid und dieses Mineral verlieh dem Feld die rote Farbe. Aber meine Mutter, von dieser Verbrennung und Tötung stark erschüttert, war der Ansicht, dass der Boden seine Farbe durch das Blut der Menschen verliehen bekommen hatte. Das war eine authentische Erzählung meiner Mutter. 46 Das Ende Ihres Romans stellt kein Happy End dar. Warum lassen Sie Mirzali nicht seine Tochter Gule ansprechen? Die Menschen, die aus der Verbannung zurückkamen, habe ich beobachten können. Sie waren besser angezogen als die, die in Dersim geblieben waren. Die Einheimischen waren sehr arm. Diese Gule, die nach Dersim zurückkam, war Lehrerin geworden, sie hatte sich gebildet. Als der Vater sie erkennt, fragt er sich, was er mit ihr anfangen könnte. Er spricht sie nicht an, zum einen, weil er Scham vor den Umherstehenden empfindet und zum anderen, weil er seine Geschichte dort beenden will. Übrigens sind wir noch nicht in der Lage, ein Happy End feiern zu können. Wir, die Kurden, sind immer in dramatischen Situationen. Für ein Happy End ist es noch zu früh. Wir befinden uns zurzeit in einer sehr kritischen Phase. Am 12. Juni wird in der Türkei ein neues Parlament gewählt. Es wurde ver- RONAHÎ mehrt von einem Frieden oder einem totalen Krieg nach den Wahlen gesprochen. Wie bewerten Sie die gegenwärtige Lage? Also, ich muss gestehen, dass ich nicht optimistisch bin. Die Situation geht leider auf einen Krieg zu, da sich die türkische Regierung für diesen Weg entschieden hat. Die Umstände zeigen, dass die Türkei den Kurden ihre Rechte vorenthalten möchte. Obwohl die Kurden ihre Forderungen so heruntergesetzt haben, versucht die Türkei sie mit allen Mitteln zu unterdrücken. Ich habe viel mitgemacht, seit 50 Jahren arbeite ich für die Kurden. Die Aufklärung der jungen Menschen war nicht einfach. Wir haben wirklich viel Mühe gehabt, um ein paar junge wissende Kurden heranzubilden. Gleichwohl haben wir heutzutage in Europa viele junge Menschen, die unsere Aufgabe viel besser machen als wir früher. Sie machen heute das, was wir früher zu tun nicht im Stande waren. Ich glaube, die Kurden werden sich nicht mehr so klein stellen. Die Türken werden irgendwann zur Vernunft kommen und mit den Kurden eine Koexistenz aufbauen. Wir sind ein Volk. Wir sind stolz. Warum sollen wir unter dem Jocht der Türken leben? Wir sind Kurden, Menschen, Demokraten! Wir wollen, genau wie die Türken, weder mehr noch weniger als ein Türke, ein Leben in der Türkei führen. Das ist unser gutes Recht. Da die Türkei uns dieses Recht vorenthält, müssen wir Widerstand leisten. Unsere kurdische Gesellschaft muss auf jeder zivilen Ebene einen gesellschaftlichen Widerstand gegen die türkische Unrechtspolitik leisten. Was möchten Sie uns, kurdischen Studenten, zuletzt mit auf den Weg geben? Als ich Student war, hat mir kein Mensch gesagt, dass ich Kurde sei oder dass ich mich für die Kurden engagieren müsse. Keiner hat mir einen Weg gezeigt, aber ich habe mit meinen Studentenfreunden gesehen, dass wir Kurden sind. Wir haben wirklich viel für die Kurden getan. Natürlich weniger als die heutigen Studenten, dies lag auch daran, dass wir weniger gut organisiert waren, wie die heutigen kurdischen Studentengruppen, aber wir haben immerhin diese kurdische „Kerze“ nicht erlöschen lassen, versucht das Kurdentum auf den Beinen zu halten. Ich habe damals in der Türkei oft an sozialistischen Demonstrationen, an Antikriegsdemonstrationen teilgenommen und auch gegen den Vietnamkrieg bzw. gegen den amerikanischen Imperialismus protestiert. Mein Aufruf an die kurdischen Studenten, welche die Intelligenz unseres Volkes verkörpern, ist, sich mehr zu engagieren. Wir erwarten mehr, die kurdischen Studenten müssen mehr für ihr Volk tun. Mit einem 47 Arbeiter kann man nur bedingt was erreichen, sie haben auch ihren Platz in der Gesellschaft, jedoch sollten die Studenten dem Rest des Volkes den Weg weisen, Führung übernehmen. Aber das heißt nicht, dass die StudentenINNEN ihr Studium abbrechen sollen, um auf die Berge zu gehen, oder? Nein das heißt es nicht, im Grunde ist es egal, wie man sich für die kurdische Thematik engagiert, wichtig ist nur, dass man es tut. Ich habe z.B. einen Verwandten, der noch letztes Semester Medizinstudent war, heute aber als freiwilliger Arzt in den Bergen tätig ist. Ich plädiere dafür, dass die StudentINNEN der Lage der Kurden mehr Aufmerksamkeit schenken und sich effektiver organisieren. Die YXK muss sich gegenüber allen kurdischen Studentinnen und Studenten öffnen, um mehr Einfluss nehmen zu können. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben! Anmerkung: Den Roman „Die Vernichtung von Dersim“ könnte ihr als ordentlich eingeschriebener Student kostenfrei über die Bibliothek eurer Uni bestellen. Die meisten Bibliotheken nehmen eure Büchervorschläge ohne Probleme an. Das Buch wird dann in den Katalog eurer Unibibliothek aufgenommen. RONAHÎ Partizipative Ökonomie Michael ALBERT “Michael Alberts Werk über partizipatorische Ökonomie skizziert bis hin zu gehaltvollen Details das Programm eines radikalen Umbaus. Es präsentiert eine Vision, die aus einer reichen Tradition an Ideenwelt und Praxis der libertären Linken und sozialen Bewegungen schöpft, aber neue kritische Analysen, präzise Konzepte und Formen ihrer Umsetzung hinzufügt. Parecon gebührt große Aufmerksamkeit, Diskussion und Wirkung” Mein Name ist Michael Albert, ich lebe in den Vereinigten Staaten und arbeite bei Z Magazine und ZNet, einer Website. Daneben bin ich Co-Autor und Vertreter einer ökonomischen Vision, die sich partizipative Ökonomie oder kurz „Parecon“ nennt. Partizipative Ökonomie ist eine Alternative zum Kapitalismus, die auf wenigen zentralen Werten und Institutionen basiert: Gleichheit, Solidarität, Vielfalt und Selbstverwaltung. Gleichheit bezieht sich darauf, wie viel wir für unsere Arbeit erhalten. Die Norm ist, dass wir für unsere Anstrengung entlohnt werden sollten, nicht für Eigentum oder Verhandlungsmacht. Der Begriff der Solidarität beinhaltet, dass sich die Menschen umeinander kümmern und aus der Gemeinschaft Nutzen ziehen können, statt miteinander zu konkurrieren und sich gegenseitig niederzutrampeln. Mehr Solidarität ist besser als weniger. Bei Vielfalt geht es um die Auswahl, die wir haben; mehrere Optionen sind besser als Homogenisierung und Reduktion der Auswahlmöglichkeiten. Selbstverwaltung hat mit dem Ausmaß der Kontrolle zu tun, die wir über unser eigenes Leben ausüben, dem Maß der Entscheidungsautonomie bei Sachverhalten, von denen wir betroffen sind. Die Entwicklung einer wirtschaftlichen Vision bedeutet für mich, sich Institutionen auszudenken, die Produktion, Konsum 48 und Allokation auf eine Art ermöglichen, die Gleichheit, Solidarität, Vielfalt und Selbstverwaltung erhöhen statt verringern. Zum Beispiel ArbeiterInnen- und KonsumentInnen-Räte sind direktdemokratische Mittel, mit denen die Menschen ihre Präferenzen entwickeln, organisieren und zum Ausdruck bringen können. In diesen Räten kommen selbstverwaltete Methoden der Entscheidungsfindung zur Anwendung, um zu bestimmen, wie viel und was produziert und konsumiert werden soll. Die Idee der ausgewogenen Arbeitsbündel (balanced job complexes) ist die Überwindung der üblichen Arbeitsteilung. Anstatt die befriedigenden und verantwortungsvollen Aufgaben auf wenige und die untergeordneten und Routinearbeiten auf die Mehrheit der Beschäftigten zu verteilen, schlage ich eine gerechtere Arbeitsteilung vor. Idealerweise teilen wir Arbeitsaufgaben und Verantwortungen so auf, dass alle einen fairen Anteil an ermüdender Routinearbeit und als Ausgleich dazu angenehmere Tätigkeiten übernehmen. Das sollte dazu führen, dass nicht 20 Prozent der Leute die erfüllenden Arbeiten monopolisieren und 80 Prozent mit den Routinearbeiten enden – eine Klassenspaltung, in der die erste Gruppe die KoordinatorInnenklasse darstellt, und die zweite die ArbeiterInnenklasse. Dessen entledigen wir uns durch ausgewogene RONAHÎ Arbeitsbündel, die allen Arbeiten geben, die sie in ähnlichem Ausmaß ermächtigen. Darüber hinaus soll das Ausmaß der Anstrengung die Bezahlung bestimmen. Das Einkommen bemisst sich nach dem Zeitaufwand, der Schwere und der verursachten Ermüdung der Arbeit. Kommen wir zum Problem der Allokation. Wie wird entschieden, was und wie viel produziert wird? Die typische Prozedur dafür in den USA sind Märkte, in der Sowjetunion war es die zentrale Planung. Partizipative Ökonomie lehnt beides ab und schlägt stattdessen partizipative Planung vor. Die zentralen Elemente dieses Modells sind ArbeiterInnen- und KonsumentInnenRäte, selbstverwaltete Entscheidungsfindung, Bezahlung nach Anstrengung, ausgewogene Arbeitsbündel und „partizipative Planung“. Das System, das sich daraus ergibt, ist eine Alternative sowohl zum Kapitalismus als auch zum so genannten Sozialismus der Vergangenheit, der in Wahrheit eine Wirtschaft war, in der eine KoordinatorInnenklasse die Macht und alle mit Befehlen verbundenen Arbeiten für sich monopolisierte. In jeder Wirtschaft üben die Leute ihre wirtschaftliche Aktivität, ihre Arbeit, aus. Diese Arbeit produziert einen Output, das Sozialprodukt. Die Frage ist, wie dieser Kuchen aufgeteilt wird, nach welchen Kriterien die Entlohnung erfolgen soll. In manchen Wirtschaftssystemen ist eine der Normen, dass sich die Entlohnung nach dem Eigentum richten soll, das jemand besitzt, nach dem Produkt, das aus diesem Eigentum resultiert, das Profit genannt wird. Ich weise diese Idee zurück. Für mich macht das keinen Sinn, und ich lehne es ab, da dieses Prinzip ökonomisch nicht notwendig ist und zudem eine ganze Reihe von Ungerechtigkeiten herbeiführt. Eine an- dere Einstellung, die sowohl von der Harvard Business School als auch von den meisten Kriminellen vertreten wird, ist, dass wir haben sollen, was wir uns gewaltsam aneignen können – eine Art Hooligan-Zugang zur Verteilungsfrage. Wir verhandeln und nutzen unsere Macht, um mehr zu bekommen. Die Norm ist hier also, dass wir gemäß unserer Macht entlohnt werden sollten. Auch dieses Prinzip ist weder ökonomisch erforderlich noch moralisch vertretbar. Das dritte mögliche Kriterium ist die Entlohnung entsprechend der Arbeitsanstrengung einer Person. Diese Norm scheint auf den ersten Blick wünschenswerter. Doch impliziert sie zum Beispiel, dass Michael Jordan, zu der Zeit als die Chicago Bulls Jahr für Jahr die US-Basketballmeisterschaft gewannen, jedes Jahr Millionen Dollar für seine Arbeit erhalten sollte. Und zwar, weil sie von der Gesellschaft so hoch geschätzt wurde. Es bereitete den Menschen Vergnügen, ihm bei seiner Tätigkeit zuzusehen. Ob das auch Sinn machte, ist irrelevant. Fest steht, dass Menschen sich daran erfreut und es sehr geschätzt haben. Aber denken wir deshalb, dass Leute wie Michael Jordan für ihr Glück in der „genetischen Lotterie“, wie man es nennen könnte, entlohnt werden sollten? Ich könnte von jetzt an bis ins Jahr 4042 trainieren und wäre nicht in der Lage, so Basketball zu spielen, wie Michael Jordan es tut, noch könnte ich lernen, wie Mozart zu komponieren usw. Jordan und Mozart wurden mit bestimmten Talenten geboren, die andere Menschen bewundern, die sich daran erfreuen und davon profitieren. Dass daraus ein Anspruch auf hohes Einkommen erwächst, ist allerdings nicht einzusehen. Die bessere Ausstattung mit Hilfsmitteln und Werkzeugen, die zu höherer Produktivität führen, sollte ebenfalls 49 keinen Einkommensvorsprung rechtfertigen. Die Entlohnung sollte in Relation zur Anstrengung stehen, die uns die Arbeit kostet. Arbeit, die anstrengt, länger dauert und intensiver ist, sollte zu mehr Lohn führen. Was Entscheidungen betrifft: Man könnte wochenlang darüber philosophieren, wie Entscheidungen getroffen werden sollen, aber ich denke, es ist ganz einfach. Wenn eine Entscheidung nur mich betrifft, zum Beispiel ob ich das Bild meiner Lebensgefährtin auf meinem Büroschreibtisch aufstellen darf, sollte ich sie allein treffen dürfen. Geht es darum, im Gemeinschaftsbüro ein Radio aufzustellen, dann sollten alle mitbestimmen, die davon betroffen sind. Alle Menschen sollten dem Maß ihrer Betroffenheit entsprechend an Beschlüssen beteiligt sein. Das ist die anzustrebende Idee, das ist Selbstverwaltung. Was das bedeutet, ist nicht im Allgemeinen festlegbar. In einigen Fällen kann das heißen, dass alle je eine Stimme haben und Mehrheitsabstimmungen durchzuführen sind. In anderen Fragen sollte eine Dreiviertelmehrheit erforderlich sein. Einige Belange werden konsensual zu lösen sein, andere autoritär. Es gibt viele unterschiedliche Situationen, und die jeweilige Regel sollte nur die Methode zur Erreichung des ultimativen Ziels sein – der Selbstverwaltung. Der alte Entscheidungsmechanismus in Jugoslawien war weit von diesem Ideal entfernt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Selbstverwaltung die ursprüngliche Idee war. Die Arbeitenden sollten ihre Arbeitsplätze eigenständig kontrollieren. In der alten sowjetischen Verfassung findet sich ein ähnlicher Gedanke: Die Beschäftigten in den Fabriken sollten die höchste Instanz für Entscheidungen am Arbeitsplatz sein. Tatsächlich lag die Macht jedoch bei den zentralen PlanerInnen. In Jugosla- RONAHÎ wien schuf das Marktsystem, das für die Allokation zuständig war, eine Dynamik, die die Arbeitsteilung in der jugoslawischen Fabrik hervorbrachte. Es gab ein Management, Ingenieure und eine kleine Minderheit von Leuten, die ein Monopol auf die täglichen Entscheidungen und die ermächtigenden Arbeiten ausübten, die zu Wissen, Selbstvertrauen und Kenntnissen verhelfen, die für Beschlüsse und die Entwicklung von Plänen Voraussetzung sind. Daneben gab es die 80 Prozent der Bevölkerung, die den Tag mit repetitiven und ermüdenden Tätigkeiten verbrachten. Durch die Verfassung hatte diese Mehrheit der Beschäftigten zwar eine formale, aber keine reale Macht. Wenn die ArbeiterInnenräte in Jugoslawien schließlich zu Abstimmungen zusammenkamen, dominierten die 20 Prozent, die alles Wissen und Selbstvertrauen auf ihrer Seite hatten. Um wahre Selbstverwaltung und Klassenlosigkeit zu erlangen, muss diese Kluft überwunden werden. Das System der Selbstverwaltung setzt eine institutionelle Struktur voraus, die ein solches Modell der kollektiven Souveränität überhaupt möglich macht. Der Schlüssel dazu sind ausgewogene Arbeitsbündel und der Allokationsmodus. Zuerst gilt es zu klären, was der Begriff „ausgewogene Arbeitsbündel“ bedeutet: Üblicherweise werden die verschiedenen Tätigkeiten in einem Betrieb auf verschiedene Jobs aufgeteilt. Ein Job ist eine Mischung aus Aufgaben, ein Bündel von Verantwortlichkeiten und Aufgaben. Durch die Kombination der Aufgaben kann man Hierarchien einrichten: An der Spitze sind die ermächtigenden Aufgaben – sie haben nicht nur Fähigkeiten und Wissen zur Voraussetzung, sondern liefern den Ausführenden auch Fähigkeiten und Wissen. Sie übertragen Selbstvertrauen und Kontrolle über die Vorgänge am Arbeitsplatz. Je tiefer man die Hierarchie hinuntergeht, desto routinierter und untergeordneter werden die Tätigkeiten, durch welche die ArbeiterInnen ihrer Potenziale und Talente beraubt werden. In diesem Kontext wird die Gruppe am Fuße der hierarchischen Pyramide von der Spitze beherrscht – und das ist die Spaltung in koordinierende und arbeitende Klassen. Diese Teilung muss aufgehoben und durch ausgewogene Arbeitsbündel ersetzt werden. Jeder Job würde dann den gleichen Anteil ermächtigender und Routineaufgaben umfassen, wodurch alle ArbeiterInnen 50 in die Lage versetzt würden, in den Räten über die gemeinsamen Aufgaben, die Tagesordnung und die anstehenden Probleme zu bestimmen. Niemand könnte die anderen dominieren, weil alle vergleichbare Aufgaben – im Hinblick auf ermächtigende Aspekte – haben. Ein häufiger Einwand gegen dieses Modell ist, dass diese Arbeitsaufteilung eine Verschwendung der Zeit hochproduktiver und qualifizierter ArbeiterInnen verursachen würde. Wäre es für die Gesellschaft als Ganzes nicht gewinnbringender, wenn sich jeder darauf konzentriert, was er am besten kann? Die Antwort ist: Im Moment führt die gängige Arbeitsteilung dazu, dass bei 80 Prozent der Leute Fähigkeiten und Talente in der Arbeit vernichtet werden, während einige Genies sich entfalten können. Bei ausgewogenen Arbeitsbündeln würde aus allen das Beste herausgeholt werden. Es wird in einer partizipativen Ökonomie vermutlich mehr Mozarts geben, dafür auf einem etwas niedrigeren Niveau. Wir werden diese Talente in mehr Menschen entdecken. Zudem fließt in einer Wirtschaft wie der jetzigen das kreativste Talent in den Verkauf von Waren, nicht in die Produktion von Kunstwerken, die erfreuen und zum Nachdenken anregen, sondern in die Herstellung manipulativer Bilder und Worte – wie etwa in der Werbung. Dorthin geht das meiste künstlerische Talent. In einer partizipativen Ökonomie verbringt jede talentierte Person eine gewisse Zeit damit, ihre Begabung nicht einzusetzen, dafür werden aber insgesamt mehr Talente entdeckt und diese werden für sinnvollere Zwecke eingesetzt. Aber nehmen wir einen anderen Fall, etwa eine Chirurgin. Ist es vorstellbar, dass diese hochqualifizierte Spezialistin einen Teil ihrer Zeit damit verbringt, die Betten zu machen? Die Antwort RONAHÎ ist: ja. Erstens verbringen auch im Kapitalismus ChirurgInnen ihre Arbeitszeit nicht ausschließlich mit Operieren, sondern ebenso mit Golf spielen und mit dem Konkurrenzkampf am Arbeitsplatz. Aber auch wenn das nicht so wäre – wäre der Gewinn, den wir durch ausgewogene Arbeitsplätze erlangen würden, nämlich Gleichberechtigung und eine Beseitigung der Klassenspaltung, nicht den Verlust an ChirurgieSpezialistInnen-Output wert? Außerdem wird mit jenen 80 Prozent der Bevölkerung, die vorher ausschließlich eintönige Arbeiten verrichteten, ein breiterer Pool möglicher ChirurgInnen erschlossen. Um zu sehen, wie das funktioniert, muss man in Betracht ziehen, dass in den USA die American Medical Association eine Institution von ÄrztInnen ist. Sie existiert nicht, um die Gesundheitsfürsorge voranzubringen, sondern die Privilegien von ÄrztInnen zu verteidigen. Und das tut sie vor allem, indem sie andere daran hindert, die Talente und Fähigkeiten zu erwerben, um medizinische Arbeit zu leisten. Sie hindert KrankenpflegerInnen daran, mehr zu tun als die begrenzte Arbeit, die ihnen eine eingeschränkte Verhandlungsmacht verleiht, wodurch der Anteil der ÄrztInnen am Vermögen aus der Gesundheitsversorgung ungerecht hoch bleibt. Wenn wir also zu ausgewogenen Arbeitsbündeln wechseln, gewinnen wir nicht nur Gleichheit, Vielfalt und Solidarität sowie die Beseitigung diverser Übel, die aus der Klassenspaltung folgen; es würde auch die Gesamtproduktivität steigen, indem nämlich die produktiven Potenziale und Fähigkeiten jener 80 Prozent der Bevölkerung, die in einer Klassengesellschaft unterdrückt werden, freigesetzt werden würden. Jenseits von Entlohnung und Arbeitsteilung muss jede Wirtschaft die Allokationsfrage lösen. Das ist der kompliziertere Teil der Wirtschaft. Es geht hier um die Bestimmung, wie viel Inputs jedes Unternehmen erhält, wie viel es damit produziert und wie das bewertet wird. Die archetypischen wirtschaftlichen Allokationssysteme sind Märkte und zentrale Planung. Im Fall von Märkten konkurrieren KäuferInnen und AnbieterInnen untereinander. Sie versuchen, sich einen Vorteil zu verschaffen, und und Gruppen von KonsumentInnen beinhalten, müssen zu wirtschaftlichen Entscheidungen kommen. Auf jeder der beiden Seiten muss es Verbände geben, da ein bedeutender Anteil des Konsums kollektiv erfolgt: zum Beispiel Parks, Straßen, Luft etc. Zwischen den KonsumentInnen- und ArbeiterInnenräten muss es Kommunikation geben, die folgende Form hat: Ein zentraler Planer/eine zentrale Planerin gibt seine/ihre Instruktionen weiter, wenn der/die KäuferIn einen Vorteil erzielt, verliert der/die AnbieterIn. Das ist die Dynamik des Wettbewerbs. Beim Modell der zentralen Planung gibt es einen Planungsapparat, der die relativen Inputs und Outputs aller Einheiten bestimmt. Im Marktsystem ist es die Wettbewerbsdynamik zwischen AnbieterInnen und KäuferInnen, die zur Festlegung von Inputs und Outputs führt; in der geplanten Wirtschaft bestimmt der Befehl von oben. Partizipative Ökonomie hat ein anderes Allokationssystem – die partizipative Planung. Beschäftigte in ArbeiterInnenräten, die Individuen, Gruppen und Branchen beinhalten, und KonsumentInnen in KonsumentInnenräten, die Einzelne und alle melden zurück, ob sie die Vorgaben erfüllen können – ein autoritäres System. In einem Marktsystem schlägt im Wesentlichen jede/r AkteurIn vor, was er/sie tun möchte, und konkurriert im Versuch, so viel wie möglich für sich herauszuschlagen. Die EigentümerInnen versuchen ihren Profit zu maximieren, die Beschäftigten ihre Löhne und die KonsumentInnen versuchen so billig wie möglich zu kaufen und so weiter. Bei partizipativer Planung hingegen schlagen die KonsumentInnen und die Beschäftigten ihre Pläne vor. Aufgrund der institutionellen Rahmenbedingungen sind beide Parteien in der Lage, die Vorhaben der anderen zu bewerten und 51 RONAHÎ zu verstehen. Es gibt dann eine zweite Runde, in der alle Seiten ihre Vorschläge im Lichte des Feedbacks der anderen überarbeiten, eine dritte und vierte Runde usw. Dieser Prozess ist eine bewusste kooperative Anstrengung zur Festlegung der Inputs und Outputs, ein kooperatives verhandelndes Planen aller Beteiligten. Partizipative Planung bezieht die wahren sozialen Kosten und Nutzen mit ein und lässt die Beteiligten die Entscheidungen in dem Ausmaß beeinflussen, in dem sie von deren Konsequenzen betroffen sind. Das Endergebnis sollte dann mit den Wünschen aller Parteien übereinstimmen. Was passiert, wenn die partizipative Ökonomie eines Landes neben der kapitalistischen Wirtschaft eines anderen existiert? Das kommt darauf an. Ist es ein relativ kleines Land, in dem das Konzept der partizipativen Ökonomie umgesetzt wurde, und steht diesem als kapitalistisches Land die USA gegenüber, so wird die USA alles daran setzen, das andere Land aufgrund der „Gefahr des guten Beispiels“ zu vernichten. Die USA werden verhindern wollen, dass eine alternative Gestaltung der Wirtschaft, die human und nutzenstiftend ist, Bedürfnisse befriedigt, Potenziale entwickelt und Werte fördert, der Welt als reale Möglichkeit vorgeführt wird. Wenn sich eine Bewegung dem Konzept der partizipativen Ökonomie nähert, sagen wir in Brasilien, Argentinien oder irgendeinem anderen Staat der Welt, wird es immensen internationalen Druck geben, diesem Prozess zu widerstehen und ihn umzudrehen, vor allem von den USA, Europa und anderen Industrieländern. Darum geht es beim Empire. Die Möglichkeit, diesem Druck entgegenzuarbeiten, liegt dann bei den Bevölkerungen in den USA, Europa etc. Organisationen in den reichen Zentren müssen durch ihre Solidaritätsarbeit die Niederschlagung alternativer Bewegungen in peripheren Ländern verhindern. Partizipative Ökonomie wird sich nicht in den USA oder Kuba oder Südafrika oder sonst wo in nächster Zeit durchsetzen. Es braucht Zeit. Aber welchen Sinn hat es dann, diese Vision für die Zukunft im Kopf zu behalten? Eine Vision ist von entscheidender Bedeutung, um sich immer wieder vor Augen zu führen, dass die Probleme unserer Zeit – wie Krieg, wirtschaftliche Ausbeutung, allgemeine Armut – keine unverrückbaren Naturgesetze sind, zu denen es keine Alternative gibt. Wir brauchen eine bestechende Vision, die sich viele Leute mit der Zeit aneignen können, die Hoffnung und das Gefühl nährt, dass etwas Besseres möglich ist. Viele Menschen zögern, sich einer Bewegung anzuschließen, wenn sie wenig Freizeit haben und das politische Engagement Mühsal und Risiken bedeutet; viele lassen sich entmutigen von der Ansicht, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Sieg des Kampfes sehr gering ist und vielleicht wenig bewirkt, weil er vermutlich rasch zurückgeschlagen wird. Wenn ich aus Erfahrung das Gefühl habe, der Kapitalismus macht jeden kleinen Gewinn (Lohnerhöhung, Arbeitsbedingungen, Demokratie) wieder zunichte, warum sollte ich mich einer Bewegung anschließen, die genau diese Allmacht dieses Kapitalismus seit 30 Jahren kritisiert? Das sieht doch hoffnungslos aus. Manche Leute rufen dazu auf, einfach aus Prinzip den Kampf aufzunehmen. Für viele ist das aber nicht motivierend genug. Sie wollen ihre Familien nicht gefährden. Deshalb brauchen wir eine Vision – um zu kommunizieren, dass es nicht bloß ums Prinzip geht, sondern um den Kampf für etwas Reales. Wir brauchen eine Strategie. Wir müssen den Menschen verständlich machen, dass ihre Beteiligung am Kampf ihnen 52 unmittelbaren Nutzen bringt, der dauerhaft ist und in einer ganz neuen Welt endet. Es ist vor allem ein emotionales, psychologisches Motiv. Eine Vision hat auch die Funktion, den Handlungen eine Orientierung zu bieten. Denn es besteht die Gefahr, für eine neue Welt zu kämpfen und schlussendlich einen Zustand herbeizuführen, der in dieser Art gar nicht gewünscht war. Das ist immer wieder passiert. Wir müssen also wissen, was wir erreichen wollen. Wenn wir etwa partizipative Ökonomie als Ziel haben, hat das Implikationen für die Organisation und Entwicklung der Bewegung; für die interne Arbeitsteilung wäre das zum Beispiel die Einrichtung ausgewogener Arbeitsbündel. Unser Aktivismus sollte zu jener Wirtschaft führen, die wir anstreben. Wir müssen darauf achten, keine bestehenden Hierarchien und Entlohnungsnormen zu reproduzieren. Wir sollten konkrete Alternativen zu den derzeitigen ungerechten internationalen Beziehungen erarbeiten, Forderungen an Organisationen wie IWF und Weltbank richten – mit der klaren Perspektive, wohin das führen soll. Keine Vision zu haben, ist wie zum Flughafen zu gehen, ohne zu wissen, wohin man fliegen will. Geld herzugeben und sich einfach irgendein Ticket ausstellen zu lassen, führt einen vermutlich an einen Ort, an welchem es unter Umständen noch schlechter ist. Dasselbe gilt für soziale Ziele. Buchtipp: Michael Albert Parecon: Leben nach dem Kapitalismus übersetzt von Helmut Richter 350 Seiten 18 Euro ISBN 3-931786-33-1 Neuerscheinung im Oktober 2005 erschienen beim Trotzdem Verlag RONAHÎ Das 4. YXK-Sommercamp Teilnehmer des Sommercamps “Das Leben in der Akademie soll nach kommunalen Werten gestaltet werden, welche sich an der Ideologie von einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft orientieren. Dementsprechend besuchen verschiedene Gruppen die Akademie zu Lehrgängen, in die sie ihr spezifischen Wissen und die ihr charakteristischen Anforderungen einbringen” Eine/ ein TeilnehmerIn des Camps Die Sommercamps zählen zu den wichtigen verbandsweiten Veranstaltungen der YXK. Sie ermöglichen den wichtigen intensiven Austausch unter den YXKlerInnen über einen längeren Zeitraum und sollen mit dem Erproben des gemeinsamen Lernen und Lebens eine Idee von dem vermitteln, was außerhalb des Studieren im System möglich ist. Dieses Jahr konnte das YXK-Sommercamp bereits zum vierten Mal organisiert werden. Allerdings unterschied es sich grundlegend von den vorherigen Camps. Das 4. YXK-Sommercamp fand vom 7. bis zum 13. August 2011 in der Mesopotamien Akademie für Gesellschaftswissenschaften im belgischen Charleroi statt. Diese Akademie wurde am 4. April diesen Jahres eröffnet und soll eine neue Form des gemeinsamen Lernens und Lebens aufgreifen. Die Schranke zwischen Lehrenden und Lernenden wird aufgehoben. Gemeinsam werden sich Themen erarbeitet und der Austausch, die zielgerichtete Diskussion ist Anliegen des Unterrichts. Des Weiteren wird ein ganzheitlicher Lernansatz verfolgt. Das Lernen beschränkt sich nicht nur auf die Unterrichtszeit, sondern auch auf die Arbeit im Haushalt und im 53 Garten. Allen BewohnerInnen der Akademie kommen die gleichen Aufgaben zu und niemand soll den kollektiven Arbeiten fern bleiben können. Das Leben in der Akademie soll nach kommunalen Werten gestaltet werden, welche sich an der Ideologie von einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft orientieren. Dementsprechend besuchen verschiedene Gruppen die Akademie zu Lehrgängen, in die sie ihr spezifischen Wissen und die ihr charakteristischen Anforderungen einbringen. Das YXK-Sommercamp bildete den fünften Lehrgang (Phase genannt), der in der Akademie stattfand. Unserer Phase gaben wir den Namen „Hüseyin Çelebi“ in Gedenken an unseren Ehrenvorsitzenden. Die TeilnehmerInnen der Phase, die ausdrücklich zu BewohnerInnen der Akademie erklärt wurden, teilten sich auf drei Kommunen auf, die sich an der Verteilung der Schlafplätze orientierte: Kommune „Agit“, Kommune „Halim Dener“ und Kommune „Dara Jiyan“. Die BewohnerInnen der Akademie wählten darüber hinaus ihren Akademievorstand aus drei GenossInnen und zwei weitere GenossInnen, denen die Aufgabe der Logistik übertragen wurde. Die Kommunen trafen sich jeden Abend, um gemeinsam den Tag auszu- RONAHÎ werten und Verbesserungsvorschläge zu sammeln. Die Ergebnisse dieser tekmil (Versammlungen) wurden jeden Morgen vom Akademievorstand zusammengetragen und vorgestellt, Beschlüsse wurden von den BewohnerInnen gemeinsam getroffen. Die einzelnen Kommunen waren für die Organisierung ihres Lebens innerhalb der Kommune selbst verantwortlich, sodass sich schon nach kurzer Zeit ein Verantwortungsgefühl unter den GenossInnen füreinander entwickelte. Des Weiteren übernahmen die BewohnerInnen als Kommunen Aufgaben für die gesamte Akademie, so wurde stets gemeinsam gekocht und geputzt. Dieser kommunale Geist des Zusammenlebens ergriff schnell die meisten der GenossInnen, das Gefühl der Gemeinsamkeit und des Zusammenhaltes erstarkte merklich. Die YXK-Jin fand während der Phase Zeit zur Selbstorganisierung und nutzte den Raum, um sich losgelöst von den Genossen mit der Geschlechterfrage auseinanderzusetzen (siehe hierzu auch den Artikel der YXK-Jin in der vorliegenden Ronahî-Ausgabe Nr. 33). Neben den Seminaren, die fast den gesamten Tag ausfüllten, wurde morgens oder abends eine Stunde Kurdisch-Unterricht gegeben. Für ein Freizeitprogramm ließen die anstrengenden Tage kaum noch Raum. Die Freizeit in den Mittagspausen oder am Abend wurde zur fortführenden Diskussion aus den Seminaren genutzt, wir spielten gemeinsam Gesellschaftsspiele oder Fußball und schauten zusammen einen Film, wenn die Kräfte nicht mehr reichten noch produktiv zu sein. Die meisten Zeit des Tages widmeten wir den Seminaren, der intensiven Bildung und Diskussion. Themen des diesjährigen Sommercamps waren die Geschichte des kurdischen Widerstands (2. Tag), die Demokratische Zivilisation (3. Tag), die Kapitalistische Moderne und die Jugend in Europa (4. Tag), sowie gesellschaftlicher Sexismus (5. Tag) und Orientalismus (6.Tag). Den letzten Tag nutzten wir gemeinsam, um das 4. YXK-Sommercamp auszuwerten und die kommenden Aufgaben und Planungen der YXK zu besprechen. Die Seminare nahmen jeweils einen gesamten oder gar anderthalb Tage Referat, Fragen, Diskussionen und vor allem Überlegungen und Reflexionen ein, sodass hier nur kurz der Inhalt angerissen werden kann und sich außerhalb dieses Artikels mit den Inhalten befasst werden muss. Die Geschichte des kurdischen Widerstandes: Warum ist „Geschichte“ wichtig? Warum sollten sich YXKlerInnen die Geschichte des kurdischen Volkes, ihre eigene Geschichte aneignen? Die Geschichte und das Wissen um sie stellen ein kollektives Gedächtnis dar, aus diesem Gedächtnis heraus kann sich ein gemeinsamer Widerstand und die miteinander geteilten Werte einer demokratischen Moderne entwickeln. Vor diesem Bewusstsein legte der Referent die Geschichte des kurdischen Volkes dar. Der fehlenden Zeit geschuldet, konnte die Darstellung der Geschichte nur schemenhaft erfolgen. Die Geschichte des Kyaxares, der die Stämme der MederInnen, auf welche die KurdInnen zurückzuführen sind, im Widerstand gegen das Assyrische Reich 715 v. Chr. einigte und somit das Reich Medien als Stammes-Föderation begründete, stellt den ersten Widerstand der kurdischen Geschichte dar, dem es gelang die Spaltung in Stämme zu überwinden und die Kräfte des Volkes zu vereinen. Den ersten Verrat in der kurdischen Geschichte beging Harpagos, ein Adliger aus der medischen Oberschicht, der die Widersprüche in54 nerhalb Mediens zu seinen eigenen Vorteilen nutzte, indem er sich mit den verfeindeten PerserInnen verbündete. Harpagos' Verrat ist der erste in der kurdischen Geschichte am eigenen Volk, sein Verrat ist die erste Lähmung des kollektiven Gedächtnisses der KurdInnen. Diese Geschichte von Fremdherrschaft und Assimilierung, die im kollektiven Verrat gegenüber der eigenen Identität und Geschichte gipfelt, wurde durch Alexander den Großen, das Römische Reich, die Islamisierung, den Einfall der TürkInnen und die Errichtung des Seldschuken-, sowie des Osmanischen Reiches durch diese über die Völker Anatoliens und Mesopotamiens gebracht, vor allem auch über die KurdInnen. Nach dem ersten Weltkrieg und dem Zerfall des Osmanischen Reichs wurden die KurdInnen den Interessen der jungtürkischen Revolution, welche die Führung in der neu-ausgerufenen Republik Türkei erlangt hatte, und den imperialistischen Mächten Großbritanniens und Frankreichs geopfert. Bereits seit dem Soran-Aufstand von 1836 leisteten die KurdInnen gegen den Zentralstaat erbittert Widerstand, der sich in bis heute 29 Aufständen äußerte. Die 28 ersten Aufstände wiesen stets die Mängel einer fehlenden Einheit, einer fehlenden gemeinsamen Ideologie und fehlenden Wissens um die größeren Zusammenhänge der Unterdrückung auf. Der Şêx Said-Aufstand von 1925 in Dersim zeigt die Möglichkeit diesen 28. Aufstand zu zerschlagen, indem er diffamiert wurde, seine Führung exekutiert und seine Einheit gespalten wurden. Dieser letzte Widerstand der KurdInnen führte zur unvorstellbaren Rache des Staates gegen jegliche Autonomiebestrebungen, sodass er im Völkermord gipfelte. Deportationen, Massenmorde, systematische Assimilation und Gräueltaten gegen die Menschlichkeit brachen RONAHÎ über das kurdische Volk herein: Es soll kein Stein mehr auf dem anderen liegen! Diese Grausamkeiten brennen sich auch in das kollektive Gedächtnis des kurdischen Volkes ein. Die Studierenden, die 1972 den 29. kurdischen Aufstand begannen, sind Kinder dieser Geschichte, dieses Erbes, auf das sie die PKK gründeten. Diese Jugendlichen wurden an türkischen Hochschulen politisiert, erlebten die Ereignisse des weltweiten Aufbruchs Ende der 1960er Jahre und waren doch von tiefer Assimilation und Verleugnung, systematischer Gewalt und offenem Rassismus gezeichnet. Gerade die Anfangsjahre der PKK nach der Zeit der ideologischen Gruppe (1972-1978) und der Parteigründung bis zum Beginn des bewaffneten Kampfes (1978-1984), die im Nachhinein als erste Phase des Freiheitskampfes charakterisiert wurde, ist eine Zeit des erbitterten Kampfes gegen die staatliche und feudale Übermacht, ein Kampf gleich Don Quixotes gegen die Windmühlen, und doch ist es auch eine Zeit des Aufbruchs, eine Zeit des Widerstandes. Dieser Widerstand wurde vor allem in den türkischen Gefängnissen geführt. Allein die Behauptung KurdIn zu sein reichte, um Menschen in diesen Folter- und Todesmaschinen umkommen zu lassen, damit ihnen jegliche Menschlichkeit genommen würde. Viele GenossInnen wurden in den Gefängnissen gewaltsam aus dem Leben gerissen, an niemandem ging die Folter spurlos vorüber. Trotzdem wurde den KämpferInnen für die Freiheit des kurdischen Volkes klar, was Leben überhaupt bedeutet: Berxwedan jiyan e! Widerstand ist Leben! Die Demokratische Zivilisation/ Das Geschichtsverständnis Rêber Apos: Grundlegende Wichtigkeit für ein Verständnis der Ideologie von der demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft ist das Geschichtsverständnis Rêber Apos. Das Individuum und die Gesellschaft können nicht von ihrer Geschichte getrennt werden. Während bürgerliche Geschichtsschreibung Geschichte als losgelöst von Menschen und Gesellschaften betrachtet, versucht sie die Geschichte aus der Sicht der Herrschenden und als alternativlos, sowie abgeschlossen darzustellen. Demgegenüber steht eine linke Geschichtsauffassung, die Geschichte als „Aufhebung“ (im doppelten Sinne: bewahrend, aber auch beendend) des Altern im aber auch durch das Neue begreift. Diese Entwicklung setzt sich kontinuierlich in Form der Dialektik, der Einheit und Verschmelzung der Gegensätze fort. Rêber Apo knüpft an linke Denkströmungen an und entwickelt darauf basierend seine eigenen Vorstellungen. Er sieht die gesellschaftlichen Widersprüche als Triebkraft für Geschichte, jedoch nicht ausschließlich in der Reduzierung auf Klassenkämpfe. Stattdessen bildet die zentrale treibende Kraft der Widerspruch zwischen der natürlichen/ demokratischen Gesellschaft 55 und der Herrschaft/ dem Staat. Die Werte der natürlichen Gesellschaft, des kommunalen Lebens finden sich in allen Gesellschaften der Geschichte wieder, doch werden sie von gesellschaftlichen Gruppen, welche die Mentalität der Herrschaft den kommunalen Werten entgegensetzen und versuchen die natürliche Gesellschaft zu bekämpfen, unterdrückt. Der Geschlechterwiderspruch bildet diesbezüglich den tiefsten Widerspruch, er etabliert in der sonst egalitären und kollektiven natürlichen Gesellschaft das Denken in Herrschaftskategorien. Das kollektive Gedächtnis von der natürlichen, herrschaftsfreien Gesellschaft lässt Herrschaft als negativ empfinden. Dieses Wesen von Gesellschaft steht im grundlegenden Widerspruch zur Herrschaft. Von daher bilden das historische Subjekt, diejenigen Menschen, welche Geschichte vorantreiben, die in jeglicher Hinsicht Unterdrückten. Dieser Herrschaft, die heute am deutlichsten in Form des Staates auftritt, muss grundsätzlich entgegengetreten werden, der Herrschaft darf sich nicht hingegeben werden. Dies war auch der größte Fehler der sozialistischen Bewegung bis Ende des letzten Jahrhunderts. Sie setzte auf den Staat RONAHÎ und alle ihre Errungenschaften konnten innerhalb kürzester Zeit vereinnahmt werden. Demgegenüber setzt die Ideologie von der demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft eine Alternative. Ihr Demokratiemodell beruht auf Gruppen, nicht auf Individuen. Das Individuum findet sich in den einzelnen Gruppen (der Kommune, der Ethnie, dem Geschlecht, dem Alter, der Berufsgruppe, der Religionsgemeinschaft etc.), die sich jeweils in Räten organisieren, wieder. Des Weiteren ist das Demokratiemodell Rêber Apos ein direktdemokratisches, das heißt, dass eine direkte Beteiligung der Menschen ohne Abgabe ihres politischen Willens unerlässlich ist, diese organisiert sind, teilnehmen und teilhaben und in ständiger politischer Diskussion stehen. Demokratie bedeutet für Rêber Apo Politik, die außerhalb des Staates, des Denkens in Herrschaft stattfindet. Die Kapitalistische Moderne und die Jugend in Europa: Die 5.000-jährige Geschichte der Staaten ist eine andere als die 300.000- jährige Geschichte der Menschheit. Den Jugendlichen wird allerdings bewusst die Geschichte der Staaten, der Herrschenden gelehrt. Die Kapitalistische Moderne ist ein gesellschaftlicher Genozid, das erbarmungsloseste System der Geschichte, welches darauf abzielt alle gesellschaftlichen Zusammenhänge und Werte zu durchdringen und schließlich zu vernichten. Sie fußt auf den drei Säulen der Kapitalanhäufung, des Nationalstaates und der Industrialisierung. Das Übel der Staaten nahm seinen Ausgang mit der Entstehung der Staaten im Osten, der Kapitalismus hat seine Wurzeln im Westen geschlagen. Die demokratische Gesellschaft wird in jeglicher Hinsicht entmündigt und kriminalisiert, während sich der Staat als Destillat von Herrschaft jegliche Macht aneignet und sich selbst legalisiert. Der technische Fortschritt kann heute allen Menschen ein gutes Leben ermöglichen, doch lässt dies der Staat nicht zu, es wird nicht einmal gefragt, wie ein gutes Leben für alle aussehen könnte. Stattdessen wird der Fortschritt in den Dienst des Staates gestellt, um Gesellschaftlichkeit weiter zu zerstören. Dementsprechend ist auch die (aka56 demische) Jugendbewegung sehr verletzt, man schaue sich nur im eigenen Semester um oder frage die KommilitonInnen, ob sie wirklich glücklich seien. Eigentlich bedarf es einer Therapie für die Studierendenschaft und Jugend in Europa, doch niemand nimmt sich dieser Aufgabe an. Eine Gesellschaft muss mit der Politik verbunden sein, um eine Gesellschaft zu bleiben. Der Staat zielt darauf ab die Gesellschaft und als bedeutende gesellschaftliche Gruppe die Studierenden von der Politik zu trennen. Eine Gesellschaft muss nicht nur politisch, sondern auch organisiert sein, damit sie eine wirkliche Gesellschaft ist. Jedes Mitglied der Gesellschaft muss zu einem selbstständigen und verantwortungsvollen Teil der Gemeinschaft werden und sich in den Dienst der Gesellschaft stellen, das ist es, was das System der Kapitalistischen Moderne zu verhindert sucht. Es geht nicht darum Menschen zu bekehren oder ihnen einen Glauben zu vermitteln, es geht darum, dass sich kein kurdischer Jugendlicher, keine/ kein StudentIn und kein Mensch überhaupt diesem System der kapitalistischen Moderne hingibt und seine eigene Menschlichkeit verrät. Der gesellschaftliche Sexismus: Sexismus ist die ideologische und institutionalisierte Unterdrückung, die über das Geschlecht zugeschrieben wird. Er manifestiert sich in gesellschaftlichen Normen, die zwar institutionell verankert, aber individuell verinnerlicht werden. Die Geschichte der Herrschenden ist nicht zuletzt die Geschichte des Patriarchats. Dem 5.000jährigen Patriarchat ging ein 4.000-jähriger Kampf voran, indem sich die Herrschaft über das Geschlecht erst durchsetzte. Dieser Widerstand der Frau ist in vielen Sagen festgehalten, doch RONAHÎ aus der Geschichtsschreibung weitestgehend gestrichen worden. Das Patriarchat hat sich mittlerweile zu einer Ideologie entwickelt, die über die Medien, die Bildung, die Erziehung in alle Gesellschaftsbereiche getragen wird und vor allem durch Religion, Philosophie, Wissenschaft und Justiz manifestiert werden. Im Grunde geht es bei der Befreiung vom Patriarchat zuerst darum, sein eigenes Denken von der Mentalität der Herrschaft freizumachen. Erst dann kann eine Geschichte der Frau und der geschlechterbefreiten Gesellschaft geschrieben werden. Der Apoismus greift die unterschiedlichen Schwerpunkte anderer revolutionärer Ideen auf: Staat und Macht des Anarchismus, Kapital vs. Arbeit des Marxismus, Umwelt des Öko-Anarchismus, die Gesellschaft des Kommunismus und nicht zuletzt der Geschlechterwiderspruch des Feminismus. Der Ideologie von der demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft umfasst all die geschichtlichen Widersprüche und versucht den Widerstand gegen die Herrschaft zu bündeln. Orientalismus: Die Sicht des Westens auf den Osten hat sich in den letzten hunderten Jahren derart herausgebildet, dass sie von Vorurteilen geprägt ist. Dem Osten werden exotische Attribute zugeschrieben, wobei er allerdings auf seine Kultur, Gesellschaft und Geschichte reduziert wird. Des Weiteren wird der Osten als rückständig dargestellt, dem es aus Sicht des Westens zu helfen gilt. Diese Mentalität schlägt sich in der Praxis nieder, etwa wenn der Westen „die Demokratie“ in die Länder des Ostens tragen will. Der Westen hingegen wird mit durchweg positiven Attributen aufgeladen: fortschrittlich, ethisch, zivilisiert, gebildet, reich, schön etc. Diese Sichtweisen des Ostens aber auch des Westens schlagen sich in der Wissenschaft, den Medien, der Politik, der Kultur nieder und erringen einen so hohen Grad des Rassismus, dass sie in der Bezeichnung des Orientalismus gipfeln. Der Orientalismus umfasst also nicht nur Menschen des Nahen und Mittleren Ostens, sondern alle Coloured-People, also Menschen, die nicht zu den weißen Ethnien des Westens gehören. Dieser Orientalismus findet im Alltag einen großen Widerhall, etwa in der europäischen Integrationsdebatte. Integration widerspricht einer Gleichberechtigung, einem Entgegentreten und Miteinander-Leben auf Augenhöhe. Die Jugend spielt dabei eine zentrale Rolle, so stehen sich Integration und Jugend eigentlich als Gegensätze gegenüber. Die Jugend darf sich nicht (in das System der kapitalistischen Moderne) integrieren lassen, denn das würde bedeuten, dass sie ihren Drang sich Wissen anzueignen und nach der Wahrheit zu streben, aufgibt und sich dem Strom der Masse hingibt. Doch nur tote Fische schwimmen mit dem Strom. Zwischen der Frauenunterdrückung und dem Orientalismus gibt es viele Parallelen, die solche Herrschaftsverhältnisse besser begreiflich machen. Ziel ist es den Osten/ die Frau zu unterdrücken, wofür er/ sie zum Objekt erklärt wird. Ihm/ ihr wird die Fähigkeit abgesprochen selbst für sich zu denken oder zu handeln, sondern gilt als immer abhängig vom Westen/ Mann. Dem Osten/ der Frau werden die eignen Ideen, die Errungenschaften, die Werte und die Geschichte geraubt, bis sie selbst die Empfindung verinnerlichen, dass das herrschende System der Unterdrückung richtig sei. Ist dieses System erst einmal errichtet, werden einzelne Zugeständnisse an die Unterdrückten gemacht, so kann 57 eine Frau Bundeskanzlerin oder ein Schwarzer US-Präsident werden, doch an dem System ändern solche Zugeständnisse nichts. Trotzdem müssen solch Zugeständnisse erst erkämpft werden und die Unterdrücker stellen sich paternalistisch dar, dass die Unterdrückten für Zugeständnisse noch dankbar sein sollten. Der gesamte heutige Ist-Zustand wird vor allem von der Jugend zunehmend unhinterfragt angenommen. Vor all dem Leid können aber nicht länger die Augen verschlossen bleiben. Dem Orientalismus, aber auch anderen Widersprüche wie der Geschlechterhierarchie, kann eine gut organisierte Gesellschaft entgegentreten. Es reicht nicht nur die Widersprüche zur Kenntnis zu nehmen oder sie zu studieren, sondern sie müssen aktiv überwunden werden, wozu es die Vision einer Alternative bedarf. Die Ideologie einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft bildet hierfür eine Möglichkeit, sich eine Alternative zum herrschenden Status Quo zu schaffen. Das vierte YXK-Sommercamp hat den TeilnehmerInnen viele neue wichtige Perspektiven eröffnen können, die an dieser Stelle nur angerissen werden konnten. Ach die ganze Woche an Bildung reichte bei weitem nicht aus, um sich die gesamten Themen zu erarbeiten. Darum ist es wichtig sich dieser Denkanstöße anzunehmen und sich die Themen selbstständig anzueignen. Nur ein breites Wissen über die Geschichte und Gesellschaft kann eine politische Praxis erfolgreich werden lassen. Mit der voranschreitenden Bildung der europäischen Jugend wird der Prozess der Demokratischen Autonomie in Kurdistan nicht nur begleitet, sondern auch in Europa aufgegriffen und vorangetrieben werden. RONAHÎ Neçûnhatîme Miriyekî neşûştî me li ser mewşiya çavên te Laşekî genîbûyî, Bêhneke ji bîra miraran, Meyîtekî axnediyîme di navbera biriyên te yên li hevdurî. Bê dua hatim şewitandin bi agirê cehnima te. Marîpişteke ji hevdeketîme li ber bayisoka bevilên te. Çêrmekî kurmlêbarî, Çavvekiriyekî neçûyîme di dergûşeke nehêjanti de RAWİN STERK Rawin Sterk, di sala 1981'an de li Bûwûka (Bağlıca) gundê bi ser Semsûrê ve ji dayik bû. Dibistana seretayî li vir, lîse li Meletiyê xwend. piştre li zanîngeha silêman demirel, di bêşa şano de bi cî bû. nêzî 5 sala di gelek saziyan de rojnamegerî jî kir. di gelek lîstikên şano û kurtefîlman de cî girt. di sala 2010'an de li stenbolê komeke şanoyê a bi navê Teatra Demsal avakır û lîstika Turgay Nar a bi navê Sergo, bi kurdî anî ser dikê. Di rojnameyê wek, Ozgur Gundem, Ozgur Politika, Azadıya Welat, Radikal, Cumhurîyet de û di kovarên wek, W, esmer, amigra, qijika reş û gelek malperên internetê de nivîsên wî hatin weşandin. Sterk, niha li stenbolê dijî û di warê sînema û nivîsîna senaryoyan de xebatên xwe dimeşîne. çend kitêbên ku ji tirkî wergerandî kurdî jî li ber çapkirinê ne... Peywendi: rawinsterk@gmail.com 05324244928 Bostan mh. Dilbaz sk. No. 2/4 Beyoğlu İstanbul Zindiyê yekem ê şahide xwekuştina xwe, Li xwe mikurhatekî qewirandîme li neh gundan. Xofgirtekî tirsnak, Qebûlnebûyekî goristanan, Ne li dêran bi weftîz, ne jî hitinşûştiyeki li mizgeftan. Dilteresekim êdî qirêjgirtekî berling. Bê olekî redkirîme li binevşa xwedayê teyî zalim Geflêxwarekî çar kitêban, Xêreke jebirîme êdî li çoltêra zimanê te Bira zerzengkirîbe, Xemalindî û xweşkujêrbe gotinên te yên li minbarî Tenê dilopekim ji çavên te, nebarî Rawin Sterk 58 RONAHÎ Pirsgirêkên Dîrokî û Civakî Azad Sîser “Rêberê me bi Manîfestoya Şaristaniya Demokratîk re nêzîkatî û nêrînên teng ên ji pirsgirêkên dîrokî û civakî re derbaz kir, bi şîroveyên xwe yên nû re, bi awayek kûr, felsefeya yekpareyî û dîyalektîk ji nû ve pênase dike” Rêberê me bi Manîfestoya Şaristaniya Demokratîk re nêzîkatî û nêrînên teng ên ji pirsgirêkên dîrokî û civakî re derbaz kir, bi şîroveyên xwe yên nû re, bi awayek kûr, felsefeya yekpareyî û dîyalektîk ji nû ve pênase dike. Ji ber pirsgirêkên civakî hatine asteke wisa ku; civak ji civakbûnê hatiye derxistin û civak hatiye anîn asta qedandinê. Dînamîkên bingehîn yên civakê hatine perçiqandin, qadên ehlaq û polîtîka ku raçingên (doku)civakê ne hatine anîn rewşeke ku nikaribe kar bike û civak vekirî hatiye hiştin ji her cureya mêtingeriya hêzên hegemonîk û yekdest re. Ji ber vê jî neçare bi awayekî yekpareyî ji nû ve pirsgirêkên civakê werin destgirtin û rêbazekî çareseriyê were pêşxistin. Pirsgirêkên civakî çawa derketin holê? Pirsgirêkên civakî ew pirsgirêkên ku bi destê mirov hatine afirandin in. Pirsgirêkên civakî bi xirabûna têkiliyên di navbera kesayet-civak, xwezacivak, jin û zilam de derketine holê. Piştî civak ji pêşketina xwe ya xwezayî hate qûtkirin û ev pêşketin ji aliyê pergala zilamê desthilatdar ve ji rê hate derxistin şûndetir, herku çû pirsgirêkên civakî zêde bûn û di nava pêşketineke herdayîm de heya roja me ya îro hat. 59 Destkeftiyên madî û manewî yên di civakê de têne qezenckirin piştî rahîbên Sumeran xesp dikin, berhema bermayî digirin destê xwe û pergala xwe didamezirînin; bîrdoziya vê derdixînin holê şûndetir yekemîn car xirabûna civakî di dîrokê de derdikeve holê û van pirsgirêkan bi kûrbûnê ve heya roja me ya îro hatine. Li serê hêzên ku weke sazî û pêkhateyan nirxên bermayî xest dikin û civakê di bingeh de digewirînin (oyma) de yekdestên (tekel) sermaye û îqtîdarê tên. Eger çi bi destê dewletê be, çi jî taybet be nirxên bermayî bi rêkên çandinê, sanayî û tîcarî hatibine gel hev, tê wê wateyê ku yekdest çêbûne. Tekelên ku di qada aborî, leşkerî, polîtîk, tîcarî û bîrdozî de çêbûne tevahî nirxên bermayî û berhemên bermayî yên ji keda civakê mêtine û bi qasî hêza xwe di navbera xwe de parvekirine. Vana di nava dîrokê de dabeşî saziyên cûrbecûr bûne. Lê weke cewherîn heya roja me ya îro domane. Şaristaniya Navendî him encam him jî sedema pêşketina zîncîrî ya yekdestiyê ye Dema yekdest xwe bi berfirehkirinê û mezinkirinê re gihandiye roja îro, civak jî ji kevneşopiyên xwe yên dîrokî hatine qûtkirin, hatine bê bextkirin û mêtingerkirin. Sedemên ku pirsgirêkên civakî dizên bajêr, çîn û dewlet e ku RONAHÎ cewherê yekdestan çêdikin. Herku derfetên nirxên bermayî zêde bûn, yekdestî zêde bûne, têşeyên bajêr, çîn û dewlet li pey hev hatine damezirandin. Ji bo ku van pêkhateyên rewabûna xwe çêbikin kevneşopiyên hişk/tund çêkirine û ti çîrok-meselên derew nemane ku pêşnexistine. Di pêşketinên dîrokî de pêkhateyên weke saray, gor, tapinax û stadyum ên bi keda mirov hatine çêkirin, dibin şanîkerên hêzên yekdest. Piştî pirsgirêkên civakî hatin damezirandin şûndetir gelek bîrdoziyên dij pergal xwestine pirsgirêkan çareser bikin. Lê ji ber pirsgirêk rast pênase nekirine û rast tehlîl nekirine, nikarîne çareseriya rast jî danin holê. Mînak; ji bo pirsgirêkan çareser bikin teologî nêzîkatiyên olî pêşkêş dikin, Marksîstî jî tenê ji aliyê aborî ve tehlîla çînî dikin û hewl dane bi venêrîneke teng ve pirsgirêkan çareser bikin. Lê ji ber nekarîne pirsgirêkan di çavkaniya wan de çareser bikin bi demê re nikarîne xwe ji ketina bin xîzmeta pergalê rizgar bikin. Dema şaristaniya dewletî pirsgirêkan digire dest xwe dike navend, xwe bi anîna asta nedestdayînê ve qismeke elît esas digire, qismên din ên civakê jî neyî dihesibîne. Nêzîkatiya Zanyariya Pozîtîvîst jî civaka xwezayî dadixîne ser hezaran diyardeyan, nirxên wan ên civakî çalexwer dike û didaxîne bin xîzmeta desthilatdar; wekî ku tu car nehatine jiyîn nêzî berxwedanên civakî dibe. Ji ber vê jî zêdetirî çareserkirina pirsgirêkên civakî girantir kiriye û van pirsgirêkan bi pêvajoya modernîta kapîtalîzma îro re gihiştiye rehenga kanserolojî yê. Ekol û hizrên cûrbecûr hene ku xwedî nêrînin di derbarê pirsgirêkên civakê yên bingehîn in. Mînak; anarşîst her cûreya otorîte û teşeyên dewletê red dikin, lê nikarin projeyeke çareseriyê deynin şûna wê. Ji ber Femînîst pirsgirêkê di ferq û cûdahiya di navbera jin-zilam de dibînin û bi awayekî seranser pirsgirêkê dadixin ser her du zayendan, nikarîne bersivekê ji pirsgirêkên civakî re çêbikin. Ji derveyî vana hinek îqtîdar û dewletê, hinek xîzanî û bêkariyê, hinek mîlîtarîzmê û hinek jî ketina ehlaqî weke pirsgirêka civakî dibînin. Tevî para rastiyê di van tevahiyan de heye jî, lê nekarîne xwe bigihînin çavkaniya pirsgirêka civakî. Ji ber vê sedemê jî bersivek 60 neafirandine ji pirsgirêkê re. Paradîgmaya Marksist; bi awayekî yekpareyî pirsgirêkên civakî negirtiye dest, civak tenê ji aliyê du çînan ve girtine dest û pirsgirêka bingehîn ya civakî nedîtine. Tevî berxwedan û têkoşînên pir mezin pêşkêş kirine jî, ji ber nekarîne bi awayekî rast pirsgirêkên civakî tehlîl bikin, piştî demekê şûndetir bûne cîgirê (yedek) şaristaniya dewletî. Rêberê me him pir rexne li şaristaniya dewletî him jî li venêrîna paradîgmaya Marksîst kiriye û bi pêşxistina dewlemendiya rêbaz re bi awayek yekpare pirsgirêkên civakî digire dest û çareseriya wê pêş dixîne. Diyar dike ku şaristanî û şaristiniya kapîtalîst ne têşeyekê civakê ye, vana rûyê din yê madalyon in, lê rûyê wê yê din jî civaka xwezayî çêdike. Ango şaristanî, xwe li ser nirx û nuveyên civaka xwezayî kirine heyîn. Civak çî ye? Civak ew komcivaka mirov ya ku di erdnîgariyeke diyar de dijî, xwedî berjewendiyên hevpar e, di navbera wan de piştevanî û nûkertî heye, xwedî çandeke hevpar e û xwe birêxistin kiriye. Cihê hevpar, ax, berjewendiyên hevpar, çand û rêxistin kevirên bingehîn yên civakekê çêdikin. Civak organîzmayeke zîndî ye. Di avahiyeke ku dînamîk e, diguhere û veduguhere de ye. Di civakîbûnê de hertimîtî û nejêbirînî (kesintîsîzlik) heye. Li ku derê zîndî hebe, li wir civak û komcivak heye. Di tevahî qadên madî-manewî de, di mercên wextcîh de rastiyên civakî têne damezirandin, têne selihandin, têne hilweşandin û şûna wê cihên nû têne avakirin. Ji ber rastiyên civakî ew rastiyên ku hatine damezirandin in. Bi qabiliyeta mirov têne damezirandin. Civak ne damezînekên sermirovahî ne. Wekî RONAHÎ ku ji aliyê mirovan ve hatine damezirandin, ew bi xwe jî kesayetên mirov didamezirîne. Ya civakekê dike civak, nirxên wê yên manewî ne. Van nirxên manewî jî; diyardeyên weke ehlaq, polîtîka û zîhniyet in. Civak xwe bi van re îfade dike û nasnameya xwe bi saya vana çêdike. Dema rastiyên civakî weke yên li jor de hatine îfadekirin in, lê civaka kevneşopiyên dewletê, avahiyên olî û bîrdoziyên dewletî weke avahiyên statîk ku nayên guhartin ser civakê têne ferzkirin, hewl didin civakê bi xew ve bibin û bi vî rengî hewl didin serhildan û têkoşînên civakî bisînor bikin. Cîhazên weke îqtîdar, mêtinger û berjewendiyan jî weke hebûnên xwedayî didin nîşandan, rengdêrên weke dest nikare lê were dayîn, pîroz û mezin in lê bardikin û bi vî rengî hewl didin desthilatdariya xwe li ser civakê pêkbînin. Ango dikevin nava nêzîkatiyeke weke hertişt di mucîda çarenûsê de pêktê, eger di hênînûsê (alınyazısı) de çi hebe wê ew pêk were de ne. Ji bo vê jî amûrên bîrdozî pêşdixînin. Van amûran; amûrên olî, hizrî, hunerî, çandî û medyatîk in. Pirsgirêkên civakî ew pirsgirêkên ku bi destê mirov hatine damezirandin in Me li jor de jî diyar kiribû ku bi destê mirovan pirsgirêkên civakî hatine çêkirin. Wê demê gelo, em dikarin ji her pirsgirêkên ku di civakê de têne jiyankirin re bêjin pirsgirêka civakî? An jî ma civakan di dîroka xwe de pêvajoyeke bê pirsgirêk jiyan nekirine? Mînak; gerûşeyên (afet) xwezayî gerûşeyên ku ji derveyî vîna mirov in û em nikarin ji van re bêjin pirsgirêkên civakî. Felaketên weke erdhej, hezaz (heyelan), ziwayî, şewitîna daristanan û nexweşiyên cûbecûr ên şewbê, ne pirsgirêkên civakî ne. Lê pirsgirêkên civakî ew pirsgirêkên ku bi destê mirov hatine damezirandin in. Û bi giştî jî piştî ku civaka xwezayî li berveyî şaristaniyê ve hate birin şûndetir pirsgirêkên civakî derketine holê, ku ev jî xwedî dîrokeke pênc hezar sal e. Ev pênc hezar sal jî tenê ji %2 dîroka civakan pêktîne. %98 jî di têşeya civaka xwezayî de pêşketiye û di vê wexta %98 de jî mirov nayê rûberûyê ti pirsgirêkên civakî. Ji ber feraseta jiyaneke wekhev û komînal serwer e. Dîyardeyên weke dewlet, îqtîdar, mêtingerî û çînahî nîne di van civakan de û civak biyaniyê têgehên wekî vana ye; zîhniyeta wî jî dest nade pêkhateyên wisa. Ji ber bi gelemperî jine ya ji vê civakê re pêşengiyê dike û rengê xwe didê, bi hezaran salan li hemberî şaristiniya dewletî ya pişt re derketiye holê têkoşîn daye. Me li jor de sedema derketina pirsgirêkên civakî diyar kiribû, ji derveyî wê jî me venêrînên cûrbecûr û nêzîkatiyên cûrbecûr yên di derbarê pirsgirêka civakê re jî diyar kiribû. Em li vir careke din jî pêwîst dibînin ku vê bikirpînin; Rêbertî diyar dike ku pirs61 girêka bingehîn ew e ku civak ji civakbûnê hatiye derxistin. Eger civakek hatibe vê astê ku nirxên hebûna wî yên bingehîn nexebite û êrîş li dijî van nirxan hebe, li vir pirsgirêk heye û ev pirsgirêk mezin e. Me li jor de qala nirxên bingehîn yên civakê kiribû. Eger ehlaq û polîtîka ku raçîngên (doku) bingehîn yên civakê ne hatibin korkirin, li wê rewşê de be ku nikaribe rola xwe bilîze, civak nikaribe jiyana xwe ya xwezayî berdewam bike, nikaribe xwe bi xwe birêve bibe, nikaribe di rastereya vîna xwe de bîryaran bigre, ji lewra nikaribe xwe ji bûna tabiyê pergalê û ketina bin mêtingeriya wî de rizgar bike. Ev tê vê wateyê; Raçinga ehlaqî û polîtîk ya civakê hatiye anîndin asteke wisa ku nikaribe bixebite û civak ji civakbûnê hatiye derxistin. Ev rewş civakê bi demê re tîne rewşa bêparastin, ku ji vê xalê şûndetir jî êdî ji bilî nîjadkujiyan, şkestina civakan derdikeve holê. Mînaka vê ya herî şênber jî di roja me ya îroyîn de, di pêvajoya modernîta kapîtalîst de tê jiyîn. Pêşengiya modernîteya kapîtalîst jî DYE dike. RONAHÎ Di roja me ya îro de pirsgirêkên civakî gihiştiye lûtkeyê Di roja me ya îro de pirsgirêkên civakî ku bi derketina şaristaniyê re gelek têşe û rêjeyên cûda qezenc kiriye, li her qadê gihiştiye lûtkê. Tevî tevahî pêşketinên zanyar-teknolojîk, endûstriyel û yên din pirsgirêk nehatine çareserkirin, berevajî qetmer bûye û gihiştiye rehenga kanserolojîk. Çar salên dawiyê yên şaristaniya Ewrûpa şahîdî ji şerên zêdetirî tevahiya dîrokê kiriye. Bi mîlyonan mirovan di van şeran de jiyana xwe ji dest dane, welat hatine rûxandin û jenosîd hatine jiyîn. Pirsgirêkên zîhnî, siyasî, aborî, leşkerî, demografîk, ekolojîk gihiştine asta herî jor û di maskekirin û kûrkirina pirsgirêkên civakê yên weke zayendîperestî, neteweperestî û oldarî de, bi awayekî pir girîng, rola negatîf lîstiye û dilîze. Şaristanî di çavkaniya pirsgirêkên civakî yên pênc hezar sal an de dirazê, ku ji xwe şaristanî bi xwe bûye gloka pirsgirêkên mezin. Hegemonya yekdestî xwe xistiye nava tevahî qadên jiyana civakê. Pirsgirêkên civakê bi modernîteya kapîtalîst gihiştiye rewşeke wisa ku civak ji civakbûnê hatiye derxistin û hatiye xistin nava şkestina civakê. Hegemonya yekdestî ji bo bikaribe civakê ji mêtingeriyê re vekirî bihêle sanaltî afirandiye û hewl daye bi bombebarana medyayê re zîhna wan çelexwer bike û fetih bike. Civakan ji kevneşopiya wan, ji dîroka wan qût dike, wan tîne rewşa kêriyan û wan bê vîn dihêle. Me got ku yekdestiya sermaye û îqtîdarê ku xespa berhem û nirxa bermayî pêktîne, çavkaniya pirsgirêkan çêdike. Rêberê me di bin 12 de serekeyan de van pirsgirêkan hîn şênbertir rêz dike. Vanan; 1- Pirsgirêka îqtîdar û dewletê 2- Pirsgirêka civakê ya ehlaq û polîtîka 3- Pirsgirêka civakê ya zîhniyet 4- Pirsgirêka civakê ya aborî 5- Pirsgirêka civakê ya endustriyalîzmê 6- Pirsgirêka civakê ya bajêrvaniyê 7- Pirsgirêka civakê ya çînahî û bîrokrasî 8- Pirsgirêka civakê ya zayendparêzî, malbat, jin û nifûsê 9- Pirsgirêka civakê ya ekolojî yê 10- Pirsgirêka civakê ya perwerde û tenduristiyê 11- Pirsgirêka civakê ya meteryalîzmê 12- Pirsgirêka civakê ya aştî û demokrasiyê Pirsgirêka dewlet û îqtîdarê çavkaniya pirsgirêkên civakî ye. Fonksiyona wî ya xwe ji derketinê heya roja me ya îro ya bingehîn; civak bi bêhêz hiştinê re bêparastin hiştin, bi lewaz kirina raçingên wî yên ehlaqî û polîtîk re wî ji mêtingeriya yekdest re amade kirin e. Di bingeha tevahî pirsgirêkên ku di roja me ya îro de têne jiyîn de, pirsgirêka dewlet û îqtîdarê heye. Wana bi polîtîkayên ku dimeşînin û bi hêrsa xwe ya kar re civak ji civakîbûnê derxistine. Azadiya civakê hatiye fedakirin ji azadiya kes re. Kesayet; bi navê ezezîgerî û azadiyê de ji kesayîbûnê hatiye derxistin û ew li hemberî cîvakê anîne rewşa pirsgirêka civakî. Şîrketên kûrewî yên tevahî çavkaniya fînansê di destên xwe de digirin jî weke lîstokan di destê dewlet û îqtîdara xwe de têne lîstin, di oxira berjewendiya xwe de dema dixwazin wan diguherînin û yên nû didanin şûna wan. Civak tu caran weke vê demê bi talûkeya belavbûnê re nehatiye rûberû, ti caran weke vê demê bi hilweşandina ehlaqî û polîtîk re nehatiye rûberû û nejiyaye. Dewlet û îqtîdarê huqûq danîye şûna ehlaqê û îdaregeriya dewletê danîye şûna polîtîka. Di ehlaqê de xira62 bûnek bi pêşxistina vê re hatiye jiyîn. Xirabûna ehlaqê, girêdayî tekelên ku li jorî nirxan pêşketine. Hilweşandina ehlaqî bi modernîteya kapîtalîst re jî gihiştiye lûtkê. Civak anîne rewşeke wisa ku nikaribe nefes bigre, xwe binase, rêgezên xwe yên ehlaqî pêkbîne, nîqaşên polîtîk ji bo pêdiviyên xwe yên bingehîn nikaribe bike û nikaribe bîryaran bigre. Dema Rêber Apo di Manîfestoya xwe ya Şaristaniya Demokratîk ku manîfestoya sedsala 21. ne de derketina ji pirsgirêkan, çavkanî û pêşketina wê didane holê, rêkên çareseriya wê jî didane holê. Bi awayekî şênber didane holê ku wê ji nû de rojenekirina nûve û nirxên manewî yên civaka xwezayî bi têşeya civaka demokratîk, bibe çareserî ji pirsgirêkan re. Di bingeha pêşxistina şaristaniya demokratîk li hemberî şaristaniya kapîtalîst, pêşxistina modernîteya demokratîk li hemberî modernîteya kapîtalîst û rêkên çareseriyê didane holê. Hewl dide ji bo vê jî zanista civaka şaristaniya demokratîk û têgehên wê çêbike, ji nû ve wan têgehên ku navaroka wan ji aliyê modernîta kapîtalîst ve hatine valekirin pênase bike û biwate bike û têgehên zanisteke civakî ya nû çêbike. Bi pênasekirina civaka ehlaqî û polîtîk re rêkên çareseriya pirsgirêkên civakî didane holê. Van rêkên çareseriyê bi awayeke berfireh di Manîfestoya xwe ya Şaristaniya Demokratîk de vedike. Tişta dikeve ser milê me; Tişta dikeve ser milê yên ku ji xwe re dibêjin şoreşger im, demokrat im, welatparîz im jî ev e; pêwîstê em li hemberî pirsgirêkên civakê hîn bihişyartir bin, bi zanista wê pirsyariya ku ji nûve avakirina civaka exlaqî û polîtîk dide ser milê me bitevgerîn û di vê bingehê de bibin xwedî helwestek, seknek û tekoşînekê ye. RONAHÎ Rewşa ciwanên kurd li Ewrupa: “Jiyana di navbera du çanda” Aras BAGOK “Ciwan êdî bi giranî tevlî ziman û çanda beyanî dibin. Her çiqas nêzî jiyan û civaka wî welatê beyanî dibin, ewqas jî dûrî çand û zimanê xwe dikevin. Jiyana di navbera pergelê û malbatê de ji ciwanan re êdî dibe kemîn. Bi bandora dewletê gelek malbatên kurd bi van rêbaziyan hatine perçe kirin û ciwan jî ji dûrî malbat û civakê hatine derxistin” Ciwanên kurd bi piranî di salên 1980-90 bi tenê anjî bi tevahiya malbatên xwe, ji ber rewşa dagirkerî û desthilatdariya dewlêtên li kurdistanê revîn diasporayê, bi taybetî ewrupayê û hêviyên xwe bi jiyaneke rehet û azad û dûrî şer û pirsgirêkan parvekirin. Ez jî dikarim weke ciwan û xwendekarekî kurd kû zêdeyî 24 salan li Almanya jiyan dike, rewşa ciwanan bi giştî li gor ezmûnên xwe bînim ekranên we. Zahmetiyên bingehîn kû tên kişandin em dikarin bi „Jiyana di navbera du çanda“ bi nav bikin û her wiha ciwan di nav cudatiya çanda xwe û ya beyanî rastî pirsgirêkên kûr yên civakî û siyasî tên û heya niha jî tu derfetên encamkirinê ji aliyên dewletan ve jî nediyarin. Bêguman encamkirina van pirsgirêkan ne di xwezaya nîzama dewletê de ye û girîng nabînê jî kû ji xwe re bikê armanc. Pêwistî tenê di wan xakan tê dîtin kû mirov di destpêkê de fêrî zimanê beyanî bibe û piştire bi erf û edetên wê dewletê tevbigerê. Her wiha polîtika yên lêanînê (hokirin, integrasion) pêş dixê. Di warê siyasî de kurd weke gelekî xwedî pergal (statu) û nasname nayên dîtin û her wiha weke mirovên ereb, tirk anjî fers tên naskirin. Ji 63 ber vê yekê jî derfetên perwerdekirina zimanê kurdî jî nayên dayîn. Êdî li ber çavane kû pirsgirêkên civakî yên kûr dikevin dewrê. Pirsgirêka sereke, ji dûr ketina çanda xwe û bi giranî ji bir kirina zimanê zikmakiye. Ji ber kû ji aliyên wan dewletên kû ew ciwanên kurd lê dijîn, ti hewldan ji bo wan nayên pêrabûn kirin, derfetên naskirin anjî fêrbûn çanda xwe ji bo wan jî nînin. Mirov dikarê bêje kû di serî de çareseriyên van pirsgirêkan di reşgeşa (qonsept) wan dewletên ewrupayê qet tine. Ciwan êdî bi giranî tevlî ziman û çanda beyanî dibin. Her çiqas nêzî jiyan û civaka wî welatê beyanî dibin, ewqas jî dûrî çand û zimanê xwe dikevin. Jiyana di navbera pergelê û malbatê de ji ciwanan re êdî dibe kemîn. Bi bandora dewletê gelek malbatên kurd bi van rêbaziyan hatine perçe kirin û ciwan jî ji dûrî malbat û civakê hatine derxistin. Her çiqas ew ciwan dûrî civaka xwe dikevin, bi tirsên wendakirina nasnamê ewqas jî nijadperstî bi wan re pêş dikevê. Ew ramanê nijadperest dibe wateya benê herî dawî kû bi herdû destan xwe li dijî wendahiyan pêdigrin û xwe bi herdû destan û herdû lingan diparêzin. Em dikarin bêjin, di her qadan RONAHÎ de ciwan bi kemînên pergela (sîstem) dewletê rû bi rû û neçar dimînin kû xwe li dijî wan pergelên xapînok biparêzin. Yên kû xwe li dijî wan wendahiyan bi hewldanên rêxistinî bixwazin biparêzin, rastî astengiyên dewletê dibin û rêya wan jî bi madeyên dadgeriyê tê xitimandin. Û yên kû xwe bi rexistin jî nekê û li gor xwestek anjî armanca dewletê tenê bimînê û bi serê xwe tevbigerê, karek anjî sinhetik ji xwe re dîtibe, pêwîst dimînê di rojê de zêdeyî 8-10 demjimêran li ser kar be û bi ser wê ve jî, nêzî nîvê wan perê kû bi dest dikevê ji aliyê dewletê ve tê girtin. Ew kemînên kû min behs kiribû, gelek ji wan bi rêya aboriyê ve jî tên danîn. Weke karkeran pirsgirekên xwendekaran jî ne gelek cûda ne, lê belê dîsa ji nav ciwanên kû herî zêde bi rê û rêçkên dewletê ve bi demdirêjî tên girêdan û xapandin, xwendekarin. Mînak girîng eve: Ji bo kû derfetên wan ciwanên kû dixwazin dest bi xwendinê bikin hebin, lê belê rewşa wan ya aboriyê lewaz be, dewlet di wê astê de alikariyê pêşkeşî wan dike û krediya dide. Dema kû ew xwendekar êdî xwendina xwe diqedînin û dest bi kar dikin, dewlet dîsa dikeve dewrê û wê krediyê weke taqsîtên bi fayîz distînê. Bi vî awahî ew ciwan di demek dirêj de dibin deyîndarê 64 dewletê û bi wê ve tên girêdan. Biserda ew rewşa aboriyê zêde terî jiyankirinê nake û xwendekar edî gerek dimînin, ji xeynî xwendinê dest bi kar jî bikin û wext ji bo têkiliyên civakî û malbatî jî namîne. Ev rewş û minakên kû hatin bilev kirin, bi taybet ji dûrketina nasnmê xwe, li ser pişta ciwanan dibe barekî giran û di demek dirêj de zirarê dide piskolojiya wan kû gelek dikevin bin bandorek piskosomatik (nexweşiya derûnî/pîskolojîk). Dema kû ez li ser vê rewşa necar diponijim, çawa ciwan di her qonaxan tên bikaranîn, ez hêrs dibim. Gelek ciwanên kurd kû welatê xwe diberdin û tevlî jiyana ewrupayê dibin, ew hêvî û xeyalên wan yên destpêkê tên hilweşandin û piştî qutkirina têkiliyên civakî, êdî mirov bi zahmetî dikarê xwe dîsa ji wan kemînan azad bike. Kêm ji wan kesên kû di destpêkê de wan pirsgirêkan dibînin û xeteriyê kû di bin qalibê pergelê de verşartî ne nasdikin, di demek kin de dîsa zîvirin welatê xwe. İnhaltsverzeichnis Newroz Reise 2012 Konfederalîzma Demokratîk Lêxistingerîya Netewe Demokratîk ya ne Dewlete ....................................2 Abdullah ÖCALAN Der Lausanner - Vertrag soll den Kurden erneut aufgezwungen werden .............................................7 Evrim DEMİR Der syrische Aufstand .......................................................10 Şores KAMA 17. Kongress der Yekitiya Xwendekarên Kurdistan ...................................................14 Hüseyin ÇELEBİ Bio-Macht ............................................................................20 Deniz ÇEWLİK RONAHÎ Zeitschrif der Studierenden aus Kurdistan Postfach 103831, 50478 Köln Barzani oder Öcalan .........................................................23 Nick BRAUNS Öko-Feminismus .................................................................28 Janet BİEHL Internet http://www.yxk-online.com e-mail : Ökologie ..............................................................................38 Abdullah ÖCALAN yxkonline.post@googlemail.com kovararonahi@googlemail.com Partizipative Ökonomie......................................................48 Michael ALBERT Das 4.YXK-Sommercamp .................................................53 Teilnehmer des Sommercamp Neçunhatîme ......................................................................58 Rawin STERK Pirsgirêkên Dîrokî û Civakî .............................................59 Azad SÎSER Rewsa ciwanên kurd li Ewrupa .......................................63 Aras BAGOK Mit solidarischen Grüßen, Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V. Yekitîya Xwendekarên Kurdistan ____________________________________________________ Die 19.Hüseyin Celebi Literaturpreisveranstaltung ..............................................35 RONAHÎ Die Erhaltung der Geschichte Dersims.............................42 Jûji Wie jedes Jahr, werden wir als eine StudentInnen - Delegation aus Europa, eine Newrozreise in die Heimat unternehmen. Diese Delegation wird alljährlich, an jedem Märzmonat seitens der YXK nach Kurdistan entsendet. Dabei werden unterschiedliche Städte wie Amed, Elîh (Batman), Mêrdîn besucht. FreundInnen die mit uns reisen wollen, können sich über diese Email-Adresse bereits im Voraus anmelden: Newroz2012@hotmail.de Bezüglich dem Reiseantritt und den Reisekosten könnt ihr uns anschreiben. Wintercamp 2011: Dieses Jahr werden wir als YXK zum ersten Mal, ein Wintercamp organisieren. In diesem Camp werden wir einerseits aufkommende bildungstechnische Fragen sowie andererseits Probleme, die während unserer Arbeiten aufkamen, versuchen gemeinsam zu lösen. Daneben werden wir das Neujahr zusammen begrüßen und gemeinsam Filmabende veranstalten. Während des Wintercamps werden auch sportliche Aktivitäten in der Akademie angeboten und außerdem werden auch gemeinsame Ausflüge unternommen. Stattfinden tut das Ganze vom 25.-29. Dezember 2011 bei der UTAMARA, in Bonn. Bezüglich dem Reiseantritt und den Reisekosten könnt ihr uns anschreiben. Mit solidarischen Grüßen, Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V. Yekitîya Xwendekarên Kurdistan