Zöliakie
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Zöliakie
Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Zöliakie Diarrhoe – Wann ist die Nahrung schuld? Enteropathie mit Zottenatrophie Bei genetisch prädisponierten Personen DQ2 / DQ8 HLA Haplotyp notwendig Luzern 26.2.2008 ‘unique’ Autoimmunerkrankung, weil: Umwelt-Trigger (Gluten) und Autoantigen (tissue Transglutaminase) sind bekannt Elimination von Gluten bewirkt Heilung Susanne Schibli Pädiatrische Gastroenterologie Toxicity Weizen Toxizität Roggen Gerste Hafer Prolamine Peptid Fraktionen ( Prolin und Glutamin-reiche Domänen) Gliadin Secalin Hordein Avenin NEJM, 2003 Histologische Befunde Normal 0 Infiltrative 1 Endoskopische Befunde Hyperplastic 2 Scalloping Normal Appearing Partial atrophy 3a Subtotal atrophy 3b Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern Scalloping Nodularity Total atrophy 3c 1 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Prävalenz Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Assoziierte Erkrankungen 20 Gesunde Bevölkerung: 1:133 Verwandte 1. Grad: 1:18 - 1:22 Verwandte 2. Grad: 1:24 - 1:39 16 12 % 8 4 General Population 0 Relatives IDDM Thyroiditis Down syndrome Fasano, Arch of Intern Med, 2003 Celiac Disease In The Year 2000: Exploring The Iceberg, Lancet 1994 Typische Zöliakie Gliadinentzug Gedeihstörung Durchfälle Geblähtes Abdomen Inappetenz Erbrechen Anämie Müdigkeit Missmutigkeit Diagnose Zöliakie bei älteren Kindern Zöliakie bei älteren Kindern GI Symptome Bauchschmerzen Durchfälle Blähungen Obstipation Untergewicht Appetitminderung ‚Schlechter Esser‘ Müdigkeit Non-GI Symptome Kleinwuchs Pupertätsverzögerung Eisenmangelanämie Osteopenie, Osteoporosis Zahnschmelzdefekte Dermatitis herpetiformis Diagnose Hepatitis (erhöhte Leberenzyme) Arthritis Epilepsie mit Verkalkungen occipital Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern 2 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Was sind unsere Erfahrungen? Häufigkeit und Medianes Alter Daten von Bern und Luzern Retrospektive Analyse Alle Kinder mit V.a. Zöliakie Serologische Testung Dünndarmbiopsie 2001-2006 Diagnostische Kriterien Meilensteine in der Diagnostik Typische oder atypische klinische Zeichen Serologische Zöliakie-Marker Charakteristische Veränderungen in der Dünndarmbiopsie (Goldstandard) Vollständige Normalisierung der Symptome unter Diät AGA 1980 EMA TTG HLA 1990 2000 2003 DGP 2005 AGA DGP Anti-DGP TTG Anti-TTG HLA Villous atrophy Antigliadin Antikörper - AGA Antikörper (IgG und IgA) gegen das Gluten Protein in Weizen, Roggen, Gerste Vorteile Relativ billig und technisch einfach Nachteile Schlechte Sensitiviät und Spezifität Immune response Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern 3 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Endomysium Antikörper - EMA IgA Antikörper gegen Reticulin Immunofluoreszenz-Test Vorteile Hohe Sensitiviät und Spezifität Nachteile Falsch negativ in Kleinkindesalter Untersucher-abhängig Teuer und aufwändig Deamidierte Gliadinpeptide - DGP IgA und IgG Antikörper gegen deamidierte Gliadinpeptide Vorteile: Hohe Sensitiviät und Spezifität Nachteile: Noch relativ wenig Untersuchungen Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Tissue Transglutaminase - TTG IgA Antikörper gegen Transglutaminase Vorteile Hohe Sensitiviät und Spezifität Untersucher-unabhängig (ELISA/RIA) Relativ billig Nachteile Falsch negativ in Kleinkindesalter Ev. weniger spezifisch als EMA Serologische Teste AGA-IgG AGA-IgA EMA (IgA) TTG (IgA) Sensitivität % Spezifität % 69 – 85 75 – 90 85 – 98 90 – 98 73 – 90 (37) 82 – 95 (79) 97 – 100 (86) 94 – 97 (75) (82) (65) (98) (99) (Daten Bern und Luzern) Farrell , Am J Gastroenterol 2001 Gentest Stellenwert HLA-Typisierung HLA-DQ2 in 95% der Pat. HLA-DQ8 in übrigen Pat. ABER: HLA-DQ2 in ~30% der Bevölkerung <2% aller DQ2 Träger entwickeln eine Zöliakie Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern Hoher NPV Negativität für DQ2/DQ8 schliesst eine Zöliakie zu 99% aus! Potenzielle Anwendung für DQ2/DQ8 Diagnostische Dilemmas Asymptomatische Verwandte Down, Turner & Williams Syndrom Diabetes mellitus 4 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Ist die Biopsie zur Sicherung der Diagnose immer nötig? Diagnostische Algorithmen JA! Serologien: Spezifität <100% Lebenslange Behandlung setzt sorgfältige Diagnosestellung voraus Diätcompliance oft schwierig Reevaluation der Diagnose mit grossem Aufwand (IV-Anerkennung verlangt Biopsie) TTG IgA erhöht IgA normal TTG IgA normal IgA erniedrigt TTG IgG erhöht Zöliakie Symptome At Risk Asymptomatisch TTG IgA (oder EMA IgA) IgA total NASPGHAN Guidelines, JPGN 2006 IgA-tTG TTG IgA normal IgA normal TTG IgG normal Biopsie Typische Befunde Normalbefund Glutenfreie HLA Diät Re-Biospie Glutenfreie Diät Lebenslang Problem: Ungenügende Compliance Kleine Mengen in Fertiggerichten (Bindemittel) Ist Hafer erlaubt? Sind Malzprodukte erlaubt? Wie stehts mit Weizenstärke? Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern Keine Zöliakie Toxicity Weizen Roggen Gerste Hafer Gliadin Secalin Hordein Avenin ? 5 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Hafer Toxizität kontrovers beurteilt 1953 Dicke toxisch Protein-Sequenzierung: Avenin enthält keine Prolin und Glutaminreiche Domäne Problem: Kontamination mit Weizen, Roggen und Gerste (Unklar ob Gehalt genügend für Toxizität) Weizenstärke Reine Weizenstärke unbedenklich Kontamination mit Weizen-Protein, somit Prolaminen, jedoch häufig Unterschiedlich je nach Land In der Schweiz unbedenklich Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Malz - Weizen, Roggen, Gerste Partieller ‚breakdown‘ der Proteine eliminiert Toxizität meist nicht Malz Extrakte und andere Hydrolysate (auch Bier) können toxische Bestandteile enthalten Wenn in sehr kleinen Mengen gebraucht (flavouring) → sehr geringer Gehalt von toxischen Peptiden, ws zu vernachlässigen Summary Häufigkeit der Zöliakie wird unterschätzt An atypische Präsentationen denken! 1/3 der Pat. haben keine GI-Symptome Cave IgA-Mangel Nachweis histopathologischer Veränderung gilt als Goldstandard! Keine „ex-juvantibus“ Diät auf Basis einer Serologie!! Lactose-Intoleranz Lactasemangel Laktose – Intoleranz Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern Im Bürstensaum lokalisiert Lactose: grosses Molekül, wird nicht aufgenommen, wirkt osmotisch Zersetzung durch Bakterien im Dickdarm (cave: bakterielle Überwucherung) 6 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Symptome Dickdarm bakterien Laktase Laktose Laktose Diarrhoe (wässrig) Bauchschmerzen Flatulenz, übelriechend Geblähtes Abdomen Methan Kurzkettige Fettsäuren Glucose CO2 Galactose Symptome in der Regel mild, nicht spezifisch, sehr individuell Auftreten 30min bis 3h nach Aufnahme H2 Primär oder Sekundär? Primäre LI Häufig Physiologischer Prozess Abnahme Lactaseaktivität mit Beginn Beikost klinisch relevant meist erst in Pupertät, Adoleszenz Sehr unterschiedliche Prävalenz 15% Northern Europe (3% Denmark, Sweden) 80% Blacks, Latinos 100% Asians, American Indians Laktase-Persistenz, autosomal dominant vererbt Diagnostik Empirischer Auslassversuch 2 Wochen konsequent, dann schrittweise Wiedereinführen (Toleranzschwelle) H2-Atemtest Lactose 2g/kgKG max 50g H2 Messungen: basal, alle 30’ Dauer 3h Basalwert < 20 ppm Anstieg > 20 ppm Ab 5-6 Jahren Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern Primär oder Sekundär? Sekundäre LI Gastroenteritis, meist transient Giardiasis Zöliakie Enteropathien (Crohn) Kongenitale LI sehr selten! LI keine etablierte DD zu Säuglingskoliken Diagnostik Lactose-Resorptionstest (Blutglucose) Glucosemessung: basal, 30’,60’,120’,180’ Glucoseanstieg <1.1mmol/l hinweisend auf LI Stuhlprobe auf reduzierende Substanzen Dünndarmbiopsie (direkte Bestimmung der Laktase-Aktiviät) 7 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Gentest Schnell, einfach, sicher erkennen Nachweis von Polymorphismen, Position –13910 Viollier -13910 TT, kein Hinweis auf PLI -13910 TC, Heterozygotie (keine PLI) -13910 CC, Genetische Disposition Gentest – Stellenwert beim Kind Gentest – Stellenwert beim Kind Schnell, einfach, sicher zu erkennen? Schnell, einfach, sicher zu erkennen? 95% der Adulten mit -13910 CC haben einen pathologischen H2 Atemtest Auftreten von Symptomen bei PLI selten im Kindesalter Bei Nachweis einer genetischen Prädisposition Risiko einer unnötigen Diät und somit Gefahr der Fehlernährung! Ev. sinnvoll, zum Ausschluss einer PLI Therapie Lactosearme (-freie) Ernährung Oft werden geringe Mengen toleriert Bessere Toleranz bei Jogurth Verzehr von Milchprodukten mit anderen Produkten Käse (verzögerte Magenentleerung) Kommerzielle Formen von Lactase (Lacdigest®) Sojamilch- und Milchprodukte Probiotika – Stellenwert noch unklar! 95% der Adulten mit -13910 CC haben einen pathologischen H2 Atemtest Auftreten von Symptomen bei PLI selten im Kindesalter Bei Nachweis einer genetischen Prädisposition Risiko einer unnötigen Diät und somit Gefahr der Fehlernährung! Ev. sinnvoll, zum Ausschluss einer PLI Nicht beim Kind ! Lactosegehalt der Produkte Kuhmilch Jogurth Rahm Hart/Halbhartkäse Weichkäse Frischkäse Butter 4.8 g / 100ml 3.4 g / 100ml 3.1 g / 100ml keine < 1 g / 100g bis 3 g / 100g 0.4 g / 100 g Quelle: www.swissmilk.ch, EDV Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern 8 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern Summary Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? Fructose-Malabsorption DD Kuhmilchproteinallergie Häufigkeit der symptomatischen LI wird überschätzt! Plazeboeffekt der Diät 95% der Personen mit PLI (genetische Prädisposition haben einen pathologischen H2 Atemtest) Gefahr einer Fehlernährung (Osteoporose) Physiologischer Zustand, sehr häufig Im Kindesalter stärker ausgeprägt Limitierte Absorptionskapazität von Fruktose Fermentation von Fruktose durch Darmbakterien Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen Diätberatung wichtig! = Hereditäre Fructose-Intoleranz! Transportprotein Fructose Diagnostik Empirischer Auslassversuch 2 Wochen konsequent, dann schrittweise Wiedereinführen (Toleranzschwelle) GLUT 5 Glucose H2-Atemtest Fructose 2g/kgKG max 50g H2 Messungen: basal, alle 30’ Dauer 3h Basalwert < 20 ppm Anstieg > 20 ppm Ab 5-6 Jahren Sorbitol Fructose-Malabsorption Fructose, Saccharose, Fructans Lebensmittel mit ähnlichem Gehalt an Fructose und Glucose; meist gute Toleranz Pro 100g g Fructose g Glucose Apfel 6.0 2.2 Apfelsaft 6.4 2.4 Orangensaft 2.8 2.3 Rosinen 31.6 31.2 Haushaltzucker 50 50 Honig 40 30 Fructose-Malabsorption 25-50g Fructose USA: >50% Symptome! 1977 daily intake 37g 24g soft drinks 13g natural sources 4x children (10y) 1997 Free fructose Saccharose High fructose corn syrup (80%) added sweetener in food manufacturing Sorbit kann Symptome verstärken! Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern 9 Kinderärztefortbildung vom 26.2.2008 Kinderspital Luzern 2 dl Diarrhoe - Wann ist die Nahrung schuld ? 20g high fructose corn syrup 2 dl 12g Fructose Zöliakie Enteropathie Symptome der Malabsorption Lactose-Intoleranz und FructoseMalabsorption Normale Schleimhaut Symptome der Maldigestion Klinisch nicht unterscheidbar Dr. S. Schibli Universitätskinderkliniken Bern 10