Historia Romana

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Historia Romana
Gaius Velleius Paterculus
Historia Romana
Römische Geschichte
Lateinisch und deutsch
Eingeleitet, übersetzt und kommentiert
von Meinhard-Wilhelm Schulz
textus:
Diese Ausgabe enthält den lateinischen Originaltext des Velleius nach der
Bibliotheca Augustana (http://www2.hs-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost01/Velleius/vel_0000.html und weitere Seiten).
Eingeleitet, übersetzt und kommentiert sowie mit einem Namensverzeichnis
versehen von Dr. Meinhard-Wilhelm Schulz.
Herausgegeben von Dr. Helmut Schareika, Gau-Algesheim a. Rh..
Diese Ausgabe ist online verfügbar auf www.argiletum.eu.
Inhaltsübersicht
Einleitung
3 Namensverzeichnis
Lateinischer Text des Velleius
6 Texte und Kommentare, Literatur 245
Übersetzung
Kommentar
83 Publikationen von M.-W. Schulz
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© 2014 (bis auf den lateinischen Text) Dr. Meinhard-Wilhelm Schulz,
Seeheim-Jugenheim. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.
Typografie und Layout: textus: VerlagsService, Gau-Algesheim a. Rh.
www.textus.de
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Einleitung
Gaius Velleius Paterculus ist der einzige Geschichtsschreiber aus der frühen römischen Kaiserzeit, dessen Werk erhalten geblieben ist; wahrscheinlich
aus Capua stammend, gehörte er einem vornehmen Geschlecht an, dessen er
sich nicht selten rühmt (Vater: 2, 104; Großvater: 2, 76; Ahnen mütterlicherseits: 2, 16). Um 16 v. Chr. sollte er das Licht der Welt erblickt haben. Er trat
als junger Mann in den Kriegsdienst und durchzog unter dem früh verstorbenen Augustus-Enkel Gaius Caesar den Orient, mit Tiberius, dem Adoptivsohn und späteren Nachfolger des Augustus, als Reiteroberst und stellvertretender General Germanien, Pannonien und Dalmatien. Im Jahre 6 n. Chr.
kehrte er nach Rom zurück, um sich als Quaestor zu bewerben; 15 n. Chr.
wurde er Praetor (2, 124) und erreichte damit den Gipfel seiner Laufbahn.
Ein Mann, der sich stets der Gunst des Tiberius erfreute (2, 113. 114), blieb er
auch als Privatier in der Nähe des kaiserlichen Hofes und verwendete die ihm
zur Verfügung stehende Muße zur raschen Ausarbeitung seines Geschichtswerkes, das er seinem Freund Marcus Vinicius anlässlich seines Konsulates
widmete (30 n. Chr.). Ob das wiederholt von ihm angekündigte umfangreiche Werk (2, 48. 96. 99. 103. 104. 119) zustande kam, weiß man nicht, da
selbst in der Antike (innerhalb der nur wenigen erhaltenen Quellen) sein
Buch nicht erwähnt wird. Weiterhin ist es rein spekulativ, warum wir nichts
mehr von ihm hören: verstorben? umgekommen? in Ungnade gefallen? In
den Sturz des vorübergehend allmächtigen Prätorianer-Präfekten Seianus verstrickt? Auf jeden Fall hatte er fest vor, als Autor einer großen Römischen Geschichte Ruhm zu erlangen, wenn er sich im vorhandenen Werk jedesmal für
seine Hast beim Erstellen des uns vorliegenden Buches entschuldigt (2, 41.
55. 86. 91. 124).
Hinzu kommt, dass wir auf nur eine einzige, vielfach verstümmelte Handschrift angewiesen sind, welche im Jahre 1515 vom Humanisten Beatus Rhenanus im Kloster Murbach (Elsass) aufgefunden wurde und seit Erstellen des
ersten Drucks verschollen ist.
Velleius liefert uns einen Abriss der römischen Geschichte, mit der Geschichte
des Orients und Griechenlands beginnend. Im Unterschied zu all den anderen Historikern betreibt er ständig auch Kulturgeschichte und zeigt sich als
breit gebildeter Schriftsteller mit großer Vorliebe für alles Griechische. Außerdem mag er biografische Notizen und ist ein Meister der kurz gefassten Charakteristik:
Das erste Buch ist nur in geringen Teilen erhalten; das zweite weist ebenfalls
eine große Lücke auf, umfasst aber die letzten anderthalb Jahrhunderte vor
Erstellen der Schrift, und eben das zeigt seine eminente Bedeutung auf: Velleius ist Zeithistoriker, der vieles noch persönlich miterlebt hat; er ist ferner
unser einziger zeitnaher Historiker dieser Epoche überhaupt, da insbesondere die monumentale Römische Geschichte des Titus Livius für uns mit dem
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Zweiten Punischen Krieg abbricht, aber auch die Werke anderer einst berühmter Historiker wie des Asinius Pollio verloren sind.
Solange Velleius über den Niedergang der alten Republik berichtet, zeigt er
sich als geradezu glühender Verehrer des Altehrwürdigen; seine Idole sind
Cato und Cicero; Ciceros Tod wird ergreifend geschildert; Pompeius erfährt
schwärmerische Verehrung gepaart mit kritischen Noten; Caesars grandioser
Gallischer Krieg hingegen wird überhaupt nicht detailliert geschildert. Aber
auch im Darstellen der untergegangenen Republik wird Velleius nimmer müde, die politisch aus unserer Sicht eher konservativen Kräfte zu loben und die
andere Seite entsprechend zu tadeln; selbst Sulla erfährt solange unumschränktes Lob, bis er sich zum Diktator macht, um dann von Velleius verdammt zu werden. Für die bedrängte soziale Lage des kleinen Mannes etc.
hingegen entfaltet er kein Verständnis; die in diese Richtung gehenden Reformversuche der Gracchen versteht er nicht.
Vielfach wurde und wird Velleius vorgeworfen, über „seinen“ Kaiser Tiberius
kritiklos und lobhudelnd zu schreiben; doch dieser Vorwurf ist zurückzuweisen und beruht auf der (ungerechten) düsteren Vernichtung, der Tiberius in
den Annalen des Tacitus anheim fällt: Tacitus begründet seine ätzende Kritik
an diesem Kaiser damit, dass er ihm in seinen „guten“ Jahren Heuchelei vorwirft und im tyrannischen Ende des Monarchen den wahren Tiberius zu erkennen glaubt: Das Werk des Velleius ist aber vor der verdüsterten Epoche
dieses Herrschers verfasst, und Rom erfreute sich damals großen Friedens
und Wohlstandes; die Provinzen lebten auf, und selbst in seiner Spätphase
waren es im Wesentlichen nur Senatoren, die den berüchtigten Majestätsprozessen zum Opfer fielen, während das breite Volk in Rom davon kaum, in
den Provinzen so gut wie gar nicht berührt war:
Daher ist es unfair, Velleius eine vorsätzliche und irrige Verherrlichung des
Kaisers vorzuwerfen; das beweist doch seine offen und straflos ausgesprochene Sympathie für die Werte und Männer der untergegangenen Republik; gerade Caesar und Augustus, gesetzlich betrachtet Großvater und Vater des Tiberius, kommen als Exekutoren der Republik bei Velleius schlecht weg, und
Tiberius muss dies seinerzeit gelassen zur Kenntnis genommen haben.
Wenn man Velleius ferner vorwirft, er sei zu oberflächlich, dann geht auch
dies in die Irre: Ein solches Werk muss „oberflächlich“ bleiben, wenn man es
mit anderen vergleicht, die demselben Inhalt einen vielfachen Umfang zubilligen, aber gerade durch seine Kürze ist Velleius ein Autor, wie ihn der moderne Leser schätzt, der gar nicht die Zeit hat, Mommsens vieltausendseitige
Römische Geschichte (samt ihrer Irrtümer) zu studieren. Ferner ist es unangebracht, auf etliche Text-Stellen mit Unverständnis zu reagieren, denn Velleius
schrieb für Vinicius und alle interessierten (gebildeten) Leser um 30 unserer
Zeitrechnung; diesen war vieles noch selbstverständlich, was heutzutage ungekannt ist: Der begleitende Kommentar soll diese Lücken schließen helfen.
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Schließlich ist Velleius auch noch der spitzen Feder der Altphilologen zum
Opfer gefallen: Sein oft monumentaler Satzbau und nicht mehr „klassischer“
Wortgebrauch fand keine Gnade vor den strengen Gelehrten, die nach wie
vor Ciceros Stil zum Maßstab der Maßstäbe machen und schon die Diktion
eines Sallust oder Tacitus nur zähneknirschend dulden:
Velleius schreibt aber weder wie Cicero noch wie Sallust oder Tacitus; Velleius schreibt wie Velleius, und wenn wir genauso mit heutigen Autoren umgingen, die nicht wie die Klassiker zu Goethes Zeiten schreiben, wer hätte da
noch Bestand? Jeder Schriftsteller hat das Recht, seinen eigenen Stil zu schaffen und zu pflegen; ob dieser dem Literaturkritiker dann gefällt oder nicht, ist
eine andere Frage, und schon viele Autoren waren der Verdammnis anheim
gefallen, die heute zu den Besten gehören; viele einst in den Himmel gehobene aber sind dem Vergessen anheim gefallen, denn jede Kritik ist subjektiv und vom Zeitgeschmack abhängig:
Den Übersetzer stellt Velleius freilich vor größte Probleme: Viele seiner Sätze
sind in ihrer – übrigens oft genug zielgerichtet dynamischen – Länge unübersetzbar: In unserer Ausgabe soll dennoch sein gewollter Stil keiner unnötig
zerhackten hypermodernen Fassung weichen; beim Übertragen in ein angemessenes Deutsch wurde daher stets auf die ursprüngliche Autorenintention
geachtet und sie – wo immer es möglich war – auch respektiert: Ein rund
2.000 Jahre alter Text darf auch im Zeitalter des Computers und nachlassender Sprachkompetenz ein klein Wenig „unmodern“ wirken.
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Velleius Paterculus
ca. 20 a. Chr. n. – ca. 35 p. Chr. n.
Historiae Romanae
ad M. Vinicium cos.
libri duo
Liber I
Caput I
[hic pars libri perdita est]
[1] *** <Epeus>, tempestate distractus a duce suo Nestore, Metapontum
condidit. Teucer, non receptus a patre Telamone ob segnitiam non
vindicatae fratris iniuriae, Cyprum adpulsus, cognominem patriae suae
Salamina constituit. Pyrrhus, Achillis filius, Epirum occupavit, Phidippus
Ephyram in Thesprotia. [2] At rex regum Agamemnon, tempestate in
Cretam insulam reiectus, tres ibi urbes statuit, duas a patriae nomine, unam
a victoriae memoria, Mycenas, Tegeam, Pergamum. Idem mox scelere
patruelis fratris Aegisthi, hereditarium exercentis in eum odium, et facinore
uxoris oppressus occiditur. [3] Regni potitur Aegisthus per annos VII. Hunc
Orestes matremque socia consiliorum omnium sorore Electra, virilis animi
femina, Factum eius a diis comprobatum spatio vitae et felicitate imperii
apparuit; quippe vixit annis XC, regnavit LXX. Qui se etiam a Pyrrho,
Achillis filio, virtute vindicavit. Nam quod pactae eius, Menelai atque
Helenae filiae, Hermiones nuptias occupaverat, Delphis eum interfecit.
[4] Per haec tempora, Lydus et Tyrrhenus fratres, cum regnarent in Lydia,
sterilitate frugum compulsi, sortiti sunt uter cum parte multitudinis patria
decederet. Sors Tyrrhenum contigit: pervectus in Italiam et loco et incolis
et mari nobile ac perpetuum a se nomen dedit. Post Orestis interitum, filii
eius, Penthilus et Tisamenus, regnavere triennio.
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Caput II
[1] Tum fere anno octogesimo post Troiam captam, centesimo et vicesimo
quam Hercules ad deos excesserat, Pelopis progenies, quae omni hoc
tempore, pulsis Heraclidis, Peloponnesi imperium obtinuerat, ab Herculis
progenie expellitur. Duces recuperandi imperii fuere Temenus,
Cresphontes, Aristodemus, quorum abavus fuerat. Eodem fere tempore,
Athenae sub regibus esse desierunt, quarum ultimus rex fuit Codrus,
Melanthi filius, vir non praetereundus. Quippe cum Lacedaemonii gravi
bello Atticos premerent respondissetque Pythius, quorum dux ab hoste
esset occisus, eos futuros superiores, deposita veste regia, pastoralem
cultum induit, immixtusque castris hostium, de industria imprudenter
rixam ciens, interemptus est. [2] Codrum cum morte aeterna gloria,
Athenienses secuta victoria est. Quis eum non miretur, qui his artibus
mortem quaesierit, quibus ab ignavis vita quaeri solet? Huius filius Medon
primus archon Athenis fuit. Ab hoc posteri apud Atticos dicti Medontidae:
sed hic insequentesque archontes usque ad Charopem, dum viverent, eum
honorem usurpabant. Peloponnesii digredientes finibus Atticis Megara,
mediam Corintho Athenisque urbem, condidere. [3] Ea tempestate et Tyria
classis, plurimum pollens mari, in ultimo Hispaniae tractu, in extremo
nostri orbis termino, <in> insula circumfusa Oceano, perexiguo a
continenti divisa freto, Gades condidit. Ab iisdem post paucos annos in
Africa Utica condita est. Exclusi ab Heraclidis Orestis liberi iactatique cum
variis casibus tum saevitia maris, quinto decimo anno sedem cepere circa
Lesbum insulam.
Caput III
[1] Tum Graecia maximis concussa est motibus. Achaei, ex Laconica pulsi,
eas occupavere sedes quas nunc obtinent: Pelasgi Athenas commigravere,
acerque belli iuvenis, nomine Thessalus, natione Thesprotius, cum magna
civium manu eam regionem armis occupavit, quae nunc ab eius nomine
Thessalia appellatur, ante Myrmidonum vocitata civitas. [2] Quo nomine
mirari convenit eos qui Iliaca componentes tempora de ea regione ut
Thessalia commemorant. Quod cum alii faciant, tragici frequentissime
faciunt, quibus minime id concedendum est; nihil enim ex persona poetae,
sed omnia sub eorum qui illo tempore vixerunt disserunt. Quod si quis a
Thessalo, Herculis filio, eos appellatos Thessalos dicet, reddenda erit ei ratio
cur numquam ante hunc insequentem Thessalum ea gens id nominis
usurpaverit. [3] Paulo ante, Aletes, sextus ab Hercule, Hippotis filius,
Corinthum, quae ante fuerat Ephyre, claustra Peloponnesi continentem, in
Isthmo condidit. Neque est quod miremur ab Homero nominari
Corinthum: nam ex persona poetae et hanc urbem et quasdam Ionum
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colonias iis nominibus appellat, quibus vocabantur aetate eius, multo post
Ilium captum conditae.
Caput IV
[1] Athenienses in Euboea Chalcida <et> Eretriam colonis occupavere,
Lacedaemonii in Asia Magnesiam. Nec multo post Chalcidenses orti, ut
praediximus, Atticis, Hippocle et Megasthene ducibus, Cumas in Italia
condiderunt. Huius classis cursum esse directum alii columbae antecedentis volatu ferunt, alii nocturno aeris sono, qualis Cerealibus sacris
cieri solet. [2] Pars horum civium, magno post intervallo, Neapolim
condidit. Utriusque urbis eximia semper in Romanos fides facit eas
nobilitate atque amoenitate sua dignissimas. Sed illis diligentior ritus patrii
mansit custodia, Cumanos Osca mutavit vicinia. Vires autem veteres earum
urbium hodieque magnitudo ostentat moenium.
[3] Subsequenti tempore, magna vis Graecae iuventutis, abundantia virium
sedes quaeritans, in Asiam se effudit. Nam et Iones duce Ione profecti
Athenis, nobilissimam partem regionis maritimae occupavere, quae
hodieque appellatur Ionia, urbesque constituere Ephesum, Miletum,
Colophona, Prienen, Lebedum, Myuntem, Erythram, Clazomenas, Phocaeam, multasque in Aegaeo atque Icario occupavere insulas, Samum,
Chium, Andrum, Tenum, Parum, Delum aliasque ignobiles. [4] Et mox
Aeolii eadem profecti Graecia longissimisque acti erroribus non minus
illustres obtinuerunt locos clarasque urbes condiderunt, Smyrnam, Cymen,
Larissam, Myrinam Mytilenenque et alias urbes, quae sunt in Lesbo insula.
Caput V
[1] Clarissimum deinde Homeri illuxit ingenium, sine exemplo maximum,
qui magnitudine operis et fulgore carminum solus appellari poeta meruit;
[2] in quo hoc maximum est, quod neque ante illum, quem ipse imitaretur,
neque post illum, qui eum imitari posset, inventus est. Neque quemquam
alium, cuius operis primus auctor fuerit, in eo perfectissimum
praeterArchilochum reperiemus. [3] Hic longius a temporibus belli, quod
composuit, Troici, quam quidam rentur, abfuit; nam ferme ante annos
DCCCCL floruit, intra mille natus est. Quo nomine non est mirandum, quod
saepe illud usurpat: <οἷοι νῦν βροτοί εἰσιν> hoc enim ut hominum, ita
saeculorum notatur differentia. Quem si quis caecum genitum putat,
omnibus sensibus orbus est.
Caput VI
[1] Insequenti tempore imperium Asiaticum ab Assyriis, qui id obtinuerant
annis MLXX, translatum est ad Medos, abhinc annos ferme DCCCLXX. [2]
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Quippe Sardanapalum eorum regem mollitiis fluentem et nimium felicem,
malo suo, tertio et loco ab Nino et Semiramide, qui Babylona condiderant,
natum, ita ut semper successor regni paterni foret filius, Arbaces Medus
imperiovitaque privavit. [3] Ea aetate, clarissimus Grai nominis Lycurgus
Lacedaemonius, vir generis regii, fuit severissimarum iustissimarumque
legum auctor et disciplinae convenientissimae viris, cuius quam diu Sparta
diligens fuit, excelsissime floruit. [4] Hoc tractutemporum, ante annos
quinque et sexaginta quam urbs Romana conderetur, ab Elissa Tyria, quam
quidam Dido autumant, Carthago conditur. [5] Circa quod Caranus, vir
generis regii, sextus decimus ab Hercule, profectus Argis regnum
Macedoniae occupavit; a quo Magnus Alexander cum fuerit septimus
decimus, iure materni generis Achille auctore, paterni Hercule gloriatus est.
[6] [Aemilius Sura de annis populi Romani: Assyrii principes omnium
gentium rerum potiti sunt, deinde Medi, postea Persae, deinde Macedones;
exinde duobus regibus Philippo et Antiocho, qui a Macedonibus oriundi
erant, haud multo post Carthaginem subactam devictis, summa imperii ad
populum Romanum pervenit. Inter hoc tempus et initium regis Nini
Assyriorum, qui princeps rerum potitus, intersunt anni MDCCCCXCV.]
Caput VII
[1] Huius temporis aequalis Hesiodus fuit, circa CXX annos distinctus ab
Homeri aetate,vir perelegantis ingenii et mollissima dulcedine carminum
memorabilis, otii quietisque cupidissimus, ut tempore tanto viro, ita operis
auctoritate proximus. Qui vitavit ne in id quod Homerus incideret,
patriamque et parentes testatus est, sed patriam, quia multatus ab ea erat,
contumeliosissime.
[2] Dum in externis moror, incidi in rem domesticam maximique erroris et
multum discrepantem auctorum opinionibus: nam quidam huius temporis
tractu aiunt a Tuscis Capuam Nolamque conditam ante annos fere
DCCCXXX. [3] Quibus equidem adsenserim: sed M. Cato quantum differt!
qui dicat Capuam ab eisdem Tuscis conditam ac subinde Nolam; stetisse
autem Capuam, antequam a Romanis caperetur, annis circiter CCLX. [4]
Quod si ita est, cum sint a Capua capta anni CCXL, ut condita est, anni sunt
fere D. Ego, pace diligentiae Catonis dixerim, vix crediderim tam mature
tantam urbem crevisse, floruisse, concidisse, resurrexisse.
Caput VIII
[1] Clarissimum deinde omnium ludicrum certamen et ad excitandam
corporis animique virtutem efficacissimum, Olympiorum initium habuit,
auctorem Iphitum Elium. Is eos ludos mercatumque instituit ante annos
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quam tu, M. Vinici, consulatum inires,sacrum eodem loco instituisse fertur
abhinc annos ferme MCCL Atreus, cum Pelopi patri funebres ludos faceret:
quo quidem in ludicro omnisque generis certaminum Hercules victor
extitit.
[3] Tum Athenis perpetui archontes esse desierunt, cum fuisset ultimus
Alcmaeon, coeperuntque in denos annos creari: quae consuetudo in annos
LXX mansit ac deinde annuis commissa est magistratibus res publica. Ex iis
qui denis annis praefuerunt, primus fuit Charops, ultimus Eryxias, ex
annuis primus Creon.
[4] Sexta Olympiade, post duo et viginti annos quam prima constituta
fuerat, Romulus, Martis filius, ultus iniurias avi, Romam urbem Parilibus in
Palatio condidit. A quo tempore ad vos consules anni sunt DCCLXXXI; id
actum post Troiam captam annis CCCCXXXVII. [5] Id gessit Romulus adiutus
legionibus Latini, avi sui; libenter enim his, qui ita prodiderunt,
accesserim, cum aliter firmare urbem novam tam vicinis Veientibus
aliisque Etruscis ac Sabinis cum imbelli et pastorali manu vix potuerit,
quamquam eam asylo facto inter duos lucos auxit. [6] Hic centum homines
electos appellatosque patres instar habuit consilii publici. Hanc originem
nomen patriciorum habet. Raptus virginum Sabinarum ***
*** Nec minus clarus ea tempestate fuit Miltiadis filius Cimon ***
[hic magna pars libri perdita est]
[1] *** quam timuerat hostis, expetit. Nam biennio adeo varia fortuna cum
consulibus conflixerat, ut plerumque superior fuerit magnamque partem
Graeciae in societatem suam perduceret. [2] Quin Rhodii quoque,
fidelissimi antea Romanis, tum dubia fide, speculati fortunam, proniores
regis partibus fuisse visi sunt; et rex Eumenes in eo bello medius fuit animo
neque fratris initiis neque suae respondit consuetudini. [3] Tum senatus
populusque Romanus L. Aemilium Paulum, qui et praetor et consul
triumphaverat, virum in tantum laudandum in quantum intellegi virtus
potest, consulem creavit, filium eius Pauli qui, ad Cannas, quam
tergiversanter perniciosam rei publicae pugnam inierat, tam fortiter in ea
mortem obierat. [4] Is Persam ingenti proelio, apud urbem nomine
Pydnam, in Macedonia, fusum fugatumque castris exuit, deletisque eius
copiis, destitutum omni spe, coegit e Macedonia profugere, quam ille
linquens in insulam Samothraciam profugit templique se religioni
supplicem credidit. [5] Ad eum Cn. Octavius praetor, qui classi praeerat,
pervenit et ratione magis quam vi persuasit ut se Romanorum fidei
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committeret. Ita Paulus maximum nobilissimumque regem in triumpho
duxit. Quo anno et Octavii praetoris navalis et Anicii regem Illyriorum
Gentium ante currum agentis triumphi fuere celebres. [6] Quam sit adsidua
eminentis fortunae comes invidia altissimisque adhaereat, etiam hoc colligi
potest quod, cum Anicii Octaviique triumphum nemo interpellaret, fuere
qui Pauli impedire obniterentur. Cuius tantum priores excessit vel
magnitudine regis Persei vel specie simulacrorum vel modo pecuniae ut bis
miliens centiens sestertium aerario
is et omnium ante actorum
comparationem amplitudine vicerit.
Caput IX (X)
[1] Per idem tempus, cum Antiochus Epiphanes, qui Athenis Olympieum
inchoavit, tum rex Syriae, Ptolemaeum puerum Alexandriae obsideret,
missus est ad eum legatus M. Popilius Laenas qui iuberet incepto desistere.
[2] Mandataque exposuit et regem deliberaturum se dicentem circumscripsit virgula iussitque prius responsum reddere quam egrederetur finito
harenae circulo. Sic cogitationem regiam Romana disiecit constantia
oboeditumque imperio. [3] Lucio autem Paulo, magnae victoriae compoti,
quattuor filii fuere; ex iis duos natu maiores, unum P. Scipioni, P. Africani
filio, nihil ex paterna maiestate praeter speciem nominis vigoremque
eloquentiae retinenti, in adoptionem dederat, alterum Fabio Maximo. Duos
minores natu praetextatos, quo tempore victoriam adeptus est, habuit. [4]
Is, cum in contione extra urbem more maiorum ante triumphi diem
ordinem actorum suorum commemoraret, deos immortales precatus est ut,
si quis invideret operibus ac fortunae suae, in ipsum potius saeviret quam
in rem publicam. [5] Quae vox, veluti oraculo emissa, magna parte eum
spoliavit sanguinis sui. Nam alterum ex suis quos in familia retinuerat,
liberis, ante paucos triumphi, alterum post pauciores amisit dies. [6] Aspera
circa haec tempora censura Fulvii Flacci et Postumii Albini fuit: quippe
Fulvii censoris frater, et quidem consors, Cn. Fulvius senatu motus est ab iis
censoribus.
Caput X (XI)
[1] Post victum captumque Persen, qui quadriennio post in libera custodia
Albae decessit, Pseudophilippus, a Mendacio simulatae originis appellatus,
qui se Philippum regiaeque stirpis ferebat, cum esset ultimae, armis
occupata Macedonia, adsumptis regni insignibus, brevi temeritatis poenas
dedit. [2] Quippe Q. Metellus praetor, cui ex virtute Macedonici nomen
inditum erat, praeclara victoria ipsum gentemque superavit et immani
etiam Achaeos rebellare incipientes fudit acie. [3] Hic est Metellus
Macedonicus qui porticus, quae fuerunt circumdataeduabus aedibus sine
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inscriptione positis, quae nunc Octaviae porticibus ambiuntur, fecerat,
quique hanc turmam statuarum equestrium quae frontem aedium spectant,
hodieque maximum ornamentum eius loci, ex Macedonia detulit. [4]
Cuius turmae hanc causam referunt Magnum Alexandrum impetrasse a
Lysippo, singulari talium auctore operum, eorum equitum, qui ex ipsius
turma Granicum flumen ceciderant, expressa similitudine figurarum
faceret statuas et ipsius quoque iis interponeret. [5] Hic idem primus
omnium Romae aedem ex marmore in iis ipsis monumentis molitus vel
magnificentiae vel luxuriae princeps fuit. [6] Vix ullius gentis, aetatis,
ordinis, hominem inveneris cuius felicitatem fortunae Metelli compares.
Nam, praeter excellentes triumphos honoresque amplissimos et principale
in re publica fastigium extentumque vitae spatium et acres innocentesque
pro re publica cum inimicis contentiones, quattuor filios sustulit, omnes
adultae aetatis vidit, omnes reliquit superstites et honoratissimos. [7]
Mortui eius lectum pro rostris sustulerunt quattuor filii, unus consularis et
censorius, alter consularis, tertius consul, quartus candidatus consulatus,
quem honorem adeptus est. Hoc est nimirum magis feliciter de vita
migrare quam mori.
Caput XI (XII)
[1] Universa deinde, ut praediximus, instincta in bellum Achaia, cuius pars
magna, eiusdem Metelli Macedonici virtute armisque fracta erat, maxime
Corinthiis in arma cum gravibus etiam in Romanos contumeliis
instigantibus, destinatus ei bello gerendo consul Mummius. [2] Et sub idem
tempus, magis quia volebant Romani, quidquid de Carthaginiensibus
diceretur, credere, quam quia credenda adferebantur, statuit Carthaginem
excidere. [3] Ita eodem tempore, P. Scipio Aemilianus, vir avitis P. Africani
paternisque L. Pauli virtutibus simillimus, omnibus belli ac togae dotibus
ingeniique ac studiorum eminentissimus saeculi sui, qui nihil in vita nisi
laudandum aut fecit aut dixit ac sensit, quem Paulo genitum, adoptatum a
Scipione Africani filio diximus, aedilitatem petens consul creatus est. [4]
Bellum Carthagini iam ante biennium a prioribus consulibus illatum
maiore vi intulit – cum ante in Hispania murali corona, in Africa
obsidionali donatus esset, in Hispania vero etiam ex provocatione, ipse
modicus virium, immanis magnitudinis hostem interemisset – [5] eamque
urbem magis invidia imperii quam ullius eius temporis noxiae invisam
Romano nomini funditus sustulit fecitque suae virtutis monimentum quod
fuerat avi eius clementiae. Carthago diruta est, cum stetisset annis DCLXVI,
abhinc annos CLXXVII, Cn. Cornelio Lentulo L. Mummio consulibus. [6]
Hunc finem habuit Romani imperii Carthago aemula, cum qua bellare
maiores nostri coepere, Claudio et Fulvio consulibus, ante annos CCXCVI
quam tu, M. Vinici, consulatum inires. Ita per annos CXV aut bellum inter
eos populos aut belli praeparatio aut infida pax fuit. [7] Neque se Roma,
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iam terrarum orbi superato, securam speravit fore, si nomen usquam
stantis maneret Carthaginis: adeo odium certaminibus ortum ultra metum
durat et ne in victis quidem deponitur neque ante invisum esse desinit
quam esse desiit.
Caput XII (XIII)
[1] Ante triennium quam Carthago deleretur, M. Cato, perpetuus diruendae
eius auctor, L. Censorino M’. Manilio consulibus, mortem obiit. Eodem
anno quo Carthago concidit, L. Mummius Corinthum post annos DCCCCLII
quam ab Alete, Hippotis filio, erat condita, funditus eruit. [2] Uterque
imperator devictae a se gentis nomine honoratus, alter Africanus, alter
appellatus est Achaicus; nec quisquam ex novis hominibus prior Mummio
cognomen virtute partum vindicavit. [3] Diversi imperatoribus mores,
diversa fuere studia: quippe Scipio tam elegans liberalium studiorum
omnisque doctrinae et auctor et admirator fuit, ut Polybium Panaetiumque, praecellentes ingenio viros, domi militiaeque secum habuerit.
Neque enim quisquam hoc Scipione elegantius intervalla negotiorum otio
dispunxit semperque aut belli aut pacis serviit artibus: semper inter arma ac
studia versatus, aut corpus periculis aut animum disciplinis exercuit. [4]
Mummius tam rudis fuit ut, capta Corintho, cum maximorum artificum
perfectas manibus tabulas ac statuas in Italiam portandas locaret, iuberet
praedici conducentibus, si eas perdidissent, novas eos reddituros. [5] Non
tamen puto dubites, Vinici, quin magis pro re publica fuerit manere adhuc
rudem Corinthiorum intellectum quam in tantum ea intellegi, et quin hac
prudentia illa imprudentia decori publico fuerit convenientior.
Caput XIII (XIV)
[1] Cum facilius cuiusque rei in unum contracta species quam divisa
temporibus oculis animisque inhaereat, statui priorem huius voluminis
posterioremque partem non inutili rerum notitia in artum contracta
distinguere atque huic loco inserere quae quoque tempore post Romam a
Gallis captam deducta sit colonia iussu senatus; nam militarium et causae
et auctores et ipsarum praefulgent nomina. Huic rei per idem tempus
civitates propagatas auctumque Romanum nomen communione iuris haud
intempestive subtexturi videmur. [2] Post septem annos quam Galli urbem
ceperant, Sutrium deducta colonia est et, post annum, Setia, novemque
interiectis annis, Nepe, deinde, interpositis duobus et triginta, Aricini in
civitatem recepti. [3] Abhinc annos autem CCCL, Sp. Postumio Veturio
Calvino consulibus, Campanis data est civitas partique Samnitium sine
suffragio; et eodem anno Cales deducta colonia. Interiecto deinde triennio,
Fundani et Formiani in civitatem recepti, eo ipso anno quo Alexandria
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condita est; [4] insequentibusque consulibus, a Sp. Postumio Philone
Publilio censoribus Acerranis data civitas. Et, post triennium, Tarracina
deducta colonia interpositoque quadriennio, Luceria, ac deinde, interiecto
triennio, Suessa Aurunca et Saticula, Interamnaque post biennium. [5]
Decem deinde hoc munere anni vacaverunt: tunc Sora atque Alba deductae
coloniae et Carseoli post biennium. [6] At quintum Fabio Quinto, Decio
Mure quartum consulibus, quo anno Pyrrhus regnare coepit, Sinuessam
Minturnasque missi coloni, post quadriennium Venusiam; interiectoque
biennio, M’. Curio et Rufino Cornelio consulibus, Sabinis sine suffragio
data civitas: id actum ante annos CCCXX. [7] At Cosam et Paestum abhinc
annos ferme trecentos, Fabio Dorsone et Claudio Canina consulibus,
interiecto quinquennio, Sempronio Sopho et Appio, Caeci filio, consulibus,
Ariminum <et> Beneventum coloni missi et suffragii ferendi ius Sabinis
datum. [8] At initio primi belli Punici, Firmum et Castrum colonis occupata
et, post annum, Aesernia postque XVII annos, Aefulum et Alsium
Fregenaeque [anno] post biennium proximoque anno, Torquato
Sempronioque consulibus, Brundisium et, post triennium, Spoletium, quo
anno Floralium ludorum factum est initium. Postque biennium ducta
Valentia et, sub adventum in Italiam Hannibalis, Cremona atque Placentia.
Caput XIV (XV)
[1] Deinde, neque dum Hannibal in Italia moratur, neque proximis post
excessum eius annis, vacavit Romanis colonias condere, cum esset in bello
conquirendus potius miles quam dimittendus et, post bellum, vires
refovendae magis quam spargendae. [2] Cn. autem Manlio Volsone et
Fulvio Nobiliore consulibus, Bononia deducta colonia, abhinc annos ferme
CCXVII et, post quadriennium, Pisaurum ac Potentia, interiectoque triennio,
Aquileia et Gravisca, et, post quadriennium, Luca. [3] Eodem temporum
tractu, quamquam apud quosdam ambigitur, Puteolos Salernumque et
Buxentum missi coloni, Auximum autem in Picenum, abhinc annos ferme
CLXXXVII, ante triennium quam Cassius censor, a Lupercali in Palatium
versus, theatrum facereinstituit; cui inde moliendo eximia civitatis severitas
et consul Caepio restitere, quod ego inter clarissima publicae voluntatis
argumenta numeraverim. [4] Cassio autem Longino et Sextio Calvino, qui
Sallues apud Aquas, quae ab eo Sextiae appellantur, devicit, consulibus,
Fabrateria deducta est abhinc annos ferme CLVII; et, post annum, Scolacium
Minervia, Tarentum Neptunia, Carthagoque in Africa, prima, ut
praediximus, extra Italiam colonia condita est. [5] De Dertona ambigitur,
Narbo autem Martius in Gallia, Porcio Marcioque consulibus, abhinc annos
circiter CLIII, deducta colonia est. Post tres et viginti annos, in Bagiennis
Eporedia, Mario sextum Valerioque Flacco consulibus. Neque facile
memoriae mandaverim quae, nisi militaris, post hoc tempus deducta sit.
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Caput XV (XVI)
[1] Cum haec particula operis velut formam propositi excesserit,
quamquam intellego mihi in hac tam praecipiti festinatione quae me,
rotaepronive gurgitis ac verticis modo, nusquam patitur consistere, paene
magis necessaria praetereunda quam supervacua amplectenda, nequeo
tamen temperare mihi quin rem saepe agitatam animo meo neque ad
liquidum ratione perductam signem stilo. [2] Quis enim abunde mirari
potest, quod eminentissima cuiusque professionis ingenia in eandem
formam et in idem artati temporis congruere spatium et, quemadmodum
clausa capso alioque saepto diversi generis animalia, nihilominus, separata
alienis, in unum quaeque corpus congregantur, ita cuiusque clari operis
capacia ingeniasimilitudinem et temporum et profectuum semet ipsa ab
aliis separaverunt? [3] Una neque multorum annorum spatio divisa aetas
per divini spiritus viros, Aeschylum, Sophoclen, Euripiden, illustravit
tragoediam; una priscam illam et veterem sub Cratino Aristophaneque et
Eupolide comoediam; ac novam [comicam] Menander aequalesque eius
aetatis magis quam operis Philemo ac Diphilus et invenere intra paucissimos annos neque imitandam reliquere. [4] Philosophorum quoque
ingenia, Socratico oredefluentia, omnium quos paulo ante enumeravimus,
quanto post Platonis Aristotelisque mortem floruere spatio? [5] Quid ante
Isocratem, quid post eius auditores eorumque discipulos clarum in
oratoribus fuit? Adeo quidem artatum angustiis temporum ut nemo
memoria dignus alter ab altero videri nequiverint.
Caput XVI (XVII)
[1] Neque hoc in Graecis quam in Romanis evenit magis. Nam, nisi aspera
ac rudia repetas et inventi laudanda nomine, in Accio circaque eum
Romana tragoedia est; dulcesque Latini leporis facetiae per Caecilium
Terentiumque et Afranium subpari aetate nituerunt. [2] Historicos etiam,
utLivium quoque priorum aetati adstruas, praeter Catonem et quosdam
veteres et obscuros minus LXXX annis circumdatum aevum tulit, ut nec
poetarum in antiquius citeriusve processit ubertas. [3] At oratio ac vis
forensis perfectumque prosae eloquentiae decus, ut idem separetur Cato –
pace P. Crassi Scipionisque et Laelii et Gracchorum et Fannii et Servii
Galbae dixerim – ita universa sub principe operis sui erupit Tullio ut
delectari ante eum paucissimis, mirari vero neminem possis, nisi aut ab illo
visum aut qui illum viderit. [4] Hoc idem evenisse grammaticis, plastis,
pictoribus, scalptoribus quisquis temporum institerit notis, reperiet,
eminentiam cuiusque operis artissimis temporum claustris circumdatam.
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[5] Huius ergo recedentis in quodque saeculum ingeniorum similitudinis
congregantisque se et in studium par et in emolumentum causas cum
semper requiro, numquam reperio quas esse veras confidam, sed fortasse
veri similes, inter quas has maxime. [6] Alit aemulatio ingenia, et nunc
invidia, nunc admiratio accendit, naturaque quod summo studio petitum
est ascendit in summum difficilisque in perfecto mora est, naturaliterque
quod procedere non potest, recedit. [7] Et, ut primo ad consequendos quos
priores ducimus accendimur, ita ubi aut praeteriri aut aequari eos posse
desperavimus, studium cum spe senescit et, quod adsequi non potest, sequi
desinit et, velut occupatam relinquens materiam, quaerit novam,
praeteritoque eo in quo eminere non possumus, aliquid in quo nitamur
conquirimus, sequiturque ut frequens ac mobilis transitus maximum
perfecti operis impedimentum sit.
Caput XVII (XVIII)
[1] Transit admiratio ab condicione temporum et ad urbium. Una urbs
Attica pluribus annis eloquentia quam universa Graecia operibusque
floruit, adeo ut corpora gentis illius separata sint in alias civitates, ingenia
vero solis Atheniensium muris clausa existimes. [2] Neque hoc ego magis
miratus sim quam neminem Argivum, Thebanum, Lacedaemonium
oratorem aut, dum vixit auctoritate, aut, post mortem, memoria dignum
existimatum. [3] Quae urbes [et in Italia] talium studiorum fuere steriles,
nisi Thebas unum os Pindari illuminaret: nam Alcmana Lacones falso sibi
vindicant.
Liber II
Caput I
[1] Potentiae Romanorum prior Scipio viam aperuerat, luxuriae posterior
aperuit: quippe remoto Carthaginis metu sublataque imperii aemula, non
gradu, sed praecipiti cursu a virtute descitum, ad vitia transcursum; vetus
disciplina deserta, nova inducta; in somnum a vigiliis, ab armis ad
voluptates, a negotiis in otium conversa civitas. [2] Tum Scipio Nasica in
Capitolioporticus, tum, quas praediximus, Metellus, tum in circo Cn.
Octavius multo amoenissimam moliti sunt, publicamque magnificentiam
secuta privata luxuria est.
[3] Triste deinde et contumeliosum bellum in Hispania, duce latronum
Viriatho, secutum est: quod ita varia fortuna gestum est ut saepius
Romanorum gereretur adversa. Sed, interempto Viriatho, fraude magis
quam virtute Servilii Caepionis, Numantinum gravius exarsit. [4] Haec urbs
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numquam plura quam X milia propriae iuventutis armavit, sed, ferocia
ingenii, vel inscitia nostrorum ducum, vel fortunae indulgentia, cum alios
duces, tum Pompeium, magni nominis virum, ad turpissima deduxit
foedera – hic primus e Pompeis consul fuit – nec minus turpia ac
detestabilia Mancinum Hostilium consulem. [5] Sed Pompeium gratia
impunitum habuit, Mancinum verecundia – quippe non recusando –
perduxit huc, ut per fetiales nudus ac post tergum religatis manibus
dederetur hostibus. Quem illi recipere se negaverunt, sicut quondam
Caudini fecerunt, dicentes publicam violationem fidei non debere unius
lui sanguine.
Caput II
[1] Immanem deditio Mancini civitatis movit dissensionem. Quippe Ti.
Gracchus, Ti. Gracchi clarissimi atque eminentissimi viri filius, P. Africani
ex filia nepos, quo quaestore et auctore id foedus ictum erat, [2] nunc
graviter ferens aliquid a se factum infirmari, nunc similis vel iudicii vel
poenae metuens discrimen, tribunus pl. creatus, vir alioqui vita
innocentissimus, ingenio florentissimus, proposito sanctissimus, tantis
denique adornatus virtutibus, quantas perfecta et natura et industria
mortalis condicio recipit, P. Mucio Scaevola L. Calpurnio consulibus,
abhinc annos CLXII, descivit a bonis, pollicitusque toti Italiae civitatem,
simul etiam promulgatis agrariis legibus, [3] omnibus statum
concupiscentibus, summa imis miscuit et in praeruptum atque anceps
periculum adduxit rem publicam. Octavioque collegae pro bono publico
stanti imperium abrogavit, triumviros agris dividendis coloniisque
deducendis creavit se socerumque suum, consularem Appium, et Gaium
fratrem admodum iuvenem.
Caput III
[1] Tum P. Scipio Nasica, eius qui optimus vir a senatu iudicatus erat nepos,
eius qui censor porticus in Capitolio fecerat filius, pronepos autem Cn.
Scipionis, celeberrimi viri P. Africani patrui, is privatusque et togatus, cum
esset consobrinus Ti. Gracchi, patriam cognationi praeferens et quidquid
publice salutare non esset, privatim alienum existimans – ob eas virtutes
primus omnium absens pontifex maximus factus est – circumdata laevo
brachio togae lacinia, ex superiore parte Capitolii summis gradibus
insistens, hortatus est, quisalvam vellent rem publicam, se sequerentur. [2]
Tum optimates, senatus atque equestris ordinis pars melior et maior, et
intacta perniciosis consiliis plebs inruere in Gracchum stantem in area cum
catervis suis et concientem paene totius Italiae frequentiam. Is fugiens
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decurrensque clivo Capitolino, fragmine subsellii ictus, vitam, quam
gloriosissime degere potuerat, immatura morte finivit.
[3] Hoc initium in urbe Roma civilis sanguinis gladiorumque impunitatis
fuit. Inde ius vi obrutum potentiorque habitus prior, discordiaeque civium,
antea condicionibus sanari solitae, ferro diiudicatae, bellaque non causis
inita, sed prout eorum merces [4] Quod haud mirum est: non enim ibi
consistunt exempla, unde coeperunt, sed quamlibet in tenuem recepta
tramitem latissime evagandi sibi viam faciunt, et, ubi semel recto
deerratum est, in praeceps pervenitur, nec quisquam sibi putat turpe, quod
alii fuit fructuosum.
Caput IV
[1] Interim, dum haec in Italia geruntur, Aristonicus, qui, mortuo rege
Attalo, a quo Asia populo Romano hereditati relicta erat, sicut relicta postea
est a Nicomede Bithynia, mentitus regiae stirpis originem, armis eam
occupaverat, is victus a M. Perpenna ductusque in triumpho, set a M’.
Aquilio, capite poenas dedit, cum initio belli Crassum Mucianum, virum
iuris scientissimum, decedentem ex Asia proconsulem interemisset. [2] Et
P. Scipio Africanus Aemilianus, qui Carthaginem deleverat, post tot
acceptas circa Numantiam clades creatus iterum consul missusque in
Hispaniam, fortunae virtutique expertae in Africa respondit in Hispania, et
intra annum ac tres menses, quam eo venerat, circumdatam operibus
Numantiam excisamque aequavit solo. [3] Nec quisquam ullius gentis
hominum ante eum clariore urbium excidio nomen suum perpetuae
commendavit memoriae: quippe, excisa Carthagine ac Numantia, ab
alterius nos metu, alterius vindicavit contumeliis. [4] Hic, eum interrogante
tribuno Carbone quid de Ti. Gracchi caede sentiret, respondit, si is
occupandae rei publicae animum habuisset, iure caesum. Et, cum omnis
contio acclamasset: ‘Hostium, inquit, armatorum totiens clamore non
territus, qui possum vestro moveri, quorum noverca est Italia?’ [5] Reversus
in Urbem intra breve tempus, M’. Aquilio C. Sempronio consulibus abhinc
annos CLX, post duos consulatus duosque triumphos et bis excisos terrores
rei publicae, mane in lectulo repertus est mortuus, ita ut quaedam elisarum
faucium in cervice reperirentur notae. [6] De tanti viri morte nulla habita
est quaestio eiusque corpus velato capite elatum est, cuius opera super
totum terrarum orbem Roma extulerat caput. Seu fatalem, ut plures, seu
conflatam insidiis, ut aliqui prodidere memoriae, mortem obiit, vitam certe
dignissimam egit, quae nullius ad id temporis praeterquam avito fulgore
vinceretur. [7] Decessit anno ferme LVI: de quo si quis ambiget, recurrat ad
priorem consulatum eius, in quem creatus est anno XXXVI: ita dubitare
desinet.
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Caput V
[1] Ante tempus excisae Numantiae, praeclara in Hispania militia D. Bruti
fuit, qui, penetratis omnibus Hispaniae gentibus, ingenti vi hominum
urbiumque potitus numero, aditis quae vix audita erant, Gallaeci
cognomen meruit. [2] Et ante eum paucis annis tam severum illius Q.
Macedonici in his gentibus imperium fuit ut, cum urbem, Contrebiam
nomine, in Hispania oppugnaret, pulsas praecipiti loco quinque cohortes
legionarias eodem protinus subire iuberet; [3] facientibusque omnibus in
procinctu testamenta, velut ad certam mortem eundum foret, non
deterritus proposito, perseverantia ducis, quem moriturum miserat,
militem victorem recepit: tantum effecit mixtus timori pudor spesque
desperatione quaesita. Hic virtute ac severitate facti, at Fabius Aemilianus
Pauli exemplo disciplinae in Hispania fuit clarissimus.
Caput VI
[1] Decem deinde interpositis annis, qui Ti. Gracchum, idem Gaium
fratrem eius occupavit furor, tam virtutibus eius omnibus quam huic errori
similem, ingenio etiam eloquentiaque longe praestantiorem. [2] Qui, cum
summa quiete animi civitatis princeps esse posset, vel vindicandae
fraternae mortis gratia, vel praemuniendae regalis potentiae, eiusdem
exempli ingressus, longe maiora et acriora repetens, dabat civitatem
omnibus Italicis, extendebat eam paene usque Alpes, [3] dividebat agros,
vetabat quemquam civem plus quingentis iugeribus habere, quod
aliquando lege Licinia cautum erat, nova constituebat portoria, novis
coloniis replebat provincias, iudicia a senatu transferebat ad equites,
frumentum plebi dari instituerat; nihil immotum, nihil tranquillum, nihil
quietum denique in eodem statu relinquebat; quin alterum etiam
continuavit tribunatum.
[4] Hunc L. Opimius consul, qui praetor Fregellas exciderat, persecutus
armis unaque Fulvium Flaccum, consularem ac triumphalem virum, aeque
prava cupientem, quem C. Gracchus in locum Tiberii fratris triumvirum
nominaverat, eum socium regalis adsumpserat potentiae, morte adficit. [5]
Id unum nefarie ab Opimio proditum, quod capitis non dicam Gracchi, sed
civis Romani pretium se daturum idque auro repensurum proposuit. [6]
Flaccus in Aventino armatus ad pugnam ciens cum filio maiore iugulatus
est; Gracchus profugiens, cum iam comprehenderetur ab iis quos Opimius
miserat, cervicem Euporo servopraebuit, qui non segnius se ipse interemit,
quam domino succurrerat. Quo die singularis Pomponii, equitis Romani, in
Gracchum fides fuit, qui, more Coclitis, sustentatis in ponte hostibus eius,
gladio se transfixit. [7] Ut Ti. Gracchi antea corpus, ita Gai, mira crudelitate
victorum, in Tiberim deiectum est.
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Caput VII
[1] Hunc Ti. Gracchi liberi, P. Scipionis Africani nepotes, viva adhuc matre
Cornelia, Africani filia, viri optimis ingeniis male usi vitae mortisque
habuere exitum: qui, si civilem dignitatis concupissent modum, quidquid
tumultuando adipisci gestierunt, quietis obtulisset res publica. [2] Huic
atrocitati adiectum scelus unicum. Quippe iuvenis specie excellens necdum
duodevicesimum
transgressus
annum
immunisque
delictorum
paternorum, Fulvii Flacci filius, quem pater legatum de condicionibus
miserat, ab Opimio interemptus est. Quem cum haruspex Tuscus amicus
flentem in vincula duci vidisset, ‘Quin tu hoc potius, inquit, facis?’
protinusque illiso capite in postem lapideum ianuae carceris effusoque
cerebro expiravit. [3] Crudelesque mox quaestiones in amicos clientesque
Gracchorum habitae sunt. Sed Opimium, virum alioqui sanctum et
gravem, damnatum postea iudicio publico, memoria ipsius saevitiae, nulla
civilis persecuta est misericordia. [4] Eadem Rupilium Popiliumque, qui
consules asperrime in Tiberii Gracchi amicos saevierant, posteaiudiciorum
publicorum merito oppressit invidia. Rei tantae parum ad notitiam
pertinens interponatur. [5] Hic est Opimius, a quo consule celeberrimum
Opimiani vini nomen; quod iam nullum esse spatio annorum colligi
potest, cum ab eo sint ad te, M. Vinici, consulem anni CLI. [6] Factum
Opimii, quod inimicitiarum quaesita est ultio, minor secuta auctoritas, et
visa ultio privato odio magis quam publicae vindictae data.
[7] In legibus Gracchi inter perniciosissima numerarim, quod extra Italiam
colonias posuit. Id maiores, cum tanto potentiorem Tyro Carthaginem,
Massiliam Phocaea, Syracusas Corintho, Cyzicum ac Byzantium Mileto,
genitali solo, diligenter vitaverant et cives Romanos ad censendum ex
provinciis in Italiam revocaverant. [8] Prima autem extra Italiam colonia
Carthago condita est. Subinde Porcio Marcioque consulibus deducta
colonia Narbo Martius.
Caput VIII
[1] Mandetur deinde memoriae severitas iudiciorum. Quippe C. Cato
consularis, M. Catonis nepos, Africani sororis filius, repetundarum ex
Macedonia damnatus est, cum lis eius <HS.> quattuor milibus aestimaretur:
adeo illi viri magis voluntatem peccandi intuebantur quam modum,
factaque ad consilium dirigebant et quid, non in quantum admissum foret,
aestimabant. [2] Circa eadem tempora, duo Metelli fratres uno die
triumphaverunt. Non minus clarum exemplum et adhuc unicum Fulvii
Flacci, eius qui Capuam ceperat, filiorum, sed alterius in adoptionem dati,
in collegio consulatus fuit; adoptivus in Acidini Manlii familiam datus.
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Nam censura Metellorum patruelium, non germanorum fratrum fuit, quod
solis contigerat Scipionibus.
[3] Cimbri et Teutoni transcendere Rhenum, multis mox nostris suisque
cladibus nobiles. Per eadem tempora clarus eius Minucii, qui porticus, quae
hodieque celebres sunt, molitus est, ex Scordiscis triumphus fuit.
Caput IX
[1] Eodem tractu temporum nituerunt oratores Scipio Aemilianus
Laeliusque, Ser. Galba, duo Gracchi, C. Fannius, Carbo Papirius; nec
praetereundus Metellus Numidicus et Scaurus et ante omnes L. Crassus et
M. Antonius; [2] quorum aetati ingeniisque successere C. Caesar Strabo, P.
Sulpicius; nam Q. Mucius iuris scientia quam proprie eloquentiae nomine
celebrior fuit.
[3] Clara etiam per idem aevi spatium fuere ingenia, in togatis Afranii, in
tragoediis Pacuvii atque Acii, usque in Graecorum ingeniorum
comparationem evecti magnumque inter hos ipsos facientis operi suo
locum, adeo quidem ut in illis limae, in hoc paene plus videatur fuisse
sanguinis. [4] Celebre et Lucilii nomen fuit, qui sub P. Africano Numantino
bello eques militaverat. Quo quidem tempore iuvenes adhuc Iugurtha ac
Marius sub eodem Africano militantes in iisdem castris didicere, quae
postea in contrariis facerent.
[5] Historiarum auctor iam tum Sisenna erat iuvenis, sed opus belli civilis
Sullanique post aliquot annos ab eo seniore editum est. [6] Vetustior
Sisenna fuit Caelius, aequalis Sisennae Rutilius Claudiusque Quadrigarius
et Valerius Antias. Sane non ignoremus eadem aetate fuisse Pomponium
sensibus celebrem, verbis rudem et novitate inventi a se operis
commendabilem.
Caput X
[1] Prosequamur nota severitatem censorum Cassii Longini Caepionisque,
qui abhinc annos †† Lepidum Aemilium augurem, quod sex milibus <HS.>
aedes conduxisset, adesse iusserunt. At nunc si quis tanti habitet, vix ut
senator agnoscitur: adeo natura a rectis in vitia, a vitiis in prava, a pravis in
praecipitia pervenitur. [2] Eodem tractu temporum et Domitii ex Arvernis
et Fabii ex Allobrogibus victoria fuit nobilis; Fabio, Pauli nepoti, ex victoria
cognomen Allobrogico inditum. Notetur Domitiae familiae peculiaris
quaedam et ut clarissima, ita artata numero felicitas. VII ante hunc
nobilissimae simplicitatis iuvenem, Cn. Domitium, fuere, singuli omnino
parentibus geniti, sed omnes ad consulatum sacerdotiaque, ad triumphi
autem paene omnes pervenerunt insignia.
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Caput XI
[1] Bellum deinde Iugurthinum gestum est per Q. Metellum, nulli
secundum saeculi sui. Huius legatus fuit C. Marius, quem praediximus,
natus equestri loco, hirtus atque horridus vitaque sanctus, quantum bello
optimus, tantum pace pessimus; immodicus gloriae, insatiabilis, impotens
semperque inquietus. [2] Hic per publicanos aliosque in Africa negotiantes
criminatus Metelli lentitudinem, trahentis iam in tertium annum bellum,
et naturalem nobilitatis superbiam morandique in imperiis cupiditatem
effecit ut, cum commeatu petito Romam venisset, consul crearetur bellique
paene patrati a Metello, qui bis Iugurtham acie fuderat, summa
committeretur sibi. Metelli tamen et triumphus fuit clarissimus et meritum
<eius fidei> virtutique cognomen Numidici inditum. [3] Ut paulo ante
Domitiae familiae, ita Caeciliae notanda claritudo est. Quippe intra XII
ferme annos huius temporis consules fuere Metelli aut censores aut
triumpharunt amplius duodecies ut appareat, quemadmodum urbium
imperiorumque, ita gentium nunc florere fortunam, nunc senescere, nunc
interire.
Caput XII
[1] At C. Marius L. Sullam iam tunc ut praecaventibus fatis copulatum sibi
quaestorem habuit et per eum missum ad regem Bocchum Iugurtha rege
abhinc annos ferme CXXXVIII potitus est; designatusque iterum consul in
urbem reversus, secundi consulatus initio Kal. Ianuariis eum in triumpho
duxit. [2] Effusa, ut praediximus, immanis vis Germanarum gentium
quibus nomen Cimbris ac Teutonis erat, cum Caepionem Manliumque
consules et ante Carbonem Silanumque fudissent fugassentque in Galliis et
exuissent exercitu, Scaurumque Aurelium consularem et alios celeberrimi
nominis viros trucidassent, populus Romanus non alium repellendis tantis
hostibus magis idoneum imperatorem quam Marium est ratus. [3] Tum
multiplicati consulatus eius. Tertius in apparatu belli consumptus; quo
anno Cn. Domitius tribunus pl. legem tulit ut sacerdotes, quos antea
collegae sufficiebant, populus crearet. [4] Quarto trans Alpes circa Aquas
Sextias cum Teutonis conflixit, amplius CL milia hostium priore ac postero
die ab eo trucidati gensque excisaTeutonum. [5] Quinto citra Alpes in
campis, quibus nomen erat Raudiis, ipse consul et proconsul Q. Lutatius
Catulus fortunatissimo decertavere proelio; caesa aut capta amplius C milia
hominum. Hac victoria videtur meruisse Marius ne eius nati rem publicam
paeniteret ac mala bonis repensasse. [6] Sextus consulatus veluti praemium
ei meritorum datus. Non tamen huius consulatus fraudetur gloria, quo
Servilii Glauciae Saturninique Apulei furorem continuatis honoribus rem
publicam lacerantium et gladiis quoque et caede comitia discutientium,
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consul armis compescuit hominesque exitiabiles in Hostilia curia morte
multavit.
Caput XIII
[1] Deinde interiectis paucis annis tribunatum iniit M. Livius Drusus, vir
nobilissimus, eloquentissimus, sanctissimus, meliore in omnia ingenio
animoque quam fortuna usus. [2] Qui cum senatui priscum restituere
cuperet decus et iudicia ab equitibus ad eum transferre ordinem – quippe
eam potestatem nacti equites Gracchanis legibus cum in multos clarissimos
atque innocentissimos viros saevissent, tum P. Rutilium, virum non saeculi
sui, sed omnis aevi optimum, interrogatum lege repetundarum maximo
cum gemitu civitatis damnaverant – in iis ipsis quae pro senatu moliebatur,
senatum habuit adversarium, non intellegentem, si qua de plebis
commodis ab eo agerentur, veluti inescandae illiciendaeque multitudinis
causa fieri ut minoribus perceptis maiora permitteret. [3] Denique ea
fortuna Drusi fuit ut malefacta collegarum eius quam optime ab ipso
cogitata senatus probaret magis et honorem qui ab eo deferebatur
sperneret, iniurias quae ab aliis intendebantur aequo animo reciperet et
huius summae gloriae invideret, illorum modicam ferret.
Caput XIV
[1] Tum conversus Drusi animus, quando bene incepta male cedebant, ad
dandam civitatemItaliae. Quod cum moliens revertisset e foro, immensa
illa et incondita, quae eum semper comitabatur, cinctus multitudine, in
atrio domus suae cultello percussus, qui adfixus lateri eius relictus est, intra
paucas horas decessit. [2] Sed cum ultimum redderet spiritum, intuens
circumstantium maerentiumque frequentiam, effudit vocem convenientissimam conscientiae suae: ‘Ecquandone, inquit, propinqui amicique,
similem mei civem habebit res publica?’ [3] Hunc finem clarissimus
iuvenis vitae habuit; cuius morum minime omittatur argumentum. Cum
aedificaret domum in Palatio, in eo loco ubi est quae quondam Ciceronis,
mox Censorini fuit, nunc Statilii Sisennae est, promitteretque ei architectus
ita se eam aedificaturum ut libera a conspectu immunisque ab omnibus
arbitris esset neque quisquam in eam despicere posset ‘tu vero, inquit, si
quid in te artis est, ita compone domum meam ut, quidquid agam, ab
omnibus perspici possit.’
Caput XV
[1] Mors Drusi iam pridem tumescens bellum excitavit Italicum; quippe L.
Caesare et P. Rutilio consulibus, abhinc annos CXX, universa Italia, cum id
malum ab Asculanis ortum esset – quippe Servilium praetorem
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Fonteiumque legatum occiderant – ac deinde a Marsis exceptum in omnes
penetrasset regiones, arma adversus Romanos cepit. [2] Quorum ut fortuna
atrox, ita causa fuit iustissima. Petebant enim eam civitatem cuius
imperium armis ‘per omnes annos atque omnia bella duplicinumero se
militum equitumque fungi neque in eius civitatis ius recipi, quae per eos in
id ipsum pervenisset fastigium per quod homines eiusdem et gentis et
sanguinis ut externos alienosque fastidire posset.’ [3] Id bellum amplius
CCC milia iuventutis Italicae abstulit. Clarissimi autem imperatores fuerunt
Romani eo bello Cn. Pompeius, Cn. Pompei Magni pater, C. Marius, de quo
praediximus, L. Sulla anno ante praetura functus, Q. Metellus, Numidici
filius, qui meritum cognomen Pii consecutus erat; [4] quippe expulsum
civitate a L. Saturnino tribuno pl., quod solus in leges eius iurare noluerat,
pietate sua, auctoritate senatus, consensu rei publicae restituit patrem. Nec
triumphis honoribusque quam aut causa exilii aut exilio aut reditu clarior
fuit Numidicus.
Caput XVI
[1] Italicorum autem fuerunt celeberrimi duces Silo Popaedius, Herius
Asinius, Insteius Cato, C. Pontidius, Telesinus Pontius, Marius Egnatius,
Papius Mutilus. [2] Neque ego verecundia domestici sanguinis gloriae
quidquam, dum verum refero, subtraham. Quippe multum Minati Magii,
atavi mei, Aeculanensis, tribuendum est memoriae; qui, nepos Decii Magii,
Campanorum principis,celeberrimi et fidelissimi viri, tantam hoc bello
Romanis fidem praestitit ut, cum legione quam ipse in Hirpinis conscripserat, Herculaneum simul cum T. Didio caperet, Pompeios cum L.
Sulla oppugnaret Compsamque occuparet; [3] cuius de virtutibus cum alii,
tum maxime dilucide Q. Hortensius in annalibus suis rettulit. Cuius illi
pietati plenam populus Romanus gratiam rettulit ipsum viritim civitate
donando, duos filios eius creando praetores, cum seni adhuc crearentur.
[4] Tam varia atque atrox fortuna Italici belli fuit ut per biennium continuo
duo Romani consules, Rutilius ac deinde Cato Porcius, ab hostibus
occiderentur, exercitus populi Romani multis in locis funderentur, utque
ad saga iretur diuque in eo habitu maneretur. Caput imperii sui Corfinium
legerant quod appellarent Italicam. Paulatim deinde recipiendo in
civitatem qui arma aut non ceperant aut deposuerant maturius vires
refectae sunt, Pompeio Sullaque et Mario fluentem procumbentemque rem
populi Romani restituentibus.
Caput XVII
[1] Finito ex maxima parte, nisi quae Nolani belli manebant reliquiae,
Italico bello, quo quidem Romani victis adflictisque ipsi exarmati quam
integri universis civitatem dare maluerunt, consulatum inierunt Q.
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Pompeius et L. CorneliusSulla, vir qui neque ad finem victoriae satis laudari
neque post victoriam abunde vituperari potest. [2] Hic natus familia nobili,
sextus a Cornelio Rufino qui bello Pyrrhi inter celeberrimos fuerat duces,
cum familiae eius claritudo intermissa esset, diu ita se gessit ut nullam
petendi consulatum cogitationem habere videretur: [3] deinde post
praeturam illustratus bello Italico et ante in Gallia legatione sub Mario, qua
eminentissimos duces hostium fuderat, ex successu animum sumpsit
petensque consulatum paene omnium civium suffragiis factus est; sed eum
honorem undequinquagesimo aetatis suae anno adsecutus est.
Caput XVIII
[1] Per ea tempora Mithridates, Ponticus rex, vir neque silendus neque
dicendus sine cura, bello acerrimus, virtute eximius,aliquando fortuna,
semper animo maximus, consiliis dux, miles manu, odio in Romanos
Hannibal, occupata Asia necatisque in ea omnibus civibus Romanis [2]
quos quidem eadem die atque hora redditis civitatibus litteris ingenti cum
pollicitatione praemiorum interimi iusserat, [3] quo tempore neque
fortitudine adversus Mithridatem neque fide in Romanos quisquam
Rhodiis par fuit – horum fidem Mytilenaeorum perfidia illuminavit qui M’.
Aquilium aliosque Mithridati vinctos tradiderunt quibus libertas in unius
Theophanis gratiam postea a Pompeio restituta est – cum terribilis Italiae
quoque videretur imminere, sorte obvenit Sullae Asia provincia.
[4] Is egressus urbe cum circa Nolam moraretur – quippe ea urbs
pertinacissime arma retinebat exercituque Romano obsidebatur, velut
paeniteret eius fidei quam omnium sanctissimam bello praestiterat Punico
– [5] P. Sulpicius, tribunus plebis, disertus, acer, opibus, gratia, amicitiis,
vigore ingenii atque animi celeberrimus, cum antearectissima voluntate
apud populum maximam quaesisset dignitatem, quasi pigeret eum
virtutum suarum et bene consulta ei male cederent, [6] subito pravus et
praeceps <se> C. Mario post LXX. annum omnia imperia et omnes
provincias concupiscenti addixit legemque ad populum tulit, qua Sullae
imperium abrogaretur, C. Mario bellum decerneretur Mithridaticum,
aliasque leges perniciosas et exitiabiles neque tolerandas liberae civitati
tulit. Quin etiam Q. Pompei consulis filium eundemque Sullae generum
per emissarios factionis suae interfecit.
Caput XIX
[1] Tum Sulla, contracto exercitu, ad urbem rediit eamque armis occupavit,
XII auctores novarum pessimarumque rerum, inter quos Marium cum filio
et P. Sulpicio, urbe exturbavit lege lata, exules fecit. Sulpicium etiam
adsecuti equites in Laurentinis paludibus iugulavere caputque eius erectum
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et ostentatum pro rostris velut omen imminentis proscriptionis fuit. [2]
Marius, post sextum consulatum annumque LXX, nudus ac limo obrutus,
oculis tantummodo ac naribus eminentibus, extractus arundineto circa
paludem Maricae in quam se fugiens consectantes Sullae equites abdiderat,
iniecto in collum loro, in carcerem Minturnensium iussu duumviri
perductus est. [3] Ad quem interficiendum missus cum gladio servus
publicus, natione Germanus, qui forte ab imperatore eo bello Cimbrico
captus erat, ut agnovit Marium, magno eiulatu expromente indignationem
casus tanti viri, abiecto gladio, profugit e carcere. [4] Tum cives, ab hoste
misereri paulo ante principis viri docti, instructum eum viatico collataque
veste in navem imposuerunt. At ille adsecutus circa Aenariam filium
cursum in Africam direxit inopemque vitam in tugurio ruinarum
Carthaginiensium toleravit, cum Marius aspiciens Carthaginem, illa
intuens Marium, alter alteri possent esse solacio.
Caput XX
[1] Hoc primum anno sanguine consulis Romani militis imbutae manus
sunt; quippePompeius, collega Sullae, ab exercitu Cn. Pompei proconsulis
seditione, sed quam dux creaverat, interfectus est. [2] Non erat Mario
Sulpicioque Cinna temperatior. Itaque, cum ita civitas Italiae data esset ut
in octo tribus contribuerentur novi cives, ne potentia eorum et multitudo
veterum civium dignitatem frangeret plusque possent recepti in
beneficium quam auctores beneficii, Cinna in omnibus tribubus eos se
distributurum pollicitus est: [3] quo nomine ingentem totius Italiae
frequentiam in urbem acciverat. E qua pulsus collegae optimatiumque
viribus, cum in Campaniam tenderet, ex auctoritate senatus consulatus ei
abrogatus est suffectusque in eius locum L. Cornelius Merula, flamen
Dialis. Haec iniuria homine quam exemplo dignior fuit. [4] Tum Cinna,
corruptis primo centurionibus ac tribunis, mox etiam spe largitionis
militibus, ab eo exercitu qui circa Nolam erat receptus est. Is, cum
universus in verba eius iurasset, retinens insignia consulatus patriae bellum
intulit, fretus ingenti numero novorum civium, e quorum delectu CCC
amplius cohortes conscripserat ac triginta legionum instar impleverat. [5]
Opus erat partibus auctoritate, gratia, cuius augendae C. Marium cum filio
de exilio revocavit quique cum iis pulsi erant.
Caput XXI
[1] Dum bellum autem infert patriae Cinna, Cn. Pompeius, Magni pater,
cuius praeclara opera bello Marsico praecipue circa Picenum agrum, ut
praescripsimus, usa erat res publica quique Asculum ceperat, circa quam
urbem, cum in multis aliis regionibus exercitus dispersi forent, quinque et
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LXX milia civium Romanorum, amplius LX milia Italicorum una die
conflixerant, [2] frustratus spe continuandi consulatus, ita se dubium
mediumque partibus praestitit ut omnia ex proprio usu ageret
temporibusque insidiari videretur et huc atque illuc, unde spes maior
adfuisset potentiae, se exercitumque deflecteret. [3] Sed ad ultimum magno
atrocique proelio cum Cinna conflixit: cuius commissi patratique sub ipsis
moenibus focisque urbis Romanae, pugnantibus spectantibusque quam
fuerit eventus exitiabilis, vix verbis exprimi potest. [4] Post hoc, cum
utrumque exercitum velut parum bello exhaustum laceraret pestilentia, Cn.
Pompeius decessit. Cuius interitus voluptas amissorum aut gladio aut
morbo civium paene damno repensata est populusque Romanus, quam
vivo iracundiam debuerat, in corpus mortui contulit. [5] Seu duae seu tres
Pompeiorum fuere familiae, primus eius nominis ante annos fere CLXXII Q.
Pompeius cum Cn. Servilio consul fuit. [6] Cinna et Marius haud incruentis
utrimque certaminibus editis urbem occupaverunt, sed prior ingressus
Cinna de recipiendo Mario legem tulit.
Caput XXII
[1] Mox C. Marius pestifero civibussuis reditu intravit moenia. Nihil illa
victoria fuisset crudelius nisi mox Sullana esset secuta; [2] neque licentia
gladiorum in mediocres saevitum, sed excelsissimi quoque atque
eminentissimi civitatis viri variis suppliciorum generibus adfecti. In iis
consul Octavius, vir lenissimi animi, iussu Cinnae interfectus est. Merula
autem, qui se sub adventum Cinnae consulatu abdicaverat, incisis venis
superfusoque altaribus sanguine, quos saepe pro salute rei publicae flamen
Dialis precatus erat deos, eos in execrationem Cinnae partiumque eius tum
precatus optime de re publica meritum spiritum reddidit. [3] M. Antonius,
princeps civitatis atque eloquentiae, gladiis militum, quos ipsos facundia
sua moratus erat, iussu Mari Cinnaeque confossus est. [4] Q. Catulus, et
aliarum virtutum et belli Cimbrici gloria quae illi cum Mario communis
fuerat celeberrimus, cum ad mortem conquireretur, conclusit se loco nuper
calce harenaque perpolito, illatoque igni qui vim odoris excitaret, simul
exitiali hausto spiritu, simul incluso suo, mortem magis voto quam arbitrio
inimicorum obiit.
[5] Omnia erant praecipitia in re publica, nec tamen adhuc quisquam
inveniebatur qui bona civis Romani aut donare auderet aut petere
sustineret. Postea id quoque accessit ut saevitiae causam avaritia praeberet
et modus culpae ex pecuniae modo constitueretur et, qui fuisset locuples,
fieret is nocens, sui quisque periculi merces foret, nec quidquam videretur
turpe, quod esset quaestuosum.
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Caput XXIII
[1] Secundum deinde consulatum Cinna et septimum Marius in priorum
dedecus iniit, cuius initio morbo oppressus decessit, vir in bello hostibus,
in otio civibus infestissimus quietisque impatientissimus. [2] In huius
locum suffectus Valerius Flaccus, turpissimae legis auctor qua creditoribus
quadrantem solvi iusserat, cuius facti merita eum poena intra biennium
consecuta est. [3] Dominante in Italia Cinna, maior pars nobilitatis ad
Sullam in Achaiam deinde post in Asiam perfugit. Sulla interim cum
Mithridatis praefectis circa Athenas Boeotiamque et Macedoniam ita
dimicavit ut et Athenas reciperet et plurimo circa multiplices Piraei portus
munitiones labore expleto amplius CC milia hostium interficeret nec
minus multa caperet. [4] Si quis hoc rebellandi tempus, quo Athenae
oppugnatae a Sulla sunt, imputat Atheniensibus, nimirum veri vetustatisque ignarus est: adeo enim certa Atheniensium in Romanos fides fuit
ut semper et in omni re, quidquid sincera fide gereretur, id Romani Attica
fieri praedicarent. [5] Ceterum tum, oppressi Mithridatis armis,homines
miserrimae condicionis, cum ab inimicis tenerentur, oppugnabantur ab
amicis et animos extra moenia, corpora necessitatiservientes intra muros
habebant. [6] Transgressus deinde in Asiam, Sulla parentem ad omnia
supplicemque Mithridatem invenit, quem multatum pecunia ac parte
navium Asia omnibusque aliis provinciis, quas armis occupaverat, decedere
coegit, captivos recepit, in perfugas noxiosque animadvertit, paternis, id est
Ponticis, finibus esse contentum iussit.
Caput XXIV
[1] C. Flavius Fimbria, qui praefectus equitum ante adventum Sullae
Valerium Flaccum consularem virum interfecerat, exercituque occupato
imperator appellatus forte Mithridatem pepulerat proelio, sub adventu
Sullae se ipse interemit, adulescens quae pessime ausus erat fortiter
executus. [2] Eodem anno, P. Laenas, tribunus plebis, Sex. Lucilium qui in
priore anno tribunus pl. fuerat saxo Tarpeio deiecit et, cum collegae eius,
quibus diem dixerat, metu ad Sullam profugissent, aqua ignique iis
interdixit.
[3] Tum Sulla, compositis transmarinis rebus, cum ad eum primum
omnium Romanorum legati Parthorum venissent et in iis quidam magi ex
corporis respondissent caelestem eius vitam et memoriam futuram,
revectus in Italiam haud plura quam XXX armatorum milia adversum CC
amplius hostium exposuit Brundusii. [4] Vix quidquam in Sullae operibus
clarius duxerim quam quod, cum per triennium Cinnanae Marianaeque
partes Italiam obsiderent, neque illaturum se bellum iis dissimulavit nec
quod erat in manibus omisit, existimavitque ante frangendum hostem
quam ulciscendum civem, repulsoque externo metu, ubi quod alienum
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esset vicisset, superaret quod erat domesticum. [5] Ante adventum L. Sullae,
Cinna, seditione orta, ab exercitu interemptus est, vir dignior qui arbitrio
victorum moreretur quam iracundia militum. De quo vere dici potest
ausum eum quae nemo auderet bonus, perfecisse quae a nullo nisi
fortissimo perfici possent et fuisse eum in consultando temerarium, in
exequendo virum. Carbo, nullo suffecto collega, solus toto anno consul
fuit.
Caput XXV
[1] Putares Sullam venisse in Italiam non belli vindicem, sed pacis
auctorem: tanta cum quiete exercitum per Calabriam Apuliamque cum
singulari cura frugum, agrorum, hominum, urbium perduxit in
Campaniam temptavitque iustis legibus et aequis condicionibus bellum
componere; sed iis quibus et pessima et immodica cupiditas erat non
poterat pax placere. [2] Crescebat interim in dies Sullae exercitus
confluentibus ad eum optimo quoque et sanissimo. Felici deinde circa
Capuam eventu Scipionem Norbanumque consules superat: quorum
Norbanus acie victus, Scipio ab exercitu suo desertus ac proditus inviolatus
a Sulla dimissus est. [3] Adeo enim Sulla dissimilis fuit bellator ac victor ut,
dum vincit, [ac] iustissimo lenior, post victoriam audito fuerit crudelior.
Nam ut consulem, ut praediximus, exarmatum Quintumque Sertorium –
pro quanti mox belli facem! – et multos alios, potitus eorum, dimisit
incolumes, credo ut in eodem homine duplicis ac diversissimi animi
conspiceretur exemplum. [4] Post victoriam, qua ad [emendes] montem
Tifata cum C. Norbano concurrerat, Sulla gratis Dianae, cuius numini regio
illa sacrata est, solvit; aquas salubritate medendisque corporibus nobiles
agrosque omnes addixit deae. Huius gratae religionis memoriam et
inscriptio templi adfixa posti hodieque <et> tabula testatur aerea intra
aedem.
Caput XXVI
[1] Deinde consules Carbo tertium et C. Marius, septiens consulis filius,
annos natus XXVI, vir animi magis quam aevi paterni, multa fortiterque
molitus neque usquam inferior nominis titulis. Apud Sacriportum pulsus a
Sulla acie Praeneste quod ante natura munitum praesidiis firmaverat, se
exercitumque contulit.
[2] Ne quid usquam malis publicis deesset, in qua civitate semper virtutibus
certatum erat, certabatur sceleribus, optimusque sibi videbatur qui fuerat
pessimus. Quippe, dum ad Sacriportum dimicatur, Damasippus praetor
Domitium, Scaevolam etiam, pontificem maximum et divini humanique
iuris auctorem celeberrimum, et C. Carbonem praetorium, consulis
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fratrem, et Antistium aedilicium velut faventis Sullae partibus in curia
Hostilia trucidavit. [3] Non perdat nobilissimi facti gloriam Calpurnia,
Bestiae filia, uxor Antistii, quae iugulato, ut praediximus, viro, gladio se
ipsa transfixit. Quantum huius gloriae famaeque accessit! Nunc virtute
eminet, patria <fama> latet.
Caput XXVII
[1] At Pontius Telesinus, dux Samnitium, vir animi bellique fortissimus
penitusque Romano nomini infestissimus, contractis circiter XL milibus
fortissimae pertinacissimaeque in retinendis armis iuventutis, Carbone ac
Mario consulibus, abhinc annos CXI, Kal. Novembribus ita ad portam
Collinam cum Sulla dimicavit ut ad summum discrimen et eum et rem
publicam perduceret, [2] quae non maius periculum adiit, Hannibalis intra
tertium miliarium castra conspicata, quam eo die quo circumvolans
ordines exercitus sui Telesinus dictitansque adesse Romanis ultimum diem
vociferabatur eruendam delendamque urbem, adiiciens numquam
defuturos raptores Italicae libertatis lupos, nisi silva, in quam refugere
solerent, esset excisa. [3] Post primam demum horam noctis et Romana
acies respiravit et hostium cessit. Telesinus postera die semianimis repertus
est, victoris magis quam morientis vultum praeferens, cuius abscisum caput
ferri gestarique circa Praeneste Sulla iussit.
[4] Tum demum, desperatis rebus suis, C. Marius adulescens per cuniculos
qui miro opere fabricati in diversas agrorum partes fuerunt conatus
erumpere, cum foramine e terra emersisset, a dispositis in id ipsum
interemptus est. [5] Sunt qui sua manu, sunt qui concurrentem mutuis
ictibus cum minore fratre Telesini una obsesso et erumpente occubuisse
Utcumque cecidit, hodieque tanta patris imagine non obscuratur eius
memoria. De quo iuvene quid existimaverit Sulla in promptu est; occiso
enim demumeo, Felicis nomen adsumpsit, quod quidem usurpasset
iustissime, si eundem et vincendi et vivendi finem habuisset.
[6] Oppugnationi autem Praenestis ac Marii praefuerat Ofella Lucretius qui,
cum ante Marianarum fuisset partium praetor, ad Sullam transfugerat.
Felicitatem diei, quo Samnitium Telesinique pulsus est exercitus, Sulla
perpetua ludorum circensium honoravit memoria qui sub eius nomine
Sullanae Victoriae celebrantur.
Caput XXVIII
[1] Paulo ante quam Sulla ad Sacriportum dimicaret, magnificis proeliis
partium eius viri hostium exercitum fuderant, duo Servilii apud Clusium,
Metellus Pius apud Faventiam, M. Lucullus circa Fidentiam. [2] Videbantur
finita belli civilis mala, cum Sullae crudelitate aucta sunt. Quippe dictator
creatus – cuius honoris usurpatio per annos CXX intermissa; nam proximus
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post annum quam Hannibal Italia excesserat uti appareat populum
Romanum usum dictatoris haut metu desiderasse alio quo timuisset
potestatem – imperio, <quo> priores ad vindicandam maximis periculis
rempublicam olim usi erant, eo <in> immodicae crudelitatis licentiam usus
est. [3] Primus ille, et utinam ultimus, exemplum proscriptionis invenit ut,
in qua civitate petulantis convicii iudicium † ex alto † in ea iugulati civis
Romani publice constitueretur auctoramentum, plurimumque haberet qui
plurimos interemisset, neque occisi hostis quam civis uberius foret
praemium fieretque merces mortis suae. [4] Nec tantum in eos qui contra
arma tulerant, sed in multos insontes saevitum. Adiectum etiam ut bona
proscriptorum venirent exclusique paternis opibus liberi etiam
petendorum honorum iure prohiberentur simulque, quod indignissimum
est, senatorum filii et onera ordinis sustinerent et iura perderent.
Caput XXIX
[1] Sub adventum in Italiam L. Sullae Cn. Pompeius, eius Cn. Pompei filius
quem magnificentissimas res in consulatu gessisse bello Marsico
praediximus, XXIII annos natus, abhinc annos CXIII, privatis ut opibus, ita
consiliis magna ausus magnificeque conata
ad vindicandam
restituendamque dignitatem patriae Firmum ex agro Piceno, qui totus
paternis eius clientelis refertus erat, contraxit exercitum. [2] Cuius viri
magnitudo multorum voluminum instar exigit, sed operis modus paucis
eum narrari iubet.
Fuit hic genitus matre Lucilia, stirpis senatoriae, forma excellens, non ea
qua flos commendatur aetatis, sed ea dignitate constantiaque <quae> in
illam conveniens amplitudinem fortunamque eius ad ultimum vitae
comitata est diem; [3] innocentia eximius, sanctitate praecipuus,
eloquentia medius; potentiae, quae honoris causa ad eum deferretur, non
vi ab eo occuparetur, cupidissimus, dux bello peritissimus, civis in toga,
nisiubi vereretur ne quem haberet parem, modestissimus; amicitiarum
tenax, in offensis exorabilis, in reconcilianda gratia fidelissimus, in
accipienda satisfactione facillimus; potentia sua numquam aut raro ad
impotentiam usus, [4] paene omnium vitiorum expers, nisi numeraretur
inter maxima in civitate libera dominaque gentium indignari, cum omnes
cives iure haberet pares, quemquam aequalem dignitate conspicere. [5] Hic
a toga virili adsuetus commilitio prudentissimi ducis, parentis sui, bonum
et capax recta discendi ingenium singulari rerum militarium prudentia
excoluerat ita ut a Sertorio Metellus laudaretur magis, Pompeius timeretur
validius ***
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Caput XXX
[1] Tum M. Perpenna praetorius, e proscriptis, gentis clarioris quam animi,
Sertorium inter cenam Oscae interemit Romanisque certam victoriam,
partibus suis excidium, sibi turpissimam mortem pessimo auctoravit
facinore. [2] Metellus et Pompeius ex Hispaniis triumphaverunt; sed
Pompeius, hoc quoque triumpho adhuc eques Romanus, ante diem quam
consulatum iniret, curru urbem invectus est. [3] Quem virum quis non
miretur per tot extraordinaria imperia in summum fastigium evectum
iniquo tulisse animo, C. Caesaris <absentis> in altero consulatu petendo
senatum populumque Romanum rationem habere: adeo familiare est
hominibus omnia sibi ignoscere, nihil aliis remittere, et invidiam rerum
non ad causam, sed ad voluntatem personasque dirigere. [4] Hoc consulatu
Pompeius tribuniciam potestatem restituit, cuius Sulla imaginem sine re
reliquerat.
[5] Dum bellum in Hispania geritur, LXIIII fugitivi e ludo gladiatorio Capua
profugientes duce Spartaco, raptis ex ea urbe gladiis, primo Vesuvium
montem petiere, mox in dies crescente multitudine gravibus variisque
casibus adfecere Italiam. [6] Quorum numerus in tantum adulevit ut, qua
ultimo dimicavere acie, nonaginta milia hominum se Romano exercitui
opposuerint. Huius patrati gloria penes M. Crassum fuit, mox rei publicae
omnium <consensu> principem.
Caput XXXI
[1] Converterat Cn. Pompei persona totum in se terrarum orbem et per
omnia maior cive habebatur. Qui, cum consul perquam laudabiliter
iurasset se in nullam provinciam ex eo magistratu iturum idque servasset,
[2] post biennium A. Gabinius tribunus legem tulit ut, cum belli more, non
latrociniorum, orbem classibus iam, non furtivis expeditionibus piratae
terrerent quasdamque etiam Italiae urbes diripuissent, Cn. Pompeius ad eos
mitteretur essetque ei imperium aequum in omnibus provinciis cum
proconsulibus usque ad quinquagesimum miliarium a mari. [3] Quo
senatus consulto paene totius terrarum orbis imperium uni viro
deferebatur; sed tamen idem hoc ante †† in M. Antonii praetura decretum
erat. [4] Sed interdum persona ut exemplo nocet, ita invidiam auget aut
levat. In Antonio homines aequo animo passi erant; raro enim invidetur
eorum honoribus quorum vis non timetur: contra in iis homines
extraordinaria reformidant qui ea suo arbitrio aut deposituri aut retenturi
videntur et modum in voluntate habent. Dissuadebant optimates, sed
consilia impetu victa sunt.
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Caput XXXII
[1] Digna est memoria Q. Catuli cum auctoritas tum Qui, cum dissuadens
legem in contione dixisset esse quidem praeclarum virum Cn. Pompeium,
sed nimium iam liberae rei publicae neque omnia in uno reponenda
adiecissetque: ‘Siquid huic acciderit, quem in eius locum substituitis?’,
succlamavit universa contio: ‘Te, Q. Catule.’ Tum ille victus consensu
omnium et tam honorifico civitatis testimonio e contione discessit. [2] Hic
hominis verecundiam, populi iustitiam mirari libet, huius, quod non ultra
contendit, plebis, quod dissuadentem et adversarium voluntatis suae vero
testimonio fraudare noluit.
[3] Per idem tempus, Cotta iudicandi munus, quod C. Gracchus ereptum
senatui ad equites, Sulla ab illis ad senatum transtulerant, aequaliter in
utrumque ordinem partitus est; Otho Roscius lege sua equitibus in theatro
loca restituit. [4] At Cn. Pompeius, multis et praeclaris viris in id bellum
adsumptis discriptoque paene in omnes recessus maris praesidio navium,
brevi inexsuperabili manu terrarum orbem liberavit praedonesque per
multa ac multis locis victos circa Ciliciam classe adgressus fudit ac fugavit;
[5] et quo maturius bellum tam late diffusum conficeret, reliquias eorum
contractas in urbibus remotoque mari loco in certa sede constituit. [6] Sunt
qui hoc carpant, sed quamquam in auctore satis rationis est, tamen ratio
quemlibet magnum auctorem faceret; data enim facultate sine rapto
vivendi, rapinis arcuit.
Caput XXXIII
[1] Cum esset in fine bellum piraticum [cum] et L. Lucullus, qui ante
septem annos ex consulatu sortitus Asiam Mithridati oppositus erat
magnasque et memorabiles res ibi gesserat, Mithridatem saepe multis locis
fuderat, egregia Cyzicum liberarat victoria, Tigranem, regum maximum, in
Armenia vicerat ultimamque bello manum paene magis noluerat imponere
quam non potuerat, qui alioqui per omnia laudabilis et bello paene
invictus pecuniae pellebatur cupidine, idem bellum adhuc administraret,
Manilius tribunus pl., semper venalis et alienae minister potentiae, legem
tulit ut bellum Mithridaticum per Cn. Pompeium administraretur. [2]
Accepta ea magnisque certatum inter imperatores iurgiis, cum Pompeius
Lucullo infamiam pecuniae, Lucullus Pompeio interminatam cupiditatem
obiiceret imperii neuterque ab eo quo arguebatur mentitus argui posset. [3]
Nam neque Pompeius, ut primum ad rem publicam aggressus est,
quemquam animo parem tulit et, in quibus rebus primus esse debebat,
solus esse cupiebat – neque eo viro quisquam aut alia omnia minus aut
gloriam magis concupiit, in appetendis honoribus immodicus, in gerendis
verecundissimus, ut qui eos ut libentissime iniret, ita finiret aequo animo
et, quod cupisset, arbitrio suo sumeret, alieno deponeret – [4] et Lucullus,
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summus alioqui vir, profusae huius in aedificiis convictibusque et
apparatibus luxuriae primus auctor fuit, quem ob iniectas moles mari et
receptum suffossis montibus in terras mare haud infacete Magnus
Pompeius Xerxen togatum vocare adsueverat.
Caput XXXIV
[1] Per id tempus, a Q. Metello Creta insula in populi Romani potestatem
redacta est quae, ducibus Panare et Lasthene XXIIII milibus iuvenum
coactis, velocitate pernicibus, armorum laborumque patientissimis,
sagittarum usu celeberrimis, per triennium Romanos exercitus fatigaverat.
[2] <Ne> ab huius quidem usura gloriae temperavit animum Cn. Pompeius
quin victoriae partem conaretur vindicare. Sed et Luculli et Metelli
triumphum, cum ipsorum singularis virtus, tum etiam invidia Pompei
apud optimum quemque fecit favorabilem.
[3] Per haec tempora, M. Cicero, qui omnia incrementa sua sibi debuit, vir
novitatis nobilissimae et, ut vita clarus, ita ingenio maximus, qui effecit ne,
quorum viceramus, eorum ingenio vinceremur, consul Sergii Catilinae
Lentulique et Cethegi et aliorum utriusque ordinis virorum coniurationem
singulari virtute, constantia, vigilia aperuit. [4] Catilina metu consularis
imperii urbe pulsus est; Lentulus, consularis et praetor iterum,
Cethegusque et alii clari nominis viri, auctore senatu, iussu consulis, in
carcere necati sunt.
Caput XXXV
[1] Ille senatus dies quo haec acta sunt virtutem M. Catonis, iam multis in
rebus conspicuam atque praenitentem, in altissimo illuminavit. [2] Hic
genitus proavo M. Catone, principe illo familiae Porciae, homo virtuti
simillimus et per omnia ingenio diis quam hominibus propior, qui
numquam recte fecit ut facere videretur, sed quia aliter facere non potuerat,
cuique id solum visum est rationem habere quod haberet iustitiae,
omnibus humanis vitiis immunis semper fortunam in sua potestate habuit.
[3] Hic, tribunus pl. designatus et adhuc admodum adulescens, cum alii
suaderentut per municipia Lentulus coniuratique custodirentur, paene
inter ultimos interrogatus sententiam, tanta vi animi atque ingenii invectus
est in coniurationem, eo ardore oris orationem omnium lenitatem
suadentium societate consilii suspectam fecit, [4] sic impendentia ex ruinis
incendiisque urbis et commutatione status publici pericula exposuit, ita
consulis virtutem amplificavit ut universus senatus in eius sententiam
transiret animadvertendumque in eos, quos praediximus, censeret
maiorque pars eius Catonem prosequerentur domum. [5] At Catilina non
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segnius vita abiit quam sceleris conandi consilia inierat: quippe, fortissime
dimicans, quem spiritum supplicio debuerat, reddidit.
Caput XXXVI
[1] Consulatui Ciceronis non mediocre adiecit decus natus eo anno divus
Augustus, abhinc annos LXXXXII, omnibus omnium gentium viris
magnitudine sua inducturus caliginem. [2] Iam paene supervacaneum
videri potest eminentium ingeniorum notare tempora. Quis enim ignorat
diremptos gradibus aetatis floruisse hoc tempore Ciceronem, Hortensium,
anteque Crassum, Cottam, Sulpicium, moxque Brutum, Calidium,
Caelium, Calvum et proximum Ciceroni Caesarem, eorumque velut
alumnos, Corvinum ac Pollionem Asinum, aemulumque Thucydidis
Sallustium, auctoresque carminum Varronem ac Lucretium neque ullo in
suspecti operis sui carmine minorem Catullum? [3] Paene stulta est
inhaerentium oculis ingeniorum enumeratio, inter quae maxime nostri
aevi eminent princeps carminum Vergilius, Rabiriusque et consecutus
Sallustium Livius, Tibullusque et Naso, perfectissimi in forma operis sui;
nam vivorum ut magna admiratio, ita censura difficilis est.
Caput XXXVII
[1] Dum haec in urbe Italiaque geruntur, Cn. Pompeius memorabile
adversus Mithridaten, qui post Luculli profectionem magnas novi exercitus
vires reparaverat, bellum gessit. [2] At rex fusus fugatusque et omnibus
exutus copiis Armeniam Tigranemque socerum petiit, regem eius temporis,
nisi quia Luculli armis erat infractus, potentissimum. [3] Simul itaque duos
persecutus Pompeius intravit Armeniam. Prior filius Tigranis, sed discors
patri, pervenit ad Pompeium; [4] mox ipse supplex et praesens se
regnumque dicioni eius permisit, praefatus neminem alium neque
Romanum neque ullius gentis virum futurum fuisse cuius se societati
commissurus foret quam Cn. Pompeium; proinde omnem sibi vel
adversam vel secundam, cuius auctor ille esset, fortunam tolerabilem
futuram: non esse turpe ab eo vinci, quem vincere esset neque inhoneste
aliquem summitti huic, quem fortuna super omnes extulisset. [5] Servatus
honos imperii, sed multato ingenti pecunia quae omnis, sicuti Pompeio
moris erat, redacta in quaestoris potestatem ac publicis descripta litteris.
Syria aliaeque quas occupaverat provinciae ereptae et aliae restitutae
populo Romano, aliae tum primum in eius potestatem redactae, ut Syria,
quae tum primum facta est stipendiaria. Finis imperii regii terminatus
Armenia.
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Caput XXXVIII
[1] Haud absurdum videtur propositi operis regulae paucis percurrere quae
cuiusque ductu gens ac natio redacta in formulam provinciae stipendiaria
facta sit ut, quae partibus notavimus, facilius simul universa conspici
possint. [2] Primus in Siciliam traiecit exercitum consul Claudius et
provinciam eam post annos ferme LII, captis Syracusis, fecit Marcellus
Claudius. Primus Africam <intravit> Regulus, nono ferme anno primi
Punici belli; sed, post CVIIII annos, P. Scipio Aemilianus, eruta Carthagine
abhinc annos CLXXVII, Africam in formulam redegit provinciae. inter
primum et secundum bellum Punicum, ductu T. Manlii consulis, certum
recepit imperii iugum. [3] Immane bellicae civitatis argumentumquod
semel sub regibus, iterum hoc T. Manlio consule, tertio Augusto principe
certae pacis argumentum Ianus geminus clausus dedit. [4] In Hispanias
primi omnium duxere exercitus Cn. et P. Scipiones, initio secundi belli
Punici, abhinc annos CCL; inde varie possessa et saepe amissa partibus,
universa ductu Augusti facta stipendiaria est. [5] Macedoniam Paulus,
Mummius Fulvius Nobilior subegit Aetoliam, Asiam L. Scipio, Africani
frater, eripuit Antiocho, sed beneficio senatus populique Romani mox ab
Attalis possessam regibus M. Perpenna, capto Aristonico, fecit tributariam.
[6] Cypro devicta nullis adsignanda gloria est; quippe senatus consulto,
ministerio Catonis, regis morte quam ille conscientia acciverat facta
provincia est. Creta Metelli ductu longissimae libertatis fine multata est.
Syria Pontusque Cn. Pompei virtutis monumenta sunt.
Caput XXXIX
[1] Gallias primum Domitio Fabioque, nepote Pauli, qui Allobrogicus
vocatus est, intratas cum exercitu, magna mox clade nostra, saepe et
adfectavimus et amisimus. Sed fulgentissimum C. Caesaris opus in his
conspicitur; quippe eius ductu auspiciisque infractae paene idem quod
totus terrarum orbis ignavum conferunt stipendium. [2] Ab eodem facta
<***> Numidicus. Ciliciam perdomuit Isauricus et post bellum
Antiochinum Vulso Manlius Gallograeciam. Bithynia, ut praediximus,
testamento Nicomedis relicta hereditaria. Divus Augustus, praeter
Hispanias aliasque gentes, quarum titulis forum eius praenitet, paene idem
facta Aegypto stipendiaria, quantum pater eius Galliis, in aerarium reditus
contulit. [3] At Ti. Caesar, quam certam Hispanis parendi confessionem
extorserat, parem Illyriis Delmatisque extorsit. Raetiam autem et Vindelicos
ac Noricos Pannoniamque et Scordiscos novas imperio nostro subiunxit
provincias. Ut has armis, ita
Cappadociam populo Romano fecit
stipendiariam. Sed revertamur ad ordinem.
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Caput XL
[1] Secuta deinde Cn. Pompei militia, gloriae laborisne maioris incertum
est. Penetratae cum victoria Media, Albani, Hiberi; ac deinde flexum agmen
ad eas nationes quae dextra atque intima Ponti incolunt, Colchos
Heniochosque et Achaeos, et oppressus auspiciis Pompei, insidiis filii
Pharnacis Mithridates, ultimus omnium iuris sui regum praeter Parthicos.
[2] Tum victor omnium quas adierat gentium Pompeius, suoque et civium
voto maior et per omnia fortunam hominis egressus, revertitur in Italiam.
Cuius reditum favorabilem opinio fecerat. Quippe plerique non sine
exercitu venturum in urbem adfirmabant et libertati publicae staturum
arbitrio suo modum. [3] Quo magis hoc homines timuerant, eo gratior
civilis tanti imperatoris reditus fuit: omni quippe Brundusii dimisso
exercitu, nihil praeter nomen imperatoris retinens, cum privato comitatu
quem semper illi adstare moris fuit, in urbem rediit magnificentissimumque de tot regibusbiduum egit triumphum longeque maiorem
omni ante se illata pecunia in aerarium, praeterquam a Paulo, ex manubiis
intulit.
[4] Absente Cn. Pompeio, T. Ampius et T. Labienus, tribuni plebis, legem
tulerunt ut is ludis circensibus, corona aurea et omni cultu triumphantium
uteretur, scaenicis autem praetexta coronaque aurea. Id ille non plus quam
semel, et hoc sane nimium fuit, usurpare sustinuit. Huius viri fastigium
tantis auctibus fortuna extulit ut, primum ex Africa, iterum ex Europa,
tertio ex Asia triumpharet et, quot partes orbis terrarum sunt, totidem
faceret monumenta victoriae suae. [5] Numquam tamen eminentia invidia
carent. Itaque et Lucullus, memor acceptae iniuriae, et Metellus Creticus,
non iniuste querens – quippe ornamentum triumphi eius captivos duces
Pompeius subduxerat – et cum iis pars optimatium refragabatur ne aut
promissa civitatibus a Pompeio aut bene meritis praemia ad arbitrium eius
persolverentur.
Caput XLI
[1] Secutus deinde est consulatus C. Caesaris qui scribenti manum iniicit et
quamlibet festinantem in se morari cogit. Hic nobilissima Iuliorum genitus
familia et, quod inter omnes antiquissimos constabat, ab Anchise ac Venere
deducens genus, forma omnium civium excellentissimus, vigore animi
acerrimus, munificentia effusissimus, animo super humanam et naturam et
fidem evectus, magnitudine cogitationum, celeritate bellandi, patientia
periculorum Magno illi Alexandro, sed sobrio neque iracundo simillimus,
[2] qui denique semper et cibo et somno in vitam, non in voluptatem
uteretur, cum fuisset C. Mario sanguine coniunctissimus atque idem
Cinnae gener, cuius filiam ut repudiaret nullo metu compelli potuit, cum
M. Piso consularis Anniam, quae Cinnae uxor fuerat, in Sullae dimisisset
gratiam, habuissetque fere XVIII annos eo tempore quo Sulla rerum potitus
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est, magis ministris Sullae adiutoribusque partium quam ipso
conquirentibus eum ad necem, mutata veste dissimilemque fortunae suae
indutus habitum, nocte Urbe elapsus est. [3] Idem postea, admodum
iuvenis, cum a piratis captus esset, ita se per omne spatium quo ab his
retentus est apud eos gessit ut pariter his terrori venerationique esset,
neque umquam aut die aut nocte – cur enim quod vel maximum est, si
narrari verbis speciosis non potest, omittatur? – aut excalcearetur aut
discingeretur, in hoc scilicet ne, si quando aliquid ex solito variaret,
suspectus his qui oculis tantummodo eum custodiebant, foret.
Caput XLII
[1] Longumest narrare quid et quotiens ausus sit, quanto opere conata eius
qui obtinebat Asiam magistratus populi Romani metu suo destituerit: illud
referatur documentum tanti mox evasuri viri. [2] Quae nox eam diem
secuta est qua publica civitatium pecunia redemptus est, ita tamen ut
cogeret ante obsides a piratis civitatibus dari, contracta classe et privatus et
tumultuaria, invectus in eum locum in quo ipsi praedones erant, partem
classis fugavit, partem mersit, aliquot naves multosque mortales cepit; [3]
laetusque nocturnae expeditionis triumpho ad suos reversus est,
mandatisque custodiae quos ceperat, in Bithyniam perrexit ad
proconsulem Iuncum – idem enim Asiam eamque obtinebat – petens ut
auctor fieret sumendi de captivis supplicii: quod cum ille se facturum
negasset venditurumque captivos dixisset – quippe sequebatur invidia
inertiam – incredibili celeritate revectus ad mare priusquam de ea re ulli
proconsulis redderentur epistulae, omnes quos ceperat suffixit cruci.
Caput XLIII
[1] Idem mox ad sacerdotium ineundum – quippe absens pontifex factus
erat in Cottae consularis locum, <cum> paene puer a Mario Cinnaque
flamen Dialis creatus victoria Sullae, qui omnia ab iis acta fecerat irrita,
amisisset id sacerdotium – festinans in Italiam, ne conspiceretur a
praedonibus omnia tunc obtinentibus maria et merito iam infestis sibi,
quattuor scalmorum navem una cum duobus amicis decemque servis
ingressus, effusissimum Adriatici maris traiecit sinum. [2] Quo quidem in
cursu conspectis, ut putabat, piratarum navibus, cum exuisset vestem
alligassetque pugionem ad femur, alterutri se fortunae parans, mox
intellexit frustratum esse visum suum arborumque ex longinquo ordinem
antemnarum praebuisse imaginem.
[3] Reliqua eius acta in Urbe nobilissimaque Dolabellae accusatio et maior
civitatis in ea favor quam reis praestari solet, contentionesque civiles cum
Q. Catulo atque aliis eminentissimis viris celeberrimae et ante praeturam
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victus <in> maximi pontificatus petitione Q. Catulus, omnium confessione
senatus princeps, [4] et restituta in aedilitate, adversante quidem nobilitate,
monumenta C. Marii, simulque revocati ad ius dignitatis proscriptorum
liberi, et praetura quaesturaque mirabili virtute atque industria obita in
Hispania – cum esset quaestor sub Vetere Antistio, avo huius Veteris
consularis atque pontificis, duorum consularium et sacerdotum patris, viri
in tantum boni, in quantum humana simplicitas intellegi potest – quo
notiora sunt, minus egent stilo.
Caput XLIV
[1] Hoc igitur consule, inter eum et Cn. Pompeium et M. Crassum inita
potentiae societas, quae urbi orbique terrarum nec minus diverso quoque
tempore ipsis exitiabilis fuit. [2] Hoc consilium sequendi Pompeius causam
habuerat ut tandem acta in transmarinis provinciis, quibus, ut
praediximus, multi obtrectabant, per Caesarem confirmarentur consulem,
Caesar autem, quod animadvertebat se cedendo Pompei gloriae aucturum
suam et invidia communis potentiae in illum relegata confirmaturum vires
suas, Crassus, ut quem principatum solus adsequi non poterat, auctoritate
Pompei, viribus teneret Caesaris. [3] Adfinitas etiam inter Caesarem
Pompeiumque contracta nuptiis, quippe filiam C. Caesaris Cn. Magnus
duxit uxorem. [4] In hoc consulatu, Caesar legem tulit, ut ager Campanus
plebei divideretur, suasore legis Pompeio: ita circiter XX milia civium eo
deducta et ius urbis restitutum post annos circiter CLII quam bello Punico
ab Romanis Capua in formam praefecturae redacta erat. [5] Bibulus, collega
Caesaris, cum actiones eius magis vellet impedire quam posset, maioreparte
anni domi se tenuit: quo facto dum augere vult invidiam collegae, auxit
potentiam. Tum Caesari decretae in quinquennium Galliae.
Caput XLV
[1] Per idem tempus, P. Clodius, homo nobilis, disertus, audax, quique
dicendi neque faciendi ullum nisi quem vellet nosset modum, malorum
propositorum executor acerrimus, infamis sororis stupro et actus incesti
reus ob initum inter religiosissima populi Romani sacra adulterium, cum
graves inimicitias cum M. Cicerone exerceret – quid enim inter tam
dissimiles amicum esse poterat? – et a patribus ad plebem transisset, legem
in tribunatu tulit, qui civem Romanum indemnatum interemisset, ei aqua
et igni interdiceretur: cuius verbis etsi non nominabatur Cicero, tamen
solus petebatur. [2] Ita vir optime meritus de re publica conservatae patriae
pretium calamitatem exilii tulit. Non caruerunt suspicione oppressi
Ciceronis Caesar et Pompeius. Hoc sibi contraxisse videbatur Cicero, quod
inter XX viros dividendo agro Campano esse noluisset. [3] Idem intra
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biennium sera Cn. Pompei cura, verum, ut coepit, intenta votisque Italiae
ac decretis senatus, virtute atque actione Annii Milonis, tribuni pl.,
dignitati patriaeque restitutus est. Neque post Numidici exilium aut
reditum quisquam aut expulsus invidiosius aut receptus est laetius: cuius
domus quam infeste a Clodio disiecta erat, tam speciose a senatu restituta
est.
[4] Idem P. Clodius in tribunatu, sub honorificentissimo ministerii titulo,
M. Catonem a re publica relegavit: quippe legem tulit, ut is quaestor cum
iure praetorio, adiecto etiam quaestore, mitteretur in insulam Cyprum ad
spoliandum regno Ptolemaeum, omnibus morum vitiis eam contumeliam
meritum. [5] Sed ille, sub adventum Catonis, vitae suae vim intulit. Unde
pecuniam longe sperata maiorem Cato Romam retulit. Cuius integritatem
laudari nefas est, insolentia paene argui potest quod una cum consulibus ac
senatu effusa civitate obviam cum per subiret navibus, non ante is egressus
est quam ad eum locum pervenit ubi erat exponenda pecunia.
Caput XLVI
[1] Cum deinde immanes res, vix multis voluminibus explicandas, C.
Caesar in Gallia ageret nec contentus plurimis ac felicissimis victoriis,
innumerabilibusque caesis et captis hostium milibus etiam in Britanniam
traiecisset exercitum, alterum paene imperio nostro ac suo quaerens
orbem, vetus par consulum, Cn. Pompeius et M. Crassus, alterum iniere
consulatum, qui neque petitus honeste ab iis neque probabiliter gestus est.
[2] Caesari lege quam Pompeius ad populum tulit, in idem spatium
temporis provinciae, Crasso bellum Parthicum in animo molienti Syria
decreta: qui vir cetera sanctissimus immunisque voluptatibus neque in
pecunia neque in gloria concupiscenda aut modum norat aut capiebat
terminum. [3] Hunc proficiscentem in Syriam diris cum ominibus tribuni
plebis frustra retinere conati: quorum execrationes si in ipsum
tantummodo valuissent, utile imperatoris damnum salvo exercitu fuisset
rei publicae. [4] Transgressum Euphraten Crassum Seleuciam circumfusus
immanibus copiis equitum rex Orodes una cum parte maiore Romani
exercitus interemit. Reliquias legionum C. Cassius, atrocissimi mox auctor
facinoris, tum quaestor, conservavit Syriamque adeo in populi Romani
potestate retinuit ut transgressos in eam Parthos felici rerum eventu fugaret
ac funderet.
Caput XLVII
[1] Per haec insequentiaque et quae praediximus tempora, amplius CCCC
milia hostium a C. Caesare caesa sunt, plura capta; pugnatum saepe derecta
acie, saepe in agminibus, saepe eruptionibus, bis penetrata Britannia,
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novem denique aestatibus vix ulla non iustissimus triumphus emeritus.
Circa Alesiam vero tantae res gestae quantas audere vix hominis, perficere
paenenullius nisi dei fuerit. [2] †† ferme anno, Caesar morabatur in Galliis,
cum medium iam ex invidia potentiae cum illa aegre cohaerentis inter
Pompeium et C. Caesarem concordiae pignus Iulia, uxor Magni, decessit;
atque omnia inter destinatos tanto discrimini duces dirimente fortuna
filius quoque parvus Pompei, Iulia natus, intra breve spatium obiit. [3] Tum
in gladios caedesque civium furente ambitu cuius neque finis reperiebatur
nec modus, tertius consulatus soli Cn. Pompeio etiam adversantium antea
dignitati eius iudicio delatus est, cuius ille honoris gloria veluti
reconciliatis sibi optimatibus maxime a C. Caesare alienatus est; sed eius
consulatus omnem vim in coercitionem ambitus exercuit.
[4] Quo tempore, P. Clodius a Milone, candidato consulatus, exemplo
inutiliter facto, salutari rei publicae, circa Bovillas contracta ex occursu rixa,
iugulatus est. Milonem reum non magis invidia facti quam Pompei
damnavit voluntas. [5] Quem quidem M. Cato palam lata absolvit
sententia: qui, si maturius tulisset, non defuissent qui sequerentur
exemplum probarentque eum civem occisum quo nemo perniciosior rei
publicae neque bonis inimicior vixerat.
Caput XLVIII
[1] Intra breve deinde spatium, belli civilis exarserunt initia, cum
iustissimus quisque et a Caesare et a Pompeio vellet dimitti exercitus;
quippe Pompeius in secundo consulatu Hispanias sibi decerni voluerat
easque per triennium absens ipse ac praesidens urbi per Afranium et
Petreium, consularem ac praetorium, legatos suos, administrabat et iis,qui a
Caesare dimittendos exercitus contendebant, adsentabatur, iis, qui ab ipso
quoque, adversabatur. [2] Qui si ante biennium quam ad arma itum est,
perfectis muneribus theatri et aliorum operum quae ei circumdedit,
gravissima temptatus valetudine decessisset in Campania – quo quidem
tempore universa Italia vota pro salute eius primi omnium civium suscepit
– defuisset fortunae destruendi eius locus et, quam apud superos habuerat
magnitudinem, illibatam detulisset ad inferos. [3] Bello autem civili et tot,
quae deinde per continuos XX annosconsecuta sunt, malis non alius
maiorem flagrantioremque quam C. Curio, tribunus pl., subiecit facem, vir
nobilis, eloquens, audax, suae alienaeque et fortunae et pudicitiae
prodigus, homo ingeniosissime nequam et facundus malo publico, [4]
cuius animo voluptatibus vel libidinibus neque opes ullae neque
cupiditates sufficere possent. Hic primo pro Pompei partibus, id est, ut tunc
habebatur, pro re publica, mox simulatione contra Pompeium et Caesarem,
sed animo pro Caesare stetit. Id gratis an accepto centies sestertio fecerit, ut
accepimus, in medio relinquemus. [5] Ad ultimum saluberrimas et
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coalescentes condiciones pacis, quas et Caesar iustissimo animo postulabat
et Pompeius aequo recipiebat, discussit ac rupit, unice cavente Cicerone
concordiae publicae.
Harum praeteritarumque rerum ordo, cum iustis aliorum voluminibus
promatur, tum, uti spero, nostris explicabitur. [6] Nunc proposito operi sua
forma reddatur, si prius gratulatus ero Q. Catulo, duobus Lucullis
Metelloque et Hortensio qui, cum sine invidia in re publica floruissent
eminuissentque sine periculo, quieta aut certe non praecipitata fatali ante
initium bellorum civilium morte functi sunt.
Caput XLIX
[1] Lentulo et Marcello consulibus post urbem conditam annis DCCIII, ante
annos LXXVIII quam tu, M. Vinici, consulatum inires, bellum civile exarsit.
[2] Alterius ducis causa melior videbatur, alterius erat firmior: hic omnia
speciosa, illic valentia; Pompeium senatus auctoritas, Caesarem militum
armavit fiducia. Consules senatusque causae, non Pompeio summam
imperii detulerunt. [3] Nihil relictum a Caesare quod servandae pacis causa
temptari posset, nihil receptum a Pompeianis, cum alter consul iusto esset
ferocior, Lentulus vero salva re publica salvus esse non posset, M. autem
Cato moriendum ante quam ullam condicionem civis accipiendam rei
publicae ntenderet. Vir antiquus et gravis Pompei partes laudaret magis,
prudens sequeretur Caesaris et illa gloriosa, haec terribiliora duceret. [4] Ut
deinde, spretis omnibus quae Caesar postulaverat, tantummodo contentus
cum una legione titulumretinere provinciae, privatusque in urbem veniret
et se in petitione consulatus suffragiis populi Romani committeret
decrevere, ratus bellandum Caesar, cum exercitu Rubiconem transiit. Cn.
Pompeius consulesque et maior pars senatus, relicta Urbe ac deinde Italia,
transmisere Dyrrachium.
Caput L
[1] At Caesar, Domitio legionibusque quae Corfinii una cum eo fuerant
potitus, duce aliisque qui voluerant abire ad Pompeium sine dilatione
dimissis, persecutus Brundusium ita ut appareret malle integris rebus et
condicionibus finire bellum quam opprimere fugientes, cum transgressos
reperisset consules, [2] in Urbem revertitur redditaque ratione consiliorum
suorum in senatu et in contione ac miserrimae necessitudinis, cum alienis
armis ad arma compulsus esset, Hispanias petere decrevit.
[3] Festinationem itineris eius aliquamdiu morata Massilia est, fide melior
quam consilio prudentior, intempestive principalium armorum arbitria
captans, quibus hi se debent interponere qui non parentem coercere
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possunt. [4] Exercitus deinde, qui sub Afranio consulari ac Petreio praetorio
fuerat, ipsius adventus vigore ac fulgore occupatus se Caesari tradidit;
uterque legatorum et quisquis cuiusque ordinis sequi eos voluerat, remissi
ad Pompeium.
Caput LI
[1] Proximo anno, cum Dyrrachium ac vicina ei urbi regio castris Pompei
retineretur, qui, accitis ex omnibus transmarinis provinciis legionibus,
equitum ac peditum auxiliis, regumque <et> tetrarcharum simulque
dynastarum copiis immanem exercitum confecerat et mare praesidiis
classium, ut rebatur, saepserat quo minus Caesar legiones posset
transmittere, [2] sua et celeritate et fortuna C. Caesar usus nihil in mora
habuit quo minus, et cum vellet, ipse exercitusque classibus perveniret, et
primo paene castris Pompei sua iungeret, mox etiam obsidione
munimentisque eum complecteretur. Sed inopia obsidentibus quam
obsessis erat gravior. [3] Tum Balbus Cornelius, excedente
fidem
temeritate, ingressus castra hostium saepiusque cum Lentulo collocutus
consule, dubitante quanti se venderet, illis incrementis fecit viam quibus,
non Hispaniensis natus, sed Hispanus, in triumphum et pontificatum
adsurgeret fieretque ex privato consularis. Variatum deinde proeliis, sed
uno longe magis Pompeianis prospero, quo graviter impulsi sunt Caesaris
milites.
Caput LII
[1] Tum Caesar cum exercitu fatalem victoriae suae Thessaliam petiit. [2]
Pompeius, longe diversa aliis suadentibus, quorum plerique hortabantur ut
in Italiam transmitteret – neque, Hercules, quidquam partibus illis
salubrius fuit, – alii ut bellum traheret, quod dignatione partium in dies
ipsis magis prosperum fieret, usus impetu suo hostem secutus est.
[3] Aciem Pharsalicam et illum cruentissimum Romano nomini diem
tantumque utriusque exercitus profusum sanguinis et collisa inter se duo
rei publicae capita effossumque alterum Romani imperii lumen, tot
talesque Pompeianarum partium caesos viros non recipit enarranda hic
scripturae modus. [4] Illud notandum est: ut primum C. Caesar inclinatam
vidit Pompeianorum aciem, neque prius neque antiquius quidquam habuit
quam ut omnes partes, ut militari verbo ex consuetudine utar, dimitteret.
[5] Pro dii immortales, quod huius voluntatis erga Brutum suae postea vir
tam mitis pretium tulit! [6] Nihil illa victoria mirabilius, magnificentius,
clarius fuit, quando neminem nisi acie consumptum civem patria
desideravit: munus misericordiae corrupit pertinacia, cum libentius vitam
victor iam daret quam victi acciperent.
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Caput LIII
[1] Pompeius profugiens cum duobus Lentulis consularibus Sextoque filio
et Favonio praetorio quos comites ei fortuna adgregaverat, aliis, ut Parthos,
aliis, ut Africam peteret, in qua fidelissimum partium suarum haberet
regem Iubam, suadentibus, Aegyptum petere proposuit memor
beneficiorum quae in patrem eius Ptolemaei, qui tum puero quam iuveni
propior regnabat Alexandriae, contulerat. [2] Sed quis in adversis
beneficiorum servat memoriam? Aut quis ullam calamitosis deberi putat
gratiam? Aut quando fortuna non mutat fidem? Missi itaque ab rege qui
venientem Cn. Pompeium – is iam a Mytilenis Corneliam uxorem
receptam in navem fugae comitem habere coeperat – consilio Theodoti et
Achillae exciperent hortarenturque ut ex oneraria in eam navem quae
obviam processerat transcenderet: quod cum fecisset, princeps Romani
nominis imperio arbitrioque Aegyptii mancipii, C. Caesare P. Servilio
consulibus iugulatus est. [3] Hic post tres consulatus et totidem triumphos
domitumque terrarum orbem sanctissimi atque praestantissimi viri, in id
evecti super quod ascendi non potest, duodesexagesimum annum agentis,
pridie natalem ipsius, vitae fuit exitus, in tantum in illo viro a se
discordante fortuna ut, cui modo ad victoriam terra defuerat, deesset ad
sepulturam.
[4] Quid aliud quam nimium occupatos dixerim, quos in aetate et tanti et
paene nostri saeculi viri fefellit quinquennium? Cum a C. Atilio et Q.
Servilio consulibus tam facilis esset annorum digestio. Quod adieci, non ut
arguerem, sed ne arguerer.
Caput LIV
[1] Non fuit maior in Caesarem quam in Pompeium fuerat regis eorumque,
quorum is auctoritate regebatur, fides. Quippe cum venientem eum
temptassent insidiis ac deinde bello lacessere auderent, utrique summorum
imperatorum, alteri superstiti, meritas poenas luere suppliciis.
[2] Nusquam erat Pompeius corpore, adhuc ubique vivebat nomine.
Quippe ingens partium eius favor bellum excitaverat Africum quod ciebat
rex Iuba et Scipio, vir consularis, ante biennium quamextingueretur
Pompeius, lectus ab eo socer, [3] eorumque copias auxerat M. Cato, ingenti
cum difficultate itinerum locorumque inopia, perductis ad eos legionibus:
qui vir, cum summum ei a militibus deferretur imperium, honoratiori
parere maluit.
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Caput LV
[1] Admonet promissae brevitatis fides quanto omnia transcursu dicenda
sint. Sequensfortunam suam Caesar pervectus in Africam est, quam, occiso
Curione, Iulianarum duce partium, Pompeiani obtinebant exercitus. Ibi
primo varia fortuna, mox pugnavit sua, inclinataeque hostium copiae; [2]
nec dissimilis ibi adversus victos quam in priores clementia Caesaris fuit.
Victorem Africani belli Caesarem gravius excepit Hispaniense – nam victus
ab eo Pharnaces vix quidquam gloriae eius adstruxit, – quod Cn. Pompeius,
Magni filius, adulescens impetus ad bella maximi, ingens ac terribile
conflaverat, undique ad eum adhuc paterni nominis magnitudinem
sequentium ex toto orbe terrarum auxiliis confluentibus. [3] Sua Caesarem
in Hispaniam comitata fortuna est, sed nullum umquam atrocius
periculosiusque ab eo initum proelium adeo ut plus quam dubio Marte
descenderet equo consistensque ante recedentem suorum aciem, increpita
prius fortuna quod se in eum servasset exitum, denuntiaret militibus
vestigio se non recessurum: proinde viderent quem et quo loco
imperatorem deserturi forent. [4] Verecundia magis quam virtute acies
restituta et a duce quam a milite fortius. Cn. Pompeius, gravis vulnere
inventus inter solitudines avias, interemptus est; Labienum Varumque acies
abstulit.
Caput LVI
[1] Caesar omnium victor regressus in urbem, quod humanam excedat
fidem, omnibus qui contra se arma tulerant ignovit, magnificentissimisque
gladiatorii muneris, naumachiae et equitum peditumque, simul
elephantorum certaminis spectaculis epulique per multos dies dati
celebratione replevit eam. [2] Quinque egit triumphos: Gallici apparatus ex
citro, Pontici ex acantho, Alexandrini testudine, Africi ebore, Hispaniensis
argento rasili constitit. Pecunia ex manubiis lata paulo amplius sexiens
miliens sestertium.
[3] Neque illi tanto viro et tam clementer omnibus victoriis suis uso plus
quinque mensium principalis quies contigit. Quippe, cum mense Octobri
in Urbem revertisset, idibus Martiis, coniurationis auctoribus Bruto et
Cassio, quorum alterum promittendo consulatum non obligaverat, contra
differendo Cassium offenderat, adiectis etiam consiliariis caedis
familiarissimis omnium et fortuna partium eius in summum evectis
fastigium, D. Bruto et C. Trebonio aliisque clari nominis viris, interemptus
est. [4] Cui magnam invidiam conciliarat M. Antonius, omnibus audendis
paratissimus, consulatus collega, imponendo capiti eius Lupercalibus
sedentis pro rostris insigne regium, quod ab eo ita repulsum erat ut non
offensus videretur.
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Caput LVII
[1] Laudandum experientia consilium est Pansae atque qui semper
praedixerant Caesari ut principatum armis quaesitum armis teneret: ille
dictitans mori se quam timeri malle, dum clementiam quam praestiterat
expectat, incautus ab ingratis occupatus est, cum quidem plurima <ei>
praesagia indicia dii immortales futuri obtulissent periculi. [2] Nam et
haruspices praemonuerant ut diligentissime iduum Martiarum caveret
diem, et uxor Calpurnia, territa nocturno visu, ut ea die domi subsisteret
orabat, et libelli coniurationem nuntiantes dati neque protinus ab eo lecti
erant. [3] Sed profecto ineluctabilis fatorum vis, cuius cum fortuna mutare
constituit, consilia corrumpit.
Caput LVIII
[1] Quo anno id patravere facinus, Brutus et [C.] Cassius praetores erant, D.
Brutus consul designatus: [2] hi una cum coniurationis globo, stipati
gladiatorum D. Bruti manu, Capitolium occupavere. Tum consul Antonius
– quem cum simul interimendum censuisset Cassius testamentumque
Caesaris abolendum, Brutus repugnaverat dictitans nihil amplius civibus
praeter tyranni (ita enim appellari Caesarem facto eius expediebat)
petendum esse sanguinem – [3] convocato senatu, cum iam Dolabella,
quem substituturus sibi Caesar designaveratconsulem, fasces atque insignia
corripuisset consulis, velut pacis auctor liberos suos obsides in Capitolium
misit fidemque descendendi tuto interfectoribus Caesaris dedit. [4] Et illud
decreti Atheniensium celeberrimi exemplum, relatum a Cicerone,
oblivionis praeteritarum rerum decreto patrum comprobatum est.
Caput LIX
[1] Caesaris deinde testamentum apertum est, quo C. Octavium, nepotem
sororis suae Iuliae, adoptabat. De cuius origine, etiamsi praevenit, et pauca
dicenda sunt. [2] Fuit C. Octavius, ut non patricia, ita admodum speciosa
equestri genitus familia, gravis, sanctus, innocens, dives. Hic praetor inter
nobilissimos viros creatus primo loco, cum ei dignatio Iulia genitam Atiam
conciliasset uxorem, ex eo honore sortitus Macedoniam appellatusque in
ea imperator, decedens ad petitionem consulatus obiit praetextato relicto
filio. [3] Quem C. Caesar, maior eius avunculus, educatum apud Philippum
vitricum dilexit ut suum, natumque annos XVIII Hispaniensis militiae
adsecutum se postea comitem habuit, numquam aut alio usum hospitio
quam suo aut alio vectum vehiculo, pontificatusque sacerdotio puerum
honoravit. [4] Et, patratis bellis civilibus, ad erudiendam liberalibus
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disciplinis singularis indolem iuvenis Apolloniam eum in studia miserat,
mox belli Getici ac deinde Parthici habiturus commilitonem. [5] Cui ut est
nuntiatum de caede avunculi, cum protinus ex vicinis legionibus
centuriones suam suorumque militum operam ei pollicerentur neque eam
spernendam Salvidienus et Agrippa dicerent, ille festinans pervenire in
Urbem omnem ordinationem et necis et testamenti Brundusii comperit. [6]
Cui adventanti Romam immanis amicorum occurrit frequentia et, cum
intraret Urbem, solis orbis super caput eius curvatus aequaliter
rotundatusque in colorem arcus velut coronam tanti mox viri capiti
imponens conspectus est.
Caput LX
[1] Non placebat Atiae matri Philippoque vitrico adiri nomen invidiosae
fortunae Caesaris, sed adserebant salutaria rei publicae terrarumque orbis
fata conditorem conservatoremque Romani nominis. [2] Sprevit itaque
caelestis animus humana consilia et cum periculo potius summa quam tuto
humilia proposuit sequi maluitque avunculo et Caesari de se quam vitrico
credere, dictitans nefas esse quo nomine Caesari dignus esset visus, semet
ipsum indignum videri. [3] Hunc protinus Antonius consul superbe excipit
– neque is erat contemptus, sed metus – vixque admisso in Pompeianos
hortos loquendi secum tempus dedit, mox etiam velut insidiis eius petitus
sceleste insimulare coepit, in quo turpiter deprehensa eius vanitas est. [4]
Aperte deinde Antonii ac Dolabellae consulum ad nefandam
dominationem erupit furor. Sestertium septiens miliens, depositum a C.
Caesare ad aedem Opis, occupatum ab Antonio, actorum eiusdem insertis
falsis civitatibusque corrupti commentarii atque omnia pretio temperata,
vendente rem publicam consule. [5] Idem provinciam D. Bruto, designato
consuli, decretam Galliam occupare statuit, Dolabella transmarinas
decrevit sibi; interque naturaliter dissimillimos ac diversa volentes
crescebat odium; eoque C. Caesar iuvenis cotidianis Antonii petebatur
insidiis.
Caput LXI
[1] Torpebat oppressa dominatione Antonii civitas; indignatio et dolor
omnibus, vis ad resistendum nulli aderat, cum C. Caesar XVIIII annum
ingressus, mira ausus ac summa consecutus privato consilio maiorem
senatu pro re publica habuit [2] primumque a Calatia, mox a Casilino
veteranos excivit paternos; quorum exemplum secuti alii brevi in formam
iusti coiere exercitus. Mox, cum Antonius occurrisset exercitui, quem ex
transmarinis provinciis Brundusium venire iusserat, legio Martia et quarta,
cognita et senatus voluntate et tanti iuvenis indole, sublatis signis ad
Caesarem se contulerunt. [3] Eum senatus honoratum equestri statua quae
hodieque in rostris posita aetatem eius scriptura indicat, – qui honor non
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alii per CCC annos quam L. Sullae et Cn. Pompeio et C. Caesari contigerat –
pro praetore una cum consulibus designatis Hirtio et Pansa bellum cum
Antonio gerere iussit. [4] <Id> ab eo annum agente vicesimum fortissime
circa Mutinam administratum est et D. Brutus obsidione liberatus.
Antonius turpi ac nuda fuga coactus deserere Italiam; consulum autem alter
in acie, alter post paucos dies ex volnere mortem obiit.
Caput LXII
[1] Omnia, ante quam fugaretur Antonius, honorifice a senatu in Caesarem
exercitumque eius decreta sunt, maxime auctore Cicerone; sed, ut recessit
metus, erupit voluntas protinusque Pompeianis partibus rediit animus. [2]
Bruto Cassioque provinciae quas iam ipsi sine ullo senatus consulto
occupaverant decretae, laudati quicumque se his exercitus tradidissent,
omnia transmarina imperia eorum commissa arbitrio. [3] Quippe M. Brutus
et C. Cassius, nunc metuentes arma Antonii, nunc ad augendam eius
invidiam simulantes se metuere, testati edictis libenter se vel in perpetuo
exilio victuros, dum res publica constaret concordia, nec ullam belli civilis
praebituros materiam, plurimum sibi honoris esse in conscientia facti sui,
profecti Urbe atque Italia, intento ac pari animo, sine auctoritate publica,
provincias exercitusque occupaverant et, ubicumque ipsi essent,
praetexentes esse rem publicam, pecunias etiam quae ex transmarinis
provinciis Romam ab quaestoribus deportabantur, a volentibus acceperant.
[4] Quae omnia senatus decretis comprensa et comprobata sunt et D. Bruto,
quod alieno beneficio viveret, decretus triumphus, Pansae atque Hirtii
corpora publica sepultura honorata, [5] Caesaris adeo nulla habita mentio
ut legati qui ad exercitum eius missi erant iuberentur, summoto eo, milites
adloqui. Non fuit tam ingratus exercitus quam fuerat senatus: nam, cum
eam iniuriam dissimulando Caesar ferret, negavere milites sine imperatore
suo ulla se audituros mandata. [6] Hoc est illud tempus quo Cicero, insito
amore Pompeianarum partium, Caesarem laudandum et tollendum
censebat, cum aliud diceret, aliud intellegi vellet.
Caput LXIII
[1] Interim Antonius, fuga transgressus Alpes, primo per colloquia repulsus
a M. Lepido qui, pontifex maximus in C. Caesaris locum furto creatus,
decreta sibi Hispania, adhuc in Gallia morabatur, mox saepius in
conspectum veniens militum – cum et Lepido omnes imperatores forent
meliores et multis Antonius, dum erat sobrius – per aversa castrorum
proruto vallo militibus receptus est: qui titulo imperii cedebat Lepido, cum
summa virium penes eum foret. [2] Sub Antonii in castra Iuventius
Laterensis, vir vita ac morte consentaneus, cum acerrime suasisset Lepido
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ne se cum Antonio hoste iudicato iungeret, irritus consilii gladio se ipse
transfixit. [3] Plancus deinde dubia, id est sua fide, diu quarum esset
partium secum luctatus ac sibi difficile consentiens, et nunc adiutor D.
Bruti designati consulis, collegae sui, senatuique se litteris venditans, mox
eiusdem proditor, Asinius autem Pollio firmus proposito et Iulianis
partibus fidus, Pompeianis adversus, uterque exercitus tradidere Antonio.
Caput LXIV
[1] D. Brutus, desertus primo a Planco, postea etiam insidiis eiusdem
petitus, paulatim relinquente eum exercitu fugiens in hospitis cuiusdam
nobilis viri, nomine Cameli, domo ab his quos miserat Antonius iugulatus
est, iustissimasque optime de se merito viro C. Caesari poenas dedit. [2]
Cuius cum primus omnium amicorum fuisset, interfector fuit et fortunae,
ex qua fructum tulerat, invidiam in auctorem relegabat censebatque
aequum quae acceperat a Caesare retinere, Caesarem qui illa dederat
perisse.
[3] Haec sunt tempora quibus M. Tullius continuis actionibus aeternas
Antonii memoriae inussit notas, sed hic fulgentissimo et caelesti ore, at
tribunus Cannutius continua rabie lacerabat Antonium. [4] Utrique
vindicta libertatis morte stetit; sed tribuni sanguine commissa proscriptio,
Ciceronis velut satiato Antonio paene finita. Lepidus deinde a senatu hostis
iudicatus est, ut ante fuerat Antonius.
Caput LXV
[1] Tum inter eum Caesaremque et Antonium commercia epistularum et
condicionum iacta mentio, cum Antonius et subinde Caesarem admoneret
quam inimicae ipsi Pompeianae partes forent et in quod iam emersissent
fastigium et quanto Ciceronis studio Brutus Cassiusque attollerentur,
denuntiaretque se cum Bruto Cassioque, qui iam decem et septem
legionum potentes erant, iuncturum vires suas si Caesar eius aspernaretur
concordiam, diceretque plus Caesarem patris quam se amici ultioni debere.
[2] Tunc inita potentiae societas et, hortantibus orantibusqueexercitibus,
inter Antonium etiam et Caesarem facta adfinitas, cum esset privigna
Antonii desponsa Caesari; consulatumque iniit Caesar pridie quam viginti
annos impleret X. Kal. Octobres cum collega Q. Pedio post urbem conditam
abhinc annis DCCVIIII, ante LXXII quam tu, M. Vinici, consulatum inires. [3]
Vidit hic annus Ventidium, per quam urbem inter captivos Picentium in
triumpho ductus erat, in ea consularem praetextam iungentem praetoria.
Idempostea triumphavit.
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Caput LXVI
[1] Furente deinde Antonio simulque Lepido, quorum uterque, ut
praediximus, hostes iudicati erant, cum ambo mallent sibi nuntiari quid
passi essent quam quid meruissent, repugnante Caesare, sed frustra
adversus duos, instauratum Sullani exempli malum, proscriptio. [2] Nihil
tam indignum illo tempore fuit quam quod aut Caesar aliquem proscribere
coactus est aut ab ullo Cicero proscriptus est. Abscisaque scelere Antoniivox
publica est, cum eius salutem nemo defendisset qui per tot annos et
publicam civitatis et privatam civium defenderat. [3] Nihil tamen egisti, M.
Antoni – cogit enim excedere propositi formam operis erumpens animo ac
pectore indignatio – nihil, inquam, egisti mercedem caelestissimi oris et
clarissimi capitis abscisi numerando auctoramentoque funebri ad
conservatoris quondam rei publicae tantique consulis irritando necem. [4]
Rapuisti tum Ciceroni lucem sollicitam et aetatem senilem et vitam
miseriorem, te principe, quam sub te triumviro mortem, famam vero
gloriamque factorum atque dictorum adeo non abstulisti, ut auxeris. [5]
Vivit vivetque per omnem saeculorum memoriam, dumque hoc vel forte
vel providentia vel utcumque constitutum rerum naturae corpus, quod ille
paene solus Romanorum animo vidit, ingenio complexus est, eloquentia
illuminavit, manebit incolume, comitem aevi sui laudem Ciceronis trahet
omnisque posteritas illius in te scripta mirabitur, tuum in eum factum
execrabitur citiusque e mundo genus hominumquam <huius nomen>
cedet.
Caput LXVII
[1] Huius totius temporis fortunam ne deflere quidem quisquam satis digne
potuit, adeo nemo exprimere verbis potest. [2] Id tamen notandum est
fuisse in proscriptos uxorum fidem summam, libertorum mediam,
servorum aliquam, filiorum nullam: adeo difficilis est hominibus
utcumque conceptae spei [3] Ne quid ulli sanctum relinqueretur, velut in
dotem invitamentumque sceleris Antonius L. Caesarem avunculum,
Lepidus Paulum fratrem proscripserant; nec Planco gratia defuit ad
impetrandum ut frater eius Plancus Plotius proscriberetur. [4] Eoque inter
iocos militares, qui currum Lepidi Plancique secuti erant, inter
execrationem civium usurpabant hunc versum:
De germanis, non de Gallis duo triumphant consules.
Caput LXVIII
[1] Suo praeteritum loco referatur; neque enim persona umbram actae rei
capit. Dum in acie Pharsalica acri feraque de summa rerum Caesar dimicat,
M. Caelius, vir eloquio animoque Curioni simillimus, sed in utroque
perfectior nec minus ingeniose nequam, cum ne modica quidem <re>
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servari posset – quippe peior illi res familiaris quam mens erat – [2] in
praetura novarum tabularum auctor extitit nequiitque senatus et
auctoritate consulum deterreri; accito etiam Milone Annio, qui non
impetrato reditu Iulianis partibus infestus erat, in Urbe seditionem, in agris
haud occulte bellicum tumultum movens, primo summotus a re publica,
mox consularibus armis, auctore senatu, circa Thurios oppressus est. [3]
<In> incepto pari similis fortuna Milonis fuit: qui Compsam in Hirpinis
oppugnans ictusque lapide,tum P. Clodio, tum patriae quam armispetebat
poenas dedit, vir inquies et fortem temerarius.
[4] Quatenus autem aliquid ex omissis peto, notetur immodica et
intempestiva libertate usos adversus C. Caesarem Marullum Epidium
Flavumque Caesetium, tribunos plebis, dum arguunt in eo regni
voluntatem, paene vim dominationis expertos. [5] In hoc tamen saepe
lacessiti principis ira excessit ut, censoria potius contentus nota quam
animadversione dictatoria, summoveret eos a re publica testareturque esse
sibi miserrimum quod aut natura sua ei excedendum foret aut minuenda
dignitas. Sed ad ordinem revertendum est.
Caput LXIX
[1] Iam et Dolabella in Asia C. Trebonium consularem, cui succedebat,
fraude deceptum Zmyrnae occiderat, virum adversus merita Caesaris
ingratissimum participemque caedis eius, a quo ipse in consulare provectus
fastigium fuerat, [2] et C. Cassius, acceptis a Staio Murco et Crispo Marcio,
praetoriis viris imperatoribusque, praevalidis in Syria legionibus inclusum
Dolabellam, qui praeoccupata Asia in Syriam pervenerat, Laodiciae,
expugnata ea urbe, interfecerat – ita tamen ut ad ictum servi sui Dolabella
non segniter cervicem daret – et decem legiones in eo tractu sui iuris
fecerat, [3] et M. Brutus C. Antonio, fratri M. Antonii, in Macedonia
Vatinioque circa volentes legiones extorserat – sed Antonium bello
lacessierat, Vatinium dignatione obruerat, cum et Brutus cuilibet ducum
praeferendus videretur et Vatinius nulli homini non esset postferendus, [4]
in quo deformitas corporis cum turpitudine certabat ingenii, adeo ut
animus eius dignissimo domicilio inclusus videretur – eratque septem
legionibus validus. [5] At lege Pedia, quam consul Pedius, collega Caesaris,
tulerat, omnibus qui Caesarem patrem interfecerant aqua ignique damnatis
interdictum erat. Quo tempore, Capito, patruus meus, vir ordinis senatorii,
Agrippae subscripsit in C. Cassium.
[6] Dumque ea in Italia geruntur, acri atque prosperrimo bello Cassius
Rhodum, rem immanis operis, ceperat, Brutus Lycios devicerat, et inde in
Macedoniam exercitus traiecerant, cum per omnia repugnans naturae suae
Cassius etiam Bruti clementiam vinceret. Neque reperias quos aut pronior
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fortuna comitata sit aut veluti fatigata maturius destituerit quam Brutum et
Cassium.
Caput LXX
[1] Tum Caesar et Antonius traiecerunt exercitus in Macedoniam et apud
urbem Philippos cum M. Bruto Cassioque acie concurrerunt. Cornu cui
Brutus praeerat, impulsis hostibus, castra Caesaris cepit nam ipse Caesar,
etiamsi infirmissimus valetudine erat, obibat munia ducis, oratus etiam ab
Artorio medico ne in castris remaneret, manifesta denuntiatione quietis
territo – id autem in quo Cassius fuerat, fugatum ac male mulcatum, in
receperat loca. [2] Tum Cassius, ex sua fortuna eventum collegae aestimans,
cum dimisisset evocatum iussissetque nuntiare sibi quae esset multitudo ac
vis hominum, quae ad se tenderet, tardius eo nuntiante, cum in vicino
esset agmen cursu ad eum tendentium neque pulvere facies aut signa
denotari possent, existimans hostes esse qui irruerent, lacerna caput
circumdedit extentamque cervicem interritus liberto praebuit. [3] Deciderat
Cassii cum evocatus advenit nuntians Brutum esse victorem. Qui, cum
imperatorem prostratum videret: ‘Sequar, eum quem mea occidit tarditas’
et ita in gladium incubuit. [4] Post paucos deinde dies Brutus conflixit cum
hostibus et, victus acie, cum in tumulum nocte ex fuga se recepisset,
impetravit a Stratone Aegeate, familiari suo, ut manum morituro
commodaret sibi; [5] reiectoque laevo super caput brachio, cum mucronem
gladii eius dextera tenens sinistrae admovisset mamillae, ad eum ipsum
locum qua cor emicat, impellens se in vulnus uno ictu transfixus expiravit
protinus.
Caput LXXI
[1] <Corvinus> Messalla, fulgentissimus iuvenis, proximus in illis castris
Bruti Cassiique auctoritati, cum essent qui eum ducem poscerent, servari
beneficio Caesaris maluit quam dubiam spem armorum temptare amplius;
nec aut Caesari quidquam ex victoriis suis fuit laetius quam servasse
Corvinum aut maius exemplum hominis grati ac pii quam Corvinus in
Caesarem fuit. Non aliud bellum cruentius caede clarissimorum virorum
fuit. Tum Catonis filius cecidit; [2] eadem Lucullum Hortensiumque,
eminentissimorum civium filios, fortuna abstulit; [3] nam Varro ad
ludibrium moriturus Antonii digna illo ac vera de exitu eius magna cum
libertate ominatus est. Drusus Livius, Iuliae Augustae pater, et Varus
Quintilius, ne temptata quidem hostis misericordia, alter se ipse in
tabernaculo interemit, Varus autem liberti, quem id facere coegerat, manu,
cum se insignibus velasset, iugulatus est.
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Caput LXXII
[1] Hunc exitum M. Bruti partium septimum et tricesimum annum agentis
fortuna esse voluit, incorrupto animo eius in diem quae illi omnes virtutes
unius temeritate facti abstulit. [2] Fuit autem dux Cassius melior quanto vir
Brutus: e quibus Brutum amicum habere malles, inimicum magis timeres
Cassium; in altero maior vis, in altero virtus: qui si vicissent, quantum rei
publicae interfuit Caesarem potius habere quam Antonium principem,
tantum retulisset habere Brutum quam Cassium.
[3] Cn. pater L. Domitii nuper a nobis visi, eminentissimae ac nobilissimae
simplicitatis viri, avus huius Cn. Domitii, clarissimi iuvenis, occupatis
navibus cum magno sequentium consilia sua comitatu fugae fortunaeque
se commisit, semet ipso contentus duce partium. [4] Statius Murcus, qui
classi et custodiae maris praefuerat, cum omni commissa sibi parte
exercitus naviumque Sex. Pompeium, Cn. Magni filium, qui ex Hispania
revertens Siciliam armis occupaverat, petiit. [5] Ad quem et e Brutianis
castris et ex Italia aliisque terrarum partibus, quos praesenti periculo
fortuna subduxerat, proscripti confluebant: quippe nullum habentibus
statum quilibet dux erat idoneus, cum fortuna non electionem daret,
perfugium ostenderet, exitialemque tempestatem fugientibus statio pro
portu foret.
Caput LXXIII
[1] Hic adulescens erat studiis rudis, sermone barbarus, impetu strenuus,
manu promptus, cogitatu celer, fide patri dissimillimus, libertorum suorum
libertus servorumque servus, speciosis invidens ut pareret humillimis. [2]
Quem senatus paene totus adhuc e Pompeianis constans partibus, post
Antonii a Mutina fugam, eodem illo tempore quo Bruto Cassioque
transmarinas provincias decreverat, revocatum ex Hispania, ubi adversus
eum clarissimum bellum Pollio Asinius praetorius gesserat, in paterna bona
restituerat et orae maritimae praefecerat. [3] Is tum, ut praediximus,
occupata Sicilia, servitia fugitivosque in numerum exercitus sui recipiens
magnum modum legionum effecerat perque Menam et Menecraten
paternos libertos, praefectos classium, latrociniis ac praedationibus
infestato mari ad se exercitumque tuendum rapto utebatur, cum eum non
depuderet vindicatum armis ac ductu patris sui mare infestare piraticis
sceleribus.
Caput LXXIV
[1] Fractis Brutianis Cassianisque partibus, Antonius transmarinas obiturus
provincias substitit. Caesar in Italiam se recepit eamque longe quam
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speraverat tumultuosiorem reperit. [2] Quippe L. Antonius consul, vitiorum
fratris sui consors, sed virtutum, quae interdum in illo erant, expers, modo
apud veteranos criminatus Caesarem, modo eos qui iussa divisione
praediorum nominatisque colonis agros amiserant, ad arma conciens
magnum exercitum conflaverat. [3] Ex altera parte, uxor Antonii, Fulvia,
nihil muliebre praeter corpus gerens, omnia armis tumultuque miscebat.
Haec belli sedem Praeneste ceperat; Antonius pulsus undique viribus
Caesaris Perusiam se contulerat; Plancus, Antonianarum adiutor partium,
spem magis ostenderat auxilii quam opem ferebat Antonio. [4] Usus Caesar
virtute et fortuna sua Perusiam expugnavit. Antonium inviolatum dimisit,
in Perusinos magis ira militum quam voluntate saevitum ducis: urbs
incensa, cuius initium incendii princeps eius loci fecit Macedonicus, qui,
subiecto rebus ac penatibus suis igni, transfixum se gladio flammae intulit.
Caput LXXV
[1] Per eadem tempora, exarserat in Campania bellum quod, professus
eorum qui perdiderant agros patrocinium, ciebat Ti. Claudius Nero,
praetorius et pontifex, Ti. Caesaris pater, magni vir animi doctissimique
ingenii; id quoque adventu Caesaris sepultum atque discussum est.
[2] Quis fortunae mutationes, quis dubios rerum humanarum casus satis
mirari queat? Quis non diversa praesentibus contrariaque expectatis aut
speret aut timeat? [3] Livia, nobilissimi et fortissimi viri Drusi Claudiani
filia, genere, probitate, forma Romanarum eminentissima, quam postea
coniugem Augusti vidimus, quam transgressi ad deos sacerdotem ac filiam,
tum fugiens mox futuri sui Caesaris arma <ac> manus bimum hunc
Tiberium Caesarem, vindicem Romani imperii futurumque eiusdem
Caesaris filium, gestans sinu, per avia itinerum vitatis militum gladiis uno
comitante, quo facilius occultaretur fuga, pervenit ad mare et cum viro
Nerone pervecta in Siciliam est.
Caput LXXVI
[1] Quod alieno testimonium redderem, eo non fraudabo avum meum.
Quippe C. Velleius, honoratissimo inter illos CCCLX iudices loco a Cn.
Pompeio lectus, eiusdem Marcique Bruti ac Ti. Neronis praefectus fabrum,
vir nulli secundus, in Campania digressu Neronis a Neapoli, cuius ob
singularem cum eo amicitiam partium adiutor fuerat, gravis iam aetate et
corpore cum comes esse non posset, gladio se ipse transfixit.
[2] Inviolatam excedere Italia Caesar passus Fulviam Plancumque,
muliebris fugae comitem: nam Pollio Asinius cum septem legionibus, diu
retenta in potestate Antonii Venetia, magnis speciosisque rebus circa
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Altinum aliasque eius regionis urbes editis, Antonium petens, vagum adhuc
Domitium, quem digressum e Brutianis castris post caedem eius
praediximus et propriae classis factum ducem, consiliis suis illectum ac fide
data iunxit Antonio: [3] quo facto, quisquis aequum se praestiterit, sciat
non minus a Pollione in Antonium quam ab Antonio in Pollionem esse
collatum.
Adventus deinde in Italiam Antonii praeparatusque contra eum Caesaris
habuit belli metum, sed pax circa Brundusium composita. [4] Per quae
tempora Rufi Salvidieni scelesta consilia patefacta sunt. Qui, natus
obscurissimis initiis, parum habebat summa accepisse et proximus a Cn.
Pompeio ipsoque Caesare [ex] equestris ordinis consul creatus esse, nisi in
id ascendisset e quo infra se et Caesarem videret et rem publicam.
Caput LXXVII
[1] Tum, expostulante consensu populi quem gravis urebat infesto mari
annona, cum Pompeio quoque circa Misenum pax inita, qui haud absurde,
cum in navi Caesaremque et Antonium cena exciperet, dixit in carinis suis
se cenam dare, referens hoc dictum ad loci nomen in quo paterna ab
Antonio possidebatur. [2] In hoc pacis foedere, placuit Siciliam
Achaiamque Pompeio concedere, in quo tamen animus inquies manere
non potuit. Id unum tantummodo salutare adventu suo patriae tulit quod
omnibus proscriptis aliisque qui ad eum ex diversis causis fugerant,
reditum salutemque pactus est. [3] Quae res et alios clarissimos viros et
Neronem Claudium et M. Silanum Sentiumque Saturninum et Arruntium
ac Titium restituit rei publicae. Staium autem Murcum, qui adventu suo
classisque celeberrimae vires eius duplicaverat, insimulatum falsis
criminationibus, quia talem virum collegam officii Mena et Menecrates
fastidierant, Pompeius in Sicilia interfecerat.
Caput LXXVIII
[1] Hoc tractu temporum, Octaviam, sororem Caesaris, M. Antonius duxit
uxorem. Redierat Pompeius in Siciliam, Antonius in transmarinas
provincias quas magnis momentis Labienus, ex Brutianis castris profectus
ad Parthos, perducto eorum exercitu in Syriam interfectoque legato Antonii
concusserat; qui, virtute et ductu Ventidii, una cum Parthorum copiis
celeberrimoque iuvenum Pacoro, regis filio, extinctus est. [2] Interim
Caesar per haec tempora, ne res disciplinae inimicissima, otium,
corrumperet militem, crebris in Illyrico Delmatiaque expeditionibus
patientia periculorum bellique experientia durabat exercitum. [3] Eadem
tempestate Calvinus Domitius, cum ex obtineret Hispaniam, gravissimi
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comparandique antiquis exempli auctor fuit: quippe primi
centurionem, nomine Vibillium, ob turpem ex acie fuste percussit.
pili
Caput LXXIX
[1] Crescente in dies et classe et fama Pompei, Caesar molem belli eius
suscipere statuit. Aedificandis navibus contrahendoque militi ac remigi
navalibusque adsuescendo certaminibus atque exercitationibus praefectus
est M. Agrippa, virtutis nobilissimae, labore, vigilia, periculo invictus
parendique, sed uni, scientissimus, aliis sane imperandi cupidus et per
omnia extra dilationes positus consultisque facta coniungens. [2] Hic in
Averno ac Lucrino lacu speciosissima classe fabricata exercitationibus
militem remigemque ad summam et militaris et maritimae rei perduxit
scientiam. Hac Caesar, cum prius despondente ei Nerone, cui ante nupta
fuerat Livia, auspicatis rei publicae ominibus duxisset eam uxorem,
Pompeio Siciliaeque bellum intulit. [3] Sed virum humana ope invictum
graviter eo tempore fortuna concussit: quippe longe maiorem partem
classis circa Veliam Palinurique promontorium adorta vis Africi laceravit ac
distulit. Ea patrando bello mora fuit quod postea dubia et interdum ancipiti
fortuna gestum est. [4] Nam et classis eodem loco vexata est tempestate et,
ut navali primo proelio apud Mylas ductu Agrippae pugnatum prospere, ita
inopinato classis adventu gravis sub ipsius Caesaris oculis circa
Tauromenium accepta clades; neque ab ipso periculum abfuit. Legiones,
quae cum Cornificio erant, legato Caesaris, expositae in terra paene a
Pompeio oppressae sunt. [5] Sed ancipitis fortuna temporis mature virtute
correcta: explicatis quippe utriusque partis classibus, paene omnibus exutus
navibus, Pompeius Asiam fuga petivit, iussuque M. Antonii cuius opem
petierat, dum inter ducem et supplicem tumultuatur et nunc dignitatem
retinet, nunc vitam precatur, a Titio iugulatus est. [6] Cui in tantum duravit
hoc facinore contractum odium ut mox ludos in theatro Pompei faciens,
execratione populi spectaculo quod praebebat pelleretur.
Caput LXXX
[1] Acciverat gerens contra Pompeiumbellum ex Africa Caesar Lepidum
cum duodecim semiplenis legionibus. Hic vir omnium vanissimus neque
ulla virtute tam longam fortunae indulgentiam meritus exercitum Pompei,
quia propior fuerat, sequentem non ipsius, sed Caesaris auctoritatem ac
fidem, sibi iunxerat; [2] inflatusque amplius XX legionum numero in id
furoris processerat ut inutilis alienae victoriae comes quam diu moratus
erat, dissidendo in consiliisCaesaris et semper diversa his quae aliis
placebant dicendo, totam victoriam ut suam interpretabatur audebatque
denuntiare Caesari excederet Sicilia. [3] Non ab Scipionibus aliisque
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veteribus Romanorum ducum quidquam ausum patratumque fortius quam
tunc a Caesare. Quippe cum inermis et lacernatus esset, praeter nomen
nihil trahens, ingressus castra Lepidi, evitatis quae iussu hominis pravissimi
tela in eum iacta erant, cum lacerna eius perforata esset lancea, aquilam
legionis rapere ausus est. [4] Scires quid interesset inter duces: armati
inermem secuti sunt decimoque anno quam ad indignissimam vita sua
potentiam pervenerat, Lepidus et a militibus et a fortuna desertus pulloque
velatus amiculo, inter ultimam confluentium ad Caesarem turbam latens
genibus eius advolutus est. Vita rerumque suarum dominium concessa ei
sunt, spoliata, quam tueri non poterat, itas.
Caput LXXXI
[1] Subita deinde exercitus seditio, qui plerumque contemplatus
frequentiam suam a disciplina desciscit et, quod cogere se putat posse,
rogare non sustinet, partim severitate, partim liberalitate discussa principis,
[2] speciosumque per idem tempus adiectum supplementum Campanae
coloniae <***> eius relicti erant publici; pro his longe uberiores reditus
duodecies sestertii in Creta insula redditi et aqua promissa, quae hodieque
singulare et salubritatis instrumentum et amoenitatis ornamentum est. [3]
Insigne coronae classicae, quo nemo umquam Romanorum donatus erat,
hoc bello Agrippa singulari virtute meruit. Victor deinde Caesar reversus in
Urbem, contractas emptionibus complures domos per procuratores, quo
laxior fieret ipsius, publicis se usibus destinare professus est, templumque
Apollinis et circa porticus facturum promisit, quod ab eo singulari
extructum munificentia est.
Caput LXXXII
[1] Qua aestate Caesar tam prospere finivit in Sicilia bellum, fortuna in
Caesare et in republica militavit ad Orientem. Quippe Antonius cum
tredecim legionibus egressus Armeniam ac deinde Mediam et per eas
regiones Parthos petens, habuit regem eorum obvium. [2] Primoque duas
legiones cum omnibus impedimentis tormentisque et Statiano legato
amisit, mox saepius ipse cum summo totius exercitus discrimineea adiit
pericula, <a> quibus servari se posse desperaverat; amissaque non minus
quarta parte militum, captivi cuiusdam, sed Romani, consilio ac fide
servatus, qui clade Crassiani exercitus captus, cum fortuna non animum
mutasset, accessit nocte ad stationem Romanam praedixitque ne
destinatum iter peterent, sed diverso silvestriquepervaderent. [3] Hoc M.
Antonio ac tot illis legionibus saluti fuit; de quibus tamen totoque exercitu
haud minus pars quarta, ut praediximus, militum, calonum servitiique
desiderata tertia est; impedimentorum vix ulla superfuit. Hanc tamen
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Antonius fugam suam, quia vivus exierat, victoriam vocabat. Qui, tertia
aestate reversus in Armeniam, regem eius Artavasden fraude deceptum,
catenis, sed, ne quid honori deesset, aureis vinxit. [4] Crescente deinde et
amoris in Cleopatram incendio et vitiorum, quae semper facultatibus
licentiaque et adsentationibus aluntur, magnitudine, bellum patriae inferre
constituit, cum ante novum se Liberum Patrem appellari iussisset, cum
redimitus hederis coronaque velatus aurea et thyrsum tenens cothurnisque
succinctus curru velut Liber Pater vectus esset Alexandriae.
Caput LXXXIII
[1] Inter hunc apparatum belli, Plancus, non iudicio recta legendi neque
amore rei publicae aut Caesaris, quippe haec semper impugnabat, sed
morbo proditor, cum fuisset humillimus adsentator reginae et infra servos
cliens, cum Antonii librarius, cum obscenissimarum rerum et auctor et
minister, cum in omnia et in omnibus venalis,caeruleatus et nudus
caputque redimitus arundine et caudam trahens, genibus innixus Glaucum
saltasset in convivio, refrigeratus ab Antonio ob manifestarum rapinarum
indicia, transfugit ad Caesarem. Et idem postea clementiam victoris pro sua
virtute interpretabatur, dictitans id probatum a Caesare, cui ille ignoverat;
mox autem hunc avunculum Titius imitatus est. [3] Haud absurde
Coponius, vir e praetoriis gravissimus, P. Silii socer, cum recens transfuga,
multa ac nefanda Plancus absenti Antonio in senatu obiceret: ‘Multa,
inquit, mehercules, fecit Antonius pridie quam tu illum relinqueres.’
Caput LXXXIV
[1] Caesare deinde et Messala Corvino consulibus, debellatum Actium, ubi
longe ante quam dimicaretur, exploratissima Iulianarum partium fuit
victoria. Vigebat in hac parte miles atque imperator, <in> illa marcebant
omnia: hinc remiges firmissimi,illinc inopia adfectissimi; navium haec
magnitudo modica nec celeritati adversa, illa specie [et] terribilior; hinc ad
Antonium nemo, illinc ad Caesarem cotidie aliquis transfugiebat; denique
in ore atque oculis Antonianae classis per M. Agrippam Leucas expugnata,
Patrae captae, Corinthus occupata, bis ante ultimum discrimen classis
hostium superata. [2] Rex Amyntas meliora et utiliora secutus; nam
exempli sui tenax ut a Dolabella <ad Cassium, a Cassio ad Antonium, ita ab
Antonio transiit> ad Caesarem; virque clarissimus Cn. Domitius, qui solus
Antonianarum partium numquam reginam nisi nomine salutavit, maximo
et praecipiti periculo transmisit ad Caesarem.
Caput LXXXV
[1] Advenit deinde maximi discriminis dies, quo Caesar Antoniusque,
productis classibus, pro salute alter, in ruinam alter terrarum orbis
dimicavere. [2] Dextrum navium Iulianarum cornu M. Lurio commissum,
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laevum Arruntio, Agrippae omne classici certaminis arbitrium; Caesar ei
parti destinatus in quam a fortuna vocaretur, ubique aderat. Classis Antonii
regimen Publicolae Sosioque commissum. At in terra locatum exercitum
Taurus Caesaris, Antonii regebat Canidius. [3] Ubi initum certamen est,
omnia in altera parte fuere, dux, remiges, milites, in altera nihil praeter
milites.occupat fugam Cleopatra; Antonius fugientis reginae quam
pugnantis militis sui comes esse maluit, et imperator, qui in desertores
saevire debuerat, desertor exercitus sui factus est. [4] Illis, etiam detracto
capite, in longum fortissime pugnandi duravit constantia et desperata
victoria in mortem dimicabatur. Caesar, quos ferro poterat interimere,
verbis mulcere cupiens, clamitansque et ostendens fugisse Antonium,
quaerebat pro quo et cum quo pugnarent. [5] At illi, cum diu pro absente
dimicassent duce, aegre summissis armis, cessere victoriam, citiusque
vitam veniamque Caesar promisit quam illis ut eam precarentur persuasum
est; fuitque in confesso milites optimi imperatoris, imperatorem
fugacissimi militis functum officio, [6] ut dubites suone an Cleopatrae
arbitrio victoriam temperaturus fuerit, qui ad eius arbitrium direxit fugam.
Idem locatus in terra fecitexercitus, cum se Canidius praecipiti fuga
rapuisset ad Antonium.
Caput LXXXVI
[1] Quid ille dies terrarum orbi praestiterit, ex quo in quem statum
pervenerit fortuna publica, quis in hoc transcursu tam artati operis
exprimere audeat? [2] Victoria vero fuit clementissima, nec quisquam
interemptus est, paucissimi et hi qui deprecari quidem pro se non
sustinerent. Ex qua lenitate ducis colligi potuit quem aut initio
triumviratus sui aut in campis Philippiis, si sic licuisset, victoriae suae
facturus fuerit <modum>. At Sosium L. Arruntii prisca gravitate celeberrimi
fides, mox diu <cum> clementia luctatus sua Caesar, servavit incolumem.
[3] Non praetereatur Asinii Pollionis factum et dictum memorabile:
namque, cum se post Brundusinam pacem continuisset in Italia neque aut
vidisset umquam reginam aut post enervatum amore eius Antonii animum
partibus eius se miscuisset, rogante Caesare ut secum ad bellum
proficisceretur Actiacum: ‘Mea, inquit, in Antonium maiora merita sunt,
illius in me beneficia notiora; itaque discrimini vestro me subtraham et ero
praeda victoris.’
Caput LXXXVII
[1] Proximo deinde anno, persecutus reginam Antoniumque Alexandream,
ultimam bellis civilibus imposuit manum. Antonius se ipse non segniter
interemit adeo ut multa desidiae crimina morte redimeret. At Cleopatra,
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frustratis custodibus, illata aspide, morsu sane eius, expers muliebris metus,
spiritum reddidit. [2] Fuitque et fortuna et clementia Caesaris dignum quod
nemo ex his qui contra eum arma tulerant ab eo iussuve eius interemptus.
D. Brutum Antonii interemit crudelitas. Sextum Pompeium, ab eo
devictum idem Antonius, cum dignitatis quoque servandae dedisset fidem,
etiam spiritu privavit. [3] Brutus et Cassius, ante quam victorum
experirentur animum, voluntaria morte obierunt. Antonii Cleopatraeque
quis fuisset exitus narravimus. Canidius timidius decessit quam professioni
eius, qua semper usus erat, congruebat. Ultimus autem ex interfectoribus
Caesaris, Parmensis Cassius, morte poenas dedit, ut dederat Trebonius
<primus>.
Caput LXXXVIII
[1] Dum ultimam bello Actiaco Alexandrinoque Caesar imponit manum,
M. Lepidus, iuvenis forma quam mente melior, Lepidi eius qui triumvir
fuerat rei publicae constituendae filius, Iunia sorore natus, interficiendi,
simul in Urbem revertisset, Caesaris consilia inierat. [2] <Erat> tunc urbis
custodiis praepositus C. Maecenas, equestri sed splendido genere natus, vir,
ubi res vigiliam exigeret, sane exsomnis, providens atque agendi sciens,
simul vero aliquid ex negotio remitti posset, otio ac mollitiis paene ultra
feminam fluens, non minus Agrippa Caesari carus, sed minus honoratus –
quippe vixit angusti clavi paene contentus – nec minora consequi potuit,
sed non tam concupivit. [3] Hic speculatus est per summam quietem ac
dissimulationem praecipitis consilia iuvenis et mira celeritate nullaque
cum perturbatione aut rerum aut hominum oppresso Lepido, immane
noviac resurrecturi belli civilis restinxit initium; et ille quidem male
consultorum poenas exsolvit. Aequetur praedictae iam Antistii Servilia,
Lepidi uxor, quae, vivo igni devorato, praematura morte immortalem
nominis sui pensavit memoriam.
Caput LXXXIX
[1] Caesar autem, reversus in Italiam atque Urbem, <quo> occursu, quo
favore omnium hominum, aetatium, ordinum exceptus sit, quae
magnificentia triumphorum eius, quae fuerit munerum, ne in operis
quidem iusti materia, nedum huius tam recisi digne exprimi potest. [2]
Nihil deinde optare a diis homines, nihil dii hominibus praestare possunt,
nihil voto concipi, nihil felicitate consummari quod non Augustus post
reditum in Urbem rei publicae populoque Romano terrarumque orbi
repraesentaverit. [3] Finita vicesimo anno bella civilia, sepulta externa,
revocata pax, sopitus ubique armorum furor, restituta vis legibus, iudiciis
auctoritas, senatui maiestas, imperium magistratuum ad pristinum
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redactum modum; tantummodo octo praetoribus adlecti duo. [4] Prisca illa
et antiqua rei publicae forma revocata, rediit cultus agris, sacris honos,
securitas hominibus, certa cuique rerum suarum possessio; leges
emendatae utiliter, latae salubriter, senatus sine asperitate nec sine
severitate lectus. Principes viri, triumphisque et amplissimis honoribus
functi, adhortatu principis ad ornandam Urbem illecti sunt. [5] Consulatus
tantummodo usque ad undecimum, quem continuaret Caesar, cum saepe
obnitens repugnasset, impetrare potuit: nam dictaturam quam pertinaciter
ei deferebat populus, tam constanter repulit. [6] Bella sub imperatore gesta
pacatusque victoriis terrarum orbis et tot extra Italiam domique opera
omne aevi sui spatium impensurum in id solum opus scriptorem fatigant.
Nos, memores professionis, universam imaginem principatus eius oculis
animisque subiecimus.
Caput XC
[1] Sepultis, ut praediximus, bellis civilibus coalescentibusque rei publicae
membris, etiam coaluere quae tam longa armorum series laceraverat.
Delmatia <annos> XX et CC rebellis, ad certam confessionem pacata est
imperii. Alpes feris incultisque nationibus celebres perdomitae. Hispaniae
nunc ipsius praesentia, nunc Agrippae quem usque in tertium consulatum
et mox collegium tribuniciae potestatis amicitia principis evexerat, multo
varioque Marte pacatae. [2] In quas provincias cum initio, Scipione et
Sempronio Longo consulibus, primo anno secundi <belli> Punici, abhinc
annos CCL Romani exercitus misissent duce Cn. Scipione, Africani patruo,
per annos CC in his multo mutuoque ita certatum est sanguine, ut amissis
populi Romani imperatoribus exercitibusque saepe contumelia, etiam
nonnumquam periculum Romano inferretur imperio. [3] Illae enim
provinciae Scipiones consumpserunt; illae contumelioso XX annorum bello
sub duce Viriatho maiores nostros exercuerunt; illae terrore Numantini
belli populum Romanum concusserunt; in illis turpe Q. Pompei foedus
turpiusque Mancini senatus cum ignominia dediti imperatoris rescidit; illa
tot consulares, tot praetorios absumpsit duces patrumque aetate in tantum
Sertorium armis extulit ut per quinquennium diiudicari non potuerit
Hispanis Romanisne in armis plus esset roboris et uter populus alteri
pariturus foret. [4] Has igitur provincias tam diffusas, tam frequentes, tam
feras ad eam pacem abhinc annos ferme L perduxit Caesar Augustus ut,
quae maximis bellis numquam vacaverant, eae sub C. Antistio ac deinde P.
Silio legato ceterisque postea etiam latrociniis
Caput XCI
[1] Dum pacatur Occidens, ab Oriente ac rege Parthorum signa Romana,
quae, Crasso oppresso, Orodes, quae, Antonio pulso, filius eius Prahates
ceperant, Augusto remissa sunt. Quod cognomen illi viro Planci sententia
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consensus universi senatus populique Romani indidit. [2] Erant tamen qui
hunc felicissimum statum odissent. Quippe L. Murena et Fannius Caepio,
diversis moribus – nam Murena sine hoc facinore potuit videri bonus,
Caepio et ante hoc erat pessimus – cum iniissent occidendi Caesaris
consilia, oppressi auctoritate publica, quod vi facere voluerant, iure passi
sunt. [3] Neque multo post Rufus Egnatius, per omnia gladiatori quam
senatori propior, collecto in aedilitate favore populi, quem extinguendis
privata familia incendiis in dies auxerat, in tantum quidem ut ei praeturam
continuaret, mox etiam consulatum petere ausus, cum esset omni
flagitiorum scelerumque conscientia mersus nec melior illi res familiaris
quam mens foret, adgregatis simillimis sibi, interimere Caesarem statuit ut,
quo salvo salvus esse non poterat, eo sublato moreretur. [4] Quippe ita se
mores habent <ut> publica quisque ruina malit occidere quam sua proteri
et idem passurus minus conspici. Neque hic prioribus in occultando
felicior fuit abditusque carceri cum consciis facinoris, mortem dignissimam
vita sua obiit.
Caput XCII
[1] Praeclarum excellentis viri factum C. Sentii Saturnini, circa ea tempora
consulis, ne fraudetur memoria. [2] Aberat in ordinandis Asiae Orientisque
rebus Caesar, circumferens terrarum orbi praesentia sua pacis suae bona.
Tum Sentius, forte et solus et absente Caesare consul, cum alia prisca
severitate summaque constantia, vetere consulum more ac severitate,
gessisset, protraxisset publicanorum fraudes, punisset avaritiam, regessisset
in aerarium pecunias publicas, tum in comitiis habendis praecipuum egit
consulem: [3] nam et quaesturam petentes, quos indignos iudicavit,
profiteri vetuit et, cum id facturos se perseverarent, consularem, si in
campum descendissent, vindictam minatus est, [4] et Egnatium florentem
favore publico sperantemque ut praeturam aedilitati, ita consulatum
praeturae se iuncturum, profiteri vetuit et, cum id non obtinuisset, iuravit,
etiam si factus esset consul suffragiis populi, tamen se eum non
renuntiaturum. [5] Quod ego factum cuilibet veterum consulum gloriae
comparandum reor, nisi quod naturaliter audita visis laudamus libentius et
praesentia invidia, praeterita veneratione prosequimur et his nos obrui, illis
instrui credimus.
Caput XCIII
[1] Ante triennium fere quam Egnatianum scelus erumperet, circa Murenae
Caepionisque coniurationis tempus, abhinc annos L, M. Marcellus, sororis
Augusti Octaviae filius, quem homines ita, si quid accidisset Caesari,
successorem potentiae eius arbitrabantur futurum, ut tamen id per M.
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Agrippam securo ei posse contingere non existimarent, magnificentissimo
munere aedilitatis edito, admodum iuvenis, sane, ut aiunt, ingenuarum
virtutum laetusque animi et ingenii fortunaeque in quam alebatur capax.
[2] Post cuius obitum,Agrippa, qui sub specie ministeriorum principalium
profectus in Asiam, ut fama loquitur, ob cum Marcello offensiones,
praesenti se subduxerat tempori, reversus inde, filiam Caesaris Iuliam quam
in matrimonio Marcellus habuerat duxit uxorem, feminam neque sibi
neque rei publicae felicis uteri.
Caput XCIV
[1] Hoc tractu temporum, Ti. Claudius Nero, quo trimo, ut praediximus,
Livia, Drusi Claudiani filia, despondente Ti. Nerone, cui ante nupta fuerat,
Caesari nupserat, [2] innutritus caelestium praeceptorum disciplinis,
iuvenis genere, forma, celsitudine corporis, optimis studiis maximoque
ingenio instructissimus, qui protinus quantus est,sperari potuerat visuque
praetulerat principem, [3] quaestor undevicesimum annum agens capessere
coepit rem publicam maximamque difficultatem annonae ac rei
frumentariae inopiam ita Ostiae atque in Urbe, mandatu vitrici, moderatus
est, ut per id quod agebat quantus evasurus esset eluceret. [4] Nec multo
post, missus ab eodem vitrico cum exercitu ad visendas ordinandasque
quae sub Oriente provincias, praecipuis omnium virtutum experimentiseo
tractatu editis, cum legionibus ingressus Armeniam, redacta ea in
potestatem populi Romani regnum eius Artavasdi dedit. Cuius rex quoque
Parthorum tanti nominis fama territus, suos ad Caesarem misit obsides.
Caput XCV
[1] Reversum inde Neronem Caesar haud mediocris belli mole experiri
statuit, adiutore operis dato fratre ipsius Druso Claudio, quem intra
Caesaris penates enixa erat Livia. [2] Quippe uterque, divisis partibus,
Raetos Vindelicosque adgressi, multis urbium et castellorum
oppugnationibus nec non derecta quoqueacie feliciter functi gentes locis
tutissimas, aditu difficillimas, numero frequentes, feritate truces maiore
cum periculo quam damno Romani exercitus, plurimo cum earum
sanguine perdomuerunt.
[3] Ante quae tempora censura Planci et Pauli acta inter discordiam neque
ipsis honori neque rei publicae usui fuerat, cum alteri vis censoria, alteri
vita deesset, Paulus vix posset implere censorem, Plancus timere deberet,
nec quidquam obiicere posset adulescentibus aut obiicientes audire quod
non agnosceret senex.
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Caput XCVI
[1] Mors deinde Agrippae, qui novitatem suam multis rebus nobilitaverat
atque in hoc perduxerat ut et Neronis esset socer, cuiusque liberos nepotes
suos divus Augustus, praepositis Gai ac Lucii nominibus, adoptaverat,
admovit propius Neronem Caesari: quippe filia Iulia eius, quae fuerat
Agrippae nupta, Neroninupsit.
[2] Subinde bellum Pannonicum, quod inchoatum <ab> Agrippa Marcoque
Vinicio, avo tuo, consulari, magnum atroxque et perquam vicinum
imminebat
per Neronem gestum est. [3] Gentes Pannoniorum
Delmatarumque nationes situmque regionum ac fluminum numerumque
et modum virium excelsissimasque et multiplices eo bello victorias tanti
imperatoris alio loco explicabimus: hoc opus servet formam suam. Huius
victoriae compos Nero ovans triumphavit.
Caput XCVII
[1] Sed, dum in hac parte imperii omnia geruntur prosperrime, accepta in
Germania clades sub legato M. Lollio, homine in omnia pecuniae quam
recte faciendi cupidiore et inter summam vitiorum dissimulationem
vitiosissimo, amissaque legionis quintae aquila vocavit ab Urbe in Gallias
Caesarem. [2] Cura deinde atque onus Germanici belli delegata Druso
Claudio, fratri Neronis, adulescenti tot tantarumque virtutum quot et
quantas natura s recipit vel industria perficit. Cuius ingenium utrum
bellicis magis operibus an civilibus suffecerit artibus, in incerto est: [3]
morum certe dulcedo ac suavitas et adversus amicos aequa ac par sui
aestimatio inimitabilis fuisse dicitur; nam pulchritudo corporis proxima
fraternae fuit. Sed illum magna ex parte domitorem Germaniae, plurimo
eius gentis variis in profuso sanguine, fatorum iniquitas consulem,
agentem annum tricesimum, rapuit. [4] Moles deinde eius belli translata in
Neronem est: quod is sua et virtute et fortuna administravit peragratusque
victor omnes partes Germaniae sine ullo detrimento commissi exercitus,
quod praecipue huic duci semper curae fuit, sic perdomuit eam ut in
formam paene stipendiariae redigeret provinciae. Tum alter triumphus
cum altero consulatu ei oblatus est.
Caput XCVIII
[1] Dum ea quae praediximus in Pannonia Germaniaque geruntur, atrox in
Thracia bellum ortum, omnibus eius gentisnationibus in arma accensis, L.
Pisonis, quem hodieque diligentissimum atque eundem lenissimum
securitatis urbanae custodem habemus, virtus compressit – [2] quippe
legatus Caesaris triennio cum his bellavit gentesque ferocissimas plurimo
cum earum excidio nunc acie, nunc expugnationibus in pristinum pacis
redegit modum – eiusque patratione Asiae securitatem, Macedoniaepacem
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reddidit. [3] De quo viro hoc omnibus sentiendum praedicandum est esse
mores eius vigore ac lenitate mixtissimos et vix quemquam reperiri posse,
qui aut otium validius diligat facilius sufficiat negotio, et magis quae
agenda sunt curet sine ulla ostentatione agendi.
Caput XCIX
[1] Brevi interiecto spatio, Ti. Nero duobus consulatibus totidemque
triumphis actis, tribuniciae potestatis consortione aequatus Augusto,
civium post unum, et hoc quia volebat, eminentissimus, ducum maximus,
fama fortunaque celeberrimus et vere alterum rei publicae lumen et caput,
[2] mira quadam et incredibili atque inenarrabili pietate, cuius mox
detectae sunt, cum C. Caesar sumpsisset iam virilem togam, Lucius item
maturus esset vir, is, ne fulgor suus orientium iuvenum obstaret initiis,
dissimulata causa consilii sui, commeatum ab socero atque eodem vitrico
adquiescendi a continuatione laborum petiit. [3] Quis fuerit eo tempore
civitatis habitus, qui singulorum animi, quae digredientium a tanto viro
omnium lacrimae, quam paene ei patria manum iniecerit, iusto servemus
operi. [4] Illud etiam in hoc transcursu dicendum est ita septem annos
Rhodi moratum ut omnes, qui pro consulibus legatique in transmarinas
profecti provincias, visendi eius gratia <Rhodum deverterint> atque eum
convenientes semper privato, si illa maiestas privata umquam fuit, fasces
suos summiserint fassique sint otium eius honoratius imperio suo.
Caput C
[1] Sensit terrarum orbis digressum a custodia Neronem Urbis: nam et
Parthus desciscens a societate Romana adiecit Armeniae manum et
Germania aversis domitoris sui oculis rebellavit.
[2] At in Urbe, eo ipso anno quo magnificentissimis gladiatorii muneris
naumachiaeque spectaculis divus Augustus, abhinc annos XXX, se et Gallo
Caninio consulibus, dedicato Martis templo animos oculosque populi
Romani repleverat, foeda dictu memoriaque horrenda in ipsius domo
tempestas erupit. [3] Quippe filia eius Iulia, per omnia tanti parentis ac viri
immemor, nihil, quod facere aut pati turpiter posset femina, luxuria
libidine infectum reliquit, magnitudinemque fortunae suae peccandi
licentia metiebatur, quidquid liberet pro licito vindicans. [4] Tum Iullus
Antonius, singulare exemplum clementiae Caesaris, violator eius domus,
ipse sceleris a se commissi ultor fuit – quem, victo eius patre, non tantum
incolumitate donaverat, sed sacerdotio, praetura, consulatu, provinciis
honoratum, etiam matrimonio sororis suae filiae in artissimam adfinitatem
receperat – [5] Quintiusque Crispinus, singularem nequitiam supercilio
truci protegens, et Appius Claudius et Sempronius Gracchus ac Scipio
aliique minoris nominis utriusque ordinis viri, quas cuiuslibet uxore
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violata poenas pependissent, pependere, cum Caesaris filiam et Neronis
violassent coniugem. Iulia relegata in insulam patriaeque et parentum
subducta oculis, quam tamen comitata mater Scribonia voluntaria exilii
permansit comes.
Caput CI
[1] Breve ab hoc intercesserat spatium, cum C. Caesar, ante aliis provinciis
ad visendum obitis, in Syriam missus, convento prius Ti. Nerone, cui
omnem honorem ut superiori habuit, tam varie se ibi gessit ut nec
laudaturum magna nec vituperaturum mediocris materia deficiat. Cum
rege Parthorum, iuvene excelsissimo, <in> insula quam amnis Euphrates
ambiebat, aequato utriusque partis numero, coiit. [2] Quod spectaculum
stantis ex diverso hincillinc Parthorum exercitus, cum duo inter se
eminentissima imperiorum et hominum coirent capita, perquam clarum et
memorabile sub initia stipendiorum meorum tribuno militum mihi visere
contigit: [3] quem militiae gradum ante sub patre tuo, M. Vinici, et P. Silio
auspicatus in Thracia Macedoniaque, mox Achaia Asiaque et omnibus ad
Orientem visis provinciis et ore atque utroque maris Pontici latere, haud
iniucunda tot rerum, locorum, gentium, urbium recordatione perfruor.
Prior Parthus apud Gaium in nostra ripa, posterior hic apud regem in
hostili epulatus est.
Caput CII
[1] Quo tempore M. Lollii, quem veluti moderatorem iuventae filii sui
Augustus esse voluerat, perfida et plena subdoli ac versuti animi consilia,
per Parthum indicata Caesari, fama vulgavit; cuius mors intra paucos dies
fortuita an voluntaria fuerit ignoro. Sed quam hunc decessisse laetati
homines, tam paulo post obiisse Censorinum in iisdem provinciis graviter
tulit civitas, virum demerendis hominibus genitum.
[2] Armeniam deinde <Gaius> ingressus, prima parte introitus prospere
<rem> gessit; mox in colloquio, cui se temere crediderat, circa Artageram
graviter a quodam, nomine Adduo, vulneratus, ex eo ut corpus minus
habile, ita animum minus utilem rei publicae habere coepit. [3] Nec defuit
conversatio hominum vitia eius adsentatione alentium – etenim semper
magnae fortunae comes adest adulatio – per quae eo ductus erat ut in
ultimo ac remotissimo terrarum orbis angulo consenescere quam Romam
regredi mallet. Diu dein reluctatus invitusque revertens in Italiam, in urbe
Lyciae – Limyra nominant – morbo obiit, cum ante annum ferme L. Caesar,
frater eius, Hispanias petens Massiliae decessisset.
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Caput CIII
[1] Sed fortuna, quae subduxerat spem magni nominis, iam tum rei
publicae sua praesidia reddiderat: quippe ante utriusque horum obitum,
patre tuo P. Vinicio consule, Ti. Nero reversus Rhodo incredibili laetitia
patriam repleverat. [2] Non est diu cunctatus Caesar Augustus; neque enim
quaerendus erat quem legeret, sed legendus qui eminebat. [3] Itaque, quod
post Lucii mortem, adhuc Gaio vivo, facere voluerat eoque vehementer
repugnante Nerone erat inhibitus, post utriusque adulescentium obitum
facere perseveravit, ut et tribuniciae potestatis consortionem Neroni
constitueret, multum quidem eo cum domi, tum in senatu recusante, et
eum, Aelio Cato <C.> Sentio consulibus V Kal. Iulias, post urbem conditam
DCCLIIII, abhinc annos XXVII adoptaret. [4] Laetitiam illius diei
concursumque civitatis et vota paene inserentium manus spemque
conceptam perpetuae securitatis aeternitatisque Romani imperii vix in illo
iusto opere abunde persequi poterimus, nedum hic implere temptemus,
<contenti> id unum dixisse quam ille omnibus <faustus> fuerit. [5] Tum
refulsit certa spes liberorum parentibus, viris matrimoniorum, dominis
patrimonii, omnibus hominibus salutis, quietis, pacis, tranquillitatis, adeo
ut nec plus sperari potuerit nec spei responderi felicius.
Caput CIV
[1] Adoptatus eadem die etiam M. Agrippa, quem post mortem Agrippae
Iulia enixa erat, sed in Neronis adoptione illud adiectum his ipsis Caesaris
verbis: ‘Hoc, inquit, rei publicae causa facio.’ [2] Non diu vindicem
custodemque imperii sui morata in urbe patria protinus in Germaniam
misit, ubi ante triennium sub M. Vinicio, avo tuo, clarissimo viro,
immensum exarserat bellum. Erat id ab eo quibusdam in locis gestum,
quibusdam sustentatum feliciter eoque nomine decreta ei cum
speciosissima inscriptione operum ornamenta triumphalia.
[3] Hoc tempus me, functum ante tribunatu, castrorum Ti. Caesaris
militem fecit; quippe protinus ab adoptione missus cum eo praefectus
equitum in Germaniam, successor officii patris mei, caelestissimorum eius
operum per annos continuos VIIII praefectus aut legatus spectator, tum pro
captu mediocritatis meae adiutor fui. Neque illi spectaculo quo fructus sum
simile condicio mortalis recipere videtur mihi, cum per celeberrimam
Italiae partem tractumque omnem Galliae provinciarum veterem
imperatorem et ante meritis ac virtutibus quam nomine Caesarem
revisentes sibi quisque quam illi gratularentur plenius. [4] At vero militum
conspectu eius elicitae gaudio lacrimae alacritasque et salutationis nova
quaedam exultatio et contingendi manum cupiditas non continentium,
protinus quin adiicerent: ‘Videmus te, imperator? Salvum recepimus?’
deinde: ‘Ego tecum, imperator, in Armenia, ego in Raetia fui, ego a te in
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Vindelicis, ego in Pannonia, ego in Germania donatus sum’ neque verbis
exprimi et fortasse vix mereri fidem potest.
Caput CV
[1] Intrata protinus Germania, subacti Canninefates, Attuarii, Bructeri,
recepti Cherusci – gentes utinam minus mox nostra clade nobiles! –
transitus Visurgis, penetrata ulteriora, cum omnem partem asperrimi et
periculosissimi belli Caesar vindicaret, in iis quae minoris erant
discriminis, Sentium Saturninum, qui tum legatus patris eius in Germania
fuerat, praefecisset, [2] virum multiplicem [in] virtutibus, gnavum, agilem,
providum militariumque officiorum patientem ac peritum pariter, sed
eundem, ubi negotia fecissent locum otio, liberaliter lauteque eo
abutentem, ita tamen ut eum splendidum ac hilarem potius quam
luxuriosum aut desidem diceres; de cuius viri claro ingenio celebrique
consulatu praediximus. [3] Anni eius aestiva usque in mensem Decembrem
perducta immanis emolumentum fecere victoriae. Pietas sua Caesarem
paene obstructis hieme Alpibus in Urbem traxit; at tutela imperii eum veris
initio reduxit in Germaniam, in cuius mediis finibus ad caput Lupiae
fluminis hiberna digrediens princeps locaverat.
Caput CVI
[1] Pro dii boni! Quanti voluminis opera insequenti aestate sub duce
Tiberio Caesare gessimus! Perlustrata armis tota Germania est, victae gentes
paene nominibus incognitae, receptae Cauchorum nationes; omnis eorum
iuventus infinita numero, immensa corporibus, situ locorum tutissima,
traditis armis, una cum ducibus suis, saepta fulgenti armatoque militum
nostrorum agmine ante imperatoris procubuit tribunal. [2] Fracti
Langobardi, gens etiam Germana feritate ferocior; denique, quod antea spe
conceptum, nedum opere temptatum erat, ad quadringentesimum
miliarium a Rheno usque ad flumen Albim, qui Semnonum
Hermundurorumque fines praeterfluit, Romanus cum signis perductus
exercitus. [3] Et eodem mira felicitate et cura ducis, temporum quoque
observantia, classis, quae Oceani circumnavigaverat sinus, ab inaudito
atque incognito ante mari flumine Albi subvecta, plurimarum gentium
victoria, cum abundantissima rerum omnium copia, exercitui Caesarique
se iunxit.
Caput CVII
[1] Non tempero mihi quin tantae rerum magnitudini hoc, qualecumque
est, inseram. Cum citeriorem ripam praedicti fluminis castris occupassemus
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et ulterior armata hostium iuventute fulgeret, sub omnem motum
<metumque> nostrarum navium protinus refugientium, unus e barbaris,
aetate senior, corpore excellens, dignitate, quantum ostendebat cultus,
eminens, cavatum, ut illis mos est, ex materia conscendit alveum solusque
id navigii genus temperans, ad medium processit fluminis et petiit, liceret
sibi sine periculo in eam, quam armis tenebamus, egredi ripam ac videre
Caesarem. Data petenti facultas. [2] Tum, adpulso lintre et diu tacitus
Caesarem: ‘Nostra quidem, inquit, furit iuventus, quae, cum vestrum
numen absentium colat, praesentium potius arma metuit quam sequitur
fidem. Sed ego, beneficio et permissu tuo, Caesar, quos ante audiebam,
hodie vidi deos, nec feliciorem ullum vitae meae aut optavi aut sensi diem’.
Impetratoque ut manum contingeret, reversus in naviculam, sine fine
respectans Caesarem ripae suorum adpulsus est. [3] Victor omnium
gentium locorumque quos adierat Caesar cum incolumi inviolatoque et
semel tantummodo magna cum clade hostium fraude eorum temptato
exercitu, in hiberna legiones reduxit, eadem qua priore anno festinatione
urbem petens.
Caput CVIII
[1] Nihil erat iam in Germania quod vinci posset, praeter gentem
Marcomannorum, quae, Maroboduo duce, excita sedibus suis atque in
interiora refugiens, incinctos Hercyniae silvae campos incolebat. [2] Nulla
festinatio huius viri mentionem transgredi debet. Maroboduus, genere
nobilis, corpore praevalens, animo ferox, natione magis quam ratione
barbarus, non tumultuarium neque fortuitum neque mobilem et ex
voluntate parentium constantem inter suos occupavit principatum, sed
certum imperium vimque regiam complexus animo statuit, avocata procul
a Romanis gente sua, eo progredi ubi, cum propter potentiora arma
refugisset, sua faceret potentissima. Occupatis igitur quos praediximus
locis, finitimos omnes aut bello domuit aut condicionibus iuris sui fecit.
Caput CIX
[1] Corpus suum custodientium imperium perpetuis exercitiis paene ad
Romanae disciplinae formam redactum, brevi in eminens et nostro quoque
imperio timendum perduxit fastigium gerebatque se ita adversus Romanos
ut neque bello nos <lacesseret et, si> lacesseretur, superesse sibi vim ac
voluntatem resistendi <ostenderet>. [2] Legati quos mittebat ad Caesares,
interdum ut supplicem commendabant, interdum ut pro pari loquebantur.
Gentibus hominibusque a nobis desciscentibus erat apud eum perfugium,
<in> totumque ex male dissimulato agebat aemulum, exercitumque, quem
LXX milium peditum, quattuor equitum fecerat, adsiduis adversus finitimos
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bellis exercendo maiori quam, quod habebat, operi praeparabat. [3] Eratque
etiam eo timendus quod, cum Germaniam ad laevam et in fronte,
Pannoniam ad dextram, a tergo sedium suarum haberet Noricos, tamquam
in omnes semper venturus ab omnibus timebatur. [4] Nec securam
incrementi sui patiebatur esse Italiam, quippe cum a summis Alpium iugis
quae finem Italiae terminant initium huius finium haud multo plus CC
milibus passuum abesset. [5] Hunc virum et hanc regionem, proximo
anno, diversis e partibus Ti. Caesar adgredi statuit. Sentio Saturnino
mandatum ut per Cattos, excisis continentibus Hercyniae silvis, legiones
Boiohaemum – id regioni, quam incolebat Maroboduus, nomen est – ipse a
Carnunto, qui locus Norici regni proximus ab hac parte erat, exercitum qui
in Illyrico merebat ducere in Marcomannos orsus est.
Caput CX
[1] Rumpit, interdum moratur proposita hominum fortuna. Praeparaverat
iam hiberna Caesar ad Danubium admotoque exercitu non plus quam
quinque dierum iter a primis hostium <aberat [2] et legiones etiam quas>
Saturninum admovere <ei> placuerat, paene aequali divisae intervallo ab
hoste intra paucos dies in praedicto loco cum Caesare <se> iuncturae erant,
cum universa Pannonia, insolens longae pacis bonis, adulta viribus,
Delmatia omnibusque tractus eius gentibus in societatem adductis consilii,
arma corripuit. [3] Tum necessaria gloriosis praeposita, neque tutum
visum, abdito in interiora exercitu, vacuam tam vicino hosti relinquere
Italiam. Gentium nationumque quae rebellaverant omnis numerus
amplius DCCC milibus explebat; CC fere peditum colligebantur armis
habilia, equitum VIIII. [4] Cuius immensae multitudinis, parentis ac
peritissimis ducibus, pars petere Italiam decreverat iunctam sibi Nauporti
ac Tergestis confinio, pars in Macedoniam <se> effuderat, pars suis sedibus
praesidium esse destinaverat. Maxima duobus Batonibus ac Pinneti ducibus
auctoritas erat. [5] In omnibus autem Pannoniis non disciplinae
tantummodo, sed linguae quoque notitia Romanae, plerisque etiam
litterarum usus et familiaris animorum erat exercitatio. Itaque, Hercules!
nulla umquam natio tam mature consilio belli bellum iunxit ac decreta
patravit. [6] Oppressi cives Romani, trucidati negotiatores, magnus
vexillariorum numerus ad internecionem ea in regione quae plurimum ab
imperatore aberat caesus, occupata armis Macedonia, omnia et in omnibus
locis igni ferroque vastata. Quin etiam tantus huius belli metus fuit ut
stabilem illum et formatum tantorum bellorum experientia Caesaris
Augusti animum quateret atque terreret.
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Caput CXI
[1] Habiti itaque delectus, revocati undique et omnes veterani, viri
feminaeque ex censu libertinum coactae dare militem. Audita in senatu vox
principis, decimo die, ni caveretur, posse hostem in urbis Romae venire
conspectum. Senatorum equitumque Romanorum exactae ad id bellum
operae: pollicitati. [2] Omnia haec frustra praeparassemus, nisi qui illa
regeret fuisset. Itaque, ut praesidium militum, res publica ab Augusto
ducem in bellum poposcit Tiberium.
[3] Habuit in hoc quoque bello mediocritas nostra speciosi ministerii
locum. Finita equestri militia, designatus quaestor necdum senator
aequatus senatoribus, etiam designatis tribunis plebei, partem exercitus ab
Urbe traditi ab Augusto perduxi ad filium eius. [4] In quaestura deinde,
remissa sorte provinciae, legatus eiusdem ad eundem missus. Quas nos
primo anno acies hostium vidimus! Quantis prudentia ducis
opportunitatibus furentes eorum vires universas evasimus, elusimus
partibus! Quanto cum temperamento simul utilitatis res auctoritate
imperatoris agi vidimus! Qua prudentia hiberna disposita sunt! Quanto
opere inclusus custodiis exercitus nostri, ne qua posset erumpere inopsque
copiarum et intra se furens viribus hostis elanguesceret!
Caput CXII
[1] Felix eventu, forte conatu, prima aestate belli, Messalini opus
mandandum est memoriae. [2] Qui vir, animo etiam quam gente nobilior,
dignissimus qui et patrem Corvinum habuisset et cognomen suum Cottae
fratri relinqueret, praepositus Illyrico subita rebellione cum semiplena
legione vicesima, circumdatus hostili exercitu, amplius XX milia hostium
fudit fugavitque et ob id ornamentis triumphalibus honoratus est.
[3] Ita placebat barbaris numerus suus, ita fiducia virum ut, ubicumque
Caesar esset, nihil in se reponerent. Pars exercitus eorum proposita ipsi
duci et ad arbitrium utilitatemque nostram macerata perductaque ad
exitiabilem famem, neque instantem sustinere neque cum facientibus
copiam pugnandi derigentibusque aciem ausa congredi, occupato monte
Claudio, munitione se defendit. [4] At ea pars quae obviam se effuderat
exercitui, quem A. Caecina et Silvanus Plautius consulares ex transmarinis
adducebant provinciis, circumfusa quinque legionibus nostris
auxiliaribusque et equitatui regio – quippe magnam Thracum manum
iunctus praedictis ducibus Rhoemetalces, Thraciae rex, in adiutorium eius
belli secum trahebat – paene exitiabilem omnibus cladem intulit. [5]
Fugata regiorum equestris acies, fugatae alae, conversae cohortes sunt, apud
signa quoque legionum trepidatum. Sed Romani virtus militis plus eo
tempore vindicavit gloriae quam ducibus reliquit, qui multum a more
71
imperatoris sui discrepantes, ante in hostem inciderunt quem per
exploratores ubi hostis esset cognoscerent. [6] Iam igitur in dubiis rebus
semet ipsae legiones adhortatae, iugulatis ab hoste quibusdam tribunis
militum, interempto praefecto castrorum praefectisque cohortium, non
incruentis centurionibus, <e> quibus etiam primi ordines cecidere, invasere
hostes nec sustinuisse contenti perrupta eorum acie ex insperato victoriam
vindicaverunt.
[7] Hoc fere tempore, Agrippa, qui eodem die quo Tiberius adoptatus ab
avo suo naturali erat, et iam ante biennium, qualis esset, apparere coeperat,
mira pravitate animi atque ingenii in praecipitia conversus, patris
atqueeiusdem avi sui animum alienavit sibi, moxque, crescentibus in dies
vitiis, dignum furore suo habuit exitum.
Caput CXIII
[1] Accipe nunc, M. Vinici, tantum in bello ducem quantum in pace vides
principem. Iunctis exercitibus, quique sub Caesare fuerant quique ad eum
venerant, contractisque in una castra decem legionibus, LXX amplius
cohortibus, † set† pluribus quam decem veteranorum milibus, ad hoc
magno voluntariorum numero frequentique equite regio, tanto denique
exercitu quantus nullo umquam loco post bella fuerat civilia, omnes eo
ipso laeti erant maximamque fiduciam victoriae in numero reponebant. [2]
At imperator, optimus eorum quae agebat iudex et utilia speciosis
praeferens quodque semper eum facientem vidi in omnibus bellis, quae
probanda essent, non quae utique probarentur sequens, paucis diebus
exercitum qui venerat ad refovendas ex itinere eius vires moratus, cum eum
maiorem quam ut temperari posset neque habilem gubernaculo cerneret,
dimittere statuit, [3] prosecutusque longo et perquam laborioso itinere
cuius difficultas narrari vix potest, ut neque universos quisquam auderet
adgredi et partem digredientium, suorum quisque metu finium, universi
temptare non possent, remisit eo unde venerant, et ipse asperrimae hiemis
initio regressus Sisciam, legatos, inter quos ipsi fuimus, partitis praefecit
hibernis.
Caput CXIV
[1] O rem dictu non eminentem, sed solida veraque virtute atque utilitate
maximam, experientia suavissimam, humanitate singularem! Per omne
belli Germanici Pannonicique tempus, nemo e nobis gradumve nostrum
aut praecedentibus aut sequentibus imbecillus fuit, cuius salus ac valetudo
non ita sustentaretur Caesaris cura, tamquam distractissimus ille tantorum
onerum mole huic uni negotio vacaret animus. [2] Erat desiderantibus
paratum iunctum vehiculum, lectica eius publicata, cuius <usum> cum alii,
tum egosensi: iam medici, iam apparatus cibi, iam in hoc solum [uni]
72
portatum instrumentum balinei non succurrit valetudini; domus tantum
ac domestici deerant, ceterum nihil quod ab illis aut praestari aut desiderari
posset. [3] Adiciam illud quod, quisquis illis temporibus interfuit, ut alia
quae retuli, agnoscet protinus: solus semper equo vectus est, solus cum iis
quos invitaverat maiore parte aestivarum expeditionum cenavit sedens.
Non sequentibus disciplinam, quatenus exemplo non nocebatur, ignovit;
admonitio frequens, inerat et castigatio, vindicta rarissima, agebatque
medium plurima dissimulantis, aliqua inhibentis.
[4] Hiems emolumentum patrati belli contulit; sed, insequenti aestate,
omnis Pannonia, reliquiis totius belli in Delmatia manentibus, pacem
petiit. Ferocem illam tot milium iuventutem, paulo ante servitutem
minatam Italiae, conferentem arma quibus usa erat apud flumen,
Bathinum, prosternentemque se universam genibus imperatoris,
Batonemque et Pinnetem, excelsissimos duces, captum <alterum>, alterum
a se deditum, iustis voluminibus ordine narrabimus, ut spero.
[5] Autumno, victor in hiberna reducitur exercitus, cuius omnibus copiis
<a> Caesare <M.> Lepidus praefectus est, vir nominis ac fortunae
Caesarumproximus, quem, in quantum quisque aut cognoscere aut
intellegere potuit, in tantum miratur ac diligit tantorumque nominum
quibus ortus est ornamentum iudicat.
Caput CXV
[1] Caesar ad alteram belli Delmatici molem animum atque arma contulit.
In qua regione, quali adiutore legatoque fratre meo, Magio Celere
Velleiano, usus sit, ipsius patrisque eius praedicatione testatum est et
amplissimorum honorum, quibus triumphans eum Caesar donavit, signat
memoria. [2] Initio aestatis, Lepidus, educto hibernis exercitu, per gentes
integras immunesque adhuc clade belli et eo feroces ac truces, tendens ad
Tiberium imperatorem et cum difficultate locorum et cum vi hostium
luctatus, magna cum clade obsistentium excisis agris, exustis aedificiis,
caesis viris, laetus victoria praedaque onustus pervenit ad Caesarem, [3] et
ob ea, quae si propriis gessisset auspiciis, triumphare debuerat, ornamentis
triumphalibus, consentiente cum iudicio principum voluntate senatus,
<donatus> est. [4] Illa aestas maximi belli consummavit effectus; quippe
Perustae ac Desitiates Delmatae, situ locorum ac montium, ingeniorum
ferocia, mira etiam pugnandi scientia et praecipue angustiis saltuum paene
inexpugnabiles, non iam ductu, sed manibus atque armis ipsius Caesaris
tum demum pacati sunt, cum paene funditus eversi forent. [5] Nihil in hoc
tanto bello, nihil in Germania aut videre maius aut mirari magis potui
quam quod imperatori numquam adeo ulla opportuna visa est victoriae
occasio quam damno amissi pensaret militis semperque est gloriosum,
quod esset tutissimum, et ante conscientiae quam famae consultum, nec
73
umquam consilia ducis iudicio exercitus, sed exercitus providentia ducis
rectus est.
Caput CXVI
[1] Magna in bello Delmatico experimenta virtutis, in multos ac difficiles
locos praemissus, Germanicus dedit. [2] Celebri etiam opera diligentique
Vibius Postumus, vir consularis, praepositus Delmatiae, ornamenta
triumphalia; quem honorem ante paucos annos, Passienus et Cossus, viri
quibusdam diversis virtutibus celebres, in Africa meruerant. Sed Cossus
victoriae testimonium etiam in cognomen filii contulit, adulescentis in
omnium virtutum exempla geniti. [3] At Postumi operum L. Apronius
particeps illa quoque militia eos, quos mox consecutus est, honores
excellenti virtute meruit.
Utinam non maioribus experimentis testatum esset quantum in omni re
fortuna posset! Sed, in hoc quoque genere abunde agnosci vis eius potest.
Nam et Aelius Lamia, vir antiquissimi moris et priscam gravitatem super
humanitate temperans, in Germania Illyricoque et mox in Africa
splendidissimis functus ministeriis, non merito, sed materia adipiscendi
triumphalia defectus est, [4] et A. Licinius Nerva Silianus, P. Silii filius,
quem virum ne qui intellexit quidem abunde miratus est, [ne] nihil non
<quod> optimo civi, simplicissimo duci superesset praeferens, immatura
<morte> et fructu amplissimae principis amicitiae et consummatione
evectae in altissimum paternumque fastigium imaginis defectus est. [5]
Horum virorum mentioni si quis quaesisse dicet locum, fatentem arguet;
neque enim sine mendacio candor apud bonos crimini est.
Caput CXVII
[1] Tantum quod ultimam imposuerat Pannonico ac Delmatico bello
Caesar manum, cum intra quinque consummati tanti operis dies funestae
ex Germania epistulae caesi Vari trucidatarumque legionum trium
totidemque alarum et sex cohortium <allatae sunt>, velut in hoc saltem
tantummodo indulgente nobis fortuna, ne occupato duce <***> et causa
<et> persona moram exigit.
[2] Varus Quintilius, illustri magis quam nobili ortus familia, vir ingenio
mitis, moribus quietus, ut corpore et animo immobilior, otio magis
castrorum quam bellicae adsuetus militiae, pecuniae vero quam non
contemptor, Syria, cui praefuerat, declaravit, quam pauper divitem
ingressus dives pauperem reliquit. [3] Is, cum exercitui qui erat in
Germania praeesset, concepit esse homines, qui nihil praeter vocem
membraque haberent hominum, quique gladiis domari non poterant,
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posse iure mulceri. [4] Quo proposito mediam ingressus Germaniam, velut
inter viros pacis gaudentes dulcedine iurisdictionibus agendoque pro
tribunali ordine trahebat aestiva.
Caput CXVIII
[1] At illi, quod nisi expertus vix credat, in summa feritate versutissimi
natumque mendacio genus, simulantes fictas litium series et nunc
provocantes alter alterum iniuria, nunc agentes gratias quod ea Romana
iustitia finiret feritasque sua novitate incognitae disciplinae mitesceret et
solita armis discerni iure terminarentur, in summam socordiam perduxere
Quintilium usque eo ut se praetorem urbanum in foro ius dicere, non in
mediis Germaniae finibus exercitui praeesse crederet. [2] Tum iuvenis,
genere nobilis, manu fortis, sensu celer, ultra barbarum promptus ingenio,
nomine Arminius, Sigimeri principis gentis eius filius, ardorem animi vultu
oculisque praeferens, adsiduus militiae nostrae prioris comes, iure etiam
civitatis Romanae ius equestris consequens gradus, segnitia ducis in
occasionem sceleris usus est, haud imprudenter speculatus neminem
celerius opprimi quam qui nihil timeret, et frequentissimum initium esse
calamitatis securitatem. [3] Primo igitur paucos, mox plures in societatem
consilii recepit; opprimi posse Romanos et dicit et persuadet, decretis facta
iungit, tempus insidiarum constituit. [4] Id Varo per virum eius gentis
fidelem clarique nominis, Segesten, indicatur. Postulabat etiam <***> fata
consiliis omnemque animi eius aciem praestrinxerant. Quippe ita se res
habet, ut plerumque cui fortunam mutaturus deus, consilia corrumpat
efficiatque, quod miserrimum est, ut, quod accidit, etiam merito accidisse
videatur et casus in culpam transeat. Negat itaque se credere spemque in se
benevolentiae ex merito aestimare profitetur. Nec diutius post primum
indicem secundo relictus locus.
Caput CXIX
[1] Ordinem atrocissimae calamitatis, qua nulla post Crassi in Parthis
damnum in externis gentibus gravior Romanis fuit, iustis voluminibus ut
alii, ita nos conabimur exponere: nunc summa deflenda est. [2] Exercitus
omnium fortissimus, disciplina, manu experientiaque bellorum inter
Romanos milites princeps, marcore ducis, perfidia hostis, iniquitate
fortunae circumventus, cum ne pugnandi quidem aut egrediendi occasio
iis, in quantum voluerant, data esset immunis, castigatis etiam quibusdam
gravi poena, quia Romanis et armis et animis usi fuissent, inclusus silvis,
paludibus, insidiis ab eo hoste ad internecionem trucidatus est quem ita
semper more pecudum trucidaverat, ut vitam aut mortem eius nunc ira
nunc venia temperaret. [3] Duci plus ad moriendum quam ad pugnandum
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animi fuit: quippe paterni avitique exempli successor se ipse transfixit. [4]
At e praefectis castrorum duobus quam clarum exemplum L. Eggius, tam
turpe Ceionius prodidit, qui, cum longe maximam partem absumpsisset
acies, auctor deditionis supplicio quam proelio mori maluit. At Vala
Numonius, legatus Vari, cetera quietus ac probus, diri auctor exempli,
spoliatum equitem peditem relinquens, fuga cum aliis Rhenum petere
ingressus est. Quod factum eius fortuna ulta est; non enim desertis
superfuit, sed desertor occidit. [5] Vari corpus semiustum hostilis
laceraverat feritas; caput eius abscisum latumque ad Maroboduum et ab eo
missum ad Caesarem gentilicii tamen tumuli sepultura honoratum est.
Caput CXX
[1] His auditis, revolat ad patrem Caesar; perpetuus patronus Romani
imperii adsuetam sibi causam suscipit. Mittitur ad Germaniam, Gallias
confirmat, disponit exercitus, praesidia munit et se magnitudine sua, non
fiducia hostium metiens qui Cimbricam Teutonicamque militiam Italiae
minabatur, ultro Rhenum cum exercitu transgreditur. [2] Arma infert, quae
arcuisse pater et patria contenti erant; penetrat interius, aperit limites,
vastat agros, urit domos, fundit obvios maximaque cum gloria, incolumi
omnium quos transduxerat numero, in hiberna revertitur.
[3] Reddatur verum L. Asprenati testimonium, qui legatus sub avunculo suo
Varo militans, gnava virilique opera duarum legionum quibus praeerat,
exercitum immunem tanta calamitate servavit matureque ad inferiora
hiberna descendendo, vacillantium etiam cis Rhenum sitarum gentium
animos confirmavit. Sunt tamen qui, ut vivos ab eo vindicatos, ita
iugulatorum sub Varo occupata crediderint patrimonia hereditatemque
occisi exercitus, in quantum voluerit, ab eo aditam. [4] L. etiam Caedicii,
praefecti castrorum, eorumque qui una circumdati Alisone immensis
Germanorum copiis obsidebantur, laudanda virtus est qui, omnibus
difficultatibus superatis, quas inopia rerum intolerabiles, vis hostium
faciebat inexsuperabiles, nec temerario consilio, nec segni providentia iuti
speculatique opportunitatem ferro sibi ad suos peperere reditum. [5] Ex
quo apparet Varum, sane gravem et bonae voluntatis virum, magis
imperatoris defectum consilio quam virtute destitutum militum se
magnificentissimumque perdidisse exercitum. [6] Cum in captivos
saeviretur a Germanis, praeclari facinoris auctor fuit Caldus Caelius, ad
vetustatem familiae suae dignissimus, qui, complexus catenarum quibus
vinctus erat seriem, ita illas illisit capiti suo, ut protinus pariter sanguinis
cerebrique effluvio expiraret.
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Caput CXXI
[1] Eadem et virtus et fortuna subsequenti tempore ingressi Germaniam
imperatoris Tiberii fuit quae initio fuerat. Qui, concussis hostium viribus
classicis peditumque expeditionibus, cum res Galliarum maximae molis
accensasque plebis Viennensium dissensiones coercitione magis quam
poena mollisset, <et> senatus populusque Romanus, postulante patre eius,
ut aequum ei ius in omnibus provinciis exercitibusque esset quam erat ipsi,
decreto complexus esset – etenim absurdum erat non esse sub illo quae ab
illo vindicabantur, [2] et qui ad opem ferendam primus erat, ad
vindicandum honorem non iudicari parem – in Urbem reversus, iam
pridem debitum, sed continuatione bellorum dilatum ex Pannoniis
Delmatisque egit triumphum. [3] Cuius magnificentiam quis miretur in
Caesare? Fortunae vero quis non miretur indulgentiam? Quippe omnis
eminentissimos hostium duces non occisos fama narravit, sed vinctos
triumphus ostendit; quem mihi fratrique meo inter praecipuos
praecipuisque donis adornatos viros comitari contigit.
Caput CXXII
[1] Quis non inter reliqua quibus singularis moderatio Ti. Caesaris elucet
atque eminet, hoc quoque miretur quod, cum sine ulla dubitatione septem
triumphos meruerit, tribus contentus fuerit? Quis enim dubitare potest
quin ex Armenia recepta et ex rege praeposito, cuius capiti insigne regium
sua manu imposuerat, ordinatisque rebus Orientis ovans triumphare
debuerit, et Vindelicorum Raetorumque victor curru Urbem ingredi? [2]
Fractis deinde post adoptionem, continua triennii militia, Germaniae
viribus, idem illi honor et deferendus et recipiendus fuerit? Et, post cladem
sub Varo acceptam, ocius prosperrimo rerum eventu eadem excisa
Germania triumphus summi ducis adornari debuerit? Sed in hoc viro
nescias utrum magis mireris quod laborum periculorumque semper
excessit modum an quod honorum temperavit.
Caput CXXIII
[1] Venitur ad tempus, in quo fuit plurimum metus. Quippe Caesar
Augustus, cum Germanicum nepotem suum reliqua belli patraturum
misisset in Germaniam, Tiberium autem filium missurus esset in Illyricum
ad firmanda pace quae bello subegerat, prosequens eum simulque
interfuturus athletarum certaminis ludicro quod eius honori sacratum a
Neapolitanis est, processit in Campaniam. Quamquam iam motus
imbecillitatis inclinataeque in deterius principia valetudinis senserat,
tamen obnitente vi animi prosecutus filium digressusque ab eo Beneventi
ipse Nolam petiit. Et, ingravescente in dies valetudine, cum sciret quis
77
volenti omnia post se salva remanere accersendus foret, festinanter
revocavit filium; ille ad patrem patriae expectato revolavit maturius. [2]
Tum securum se Augustus praedicans circumfususque amplexibus Tiberii
sui, commendans illi sua atque ipsius opera quidquam iam de fine, si fata
poscerent, recusans, subrefectus primo conspectu alloquioque carissimi sibi
spiritus, mox, cum omnem curam fata vincerent, in sua resolutus initia,
Pompeio Apuleioque consulibus, septuagesimo et sexto animam caelestem
caelo reddidit.
Caput CXXIV
[1] Quid tunc homines timuerint, quae senatus trepidatio, quae populi
confusio, quis Urbis metus, in quam arto salutis exitiique fuerimus
confinio, neque mihi tam festinanti exprimere vacat neque cui vacat
potest. Id solum voce publica dixisse <satis> habeo: cuius orbis ruinam
timueramus, eum ne commotum quidem sensimus, tantaque unius viri
maiestas fuit ut nec bonis neque contra malos opus armis foret. [2] Una
tamen veluti luctatio civitatis fuit, pugnantis cum Caesare senatus
populique Romani, ut stationi paternae succederet, illius, ut potius
aequalem civem quam eminentem liceret agere principem. Tandem, magis
ratione quam honore victus est, cum quidquid tuendum non suscepisset,
periturum videret, solique huic contigit paene diutius recusare principatum
quam, ut occuparent eum, alii armis pugnaverant.
[3] Post redditum caelo patrem et corpus eius humanis honoribus, nomen
divinis honoratum, primum principalium eius operum fuit ordinatio
comitiorum, quam manu sua scriptam divus Augustus reliquerat. [4] Quo
tempore, mihi fratrique meo, candidatis Caesaris, proxime a nobilissimis ac
sacerdotalibus viris destinari praetoribus contigit, consecutisque ut neque
post nos quemquam divus Augustus, neque ante nos Caesar commendaret
Tiberius.
Caput CXXV
[1] Tulit protinus ut voti et consilii sui pretium res publica, neque diu latuit
aut quid non impetrando passuri fuissemus aut quid impetrando
profecissemus. Quippe exercitus qui in Germania militabat praesentisque
Germanici imperio regebatur, simulque legiones quae in Illyrico erant rabie
quadam et profunda confundendi omnia cupiditate novum ducem, novum
statum, novam quaerebant rem publicam; [2] quin etiam, ausi sunt minari
daturos senatui, daturos principi leges; modum stipendii, finem militiae
sibi ipsi constituere conati sunt: processum etiam in arma ferrumque
strictum est et paene in ultimum gladiorum erupit impunitas, defuitque
qui contra rem publicam duceret, non qui sequerentur. [3] Sed haec omnia
78
veteris imperatoris maturitas, multa inhibentis, aliqua cum gravitate
pollicentis, inter severam praecipue noxiorum ultionem mitis aliorum
castigatio brevi sopiit ac sustulit.
[4] Quo quidem tempore, ut pleraque ignovit Germanicus, ita Drusus, qui a
patre in id ipsum plurimo quidem igne emicans incendium militaris
tumultus missus erat, prisca antiquaque severitate usus, ancipitia sibi
tamque re quam exemplo perniciosa, et his ipsis militum gladiis quibus
obsessus erat, obsidentes coercuit, [5] singulari adiutore in eo negotio usus
Iunio Blaeso, viro nescias utiliore in castris an meliore in toga; qui, post
paucos proconsul in Africa ornamenta triumphalia cum appellatione
imperatoria meruit. At Hispanias exercitumque <in iis cum M. de cuius>
virtutibus celeberrimaque in Illyrico militia praediximus, cum imperio
obtineret, in summa pace <et> quiete continuit, cum ei pietas rectissima
sentiendi et auctoritas quae sentiebat obtinendi superesset. Cuius curam ac
fidem Dolabella quoque, vir simplicitatis generosissimae, in maritima parte
Illyrici per omnia imitatus est.
Caput CXXVI
[1] HorumXVI annorum opera, quis, cum inserta sint oculis animisque
omnium, [in] partibus eloquatur? Sacravit parentem suum Caesar non
imperio, sed religione, non appellavit eum, sed fecit deum. [2] Revocata in
forum fides, summota e foro seditio, ambitio campo, discordia curia,
sepultaeque ac situ obsitae iustitia, aequitas, industria civitati redditae;
accessit magistratibus auctoritas, senatui maiestas, iudiciis gravitas;
compressa theatralis seditio, recte faciendi aut incussa voluntas aut
imposita necessitas: [3] honorantur recta, prava puniuntur, suspicit
potentem humilis, non timet, antecedit, non contemnit humiliorem
potens. Quando annona moderatior, quando pax laetior? Diffusa in
orientis occidentisque tractus et quidquid meridiano aut septentrione
finitur, pax augusta per omnes terrarum orbis angulos a latrociniorum
metu servat immunes. [4] Fortuita non civium tantummodo, sed urbium
damna principis munificentia vindicat. Restitutae urbes Asiae, vindicatae
ab iniuriis magistratuum provinciae; honor dignis paratissimus, poena in
malos sera, sed aliqua: superatur aequitate gratia, ambitio virtute; [5] nam
facere recte cives suos princeps optimus faciendo docet, cumque sit
imperio maximus, exemplo maior est.
Caput CXXVII
[1] Raroviri non magnis adiutoribus ad gubernandam fortunam suam usi
sunt, ut duo Scipiones duobus Laeliis, quos per omnia aequaverunt sibi, ut
divus Augustus M. Agrippa et proxime ab eo Statilio Tauro, quibus novitas
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familiae haud obstitit quominus ad multiplices consulatus triumphosque
et complura eveherentur sacerdotia. [2] Etenim magna negotia magnis
adiutoribus egent – neque in parva paucitas ministeria deficit – interestque
rei publicae quod usu necessarium est, dignitate eminere utilitatemque
auctoritate muniri. [3] Sub his exemplis, Ti. Caesar Seianum Aelium,
principe equestris ordinis patre natum, materno vero genere clarissimas
veteresque et insignes honoribus complexum familias, habentem
consulares fratres, consobrinos, avunculum, ipsum vero laboris ac fidei
capacissimum, sufficiente etiam vigori animi compage corporis,
singularem principalium onerum adiutorem in omnia habuit atque habet,
[4] virum severitatis laetissimae, hilaritatis priscae, actu otiosis simillimum,
nihil sibi vindicantem eoque adsequentem omnia, semperque infra
aliorum aestimationes se metientem, vultu vitaque tranquillum, animo
exsomnem.
Caput CXXVIII
[1] In huius virtutum aestimatione, iam pridem iudicia civitatis cum
iudiciis principis certant; neque novus hic mos senatus populique Romani
est putandi, quod optimum sit, esse nobilissimum. Nam et illi, qui primi
ante bellum Punicum, abhinc annos CCC, Ti. Coruncanium, hominem
novum, cum aliis omnibus honoribus, tum pontificatu etiam maximo ad
principale extulere fastigium, [2] et qui equestri loco natum Sp. Carvilium
et mox M. Catonem, novum etiam Tusculo Urbis inquilinum,
Mummiumque Achaicum in consulatus, censuras et triumphos provexere,
[3] et qui C. Marium, ignotae originis, usque ad sextum consulatum sine
dubitatione Romani nominis habuere principem, et qui M. Tullio tantum
tribuere paene adsentatione sua quibus vellet principatus conciliaret,
quique nihil Asinio Pollioni negaverunt quod nobilissimis summo cum
sudore consequendum foret, profecto hoc senserunt, in cuiuscumque
animo virtus inesset, ei plurimum esse tribuendum. [4] Haec naturalis
exempli imitatio ad experiendum Seianum Caesarem, ad iuvanda vero
onera principis Seianum propulit senatumque et populum Romanum eo
perduxit ut, quod usu optimum intellegit, id in tutelam securitatis suae
libenter advocet.
Caput CXXIX
[1] Sed, proposita quasi universa principatus Ti. Caesaris <tabula>, singula
recenseamus. Qua ille prudentia Rhascupolim, interemptorem fratris sui
filii Cotyis consortisque eiusdem imperii, Romam evocavit! Singulari in eo
negotio usus opera Flacci Pomponii, consularis viri, nati ad omnia quae
recte facienda sunt, simplicique virtute merentis semper quam captantis
80
gloriam. [2] Cum quanta gravitate, ut senator et iudex, non ut princeps
<***> et causas pressiusaudit! Quam celeriter ingratum et nova molientem
<***> oppressit! Quibus praeceptis instructum Germanicum suum
imbutumque rudimentis militiae secum actae domitorem recepit
Germaniae! Quibus iuventam eius exaggeravit honoribus, respondente
cultu triumphi rerum quas gesserat magnitudini! [3] Quotiens populum
congiariis honoravit senatorumque censum, cum id senatu auctore facere
potuit, quam libenter explevit, ut neque luxuriam invitaret neque
honestam paupertatem pateretur dignitate destitui! Quanto cum
Germanicum suum in transmarinas misit provincias!Qua vi consiliorum
suorum, ministro et adiutore usus Druso, filio suo, Maroboduum
inhaerentemoccupati regni finibus, pace maiestatis eius dixerim, velut
serpentem abstrusam terrae salubribus consiliorum suorum medicamentis
coegit egredi! Quam illum ut honorate, sic secure continet! Quantae molis
bellum, principe Galliarum ciente Sacroviro Floroque Iulio, mira celeritate
ac virtute compressit, ut ante populus Romanus vicisse se quam bellare
cognosceret nuntiosque periculi victoriae praecederet nuntius! [4] Magni
etiam terroris bellum Africum et cottidiano auctu maius auspiciis
consiliisque eius brevi sepultum est.
Caput CXXX
[1] Quanta sua suorumque nomine exstruxit opera! Quam pia munificentia
superque humanam evecta fidem templum patri molitur! Quam magnifico
animi temperamento Cn. quoque Pompei munera absumpta igni restituit!
Qui quidquid umquam claritudine eminuit, id veluti cognatum censet
tuendum. [2] Qua liberalitate cum alias, tum proxime incenso monte
Caelio omnis ordinis hominum iacturae patrimonio succurrit suo! Quanta
cum quiete hominum rem perpetui praecipuique timoris, supplementum,
sine trepidatione delectus providet!
[3] Si aut natura patitur aut mediocritas recipit hominum, audeo cum deis
queri: ‘Quid hic meruit, primum ut scelerata Drusus Libo iniret consilia?
Deinde ut Silium Pisonemque tam <infestos haberet, quorum> alterius
dignitatem constituit, auxit alterius?’ Ut ad maiora transcendam,
quamquam et haec ille duxit maxima, quid, ut iuvenes amitteret filios?
Quid, ut nepotem ex Druso suo? [4] Dolenda adhuc rettulimus: veniendum
ad erubescenda est. Quantis hoc triennium, M. Vinici, doloribus laceravit
animum eius! Quam diu abstruso, quod miserrimum est, pectus eius
flagravit incendio, quod ex nuru, quod ex nepote dolere, indignari,
erubescere coactus est! Cuius temporis aegritudinem auxit amissa mater,
eminentissima et per omnia deis quam hominibus similior femina, cuius
potentiam nemo sensit nisi aut levatione periculi aut accessione dignitatis.
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Caput CXXXI
[1] Voto finiendum volumen sit. Iuppiter Capitoline, et auctor ac stator
Romani nominis Gradive Mars, perpetuorumque custos Vesta ignium et
quidquid numinum hanc Romani imperii molem in amplissimum
terrarum orbis fastigium extulit, vos publica voce obtestor atque precor:
custodite, servate, protegite hunc statum, hanc pacem, <hunc principem>,
[2] eique functo longissima statione mortali destinate successores quam
serissimos, sed eos quorum cervices tam fortiter sustinendo terrarum orbis
imperio sufficiant quam huius suffecisse sensimus, consiliaque omnium
civium aut pia <iuvate aut impia confringite.>
82
Übersetzung
Buch I
1, 1) ...nachdem Epeus durch einen (See-)Sturm von seinem Führer Nestor
getrennt worden war, gründete er Metapontos. Teukros, den sein Vater Telamon nicht (mehr) aufnahm, weil er zu schlapp vorgegangen war bei der Rache des am Bruder begangenen Unrechts, wurde in Zypern an Land gespült,
wo er Salamis gründete, benannt nach seiner Vaterstadt. Pyrrhus, des Achilleus Sohn, besetzte Epirus, Phidippos Ephyra in Thesprotia. (2) Agamemnon
hingegen, der König der Könige, vom Sturm nach Kreta verschlagen, gründete dort drei Städte; zwei davon benannte er mit aus der Heimat entnommenen Namen, eine zur Erinnerung an seinen Sieg: Mykene; Tegea; Pergamon.
Derselbe wurde kurz darauf umgebracht; es war das Verbrechen seines Cousins Aigisthos – dieser übte einen ererbten Hass gegen ihn aus – sowie die
Untat seiner Frau. (3) Aigisthos riss für sieben Jahre die Herrschaft an sich;
ihn sowie seine eigene Mutter schlachtete Orestes ab; seine Schwester Elektra, eine Frau von männlichem Mute, war ihm Gefährtin all seiner Pläne. Dass
seine Tat von den Göttern gebilligt wurde, wird aus der Dauer seines Lebens
und seiner glücklichen Herrschaft ersichtlich, denn er wurde neunzig Jahre
alt und regierte siebzig davon. Ja, sogar an Pyrrhus, dem Sohn das Achilleus,
nahm er mit moralischer Berechtigung Rache, denn er hatte ihm seine Verlobte, die Tochter des Menelaos und der Helena, weggeheiratet: Zu Delphi
erschlug er ihn. (4) In diesen Zeiten regierten die Brüder Lydos und Tyrrhenos in Lydien als Könige. Aufgrund der Unfruchtbarkeit ihrer Felder standen
sie unter dem Zwang, das Los entscheiden zu lassen, wer von beiden samt einem Teil der Menschenmenge das Vaterland verließe: Das Los fiel auf Tyrrhenos. Er fuhr nach Italien und verlieh dem Platz, den Einwohnern und dem
Meer seinen eigenen edlen Namen auf Dauer. Nach dem Tode des Orestes
(übrigens) übten seine Söhne Penthilos und Teisamenos drei Jahre lang (gemeinsam) die Königsherrschaft aus.
2, 1) Dann, etwa achtzig Jahre nach der Einnahme Trojas und hundertzwanzig Jahre, seit Herakles zu den Göttern übergegangen war, wurde die Nachkommenschaft des Pelops, welche in dieser gesamten Zeit, nachdem die
Nachkommen des Herakles vertrieben waren, über die Peloponnes die Herrschaft ausgeübt hatte, nun wiederum von den Herakliden verjagt. Ihre Anführer beim Wiedererlangen der Herrschaft waren Temenos, Kresphontes
und Aristodemos, deren Urgroßvater Herakles gewesen war. Ungefähr zur
gleichen Zeit endete in Athen die Königsherrschaft, dessen letzter König Kodros war, der Sohn des Melanthos, ein Mann, den man nicht außer acht lassen
darf; denn als die Lakedaimonier (Spartaner) die Leute von Attika (mit
Athen) bedrängten, und als der Pythische (Apollon) ihnen auf die Frage, was
zu tun sei, geantwortet hatte, diejenigen trügen den Sieg davon, deren Füh-
83
rer vom Feind getötet wäre, legte dieser Mann sein königliches Gewand ab,
schlüpfte in die Tracht eines Hirten, mischte sich unter die Leute im feindlichen Lager, provozierte vorsätzlich einen Streit und wurde sonder Ahnung
(der Folgen der Tat) niedergemacht. (2) Kodros hatte mit seinem Tode ewigen Ruhm im Gefolge; die Athener errangen den Sieg: Wer könnte diesen
Mann nicht bewundern, der unter Anwendung der gleichen Kunstgriffe den
Tod suchte, mit Hilfe derer Feiglinge das Leben zu bewahren trachten? Sein
Sohn Medon war als erster Archon zu Athen. Von seinem Namen abgeleitet,
wurden seine Nachfolger bei den Attikern Metontiden genannt: Jener und die
folgenden Archonten bis zu Charops besaßen diese Ehrenstellung, solange
sie lebten (lebenslang). Als sich (nun aber) die Peloponnesier (Spartaner)
aus dem Gebiet Attikas zurückzogen, gründeten sie auf halbem Wege von
Athen nach Korinth (die Stadt) Megara. (3) In dieser Zeit gründete die Flotte
von Tyros, die damals die stärkste zur See war, im hintersten Winkel Spaniens, am äußersten Rande unseres Bereiches auf einer vom Ozean umspülten Insel, die nur durch eine schmale Wasserstraße vom Festland getrennt ist,
Gades (Cadiz). Von derselben aus wurde wenige Jahre später in Africa (ca.
Tunesien) Utica gegründet. Während dessen verjagten die Herakliden die
Kinder des Orestes: Umhergetrieben wurden sie einerseits durch manch einen Schicksalsschlag wie auch besonders durch das wild aufbrausende Meer;
im fünfzehnten Jahr (erst) fassten sie Fuß – rund um die Insel Lesbos herum.
3, 1) Damals wurde Griechenland von riesigen Bewegungen erschüttert. Die
aus Lakonien vertriebenen Achäer nahmen eben dort die Wohnsitze, welche
sie bis heute inne haben: Die Pelasger wanderten nach Athen, und ein im
Kriege hitziger Mann namens Thessalos, von Herkunft ein Thespothier, besetzte mit großer Schar und Waffengewalt diese Gegend, die bis heute nach
seinem Namen Thessalien genannt wird; zuvor war es Gemeinde der Myrmidonen genannt worden. (2) Es ist angebracht, sich bei diesem Namen darüber
zu wundern, dass diejenigen (Autoren), die über Dinge aus dem zeitlichen
Umfeld von Ilion (Troja) berichten, diese Gegend erwähnen, als hieße sie
(schon) Thessalien. Während dies auch andere (Autoren) gelegentlich tun,
so tun es die Tragödiendichter sehr häufig, denen man dies (aber) am wenigsten gestatten sollte: Nichts nämlich sprechen sie (in ihren Dramen) mit
eigener Person, sondern alles im Namen derer, die damals lebten. Sollte aber
jemand behaupten, die Thessalier seien nach Thessalos, einem Sohn des Herakles, benannt, wird er uns erklären müssen, warum dieses Volk vor jenem
zweiten Thessalos diesen Namen (Thessalier) niemals im Gebrauch hatte. (3)
Kurz zuvor gründete Aletes, Sohn des Hippotes, in sechster Generation Nachfahren des Herakles, Korinth, dort, wo zuvor Ephyra gelegen war. Es hat die
Landenge zur Peloponnes (Isthmos von Korinth) inne, und es besteht für uns
kein Grund zur Verwunderung, wenn Korinth von Homer erwähnt wird (sc.
Il. 2, 570. 13, 664), denn er spricht persönlich aus dem Munde des Dichters,
wenn er diese Stadt und gewisse Pflanzstädte der Ionier mit eben diesen Na84
men benennt, mit denen sie zu seinen Lebzeiten benannt wurden, obwohl
sie doch (eigentlich) erst lange Zeit nach Trojas Fall gegründet wurden.
4, 1) Die Athener sicherten sich Euböa durch die Pflanzstädte Chalkis und
Eretria; die Lakedämonier (Spartaner) gründeten in Asia (Kleinasien) Magnesia. Kurz darauf gründeten die Einwohner von Chalkis – wie gesagt von attischer Herkunft – unter der Führung von Hippokles und Magasthenes Kyme
(Cumae) in Italien: Ihre Flotte wurde auf der Fahrt von einer vor ihr fliegenden Taube gelenkt, sagen die einen, und die anderen meinen, durch ein des
Nachts klingendes Erz, so wie es bei den Cerealien zum Klingen gebracht zu
werden pflegt. (2) Ein Teil dieser Bürger gründete beträchtliche Zeit später
Neapel: Die überragende Treuer beider Städte zu den Römern zeigt beide ihrer edlen Herkunft sowie ihres lieblichen Platzes (Lage) würdig. Während
aber jene mit gesteigerter Sorgfalt die Riten ihrer Väter bewahrten, veränderten sich die Bewohner von Kyme durch Kontakt mit den benachbarten Oskern: Die einstige Macht dieser Städte zeigt bis heute die Wucht ihrer
Mauern. (3) In der nachfolgenden Zeit ergoss sich eine große Masse junger
griechischer Leute, die aufgrund der Übervölkerung neue Wohnsitze suchten, nach Asia (Kleinasien). Denn auch die Ionier waren unter Ions Führung
aus Athen aufgebrochen und besetzten den berühmtesten Teil der (kleinasiatischen) Meeresküste, welcher bis heute noch Ionien heißt und gründeten
die Städte Ephesus, Milet, Kolophon, Priene, Lebedos, Myous, Erythrai, Klazomenai und Phokaia. Sie nahmen auch viele Inseln im Ägäischen und Ikarischen Meer in Besitz: Samos, Chios, Andros, Tenos, Paros, Delos und weitere
weniger bekannte. (4) Und kurz danach brachen die Äolier aus demselben
Griechenland auf und nahmen nach sehr langen Irrfahrten nicht weniger bekannte Plätze in Besitz und gründeten berühmte Städte: Smyrna, Kyme, Larissa, Myrina, Mytilene sowie weitere Städte, die auf der Insel Lesbos liegen.
5, 1) Dann erstrahlte das überragende Genie des Homeros, das unvergleichlich gewaltigste, er, der es durch die Größe seines Werkes und den Glanz seiner Verse als einziger verdient hat, Dichter genannt zu werden. (2) Seine einmalige Größe besteht darin, dass sich vor ihm niemand fand, den er selbst
nachahmen konnte, noch nach ihm jemand, der imstande war, ihn nachzuahmen. Außerdem können wir keinen einzigen anderen finden, der in seiner Art von Werk der erste war und gleichzeitig der Vollendetste, außer Homeros und Archilochos. (3) Dieser (Homeros) lebte in einem größeren zeitlichen Abstand zum Trojanischen Krieg, über den er schrieb, als manche glauben möchten, denn vor 950 Jahren stand er in Blüte, vor Tausend wurde er
geboren. Von daher ist seine Redeweise „so wie die Sterblichen (Menschen)
heutzutage sind“, welche er oft verwendet, nicht verwunderlich: Dadurch
wird nämlich auf den Unterschied sowohl der Menschen wie auch der Zeiten
verwiesen: Sollte jemand glauben, er wäre blind geboren worden, so ist er
selbst bar aller Sinne.
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6, 1) In der darauf folgenden Zeit wechselte die Macht in (Vorder-)Asien von
den Assyrern, die sie 1.070 Jahre behauptet hatten, zu den Medern; das war
von jetzt an gerechnet vor 870 Jahren. (2) Denn ihr König Sardanapal hatte
sich der üppigen Erschlaffung hingegeben und fühlte sich zu seinem Unglück
allzu glücklich; er war seit Ninos und Semiramis, die Babylon gegründet hatten, der dreiunddreißigste Inhaber der dortigen Macht, und zwar so, dass
immer der Sohn auf den Vater folgte: Der Meder Arbakes beraubte ihn seiner
Herrschaft und seines Lebens. (3) In eben dieser Epoche lebte der Lakedämonier (Spartaner) Lykourgos, ein Grieche von hochberühmtem Namen, ein
Mann königlichen Ursprungs; er war der Urheber sehr strenger und gerechter Gesetze und einer strengen Zucht, wie sie am besten zu Männern passt.
Solange Sparte sorgsam danach lebte, stand es in leuchtender Blüte. (4) In
diesem Verlauf der Zeiten – fünfundsechzig Jahre, bevor Rom gegründet wurde - gründete Elissa aus Tyrus, die manche für Dido halten, Karthago. (5) Um
dieselbe Zeit herum brach Karanos, ein Mann von königlichem Geschlecht
und in der sechzehnten Generation von Herakles abstammend, von Argos
auf und nahm das Königreich Makedonien in Besitz; weil Alexander d.Gr. in
siebzehnter Folge sein Nachkomme war, rühmte er sich mit Fug und Recht,
mütterlicherseits von Achilleus, väterlicherseits von Herakles abzustammen.
(6) Aemilius Sura schreibt über die Epoche des Römischen Volkes: Als erste
von allen Völkern rissen die Assyrer die Macht an sich, dann die Meder, danach die Perser, darauf die Makedonen. Nachdem dann die beiden Könige
Philipp und Antiochos, die von den Makedonen abstammten, kurze Zeit nach
dem Sieg (Roms) über Karthago (von den Römern) völlig geschlagen worden waren, gelangte die führende Macht in die Hände des Römischen Volkes. Zwischen diesem Datum und dem Regierungsantritt des Assyrers Ninos,
der als erster die (universelle) Macht übernommen hatte, liegen 1995 Jahre.
7, 1) Ein Zeitgenosse dieser Epoche war Hesiodos, durch rund hundertzwanzig Jahre vom Zeitalter Homers getrennt, ein Mann von glänzender Begabung und erwähnenswert für die zarte Süße seiner Gedichte und überaus erpicht auf Ruhe und Frieden. So wie er zeitlich dem Giganten der Dichtkunst
(Homeros) am nächsten steht, so auch durch das Ansehen seines Werkes.
Um es zu vermeiden, dass ihm das Gleiche wie Homeros widerfahre, bezeugte er seine Heimat und Eltern; seine Heimat freilich auf das Abschätzigste, da
er durch sie zu Schaden gekommen war.
(2) Während ich noch bei auswärtigen Völkern verweilte, stieß ich auf eine
zu unserem Land gehörende Sache, die sehr umstritten ist und über die unsere Autoren weit auseinander gehende Meinungen haben, denn manche sagen, zu dieser Zeit – vor ungefähr achthundertdreißig Jahren, seien Capua
und Nola von den Etruskern gegründet worden. (3) Ich persönlich möchte
dem zustimmen, aber Marcus (Porcius) Cato vertritt eine ganz andere Meinung, wenn er sagt, Capua sei (zwar) von den Etruskern gegründet worden,
und danach auch Nola, Capua habe aber schon zweihundertsechzig Jahre
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Bestand gehabt, bevor es von den Römern erobert wurde. (4) Wenn das so
wäre, wo doch jetzt zweihundertsechzig Jahre seit der Einnahme Capuas verstrichen sind, dann sind es fünfhundert Jahre bis zu seiner Gründung. Ich
persönlich möchte bei allem Respekt vor Catos Sorgfalt kaum glauben, dass
Capua so rasch zu einer derart großen Stadt heranwuchs, aufblühte, zusammenbrach und sich wieder erholte.
8, 1) Die berühmtesten aller Wettkämpfe, die zur Ertüchtigung von Körper
und Geist dienen, nahmen damals ihren Beginn: die Olympischen Spiele! Ihr
Begründer war Iphitos aus Elis: Der führte diese Spiele samt festlicher Versammlung 823 Jahre, mein Vinicius, vor Beginn deines Konsulates ein (776
v. Chr.). (2) Als heilige Handlung sollten die Spiele am selben Platze von jetzt
an gerechnet vor 1250 Jahren von Atreus begründet worden sein, als er für
seinen Vater Pelops Leichenspiele abhielt. Hierbei erwies sich Herakles als Sieger aller Klassen. (3) Damals endete in Athen die lebenslange Amtsperiode
der Archonten. Ihr letzter war Alkmeon. Man begann (nun) damit, sie für jeweils zehn Jahre zu wählen. An dieser Gewohnheit hielt man siebzig Jahre
lang fest; danach wurde die Regierung der Stadt in die Hände Jährlich wechselnder Beamter gelegt. Von denjenigen, welche die Führung (noch) für
zehn Jahre inne hatten, war Charops der erste; der letzte war Eryxias; von
den jährlichen war Kreon der erste.
(4) Zur sechsten Olympiade, zweiundzwanzig Jahre, nachdem die ersten
Spiele abgehalten worden waren, gründete Romulus, Sohn des Mars, nachdem er das am Großvater begangene Unrecht gerächt hatte, die Stadt Rom
am Fest der Parilien auf dem Hügel Palatinum. Von dieser Zeit bis zu Eurem
Konsulat sind 781 Jahre verflossen. Es ereignete sich 437 Jahre nach der Einnahme Trojas. (5) Dies vollbrachte Romulus mit Hilfe der Latiner-Truppen seines Großvaters: Gerne nämlich trete ich der Meinung derer bei, die es auf
diese Weise überliefert haben, denn auf anderem Wege hätte er die Mauern
der Stadt mit seiner unkriegerischen Schar von Hirten kaum hochziehen können, wo doch die Einwohner von Veji und andere Etrusker sowie die Sabiner
Rom benachbart waren, auch wenn er sie (die Stadt Rom) durch Gewährung
des Asyls (Aufnahme von Flüchtlingen) zwischen den beiden Hainen erweitern konnte. (6) Romulus wählte sich 100 Männer aus, nannte die Erwählten
Väter (patres) und behandelte sie wie einen Staatsrat. Hieraus leitete sich der
Name Patrizier (Nachkommen der patres) ab. Der Raub der sabinischen Jungfrauen ... (große Lücke im Text) ... Nicht weniger berühmt war zu dieser Zeit
Kimon, Sohn des Miltiades.
9, 1) ... (härter) als es der Feind befürchtet hatte, griff ihn (Perseus), der Makedonen-König, an (?). Denn für zwei Jahre hatte er unter so großem, wenn
auch wechselndem Kriegsglück gegen unsere Konsuln gekämpft, dass er
meist die Oberhand gewann und einen Großteil Griechenlands in sein Bündnis mit aufnahm. (2) Ja, sogar die Einwohner von Rhodos, vormals den Rö87
mern aufs Treuste ergeben, waren damals von zweifelhafter Zuverlässigkeit.
Sie setzten alles auf das Glück, und es schien so, als ob sie eher der Partei des
Königs zuneigten. König Eumenes (II. von Pergamon) war in diesem Krieg
neutral. Er folgte damit weder dem Vorhaben seines Bruders, noch entsprach
dies seiner gewohnten Haltung. (3) Darauf wählten Senat und Volk von Rom
Lucius Aemilius Paullus zum Konsul, der bereits als Praetor und Konsul einen
Triumphzug abgehalten hatte, einen Mann, der in so hohem Maße gelobt
werden muss, wie man sich von männlicher Tatkraft überhaupt nur eine Vorstellung machen kann. Er war der Sohn des Paullus, der bei Cannae ebenso
widerwillig in die für unseren Staat so verheerende Schlacht hinein gegangen
war, wie er tapfer in ihr dem Tod entgegen ging. (4) Dieser (sc. der jüngere
Paullus) schlug Perseus in der gewaltigen Schlacht bei der Stadt Pydna in Makedonien vollständig, eroberte sein Lager, vernichtete seine Truppen und
zwang den von jeder Hoffnung verlassenen (König), aus Makedonien zu
flüchten. Er verließ es, floh auf die Insel Samothrake und vertraute sich der
Heiligkeit des (dortigen) Tempels als Bittflehender an. Zu ihm kam Praetor
Gnaeus Octavius, der Kommandeur unserer Flotte und brachte ihn mehr
durch vernünftiges Zureden denn durch Gewalt dazu, sich den Römern in
Form eines auf gegenseitiger Treue beruhenden Abhängigkeitsverhältnisses
zu ergeben. (5) So führte Paullus den bedeutendsten und vornehmsten König im Triumphzug (den Römern vor). Im selben Jahr fanden ruhmreich die
Triumphe des Praetors Octavius zur See sowie des Anicius statt, der Gentius,
den König der Illyrer, vor dem Triumphwagen gehen ließ. (6) Wie zählebig
der Neid aber ein Begleiter des herausragenden Erfolges ist und den höchsten Gestalten auf dem Fuße folgt, kann man auch daraus erschließen, dass
niemand etwas gegen die Triumphzüge der Anicius und Octavius einzuwenden hatte, während es solche gab, die sich alle Mühe gaben, den des Paullus
zu verhindern: Dessen Triumphzug übertraf die früheren durch Größe und
Bedeutung des Königs Perseus, das besondere Aussehen der (mitgeführten
griechischen) Götterbilder sowie das Maß an (erbeutetem) Geld: Zweihundert Millionen Sesterzen übergab Paullus der Staatskasse, und mit dem Umfang dieser Summe war er über jeden Vergleich mit früheren Zügen erhaben.
10, 1) Als zur gleichen Zeit Antiochos Epiphanes, der in Athen mit dem Bau
des Olympieions (i.e. des Zeus-Tempels am Marktplatz) begonnen hatte und
damals König von Syrien war, König Ptolemaios, der noch ein Junge war, zu
Alexandria belagerte, schickte man Marcus Popilius Laenas als Gesandten
dort hin, der ihm den Befehl erteilen sollte, von seinem Vorhaben Abstand zu
nehmen. (2) Er richtete seinen Auftrag aus, doch als der König (Antiochos)
antwortete, er wolle es sich überlegen, zog er mit einem kleinen Stab einen
Kreis um ihn herum und befahl ihm, die Antwort zu geben, bevor er den auf
dem Sand vollendeten Kreis verlassen hätte. So zerschlug er die Bedenken
des Königs mit römischer Standhaftigkeit, und seinem Befehl wurde Gehorsam erwiesen. (3) Lucius (Aemilius) Paullus aber, welcher den (obigen) gro88
ßen Sieg errungen hatte, besaß vier Söhne. Von diesen gab er die beiden ältesten zur Adoption frei: den einen an Publius (Cornelius) Scipio, den Sohn
des Scipio Africanus (d. Ä.), bei dem von der überragenden Stellung des Vaters nichts zeugte außer dem Rang seines Namens und der frischen Kraft seiner Rednergabe; den anderen gab er Fabius Maximus. Die beiden jüngeren,
welche zur Zeit seines Sieges noch die Toga der (minderjährigen) Jungen trugen, behielt er in seinem Hause. (4) Als er (sc. Paullus) in der Volksversammlung vor den Mauern der Stadt gemäß der Sitte der Vorfahren noch vor seinem Triumphzug über seine Taten Rechenschaft ablegte, betete er zu den
unsterblichen Göttern, sie möchten, wenn ihn einer von ihnen um seine
Reichtümer und sein Glück beneide, doch lieber ihren Zorn gegen ihn persönlich als gegen den Staat richten. (5) Diese Worte, die er wie einen Orakelspruch von sich gegeben hatte, raubten ihm einen beträchtlichen Teil seiner
Liebsten, denn von seinen beiden Söhnen, die er in seiner Familie behalten
hatte, verlor er den einen wenige Tage vor dem Triumphzug, den anderen
wenige Tage später. (6) Von harscher Strenge war in dieser Zeit die Amtsführung der Zensoren Fulvius Flaccus und Postumius Albinus, denn Gnaeus Fulvius, der Bruder und Miterbe des Zensors Fulvius, wurde von eben diesen
Zensoren aus dem Senat entfernt.
11, 1) Nachdem Perseus besiegt und in Gefangenschaft geraten war – vier
Jahre später starb er in freier Bewachung (i.e. unter Hausarrest bei einem für
ihn zuständigen Bürger) zu Alba – erhob sich ein Pseudo-Philippos, benannt
nach einer erlogenen und vorgetäuschten Abstammung, der vorgab, er sei
Philippos (von Makedonien) und stamme aus dem Königshaus, während er
in Wirklichkeit den untersten Schichten entsprossen war: Er nahm Makedonien mit Waffengewalt ein, setzte sich in Besitz der Abzeichen des Königreiches (sc. Krone etc.), doch ihn ereilte schon nach kurzer Zeit die Strafe für
sein unüberlegtes Handeln, (2) denn Praetor Quintus Metellus, dem man
aufgrund seiner entschlossenen Tatkraft den Beinamen Macedonicus gegeben
hatte, schlug ihn und das Volk (der Makedonen) in glänzend erkämpftem
Sieg und in einer gewaltigen Schlacht auch die Achäer, die sich soeben wieder erhoben hatten. (3) Es ist eben dieser Metellus Macedonicus, der diejenigen Säulenhallen errichtet hat, die um die beiden inschriftlos gebauten Tempel herum gebaut wurden, welche nun von den Säulenhallen der Octavia
umgeben werden. Metellus brachte aus Makedonien auch die Schwadron
von Reiterstandbildern mit, die in Richtung der Tempelfronten gruppiert sind
und noch heute die größte Zierde des Platzes darstellen. (4) Man berichtet,
diese Schwadron sei aus folgendem Grunde hergestellt worden: Alexander
d. Gr. habe Lysippos, dem einzigartigen Urheber solcher Werke, dazu gebracht, von denjenigen Reitern aus seiner eigenen Schwadron, die (in der
Schlacht) am Granikos gefallen waren, Statuen zu gestalten, die den Verstorbenen ähnelten und seine eigene (sc. die Alexanders) dazwischen zu stellen.
(5) Eben dieser Metellus Macedonicus errichtete als erster in Rom einen Tem89
pel aus Marmor, bei diesen Standbildern selbst und war damit Urheber dieser großartigen bzw. verschwenderischen Bauweise. (6) Man dürfte schwerlich bei irgendeinem Volk, in einem Zeitalter oder Stand einen Menschen finden, dessen glückliches Gelingen man mit dem Glück des Metellus vergleichen könnte. Denn abgesehen von seinen herausragenden Triumphen und
Staatsämtern von größter Bedeutung sowie seiner führenden Stellung als
Spitzenpolitiker und der langen Dauer seines Lebens sowie den scharf und
ohne auf Eigennutz zu schielen geführten Auseinandersetzungen mit den
Feinden (Roms), brachte er noch vier Söhne zustande, sah, wie sie erwachsen wurden und starb, während sie alle, die ihn überlebten, hoch geehrt waren. (7) Die Bahre dieses Verstorbenen trugen seine vier Söhne vor die Rednerbühne (am Forum Romanum): Der eine war ehemaliger Konsul und Zensor; der andere ehemaliger Konsul; der dritte (amtierender) Konsul; der vierte Kandidat für den Konsulat, den er dann auch erlangte: Das wahrlich bedeutet aber eher, glücklich aus dem Leben zu scheiden denn (nur) zu sterben.
12, 1) Ganz Achaia (Griechenland) stürzte sich dann in den Krieg, obwohl
durch die energische Tatkraft des Metellus Macedonicus, wie wir schon darlegten, bereits ein großer Teil mit Waffengewalt besiegt worden war. Am entschiedensten riefen die Einwohner von Korinth zu den Waffen und begingen
sogar schändliche Taten an den (dort lebenden) Römern: Man betraute den
Konsul Mummius mit der Führung dieses Krieges, (2) und um die gleiche
Zeit beschloss der Senat, Karthago völlig zu vernichten (149 v. Chr.): Es geschah aber eher, weil die Römer alles Mögliche, was über die Karthager so
gesagt wurde, glauben wollten als dass ihnen Glaubwürdiges zugetragen
wurde. (3) In eben dieser Zeit wurde Publius (Cornelius) Scipio Aemilianus
zum Konsul gewählt, obwohl er sich nur um das Amt eines Ädilen beworben
hatte. In seiner zupackenden Tatkraft war er seinem Großvater Publius Scipio
Africanus und seinem Vater Lucius Paullus äußerst ähnlich; in all seinen Fähigkeiten in Krieg und Frieden sowie seinen Geistesgaben und kulturellen Bestrebungen stellte er die überragende Gestalt seines Jahrhunderts, ein Mann,
der im ganzen Leben nur Lobenswertes tat, sagte oder fühlte: Er war der
Sohn des (Lucius Aemilius) Paullus und, wie wir schon sagten, von Scipio,
dem Sohn des Africanus adoptiert worden. (4) Den Angriff auf Karthago, der
von früheren Konsuln schon vor zwei Jahren begonnen worden war, setzte er
mit größerer Wucht fort. – Zuvor war ihm in Spanien bereits die Mauerkrone,
in Africa (ca. Tunesien) die Belagerungskrone (Tapferkeitsmedaillen) übereicht
worden. In Spanien freilich hatte er, obzwar selbst von durchschnittlicher
Kraft, einen Feind von ungeschlachter Körpergröße aufgrund einer Herausforderung im Zweikampf getötet. (5) Diese Stadt (Karthago) aber, die den Römern eher aus eifersüchtigem Streben nach der führenden Machtposition
verhasst war, als dass sie sich zurzeit etwas hätte zuschulden kommen lassen,
tilgte er bis auf die Grundmauern aus und machte das zum Denkmal seiner
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entschiedenen Tatkraft, was sein Großvater (sc. Scipio Africanus d. Ä. – Sieger
über Hannibal) als Zeichen seiner Milde hatte stehen lassen: Karthago wurde
dem Erdboden gleichgemacht, nachdem es 666 Jahre bestanden hatte; (6)
vor nunmehr 177 Jahren. Gnaeus Cornelius Lentulus und Lucius Mummius
bekleideten damals gerade den Konsulat. Dieses Ende nahm (also) Karthago,
die Nebenbuhlerin des römischen Reiches, mit der (einst) unsere Vorfahren
den Krieg vom Zaun brachen (264 v. Chr.). Das ereignete sich 296 Jahre vor
Deinem Konsulat, mein Marcus Vinicius. So herrschten zwischen diesen beiden Völkern 115 Jahre lang Krieg, Kriegsvorbereitungen oder fauler Friede.
(7) Auch nach Unterwerfung des Erdkreises hatte Rom keine Hoffnung auf
ein gesichertes Dasein, wenn es noch den Begriff Karthago als den einer existierenden Stadt gab. (8) So hartnäckig verharrt man in einem Hass, der in
Kämpfen ausgebrochen ist; er behauptet sich auch über die (geschwundene)
Furcht hinaus und wird nicht einmal angesichts der Niederlage (des Gegners) beigelegt: Erst mit seiner Vernichtung stirbt er.
13, 1) Drei Jahre bevor Karthago (durch Scipio Africanus d.J.) vernichtet wurde, starb Marcus (Porcius) Cato. Es geschah unter dem Konsulat des Lucius
(Marcius) Censorinus und Manius Manilius: Cato hatte bei jeder Gelegenheit
zum Niederreißen der Stadt geraten. Im selben Jahr, in welchem Karthago
seinen Untergang fand, ließ Lucius Mummius Korinth dem Erdboden gleichmachen (146 v. Chr.): Seit seiner Gründung unter Aletes, dem Sohn des Hippotes, waren 952 Jahre verflossen. (2) Beide Feldherrn erhielten ihren Ehrentitel nach dem Namen des jeweils von ihnen gänzlich besiegten Volkes: Den
einen nannte man »Africanus«, den anderen »Achaicus«, und kein einziger
Aufsteiger in den römischen Adel (sog. »neuer Mann«) vor Mummius erwarb
einen vergleichbaren Ehrennamen durch seine energische kriegerische Tatkraft. (3) Unterschiedlich freilich waren die Charaktere der Befehlshaber; unterschiedlich der Stand ihrer Bildung: Scipio war ein so erlesener Förderer
und Bewunderer jedweder Kunst und Wissenschaft, dass er Polybios und Panaitios, die aufgrund ihrer Genies (damals) überragenden Männer, in Krieg
und Frieden an seiner Seite hatte. Kein anderer nämlich als Scipio füllte die
Zeiträume zwischen seinen Staatsgeschäften auf feinere Weise mit kulturellen
Bestrebungen; stets diente er entweder der Kunst des Kriegsführens oder den
Künsten des Friedens; stets wandelte er zwischen Waffengang oder wissenschaftlichen Studien und stählte seinen Körper unter Gefahren sowie den
Geist durch Beschäftigung mit den Wissenschaften. (4) Mummius hingegen
war dermaßen ungebildet, dass er nach der Einnahme Korinths, als er die
von Händen der größten Künstler vollendeten Gemälde und Skulpturen nach
Italien schaffen ließ, den Transportunternehmern den Befehl erteilen ließ,
diejenigen Kunstwerke, welche sie (unterwegs) zugrunde gerichtet hätten,
durch neue zu ersetzen. (5) Ich jedoch glaube nicht, du, mein Vinicius, könntest daran zweifeln, dass es für unseren Staat von größerem Interesse gewesen wäre, bis heute beim fehlenden Verständnis für die Korinther-Waren ge91
blieben zu sein, als von dergleichen diesen (heutigen) Begriff zu haben: Dieses fehlende Wissen diente dem öffentlichen Wohl nämlich besser als jenes
Wissen.
14, 1) Weil sich jedwede Angelegenheit Auge und Sinn dann leichter einprägt, wenn sie in ihrer Gesamtheit auf den Punkt gebracht wird, als wenn
man sie über die einzelnen Zeitabschnitte getrennt darstellte, habe ich beschlossen, den ersten Teil dieses Werkes vom zweiten Teil durch eine alles andere als unnütze, auf engem Raum zusammengedrängte Schilderung zu trennen und an eben dieser Stelle hier einzufügen, welche Pflanzstädte zu welcher Zeit nach der Einnahme Roms durch die Gallier (ca. 400 v. Chr.) auf Geheiß des Senates gegründet wurden. Bei den Ansiedlungen von Veteranen
freilich sind die Ursachen (der Gründung) sowie die Namen der Gründer einleuchtend: Es erscheint uns daher nicht unpassend, hier (jeweils) synchron
hinzufügen zu wollen, wie das Bürgerrecht (weiteren) Stämmen verliehen
wurde und der römische Machtbereich auf der Basis des gemeinsamen Rechtes vergrößert wurde: (2) Sieben Jahre nach der Eroberung der Stadt durch
die Gallier wurde eine Pflanzstadt in Sutrium gegründet und ein Jahr darauf
eine in Setia und nach neun Jahren eine weitere in Nempe; nach Ablauf von
32 Jahren wurden die Ariciner in unsere staatliche Gemeinschaft aufgenommen. (3) Von jetzt an gerechnet vor 350 Jahren erhielten unter dem Konsulat
der Spurius Postumius und Veturius Calvinus die Bewohner Campanias sowie
ein Teil der Samniten das Bürgerrecht, freilich ohne an Abstimmungen teilnehmen oder für Ämter kandidieren zu dürfen, und im selben Jahr (334
v. Chr.) gründete man die Pflanzstadt Cales (in Campania). Nachdem drei
Jahre verflossen waren, verlieh man den Einwohnern von Fundi und Formiae
(beide am Golf von Gaeta gelegen) das Bürgerrecht, in eben dem Jahre, als
Alexandria gegründet wurde. (4) Im darauf folgenden Jahr (wörtlich: unter
den folgenden Konsuln ≈ 331 v. Chr.) wurde den Bewohnern Acerras durch
die Censoren Spurius Postumius und Publius Philo das Bürgerrecht übertragen und weitere drei Jahre später Tarracina (heute: Terracina) in den Rang einer römischen Pflanzstadt erhoben; vier Jahre später Luceria (Apulia; heute:
Lucera); dann nach drei Jahren Suessa, Aurunca und Saticula (erneut in Campania). (5) Die nun folgenden zehn Jahre waren von dergleichen Vorhaben
frei. Darauf erhielten Sora (Latium) und Alba (östl. Roms) den Rang einer
Pflanzstadt sowie zwei Jahre danach auch Carseoli (Latium). (6) Als aber
Quintus Fabius zum fünften und Decius Mus (»Maus«) zum viertel Male Konsuln waren – es war zugleich das erste Regierungsjahr des Königs Pyrrhos
(von Epirus) – sandte man Siedler nach Sinuessa (am Rande Latiums) und
Minturnai (am Golf von Gaeta) sowie vier Jahre später nach Venusia (Süditalien). Zwei weitere Jahre später übergab man unter den Konsuln Manius Curius und Rufinus Cornelius den Sabinern (in Mittelitalien) das Bürgerrecht, jedoch ohne das Recht auf Stimmabgabe (in der Volksversammlung): Das alles
ereignete sich vor nunmehr nahezu 320 Jahren. (7) Unter dem Konsulat des
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Fabius Dorso und Claudius Cania entsandte man, von jetzt an gerechnet vor
etwa 400 Jahren, römische Siedler nach Cosa und Paestum (273 v. Chr.) und
nach Ablauf von fünf Jahren unter dem Konsulat von Sempronius Sophus
und Appius (Claudius), dem Sohn des Appius (Claudius) Caecus nach Ariminum (Rimini) und Beneventum (Campania) und verlieh den Sabinern auch
noch das Stimmrecht. (8) Zu Beginn des Ersten Punischen Krieges (264-241)
wurden Firmium und Castrum (sdl. von Ancona/bei Ancona) von römischen
Siedlern eingenommen; im Jahr darauf Aesernia (Campania) und 17 Jahre
später Aefulum und Alsium (Latium; nw. v. Rom) sowie zwei Jahre danach
Fregenae; im nächsten Jahr – unter dem Konsulat der Torquatus und Sempronius – Brundisium (Brindisi) sowie drei weitere Jahre später Spoletum (Spoleto/Umbrien). In diesem Jahr wurde das Fest der Floralien (Fest der Flora, Göttin der blühenden Pflanzen) zum ersten Male abgehalten. Zwei Jahre danach
gründete man die Pflanzstadt Valentia (Valenza; Ligurien) und unmittelbar
vor Hannibals Ankunft in Italien Cremona und Placentia (Piacenza).
15, 1) Als dann Hannibal in Italien zu Felde zog und auch in den unmittelbar
auf seinen Abzug folgenden Jahren hatten die Römer keine müßige Zeit,
Pflanzstädte zu gründen, weil man im (andauernden) Krieg den Soldaten bevorzugt bei der Fahne hielt statt ihn (in Veteranen-Siedlungen) fort zu schicken, und nach Kriegsende war es wichtiger, die Kräfte zu bündeln als sie zu
zersplittern. (2) Unter dem Konsulat der Gnaeus Manlius Vulso und Fulvius
Nobilior (189 v. Chr.) wurde die Pflanzstadt Bononia (Bologna) gegründet,
vor nunmehr 217 Jahren, und vier Jahre später Pisaurum (Pesaro/Umbrien)
sowie Potentia (Picenerland) und drei Jahre danach Aquileia (bei Triest) und
Graviscae (ehemalige Etrusker-Stadt bei Tarquinia) sowie nach Ablauf von
vier Jahren Luca (Lucca, Oberitalien). (3) Im selben Zeitenlauf wurden, auch
wenn dies von manchen Autoren bezweifelt wird, Siedler nach Puteoli (Puzzuoli bei Neapel), Salernum (Salerno) und Buxentum (Busento/Süditalien)
entsandt; ferner nach Auximum (Osimo) im Picenerland. Das alles ereignete
sich von jetzt an gerechnet vor 185 Jahren, drei Jahre, bevor Cassius als Censor im Gebiet vom Lupercal (eine Grotte am Palatin) aus Richtung Palatium
(Palatin) den Bau eines (ersten) Theaters anordnete. Als er diesen Plan aber
ausführen wollte, leisteten die strengen Sitten der Bürgergemeinde und Consul Scipio (Nasica Corculum) Widerstand: Dies möchte ich unter die rühmlichen Beweise des (damaligen) gemeinschaftlichen Willens einordnen. (4)
Unter dem Konsulat der Cassius Longinus und Sextius Calvinus, welcher die
Salluvier bei den Wassern (Heilquellen), die nach ihm »Aquae Sextiae« (heute: Aix-en-Provence) heißen, vernichtend schlug, wurde Fabrateria (Latium)
gegründet, von jetzt an gerechnet vor 153 Jahren, und ein Jahr später Scolacium Minervia (Calabria), Tarentum Neptunia (Tarent) sowie Karthago in Africa (ca. Tunesien) als – wie gesagt – erste Pflanzstadt außerhalb Italiens. (5)
Über das Datum der Gründung von Dertona (Tortona/Piemont) gibt es keine
einhellige Meinung; die Pflanzstadt Narbo Martius (Narbonne) wurde in
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(Süd-)Gallien unter dem Konsulat von (Marcus) Porcius (Cato) und Marcius
(Rex) vor nunmehr 146 Jahren (118 v. Chr.) gegründet. 23 Jahre später gründete man unter den Konsuln (Gaius) Marius – er war gerade zum sechsten
Male Konsul – und Valerius Flaccus bei den Bagiennern Eporedia (bei Turin):
Von dieser Zeit an könnte ich nicht ohne Schwierigkeiten solche Gründungen
der geschichtlichen Überlieferung anvertrauen, welche keine Ansiedlungen
altgedienter Soldaten gewesen wären.
16, 1) Auch wenn dieser Abschnitt meines Werkes gleichsam aus dem Rahmen des Vorhabens fallen sollte, und obgleich ich einsehe, dass ich in meiner
überstürzten Eile, die mich wie ein rollendes Rad, ein herab stürzender Wasserfall oder ein jäher Berggipfel nirgendwo Halt machen lässt, so dass ich
eher Notwendiges übergehen als Überflüssiges auslassen muss, kann ich
mich dennoch nicht zurückhalten, folgende Angelegenheit, welche ich mir
schon oft durch den Kopf habe gehen lassen, ohne zu einer einleuchtenden
Lösung gelangt zu sein, als Autor in Angriff zu nehmen: (2) Wer nämlich
könnte sich nicht von Grund auf wundern, dass die überragenden Geister ein
jeder Berufung jeweils in derselben Gattung und im selben dicht zusammen
gedrängten Zeitraum hervortreten. Gleichsam wie wenn man verschiedene
Tierarten gemeinsam in einen Käfig oder anderen geschlossenen Raum einsperrte und sie sich dennoch von den anderen trennten und nur mit den Genossen der eigenen Art eine Herde bilden, so schieden sich auch all die großen kreativen Geister von den übrigen und schufen ihre Werke gleicher Gattung zur selben Zeit: (3) Eine einzige Epoche, die sich über keineswegs viele
Jahre erstreckte, ließ die Tragödie durch (drei) Männer von göttlicher Inspiration aufleuchten, Aischylos, Sophokles und Euripides; eine einzige Epoche
jene altehrwürdige Komödie unter Kratinos, Aristophanes und Eupolis; und
ebenso schufen Menander, Philemon und Diphilos, welche beiden mit ersterem eher das Zeitalter als die Größe der Werke teilen, die Neue Komödie
binnen ganz weniger Jahre und hinterließen sie in unnachahmlicher Vollendung der Nachwelt. (4) Die Genies der Philosophen aber, die sich alle auf die
Worte des Sokrates berufen, haben wir schon oben (in der großen Lücke) erwähnt: In welch langer Zeit noch standen sie nach Platons und Aristoteles‘
Tod in Blüte! (5) Was aber die Redner anbetrifft: Gab es (überhaupt jemals)
berühmte vor Isokrates oder nach der Zeit seiner Hörer und deren Schülern?
So sehr waren sie in einen kurzen Zeitraum gepresst, dass keiner, welcher der
Erwähnung würdig ist, nicht von den anderen zur Kenntnis genommen worden wäre.
17, 1) Ebenso wie bei den Griechen ereignete sich dies bei den Römern;
denn wenn man nicht bis zu den rohen und unbeholfenen Anfängen zurück
gehen möchte, verdient nur die römische Tragödie ein Lob, weil zu Beginn
dieser Kunstform stehend, und das ausschließlich bei Accius sowie in dessen
Umfeld; Süße und Anmut des lateinischen Verses hingegen traten bei Caeci94
lius (Statius), Terentius und Afranius beinahe gleichzeitig und glanzvoll zutage. (2) Ebenso war es bei den Historikern, wenn es gestattet ist, (Titus) Livius
den älteren zuzurechnen: Einmal abgesehen von (Marcus Porcius) Cato sowie einigen alten und weniger bekannten Autoren brachte sie allesamt nur
eine einzige Epoche von weniger als 80 Jahren hervor. Auch die Blütezeit der
Dichter spielte sich nicht früher oder später ab. (3) Nun aber zur Kunst der
Rede, Gerichtsrede und vollendeten Prosa: Derselbe Cato möge beiseite gelassen werden und Friede sei mit Publius Crassus, Scipio, Laelius, den Gebrüdern Gracchus, Fannius und Servius Galba: All diese Künste traten erst unter
Marcus Tullius Cicero, dem führenden Meister der Gattung, in solchem Maße
zutage, dass man nun vor ihm nur noch an sehr wenigen Freude haben, keinen einzigen aber bewundern kann, den er nicht kannte, bzw. von dem er
nicht gekannt wurde. (4) Ebenso wird ein jeder, der die Zeitenläufe zur
Kenntnis nimmt, auch bei den Wissenschaftlern, Bildhauern, Malern und Gemmen-Schneidern herausfinden, dass die überragende Kunst ein jeder Gattung in einer aufs Engste begrenzten Epoche auftritt. (5) Den Ursachen freilich dafür, dass vergleichbare Genies in einem bestimmten Jahrhundert gemeinschaftlich auftreten und in demselben Bestreben gleiche Erfolge einheimsen, gehe ich oft genug forschend nach, ohne sie jemals mit absoluter
Sicherheit herauszufinden; vielmehr führe ich nur solche Gründe an, die der
Wirklichkeit vielleicht nahe kommen, und unter diesen in erster Linie folgende: (6) Wetteifer nährt den Geist; bald weckt Neid, bald Bewunderung mit
Feuereifer das Nachahmen. Naturgemäß steigt alles, was man mit glühendem Bestreben anpackt, zum höchsten Gipfel; doch das Verharren auf der
Höhe der Vollendung ist schwierig, und ebenso naturgemäß ist rückläufig,
was keinen Fortschritt mehr kennt: (7) Ebenso, wie wir im heißen Verlangen
entbrennen, in den Fußstapfen derjenigen zu wandeln, welche wir für vorbildlich halten, stirbt unser Eifer zugleich mit der Hoffnung dahin, sobald wir
es voller Verzweiflung aufgegeben haben, diese (Genies) übertreffen oder es
ihnen doch (wenigstens) gleich tun zu können; man nimmt dann Abstand
vom Unerreichbaren wie von einem sozusagen besetzten Gebiet, um sich ein
neues zu suchen. Wenn wir dann aufgegeben haben, worin wir nicht Überragendes mehr leisten können, suchen wir uns ein neues Betätigungsfeld, in
welchem wir glanzvoll auftreten können. Schlussendlich ist ein häufiger und
unsteter Übergang (zu immer neuen Themen) das bedeutendste Hindernis
auf dem Wege zum vollendeten Kunstwerk.
18, 1) Gleiche Bewunderung wie den (bestimmten) Zeitenläufen wird auch
(bestimmten) Städten zuteil: Eine einzige Stadt Attikas erblühte in der Beredsamkeit seiner Politiker für längere Zeit als ganz Griechenland (zusammen),
und ebenso durch die Werke (seiner Künstler), so dass man zur Auffassung
gelangen könnte, körperlich sei das Volk (der Griechen) über weitere Staaten
verteilt, seine Genies und sein Geist aber wären allein von Athens Mauern
umschlossen. (2) Über nichts staune ich mehr als darüber, dass man keinen
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einzigen Redner aus Argos, Theben oder Sparta entweder zu Lebzeiten oder
postum des Gedenkens wert erachtete. (3) Eben diese Städte waren auch
den übrigen vergleichbaren künstlerischen Bestrebungen ein unfruchtbarer
Boden, einmal abgesehen von Theben, welches durch Pindaros veredelt wurde: Den Alkman freilich beanspruchen die Lakonier (Spartaner) irrtümlicher
Weise für sich.
Buch II
1, 1) Scipio der Ältere hatte Roms Macht Tür und Tor geöffnet, dem Luxus
der jüngere: Nachdem freilich die Furcht vor Karthago aus der Welt geschafft
und die Rivalin vernichtet war, fiel man nicht etwa schrittweise, sondern im
jähen Sturz von Tugend und Tatkraft ab und dem Laster anheim. Die traditionellen Zucht und Ordnung wurden aufgegeben und neues (stattdessen) eingeführt: Die Gesellschaft wandte sich weg von wacher Aufmerksamkeit, soldatischen Übungen und geschäftiger Politik, hin zu Schläfrigkeit, Lust und
Vergnügungen sowie einem rein privaten Leben. (2) Damals erstellte Scipio
Nasica (Corculum) die Säulenhallen auf dem Kapitol und Metellus (Macedonicus) die bereits von uns genannten, sowie Gnaeus Octavius die mit Abstand anmutigsten am Circus (Flaminius), und der öffentliche Prunk folgte
der privaten Verschwendungssucht. (3) Infolge dessen verlief der Krieg gegen die von Viriathus angeführten spanischen Banditen trostlos und schändlich: Das Kriegsglück war launisch, und des Öfteren zogen die Römer den
Kürzeren. Nachdem aber Viriathus eher durch Heimtücke denn Tatkraft der
Servilius Caepio umgebracht war, flammte der Numantinische Krieg umso erbitterter auf. (4) Diese Stadt (Numantia) bot zu keiner Zeit mehr als 10.000
bewaffnete junge Männer auf. Doch sei es, aufgrund ihres angeborenen Ungestümes oder der Ahnungs-Losigkeit unserer Führer oder der Gunst des
Schicksals: Der Feind (eig. die Stadt) brachte Pompeius, einen Mann großen
Namens (er war als erster der Pompeier Konsul geworden) zum Abschluss
schändlicher Friedensverträge, sowie den Konsul Mancinus Hostilis zu nicht
weniger fluchwürdigen Abkommen. (5) Pompeius freilich verdankte die
Straflosigkeit seinem politischen Einfluss; Mancinus hingegen schämte sich:
Weil er die Verantwortung (für den Vertrag) nicht von sich wies, kam es dazu, dass er von den Fetilalen (röm. Priestern) nackt und mit hinter dem Rücken zusammen gebundenen Händen dem Feind ausgeliefert werden sollte,
doch sie lehnten es ebenso ab, ihn anzunehmen, wie es einst die Einwohner
von Caudium getan hatten. Sie sagten, von einem staatlichen Vertragsbruch
könne man sich nicht mit dem Blute eines einzelnen reinwaschen.
2, 1) Die (versuchte) Auslieferung des Mancinus entfesselte eine ungeheuerliche Spaltung der Bürgerschaft, denn Tiberius (Sempronius) Gracchus, Sohn
des Tiberius Gracchus, eines erlauchten und überragenden Mannes, zugleich
mütterlicherseits Enkel des Publius (Cornelius Scipio) Africanus (des Älteren)
hatte als Quaestor (des Mancinus) dieses Abkommen geschmiedet. (2) Nun
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fand er es einerseits unerträglich, dass ein von ihm abgeschlossener Vertrag
außer Kraft gesetzt wurde, zum anderen befürchtete er die Folgen eines ähnlichen Urteils und Strafe (wie an Mancinus). Daher ließ er sich zum Volkstribun wählen, obwohl er sonst ein Mann von makelloser Lebensführung war,
ausgestattet mit einem glänzenden Verstand und lautersten Absichten, ferner
voll von so großen guten Eigenschaften, wie man sie als Mensch nur von Natur aus sowie durch energisches Handeln besitzen kann: Unter dem Konsulat
des Publius Mucius Scaevola und Lucius Calpurnius (Piso) – vor nunmehr
162 Jahren (133 v. Chr.) – fiel er von den Guten (Senatspartei) ab, versprach
ganz Italien das Bürgerrecht und eröffnete zugleich die Diskussion über seine
Ackergesetze. (3) Während alle den alten Zustand erhalten wissen wollten,
kehrte er das Unterste zuoberst und versetzte den Staat in jähe doppelte Gefahr: Seinen Kollegen Octavius, der sich für das Staatswohl einsetzte, ließ er
abwählen, schuf ein Dreimännerkollegium, das die Aufgabe hatte, Land zu
verteilen und Pflanzstädte zu gründen; zum Kollegium gehörten er selbst,
sein Schwiegervater, der Ex-Konsul Appius (Claudius Pulcher) sowie sein
noch jugendlicher Bruder Gaius.
3, 1) Darauf erhob sich Publius (Cornelius) Scipio (Serapio). Er war Enkel dieses Scipio (Nasica), der vom Senat als »Bester Mann« (führender Bürger) beurteilt worden war, sowie Sohn des Scipio (Nasica Corculum), der als Zensor
die Säulenhalle auf dem Kapitol hatte errichten lassen; Urenkel aber des
Gnaeus Scipio, eines Onkels des hochberühmten Publius (Cornelius Scipio)
Africanus (des Älteren): Obwohl er zurzeit keinerlei Staatsamt bekleidete
(wörtlich: privat und mit der Toga) und ein (entfernter) Cousin des Tiberius
Gracchus war, gab er dem Vaterland den Vorzug vor seiner Sippe, im Glauben, was dem Gemeinwohl nicht diene, stehe auch im Gegensatz zu seinen
privaten Interessen; (ob dieser guten Charakterzüge wurde er als erster Römer in Abwesenheit zum Oberpriester gewählt): Er umwickelte den linken
Arm mit dem Zipfel seiner Toga, stellte sich hoch oben auf dem Kapitol auf
die obersten Stufen und forderte jedermann auf, dem etwas am Heil des
Staates gelegen sei, ihm zu folgen. (2) Darauf fielen die Anhänger der Optimaten, der Senat, der größere und bessere Teil des Ritterstandes sowie die
von seinen verhängnisvollen Plänen noch nicht verdorbene Plebs über Gracchus her, der zusammen mit dem Haufen seiner Anhänger auf dem (Kapitols-)Platz stand und eine aus fast ganz Italien stammende Menge aufwiegelte: Gracchus ergriff die Flucht, rannte den Kapitolinischen Hügel hinunter,
(2) strauchelte und verlor durch den Hieb mit einer Keule, bestehend aus
dem Trümmerteil eines (Senats-)Sitzes vor der Zeit sein Leben, das er auf der
Höhe des höchsten Ruhmes hätte verbringen können.
(3) Dies war in Rom der Beginn des Blutvergießens und des straflosen Waffeneinsatzes. Von nun an wurde das Recht von der Gewalt in den Boden gestampft, der Stärkere erhielt den Vorrang, und der Streit unter den Bürgern,
der bisher auf gesetzlicher Grundlage beigelegt zu werden pflegte, wurde
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nun mit bewaffneter Hand entschieden: Man zog nicht mehr aus berechtigten Interessen in den Krieg, sondern je nachdem, wie große Aussichten auf
materiellen Gewinn er bot. (4) Kein Wunder! Wenn nämlich erst einmal der
Bann gebrochen ist, gibt es kein Halten mehr: Mag der neue Geist sich zunächst auch auf noch so schmalen Pfaden bewegen, so bricht er doch bald
aus und schreitet fort ins Unerträgliche. Sobald man nämlich den rechten
Weg verlassen hat, kommt es zum unaufhaltsamen Sturz in den Abgrund:
Keiner mehr hält es jetzt für schändlich, das zu tun, was (schon) irgendeinem
anderen von Vorteil war.
4, 1) Während sich dies in Italien ereignete, hatte Andronikos Asia (West-Türkei) mit Waffengewalt eingenommen, welches der verstorbene König Attalos
dem römischen Volk vermacht hatte; ähnlich machte es Nikomedes später
mit Bithynien: Andronikos log daher, er entstamme königlichem Geschlecht.
Besiegt, wurde er für den Triumphzug weggeschleppt, der aber von Manlius
Aquilius durchgeführt wurde: Danach wurde er mit dem Tode bestraft, weil
er zu Kriegsbeginn Crassus Mucianus, einen Mann von exzellenter Rechtskenntnis, umgebracht hatte, als er, der Ex-Konsul, gerade Asia verlassen wollte.
2) Und (nun) wurde Publius (Cornelius) Scipio Africanus (der Jüngere), der
Karthago vernichtet hatte, nach so vielen Niederlagen bei Numantia zum
zweiten Male zum Konsul gewählt und nach Spanien entsandt: Er zeigte seine glückhaft in Africa (Tunesien) erprobte energische Tatkraft auch in Spanien, und (bereits) binnen einem Jahr und drei Monaten nach seiner Ankunft
hatte er Numantia mit Belagerungswerken eingeschlossen und erobert: Anschließend machte er es dem Erdboden gleich. (3) Kein einziger Mann auf
der ganzen Welt vor ihm hat seinen Namen der Nachwelt unauslöschlicher
eingeprägt durch eine noch berühmtere Vernichtung von Städten als er;
denn mit Karthagos Vertilgung befreite er uns (Römer) von Furcht, mit der
Numantias von der Schande.
(4) Als dieser (einmal) auf Anfrage des Volkstribunen (Papirius) Carbo, was
er über die Ermordung des Tiberius Gracchus dächte, antwortete, wenn der
im Sinn gehabt hätte, die Macht im Staat an sich zu reißen, sei er mit Fug
und Recht erschlagen worden. Als nun die gesamte Versammlung eine Aufschrei ausstieß, sagte er: »Ich, der so oft nicht durch das Geschrei der Feinde
erschreckt worden bin, wie könnte ich eingeschüchtert werden, wenn ihr
schreit, deren Stiefmutter nur Italien ist?«
(5) Als er in die Stadt (Rom) zurückgekehrt war, unter dem Konsulat von Manius Aquilius und Gaius Sempronius, von heute an gerechnet vor 160 Jahren,
fand man kurz darauf diesen Mann, der zweimal Konsul gewesen war, zwei
Triumphzüge abgehalten und zwei dem Staat entsetzliche Gegner vernichtet
hatte, eines Morgens tot im Bett vor: An seiner Gurgel fanden sich gewisse
Würge-Male. (6) Über den Tod des so großen Mannes fand keine Untersuchung. Die Leiche des Mannes wurde verhüllten Hauptes zu Grabe getragen,
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dank dessen Taten Rom sein Haupt über den ganzen Erdkreis erhoben hatte.
Sei es nun, dass er – so die meisten Historiker – eines natürlichen Todes gestorben war, sei es, eines gewaltsamen aufgrund des ihm entgegen gebrachten Hasses, wie einige überliefern, so führte er doch ein höchst ehrenvolles
Leben, das bis in unsere Tage nur der Glanz seines Großvaters überstrahlte.
(7) Er starb im 56. Lebensjahr: Sollte jemand diese Angabe bezweifeln, so
rechne er zurück zu seinem ersten Konsulat, in das er mit 36 Jahren gewählt
wurde; dann wird er seine Zweifel fallen lassen.
5, 1) In der Zeit nach Vernichtung Numantias fand in Spanien der überaus
ruhmreiche Feldzug des Decimus Brutus statt, welcher sich, nachdem er zu
sämtlichen spanischen Völkerschaften vorgedrungen war, eine ungeheure
Menge Menschen und Städte zu seiner Beute gemacht hatte und sogar in
Gegenden eingedrungen war, die man kaum vom Hörensagen kannte, den
Beinamen »Gallaecus« (i.e. Sieger über die Kallaiker) verdiente. (2) Wenige
Jahre vor ihm war dort Quintus Macedonicus bei eben diesen Stämmen Befehlshaber, und seine Strenge war so groß, dass er bei der Belagerung der
spanischen Stadt Contrebia fünf von einer schroffen Anhöhe geworfene Kohorten von Legionären erneut hinauf stürmen ließ: (3) Obgleich sie allesamt
an Ort und Stelle ihr Testament machten, als wenn man in den sicheren Tod
gehen müsste, ließ er sich in seiner Beharrlichkeit des Feldherrn nicht vom
Vorhaben abbringen und nahm bald darauf die Soldaten, welche er (scheinbar) in den Untergang geschickt hatte, als Sieger wieder im Empfang: So viel
bewirkte nämlich die Scham, gemischt mit Furcht sowie eine aus der Verzweiflung geborene Hoffnung: Macedonicus gelangte durch seine energische Tatkraft und die aufgrund seiner Strenge durchgeführte Maßnahme, Fabius Aemilianus hingegen durch sein am Vorbild des Paulus ausgerichtetes
zähes Durchhalten in Spanien zu höchstem Ruhm.
6, 1) Zehn Jahre waren verflossen, da befiel Gaius Gracchus die gleiche Raserei wie seinen Bruder Tiberius, den er ebenso in zupackender Tatkraft wie im
(politischen) Irrweg ähnlich war, während er ihn in seiner Begabung und Beredsamkeit noch turmhoch überragte. (2) Bei seinem höchst ausgeglichenen
Charakter hätte er zum ersten Manne des Staates werden können, aber entweder, um die Ermordung des Bruders zu rächen oder um sich den Weg zur
Königsherrschaft zu bahnen, beschritt er nach dessen Vorbild die Laufbahn
des Tribunen. Nach weitaus Größerem und Einschneidenderen strebend,
wollte er allen Italikern das Bürgerrecht verleihen und es sogar fast bis zu den
Alpen ausdehnen. (3) Er verteilte Ackerland und erließ das Verbot, dass kein
Bürger mehr als 500 Joch () besitze, was einst schon durch das Licinische Gesetz (376 v. Chr.) sanktioniert war. Er ordnete neue Steuern an, füllte die Provinzen (i.e. erobertes Land) mit (römischen) Siedlern und übertrug die
Rechtsprechung vom Senat an den Ritterstand. Ferner hatte er angeordnet,
dem einfachen Volk Getreide zu spenden: Nichts ließ er unverändert; nichts
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beim Alten; nichts in Ruhe; nichts schließlich im selben Zustand (wie zuvor),
ja, er fügte seinem ersten Tribunat sogar ein zweites an. (4) Gegen diesen
Mann ging der Konsul Lucius Opimius, der als Praetor Fregellae vernichtet
hatte, mit Waffengewalt vor und ließ ihn umbringen – zusammen mit Fulvius
Flaccus, einem Ex-Konsul und Triumphator, der ähnlich Übles (wie C. Gracchus) anstrebte, und den dieser anstelle seines (toten) Bruders ins Dreimännerkollegium (zur Ackerverteilung) und damit zum Spießgesellen beim Streben nach der Königsherrschaft berufen hatte. (5) Dies eine freilich wird (dabei) als frevelhaftes Tun des Opimius überliefert: Er verkündete öffentlich, er
werde auf den Kopf – ich will nicht sagen, des Gracchus – eines römischen
Bürgers einen Preis aussetzen und ihn mit Gold aufwiegen: (6) Flaccus, der
auf dem Aventin unter Waffen (vergebens) zum Kampf aufrief, wurde zusammen mit seinem älteren Sohn hingemordet. Gracchus hingegen flüchtete,
und als er fast schon von den Schergen des Opimius ergriffen wurde, hielt er
den Hals seinem Sklaven Euporus hin, welcher sich anschließend mit gleicher
Entschlossenheit tötete, mit der er seinem Herrn (beim Selbstmord) beigestanden hatte. An diesem Tage erwies sich die Treue des römischen Ritters
Pomponius zu Gracchus als einzigartig, als er in Manier des (Horatius) Cocles
dessen Feinde auf einer Brücke zum Stehen brachte, um sich dann ins
Schwert zu stürzen. (7) Wie schon zuvor bei Tiberius Gracchus geschehen,
wurde auch die Leiche des Gaius mit Staunen erregenden Brutalität in den Tiber hinab geschleudert.
7, 1) Auf solche Weise fanden die Söhne des Tiberius Gracchus, die Enkel des
Scipio Africanus, die von ihren glänzenden Geistesgaben üblen Gebrauch gemacht hatten, ihr Lebensende und kamen um, während ihre Mutter Cornelia,
die Tochter des Africanus, noch lebte: Hätten sie nur ein in ihrer Bürgerschaft
übliches Maß an politischem Rang angestrebt, dann hätte ihnen der Staat all
das angeboten, was sie durch Aufruhr zu erreichen trachteten, ohne dass sie
Unruhe hätten stiften müssen. Zu dieser ihrer freilich grausigen Behandlung
gesellte sich noch ein einzigartig großes Verbrechen: (2) Denn ein ausnehmend schöner Jüngling, noch nicht über 18 Jahre alt und unschuldig an den
Vergehen des Vaters, der Sohn des Fulvius Flaccus, welchen der Vater gesandt hatte, um über die (Friedens-)Bedingungen zu verhandeln, wurde von
Opimius umgebracht. Als ein mit ihm befreundeter etruskischer priesterlicher
Begutachter der Eingeweide (von Opfertieren) sah, wie er weinend in Haft
weggeführt wurde, sagte er: »Warum machst du nicht lieber dies?« Unverzüglich zerschmetterte er sich den Kopf an einem steinernen Pfosten des Gefängnisses, Hirnmasse quoll hervor, und er starb. (3) Grausige Verfolgungen
wurden nun gegen Freunde und Anhänger der Gracchen abgehalten. Opimius freilich, ein ansonsten unbescholtener und ehrenwerter Mann, wurde
später in öffentlicher Gerichtsverhandlung wegen Korruption verurteilt: Die
Erinnerung an seine Grausamkeit hatte zur Folge, dass man kein Erbarmen
mit ihm kannte. (4) Derselbe Hass sorgte dafür, dass Rupiliuss und Popilius
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(Laenas), die als Konsuln aufs Grausamste gegen die Freunde des Tiberius
Gracchus gewütet hatten, später verdientermaßen im öffentlichen Gerichtsverfahren unter Druck gerieten. Der so bedeutsamen Angelegenheit sei (hier
noch) eine Kleinigkeit angefügt, eine Information betreffend: (5) Es handelt
sich um denselben Opimius, nach dessen Konsulat der hochberühmte Opimianische (Falerner-)Wein den Namen erhielt; dass von ihm (jetzt) nichts
mehr übrig ist, kann man aus der Zahl der dazwischen liegenden Jahren
schließen, denn es sind seitdem bis zu deinem Konsulat, mein Vinicius, 151
Jahre verflossen. (6) Was (übrigens) Opimius getan hatte, fand kaum öffentliche Billigung, weil er seinen Rachedurst an persönlichen Feinden gestillt habe, und es erschien eher als privater Rachefeldzug denn zur Rettung des Volkes geschehen. Unter den Gesetzen der Gracchen aber möchte ich als am
schädlichsten aufzählen, dass er römische Siedlungen außerhalb Italiens anlegte: (7) Als unsere Vorfahren nämlich erkannten, um wie viel mächtiger
Karthago war als Tyros, Massilia (Marseille) als Phoikaia, Syrakus als Korinth,
Kyzikos und Byzantion als Miletos – ihre jeweiligen Mutterstädte – hatten sie
dies mit Sorgfalt vermieden und die römischen Bürger zum (aktuellen) Zensus (Einschätzung als Bürger) aus ihrer (jeweiligen) Provinz nach Italien zurückgerufen. (8) Als erste Römersiedlung außerhalb Italiens aber wurde Karthago (neu) gegründet. Kurz darauf legte man unter dem Konsulat von Porcius (Cato) und Marcius (Rex) die Pflanzstadt Narbo Martius (heute: Narbonne – Provence) an (118 v. Chr.).
8, 1) Anschließend soll der Überlieferung anvertraut werden, wie streng damals das Gerichtswesen war: Der Ex-Konsul Gaius Cato, Enkel des berühmten
Marcus Cato und Sohn der Schwester des (Scipio) Africanus wurde nach seiner makedonischen Amtszeit wegen Erpressung seiner Untertanen verurteilt,
obwohl man die Summe auf nur 4.000 Sesterzen einschätzte: So sahen diese
Herren (Richter) verstärkt und eher auf die Absicht, Unrecht zu tun, denn auf
die Größe der Schuld; sie beurteilten das (verbrecherische) Handeln nach
dem Vorsatz und ahndeten nicht nach dem Umfang sondern der Art und
Weise des Verstoßes. (2) Um dieselbe Zeit herum hielten die beiden Metellus-Brüder an ein und demselben Tag ihren Triumphzug ab. Ein nicht minder
berühmtes und bis heute einzigartiges Beispiel boten die Söhne des Fulvius
Flaccus, der einst Capua eingenommen hatte. Der eine von beiden freilich
war von ihm zur Adoption gegeben und so in die Familie des Acidius Manlius übertragen worden. Die gemeinsame Zensur der Metelli aber war die
von Cousins und nicht von Brüdern; dergleichen war nur den Scipionen gelungen. (3) Die Kimbern und Teutonen überschritten damals den Rhein und
wurden im Anschluss daran berühmt durch unsere Niederlagen gegen sie sowie zuletzt durch ihre eigene. Um dieselbe Zeit herum fand der berühmte
Triumphzug eben dieses Minucius über die Scordiscer (106 v. Chr. im Raum
Belgrad) statt, welcher die bis heute berühmten Säulenhallen errichten ließ.
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9, 1) In dieser Zeit (ca. 146-86 v. Chr.) erstrahlte die Rednergabe der Scipio
Aemilianus, Laelius, Servius Galba, der beiden Gracchen, des Gaius Fannius
und Carbo Papirius; auch Metellus Numidicus und Scaurus darf man nicht
beiseite lassen, und auch die Lucius Crassus und Marcus Antonius: (2) Ihrer
Epoche und ihnen in der Begabung folgten Gaius (Iulius) Caesar Strabo und
Publius Sulpicius; Quintus Mucius (Scaevola) freilich war eher aufgrund seiner Rechtskenntnis denn namens seiner Beredsamkeit ziemlich angesehen.
(3) Berühmt waren im selben Zeitraum weitere Genies: Afranius in der Togata (Komödie mit römischem Stoff); in der Tragödie Pacuvius und Accius, welcher zu solch einer Höhe empor ragte, dass er den Vergleich mit den genialen Dichtern der Grieche aushielt und sich einen bedeutenden Platz in deren
Mitte schuf, so dass man bei jenen wohl mehr Geschmeidigkeit, bei diesem
aber fast noch größere Dramatik (wörtlich: mehr des Blutes) aufdecken mag.
(4) Einen großen Namen machte sich auch Lucilius, der unter Publius (Scipio) Africanus (Aemilianus) im Numantinischen Krieg zur Kavallerie gezählt
hatte: Zu eben dieser Zeit dienten Jugurtha und Marius, damals noch junge
Männer, unter eben diesem Africanus und lernten im selben Heerlager (133
v. Chr.), was sie später in einem anderen, einander feindlich gegenüber stehend, zu tun hatten. (5) Der Geschichtsschreiber Sisenna war zu der Zeit
noch ein junger Mann und hat sein Werk über den Bürgerkrieg sowie den
Sullanischen (zwischen Sulla und Marius) erst einige Jahre später in reiferem
Alter herausgegeben. (6) Ein Vorgänger des Sisenna war Caelius (Antipater);
gleichaltrig mit ihm waren Rutilus, Claudius Quadrigarius und Valerius Antias; freilich wollen wir nicht vergessen, dass in derselben Zeit Pomponius
wirkte, berühmt für seine dramaturgischen Gaben, zwar primitiv im Ausdruck, aber verdienstvoll ob der von ihm erfundenen literarischen Gattung
(der Atellanen).
10, 1) Wir wollen nun die strenge Amtsausübung der Zensoren Cassius Longinus und Caepio verfolgen, die vor nunmehr 157 Jahren (125 v. Chr.) den
Augur (Vogelorakel-Priester) Lepidus Aemilius vorforderten, da er sich ein
Haus zu 6.000 Sesterzen gemietet hätte: Sollte heutzutage jemand für einen
solchen Betrag wohnen, würde er kaum als einfacher Senator Anerkennung
finden. So irrt die (menschliche) Natur vom rechten Weg ab, um ins Lasterhafte zu gelangen, vom Lasterhaften mitten hinein ins Verworfene, vom Verworfenen kopfüber in den Abgrund. (2) Im selben Ablauf der Zeiten errang
Domitius Ahenobarbus seinen ruhmreichen Sieg über die Arverner (121
v. Chr.) und Fabius (Maximus) über die Allobroger: Fabius, ein Enkel des Aemilius Paulus, erlangte infolge seines Sieges den Beinamen Allobrogicus. An
dieser Stelle sollte der ganz besondere Erfolg der domitischen Familie, angesichts der geringen Zahl ihrer Mitglieder, angemerkt werden: Vor unserem
jungen Gnaeus Domitius (Ahenobarbus), einem Mann hochberühmt für seine schichte, geradlinige Art, wurde den (vorangehenden) Eltern jeweils nur
ein einziger Sohn geboren, doch diese gelangten allesamt zum Konsulat, zu
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Stellungen als Priester und fast alle auch zur Auszeichnung eines Triumphzuges.
11, 1) Anschließend wurde der Jugurthinische Krieg von Quintus (Caecilius)
Metellus geführt, dem überragenden Mann seiner Epoche. Sein Vizefeldherr
war Gaius Marius, den wir bereits erwähnt haben: Er entstammte dem Ritterstand, war ungebildet und ungehobelt, aber von integerer Lebensführung;
im Krieg gleichermaßen der Vorzüglichste wie im Frieden der Übelste; sonder
Maßen ruhmsüchtig; nie zufrieden; aufbrausend; keine Ruhe findend: (2)
Dieser Mann warf mit Hilfe der Steuerpächter und anderen in Africa Geschäfte Betreibenden seine Langsamkeit vor, samt der für den Adel typischen
Überheblichkeit, verbunden mit dem Gieren, die Kommandobefugnisse
(dauerhaft) behalten zu können. So erreichte er es, als er auf die Bitte um Urlaub hin nach Rom gekommen war, zum Konsul gewählt zu werden und die
oberste Führung des fast schon beendeten Krieges aus den Händen des Metellus zu erhalten, welcher Jugurtha schon zweimal im Felde geschlagen hatte. Dennoch war der Triumphzug des Metellus höchst ruhmreich; aufgrund
seiner energischen Tatkraft verlieh man ihm den Beinamen Numidicus. (3)
An dieser Stelle ist, wie kurz zuvor beim Geschlecht der Domitier, der Ruhm
der Caecilier anzumerken, denn binnen beinahe zwölf Jahren dieser Epoche
waren die (Caecilii) Metelli mehr als zwölf Mal Konsuln oder Zensoren oder
veranstalteten ihren Triumphzug. Hieraus wird klar ersichtlich, dass in gleicher Weise, wie das Glück von Städten und Reichen, auch dasjenige von
Adelsgeschlechtern bald aufblüht, bald verwelkt, bald zugrunde geht.
12, 1) Aber Gaius Marius hatte sich damals – als ob das Schicksal künftiges
Unheil abwenden wollte – Lucius (Cornelius) Sulla als engsten Mitarbeiter im
Range eines Quaestors erkoren, und durch eben diesen, den er zu König Bocchus von Mauretanien schickte, wurde er der Person des Königs Jugurtha
habhaft; das war von jetzt an gerechnet vor nunmehr 134 Jahren (105
v. Chr.): Erneut zum Konsul designiert, kehrte er nach Rom zurück (noch
105) und führte ihn (sc. Jugurtha) zu Beginn seines zweiten Konsulates am
ersten Januar im Triumphzug (durch Rom). (2) Wie schon gesagt, war eine
ungeheure Woge germanischer Völkerschaften, Kimbern und Teutonen (und
Ambronen) genannt, (ins Reich) herein gebrandet. Als sie die Konsuln (Servilius) Caepio und Manlius (Maximus) sowie zuvor (Papirius) Carbo und Silanus in Gallien vernichtend geschlagen und ihres Heeres beraubt hatten, als
sie den Ex-Konsul Scaurus Aurelius und weitere Männer aus unseren höchsten Kreisen abgeschlachtet hatten, hielt das römische Volk keinen anderen
Oberbefehlshaber für geeigneter, solch gewaltige Feinde zurück zu schlagen
als Gaius Marius. (3) Daraufhin reihten sich seine Konsulate aneinander; das
dritte benötigte er, um für den Krieg aufzurüsten; in diesem Jahr setzte der
Volkstribun Gnaeus Domitius das Gesetz durch, dass die Priester, welche bisher von ihren Kollegen durch Nachwahl eingesetzt worden waren, nun
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durch das Volk gewählt werden sollten. (4) Im vierten kämpfte er bei Aquae
Sextiae (Aix in der Provence) mit den Teutonen; mehr als 150.000 Feinde
wurden an diesem und dem folgenden Tag niedergemetzelt und das Volk
der Teutonen ausgerottet. (5) In seinem fünften Konsulat schlugen er, der
Konsul sowie der Ex-Konsul Quintus Lutatius Catulus diesseits der Alpen (PoEbene) auf den sogenannten Raudischen Feldern eine Schlacht höchst glücklichen Ausgangs: Über 100.000 Menschen (Kimbern) wurden erschlagen
oder gefangen genommen. Dank diesem Sieg, so will es mir erscheinen, hat
es Marius verdient, dass der Staat ihm ob seiner Geburt nicht gram sein sollte; hat er doch seine (späteren) üblen Taten durch gute aufgewogen. (6) Ein
sechstes Konsulat wurde ihm gleichsam als Belohnung für seine Verdienste
verliehen, und man sollte ihm den Ruhm dieses Konsulates nicht streitig machen, in welchem er Servilius Glaucia und Apuleius Saturninus bestrafte, die
durch das Aneinanderreihen von Ämtern den Staat zerrütteten sowie die
Volksversammlung mit Mord und Totschlag auseinander trieben: In seiner
Funktion als Konsul ließ er diese der Verfluchung würdigen Leute mit Waffengewalt niederwerfen und in der Curia Hostilia hinrichten.
13, 1) Anschließend, nach Ablauf weniger Jahre, bekleidete Marcus Livius
Drusus das Tribunat, ein Mann aus dem Hochadel, äußerst beredt, absolut
integer, bei allen Dingen besser im Denken und Wollen als vom Glück verwöhnt. (2) Dieser gedachte, dem Senat seinen früheren Glanz zurück zu erstatten und die Gerichtsbarkeit von den Rittern (wieder) an diesen Stand zu
übertragen. Die Ritter waren nämlich, nachdem sie diese Gewalt durch die
Gesetze der Gracchen erhalten hatten, voller Hass gegen viele hochangesehene und völlig unbescholtene Männer vorgegangen. Damals hatten sie
nämlich Publius Rutilius (Rufus), einen Mann von leuchtendem Vorbildcharakter, nicht nur zu seiner Zeit, sondern für alle Ewigkeit, nach dem Gesetz
gegen im Amte erpresster Bereicherung und unter tiefstem Aufstöhnen der
Bürgerschaft verurteilt. Aber gerade bei diesen Maßnahmen, die Livius zu
Gunsten des Staates ergriff, hatte er den Senat zum Gegner, der nicht einsah,
dass al das, was Livius im Interesse des einfachen Volkes anordnete, gleichsam nur als Köder und Lockspeise für die Menge dienen sollte, damit dieses
nach Erhalt kleinerer Zugeständnisse die größeren Gesetzesvorhaben passieren ließe. (3) Schließlich endlich nahm das Schicksal des Drusus folgende Gestalt an: Der Senat gab lieber den üblen Maßnahmen der Kollegen (des Drusus) seine Anerkennung als den von diesem aufs Vortrefflichste ausgedachten
und lehnte die Ehrenstellung ab, welche ihm von Drusus übertragen werden
sollte, während er gleichzeitig das Unrecht, das die anderen Tribune an ihm
begingen, gelassen hinnahm: Voller Neid auf dessen strahlenden Ruhm ertrug er (lieber) das maßlose Agitieren jener (anderen Tribune).
14, 1) Daraufhin änderte sich die politische Einstellung des Drusus, weil ihm
seine gutgemeinten Pläne übel ausgingen, bis hin zur Verleihung des Bürger104
rechtes an die Italiker. Als er, damit beschäftigt, vom Marktplatz (Forum) zurückkehrte, umringt von jener riesigen, bunt zusammengewürfelten Menge,
die ihn stets begleitete, durchbohrte ihn ein Mörder mit dem Messer, welches er in seiner Seite steckend fahren ließ, und Drusus verstarb binnen weniger Stunden. (2) Während er aber den Geist aufgab, blickte er (noch einmal)
auf die Menge, die ihn voller Trauer umringte, und sprach Worte aus, die
ganz zu seinen Vorstellungen von Politik passten und sagte: »Wann jemals,
meine Angehörigen und Freunde, wird der Staat wieder einen Bürger meinesgleichen haben?« (3) Dieses Ende seines Lebens fand der hochberühmte
Mann; folgender Beleg für seinen Charakter soll freilich nicht unterschlagen
werden: Als er sein Haus auf dem Palatium (Palatin) auf eben der Stelle errichten ließ, wo jene Heimstatt liegt, die einst Cicero, dann Censorinus gehörte und sich zurzeit im Besitz des Statilius Sisenna befindet, versprach ihm der
Architekt, es so zu bauen, dass es frei von Einblicken und er unbehelligt von
Augenzeigen jedweder Art sei und auch niemand von oben herab hinein sehen könnte. Da sagte Drusus: »Wenn du etwas von deiner Kunst verstehst,
dann gestalte die Pläne meines Hauses so, dass von allen Leuten zur Kenntnis
genommen werden kann, was immer ich tue!«
15, 1) Der Tod des Drusus ließ den schon lange unterschwellig schwärenden
Italischen Krieg ausbrechen. Unter dem Konsulat von Lucius Caesar und Publius Rutilius – von jetzt an gerechnet vor 120 Jahren (90 v. Chr.) – griff ganz
Italien gegen die Römer zu den Waffen: Das Übel nahm bei den Asculanern
(Asculum Picenum; Mittelitalien) seinen Anfang – sie hatten freilich den Praetor Servilius und den Legaten (Botschafter oder Offizier) Fonteius umgebracht – griff auf die Marser (östl. Roms) über und drang schließlich in sämtliche Gebiete (Italiens) vor. (2) Ebenso grausig wie ihre Lebensbedingungen
waren, so sehr war ihr Grund (zum Aufstand) berechtigt: Sie forderten nämlich die Gleichberechtigung in einem Staate, dessen Macht sie mit der Waffe
in der Hand schützten: All die Jahre hindurch und in sämtlichen Kriegen, so
sie, dienten sie mit doppelter Anzahl von Soldaten und Reitern und würden
dennoch nicht in die Bürgerschaft eben dieses Staates aufgenommen, der mit
ihrer Hilfe in eine alles überragende Stellung gelangt sei, von der aus er nun
voller Verachtung auf sie, Menschen des gleichen Volkes und Blutes, wie auf
Ausländer und Fremdlinge herabblicken könne. (3) Dieser Krieg raffte mehr
als 300.000 junge Italiker hinweg. Die berühmtesten Feldherrn der Römer in
diesem Feldzug waren Gnaeus Pompeius, Vater des Pompeius Magnus,
Gaius Marius, über den wir schon sprachen, Lucius (Cornelius) Sulla, der im
Jahr zuvor die Prätur bekleidet hatte, Quintus Metellus, Sohn des Numidicus,
welcher den Beinamen ‚Pius‘ erworben hatte: (4) Seinen Vater nämlich, welchen der Volkstribun Lucius Saturninus aus der Stadt vertrieben hatte, weil er
alleine sich geweigert hatte, auf seine Gesetze den Eid abzulegen, holte er
durch seine ‚pietas‘ (s. Komm.), das Ansehen des Senates und unter gemeinsamer Zustimmung des römischen Volkes (in die Stadt) zurück: Seiner Trium105
phe und hohen Staatsämter wegen war Numidicus nicht minder berühmt als
aufgrund seiner Verbannung und Rückkehr.
16, 1) Die ruhmreichsten Oberkommandierenden der Italiker warn Silo Popaedius, Herius Asinius, Insteius Cato, Gaius Pontidius, Telesinus Pontius,
Marius Egnatius, Papius Mutilus, (2) und ich für meine Person will hier nicht
aus (falscher) Bescheidenheit den Ruhm meines eigenen Blutes unerwähnt
lassen, berichte ich doch nur die Wahrheit: In umfangreichem Maße freilich
muss ich den Namen des Minatius Magius aus Aeculanum (Kampanien),
meines Urgroßvaters, der Überlieferung anvertrauen. Er war ein führender
Mann in Kampanien, höchst ruhmreich und von überragender Treue; in diesem Kriege erwies er den Römern ein solches Maß an Treue, dass er mit der
Legion, die er persönlich (sc. auf eigene Kosten) bei den Hirpinern (in Kampanien) zusammengestellt hatte, gemeinsam mit Titus Didius Herculaneum
eroberte und Pompeji zusammen mit Sulla belagerte sowie Composa (Kampanien) besetzte. (3) Über sein mannhaftes Tun berichtet neben anderen
(Autoren) besonders und höchst anschaulich Quintus Hortensius in seinen
Annalen (Jahrbüchern): Seiner hingebungsvollen Pflichterfüllung zollte das
römische Volk in vollstem Umfang Dank, indem es ihn persönlich mit der
Staatsbürgerschaft beschenkte und seine beiden Sohne zu Prätoren wählte,
und das zu einer Zeit, in der nur jeweils sechs gewählt wurden. (4) So wechselvoll und grausig war der Verlauf des Italiker-Krieges, dass binnen zwei Jahren zwei römische Konsuln fielen: Nacheinander wurden Rutilius und Porcius
Cato (89 v. Chr.) vom Feind getötet, die Heere des römischen Volkes vielerorts in die Flucht geschlagen, und es kam so weit, dass man den Kriegszustand ausrief und längere Zeit darin verharrte. Zur Hauptstadt ihres Reiches
hatten die Italiker Corfinium auserkoren, das sie ‚Italica‘ nannten. Indem man
anschließend ganz allmählich die Italiker in die Staatsbürgerschaft aufnahm –
zuerst diejenigen, welche die Waffen nicht ergriffen oder niedergelegt hatten
– kam Rom wieder zu Kräften, auch, weil Pompeius (sen.), Sulla und Marius
die schwindende und niedergehende Macht des römischen Volkes wieder
aufrichteten.
17, 1) Nachdem der italische Krieg bis auf irgendwelche Glutnester bei Nola
(Kampanien) beendet war, in welchem es die Römer – nun selbst im Zustand
völliger Erschöpfung – vorzogen, all den Besiegten und Niedergekämpften
das Bürgerrecht zu verleihen, das sie ihnen – noch heil und unversehrt – verweigert hatten, traten Quintus Pompeius und Lucius Cornelius Sulla ihr Konsulat an (88 v. Chr.): eben dieser Sulla, den man bis zu seinem vollständigen
Sieg nicht hoch genug loben und nach seinem Sieg nicht abgrundtief genug
tadeln kann. (2) Er stammte aus einem Adelsgeschlecht, in sechster Folge
von Cornelius Rufinus, der im Pyrrhus-Krieg zu den herausragenden Feldherrn gehört hatte. Danach fand der Ruhm seines Geschlechtes eine Unterbrechung, und auch Sulla selbst führte sich über lange Zeit so auf, als dächte
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er gar nicht daran, sich ums Konsulat zu bewerben. (3) Im Anschluss an seine Prätur jedoch erntete er im Italiker-Krieg Ruhm und zuvor in Gallien als Offizier unter Marius, in welcher Funktion er die hervorragendsten Führer der
Feinde geschlagen hatte. Aus diesem erfolgreichen Handeln heraus wuchs
ihm Mut zu, und als er sich ums Konsulat bewarb, wurde er von der gesamten Bürgerschaft nahezu einstimmig gewählt: Dieses sein Amt erlangte er
freilich erst im neunundvierzigsten Lebensjahr.
18, 1) In diesen Zeiten war Mithridates, König von Pontos, den man weder
mit Schweigen übergehen noch ohne (entsprechende) Sorgfalt erwähnen
darf, im Kriege von schneidigstem Vorgehen, in seiner entschlossenen Tatkraft außergewöhnlich, von Zeit zu Zeit durch Glück, immer aber durch seinen kriegerischen Mut von herausragender Größe, seine taktische Begabung
ein Führer schlechthin, mit der Waffe in der Hand der geborene Soldat, durch
seinen Hass auf die Römer ein (zweiter) Hannibal: Er hatte (unsere Provinz)
Asia (West-Türkei) besetzt und daselbst sämtliche römischen Bürger hinmorden lassen. (2) Zu diesem Zweck hatte er an die einzelnen Gemeinden Briefe
geschickt und samt den Versprechungen riesiger Belohnungen, diese am selben Tag zur selben Stunde umzubringen. (3) Damals glich keiner den Bewohnern von Rhodos an Tapferkeit gegenüber Mithridates und Treue zu den
Römern. Diese ihre Treue setzt erst die Untreue der Einwohner von Mytilene
(auf Lesbos) ins rechte Licht, welche Manius Aquilius und andere in Fesseln
legten und an Mithridates auslieferten: Sie erhielten später ihre Freiheit (dennoch) von Pompeius wieder zurück, freilich alleine Theophanes zuliebe:
Schon schien der furchtbare Feind auch Italien zu bedrohen, da wurde Sulla
die Verwaltung der Provinz Asia zugelost. (4) Als dieser sich nach Verlassen
Roms bei Nola aufhielt – diese Stadt blieb bekanntlich unter Waffen und wurde von einer römischen Armee belagert, wobei es so schien, als ob sie ihre alle anderen Städte überragende Treue (zu Rom) im Zweiten Punische Krieg
bereute – (5) trat der Volkstribun Publius Sulpicius auf den Plan: Er war redegewandt, von zupackender Art, durch Vermögen, Einfluss, Freundschaften
sowie die Frische seines Geistes und Charakters in aller Leute Munde. Obwohl er sich bisher durch lauterstes Wollen beim Volke höchstes politisches
Ansehen erworben hatte, war er nun anscheinend seiner guten Eigenschaften überdrüssig, als ob ihm seine gut gemeinten Vorschläge übel ausgingen.
(6) So verschrieb er sich plötzlich auf üble Weise Hals über Kopf dem Marius,
der trotz seiner mehr als siebzig Jahre alle Befehlsgewalt und die Verwaltung
aller Provinzen begehrte und unterbreitete der Volksversammlung ein Gesetz, durch welches Sulla seines Amtes enthoben werden sollte; noch weitere
Gesetze, der Verfluchung würdig und untragbar für eine freie Bürgergemeinde, setzte er durch, ja, ließ sogar den Sohn des Konsuls Quintus Pompeius
und zugleich Schwiegersohn des Sulla von Schergen seiner Partei umbringen.
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19, 1) Darauf zog Sulla seine Armee zusammen, kehrte nach Rom zurück und
besetzte es mit Waffengewalt. Die zwölf Urheber der neuen, überaus üblen
Lage, darunter Marius samt Sohn sowie Publius Sulpicius verjagte er aus der
Stadt und erklärte sie kraft eines (eilends) gemachten Gesetzes zu Verbannten; Berittene holten Sulpicius in den Laurentinischen Sümpfen ein und
schlachteten ihn ab; sein Kopf wurde deutlich sichtbar auf der Rednerbühne
(am Forum) zur Schau gestellt und war dadurch gleichsam Vorzeichen der
bevorstehenden Ächtungswelle. (2) Marius aber, der sechsmalige Konsul
und über 70 Jahre alt, wurde nackt und mit Schlamm bedeckt aus dem Schilf
des Sumpfgebietes von Marica gezerrt, wo er sich auf der Flucht vor Sullas
berittenen Häschern verborgen hatte; nur Augen und Nase ließ er hervor lugen: Den Hals in der Schlinge, wurde er ins Gefängnis von Minturnae abgeführt. (3) Zu seiner Hinrichtung schickte man einen Staatssklaven germanischer Herkunft, der zufällig vom Oberbefehlshaber (Marius) in eben diesem
Kimbern-Krieg gefangen genommen worden war. Sobald dieser Marius erkannte, gab er mit lautem Aufheulen seiner Empörung über den Fall des so
bedeutenden Mannes Ausdruck, warf das Schwert weg und flüchtete aus
dem Gefängnis. (4) Die Einwohner aber, die von einem (ehemaligen) Feind
erst das Mitleid mit einem kürzlich noch führenden Mann gelernt hatten,
steckten ihm ein Reisegeld zu, gaben ihm Kleider und setzten ihn in ein
Schiff: Marius stieß in der Nähe der Insel Aenaria (heute: Ischia bei Neapel)
zu seinem Sohn, lenkte den Kurs auf Africa (Tunesien) und fristete in einer
Hütte inmitten der Trümmer Karthagos ein erbärmliches Dasein: Wenn Marius Karthago ansah und jenes auf Marius blickte, konnte einer dem anderen
Trost spenden.
20, 1) In diesem Jahre (88 v. Chr.) besudelte erstmals ein römischer Soldat
seine Hände mit dem Blut eines Konsuls, denn Quintus Pompeius, Sullas Kollege, wurde von Seiten des Heeres unter Führung des Ex-Konsuls Gnaeus
Pompeius (Strabo) anlässlich einer Meuterei, welche der Kommandeur sogar
selbst angezettelt hatte, umgebracht. (2) Nicht maßvoller als Marius und Sulpicius agierte Cinna: Als man (ganz) Italien das Bürgerrecht verliehen hatte,
wurden die Neubürger auf lediglich acht Stadtbezirke (Roms) verteilt, damit
ihre geballte Macht und Überzahl den politischen Einfluss der Altbürger nicht
zu Fall brächte und so die Empfänger des Stimmrechtes größere Macht ausüben könnten als die Geber der Vergünstigung. Cinna aber versprach, sie auf
alle Stadtbezirke zu verteilen (3) und hatte so eine riesige Menschenmenge
aus ganz Italien nach Rom gelockt. Von dort vertrieben durch die (vereinten)
Kräfte seiner Kollegen sowie der Optimatenpartei, wandte er sich nach Kampanien. Durch den Einfluss des Senates wurde ihm das Konsulat aberkannt;
als Ersatzkonsul rückte Lucius Cornelius Merula an seine Stelle, (damals) der
Jupiter-Priester: Dieser Gesetzesbruch war (vielleicht) der Person des Cinna
angemessen, aber kaum als Vorbild geeignet. (4) Als daraufhin Cinna zuerst
die Centurionen (Unteroffiziere) und Tribunen (Offiziere) der bei Nola (Stadt
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ndl. des Vesuvs) stationierten Armee und bald darauf auch die einfachen Soldaten mit der Aussicht auf Geschenke bestochen hatte, nahm man ihn dort
auf. Nachdem ihm das gesamte Heer den Treue-Eid geschworen hatte, eröffnete er unter Beibehaltung der konsularischen Rang-Abzeichen den Krieg gegen seine Vaterstadt, voller Vertrauen freilich auf die gewaltige Zahl von Neubürgern, bei denen er mehr als 300 Kohorten zusammengestellt und so dreißig Legionen aufgefüllt hatte. (5) Seiner Seite fehlte es aber noch an Kommandeuren mit (entsprechender) Autorität; um hier für Zuzug zu sorgen, rief
er Gaius Marius und seinen Sohn aus der Verbannung zurück, sowie all diejenigen, welche zusammen mit ihnen vertrieben worden waren.
21, 1) Während aber Cinna den Angriff auf seine Vaterstadt unternahm, sah
sich Gnaeus Pompeius, Vater des Pompeius Magnus, um seine Hoffnung auf
ein zweites, aufeinander folgendes Konsulat gebracht: Wie wir oben schon
geschrieben haben, hatte er im Marser-Krieg und zwar in erster Linie ums Picenerland herum (mittelitalische Küstenregion/Adria) dem Staat gute Dienste erwiesen und Asculum () erobert, um welche Stadt herum 75.000 römische Staatsbürger mit mehr als 60.000 Italikern gekämpft hatten. (2) So nahm
Pompeius (sen.) eine abwartende Position im Parteienstreit ein, um in allen
Angelegenheiten zum eigenen Vorteil zu handeln, auf den rechten Augenblick des Eingreifens zu lauern und seine Armee bald hier hin bald dort hin
zu dirigieren, je nachdem, woher ihm größere Hoffnung auf die Ausübung
der Macht zuwuchs. (3) Zu guter Letzt aber lieferte er Cinna eine große und
grässliche Schlacht: Geschlagen und ausgefochten wurde sie unterhalb der
Mauern, ja, vor den Augen der Stadt Rom; wie grausig für Kämpfer und Zuschauer das Ende (der Schlacht) war, kann man kaum mit Worten zum Ausdruck bringen. (4) Im Anschluss daran, als eine Seuche unter beiden Heeren
wütete, als wären sie durch den Krieg noch nicht hinreichend geschwächt,
starb Gnaeus Pompeius. Die ausgelassene Freude über sein Ende entschädigte nahezu für den Verlust der durch das Schwert oder die Krankheit hinweg
gerafften Bürger, und das römische Volk ließ seine blinde Wut an der Leiche
des Toten aus, die sich gegen den Lebenden aufgestaut hatte. (5) Cinna und
Marius besetzten nach keineswegs unblutigen wechselseitigen Händeln die
Stadt; Cinna betrat sie freilich als erster und brachte ein Gesetzt über die
Rückberufung des Marius durch.
22, 1) Anschließend begab sich Gaius Marius zum Verderben seiner Mitbürger wieder zurück in die Mauern der Stadt, und nichts hätte grausiger als dieser Sieg sein können, wäre nicht der des Sulla darauf gefolgt, (2) und man
ließ den Schwertern keineswegs gegen Leute nur von mäßiger Bedeutung ihren grausamen Lauf, sondern die herausragenden und überragenden Männer des Staates wurden auf unterschiedliche Art der Hinrichtungen zu Tode
gebracht, darunter Konsul Octavius, ein Mann von friedfertiger Art, welchen
Cinna umbringen ließ. Merula freilich, der vor Cinnas Ankunft das Konsulat
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niedergelegt hatte, schnitt sich die Pulsadern auf und ließ das Blut auf den Altar strömen; die Götter aber, von denen er, der Jupiter-Priester, so oft schon
den Segen auf den Staat herabgefleht hatte, bat er um Verfluchung des Cinna und seiner Partei: So endete er sein Leben, in dem er sich aufs Höchste um
den Staat verdient gemacht hatte. (3) Marcus Antonius, Roms führender Politiker und Redner, wurde aufs Geheiß von Marius und Cinna von den Schwertern der Soldaten durchbohrt, die er mit Hilfe seiner Redegabe noch (eine
Zeitlang) aufgehalten hatte. (4) Als nun Quintus Catulus – ruhmreich schon
aufgrund seiner sonstigen Taten und dann besonders durch den Glanz des
Sieges über die Kimbern, den er gemeinsam mit Marius errungen hatte – von
seinen Mördern aufgespürt wurde, verschloss er sich in einer kürzlich mit
Kalk und Sand frisch getünchten Kammer, in die er ein Feuer mit hineingebracht hatte, um einen betäubenden Rauch zu erregen: Er atmete ihn ein
und erstickte. Auf diese Weise unterwarf er den Tod eher seinem eigenen Willen denn der Entscheidung der persönlichen Feinde. (5) Alles im Staate ging
nun drunter und drüber; dennoch fand sich bislang noch niemand, der das
Hab und Gut eines (anderen) römischen Bürgers entweder zu verschenken
wagte, oder es für sich selbst zu beanspruchen über sich brachte. Später kam
es freilich auch noch dazu, dass Habsucht sich als Grund der Grausamkeit erwies und die (vorgebliche) Größe der Schuld (eines Angeklagten) nach seinem Vermögen festgesetzt wurde: War man begütert, wurde man schuldig
gesprochen und zahlte noch mit Geld für die Todesgefahr, in der man
schwebte: Nichts mehr schien als schändliches Tun eingestuft zu werden,
wenn es nur Gewinn brachte.
23, 1) Anschließend trat Cinna sein zweites Konsulat an – und Marius sein
siebtes, mit dem er Schande über seine früheren brachte, auch wenn er
schon zu Beginn seiner Amtszeit von einer tödlichen Krankheit niedergestreckt wurde: Im Krieg war er der erbittertste Gegner des Staatsfeindes, im
Frieden aber seiner Mitbürger, ein Mann, der nie und nimmer Ruhe fand.(2)
An seinen Platz rückte Valerius Flaccus nach; er war der Urheber eines überaus schändlichen Gesetzes, laut dem er angeordnet hatte, dass die Schuldnern nur noch ein Viertel des Kredits zurückzahlen müssten. Für diese Schurkerei ereilte ihn binnen zwei Jahren die verdiente Strafe. (3) Weil Cinna in Italien seine Gewaltherrschaft ausübte, floh der größere Teil der Nobilität zu
Sulla nach Achaia (Griechenland) und dann weiter nach Asia (Kleinasien).
Sulla kämpfte unterdessen mit den Truppenführern des Mithridates bei
Athen, in Böotien und Makedonien. Dabei nahm er Athen ein, und als er mit
äußerster Anstrengung die mehrfach gestaffelten Schanzanlagen des Hafens
Piräus überwunden hatte, ließ er mehr als 200.000 Feinde über die Klinge
springen und nicht weniger viele gefangen nehmen. (4) Wenn nun freilich
jemand diese Zeit des Widerstandes, in der Athen von Sulla belagert wurde,
den Bürgern Athens ankreiden sollte, dann hat er nicht die geringste Ahnung
von der historischen Wirklichkeit: So unverbrüchlich war nämlich die Treue
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der Athener zu den Römern, dass diese (von da an) bei sämtlichen denkbaren Anlässen, wenn es sich um eine unerschütterliche Treue handelte, sie als
‚attische‘ priesen. (5) Damals freilich standen die Athener unter der Fuchtel
von Mithridates‘ bewaffneten Männern und ihre Bedingungen waren äußerst unglücklich: Sie befanden sich in Händen der Feinde, während sie von
ihren Freunden belagert wurden; in Gedanken waren sie außerhalb der
Stadtwälle, körperlich hingegen – der Gewalt weichend – innerhalb der
Mauern. (6) Im Anschluss daran (sc. seine griechischen Siege) setzte Sulla
nach Asia über und fand Mithridates unterwürfig vor, als einen in jeder Hinsicht bittflehenden Mann: Er legte ihm eine Geldstrafen auf, beschlagnahmte
einen Teil seiner Flotte und zwang ihn, Asia sowie sämtliche anderen mit
Waffengewalt eingenommenen Provinzen zu räumen; ferner nahm er die
(von ihm) gefangen genommenen Leute wieder bei sich auf; gegen Überläufer und solche, die sich schuldig gemacht hatten, ging er vor; Mithridates
aber gab er den Befehl, sich mit dem von seinem Vater geerbten Pontischen
Reich zufrieden zu geben.
24, 1) Gaius Flavius Fimbria, welcher in seiner Funktion als Reiteroberst vor
Sullas Eintreffen den Ex-Konsul Valerius Flaccus (seinen Vorgesetzten) ermordet, das Heer auf seine Seite gebracht und sich zum Imperator (Oberfeldherr) hatte ausrufen lassen, hatte Mithridates in einer beherzten Schlacht in
die Flucht geschlagen; als Sulla dann eintraf, brachte er sich selbst um (85
v. Chr.), dieser junge Mann, der sich aufs Verworfenste vorgewagt, sein Unterfangen aber mutig zu Ende geführt hatte. (2) In demselben Jahr ließ Publius Laenas, einer der Volkstribune, Sextus Lucilius, einen Vokkstribun des Vorjahres, vom Tarpejischen Felsen stürzen, und als dessen Kollegen, denen er
den Termin ihres Prozesses angekündigt hatte, voller Furcht zu Sulla geflüchtet waren, erklärte er sie zu Verbannten (»untersagte ihnen Wasser und
Feuer«). (3) Als Sulla darauf hin die überseeischen Angelegenheiten vorzeitig
zum Abschluss gebracht hatte und zu ihm als erstem aller Römer Botschafter
der Parther gekommen waren, darunter gewisse Magier, welche ihm aufgrund körperlicher Merkmale ein gottähnliches Leben und bleibende Erinnerung vorhersagten, kehrte er nach Italien zurück; dort setzte er nicht mehr als
30.000 Bewaffnete zu Brindisi an Land, denen 200.000 Feinde entgegen traten. (4) Kaum etwas von Sullas Taten möchte ich höher einstufen als die Tatsache, dass er während der dreijährigen Tyrannei der Anhänger des Cinna
und der beiden Marius über Italien niemals verhehlte, dass er sie mit Krieg
überziehen werde, ohne sogleich den Feldzug, mit dem er betraut war, aufzugeben. Vielmehr war er der Auffassung, vor Ausübung der Rache an den
Mitbürgern müsse der Widerstand des Staatsfeindes gebrochen werden.
Wenn aber die Furcht vor dem auswärtigen Gegner aufgehoben sei, und sobald er den fremdländischen Feind geschlagen habe, würde er auch den inneren Widerstand niederwerfen. (5) Noch vor Sullas Ankunft kam Cinna bei
einem Soldatenaufstand ums Leben, er, der es doch eher verdient gehabt
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hätte, durch den Schuldspruch des Siegers zu sterben denn aufgrund eines
Wutausbruches seiner Soldaten. Über ihn kann man mit Fug und Rech sagen,
er habe Dinge gewagt, die kein rechtschaffener Mensch zu tun wagt und
vollendet, was kein einziger, es sei denn ein mehr als Verwegener, hätte vollenden können; er sei zwar in seiner Planung unbesonnen, in der Ausführung
(der Pläne) aber ein Mann gewesen: Carbo blieb in diesem Jahr als einziger
noch Konsul, weil kein Kollege mehr durch Nachwahl ins Amt gelangte.
25, 1) Man könnte glauben, Sulla wäre nicht nach Italien gekommen, um
sich durch Führen eines Krieges zu rächen, sondern um Frieden zu stiften:
Mit solch großer Bedächtigkeit führte er sein Heer durch Calabria und Apulia
hinein nach Campania und ließ dabei Früchten, Feldern, Menschen und
Städten einzigartige Schonung angedeihen. Ferner versuchte er, mit gerechten Verordnungen und Bedingungen den Krieg beizulegen, aber diesen Leuten da, deren Lage abgrundschlecht war, während maßlose Gier sie erfüllte,
konnte kein Frieden gefallen. (2) Unterdessen schwoll Sullas Armee von Tag
zu Tag an, weil b ei ihm gerade die Besten und Vernünftigsten zusammenströmten. In einem glücklich verlaufenen Gefecht schlug er dann bei Capua
die Konsuln Scipio (Asiaticus) und Norbanus: Norbanus wurde in einer Feldschlacht besiegt, Scipio hingegen war von seiner Truppe im Stich gelassen
und an Sulla ausgeliefert worden, der ihn entließ, ohne ihm ein Haar gekrümmt zu haben: (3) In solch einem Maße nämlich unterschied sich Sulla,
der Krieger, von Sulla, dem Sieger: Im Umfeld des Sieges war er sanftmütiger
als der gerechteste Mensch, nach dem Sieg aber von unerhörter Grausamkeit. Darum entließ er, wie gesagt, den waffenlosen Konsul unversehrt und
ebenso Quintus Sertorius – welch grausigen Krieg sollte dieser bald entfesseln! – sowie viele andere, deren er habhaft geworden war, als ob uns meiner Meinung nach dadurch die beiden einander unversöhnlich gegenüber
stehenden charakterlichen Seiten ein und desselben Mannes beispielhaft vor
Augen geführt werden sollten. (4) Nach seinem Sieg, den er beim Abstieg
vom Berg Tifata (bei Capua) gegen Gaius Norbanus errungen hatte, stattete
Sulla der Göttin Diana seinen Dank ab, welcher diese Gegend geweiht ist.
Die (dortigen) Wasser, die aufgrund ihrer gesunden Einwirkungen beim Heilen von Krankheiten berühmt sind, sowie das gesamte Umland weihte er der
Göttin. Diese seine fromme Dankbarkeit bezeugt noch heute eine am Torpfosten des Tempels eingravierte Inschrift und eine eherne Tafel, die im Innersten des Gebäudes aufgestellt ist.
26, 1) Im Jahr darauf (82 v. Chr.) bekleidete (Gnaeus Papirius) Carbo das
Konsulat zum dritten sowie Gaius Marius, der Sohn des siebenmaligen Konsuls; er war erst 26 Jahre alt, seinem Vater eher charakterlich denn im Erreichen des hohen Alters gleichend. Viele Dinge schon hatte er Energie geladen
in die Wege geleitet und sich dabei Mal für Mal seines Namens würdig erwiesen: Als er bei Sacriportus in einer Schlacht geschlagen worden war, zog
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er sich mit seiner Armee nach Praeneste zurück und sicherte den schon von
Natur aus festen Platz noch mit einer Besatzung. (2) Um nun das Fass
menschlichen Leidens zum Überlaufen zu bringen, wetteiferte man in einem
Staate, in welchem man sich stets um den ersten Platz der Tugend und Tatkraft gestritten hatte, nun um das größte Verbrechen, und der Beste dünkte
sich zu sein, wer zum Schändlichsten geworden war: Während also noch die
Schlacht bei Sacriportus tobte, ließt der Praetor (Oberrichter) Damasippus
den Domitius sowie auch (Mucius) Scaevola, den Oberpriester und hochberühmten Dozenten menschlichen und göttlichen Rechtes und außerdem den
Ex-Praetor Gaius Carbo, des Konsuls Bruder und auch den Ex-Ädil Antistius in
der Curia Hostilia (in Rom) niedermetzeln, nur weil sie Sulla nahe standen.
(3) Niemals aber soll Calpurnia, Tochter des Bestia und Gattin des Antistius,
des Gedenkens ihrer hehren Tat verlustig gehen: Als, wie gesagt, ihr Ehemann umgebracht worden war, durchbohrte sie sich selbst mit dem Schwert:
Wie sehr wuchs des Antistius Ansehen jetzt noch durch die beherzt entschlossene Tat seiner Frau, deren Ruhm bis in unsere Tage erstrahlt (Original-Text
hier etwas unsicher)!
27, 1) Pontius Telesinus hingegen, der Samniten-Führer, ein Mann von größter Tapferkeit und Tatkraft in Krieg und Frieden, durchdrungen von tödlichem Hass auf alles Römische, hatte etwa 40.000 Krieger zusammengezogen,
bestehend aus dem tapfersten auf Fortsetzung des Waffenganges versessensten Teil seiner jungen Männer. Unter dem Konsulat des Carbo und Marius
(jr.), von heute aus zurückgerechnet vor 111 Jahren, am ersten November,
lieferte er Sulla eine alles entscheidende Schlacht an der Porta Collina, in der
er sowohl diesen Mann als auch den (römischen) Staat an den Rand des Abgrundes brachte. (2) Rom hatte seit den Zeiten, als man Hannibals Heerlager
innerhalb des dritten Meilensteines erblickte, keine größere Gefahr erlebt als
an diesem Tag, an welchem Telesinus um die Reihen seines Heeres sprengte,
mit den wiederholten Worten, Roms letzter Tag sei gekommen. Dazu schrie
er, die Stadt müsse dem Erdboden gleichgemacht werden und fügte hinzu,
niemals würden die Räuber der Freiheit Italiens verschwinden, diese Wölfe,
bevor nicht der Wald, in den sie sich bei jeder Gelegenheit zurückzögen, gefällt wäre. (3) Erst eine Stunde nach Einbruch der Nacht kam die römische
Front wieder zu Atem und wich der Feind. Telesinus entdeckte man anderen
Tages halb entseelt, und seine Miene gleich eher der eines Siegers denn eines
Sterbenden: Sulla ließ ihm den Kopf abschlagen, auf eine Speerspitze spießen und rund um Praeneste zur Schau stellen. (4) Da endlich verzweifelte
Gaius Marius an seiner Sache und versuchte, durch unterirdische Gänge zu
entkommen, die mit bewundernswertem Sachverstand angelegt waren und
in verschiedene Richtungen aufs freie Feld hinaus führten. Als er aus einer
dieser Öffnungen auftauchte, wurde er von eigens zu diesem Zweck daselbst
postierten Soldaten umgebracht. (5) Es gibt aber auch Historiker, die berichten, er sei von eigener Hand umgekommen. Weitere überliefern, der jüngere
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Bruder des Telesinus habe gemeinsam mit Marius den Ausbruch versucht;
beide hätten sich dann gegenseitig den Todesstoß versetzt. Auf welche Weise
auch immer er fiel, so ist die Erinnerung an ihn trotz des erdrückenden Eindrucks seines Vaters bis heute nicht erloschen. Wie Sulla den jungen Mann
einschätzte, liegt auf der Hand: Erst als er endlich erschlagen war, nahm er
den Beinamen ‚Felix‘ (der Glückliche) an, den er mit Fug und Recht hätte
führen dürfen, wenn der Tag seines Sieges zugleich der letzte seines Lebens
gewesen wäre. (6) Die Belagerung von Praeneste und des Marius hatte Ofella organisiert, der anfangs Anhänger der Partei des Marius gewesen, später
aber zu Sulla übergelaufen war. An das glückliche Ende des Tages, an dem
das Heer der Samniten unter Telesinus geschlagen worden war, erinnerte
Sulla mit der Einrichtung von Circus-Spielen, welche – von seinem Namen
abgeleitet – als ‚Sullanische Siegesspiele‘ (heute noch) gefeiert werden.
28, 1) Kurze Zeit bevor Sulla bei Sacriportus (s. 26, 1) um alles oder nichts
kämpfte, hatten seine Parteigänger in glänzenden Gefechten das (jeweilige)
Heer des Feindes geschlagen: die beiden Servilier bei Clusium; Metellus Pius
(Sohn des Numidicus) bei Faventia und Marcus Lucullus in der Nähe von Fidentia. Beendet schien das Unheil des Bürgerkrieges, da wurde es durch Sullas Brutalität noch vergrößert, (2) denn er ließ sich zum Diktator ernennen:
Die Ergreifung dieses Amtes hatte man für 120 Jahre ausgesetzt, und der letzte Diktator war im Jahre nach Hannibals Abzug aus Italien ernannt worden.
Daraus geht hervor, dass das Volk von Rom die Einführung der Diktatur zwar
in Krisenzeiten verlangte, ebenso aber auch in Friedenszeiten den damit verbundenen Machtmissbrauch fürchtete: Diese geballte Macht, welche die Vorgänger sonst dazu verwendet hatten, den Staat aus größten Gefahren zu retten, verwendete Sulla zum Stillen seiner maßlosen Grausamkeit. (3) Er als
erster – oh, wäre er doch auch der letzte gewesen – führte die Maßnahme
der öffentlichen Ausschreibung (Proskription) ein, so dass in einem Staate, in
welchem sonst sogar ein Schauspieler mit einer mutwilligen Beleidigung ungeschoren vor Gericht davonkam, für die Ermordung eines römischen Bürgers von Staats wegen ein Kopfgeld festgesetzt wurde, und daher nun derjenige das größte Vermögen besaß, der die meisten umgebracht hatte. So war
die Belohnung für das Erschlagen eines Staatsfeindes nicht höher als für das
Ermorden eines Mitbürgers, und jeder (Proskribierte) zahlte das auf seinen
Kopf gesetzte Geld aus eigener Tasche. (4) Nicht nur auf diese, welche gegen
ihn zu den Waffen gegriffen hatten, sondern auch gegen zahlreiche Unbeteiligte lenkte Sulla seine brutalen Neigungen. Hinzugefügt wurde sogar, dass
der gesamte Besitz des Geächteten verkauft werde und seine Kinder von der
Erbfolge ausgeschlossen seien, ja, dass sie sogar gesetzlich am Beschreiten
der Ämterlaufbahn gehindert würden; außerdem – was das Empörendste ist
– mussten die Söhne von (geächteten und umgebrachten) Senatoren den finanziellen Verpflichtungen ihres Standes nachkommen, während sie der (alten) Privilegien verlustig gingen.
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29, 1) Während Sullas Ankunft in Italien trat Gnaeus Pompeius auf den Plan,
der Sohn eben dieses Gnaeus Pompeius, dessen großartige Taten als Konsul
im Marser-Krieg wir oben schon besprochen haben: Er war erst 23 Jahre alt;
vor nunmehr 113 Jahren (83 v. Chr.) nahm er aus eigenen Mitteln ebenso
wie auf privaten Entschluss hin ein großes Wagnis auf sich, um die Ehre und
Würde des Vaterlandes zu rächen und wieder aufzurichten und führte das
Begonnene dann auch zu einem glänzenden Abschluss: Er zog aus dem Picenerland heraus, das vollständig mit Klienten seines Vaters angefüllt war, ein
Heer in Firmum (sdl. von Ancona) zusammen: (2) Dieses Mannes Größe darzustellen, bedarf es vieler Buchrollen, doch der (geringe) Umfang meines
Werkes erfordert es, in wenigen Worten über ihn zu berichten: Über seine
Mutter Lucilia stammte er aus senatorischem Geschlecht. Er war von blendender Gestalt, aber nicht etwa nur von einer solchen, welche die Blüte der Jugend verleiht, sondern von einer, die seiner ehrenvollen Würde entsprang
und die ihm bei seiner machtvollen Persönlichkeit sowie zu seinem beglückenden Dasein bis zum letzten Tag des Lebens zueigen war. (3) Die Makellosigkeit seines Charakters war überragend, sein tadelloser Lebenswandel
großartig, die Beredsamkeit nur mittelmäßig. Er gierte nach Macht, die er
freilich auf ehrenvollem Wege auf sich vereinigt sehen und nicht gewaltsam
an sich reißen wollte. Als Feldherr war er äußerst fähig; ansonsten war er auf
das Bescheidenste Bürger unter Bürgern, falls ihn nicht die Furcht erfüllte, jemand könnte sich mit ihm auf die gleiche Stufe stellen. Seinen Freunden war
und blieb er treu; fühlte er sich angegriffen, zeigte er sich verträglich, leicht
bereit, die Versöhnung in die Wege zu leiten, jederzeit geneigt, eine Entschuldigung anzunehmen. (4) Seine Machtfülle steigerte er nie oder nur selten zur maßlosen Machtausübung; er war beinahe vollkommen ohne Fehl
und Tadel, sollte man nicht zu seinen größten Untugenden zählen, dass er es
nicht ertragen konnte, in einem freien Staatswesen, das über die Völker
herrschte, jemanden gleichen Ranges an seiner Seite zu erblicken, obwohl
hier doch alle Bürger vor dem Gesetz gleich waren. (5) Seit seiner Volljährigkeit (der Männertoga) war er es gewohnt, an der Seite eines glänzenden
Feldherrn Kriegsdienst zu leisten, seines Vaters! Hier hatte er seine vorzügliche und im Erlernen des Richtigen aufnahmefähige Begabung durch einzigartige Kenntnis des Kriegswesens derart vorangetrieben, dass nach Meinung
des Sertorius Metellus zwar mehr zu loben, Pompeius aber umso heftiger zu
fürchten sei... [In der Textlücke dürfte Velleius über die Spanischen Feldzüge
des Pompeius gegen den Rebellen Sertorius berichtet haben.]
30, 1) Darauf ermordete Marcus Perpenna, Ex-Praetor und selbst öffentlich
zur Tötung Ausgeschriebener (Proskribierter), ein Mann eher von edler Herkunft denn edler Gesinnung, Sertorius während eines Mahles zu Osca (Huesca/Aragon) und verhalf so den Römern zu einem sicheren Sieg, stürzte aber
seine eigene Partei in den Abgrund und zog sich selbst für seine widerwärtige Gräueltat einen Tod in größter Schande zu. (2) Metellus und Pompeius
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kehrten nun aus Spanien zurück und hielten einen Triumphzug ab. Pompeius
freilich war zur Zeit dieses Triumphzuges noch römischer Ritter (kein Senatsmitglied) und fuhr als solcher auf dem Wagen des Triumphators einen Tag
vor Antritt seines Konsulates in die Stadt ein. (3) Wer aber könnte sich jetzt
nicht wundern, dass dieser Mann, welcher auf dem Wege über so zahlreiche
(eigentlich) den Rahmen der Verfassung sprengenden Vollmachten zu seiner
überragenden Stellung gelangt war, es (später) kaum ertragen konnte, als
Senat und Volk von Rom den in Abwesenheit gestellten Antrag Caesars auf
das zweite Konsulat passieren ließen! So sehr ist es dem Menschen angeboren, sich selbst aber auch alles nachzusehen, den anderen aber nicht das Geringste durchgehen zu lasse und voller Neid nicht auf die Sache selbst sondern voller Voreingenommenheit auf die (konkurrierenden) Persönlichkeiten
zu blicken. (4) In seinem obigen Konsulat stellte Pompeius die Amtsgewalt
des Volkstribuns wieder her, von der Sulla nur den Schatten der einstigen Bedeutung hatte bestehen lassen. (5) Während in Spanien der Sertorianische
Krieg geführt wurde, entkamen aus der Gladiatorenschule zu Capua 64
Mann und entflohen unter Führung des Spartacus: Mit Schwertern, die sie in
dieser Stadt erbeutet hatten, zogen sie zum Vesuv. Als dann ihre Menge von
Tag zu Tag heftiger anschwoll, richteten sie bei verschiedenen Gelegenheiten
in Italien schweres Unheil an. Ihre Anzahl war schließlich so gewaltig, (6)
dass sie sich schließlich in ihrem letzten Gefecht der römischen Armee mit
90.000 Mann entgegen stemmen konnten. Der Ruhm, sie in dieser Schlacht
(am Vesuv) vernichtet zu haben, fiel Marcus (Licinius) Crassus zu, der daraufhin zur Position eines der führenden Männer des Staates aufrückte.
31, 1) Die Gestalt des Pompeius hatte die Blicke aller Herren Länder auf sich
gezogen, und er galt alles in allem mehr als nur ein Bürger; weil er als Konsul
auf höchst lobenswerte Weise geschworen hatte, er werde nach Ableisten
dieses Dienstes in keine Provinz (als Statthalter) gehen und er den Schwur
auch gehalten hatte, (2) brachte der Volkstribun Aulus Gabinius binnen zwei
Jahren einen Gesetzesantrag ein, Pompeius zur Vernichtung der Seeräuber
auszusenden: Diese machten nämlich keine Überfälle nach Piratenart aus
dem Hinterhalt mehr, sondern bedrohten den Erdkreis mit Flottenformationen und hatten sogar schon gewisse Städte Italiens geplündert. Um sie niederzuwerfen, sollte Pompeius gegen sie ausgesendet werden, und seine Befehlsgewalt sollte sich über sämtliche Provinzen erstrecken, der Befugnis von
Ex-Konsuln gleichkommen und bis auf 50 Meilen (ca. 75 km.) landeinwärts
Gültigkeit haben. (3) Mit Annahme dieses Gesetzes übertrug man die Macht
über nahezu den gesamten Erdkreis einem einzigen Mann; freilich hatte man
zwei Jahre zuvor das Gleiche unter der Prätur des Marcus Antonius beschlossen: (4) Doch je nachdem, in welchem Maße eine politische Persönlichkeit
aufgrund ihrer Stellung Unheil anrichten kann, so verstärkt sie den ihr entgegen gebrachten Hass oder hebt ihn auf: Bei Antonius hatten es die Leute gelassen zur Kenntnis genommen; selten nämlich nur richtet man Neid und
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Argwohn gegen die ehrenvollen Stellungen derjenigen, bei denen man kein
gewaltsames Vorgehen befürchtet. Auf der anderen Seite aber scheut man
davor zurück, solchen Menschen außerordentliche Befugnisse zu verleihen,
die – wie es scheint – eben diese nach eigenem Gutdünken niederlegen oder
beibehalten können sowie Maß und Ziel nur im eigenen Wollen beherbergen: Die Optimaten waren folglich dagegen, aber ihre Bedenken wurden
durch die Wucht (der Volksversammlung) überwunden.
32, 1) Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang das Ansehen und vor allem die scheue Zurückhaltung des Quintus Catulus: Dieser Gegner des Gesetzesantrages hatte in der Volksversammlung gesagt, Gnaeus Pompeius sei
zwar ein überragender Mann, aber eben schon eine Nummer zu groß für ein
freies Staatswesen; man dürfe nicht alle Macht in die Hände eines einzige geben; als er dann noch hinzugefügt hatte, »und wenn ihm etwas zustoßen
sollte, wen stellt ihr dann an seine Stelle?«, rief ihm die gesamte Menge zu:
»Dich, Catulus!« Da verließ jener die Volksversammlung, geschlagen durch
das übereinstimmende Votum aller sowie die so große, ihm erwiesene Ehrung der Bürgerschaft. (2) Es sei hier gestattet, die scheue Zurückhaltung des
Mannes ebenso wie des Volkes Sinn für Gerechtigkeit zu bewundern; ihn,
weil er den Streit nicht weiter fortsetzte; das einfache Volk, weil es den Gegner des Antrags und politischen Kontrahenten nicht seiner verdienten Anerkennung berauben wollte. (3) Um die gleiche Zeit verteilte Cotta das Amt
der Rechtsprechung, welches Gaius Gracchus dem Senat entrissen und den
Rittern gegeben, Sulla aber dann von diesen wieder an den Senat zurück verwiesen hatte, gleichmäßig zwischen Rittern und Senat auf. Roscius Otho
(Volkstribun 67) gab den Rittern durch ein von ihm eingebrachtes Gesetz ihre Ehrenplätze im Theater wieder zurück. (4) Gnaeus Pompeius hingegen gewann viele vorzügliche Männer für diesen (seinen) Krieg und beorderte in
nahezu jeden Winkel und Schlupfwinkel des Meeres jeweils ein Flottenkontingent und befreite in kurzer Zeit mit seiner unbesiegbaren Truppe den Erdkreis (von de Piraten); vielerorts schlug er sie in zahlreichen Kämpfen, griff sie
mit seiner Flotte bei Kilikien (ihrer Heimat) an und schlug sie vernichtend.
(5) Um diesen an verstreuten Plätzen stattfindenden Krieg möglichst bald
beizulegen, zog er ihre Überlebenden an einer Stelle zusammen und siedelte
sie in Städten an, die weit ab vom Meere lagen und gab ihnen so eine feste
Bleibe. (6) Es gibt Leute, die das tadeln; doch, obwohl die Person des Urhebers schon Garantie für die Richtigkeit der Maßnahme ist, hätte diese auch
aus jedem anderen beliebigen Mann einen großen machen können: Indem
Pompeius ihnen nämlich die Gelegenheit darbot, ohne Rauben zu eben, hielt
er sie vom Rauben ab.
33, 1) Als der Piratenkrieg seinem Ende entgegen ging, hatte Lucius Lucullus,
der vor sieben Jahren im Anschluss an sein Konsulat die Verwaltung von Asia
(West-Kleinasien) per Los erhalten hatte und somit Mithridates entgegen ge117
stellt worden war, dort große und denkwürdige Taten vollbracht, Mithridates
oft und an verschiedenen Plätzen geschlagen, Kyzikos durch einen glänzenden Sieg befreit und Tigranes, den größten der Könige (des Orients) in Armenien besiegt. Freilich war Lucullus eher imstande, letzte Hand an der Beendigung des Krieges anzulegen, als dass er es auch wollte: Er, der ansonsten
über jeden Tadel erhaben und im Felde beinahe unbesiegbar war, wurde dazu von seiner Geldgier getrieben. Noch war er mit dem Führen dieses Krieges
betraut, da brachte Volkstribun Manilius – stets käuflich und Handlanger
Dritter beim Griff nach der Macht – den Gesetzesantrag ein, dass der Mithridatische Krieg nunmehr von Pompeius betrieben werden sollte. (2) Nach Annahme des Antrags kam es zu Streit und Zänkereien zwischen den Feldherrn:
Pompeius hielt Lucullus vor, er sei aufgrund seiner Geldgier verschrieen; Lucullus warf Pompeius seine grenzenlose Herrschsucht vor, und keiner der beiden konnte den anderen der Lüge zeihen. (3) Denn sobald Pompeius die politische Laufbahn einschlug, ertrug er keinen Mann von gleicher Begabung
mehr neben sich, und in all den Angelegenheiten, wo er zwangsläufig eine
führende Position errang, begehrte er, darin auch der einzige zu sein. Kein
Mensch gierte jemals mehr nach Ruhm und legte weniger Wert auf alles andere als er: Ohne Maß strebte er nach politischer Macht; bei ihrer Ausübung
freilich war er von größter Selbstbescheidung; er war eben ein Mann, sie
ebenso leidenschaftlich gerne ausübte, wie er sie dann auch mit Gleichmut
niederlegte: Was er begehrte, nahm er sich nach eigenem Gutdünken; auf
Wunsch anderer (Politiker) gab er es wieder her. (4) Mit Lucullus aber, der
sonst ein überragender Mann war, hielt (bei uns) der verschwenderische Luxus bei Gebäuden, Gastmählern und Zubehör Einzug. Weil er Dämme (für eine Meeres-Villa) ins Meer hatte hinein treiben und Berge durchstechen lassen, um das Wasser des Meeres ins Landesinnere zu leiten, pflegte ihn Pompeius Magnus nicht ohne Witz den ‚Xerxes Togatus‘ (römischen Xerxes) zu
nennen.
34, 1) Um diese Zeit herum wurde Kreta von Quintus (Caecilius) Metellus
der römischen Herrschaft unterstellt: Dort hatte man unter dem Kommando
eines Panares und Lasthenes 24.000 junge Männer zusammengetrommelt;
Verderben bringend in ihrer Schnelligkeit, gestählt in mühevollen Kämpfen
und berüchtigt als Bogenschützen, hatten sie drei Jahre lang den römischen
Heeren zugesetzt: (2) Nicht einmal vor dem Einheimsen dieses Ruhmes
konnte Pompeius sich zurückhalten und beanspruchte einen Teil des Sieges
für sich, aber dem Triumph sowohl des Lucullus wie auch des Metellus
brandete die Gunst gerade der Gutgesinnten entgegen, einerseits aufgrund
ihrer einzigartigen persönlichen Tatkraft, andererseits durch Neid und Missgunst des Pompeius veranlasst. (3) Um diese Zeiten herum betrat Marcus
(Tullius) Cicero die politische Bühne, der seinen Weg nach oben aus eigener
Kraft bewerkstelligte; er war ein Mann, welcher seinem Aufstieg in den Senat
den Glanz höchsten Adels verlieh: Wie er in seiner Lebensführung ruhmreich
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war, so war er andererseits von überragender Größe des Geistes, als er es zustande brachte, dass wir (Römer) nicht durch das Genie derer geschlagen
wurden, welche wir mit Waffengewalt unterworfen hatten: Als Konsul deckte
er die Verschwörung der Catilina, Lentulus, Cethegus sowie weiterer Männer
von senatorischer oder ritterlicher Herkunft durch seine einmalige Tatkraft,
Standhaftigkeit, sein nächtliches Wachbleiben und seine Umsicht auf: (4) Catilina wurde aus Furcht vor seiner konsularischen Amtsgewalt aus der Stadt
vertrieben. Lentulus hingegen, Ex-Konsul und Praetor, sowie Cethegus und
weitere Männer von erlauchter Abstammung fanden durch Senatsbeschluss
und auf Befehl des Konsuls (Cicero) ihr gewaltsames Ende im Staatsgefängnis (63 v. Chr.).
35, 1) Während jener Tagung des Senates, auf welcher Obiges beraten wurde, gelangte die energische Tatkraft des Marcus (Porcius) Cato, die sich
schon bei zahlreichen Angelegenheiten als beachtenswert und glänzend erwiesen hatte, zum strahlenden Aufleuchten. (2) Sein Urgroßvater war jener
(berühmte) Marcus Cato, die herausragende Gestalt seines Geschlechtes; er
war als Mensch von fast vollendeten Tugend und Tatkraft und stand in seinem gesamten Wesen den Göttern näher als den Menschen. Niemals tat er
das Rechte um des Scheines willen, sondern weil er gar nicht anders handeln
konnte als so. Allein dies nur schien ihm von Verstand und Vernunft durchdrungen zu sein, was der Gerechtigkeit diente; unberührt von menschlichen
Fehlern, stand er stets über seinem Schicksal: (3) Weil er (damals) erst gewählter, aber noch nicht amtierender Volkstribun und auch noch ziemlich
jung war, wurde er, als andere dazu rieten, Lentulus und die übrigen über
Landstädte zu verteilen und unter freie Bewachung zu stellen, nahezu unter
den Letzten erst nach seiner Meinung gefragt: Mit solcher Wucht seines Charakters und seiner Beredsamkeit griff er die Verschwörung an und mit einer
von Leidenschaft erfüllten Rede ließ er all diejenigen, welche zur Milde rieten, in den Verdacht geraten, Helfershelfer des (verbrecherischen) Planes zu
sein. (4) Auf solch eindringliche Weise sprach er über den drohenden Untergang der Stadt im Flammeninferno sowie den bevorstehenden Umsturz der
Verfassung, so nachdrücklich lobte er die energische Entschlossenheit des
Konsuls (Cicero), dass der Senat geschlossen seinem Antrag folgte, gegen die
oben genannten Männer vorzugehen; dann gab der größere Teil dieses Standes (des Senats) Cato ein feierliches Geleit auf seinem Weg nach Hause. (5)
(Der aus Rom geflüchtete) Catilina andererseits vollendete nun sein Vorhaben mit ebensolchem Fanatismus, wie er es bereits durch die Planungen seines verbrecherischen Versuches begonnen hatte: Aufs Tapferste freilich um
den Sieg kämpfend, ließ er sein Leben in der Schlacht, das er dem Henker
schuldete.
36, 1) Dem Konsulate des Cicero verlieh keinen geringen Glanz die Tatsache,
dass in diesem Jahr – von nun an gerechnet vor 92 Jahren – der zu den Göt119
tern gegangene Augustus geboren wurde, welcher sich anschicken sollte,
den Ruhm sämtlicher Männer aller Herren Länder in den Schatten zu stellen.
(2) Hier mag es mir höchst überflüssig dünken, des Lebens der anderen damals herausragenden Männer zu gedenken: Wer nämlich wüsste nicht, dass
– wenn auch durch Abstufung des Alters voneinander getrennt – in dieser
Epoche Cicero, Hortensius und zuvor Crassus ihre Blütezeit hatten, ferner
Cotta und Sulpicius sowie dann Brutus, Calidius, Caelius Calvus und Cicero
am nächsten kommend – Caesar – sowie deren sozusagen Zöglinge Corvinus, Asinius Pollio und Sallustius (Crispus), der Nacheiferer des Thukydides;
desweiteren die Meister der Dichtkunst, Varro, Lucretius und Catullus, der in
der Gestaltung seiner Poesie keinem anderen nachsteht. (3) Nahezu ohne
Sinn und Verstand wäre es, die Genies aufzuzählen, deren Wirken wir noch
vor Augen haben: Unter diesen Künstlern unserer Zeit ragen am steilsten Vergilius, der führende Meister der Poesie sowie Rabirius hervor; ferner Livius,
der Nachfolger des Sallustius sowie Tibullus und Ovidius Naso, die vollendetsten ihres Genres. Den noch Lebenden freilich schlägt zwar große Bewunderung entgegen, aber ein kompetentes Urteil über sie abzugeben, ist
schwierig.
37, 1) Während sich dies in Rom und Italien ereignete, führte Pompeius seinen der Erinnerung werten Krieg gegen Mithridates; er hatte nach Ablösung
des Lucullus die (einst) großen Heeresverbände wiederhergestellt. (2) Der
gegnerische König wurde geschlagen, ergriff die Flucht, floh nach Verlust all
seiner Truppen nach Armenien und suchte seinen Schwiegervater Tigranes
auf, den dort zurzeit noch mächtigsten König, einmal abgesehen von seinen
gegen die Streitkräfte des Lucullus erlittenen Verlusten. (3) Unverzüglich
nahm Pompeius die Verfolgung beider auf und marschierte in Armenien ein;
dort kam als Erster der Sohn des Tigranes zu ihm, welcher freilich mit dem
Vater zerstritten war. (4) Dann kam dieser selbst als Bittsteller und lieferte
sich und sein Reich der Gewalt des Pompeius unverzüglich aus, dabei gab er
von sich, keinem anderen Manne, ganz gleich ob Römer oder von anderer
Nationalität, würde er sich beugen außer Pompeius. Aus eben diesem Grunde werde er auch jedwedes Los annehmen, ganz gleich, ob günstig oder widerwärtig für ihn, wenn es nur im Willen des Pompeius begründet sei. Es sei
keine Schande, von diesem Manne besiegt zu werden, den zu besiegen dem
Sinnen der Götter zuwiderlaufe. Es bedeute keinen Verlust der Ehre, wenn
sich jemand diesem Manne unterwerfe, den die Göttin des Schicksals über alle Menschen erhoben habe: (5) Erhalten blieb dem König darauf seine herrscherliche Würde, freilich musste er zur Strafe eine ungeheure Menge Geldes
zahlen, welches – wie bei Pompeius üblich – in die Obhut des Quaestors (Finanzbeamten) gegeben und in die staatlichen Kassenbücher eingetragen
wurde. Syrien sowie die weiten Landstriche, die Mithridates erobert hatte,
wurden ihm entrissen: Die einen kamen wieder unter die Herrschaft des römischen Volkes; weitere unterstellte man damals zum ersten Male seiner
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Macht, wie z.B. Syrien, welches dann erstmals (an Rom) Abgaben leisten
musste: Die Macht des Königs (Tigranes) reichte damit nicht mehr über Armenien hinaus.
38, 1) Meines Erachtens ist es nicht unvereinbar mit dem Plane dieses Werkes, in wenigen Worten zu überfliegen, welches jeweilige Volk, welche Nation unter Führung welchen (römischen) Feldherrn zum besetzten und abgabenpflichtigen Land gemacht wurde, damit so all das, was wir Stück für Stück
geschildert haben, umso müheloser in einer Gesamtschau überblickt werden
kann: (2) Nach Sizilien setzte als Erster der Konsul (Appius) Claudius mit seinem Heere über; zum dauerhaft besetzten Gebiet wurde es freilich erst fast
52 Jahre später, als Claudius Marcellus Syrakus erobert hatte. Nach Africa (ca.
Tunesien) drang als Erster Regulus vor, im 9. Jahr des Ersten Punische Krieges. [Textlücke] – von jetzt an gerechnet vor 177 Jahren – machte Scipio Aemilianus Africa zum dauerhaft besetzten Gebiet. Sardinien beugte sich zwischen dem Ersten und Zweiten Punischen Krieg – unser Führer war Titus
Manlius (Torquatus) – unter das Joch des Reiches. (3) Dass unser Staat einen
kriegerischen Charakter hat, wird eindrucksvoll dadurch unter Beweis gestellt, dass man nur einmal in der Königszeit, ein zweites Mal unter eben diesem Konsul T. Manlius und zum dritten Male, als Augustus Kaiser war, als Beweis für einen gesicherten Frieden die Tore zum Tempel des doppelgesichtigen Janus geschlossen hielt. (4) In beiden Spanien führten Gnaeus und Publius Scipio als allererst ihre Truppen; es war zu Beginn des Zweiten Punischen
Krieges, von heute aus gerechnet vor 250 Jahren; in der Folgezeit nahm man
auf unterschiedliche Weise von einzelnen Landesteilen bald Besitz, bald ging
alles wieder verloren; das gesamte Land wurde erst unter Augustus abgabenpflichtig gemacht. (5) Makedonien wurde von Aemilius Paulus, Achaia von
Mummius erobert. Aetolien und Asia entriss Lucius Scipio, Vater des Africanus, dem (König) Antiochos. Freilich gelangte es dann durch gnädiges Entgegenkommen des Senates und des römischen Volkes in den Besitz der Attaliden-Könige, und Marcus Perpenna setzte schließlich den Adronikos gefangen und stellte es unter römische Verwaltung. (6) Zypern völlig unterworfen
zu haben, kann sich kein Einzelner rühmen, denn es wurde nur aufgrund eines Senatsbeschlusses, den Cato ausführte, nachdem sich der dortige König
als Eingeständnis seiner Schuld selbst das Leben genommen hatte, zum
dauerhaft besetzten Land gemacht. Kreta wurde von Metellus mit der Beendigung seiner unglaublich langen Freiheit bestraft. Die Eroberung von Syrien
und Pontos sind Denkmäler der Tatkraft und Führungsstärke des Pompeius
(Magnus).
39, 1) In die Gallien drangen mit ihren Truppen zuerst Domitius (Ahenobarbus) und Fabius, der Enkel des Aemilius (Paulus) ein: Unter schweren Verlusten machten wir Eroberungen und büßten sie wieder ein; hieraus erkennt
man das Überragende von C. Caesars Werk: Unter seiner Leitung nämlich
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und Amtsführung wurde das besagte Gebiet beinahe vernichtet, welches
nun fast so viel in unsere Staatskasse einzahlt wie der (übrige) Erdkreis. [Unter demselben wurde auch Numidien (ca. Algerien) zum dauerhaft besetzten
Land ... das schon Numidicus...]. (2) Kilikien wurde von Isauricus unterworfen, Galatien von Manlius Vulso; das war nach dem Krieg gegen Antiochos.
Bithynien wurde, wie wir oben schon sagten, den Römern von Nikomedes
testamentarisch vermacht. Der zu den Göttern gegangene Augustus machte,
abgesehen von Spanien und anderen Stämmen, mit deren (angebrachten)
Namen sein eigener Marktplatz glänzt, auch Ägypten abgabenpflichtig: So sicherte er der Staatskasse ebenso viele Einkünfte wie sein (Adoptiv-)Vater
(Caesar) durch die gallischen. (3) Tiberius Caesar (Kaiser Tiberius) seinerseits
rang den Illyrern und Dalmatinern ein ebenso festes Bekenntnis zum Gehorsam ab, wie sein (Adoptiv-)Vater (Augustus) den Spaniern. Rätien aber, die
Heimat der Vindeliker und Noriker sowie ferner das Land der Skordisker fügte
er als dauerhaft besetzte Gebiete unserem Reich bei. Während er all diese mit
Waffengewalt unterwarf, so machte er Kappadokien alleine durch seine herrscherliche Ausstrahlung abgabenpflichtig: Doch jetzt wollen wir wieder zum
Ablauf der Geschehnisse zurückkehren.
40, 1) Darauf folgte ein (weiterer) Feldzug des Pompeius, bei dem nicht sicher ist, was größer war, der Ruhm oder die Strapazen: Siegreich wurden die
Lande der Meder, Albaner und Hiberer durchquert, und dann machte der
Heereszug einen Schwenk zu denjenigen Völkern, die nach rechts (sc. östlich) zuhause sind und das Landesinnere von Pontos bewohnen: Kolcher, Heniocher und Achäer. Und Mithridates, einmal abgesehen von den Parthern
der letzte unabhängige König (des Ostens), fand einerseits durch das glückliche Handeln des Pompeius, andererseits durch die Heimtücke seines eigenen
Sohnes Pharnakes den Tod. (2) Jetzt kehrte Pompeius nach Italien zurück; alle Völker, die er angegriffen hatte, waren von ihm besiegt worden. Er war höher empor gestiegen, als er es selbst erwartet hatte und seine Mitbürger dies
wünschten: über alles menschliche Maß hinaus! Dass seine Rückkehr für ihn
so günstig vonstatten ging, hatte eine vorgefasste Meinung bewirkt: Die
meisten waren nämlich der festen Überzeugung gewesen, er werde nicht ohne sein Heer in die Stadt kommen und dann den Umfang der Bürgerrechte
nach Lust und Laune festsetzen. (3) Je mehr die Menschen dies befürchtet
hatten, umso willkommener war ihnen dann die Rückkehr des so übermächtigen Feldherrn als Zivilist: In Brundisium (Brindisi) hatte er nämlich seine gesamte Armee entlassen, nichts als den Ehrentitel ‚Imperator‘ beibehalten und
kam mit einer privaten Gruppe von Begleitern, die ihm auch sonst zu Diensten stand, in die Stadt zurück, um zwei Tage lang einen unglaublich großartigen Triumphzug über so viele Könige zu feiern, nachdem er zuvor aus
dem Erlös der Beute einen weitaus größeren Betrag in die Staatskasse eingezahlt hatte als alle anderen vor ihm, wenn man einmal von Aemilius (Paulus)
absieht. (4) In Abwesenheit des Gnaeus Pompeius legten die Volkstribune Ti122
tus Ampius und Titus Labienus einen Gesetzesantrag vor, dass dieser beim
Wagenrennen im Circus einen goldenen Kranz sowie den vollständigen
Schmuck eines Triumphators tragen könne, bei den Theater-Spielen hingegen eine mit Purpur verbrämte Toga samt goldenem Kranz: Diese Dinge zu
verwenden, brachte er nur einmal über sich, und auch das schon war zu viel:
Dieses Mannes Spitzen-Stellung erhöhte die Göttin des Schicksals dermaßen,
dass er seinen ersten Triumphzug aus Africa kommend abhielt, seinen zweiten aus Europa und zum dritten Male aus Asia heimkehrend; wie viele Erdteile es gibt, so viele machte er zum Denkmal seines Sieges, doch mangelt es
bei herausragender Stellung nicht der Neider: (5) So fanden sich seine Widersacher, einmal in Person des Lucullus, der das ihm (von Pompeius) angetane Unrecht nicht verwinden konnte, andererseits bei Metellus Creticus,
welcher sich mit Fug und Recht beklagte, dass er ihm, um seinen eigenen
Triumphzug damit zu schmücken, die gefangen genommenen Führer (Kretas) abgeknöpft hatte, und mit den beiden übereinstimmend ein Teil der Optimatenpartei; sie forderten, Pompeius sollte weder seine (verschiedenen)
Gemeinden gegebenen Versprechen erfüllen, noch solchen, die sich um ihn
verdient gemacht hätten, die (versprochenen) Belohnungen nach eigenem
Gutdünken auszahlen können!
41, 1) Hierauf folgte das Konsulat des Gaius (Iulius) Caesar, der den Verfasser mit Beschlag belegt und ihn, wie eilig er es auch hat, zwingt, bei ihm inne zu halten: Er stammte aus der dem höchsten Adel zugehörigen Sippe der
Iulier und leitete sein Geschlecht von Anchises und Venus ab, wozu auch
sämtliche Altertumskundler ihre Zustimmung erteilen: Was seine schöne Gestalt anbetrifft, überragte er all seine Mitbürger bei Weitem. Er war von
schärfstem Verstand, verschwenderischster Freigebigkeit, einer Beherztheit,
die über das der menschlichen Natur gegebene Maß hinausreichte. In der
Großartigkeit seines Denkens, der Schnelligkeit seiner Feldzüge und der Ausdauer bei Gefahren war er Alexander d.Gr. mehr als ähnlich, einmal abgesehen von dessen Trunksucht und Jähzorn. (2) Ferner aß und schlief er überhaupt nur, um am Leben zu bleiben und nicht wie ein weichlicher Genießer.
Er war ein enger Blutsverwandter des Gaius Marius und ebenso der Schwiegersohn des Cinna: Während Caesar, obwohl er erst (etwa) 18 Jahre alt war,
als Sulla die Macht an sich riss, durch keinen Terror dazu getrieben werden
konnte, sich von seiner Tochter scheiden zu lassen, trennte sich der Ex-Konsul
Marcus Piso, um Sullas Gunst buhlend, von Annia, die (früher) Cinnas Ehefrau gewesen war. Es waren freilich eher Sullas Handlanger und Parteigenossen, als er selbst, die nach ihm (sc. Caesar) fahndeten, um ihn zu ermorden:
Da wechselte er die Kleidung, nahm ein zu seinem Rang ganz und gar unpassendes Äußeres an und entwich des Nachts aus der Stadt. (3) Als derselbe
später - immer noch ein junger Mann – von Piraten gefangen genommen
wurde, führte er sich die gesamte Zeitspanne, über die er von ihnen festgehalten wurde, so bei ihnen auf, dass er ihnen ebenso Anlass zur Furcht war,
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wie er ihnen Respekt abgewann. Ferner zog er niemals – weder tags noch
nachts – Schuhe und Kleider aus: [Warum eigentlich sollte diese hochbedeutsame Sache übergangen werden, nur weil man sie nicht mit ganz besonderen Worten erzählen kann?] Freilich wollte er vermeiden, dass diese da, die
ihn nur mit Augen bewachten, Verdacht schöpften, wenn er irgendeinmal
vom Gewohnten abginge.
42, 1) Viel ließe sich erzählen, wie und wie oft er wagemutig auftrat, und mit
welcher Anstrengung der Beamte des römischen Volkes, welcher Asia (ca.
West-Türkei) verwaltete, sich aus persönlicher Furcht von Caesars Vorhaben
distanzierte: Jenes nur mag als Beleg der künftigen Größe des aufsteigenden
Mannes angeführt sein: (2) In eben dieser Nacht, die auf den Tag folgte, an
welchem er durch öffentliches Geld der Gemeinden freigekauft wurde, unter
der Bedingung freilich, dass er zuvor die Piraten nötigte, den (entsprechenden) Gemeinden Geiseln zu stellen, zog er, obwohl nur Privatmann, eine eilige Flotte zusammen, fuhr an eben diesen Ort, wo die Seeräuber hausten,
schlug einen Teil ihrer Flotte in die Flucht, versenkte einen Teil und kaperte
etliche Schiffe samt vielen Männern. (3) Freudetrunken über den Erfolg der
nächtlichen Expedition kehrte er zu seinen Leuten zurück, gab seine Gefangenen zur Bewachung und reiste weiter nach Bithynien zu Ex-Konsul Iuncus –
eben dieser verwaltete nämlich Bithynien und Asia zusammen – und forderte
von ihm, er persönlich solle die Todesstrafe an den Festgenommenen vollstrecken lassen. Als sich dieser aber weigerte, es zu tun und gesagt hatte, er
werde die Gefangenen als Sklaven verkaufen – nunmehr folgte auf sein Versagen der Neid (auf Caesar) – da fuhr Caesar mit unglaublicher Schnelligkeit
zum Meer zurück, und bevor in dieser Angelegenheit noch ein Schreiben des
Ex-Konsuls abgeliefert werden konnte, ließ er alle, die er festgenommen hatte, ans Kreuz heften.
43, 1) Anschließend eilte er nach Italien, um ein Priesteramt zu übernehmen.
[Er war nämlich in Abwesenheit anstelle des Ex-Konsuls Cotta zum Priester ernannt worden, er, der doch schon einmal – fast noch ein Junge – zum Jupiter-Priester erwählt worden war. Weil aber all ihre Anordnungen durch Sullas
Sieg die Gültigkeit verloren hatten, hatte er seine Stellung als Priester wieder
eingebüßt.]: Um den Piraten, welche damals alle Meere unter ihrer Kontrolle
hatten, nicht aufzufallen, die ihn aus gutem Grunde hassten, bestieg er ein
nur von vier Ruderern getriebenes Schiff zusammen mit zwei Freunden und
zehn Sklaven und fuhr über den enorm weit ausladenden Bogen des Adriatischen Meeres. (2) Als er bei dieser Überfahrt, wie er glaubte, Piratenschiffe
erblickte, legte er die Tunika ab und gürtete sich mit dem Dolch an der Seite,
um für den Fall des Falles bereit zu sein, doch bald erkannte er, dass eine lange Reihe von Bäumen seine Augen genarrt und ihm das Trugbild von Masten
und Rahen vorgegaukelt hatte. (3) Verbleiben noch seine Aktivitäten in der
Stadt: die Aufsehen erregende Anklage gegen Dolabella, dem größere Gunst
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der Gemeinde zuteil ward als bei anderen Angeklagten üblich; seine mehr als
berühmten politischen Kämpfe mit Quintus Catulus und anderen herausragenden Männern: Noch bevor er die Prätur bekleidete, schlug er als Bewerber ums Amt des höchsten Priesters Quintus Catulus, der nach aller Auffassung der führende Mann des Senates war. (4) Als er dann Ädil geworden
war, ließ er – auf jeden Fall gegen den Widerstand der Nobilität (des AmtsAdels) die Ehrenmale des Marius wieder aufstellen; Zugleich setzte man die
Kinder der unter Sullas Proskriptionen (Ächtungen) Umgekommenen wieder
in die (ihnen zustehende) bürgerliche Stellung ein. Dann erreichte er den
Rang des Praetors (pro praetore) [und übernahm die Quästur in Spanien mit
staunenswerter Tatkraft und Energie.] Das Amt übte er unter General Antistius Vetus aus, einem Manne von überaus trefflichem Wesen, soweit die eingeschränkte Wahrnehmung des Menschen das beurteilen kann. Er war Großvater eben dieses Vetus, eines ehemaligen Konsuls und Priesters, welcher
wiederum Vater zweier Söhne war, die es ebenfalls zu Konsul und Priester
brachten: Allzu bekannt, wie all das schon ist, verlangt es umso weniger nach
dem Stift (des Chronisten).
44, 1) Sobald dieser also Konsul geworden war, kam es zwischen ihm,
Gnaeus Pompeius und Marcus (Licinius) Crassus zu einer gemeinschaftlichen
Aufteilung der Macht, die der Stadt und dem Erdkreis ebenso Verderben
bringend war wie ihnen persönlich, jedem zu seiner Zeit. (2) Pompeius hatte
seinen Beitritt zu diesem Vorhaben damit begründet, dass mit der Unterstützung des Konsuls Caesar endlich seine Maßnahmen in den jenseits des Meeres unterworfenen Gebieten für dauerhaft erklärt werden könnten; wie wir
aber schon oben sagten, opponierten zahlreiche (Senatoren) dagegen. Caesar hingegen schloss das Abkommen, weil er feststellte, dass er seinen eigenen Ruhm mehren könnte, wenn er dem Ruhm des Pompeius den Vorrang
einräumte; und dadurch, dass er den durch die gemeinsam ausgeübte Macht
entstandenen Hass auf Pompeius abwälzte, werde er auf Dauer die eigene
Position stärken. Crassus schloss sich an, um eine führende Stellung zu erlangen, die er ohne das einflussreiche Ansehen des Pompeius und die Macht
(der Popularen-Partei) Caesars nicht erreichen konnte. (3) Zudem kam es
noch zu einer verwandtschaftlichen Verbindung zwischen Caesar und Pompeius, denn Gnaeus Magnus nahm Iulia, Caesars Tochter, zur Frau. (4) In
diesem seinem Konsulat ließ Caesar ein Gesetz verabschieden, nach welchem
das kampanische Staatsland an Plebejer verteilt werden sollte; Pompeius befürwortete den Antrag: Auf diese Weise wurden dort etwa 20.000 Bürger angesiedelt, und Capua wurde das Stadtrecht zurückgegeben: Rund 152 Jahre
waren vergangen, seit Capua im (Ersten) Punischen Krieg von den Römern
unter die Fuchtel eines Stadtkommandanten gestellt worden war. (5) Bibulus, Caesars Kollege (im Konsulat), verbrachte den größeren Teil seines Amtsjahres zuhause, da sein Wille, Caesars Gewalt einzuschränken, größer war als
seine Möglichkeit: Er beabsichtigte freilich durch solches Tun, vermehrten
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Hass gegen den Kollegen zu schüren, erreichte aber nur dessen Machtzuwachs. Anschließend (an das Konsulat) wurde Caesar die Verwaltung beider
Gallien für fünf Jahre zugewiesen.
45, 1) Etwa zeitgleich trat Publius Clodius auf den Plan, ein Mann von Adel,
redegewandt und verwegen; in allem, was er sagte oder tat, kannte er nicht
Maß noch Mäßigung; als Vollstrecker seiner bösen Vorhaben war er von
schärfster Entschlossenheit und mit dem üblen Ruf behaftet, mit seiner
Schwester Unzucht getrieben zu haben; wegen religiöser Frevel wurde er vor
Gericht gezerrt, weil er während des heiligsten Festes der Römer Ehebruch
begangen habe: Mit Cicero lebte er in erbitterter Feindschaft. [Wie auch hätten zwei so verschiedene Charaktere Freunde sein können!?] Nachdem er
aus dem Stand der Senatoren ausgetreten und zur Plebs übergegangen war,
setzte er in seinem Volkstribunat ein Gesetz durch, nach dem derjenige, welcher einen römischen Bürger ohne rechtsgültiges Urteil getötet hatte, in die
Verbannung gehen müsste: Auch wenn Cicero nicht namentlich genannt
wurde, richtete sich das Gesetz dennoch gegen ihn alleine. (2) So zahlte der
Mann, welcher sich aufs Höchste um den Staat verdient gemacht hatte, für
die Rettung des Vaterlandes mit dem Elend der Verbannung, und hierbei
standen Caesar und Pompeius hinreichend im Verdacht, sie hätten (maßgeblich) Ciceros Sturz verursacht: Dieses Unglück schien Cicero sich zugezogen
zu haben, weil er in das Zwanzig-Männer-Kollegium nicht hatte eintreten
wollen, welches das (oben genannte) kampanische Staatsland verteilen sollte. (3) Doch binnen zwei Jahren setzte man Cicero wieder in seinen alten
Rang ein und gab ihn so dem Vaterland zurück; das verdankte er dem Einsatz
des Pompeius, der zwar spät, aber dann mit Nachdruck einsetzte; ferner den
Bittgesuchen (ganz) Italiens sowie dem Entschlossenen Handeln des Volkstribunen Annius Milo. Und seit Exil und Rückkehr des (Metellus) Numidicus
war niemand mehr mit größerem (öffentlichen) Aufbegehren ausgestoßen
und mit mehr Freude wieder aufgenommen worden: Sein Haus, welches Clodius voller Feindseligkeit hatte niederreißen lassen, wurde in Pracht vom Senat wiederhergestellt. (4) Eben dieser Clodius schloss in seinem Tribunat
Marcus (Porcius) Cato unter dem Vorwand eines höchst ehrenvollen amtlichen Auftrages von den Staatsgeschäften aus, denn er brachte einen Antrag
durch, dass dieser im Range eines Quaestors, verbunden mit der Rechtsstellung eines Praetors samt einem weiteren Quaestor nach Zypern geschickt
werde, um dort König Ptolemaios der Herrschaft zu berauben: Diese Schande
wäre für jenen aufgrund seiner charakterlichen Mängel angemessen gewesen, (5) doch noch während Catos Ankunft bereitete er seinem Leben ein gewaltsames Ende. Cato verbrachte nun von dort eine bei weitem größere
Summe nach Rom, als man erwartet hatte: Seine Unbestechlichkeit (ausdrücklich noch) zu loben, gleicht einer Gotteslästerung, und es grenzt ans
Unverschämte, ihm Vorhaltungen zu machen, weil er den Tiber hinauf fuhr
und, obwohl ihm zusammen mit Konsuln und Senat das gesamte Volk entge126
gen strömte, nicht eher ausstieg, bevor er an eben der Stelle anlegte, wo das
Geld abgeliefert werden sollte.
46, 1) Während Gaius Caesar in der darauf folgenden Zeit übermenschliche,
kaum in einem viele Bände umfassenden Werk unterzubringende Taten in
Gallien vollbrachte und außerdem – nicht zufrieden mit den mehr als zahlreichen und glücklichen Siegen sowie zahllosen erschlagenen oder gefangen
genommenen Feinden – sein Heer nach Britannien übersetzte, als wolle er
unserem Machtbereich eine ganze weitere Welt hinzu gewinnen, bekleideten Gnaeus Pompeius und Marcus Crassus, das alte Konsuln-Paar, ihr zweites
Konsulat, das sie weder auf ehrenhafte Weise erstrebt hatten noch ordnungsgemäß ausübten. (2) Caesar wurden durch ein Gesetz, welches Pompeius
der Volksversammlung vorlegte, seine zu verwaltenden Gebiete um den gleichen Zeitraum verlängert, und Crassus, der einen Krieg gegen die Parther
plante, Syrien zugesprochen: Dieser Mann war ansonsten von einwandfreier
Lebensführung und unberührt von leidenschaftlichem Begehren, doch in seiner Gier nach Geld und Ruhm kannte er weder Maß noch Grenzen. (3) Als er
unter grauenvollen Vorzeichen nach Syrien aufbrach, versuchten die Volkstribune vergebens, ihn aufzuhalten: Hätten sich ihre Verwünschungen einzig
und allein wirkungsvoll gegen ihn gerichtet, so wäre die Absetzung des Feldherrn eben dadurch, dass das Heer wohlbehalten geblieben wäre, durchaus
zum Nutzen des Staates gewesen, (4) denn als er den Euphrat überquert hatte und Richtung Seleukia marschierte, umzingelte ihn König Orodes mit gewaltigen Reiter-Truppen und tötete ihn samt dem größeren Teil der römischen Armee. Die versprengten Teile der Legionen rettete Quintus Cassius,
damals Quaestor und demnächst Urheber eines überaus scheußlichen Verbrechens, vor dem Untergang und sorgte dafür, dass Syrien im Machtbereich
des römischen Volkes verblieb, ja, er schlug die dort einmarschierten Parther
sogar in einer glücklichen Schacht bravourös in die Flucht.
47, 1) In diesen und den darauf folgenden Jahren, von denen wir bereits
sprachen, wurden mehr als 400.000 Feinde von Gaius Caesar erschlagen und
noch mehr gefangen genommen. Gefochten wurde oft in frontalem Aufeinanderprallen, oft aus der Marschkolonne heraus, oft in Ausbrüchen (aus
dem Lager). Zweimal drang man nach Britannien vor, und in seinen neun
Kriegs-Sommern gab es keinen einzigen Feldzug, der nicht des strahlenden
Triumphzuges wert gewesen wäre. Um Alesia herum freilich ereigneten sich
dermaßen großartige Dinge, welche nur zu wagen in ihrer Wucht kaum einem Menschen gegeben ist, sie zu vollbringen, kaum einem Gott. (2) Caesar
hielt sich schon fast vier Jahre in Gallien auf, da verstarb Iulia, die Frau des
Pompeius Magnus: Sie war das einigende Band der zwischen Pompeius und
Caesar herrschenden Eintracht gewesen, die sich aber nur noch mühsam aufrecht erhalten ließ, weil einer auf die Stellung des anderen eifersüchtig war,
und um den Bruch zwischen beiden Führern, die das Schicksal zu solch ge127
waltigem Aufeinandertreffen erkoren hatte, um alle Bande zu durchtrennen,
verschied innerhalb kurzer Zeit auch der kleine Sohn, den ihm (Pompeius) Iulia geboren hatte. (3) Damals kam es bei der Bewerbung ums Amt zu Mord
und Totschlag der Bürger, und kein Ende, kein Innehalten war abzusehen.
Da wurde Pompeius sein drittes Konsulat übertragen. Er amtierte ohne Kollegen, weil sogar solche, die früher gegen ihn waren, nun für ihn stimmten;
durch den Ruhm dieser Ehrenstellung, mit der er den Anschein erweckte, er
habe sich mit der Optimatenpartei ausgesöhnt, entfremdete er sich Caesar
außerordentlich: In seinem Konsulat hielt er freilich die Ausschreitungen bei
den Amts-Bewerbungen im Zaum. (4) In eben dieser Zeit wurde Publius Clodius von Milo, der für das Konsulat kandidierte, umgebracht, als sie in der
Gegend von Bovilla zufällig aufeinander stießen und sich in die Haare gerieten: Dieses zum Nachahmen anregende Beispiel hatte einen üblen Vorbildcharakter, wenn auch im Augenblick für den Staat von Nutzen. Milo aber
ereilte nicht so sehr, da ihm ob seiner Mord-Tat Hass entgegen schlug, als
weil es Pompeius so wünschte, die Verurteilung. (5) Cato freilich erteilte ihm
durch öffentliche Stimmabgabe den Freispruch; hätte er seine Haltung schon
früher propagiert, wäre die Zahl derer, die seinem Beispiel folgten, nicht gering gewesen: Sie hätten die Ermordung eines Mitbürgers gut geheißen, weil
eben (damals) niemand lebte, der dem Staat größeren Schaden zufügte und
den Guten (sc. der Senatsmehrheit) feindseliger gegenüber stand als er (sc.
als Publius Clodius).
48, 1) Binnen kurzer Zeit loderten die ersten Fackeln des Bürgerkrieges, auch
wenn gerade der Gesetzestreueste es wünschte, sowohl Caesar als auch Pompeius möchten ihre Truppen entlassen: Pompeius freilich hatte in seinem
zweiten Konsulat den Wunsch geäußert, man möge ihm die beiden Bezirke
Spaniens überlassen; diese (erhielt er zugesprochen und) verwaltete sie für
drei Jahre in Abwesenheit durch seine Generäle Afranius und Petreius, einen
Ex-Konsul und ehemaligen Praetor; er gab denjenigen seine Zustimmung, die
da forderten, Caesar müsse sein Heer entlassen, verweigerte sie aber all denen, welche das Gleiche von ihm selbst verlangten. (2) Wäre er nur zwei Jahre, bevor man zu den Waffen griff, nach Vollendung seines Theaterbaus und
weiterer Gebäude, die es ihn umrahmten, von sehr schwerer Krankheit ergriffen in Caupania (Kampanien) gestorben – damals betete ganz Italien innig
für die Genesung eben dieses ersten aller Bürger – hätte das Schicksal nicht
mehr die Macht zu seiner Vernichtung gehabt, und er hätte die Größe, welche er im Diesseits besaß, ungeschmälert ins Jenseits mitgenommen. (3) Im
gesamten Bürgerkrieg aber und all seinen Übeln, welche anschließend ununterbrochen über zwanzig Jahre aufeinander folgten, war es kein anderer als
der Volkstribun Gaius (Scribonius) Curio, der im Übermaß die hoch auflodernden Fackeln (des Krieges) führte, ein Mann von Adel, redegewandt, verwegen, verschwenderisch ebenso mit dem eigenen Hab und Gut sowie seinem Ehrgefühl, wie er das Gleiche anderer verschleuderte; ein Mann von
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höchster Intelligenz, die er aber zum Verderben des Staates missbrauchte.
(4) Keinerlei Vermögen, keinerlei Lustbarkeiten waren imstande, sein Sinnen
mit Völlereien oder sexuellen Ausschweifungen zu befriedigen: Curio trat
zuerst für die Partei des Pompeius ein, was nach damaligem Verständnis bedeutete: für den Staat. Dann tat er so, als ob er gegen Pompeius und Caesar
zugleich wäre, im Herzen aber stand er schon auf Caesars Seiten. Ob er das
ohne Entgelt oder erst nach Empfang von 10 Millionen Sesterzen tat, wie wir
vernommen haben, wollen wir in der Schwebe lassen. (5) Als Pompeius zu
guter Letzt die ungemein heilsamen, zu einem schiedlichen Ausgleich führenden Friedensbedingungen annahm, welche Caesar in seiner auf absolute Gerechtigkeit zielenden Art forderte, zerschlug und zerfetzte sie Curio, während
Cicero auf einzigartige Weise die Eintracht im Staate zu wahren suchte: Der
Verlauf dieser und vorheriger Ereignisse wird schon in dicken Bänden anderer Autoren dargestellt, wie auch – so hoffe ich – (demnächst auch) in unserem. (6) Doch für jetzt soll mein Werk seine geplanten Ausmaße beibehalten,
wenn ich zuerst Quintus Catulus meine Glückwünsche ausrichte, sowie den
Gebrüdern Lucullus, Metellus und Hortensius, denn sie alle gelangten, ohne
Neid und Missgunst zu erregen, zu einer überragenden Stellung im Staate,
ohne dabei in Lebensgefahr zu kommen und starben dann eines ruhigen,
nicht überstürzten Todes – noch vor Beginn des Bürgerkrieges.
49, 1) Unter den Konsuln Lentulus und Marcellus, 703 Jahre nach Gründung
der Stadt, 78 Jahre, bevor du, mein Vinicius, das Konsulat bekleidetest, (49
v. Chr.), brach der Bürgerkrieg aus: Des einen Führers Sache schien die bessere zu sein, die des anderen besaß größere Durchschlagskraft: (2) Hier war alles von angenehmem Aussehen, dort ballte sich die Gewalt zusammen. Pompeius focht gestützt auf Ansehen und Einfluss des Senates, Caesar im Vertrauen auf seine Soldaten. Konsuln und Senat legten den Oberbefehl nicht in die
Hände des Pompeius sondern übertrugen ihn (eigentlich nur) seiner Sache:
Nichts ließ Caesar unversucht, um den Frieden zu bewahren; nichts (davon)
nahmen die Pompeianer an, (3) denn der eine der Konsuln ging mit größerer Brutalität vor als angemessen, während Lentulus sich (aus der Schuldenfalle) nur retten konnte, wenn die Republik bewahrt wurde. Marcus Cato freilich äußerte sich dahingehend, dass man eher den Tod in Kauf nehmen solle
als zuzulassen, dass ein Bürger dem Staate irgendeine Bedingung zur ultimativen Annahme unterbreiten dürfe: Er, ein erzkonservativer, politisch bedeutsamer Mann, spendete eher der Partei des Pompeius Lob; ein kluger mochte
eher Caesar folgen und die eine Gruppe für ruhmreich halten, die andere
hingegen für Schrecken erregender. (4) Als dann sämtliche Forderungen
Caesars abgeschmettert worden waren, darunter diejenige, dass er sich mit
nur einer einzigen Legion mit dem Amte des Provinzgouverneurs eines besetzten Landes zufrieden geben wolle, beschlossen sie (der Senat), dass er als
Privatmann in die Stadt kommen solle, um sich als Bewerber ums Konsulat
der Abstimmung des römischen Volkes zu stellen. Jetzt glaubte Caesar, zu
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den Waffen greifen zu müssen und überquerte mit seinem Heer den Rubico:
Gnaeus Pompeius, die Konsuln und der größere Teil des Senats verließen
Rom, dann Italien und setzten nach Dyrrhachium über.
50, 1) Nachdem Caesar mit den Legionen, welche zusammen mit ihm in Corfinium stationiert waren, (den Gnaeus) Domitius (Ahenobarbus) in seine Gewalt bekommen hatte und ihn, den Führer, sowie die anderen, welche zu
Pompeius hatten gehen wollen, unverzüglich entlassen hatte, verfolgte er
(Pompeius) nach Brundisium (Brindisi); dies tat er freilich nur so, dass ganz
klar wurde, er wolle den Krieg lieber ohne Blutvergießen und unter (bestimmten) Bedingungen beenden, als die Flüchtigen zu überwältigen. (2)
Als er erfuhr, (Pompeius und) die Konsuln seien schon hinüber gefahren,
kehrte er zur Stadt zurück und rechtfertigte seine Pläne vor dem (Rumpf-)Senat sowie der Volksversammlung und verwies dabei auf seine äußerst elende
Zwangslage: Durch fremde Waffengewalt gezwungen, habe er zu den Waffen gegriffen. Er beschloss dann, in (das pompeianische) Spanien einzumarschieren. (3) Das Stürmische seines Heereszuges wurde von Massilia eine
Zeitlang zum Stehen gebracht; doch größer war das Selbstvertrauen der
Stadt als ihre Klugheit, als sie sich zur Unzeit zwischen den Anführern der eine Schiedsrichterrolle anmaßte: Zwischen solchen Gewalten dürfen sich nur
diejenigen stellen, die den nicht Folgsamen auch zwingen können. (4) Darauf wurde die Armee, welche unter Ex-Konsul Afranius sowie dem früheren
Prätor Petreius stand, durch sein (Caesars) ungestümes und blitzartiges Anrücken überrumpelt und ergab sich Caesar: Beide Generäle und jeder Soldat
beliebigen Dienstgrades , der ihnen folgen wollte, wurde zu Pompeius zurückgeschickt.
51, 1) Im nächsten Jahr wurde Dyrrhachium und Umgebung von Pompeius
eingenommen, der aus sämtlichen jenseits des Meeres liegenden unterworfenen Gegenden (ganze) Legionen hierher einberufen hatte; dazu Hilfstruppen
der Reiter und (leichtbewaffneter) Fußsoldaten; außerdem die Verbände der
(alliierten) Könige, Großfürsten und unabhängigen Herrscher. So hatte er eine unübersehbare Streitmacht zusammen getrommelt. Desweiteren hatte er,
wie er glaubte, durch wachhabende Seesoldaten (ganzer) Flotten das Meer
unter Blockade gestellt, damit Caesar keine Legionen übersetzen könnte. (2)
In seiner (gewohnten) Schnelligkeit und im Vertrauen auf sein Glück zögerte
Gaius Caesar keinen Augenblick, persönlich samt seiner auf die Flotte verladenen Armee dorthin zu gelangen, wohin er wollte und errichtete seine Befestigung unmittelbar neben der des Pompeius; dann kesselte er ihn zwecks
einer Belagerung mit Hilfe von Schanzanlagen ein, aber der Mangel (an Nahrung und Mannschaften) war bei den Belagerern größer als bei den Belagerten. (3) Damals ging (Lucius) Cornelius Balbus in einer menschliche Vorstellung übertreffenden Tollkühnheit ins Lager der Feinde und führte des Öfteren Unterredungen mit Konsul Lentulus, welcher unschlüssig war, zu wel130
chem Preis er sich verkaufen sollte: Mit dergleichen Taten bereitete er seinen
Weg vor, auf dem er – nicht etwa nur in Spanien geboren sondern echter
Spanier – zum Triumphzug kommen und ins Priesteramt aufsteigen und vom
Privatmann aus zum (Konsul 40 v. Chr.) Ex-Konsul werden sollte: Darauf
wogten die Fronten hin und her, aber bei einem (der Gefechte) lächelte das
Kriegsglück den Pompeianern zu, und Caesars Soldaten steckten eine verheerende Niederlage ein.
52, 1)Daraufhin zog Caesar mit seinem Heer nach Thessalien, dem schicksalhaften Ort seines Sieges. (2) Pompeius sah sich unterdessen den unterschiedlichsten Ratschlägen ausgesetzt: Die meisten forderten ihn dazu auf, nach Italien überzusetzen, und beim Herkules! Nichts wäre für seine Partei vorteilhafter gewesen. Andere rieten ihm, den Krieg in die Länge zu ziehen, was sich in
Anbetracht der Wertschätzung ihrer Partei von Tag zu Tag glücklicher auswirken werde. Doch Pompeius ließ sich von seinem eigenen aggressiven Hang
bestimmen und nahm die Verfolgung des Feindes auf: (3) Die Feldschacht
bei Pharsalos wurde zum blutigsten Tag der römischen Geschichte, so viel
Blut wurde auf beiden Seiten vergossen. Die beiden bedeutendsten Männer
des Staates gerieten aneinander, und eine der beiden Leuchten des Reiches
wurde ausgelöscht, verbunden mit dem Tode so vieler herausragender Männer auf Seiten der pompeianischen Partei: Das alles (detailliert) zu schildern,
ist bei dem (beschränkten) Umfang meiner Schrift unmöglich. (4) Folgendes
muss aber angemerkt sein: Sobald Caesar feststellte, dass die Front der Pompeianer in Auflösung begriffen war, gab es für ihn kein Halten mehr und er
schickte in alle Richtungen Boten, die, um es gemäß dem militärischen Wortlaut zu sagen, [das Leben des kapitulierenden Feindes sei zu schonen]. (5)
Oh ihr unsterblichen Götter! welchen Lohn für diese milde Gesinnung gegenüber Brutus hat dieser so milde Mann dafür später empfangen?! (6)
Nichts war bei jenem Sieg wunderbarer, großartiger, strahlender, als dass
das Vaterland keinen einzigen Mann mehr vermisste, es sei denn, er war in
der Schlacht gefallen: Aber das Geschenk, verschont worden zu sein, verdarb
der Starrsinn (der Begnadigten), indem ihnen der Sieger das Leben bereitwilliger schenkte, als es die Besiegten annehmen.
53, 1) Pompeius ergriff die Flucht, gemeinsam mit den beiden Ex-Konsuln
Lentulus (Crus und Spinther), seinem Sohn Sextus sowie dem ehemaligen
Prätor Favonius, die ihm der Zufall als Begleiter mitgegeben hatte. Obwohl
ihm die einen rieten, zu den Parthern zu gehen und die anderen, Africa aufzusuchen, wo er in König Iuba (von Numidien) den zuverlässigsten Gefolgsmann seiner Partei habe, fasste er den Entschluss, nach Ägypten zu fahren,
eingedenk der Wohltaten, mit welchen er den Vater eben des Ptolemaios
(XIII.) überhäuft hatte, der – noch eher ein Junge denn ein Jüngling – zurzeit
in Alexandria als König herrschte. (2) Doch wer schon behält Wohltaten in Erinnerung, wenn der Wohltäter ins Unglück geraten ist? Oder wer meint
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schon, er schulde solchen, die in der Klemme stecken, auch nur den geringsten Dank? Oder: Wann schon bringt ein (übles) Los nicht die Treue zum Erlöschen? Auf Anraten des Theodotos und Achillas ließ also der König Boten zu
Pompeius schicken, welcher schon seit Mytilene von seiner ins Schiff zugestiegenen Frau Cornelia begleitet wurde, die den Ankommenden im Empfang nehmen und auffordern sollten, vom Lastschiff auf eben dieses Schiff
umzusteigen, das ihm entgegen gefahren war: Kaum aber hatte er dies getan, da wurde er, Roms erster Mann, unter dem Konsulat von Gaius Caesar
und Publius Servilius auf Befehl und nach freiem Ermessen eines ägyptischen
Sklaven umgebracht. (3) Dieser Mann, dreimal Konsul und ebenso oft Triumphator, welcher den Erdkreis bezwungen hatte, war zu einer Größe aufgestiegen, die man nicht mehr übertreffen kann. Das war das Lebensende des integersten und alles überragenden Mannes. Er starb am Tag vor seinem achtundfünfzigsten Geburtstag, und das Glück verließ diesen Mann dermaßen,
dass er, dem zuvor die Erde nicht groß genug zum Siegen gewesen war, keine Begräbnisstätte fand. (4) Was aber soll ich zu denjenigen sagen, welche
sich im Alter des so großen und beinahe noch unserem Zeitalter angehörenden Mannes um fünf Jahre (jünger) vertan haben, es sei denn, ich bezeichnete sie als allzu geschäftig; und das, wo doch vom Konsulat der Gaius Atilius
und Quintus Servilius (i.e. 106 v. Chr.) an die Zeitspanne der Jahre so leicht
zu errechnen wäre. Dies habe ich hinzugefügt, um nicht angegriffen zu werden, nicht um andere anzugreifen.
54, 1) Nicht größer gegenüber Caesar als zuvor gegenüber Pompeius war
die Treue des Königs und derjenigen, durch deren Einfluss und Ansehen er
seine Macht ausübte. Als sie freilich den gerade erst Ankommenden aus dem
Hinterhalt bekämpft hatten und sich dann erkühnten, ihn zum offenen
Schlagabtausch herauszufordern, zahlten sie dafür unseren beiden höchsten
Feldherrn, dem toten und dem überlebenden, die verdiente Strafe auf den
Schafott. (2) Körperlich existierte Pompeius nirgendwo mehr, doch mit seinem Namen allüberall: Der riesige Zuspruch, den er genoss, hatte nämlich
den Afrikanischen Krieg entfesselt, welchen König Iuba führte, und mit ihm
zusammen (Metellus) Scipio, ein früherer Konsul; zwei Jahre, bevor Pompeius umgebracht wurde, hatte er ihn als Schwiegervater erkoren: (3) Ihre
Truppen hatte Marcus (Porcius) Cato noch vergrößert, nachdem er unter riesigen Schwierigkeiten, die ihm das Gelände bereitete, und Mangel (an Nachschub) seine Legionen zu ihm geführt hatte: Als die Soldaten diesem Manne
(sc. Cato) den Oberbefehl antragen wollten, zog er es vor, sich einem Herrn
höheren Ranges (sc. Scipio) unterzuordnen.
55, 1) Meine Zusicherung, die versprochene Kürze beizubehalten, erinnert
mich daran, mit welcher Hast alles zu berichten ist: Seinem Glücke folgend,
setzte Caesar nach Africa über, welches, nachdem Curio, ein Führer der Julianer (Caesarianer) erschlagen worden war, die pompeianischen Truppen be132
setzt hielten: Dort focht er zunächst unter wechselndem Glück, schließlich
aber mit seinem (üblichen), und die Verbände der Feinde wurden geschlagen. (2) Den Besiegten ward Caesars Milde ohne Unterschied zu den ihm
früher Unterlegenen zuteil. Siegreich im Afrikanischen Krieg, sah sich Caesar
dem noch härteren Spanischen gegenüber gestellt – denn sein Sieg über
Pharnakes trug kaum etwas zur Steigerung seines Ruhmes bei – welchen
Gnaeus Pompeius, Sohn des Magnus, ein junger Mann noch, den es mit
Macht ins kriegerische Geschehen trieb, gewaltig und entsetzlich entfesselt
hatte; und von allen Seiten strömten eingedenk der immer noch anziehenden Größe des Namens seines Vaters (sc. Pompeius) aus allen Ländern Soldaten zusammen, um ihn zu unterstützen. (3) Sein Glück begleitete Caesar
auch nach Spanien, doch war er nie zuvor jemals in eine grausigere und gefahrvollere Schlacht gezogen; es kam sogar soweit, dass er, als sich das
Kriegsglück dem Feinde zuneigte, vom Ross stieg und sich vor die Kampflinie
seiner schon den Platz räumenden Krieger stellte, zuerst sein Schicksal dafür
verfluchend, dass es ihn für solch einen Tod am Leben erhalten hätte und tat
dann den Soldaten kund, er werde nicht von der Stelle weichen. Daher sollten sie zur Kenntnis nehmen, welch einen Feldherrn und an welchem Orte
sie ihn im Stich zu lassen bereit seien. (4) Mehr aus Scheu und Scham denn
aus Tapferkeit wurde die Front zum Stehen gebracht, und das beherzter vom
Feldherrn als von seinen Soldaten: Gnaeus Pompeius, schwer beeinträchtigt
durch eine Verwundung, entdeckte man (später) inmitten einer weglosen
Einöde und brachte ihn um; (Titus) Labienus und (Attius) Varus raffte due
Schlacht hinweg.
56, 1) Siegreich über alle, kehrte Caesar in die Stadt (Rom) zurück, verzieh allen, die gegen ihn die Waffen erhoben hatten, was alle Vorstellungskraft
übersteigt und erfüllte Rom dann mit den glänzendsten Spielen der Gladiatoren, einer Seeschlacht, Kämpfen zwischen Reitern und Fußsoldaten zugleich
mit Elefanten sowie viele Tage lang dem Gewähren eines öffentlichen Mahles
(für alle Bewohner der Stadt). (2) Fünf Triumphzüge hielt er ab: Beim gallischen bestand das Zubehör aus dem Holz des Zitronenbaumes, beim pontischen aus dem der Akazie, beim alexandrinischen aus dem Panzer der Schildkröte, beim afrikanischen aus Elfenbein, beim spanischen aus poliertem Silber. Als man die Beute verkaufte, betrug der Erlös mehr als sechshundert Millionen Sesterzen. (3) Doch diesem überragenden Mann, diesem trotz all seiner Siege so milden Menschen war es nicht vergönnt, seine führende Stellung mehr als fünf Monate in Ruhe zu genießen, denn er wurde – im Oktober in die Stadt zurückgekehrt – an den Iden (am 15.) des März hingemordet: Brutus und Cassius hatten eine Verschwörung (gegen ihn) angezettelt;
den einen hatte Caesar nicht auf seine Seite gebracht, obwohl er ihm das
Konsulat versprochen hatte; Cassius hingegen hatte er vor den Kopf gestoßen, als er es (das Konsulat) auf die lange Bank schob: Zu dem mörderischen
Vorhaben gesellten sich auch solche, die zu Caesars engsten Vertrauten zähl133
ten und ihre glücklichen Umstände dem Glück seiner Partei verdankten, darunter Decimus Brutus und Gaius Trebonius sowie weitere Männer berühmten Namens. (4) Ihm (Caesar) hatte sein konsularischer Amtskollege Marcus
Antonius, ein Mann von äußerster Verwegenheit, eine Woge des Hasses beschert, als er ihm, der am Fest der Luperkalien ganz vorne auf der Rednerbühne saß, das Symbol der Königsherrschaft (ein Diadem) aufgesetzt hatte, welches von ihm (von Caesar) dermaßen zögerlich zurückgewiesen wurde, dass
er den Anschein erweckte, als fühlte er sich dadurch gar nicht vor den Kopf
gestoßen.
57, 1) Aus Erfahrung klug geworden, muss man den Rat des Pansa und Hirtius loben, die Caesar stets dazu geraten hatten, seine mit Waffengewalt eroberte führende Stellung sich mit Waffengewalt zu bewahren, doch jener sagte immer wieder, er wolle lieber umkommen als dass man ihn fürchten müsse: Indem er die Milde, für welche er stets selbst eingetreten war, (auch von
anderen) erwartete, wurde er in seinem Leichtsinn von den (oben genannten) undankbaren Männern überrumpelt, obwohl ihm die unsterblichen Götter zahlreiche Vorzeichen und Hinweise auf die künftige Gefahr hatten zukommen lassen, (2) denn die Opferpriester hatten ihn warnend dazu aufgefordert, sich aufs Sorgfältigste vor dem Tag der Iden (dem 15.) des März in
acht zu nehmen; und Calpurnia, seine Frau, bat ihn, angsterfüllt durch ein
nächtliches Traumgesicht, er solle an eben diesem Tage zu Hause bleiben.
Ferner gab man ihm kleine Schriftstücke, in welchen er über die Verschwörung informiert wurde, ohne dass er sie an Ort und Stelle auch gelesen hätte:
(3) In der Tat kann niemand der Macht des Schicksals entrinnen; wenn es gedenkt, jemanden von des Glückes Gipfel hinab zu stürzen, durchkreuzt es
sämtlicher seiner Pläne.
58, 1) Im Jahre der Durchführung dieses Verbrechens amtierten Brutus und
Cassius als Prätoren, und Decimus Brutus war zum künftigen Konsul bestimmt: (2) Umringt von der Gladiatoren-Gruppe des D. Brutus besetzten
diese beiden zusammen mit dem Haufen der übrigen Verschwörer das Kapitol. Darauf rief Antonius den Senat zusammen: Cassius war freilich der Auffassung gewesen, dieser müsse zusammen (mit Caesar) umgebracht und Caesars Testament vernichtet werden, doch Brutus hatte seinen Widerspruch dagegen eingelegt, indem er immer wieder sagte, man dürfe einzig und alleine
das Blut des Tyrannen vergießen, denn wenn man ihn mit dieser Bezeichnung belegte, wiege seine Ermordung schwer. (3) Währenddessen hatte Dolabella, der von Caesar zu seinem Nachfolger im Konsulat bestimmt worden
war, schon die Rutenbündel und übrigen Rangabzeichen eines Konsuls an
sich gerissen, schickte als scheinbarer Friedensstifter seine Kinder aufs Kapitol
und gab Caesars Mördern die amtliche Zusage, dass sie unbehelligt herabkommen könnten. (4) Cicero stellte nach dem Vorbild des hochberühmten
134
Athener Beschlusses den Antrag, man möge, was geschehen, dem Vergessen
anheim fallen lassen (Amnestie), und der Senat erteilte seine Zustimmung.
59, 1) Caesars Testament wurde darauf eröffnet, mit welchem er Gaius Octavius, den Enkel seiner Schwester Julia, an Sohnes statt annahm: Über dessen
Herkunft kann hier nur in aller Kürze gehandelt werden, auch wenn sie glanzvoll ist. (2) Gaius Octavius sen. war zwar nicht von patrizischem Geschlechte,
stammte aber immerhin aus einer glänzend aufgestellten Familie ritterlichen
Grades; ein bedeutsamer, integerer, redlicher und begüterter Mann: Er errang den ersten Platz der Prätoren, als man ihn inmitten von Kandidaten aus
dem Hochadel wählte; und Julia ihm aufgrund seiner Wertschätzung ihre
Tochter Atia zur Frau gegeben hatte, erloste er aus dem Amt des Prätors heraus (die Verwaltung von) Makedonien und wurde ebenda zum Imperator
(Oberfeldherr) ausgerufen. Als er von dort seinen Abschied nahm, um sich
ums Konsulat zu bewerben, starb er(plötzlich) und hinterließ seinen noch
nicht erwachsenen Sohn. (3) Julius Caesar, sein Großonkel, liebte diesen, der
bei seinem Stiefvater Philippus aufgewachsen war, wie einen eigenen Sohn,
und sobald er 18 Jahre alt geworden war, behielt er ihn zunächst als Gefährten im Spanischen Krieg und dann ständig als Begleiter bei sich: Niemals lebte er in einer anderen Behausung als der Caesars oder fuhr in einem anderen
Wagen als dieser, der ihn, den Jugendlichen, mit dem priesterlichen Amt eines „Pontifex“ ehrte. (4) Als dann die Bürgerkriege ihr Ende gefunden hatten, hatte Caesar ihn studienhalber nach Apollonia geschickt, um die einzigartigen Geistesgaben des jungen Mannes in sämtlichen Künsten und Wissenschaften zu fördern, in der Absicht, ihn bald im getischen und parthischen
Feldzug als Mitstreiter an seiner Seite zu wissen. (5) Doch als ihm die Kunde
von der Ermordung des Onkels überbracht wurde, eilten unverzüglich die
Unteroffiziere der in der Nähe stationierten Legionen zu ihm und sicherten
ihm ihre Hilfe und die ihrer Soldaten zu; Salvidienus und Agrippa reiten ihm,
dieses Angebot nicht zu verschmähen: So eilte er sich, in die Stadt zu gelangen und erfuhr zu Brundisium (Brindisi) der Reihe nach alles über Mord und
Testament. (6) Als er sich dann Rom näherte, kam ihm eine ungeheuer große
Menge seiner Freunde entgegen, und als er die Stadt betrat, erblickte man
den Strahlenkranz der Sonne über seinem Kopf, welcher ebenmäßig geschwungen in den Farben des Regenbogens schimmerte und diesem in Bälde so überragendem Manne gleichsam eine Krone aufs Haupt setzte.
60, 1) Seine Mutter Atia und Stiefvater Philippus freilich gaben keineswegs
ihre Zustimmung dazu, dass er Caesars Namen übernähme, welcher von einem feindlichen Geschick belastet sei, doch der Entschluss der Götter – segensspendend für Staat und Erdkreis – legte Hand auf ihn als Begründer und
Bewahrer des römischen Namens. (2) Also verschmähte dieser göttliche
Geist die von Menschen kommenden Ratschläge, wollte lieber unter Gefahren das Höchste erstreben denn sich in Muße dem Niederen hingeben und
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bevorzugte es, sich dem Urteil seines Onkels, Caesars! als dem des Stiefvaters
anzuvertrauen. Dazu sagte er des Öfteren, es sei gottlos, wenn er selbst und
persönlich den Anschein erwecke, Caesars Namen nicht würdig zu sein, dessen Caesar ihn für wert erachtet hätte. (3) Konsul Antonius gab sich ihm gegenüber sogleich hochmütig – freilich nicht aus Verachtung sondern aus
Furcht – und nahm sich kaum die Zeit, ihn in die Gärten des Pompeius einzulassen, um eine Unterredung zu führen; dann hub er an, ihn auf verbrecherische Weise zu beschuldigen, er hätte ihm auf verbrecherische Weise nach
dem Leben getrachtet, doch hierin offenbarte sich nur die schändliche Weise
seiner Verlogenheit. (4) In aller Offenheit kam dann das wahnwitzige Trachten der Konsuln Antonius und Dolabella nach einer gottverfluchten Gewaltherrschaft zum Ausbruch. Der Betrag von siebenhundert Millionen Sesterzen,
den Julius Caesar beim Tempel der Ops deponiert hatte, wurde von Antonius
mit Beschlag belegt; seine schriftlich hinterlassenen Anordnungen wurden
durch unechte Einschübe und Abänderungen verfälscht; für alles und jedes
wurde ein Preis festgelegt, als der Konsul Antonius die Republik verschacherte (5) und Gallien, welches dem kommenden Konsul Decimus Brutus zugesprochen war, für sich selbst in Anspruch nahm. Dolabella versicherte sich
selbst der zu verwaltenden Gebiete in Übersee; doch zwischen den von Natur aus grundverschiedenen Charakteren, deren Ziele unterschiedlich waren,
wuchs der Hass, und eben darum sah sich der junge Gaius Caesar der tagtäglichen Heimtücke des Antonius ausgesetzt.
61, 1) Zum Nichtstun verdammt war die Bürgerschaft aufgrund der Gewaltherrschaft des Antonius; in allen wohnte schmerzliche Entrüstung darüber inne, Kraft zum Widerstand war keinem gegeben; in dieser Lage wagte Gaius
Caesar, der ins 18. Lebensjahr eingetreten war, Bewundernswertes und vollführte Großartiges; auf privaten Entschluss hin zeigte er größeren Mut und
Einsatz zugunsten des Staates als der ganze Senat und (29) rief zuerst aus Calatia, dann aus Casilium die altgedienten Soldaten des Vaters an seine Seite:
Ihrem Beispiel folgten weitere und traten bald zu einer regulären Armee zusammen. Als dann Antonius die Führung des Heeres übernommen hatte,
welches er aus den überseeischen Gebieten des Reiches nach Brundisium
hatte kommen lassen, begab sich die Mars-Legion („legio Martia“) und die
vierte zu Caesar; sie hatten nämlich den Willen des Senates und die überragende Begabung des jungen Mannes in Erfahrung gebracht: (3) Der Senat
stellte ihm zu Ehren eine Reiterstatue auf, die heute noch bei der Rednerbühne postiert ist, samt einer Inschrift, welche sein Alter verkündet. [Diese Ehrung war über 300 Jahre hin nur L. Sulla, Cn. Pompeius und C. Caesar zuteil
geworden.] Im Range eines Prätors hieß man ihn gemeinsam mit den für das
nächste Jahr zu Konsuln gewählten Hirtius und Pansa den Krieg gegen Antonius führen. (4) Er hatte die Leitung dieses Krieges inne, nunmehr 20 Jahre
alt, den er aufs Tapferste bei Mutina (Modena) führte, wo er Decimus Brutus
aus der Belagerung befreite. Antonius sah sich gezwungen, in schändlicher
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Flucht, von Truppen entblößt, Italien zu verlassen; doch von den Konsuln fiel
der eine in der Schlacht; er andere erlag wenige Tage später seiner Verwundung.
62, 1) Bevor Antonius vertrieben wurde, waren sämtliche Senatsbeschlüsse
gegenüber Caesar und seinem Heere ehrenvoll und fanden in Cicero ihren
entschiedensten Befürworter, aber sobald die Furcht dahinschwand, brach
der Egoismus hervor, und die pompeianische Partei bekam Oberwasser. (2)
Brutus und Cassius wurden eben die zu verwaltenden Gebiete amtlich bestätigt, welche sie selbst schon ohne jeden Senatsbeschluss besetzt hatten; man
sprach den Heeren, die zusammen mit ihnen übergesetzt waren, Lob aus
und übertrug Brutus und Cassius alle Befehlsgewalt in Übersee nach Gutdünken. (3) Doch M. Brutus und C. Cassius fürchteten einerseits die Streitmacht
des Antonius, andererseits taten sie nur so, als ob sie sich fürchteten, um weiteren Hass gegen ihn zu schüren und beteuerten durch amtliche Verlautbarungen, dazu bereit zu sein, dauerhaft in der Verbannung zu leben, wenn
nur die Republik so zum Schulterschluss fände; sie wollten einem Bürgerkrieg
keine Nahrung gewähren; die höchste Ehre liege für sie im Bewusstsein um
ihre Tat. Sie brachen also auf, verließen Stadt und Italien und belegten mit
gleich fester Entschlossenheit und ohne staatliches Mandat zu verwaltende
Gebiete samt Heeren mit Beschlag. Wo immer sie seien, sei auch der Staat,
sagten sie als Vorwand, um auch diejenigen Gelder, welche von den Quästoren (Finanzbeamten) aus den überseeischen Gebieten nach Rom verbracht
wurden, mit deren Zustimmung an sich zu nehmen. (4) All dies wurde dann
in amtlichen Verlautbarungen des Senates zusammengefasst und gebilligt.
Für D. Brutus ordnete man einen Triumphzug an, weil er durch die Wohltat
eines anderen (sc. Caesar Octavianus) noch am Leben sei. Die Leichen von
Pansa und Hirtius wurden durch ein feierliches Staatsbegräbnis geehrt. (5)
Caesar aber wurde mit keinem Wort erwähnt. Das ging so weit, dass man
den Gesandten, welche zu seiner Armee geschickt worden waren, den Befehl
erteilte, zu den Soldaten zu sprechen, wenn Caesar nicht zugegen sei, doch
das Heer war nicht so undankbar, wie es der Senat gewesen war. Denn während Caesar dieses Unrecht wegsteckte, als bemerke er es nicht, sagten die
Soldaten, ohne ihren Feldherrn nähmen sie keine Anordnungen zur Kenntnis.
(6) Das geschah damals, als Cicero in seiner tiefsitzenden Liebe zur pompeianischen Partei beantragte, Caesar müsse belobigt und erhöht werden, wobei
er das eine sagte, das andere aber verstanden wissen wollte.
63, 1) Antonius, der inzwischen die Alpen überquert hatte, wurde in einer
ersten Unterredung von Marcus Lepidus abgewiesen; dieser war auf hinterhältige Weise anstelle von Gaius Caesar zum Oberpriester gewählt worden
und hielt sich noch in Gallien auf, obwohl er den amtlichen Auftrag erhalten
hatte, Spanien zu verwalten. Antonius kam nun des Öfteren ins Blickfeld der
Soldaten (des Lepidus): [Alle übrigen Feldherrn waren besser als Lepidus,
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während Antonius besser als viele war, wenn er einmal nicht betrunken war.]
So ließen sie ihn (schließlich) durch eine Öffnung im hinteren Lagerwall ein:
Er beließ Lepidus den Titel des Oberfeldherrn, doch die oberste Befehlsgewalt lag (fortan) in seinen Händen. (2) Unmittelbar während Antonius ins
Lager eindrang, stürzte sich Marcus Iuventius Laterensis ins eigene Schwert,
nachdem er Lepidus aufs Entschiedenste davon abgeraten hatte, sich mit Antonius zu verbünden, der doch zum Staatsfeind erklärt worden sei: Er war ein
Mann, der sich im Leben und Sterben (gleichermaßen) treu blieb. (3) Plancus rang darauf lange in seiner ihm eigenen wechselhaften Loyalität mit sich,
auf welche Seite er sich schlagen sollte und kam nur schwer mit sich selbst
ins Einvernehmen. Bald war er ein Anhänger des designierten Konsuls Decimus Brutus, seines Kollegen, und biederte sich brieflich beim Senat an, bald
erwies er sich als Verräter derselben. Asinius Pollio hingegen war und blieb
seiner Haltung treu, ein Freund der julianischen Partei, Feind der Pompeianer: Nun traten beide ihre Heere an Antonius ab.
64, 1) D. Brutus wurde zuerst von Plancus im Stich gelassen, danach sogar
von dessen Heimtücke bedrängt, während ihn allmählich die Legionäre seiner Armee verließen. So ergriff er die Flucht, wurde aber im Hause eines Gastfreundes adeliger Herkunft namens Camelus von Leuten, welche Antonius
geschickt hatte, umgebracht und erlitt somit die gerechte Strafe für seinen
Verrat an Caesar, der sich um ihn aufs Beste verdient gemacht hatte: (3) Obwohl er der erste all seiner Freunde gewesen war, wurde er zu seinem Mörder; den Neid auf seine hohe Stellung, deren Früchte er genoss, verwies er an
seinen Gönner zurück und hielt es für recht und billig, all das zu behalten,
was er aus Caesars Händen empfangen hatte, sowie dass eben dieser Caesar,
der ihm das gegeben hatte, zugrunde ging. (3) Das waren die Zeiten, in welchen Marcus Tullius (Cicero) in andauernden Reden dem Gedenken an Antonius das Mal (ewiger) Schande einbrannte; Cicero vollbrachte dies mit seiner
fulminanten Rhetorik und seinem göttlichen Mund, während der Tribun Canutius mit beständiger Raserei zerriss: (4) Beiden wurde der Einsatz für die
Freiheit mit dem Tode in Rechnung gestellt. Mit des Tribuns vergossenem
Blute freilich begann die Welle der Ächtungen, mit Ciceros fand sie fast schon
ihr Ende, als ob Antonius (nun) seinen Blutdurst gestillt hätte: Lepidus wurde
darauf, wie zuvor Antonius, zum Staatsfeind erklärt.
65, 1) Im Anschluss daran kam es zwischen diesem (Lepidus), Caesar und
Antonius zu einem Briefwechsel sowie der Darlegung der Bedingungen (einer Einigung); dabei monierte Antonius bei Caear wiederholt, wie feindselig
ihm gegenüber die pompeianische Partei gesonnen sei und auf welchen Gipfel der Macht sie sich schon aufgeschwungen hätte und wie sehr Brutus und
Cassius durch Ciceros Feuereifer sich erhöben: Antonius ließ verlautbaren,
dass er seine Streitkräfte mit denen des Brutus und Cassius, welche bereits
die Herren über 17 Legionen seien, vereinigen werde, wenn Caesar sein
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Bündnisangebot verschmähe; er sagte, Caesar sei noch stärker verpflichtet,
seinen Vater zu rächen als er seinen Freund. (2) Daraufhin trat man in eine
Gemeinschaft zur gemeinsamen Ausübung der Macht ein, und auf Drängen
und Bitten der Heere wurde zwischen Antonius und Caesar ein verwandtschaftliches Verhältnis geknüpft, in welchem sich Caesar mit der Stieftochter
des Antonius verlobte: Sein (erstes) Konsulat trat Caesar einen Tag vor dem
Ende seines 20. Lebensjahres am 10. Tag vor den Kalenden des Oktober (22.
9. 43 v. Chr.) gemeinsam mit seinem Kollegen Pedius an; das ereignete sich
im 709. Jahr, von der Stadtgründung an gerechnet, 72 Jahre, bevor du, mein
Vinicius, dein Konsulat bekleidetest. (3) Dieses Jahr sah man Ventidius in derselben Stadt, durch welche er (einst) unter den Gefangenen aus Picenum im
Triumphzug geführt worden war, die Amts-Toga des Prätors mit der des Konsuls vertauschen: Eben derselbe feierte später noch seinen (eigenen)
Triumphzug.
66, 1) Als daraufhin Antonius und zugleich Lepidus in Raserei verfielen, die –
wie gesagt – beide zu Staatsfeinden erklärt worden waren, wollten sie sich
lieber an das erinnert wissen, was sie hatten hinnehmen müssen als an das,
was sie verdient hätten: Obwohl Caesar sich widersetzte, freilich auf verlorenem Posten gegen die zwei, wurde das sullanische Übel neu aufgelegt: die
Ächtung! (2) Nichts war in dieser Zeit so empörend wie die Tatsache, dass
Caesar gezwungen war, überhaupt jemanden zu ächten oder dass Cicero
von irgend jemandem überhaupt geächtet wurde: Zum Schweigen gebracht
wurde durch das Verbrechen des Antonius die Stimme der Republik, während sich niemand für sein Wohl einsetzte, für ihn, der sich so viele Jahre hindurch für das Wohl des Staates sowie der privaten Bürger eingesetzt hatte:
(3) Nichts hast du vollbracht, Marcus Antonius – es zwingt mich hier freilich
meine aus Herz und Seele hervorbrechende Entrüstung, die Gestalt meines
Werkes zu verlassen – nichts, sage ich, hast du vollbracht, als du eine Belohnung aussetztest für denjenigen, welcher dieses erhabene Haupt mit seiner
hochhimmlischen Stimme abschlüge; mit einem Kopfgeld hast du zur Ermordung dieses so großen Konsuls aufgerufen, der einst Retter des Staates gewesen war. (4) Entrissen hast du Cicero aber nur kummervolle Zeit, das Greisenalter sowie ein Leben, welches unter dir als Staatsführer noch elender gewesen wäre als der Tod unter dir, dem Mitglied des Dreimännerbundes. Ruf
und Ruhm seiner Worte und Taten hast du ihm keineswegs in dem Maße genommen, wie du sie sogar vermehrt hast! (5) Cicero lebt und wird leben im
Gedächtnis aller Zeiten, solange unsere Welt („Körper der Dinge der Natur“)
unversehrt bestehen bleibt – sei sie durch Zufall entstanden, durch Vorsehung oder wie auch immer – welche er nahezu als einziger Römer durch seinen Geist erkannte, durch seinen Verstand erfasste und durch seine Redegabe erhellte. Sie wird auf ihrer Bahn der Ewigkeit von Ciceros Lob begleitet
werden, und die gesamte Nachwelt wird seine gegen dich (Antonius) verfassten Schriften bewundern. Dein Verbrechen an ihm wird verflucht werden,
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und rascher wird das Menschengeschlecht die Welt verlassen, als Ciceros genialer Geist.
67, 1) Das Schicksal dieser gesamten Zeit konnte kein Mensch angemessen
beweinen; umso mehr ist (jetzt) niemand imstande, es mit Worten auszudrücken. (2) Folgendes muss freilich erwähnt werden: Die Treue der Ehefrauen
gegenüber ihren geächteten Männern war überragend; die ihrer Freigelassenen mittelmäßig; ihrer Sklaven beträchtlich; ihrer Söhne nicht vorhanden:
Dermaßen schwer fällt es dem Menschen, wenn sich das, was immer es sei,
worauf man hofft, verzögert: (3) Um auch noch den geringsten Rest an familiären Banden zu durchtrennen, gleichsam als Mitgift und Einladung zum
Verbrechen, hatte Antonius Lucius Caesar, den Bruder der Mutter und hatte
Lepidus seinen Bruder Paulus auf die Liste der Geächteten gesetzt. Auch Plancus fehlte es nicht an Einfluss, um durchzusetzen, dass sein Bruder Plancus
Plotius geächtet wurde. (4) Dafür hörte man unter den Scherzen der Soldaten, welche dem Triumphwagen der Lepidus und Plancus folgten, während
die Bürger ihrer Verwünschungen ertönen ließen, folgenden Spruch: »Über
Germanen, nicht über die Gallier triumphieren die Konsuln«.
68, 1) Etwas, das an seinem eigentlichen Platz übergangen wurde, soll nun
berichtet werden; denn die (nun folgende) Person stand (einst) tatkräftig im
Lichte der Öffentlichkeit: Während Caesar bei Pharsalos und in Africa um alles oder nichts focht, erhob sich in Rom ein Marcus Caelius, ein Mann in Gesinnung und Mut Curio äußerst ähnlich, jedoch in beidem vollendeter und
zugleich ein nicht minder genialer Schurke: Da er sich mit maßvollem Handeln nicht retten konnte, weil seine Vermögensverhältnisse noch übler als
sein Charakter waren, (2) profilierte er sich in seiner Prätur, indem er einen
völligen Schuldenerlass beantragte und konnte weder durch des Senates
noch der Konsuln Autorität vom Vorhaben abgebracht werden. Nachdem er
sogar Milo Annius an seine Seite berufen hatte, welcher der julianischen Partei feindselig gegenüber stand, da er seine Rückkehr (aus der Verbannung
bei ihnen) nicht hatte durchsetzen können, entfachte er in der Stadt einen
Aufstand und stachelte auf dem flachen Lande in aller Offenheit zum Bürgerkrieg auf: Daraufhin wurde Caelius zunächst aus der Staatsverwaltung ausgeschlossen und dann in der Gegend von Thurii (am Golf von Tarent) überwältigt. (3) Bei vergleichbaren Vorhaben ereilte Milo ein ähnliches Los: Als er
Compsa im Hirpinerland (im Gebirge östl. Neapels) belagerte, wurde er
durch einen Steinwurf niedergestreckt und büßte so einerseits für die Ermordung des Clodius, andererseits dafür, dass er sein Vaterland mit Waffengewalt angegriffen hatte. Er war ein Mann, der keine Ruhe fand; jenseits von
Tapferkeit ein blindwütiger Draufgänger. (4) Da ich nun einmal mein Bestreben darauf richte, einige der dem Vergessen anheim gefallenen Dinge ans
Licht zu holen, mögen auch die maßlosen und unzeitigen verbalen Attacken
notiert werden, welche die Volkstribunen Eupidius Marullus und Caesatius
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Flavus gegen Gaius Caesar (sen.) zur Anwendung brachten. Als sie ihn beschuldigten, nach der Königsherrschaft zu streben, hätten sie ums Haar die
Gewalt seiner herrscherlichen Stellung erfahren. (5) Doch der oft hervorgerufene Zorn des Ersten Bürgers entbrannte nur insoweit, dass er sich eher mit
einer Rüge als Zensor begnügte, denn der Amtsgewalt des Diktators bediente: Er entfernte sie nur aus ihren Ämtern. Dazu erklärte er, es sei für ihn ein
Elend, dass er entweder seine Natur ablegen oder seine »dignitas« (Würde,
Ansehen, Ehre, Nimbus etc.) geschmälert sehen müsse. Doch jetzt müssen wir
wieder zur Reihenfolge (der Ereignisse) zurückkehren.
69, 1) Schon hatte Dolabella in Asia (West-Türkei) den Ex-Konsul Gaius Trebonius, dem er im Amt folgte, zu Smyrna (Izmir) mit Heimtücke umgarnt
und umgebracht, diesen Mann, der sich angesichts der Verdienste Caesars
um ihn als äußerst undankbar erwiesen hatte, er, der Mörder desjenigen, von
dem er in die Höhen des Konsulates befördert worden war; (2) doch Gaius
Cassius übernahm von den ehemaligen Prätoren und Feldherrn Statius Murcus und Marcius Crispus (»Kraushaar«) die äußerst schlagkräftigen, in Syrien
stationierten Legionen, kesselte Dolabella in Laodikeia ein, nachdem dieser
nach Eroberung von Asia nach Syrien marschiert war und brachte ihn nach
Einnahme der Stadt zu Tode; dazu kam es, indem dieser, ohne mit der Wimper zu zucken, seine Kehle dem Schwertstoß eines (treuen) Sklaven hinhielt:
Auf diese Weise hatte Cassius in jener Gegend zehn Legionen unter sein
Kommando gebracht. (3) Marcus Brutus hatte (inzwischen) Gaius Antonius,
dem Bruder des Marcus Antonius, in Makedonien, sowie Vatinius bei Dyrrhachium die Legionen entwunden, welche freilich gerne zu ihm übertraten: Antonius hatte er zu einer Schlacht herausgefordert, Vatinius mittels seines Ansehens niedergerungen: Brutus, so scheint es, ist jedem beliebigen General
vorzuziehen, während es keinen einzigen mehr gibt, der hinter Vatinius rangierte: (4) Bei diesem wetteiferte das Hässliche seines Körpers mit der
Scheußlichkeit des Charakters, so sehr, dass sein Geist allem Anschein nach in
einer Behausung eingeschlossen war, welche seiner in vollem Umfange würdig war: Brutus stand nun die Kampfkraft von sieben Legionen zur Verfügung. (5) Doch durch das Pedische Gesetz, welche der Konsul Pedius, Kollege des Caesar (Octavianus) durchgesetzt hatte, wurde über alle, die Caesar,
den Vater, (gemeinsam) ermordet hatten, die Acht verhängt: Damals unterstützte (Velleius) Capito, der Bruder meines Vaters, ein Mann senatorischen
Ranges, die Anklage des Agrippa gegen Gaius Cassius. (6) Während sich dies
in Italien ereignete, hatte Cassius in einem harten und glücklich verlaufenen
Feldzug Rhodos eingenommen, eine grandiose Leistung! Brutus hatte die Lykier völlig geschlagen; beide hatten dann ihrer Armeen nach Makedonien
übergesetzt, wobei Cassius ganz gegen seine Natur sogar Brutus an Milde
übertroffen hatte: Man wird keine Männer mehr finden können, denen ein
ihn gewogenes Glück (eine Zeitlang so treu) folgte, um sie dann, als wäre es
141
ihrer überdrüssig geworden, umso rascher im Stiche zu lassen als Brutus und
Cassius.
70, 1) Daraufhin warfen Caesar und Antonius ihre Streitkräfte hinüber nach
Makedonien und trafen bei der Stadt Philippi auf Marcus Brutus und Cassius.
Der von Brutus befehligte Flügel warf die Feinde zurück und nahm Caesars
Lager ein: Caesar selbst erfüllte freilich die Aufgaben eines Führers, obwohl
seine Gesundheit schwerstens angeschlagen war; nicht im Lager zu bleiben,
hatte ihn auch sein Arzt Artorius gebeten, erschreckt von einem entsprechend lautenden Traum. Der andere Flügel aber, an dem Cassius gestanden
war, war in die Flucht geschlagen worden und hatte sich auf höher gelegene
Plätze zurückgezogen. (2) In dieser Situation schloss Cassius aus seinem eigenen Schicksal auf die Lage des Kollegen; als er einen freiwilligen Elitekämpfer
losgeschickt hatte, verbunden mit dem Befehl, ihm zu melden, was das denn
für eine gewaltige Streitmacht sei, welche auf ihn zu marschierte, machte der
Abgesandte zu spät Meldung: Als der Heereszug schon ganz nahe war und
im Laufschritt auf ihn zu eilte und aufgrund des Staubes weder Gesichter
noch Feldzeichen zu erkennen waren, glaubte Cassius, es seien Feinde, die
heranstürmten, verhüllte sein Haupt und hielt unerschrocken seinen Hals einem Freigelassenen hin. (3) Gefallen war das Haupt des Cassius, als gerade
der Elitesoldat ankam, um zu melden, Cassius habe den Sieg errungen. Als er
aber seinen Kommandeur auf dem Boden niedergestreckt sah, sagte er: »Ich
will ihm nachfolgen, weil ihn meine Saumseligkeit das Leben gekostet hat.«
Und so stürzte er sich ins Schwert. (4) Wenige Tage später focht Brutus (erneut) mit den Feinden und wurde in der Schlacht besiegt. Als er sich in der
(folgenden) Nacht aus der Flucht heraus auf einen Hügel zurückgezogen hatte, bat er Straton aus Aigai, seinen (griechischen) Vertrauten, er möge ihm
bei seinem Wunsche, zu sterben, behilflich sein: (5) Straton reckte den linken
Arm über den Kopf (des Brutus) und legte die Hand auf den Knauf des
Schwertes, welches Brutus hielt. Mit der rechten Hand fasste er die Spitze von
dessen Schwert und setzte sie genau auf die Stelle, wo das Herz klopft: Brutus
stieß es mit einem einzigen Stoß in sich hinein und starb auf der Stelle.
71, 1) Messala Corvinus, dieser überragende junge Mann, nunmehr im Heerlager der Brutus und Cassius ranghöchster Offizier, wollte lieber, wollte lieber, obwohl es da einige gab, die von ihm die Übernahme des Kommandos
verlangten, durch Caesars Wohlwollen verschont werden, als weiterhin auf
ein zweifelhaftes Kriegsglück zu setzen, und bei all seinen Siegen gab es für
Caesar keine größere Freude, als Corvinus gerettet zu haben, und auch kein
einziges größeres Beispiel eines dankbaren und treuen Menschen, als das,
welches Corvinus gegenüber Caesar bot. Kein anderer Krieg aber kostete
mehr Blut gefallener Männer: Damals fiel Catos Sohn! (2) Das gleiche Schicksal ereilte Lucullus und Hortensius, Söhne überragender Mitbürger. (3) Varro
freilich, der zum hässlichen Vergnügen des Antonius sterben sollte, prophe142
zeite ihm mit großen Freimut den Untergang, den er verdiente und der sich
bewahrheitete. Livius Drusus, Vater der Livia Iulia Augusta, und Quintilius Varus versuchte es erst gar nicht, das Mitleid des Feindes zu erkunden: Der eine
brachte sich selbst in seinem Zelt um; Varus hingegen ließ sich von einem
Freigelassenen, den er dazu gezwungen hatte, töten, nachdem er sich mit
seinen militärischen Orden geschmückt hatte.
72, 1) Marcus Brutus war 37 Jahre alt, als des Schicksals Wille ihm und seiner
Partei diesen Untergang bescherte. Sein Charakter war bis zu diesem Tage
makellos gewesen, an welchem er all die Eigenschaften eines tüchtigen und
guten Mannes mit einer einzigen blindwütigen Tat (dem Caesar-Mord) hinweg raffte: Als Kommandeur war Cassius besser, als Mann (Mensch) Brutus:
(2) Von ihnen hätte man Brutus lieber zum Freund gehabt; als Feind hätte
man eher Cassius gefürchtet; beim einen lag ein größerer Hang zur Gewaltanwendung vor, beim anderen das Bestreben, auf männliche Weise Gutes zu
tun: Hätten sie die Oberhand behalten, dann wäre die Herrschaft des Brutus
ebenso der des Cassius vorzuziehen gewesen, wie es (später) für den Staat
besser war, lieber Caesar (Octavianus) denn Antonius als führenden Mann
zu haben. (3) Gnaeus Domitius (Ahenobarbus), Vater des Lucius Domitius,
welchen wir kürzlich noch erlebten, dieses Mannes von überragender und
hochvornehmer Redlichkeit, Großvater jenes hochberühmten Gnaeus Domitius, vertraute sich auf gekaperten Schiffen samt einer Vielzahl von Genossen
der Flucht an und war dabei mit sich im Reinen, dem (nunmehr) alleinigen
Parteiführer (der Pompeianer). (4) Statius Murcus, welcher Flotte und Küstenwache vorgestanden war, suchte mit dem gesamten, ihm überlassenen
Teil des Heeres (der Pompeianer) sowie der Flotte Sextus Pompeius auf, des
letzten (noch lebenden) Sohnes des Gnaeus Pompeius Magnus, welcher aus
Spanien zurückkommend Sizilien mit Waffengewalt erobert hatte (5) Bei diesem strömten sämtliche Geächtete aus dem Heerlager des Brutus, aus Italien
und anderen Gegenden der Welt zusammen, welche das Schicksal vor der
unmittelbaren Gefahr bewahrt hatte. Freilich war ihnen, da sie ja jetzt keine
Rechtssicherheit mehr genossen, jeder beliebige Kommandeur der geeignete, denn das Schicksal gewährte ihnen keine andere Möglichkeit, keine andere Zuflucht: Wer einem alles verschlingenden Seesturm entrinnt, hält einen
Ankerplatz schon für den Hafen.
73, 1) Der junge Mann (Sextus Pompeius) war von roher Natur, was seine
Bildung betraf; seine Redeweise war barbarisch; ein Draufgänger; rasch bei
der Hand und von schnellem Entschluss; in Treue und Verlässlichkeit das genaue Gegenteil des Vaters; Freigelassenen sein Freigelassener; Sklave seiner
Sklaven; voller Neid auf Höhergestellte; bereitwillig, den untersten Kreaturen
zu willfahren: (2) Ihn hatte der Senat, welcher (damals) beinahe vollständig
aus Pompeianern bestand, nach der Flucht des Marcus Antonius aus der
Schlacht von Mutina zu eben dieser Zeit, in welcher er Brutus und Cassius die
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Gebiete in Übersee zugesprochen hatte, aus Spanien zurückberufen, wo der
ehemalige Prätor Asinius Pollio glanzvoll gegen ihn zu Felde gezogen war,
hatte ihm das Vermögen seines Vaters zurückerstattet und ihm die Marine
unterstellt, welche die Küste zu sichern hatte. (3) Nachdem dieser Mann, wie
gesagt, Sizilien besetzt und dort Sklavenpack samt Flüchtigen zur Zahl seines
Heeres hinzu geschlagen hatte, hatte er eine große Zahl von Legionen zusammen getrommelt und ging durch seine Flottenkommandeure Menas und
Menekrates, Freigelassene des Vaters, auf Raub- und Beutezüge, bedrohte
das Meer feindselig, und um seine Streitkräfte zu erhalten, war er aufs Plündern aus. Dabei schämte er sich nicht, die See, welche unter Führung seines
Vaters mit Waffengewalt befriedet worden war, durch sein verbrecherisches
Piratenunwesen (wieder) in ein feildliches Gebiet zu verwandeln.
74, 1) Nachdem die Partei des Brutus und Cassius zerschlagen war, blieb Antonius an Ort und Stelle, um die überseeischen Gebiete in Besitz zu nehmen.
Caesar (hingegen) zog sich nach Italien zurück und fand dieses weitaus aufrührerischer vor, als er das erwartet hatte; (2) denn Konsul Lucius Antonius,
teilhaftig der Laster seines Bruders, aber ohne Anteil an den mannhaften Eigenschaften, welche dieser von Zeit zu Zeit vorwies, hatte Caesar bei den altgedienten Soldaten angefeindet, bald diejenigen, welche bei der Verteilung
der Güter ihre Ländereien an neue Siedler verloren hatten, zu den Waffen gerufen und hatte so ein großes Heer zusammengebracht. (3) Anderseits schürte Fulvia (»die Rotblonde«), die Frau des Marcus Antonius, die gar nichts zu
einer Frau Passendes vorwies als ihren Leib, allenthalben bewaffneten Aufruhr und hatte Praeneste als Kommandozentrale besetzt. Lucius Antonius
selbst war von Caesars Streitkräften an allen Fronten geschlagen worden und
hatte sich nach Perusia (Perugia) begeben; Plancus, Unterstützer der Partei
des Lucius Antonius, hatte in ihm eher Hoffnungen erweckt, als dass er ihm
(tatsächlich) zu Hilfe gekommen wäre. (4) Im Vollbesitz seiner energischen
Tatkraft und seines Glückes eroberte Caesar Perusia: Antonius entließ er, ohne ihm ein Haar zu krümmen. Gegen die Perusiner tobte eher die blinde Wut
der Soldaten denn der Wille des Führers: Die Stadt ging in Flammen auf; den
Anfang machte der Stadtkommandant Macedonicus, welcher sich, nachdem
er sein Hab und Gut sowie sein Haus angezündet hatte, mit dem Schwert
durchbohrte und ins Feuer stürzte.
75, 1) Zur selben Zeit war in Kampanien ein Krieg entbrannt, den der ehemalige Prätor und Priester Tiberius Claudius Nero, Vater des Caesar (»Kaiser«) Tiberius hervorgerufen hatte. Er war ein Mann von großen Geistesgaben und
höchster Bildung, der sich selbst zum Anwalt derjenigen aufgeworfen hatte,
die ihr Landeigentum eingebüßt hatten: Auch dieser Konflikt wurde durch
Caesars Ankunft beigelegt und zerschlagen. (2) Wer schon ist in der Lage,
sich hinreichend über des Schicksals Wechselfälle und das Ungewisse des
menschlichen Daseins zu wundern? Wer denn sollte nicht darauf hoffen oder
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sich davor fürchten, dass sich die derzeitigen Dinge in ihr genaues Gegenteil
verwandeln? (3) Da war Livia, die Tochter des aus dem Hochadel stammenden ungemein tapferen (Livius) Drusus Claudianus, in ihrem Adel, ihrem edlen Charakter sowie ihrer Schönheit die erste der Frauen Roms, welche wir
später als die Ehefrau des Augustus erlebten und später als er zu den Göttern
aufgestiegen war, als seine Adoptivtochter und Priesterin: Damals freilich war
sie auf der Flucht vor ihrem künftigen Gatten; auf dem Arm, an die Brust gepresst, trug sie den zweijährigen Knaben, den (späteren) Caesar Tiberius,
den (künftigen) Schirmherrn des Reiches und Adoptivsohn eben dieses Caesar (Augustus). Auf kaum begehbaren Pfaden vermied sie die Schwerter der
Soldaten; nur ein einziger begleitete sie, um die Flucht desto wirkungsvoller
geheim zu halten. So gelangte sie ans Meer und fuhr mit ihrem Mann (Tiberius Claudius) Nero nach Sizilien hinüber.
76, 1) Um das Zeugnis meiner Ehrerbietung, welches ich einem Fremden
zollte, will ich meinen eigenen Großvater nicht bringen: Gaius Velleius freilich war von Gnaeus Pompeius ins Kollegium der 360 Richter auf einen
höchst ehrenvollen Platz befördert worden; bei eben diesen Brutus und Tiberius Nero war er Kommandeur der Pioniere („Handwerker“) gewesen; ein
Mann, dem in Kampanien keiner das Wasser reichen konnte: Weil (Tiberius)
Nero mit ihm eine einzigartige Freundschaft pflegte, hatte dieser seine Partei
(die Pompeianer) unterstützt: Als Nero nun Neapel verließ, und er (Velleius)
ihm von Alter und Krankheit gebeugt kein Begleiter mehr sein konnte, durchbohrte er sich selbst mit dem Schwert: (2) Fulvia und Plancus ließ Caesar
(Octavianus) unversehrt aus Italien weggehen; Plancus war Begleiter dieser
weibischen Flucht. Asinius Pollio freilich war, nachdem er das Land der Veneter lange Zeit für Antonius behauptet hatte und etliche ansehnliche Erfolge
bei Altinum und anderen Städten dieser Gegend eingefahren hatte, mit seinen sieben Legionen zu Antonius marschiert. Gleichzeitig hatte er den politisch schwankenden Domitius, der, wie erwähnt, vom Lager des Brutus nach
dessen Tode aufgebrochen und Kommandeur einer eigenen Flotte geworden
war, mit eigenen Ratschlägen eingelullt und (schließlich) durch Zusicherung
freien Geleites zum Verbündeten des Antonius gemacht. (3) Darüber informiert, sollte ein jeder, welcher sich im Urteil ausgewogen zeigt, wissen, dass
Pollio dem Antonius keinen kleineren Gefallen tat als Antonius dem Pollio.
Die daraufhin erfolgte Ankunft des Antonius in Italien und die Vorkehrungen
Caesars gegen ihn brachten Kriegsfurcht mit sich, doch bei Brundisium
schloss man Frieden. (4) In diesen Zeiten wurden auch die verbrecherischen
Pläne des Salvidienus Rufus aufgedeckt: Obgleich dessen Ursprünge (Abstammung) sich im dunkelsten Dunkel verloren, genügte es ihm nicht, die
höchsten Ämter erhalten zu haben und als erster nach Gnaeus Pompeius und
Caesar (Octavianus) aus dem Stand der Ritter selbst zum Konsul gewählt
worden zu sein, wenn er nicht auch noch zu dieser Stellung aufgestiegen wäre, von wo aus er Caesar und den Staat als seine Untertanen sähe.
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77, 1) Weil das Volk, welches aufgrund des in Feindeshand geratenen Meeres schwer unter einer Hungersnot litt, unisono danach verlangte, schloss
man denn auch mit (Sextus) Pompeius – bei Misenum – einen Friedensvertrag; dabei sagte dieser nicht ohne Witz, als er Caesar und Antonius auf seinem Schiff zum Mahle empfing, er gebe auf seinen »carina« das Essen: Mit
diesem Ausdruck spielte er nämlich auf den Namen des Ortes an, in welchem
das Haus seines Vaters von Antonius in Besitz genommen worden war. (2) In
diesem Bündnis des Friedens sollte Pompeius Sizilien und Achaia zugestanden werden, doch sein nach Taten lechzender Charakter gab sich damit nicht
zufrieden. Dennoch brachte er dem Vaterland durch seinen Beitritt (zum
Bündnis) wenigstens den einen einzigen Vorteil, dass sämtliche Geächteten
und alle anderem, welche aus verschiedenen Gründen bei ihm ihre Zuflucht
gefunden hatten, die Rückkehr (nach Rom) sowie Straffreiheit vertraglich zugesichert wurde. (3) Dieser Umstand gab dem Staate unter anderen hochberühmten Männern auch Tiberius Claudius Nero, Marcus Silanus, Sentius Saturninus, Arruntius und Titius wieder zurück. Statius Murcus aber, welcher,
als er ankam, die hochberühmten Seestreitkräfte (der Pompeianer) verdoppelt hatte, war unverzüglich von Pompeius in Sizilien umgebracht worden:
Menas und Menekrates verabscheuten es nämlich, diesen so bedeutenden
Mann als Amtskollegen zu haben und hatten ihn (bei Pompeius) mit erlogenen Anschuldigungen angeschwärzt.
78, 1) In diesen Zeitläufen heiratete Marcus Antonius Octavia, Caesars
Schwester. Pompeius war nach Sizilien zurückgekehrt und Antonius in seine
überseeischen Verwaltungsdistrikte, welche Quintus Labienus, der aus dem
Heerlager des Brutus zu den Parthern übergegangen war, in ein großes
Chaos gestürzt hatte, als er deren Heer nach Syrien geführt hatte und dort
die Truppen eines Generals des Antonius aufgerieben hatte; doch aufgrund
der beherzten Kriegsführung des Ventidius (Bassus) wurde er gemeinsam
mit den Streitkräften der Parther samt Pacorus, dem herrlichen jungen Sohn
des Königs, ausgelöscht. (2) Unterdessen stählte Caesar in diesen Zeiten seine Armee durch zahlreiche Feldzüge in Illyrien und Dalmatien durch das Ertragen von Gefahren und Gewinn von Kriegserfahrung, damit nicht der Müßiggang, Todfeind der Disziplin, den Soldaten verdürben. (3) Damals gab
Domitius Calvinus, welcher infolge seines Konsulates die Verwaltung von
Spanien übernommen hatte, den Anstoß zu einer unglaublich harten, nur
mit alten Zeiten vergleichbaren Maßnahme: Er ließ seinen ranghöchsten
Hauptmann (Centurio) namens Vibullius wegen seiner schändlichen Flucht
aus der Kampffront heraus zu Tode prügeln.
79, 1) Weil Flotte und Ruhm des Pompeius von Tag zu Tag wuchsen, beschloss Caesar, die Bürde eines Krieges auf sich zu nehmen. Dem Schiffsbau,
der Rekrutierung von Soldaten und Ruderern sowie den entsprechenden Manövern wurde Marcus Agrippa voran gestellt, ein Mann von erhabenster
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männlicher Tatkraft, Ausdauer, Wachsamkeit; unerschrocken in Gefahren.
Was Gehorsam anbetrifft, so verstand er sich darauf ganz ausgezeichnet –
freilich nur dem einen einzigen gegenüber! Bei all den anderen war er darauf
aus, ihnen seine Befehle zu erteilen. Alles in allem litt er keine Verzögerung
sondern ließ seinen Beschlüssen unmittelbar die Tat folgen. (2) Nachdem er
auf dem Arverner- und Lucriner-See eine vorzügliche Flotte hatte bauen lassen, brachte er Soldat und Ruderer durch tägliche Übungen zur höchsten
Ausbildung im Kriegs- und See-Wesen: Mit dieser Flotte griff Caesar den
Pompeius an und machte in Sizilien eine Invasion. Zuvor hatte er freilich Livia
geheiratet – unter glücklichen Vorzeichen für den Staat, nachdem ihr früherer
Ehemann (Tiberius Claudius) Nero sie ihm nach erfolgter Scheidung überlassen hatte. (3) Aber den Mann, welcher durch die Machtmittel der Menschen
nicht besiegt worden war, suchte in dieser Zeit schwer das Schicksal heim,
denn den überwiegenden Teil seiner Flotte legte bei Velia und dem Vorgebirge Palinurus ein von Afrika heranbrausendes Unwetter in Trümmer und zerstreute die Schiffe. Dies bedeutete für die Beilegung des Krieges Zeitverlust.
Weil er danach nur noch mit zweifelhaftem, manchmal sogar ausbleibendem
Glück geführt wurde, (4) denn einerseits wurde die Flotte an demselben Ort
von einem (weiteren) Sturm heimgesucht; man kämpfte zwar im ersten Seegefecht bei Mylae unter Agrippas Führung erfolgreich; andererseits erlitt man
durch die unverhoffte Ankunft der pompeianischen Flotte bei Tauromenium
unter Caesars Augen eine schwere Niederlage, und er selbst geriet in Gefahr:
Als freilich die Legionen, welche unter Cornificius, einem General Caesars
standen, an Land gesetzt worden waren, wurden sie von Pompeius nahezu
vollständig überwältigt. (5) Aber das Glück einer launischen Zeit lenkt man
durch entschlossene Tatkraft rasch in die richtigen Bahnen: Nachdem sich die
Flottenverbände beider Seiten zur Schlacht aufgestellt hatten, ging Pompeius
fast aller Schiffe verlustig. Auf seiner Flucht zog es ihn nach Asia (West-Türkei), wo er zwischen seiner Rolle als militärischer Führer und Bittsteller hin
und her taumelte und bald auf Ehre und Würde bestand, bald bei Antonius
ums Leben bettelte: Auf Geheiß des Marcus Antonius, dessen machtvolle Unterstützung er (dort) angestrebt hatte, wurde er von Titius umgebracht, (6)
welcher sich durch dieses Verbrechen einen dergestalt andauernden Hass zuzog, dass er, als er kurz darauf im Theater des Pompeius Spiele veranstaltete,
unter der Verfluchung des Volkes von eben diesen Spielen, die er gab, verjagt
wurde.
80, 1) Um den Kampf gegen Pompeius zu führen, hatte Caesar den Lepidus
samt zwölf Legionen von aber nur halber Mannschaftsstärke aus Africa (ca.
Tunesien) herbeigerufen: Dieser Mann, von allen der aufgeblasenste, bar jeder Tatkraft und so lange Zeit unter der Obhut des glücklichen Geschickes,
hatte sich das Heer des Pompeius unterstellt, nur weil er (zufällig) in seiner
Nähe war, welches aber nicht seiner, sondern Caesars fürsorglicher Autorität
folgte. (2) Durch die Zahl von mehr als zwanzig Legionen überheblich ge147
worden, war er (schließlich) solchem Irrsinn verfallen, dass er, der überflüssige Teilhaber des Sieges eines anderen, den er lange Zeit nur aufgehalten hatte, indem er Caesars Vorhaben widersprach und stets dem, was die anderen
(Generäle) für richtig hielten, seine Zustimmung verweigerte, den gesamten
Sieg als seinen eigenen auslegte und es wagte, Caesar zum Verlassen Siziliens
aufzufordern. (3) Nicht die Scipionen noch die anderen einstigen Feldherrn
der Römer haben etwas Kühneres gewagt und ausgeführt als damals Caesar!
Denn obgleich er unbewaffnet im Reisemantel daher kam und nichts außer
seinem Namen mitbrachte, betrat er das Heerlager des Lepidus, wich den
Geschossen aus, welche auf Geheiß dieses niedersten Menschen gegen ihn
geschleudert wurden, und obwohl sein Reisemantel von einem Speer durchbohrt wurde, wagte er es, einen Legionsadler an sich zu reißen, (4) und
(schon) konnte man den Unterschied zwischen den (beiden) Heerführern erkennen: Die Bewaffneten unterstellten sich dem Unbewaffneten, und zehn
Jahre, nachdem Lepidus zu seiner Machtstellung gekommen war, die er in
Anbetracht seiner Lebensführung alles andere als verdient hatte, wurde er
von den Soldaten und dem Glück im Stich gelassen. Eingehüllt in einen
dunklen Umhang versteckte er sich inmitten der letzten zu Caesar strömenden Menge und warf sich ihm zu Füßen: Das Leben sowie die Herrschaft
über seinen Besitz beließ man ihm; seiner Ehrenstellung und Würde aber,
welche er sich nicht hatte bewahren können, ging er verlustig.
81, 1) Es kam dann zu einer Erhebung der Soldaten des Heeres, welche meistens angesichts ihrer Menge von Zucht und Ordnung abgehen und es dann
nicht mehr über sich bringen, um das zu bitten, was sie ihrer Meinung nach
erzwingen können: Der Führer (lat. princeps; Octavianus) zerschlug die Erhebung teils durch strenge Maßnahmen, teils durch Entgegenkommen. (2) In
dieser Zeit erhielten die Pflanzstädte in Kampanien beträchtliche Verstärkung
[durch die Ansiedlung ausgemusterter Soldaten, dort], wo Ländereien, welche der jeweiligen Gemeinde gehörten, zur Verfügung standen: Im Tausch
dafür stellte man ihnen die weitaus üppiger sprudelnden Steuereinkünfte der
Insel Kreta zur Verfügung und sicherte ihnen den Bau einer Wasserleitung zu,
welche heute noch auf einzigartige Weise der Gesundheit (des Volkes) dient
und ein landschaftlicher Augenschmaus ist. (3) Das Ehrenabzeichen der corona classica (Flotten-Krone), mit welcher kein Römer jemals (zuvor) beschenkt
worden war, erhielt in diesem Kriege Agrippa aufgrund seiner einzigartigen
Tapferkeit. Nachdem Caesar siegreich in die Stadt zurückgekehrt war, gab er
bekannt, er bestimme mehrere Häuser, welche er, um mehr Platz zu haben,
über Mittelsmänner erworben hatte, zur öffentlichen Nutzung und versprach, er werde einen Apollotempel mit rings herum laufender Säulenhalle
errichten lassen: Dieser wurde von ihm (dann auch) mit einzigartiger Spendierfreude gebaut.
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82, 1) In diesem in Sizilien so glücklich verlaufenen Sommer diente das
Schicksal im Osten ebenso Caesar wie auch dem Staat, denn Antonius marschierte mit dreizehn Legionen in Armenien und dann in Medien ein; und als
er durch diese Gebiete zu den Parthern gelangen wollte, zog ihm deren König entgegen: (2) Anfangs büßte Antonius zwei Legionen mit dem gesamten
Tross sowie seinen Geschützen samt General (Oppius) Statianus ein. Bald darauf geriet er mit seiner (restlichen) Armee wiederholt in die größte Gefahr
einer völligen Vernichtung, so dass er (schon) daran verzweifelte, aus ihr gerettet werden zu können. Nachdem nicht weniger als ein Viertel seiner Soldaten gefallen waren, wurde er durch Rat und Treue eines Sklaven, der aber
(früher) ein Römer war, gerettet: Dieser war anlässlich der Niederlage der Armee des Crassus in (parthische) Gefangenschaft geraten, hatte aber trotz seines Schicksals seine Einstellung nicht verändert (i.e. war kein Parther geworden), näherte sich nachts dem Standquartier der Römer und gab ihnen den
Rat, nicht den geplanten Weg einzuschlagen, sondern abseits durch die Wälder zu ziehen. (3) Das bedeutete für Antonius und seine so zahlreichen Legionen das Überleben! Dennoch verlor er, wie gesagt, von ihnen und dem
gesamten Heer nicht weniger als den vierten Teil; von den Trossknechten
und Sklaven vermisste man ein Drittel; der Tross ging so gut wie ganz verloren, doch diese seine Flucht nannte Antonius, weil er mit dem Leben davongekommen war, einen Sieg! Im dritten Sommer kehrte er wieder nach Armenien zurück und legte dessen König Artavasdes, den er heimtückisch überlistet hatte, in Ketten, in goldene, um ihm die rechte Ehre zu erweisen! (4) Als
Antonius daraufhin vor lauter Liebe zu Cleopatra und aufgrund seiner Laster
zunehmend in Flammen stand, welche stets durch die (großen) Möglichkeiten des Herrschers sowie seine zügellose Ausübung der Macht sowie die willenlos Zustimmung (der Massen) hemmungslos ihren Nährboden finden, beschloss er, dem Vaterland den Krieg zu erklären, während er sich zuvor noch
neuen »Liber pater« (Dionysos) hatte nennen lassen, als er mit Efeu bekränzt
und einer goldenen Krone geschmückt sowie den Thyrsosstab (in Händen) haltend und die Füße im Kothurn steckend sich wie »Liber pater« zu Alexandria
auf dem Wagen herumfahren ließ.
83, 1) Inmitten dieser Vorbereitungen zum Krieg lief Plancus zu Caesar über;
er tat dies weder, weil er der Überzeugung wart, das Richtige erwählt zu haben, noch aus Liebe zum Staat oder auf Caesar, die er ja beide (bisher) bekämpft hatte, sondern vom Verrate wie von einer Krankheit befallen, wo er
doch (gerade noch) der unterwürfigste Speichellecker der Königin (Kleopatra), niedriger noch als ihre Sklaven, gewesen war, geheimer Sekretär des
Marcus Antonius und bei dessen ekelerregenden Taten Anstifter und Helfershelfer, käuflich bei allen für alles. (2) So hatte er denn blau angemalt und
nackt, den Kopf mit Schilf bekränzt und einen Fischschwanz hinter sich herschleppend, bei einem Gelage auf den Knien (auf die Knie gestützt) als Glaukos getanzt: Als ihn Antonius mit zunehmender Kälte behandelte, in Kenntnis
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gesetzt über seine räuberische Raffgier, lief er, wie gesagt, zu Caesar über,
und eben dies wollte er später als die ob seiner Tüchtigkeit und Tatkraft erfolgte Milde des Siegers auslegen, indem er immer wieder sagte, es sei von
Caesar für rechtens erachtet worden, obwohl jener es ihm ja nur vergeben
hatte: Kurz darauf machte es Titius diesem seinem Onkel (mütterlicherseits)
nach! (3) Als dann der frischgebackene Überläufer Plancus im Senate dem
abwesenden Antonius viel Unsägliches vorwarf, antwortete Coponius, ein äußerst ehrenwerter ehemaliger Prätor und Schwiegervater des Silius, nicht ohne Ironie: »Beim Herkules! Viel hat Antonius angerichtet, bis zu diesem Tag,
als du ihm den Rücken kehrtest.«
84, 1) Unter den Konsuln Caesar und Messala Corvinus kämpfte man bei Actium um die Entscheidung, wo schon lange bevor es zum Kampf kam, der
Sieg der julianischen Partei eine todsichere Sache war, denn auf dieser Seite
waren Soldat und Feldherr zu allem entschlossen, während auf der Gegenseite alles lahm und schlaff war: Hier strotzten die Ruderer vor sprühender Energie, dort waren sie infolge des Mangels schwer angeschlagen; hier die Schiffe
von mäßiger Größe, welche aber der Schnelligkeit keinen Abbruch tat, dort
nur zum Schein von schreckenerregenden Ausmaßen; von dieser Seite aus
ging niemand zu Antonius über, von dort aus kam täglich jemand zu Caesar:
(2) König Amyntas schloss sich der besseren und natürlicheren Sache an. Dellius freilich blieb sich selber treu, und wie er von Dolabella zu Cassius, von
Cassius zu Antonius gegangen war, so trat er jetzt von Antonius zu Caesar
über. Auch der hochadelige Gnaeus Domitius (Ahenobarbus), welcher als
einziger der antonischen Partei die Königin (Kleopatra) nur mit Namen grüßte, trat unter allergrößter Lebensgefahr auf Caesars Seiten. Schließlich wurde
im Angesicht und unter den Augen der Besatzung der Flotte des Antonius
Leukas von Marcus Agrippa eingenommen, Patrai erobert, Korinth besetzt
und dabei die feindliche Flotte vor der Entscheidungsschlacht schon zweimal
überwunden.
85, 1) Es kam dann der Tag der gewaltigen Entscheidung, an welchem Caesar und Antonius ihre Flotten aufkreuzen und die Schlacht ausfechten ließen,
der eine zum Heil, der andere zum Verderben des Erdkreises. (2) Der rechte
Flügel der caesarianischen Schiffe war Marcus Lurius anvertraut, der linke Arruntius, Agrippa die Gesamtleitung der Schlacht; Caesar war derjenige Platz
beschieden, an welchen ihn Fortuna (die Göttin des Schicksals) berief: Er war
überall. Das Kommando über die Flotte des Antonius war Publicola und Sosius anvertraut. Zu Lande hingegen befehligte Taurus Caesars Armee, Canidius die des Antonius. (3) Sobald das Gefecht eröffnet war, gab es auf der einen Seite alles: einen Führer, Ruderer, Soldaten; auf der anderen Seite nur
Soldaten. Den Anfang der Flucht machte Kleopatra; Antonius wollte lieber
Gefährte der Königin denn seiner kämpfenden Krieger sein, und der Feldherr,
welcher gegen Fahnenflüchtige mit aller Strenge hätte vorgehen müssen,
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wurde (selbst) zum Fahnenflüchtigen des eigenen Heeres. (4) Jene aber, verlustig des Oberkommandierenden, verblieb noch für lange Zeit der beharrliche Wille, sich aufs Tapferste zu schlagen, und obwohl man die Schlacht verloren gab, versuchte man bis zum (ehrenvollen) Tod zu kämpfen: Caesar jedoch wollte diejenigen, die er mit dem Schwert hätte niedermachen können,
mit Worten für sich gewinnen, indem er immer wieder rief und klar machte,
Antonius habe die Flucht ergriffen, und fragte, für wen und mit wem sie
denn (noch) kämpften. (5) Diese aber, die doch so lange für ihren abwesenden Feldherrn gefochten hatten, gestanden Caesar nur zögerlich den Sieg zu
und legten die Waffen nieder: Caesar sicherte ihnen Leben und Vergebung
rascher zu, als man sie dazu bringen konnte, darum zu bitten: In der Tat waren die Soldaten (des Antonius) in die Rolle eines vorzüglichen Oberkommandierenden geschlüpft, der Oberkommandierende hingegen in die eines
feigen flüchtigen Soldaten, (6) so dass man seine Zweifel haben konnte, ob
Antonius sich, wenn er den Sieg davongetragen hätte, nach eigenem Gurtdünken gehandelt oder sich Kleopatra untergeordnet hätte, wo er sich doch
auf ihren Wink hin auf die Flucht begeben hatte: Gleichermaßen handelte
(übrigens) das Land-Heer, nachdem Canidius in hektischer Flucht zu Antonius (aufs Schiff) gehetzt war.
86, 1) Was jener Tag dem Erdkreis gewährte, und von dem ausgehend, in
welchen Zustand das Geschick des Staates gelangte, wer könnte es wagen, in
diesem so kurz gefassten Werke, welches ja nur einen Überblick gewährt,
zum Ausdruck zu bringen? (2) Der Sieg freilich war von überragender Milde
bestimmt: Niemand wurde danach umgebracht, mit Ausnahme ganz weniger, welche es persönlich nicht über sich bringen konnten, um Gnade zu flehen. Aus dieser Sanftmut des Führers heraus konnte man schließen, in welcher Mäßigung er sich zu Beginn des Triumvirates oder als Sieger auf der
Walstatt zu Philippi befleißigt hätte, wenn man es ihm nur gestattet hätte.
Sosius aber wurde (zunächst) dank der Zusicherung (der Straffreiheit) des
Lucius Arruntius, welcher aufgrund seiner altehrwürdigen charakterlichen
Festigkeit hochberühmt war, kein Haar gekrümmt, obwohl sich Caesar anschließend erst zu seiner Milde durchringen musste. (3) Nicht übergangen
werden soll ferner das erwähnenswerte Tun und Wort des Asinius Pollio: Er
hatte sich nämlich nach dem Frieden von Brundisium nur in Italien aufgehalten, die Königin kein einziges Mal gesehen, sich auch nicht mehr innerhalb
der Partei des Antonius betätigt, nachdem dieser durch seine Liebe zu ihr seine ganze Tatkraft eingebüßt hatte. Als Caesar daher bei ihm anfragte, ob er
an seiner Seite in den Kampf bei Actium zu ziehen gedächte, sagte er: »Meine
Verdienste gegenüber Antonius sind allzu groß und dessen Wohltaten mir
gegenüber allzu bekannt; daher möchte ich mich eurer entscheidenden Auseinandersetzung entziehen und werde Beute des Siegers sein.«
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87, 1) Anschließend, im nächsten Jahr, verfolgte er die Königin und Antonius
nach Alexandria, um letzte Hand an die Beilegung des Bürgerkrieges zu legen: Antonius brachte sich dermaßen unverzagt um, dass er damit zahlreiche
Verbrechen sühnte, welche er, indem er sich gehen ließ, begangen hatte.
Kleopatra hingegen überlistete ihre Wächter und starb durch den Biss einer
Schlange, fern jedweder weiblicher Furcht. (2) Es kam aber der Würde und
Ehre Caesars zugute, dass kein einziger derjenigen, welche gegen ihn die
Waffen erhoben hatten, von ihm persönlich oder auf seinen Befehl hin umgebracht worden war: Decimus Brutus fiel der Grausamkeit des Antonius zum
Opfer; Sextus Pompeius, von Caesar besiegt, beraubte eben dieser Antonius
sogar des Lebens, obgleich er ihm zugesichert hatte, sogar noch sein Ansehen und seinen Rang zu bewahren. (3) Brutus und Cassius gingen aus freien
Stücken in den Tod, noch bevor sie Absicht und Gesinnung der (beiden) Sieger erkunden konnten; welchen Tod Kleopatra und Antonius fanden, haben
wir (schon) erzählt. Canidius starb von größerer Furcht erfüllt, als zu seinen
häufig geäußerten Beteuerungen passend. Als letzter der Caesar-Mörder aber
bezahlte der Parmasensische Cassius dafür mit dem Tode, so wie Trebonius
als erster dafür bezahlt hatte.
88, 1) Während Caesar letzte Hand anlegte an den Krieg von Actium und
Alexandria, hatten Marcus Lepidus, ein Mann von besserem Aussehen als
Charakter, Sohn eben dieses Lepidus, der Triumvir zur Neuordnung des Staates gewesen war, sowie Iunia, die Schwester der Marcus Brutus, Pläne geschmiedet, Caesar zu ermorden, sobald er in die Stadt zurückkehrte. (2) Damals war Gaius Maecenas Kommandeur der Stadtwachen, ein Mann ritterlicher, aber glänzender Herkunft: Solange die Lage seine Wachsamkeit erforderte, kannte er keinen Schlaf, war vorausschauend und wusste, was zu tun
war. Sobald es seine Aufgabe aber zuließ, die Zügel etwas schleifen zu lassen, zerfloss er geradezu in Ausübung seiner privat bevorzugten Angelegenheiten sowie im luxuriösen Leben, über das einer Frau zukommende Maß hinaus. Caesar liebte ihn nicht minder denn Agrippa, doch wurde er nicht so
hoch dekoriert. Er lebte freilich mit seinem bescheidenen Rang so gut wie zufrieden; Gleiches (wie Agrippa) hätte er erreichen können, war aber nicht so
sehr darauf erpicht: (3) Allergrößte Ruhe vortäuschend, ließ er die überstürzten Pläne des jungen Mannes ausspionieren und mit staunenswerter Schnelligkeit, ohne öffentliches Aufsehen zu erregen, wurde Lepidus dingfest gemacht: So erstickte Maecenas das grausig neue Aufflackern eines wiederauflebenden Bürgerkrieges. Doch jener zahlte freilich die Strafe für sein übles Beginnen: Hier sollte Servilia, die Frau des Lepidus, mit Calpurnia, der Frau des
oben erwähnten Antistius, auf gleiche Stufe gestellt werden; nachdem sie
glühende Kohlen verschluckt hatte, erwarb sie sich nämlich durch ihren vorzeitigen Tod die Unsterblichkeit.
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89, 1) Caesar kehrte nun nach Italien und in die Stadt zurück: Welch eine
Menge ihm entgegen strömte, wie sehr ihn da der Jubel aller Leute umbrandete, sämtlicher Altersgruppen und Stände, wie großartig seine Triumphzüge, seine Spiele waren, das könnte nicht einmal in einem Werk normalen Umfanges, geschweige denn in diesem so kurzen Überblick beschrieben werden.
(2) Kein einziger Wunsch der Menschen an die Götter blieb fortan unerfüllt,
nichts Weiteres mehr konnten die Götter den Menschen gewähren, nichts
mehr, das man durch das Gebet, nichts, was man vom glücklichen Geschick
erreichen könnte, was Augustus nach seiner Rückkehr in die Stadt dem Staate und dem Volk von Rom sowie dem ganzen Erdkreis geschenkt hätte. (3)
Sein Ende fand im zwanzigsten Jahr der Bürgerkrieg; beigelegt wurde der
auswärtige Krieg; zurückgekehrt der Friede; zur Ruhe gebracht das Wüten
der Waffen; wiederhergestellt die Herrschaft des Rechtes, das Ansehen der
Gerichte, Würde und Einfluss des Senates; die Befehlsgewalt der Amtspersonen wurde auf das einstige Maß zurückgeführt: Man wählte lediglich zu den
(bisherigen) acht Prätoren noch zwei hinzu. (4) Die altehrwürdige ehemalige Staatsform wurde wieder ins Leben gerufen; Ackerbau und Heiligtümer
fanden wieder ihre Pflege; die Menschen lebten in sorglosem Frieden; jedermann erfreute sich seines Besitzes in Sicherheit; die (bisherigen) Gesetze
wurden auf nützliche Weise verbessert. Die Mitglieder des Senates bestimmte man zwar nicht rigoros, aber doch mit Strenge; die führenden Männer,
welche Triumphzüge oder hervorragende Positionen aufzuweisen hatten, lud
der Führer (lat. princeps) durch aufmunternde Worte dazu ein, die Stadt (auf
eigene Kosten) zu verschönern. (5) Dass Caesar das Konsulat bekleidete,
konnte man von ihm nur elfmal hintereinander erreichen, wobei er regelmäßig dagegen Widerspruch einlegte. Die Diktatur freilich wies er ebenso
standhaft von sich, wie sie ihm das Volk beharrlich übertragen wollte. (6) Die
unter ihm als Feldherr geführten Kriege samt dem durch seine Siege befreiten Erdkreis sowie seine vielen, vielen Taten innerhalb und außerhalb Italiens
zu beschreiben, brächte schon solch einen Historiker zur Erschöpfung, welcher seine gesamte Lebensspanne diesem Werk alleine widmete: Wir aber
haben, eingedenk unseres Vorhabens, Augen und Sinn (unserer Leserschaft)
nur eine allgemeine Gesamtschau seiner Zeit als führender Mann (des Staates) zu unterbreiten.
90, 1) Nachdem, wie gesagt, die Bürgerkriege ihr Ende gefunden hatten und
die einzelnen Gliedmaßen des Staates wieder zusammengewachsen waren,
wuchs auch (überall) das wieder zusammen, was die so lange Kette der Waffengänge zerfleischt hatte: Dalmatien wurde nach einem Widerstand von 200
Jahren unterworfen und zu einem festen Bestandteil des Reiches. Die zahlreichen wilden und unzivilisierten Völker der Alpen wurden ein für allemal bezwungen. Die (beiden) Spanien wurden bald in seiner (sc. des Augustus)
Anwesenheit, bald in der Agrippas, welchen die Freundschaft des Führers bis
ins dritte Konsulat und darauf zum Teilhaber der Amtsgewalt des Tribunen
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hatte empor steigen lassen, unter häufig wechselndem Kriegsglück befriedet.
(2)In diese nun dauerhaft besetzten Gebiete (Provinzen) waren römische
Heere erstmals unter dem Konsulat des Scipio und des Sempronius Longus
(218 v. Chr.) im ersten Jahre des Zweiten Punischen Krieges geschickt worden, von jetzt an gerechnet vor 250 Jahren. Gnaeus Scipio, der Onkel des
(Scipio) Africanus, hatte den Oberbefehl inne; zweihundert Jahre hindurch
wurde dort unter beiderseitigem Blutvergießen dermaßen heftig gefochten,
dass sich das römische Reich aufgrund des Verlustes von Feldherrn und Heeren des römischen Volkes häufig mit Schande bedeckte und bisweilen sogar
in Gefahr geriet. (3) Jene besetzten Gebiete (Provinzen) rafften nämlich die
Scipionen hinweg; jene stellten in zwanzigjährigem Krieg, der unter Führung
des Viriathus (gegen uns) geführt wurde, unsere Vorfahren auf eine harte
Probe; jene erschütterten durch das Grauen des Numantinischen Krieges das
römische Volk; in jenen erklärte unser Senat den schändlichen Vertrat des
Quintus Pompeius sowie den noch schändlicheren des Mancinus für ungültig, indem es (dem Feind) den Feldherrn unter schändlichen Umständen auslieferte. Spanien raffte so viele Führer im Range eines Prätors oder Konsuls
hinweg, und zu Zeiten unserer Vorfahren erhob sich dort Sertorius mit Waffengewalt in solchem Maße, dass man fünf Jahre lang nicht entscheiden
konnte, ob Spanien oder den Römern die mächtigeren Streitkräfte zur Verfügung stünden, und welches Volk sich dem anderen unterwerfen sollte: (4)
Diese besetzten Gebiete (Provinzen) also, diese so ausgedehnten, so volkreichen, so wilden führte Caesar Augustus vor nunmehr fast fünfzig Jahren in einen solchen Frieden, dass sie, welche bisher niemals von heftigsten Kriegen
verschont geblieben waren, unter (der Verwaltung des) Gaius Antistius und
darauf des Generals Publius Sittius sowie deren Amtsnachfolger sogar von
Räuberbanden unbehelligt sind.
91, 1) Während der Friede im Westen wieder hergestellt wurde, schickte aus
dem Osten der König der Parther die römischen Feldzeichen, welche Orodes
nach seinem Sieg über Crassus sowie dessen Sohn Phraates, nachdem er Antonius (aus Parthien) vertrieben hatte, erbeutet hatten, an Augustus zurück:
Diesen Beinamen gab jenem Manne auf Antrag des Plancus übereinstimmend der gesamte Senat und das römische Volk. (2) Es gab dennoch Männer, welche diesen maßlos glücklichen Zustand des Staates hassten, nämlich
Lucius Murena und Fannius Caepio, ganz unterschiedliche Charaktere: [Murena nämlich könnte man, einmal abgesehen von seinem Verbrechen, als anständigen Mann betrachten; Caepio hingegen war schon zuvor ein Halunke.]
Als sie Pläne zu Caesars Ermordung geschmiedet hatten, wurden sie von der
Macht des Staates bezwungen und erlitten eben das mit Recht, was sie gewaltsam auszuführen geplant hatten. (3) Kurz darauf lenkte Rufus Egnatius,
der in jeder Hinsicht eher einem Gladiator denn einem Senator ähnelte, als
Ädil die Gunst des Volkes auf sich, die er von Tag zu Tag vermehrte, indem er
aus eigenen Leuten einen Trupp zur Brandbekämpfung zusammenstellte,
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was so weit führte, dass man ihm daraufhin die Prätur übertrug; bald darauf
wagte er es, sich ums Konsulat zu bewerben. Weil ihn aber das Wissen um all
seine Schadtaten und Verbrechen bedrückte und seine Besitzverhältnisse in
einen gleich üblen Zustand wie seine Gesinnung geraten waren, beschloss
er, zum Verwechseln ähnliche Männer anzuheuern und Caesar zu ermorden,
um, wenn er ihn beseitigt hätte, selbst zu sterben, da es ihm, solange dieser
unbehelligt lebte, unbehelligt zu leben versagt war. (4) Freilich pflegen sich
Menschen dieses Schlages zu verhalten, dass ein jeder (von ihnen) lieber den
Staat mit sich ins Verderben reißt, statt nur vom eigenen Untergang hinweggerafft zu werden und mit dem gleichen Los (sc. dem Tod) vor Augen dabei
eine geringere Beachtung zu finden: Diesem (Egnatius) aber war bei seiner
Geheimniskrämerei kein größeres Glück beschieden als den Vorgängern: In
die Tiefe des Staatsgefängnisses gestoßen, fand er gemeinsam mit seinen
Spießgesellen einen seiner Lebensführung nur zu würdigen Tod.
92, 1) Das vorzügliche Tun des herausragenden Herrn Gaius Sentius Saturninus, welcher in diesen Zeitläufen Konsul war, soll nicht um seine Erwähnung
gebracht werden. (2) Caesar war abwesend, um die Dinge in Asia (West-Türkei) und dem Osten zu regeln und brachte dem Erdkreis überall durch seine
persönliche Anwesenheit den Segen seines Friedens. So war Sentius aufgrund von Caesars abwesenheit der alleinige Konsul (in Rom) und amtierte
mit altehrwürdiger Strenge und einem Höchstmaß an Standhaftigkeit, eben
im Sinne althergebrachten Konsularischen Ernstes: Nachdem er schon Betrügereien der Steuerpächter aufgedeckt, ihre Habgier bestraft und die öffentlichen Gelder in die Staatskasse überführt hatte, nahm er seine Stellung als
Konsul bei den abzuhaltenden Wahlen mit besonderer Energie wahr: (3) Er
untersagte es nämlich solchen Anwärtern auf die Quästur, die er für unwürdig hielt, die Kandidatur anzumelden, und wenn sie darauf bestanden, es
(trotzdem) zu tun, so drohte er die Strenge seiner konsularischen Gewalt an,
sollten sie sich aufs Marsfeld (Ort der Wahl) begeben. (4) Auch (dem o.g.)
Egnatius, der sich beim Volke höchster Beliebtheit erfreute und sich Hoffnungen darauf machte, auf seine Prätur werde ebenso unmittelbar das Konsulat
folgen, verbot er zu kandidieren und schwor für den Fall, dass er es (das Verbot) nicht durchgesetzt hätte und Egnatius mit den Stimmen des Volkes Konsul geworden wäre, ihm dennoch die amtliche Registrierung zu verweigern.
(5) Dieses Handeln, glaube ich, ist mit jedem beliebigen ruhmreichen Vorgehen der altrepublikanischen Konsuln vergleichbar, einmal abgesehen davon,
dass wir von Natur aus bereitwilliger das, was wir (von früher) vernommen
haben, loben als das, was wir miterlebt haben; auf das Gegenwärtige blicken
wir erfüllt von üblem Misstrauen, auf das Vergangen voller Verehrung; das
Erstere, so meinen wir, erdrückt, das andere belehrt uns.
93, 1) Folgendes ereignete sich drei Jahre bevor das (geplante) Verbrechen
des Egnatius aufgedeckt wurde, um die Zeit der Verschwörung des Murena
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und Caepio herum: Vor nunmehr fünfzig Jahren verstarb Marcus Marcellus,
Sohn der Augustus-Schwester Octavia, welchen man, falls Caesar etwas zustieße, für den künftigen Inhaber von dessen Machtposition hielt, wobei man
der Meinung war, dies könne ihm, solange Agrippa wohlbehalten sei, nicht
unbesorgt gelingen: Nachdem Marcellus als Ädil mehr als großartige Spiele
gegeben hatte, starb er, noch ein junger Mann. Wie man sagte, waren ihm
die guten Eigenschaften (des Politikers) angeboren; von glückhafter Verfassung des Geistes und Wesens, war er dem, wozu er erzogen wurde (sc.
Staatsführung) auch gewachsen. (2) Nach seinem Tode kehrte Agrippa nach
Rom zurück, der er doch unter dem Vorwand von Diensten für den Führer
(princeps) nach Asia aufgebrochen war, sich dem Gerücht zufolge jedoch
aus unterschwelligen Auseinandersetzungen mit Marcellus der augenblicklichen (unerfreulichen) Lage entzogen hatte. Darauf heiratete er Caesars Tochter Iulia, die (verwitwete) Gattin des Marcellus, eine Frau, deren Nachkommen weder ihr noch dem Staate Glück brachten.
94, 1) In diesen Zeitläufen trat Tiberius Claudius Nero ins Licht der Öffentlichkeit: Wie wir schon sagten, war er erst drei Jahre alt gewesen, als (seine
Mutter) Livia, Tochter des Drusus Claudianus, Caesar geheiratet hatte; Tiberius Claudius Nero (sen.), mit dem sie zuvor vermählt war, hatte sie ihm abgetreten, (2) und (der kleine) Tiberius genoss eine auf göttliche Weisung begründete Erziehung und ward ein junger Mann von Vorzügen jedweder Art:
edle Herkunft; Schönheit; gerader hoher Wuchs; brillante Erziehung samt exzellenten Gaben des Geistes; wie nahe er (schon) seiner (künftigen) Größe
war, zeichnete sich hoffnungsfroh ab und nahm den Führer (princeps) vorweg: (3) Neunzehnjährig trat er als Quästor erstmals in den Staatsdienst ein
und meisterte das Problem der Getreideversorgung sowie des Kornmangels
ebenso in Ostia wie in Rom im Auftrage seines Stiefvaters so erfolgreich, dass
durch sein (damaliges) Tun (schon) hervor strahlte, welch bedeutender
Mann er dereinst sein werde. (4) Nicht viel später wurde er von eben diesem
Stiefvater mit einem Heer ausgesandt, um die östlichen Reichsgebiete in Augenschein zu nehmen, und bei der Ausführung des Auftrages gab er Proben
all seiner staatsmännischen Fähigkeit ab: Mit seinen Legionen drang er in Armenien ein, brachte es wieder unter römische Herrschaft und setzte dort (Tigranes, den Sohn des) Artavasdes als König ein. Sogar der König der Parther
geriet ob des Rufes eines solch großen Mannes in Angst und Schrecken und
sandte seine Kinder als Geiseln zu Caesar (Augustus).
95, 1) Sobald (Tiberius Claudius) Nero von dort zurückgekehrt war, beschloss Caesar, ihn mit der Wucht eines keineswegs mittelmäßigen Krieges
zu erproben und gab ihm als Beistand der gegebenen Aufgabe seinen (jüngeren) Bruder Drusus Claudius zur Seite, welchen Livia bereits in Caesars
Hause zur Welt gebracht hatte: (2) Die beiden griffen Räter und Vindeliker
getrennt marschierend an, versetzten zahlreiche Städte und Festungen in den
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Belagerungszustand und fochten auch noch in frontalem Ansturm glücklich
gegen diese Völker mit ihren bestens geschützten, äußerst schwer zugänglichen Plätzen, gegen diese Flut von Menschen voll grimmiger Wildheit,
kämpften unter größeren Gefahren für das Heer als unter (größeren) Verlusten und unterwarfen sie, wobei man ihnen einen hohen Blutzoll abforderte.
(3) Vor diesen Geschehnissen hatten Plancus und Paulus, im Streit voneinander getrennt, das Amt der Zensur inne gehabt, weder ihnen zur Ehre noch
dem Staate zum Nutzen, weil dem einen die Kraft, welche die Zensur erfordert, abging, und beim anderen die Lebensführung (dem Amte) widersprach: Paulus war der Aufgabe kaum gewachsen, Plancus hingegen musste
es (sc. seine Strenge) selbst fürchten, wo er doch den jungen Leuten rein gar
nichts vorhalten noch sich Vorwürfe über Dinge anhören konnte, welche er
als alter Mann nicht bei sich selbst ausmachte.
96, 1) Der darauf folgende Tod des Agrippa, welcher seine nicht adelige Herkunft in vielerlei Hinsicht geadelt und es so weit gebracht hatte, dass er der
Schwiegervater des Tiberius (Claudius) Nero wurde, und dessen Söhne Gaius
und Lucius der vergöttlichte Augustus adoptiert hatte, seine Enkel, brachte
(Tiberius) Nero in noch größere Nähe zu Caesar: Julia nämlich, dessen Tochter (sc. Tochter des Augustus) ehelichte ihn (Tiberius). (2) Im Anschluss daran wurde der Pannonische Krieg, welcher von Agrippa und dem Konsul
Marcus Vinicius, Deinem Großvater, begonnen worden war, von Nero fortgesetzt, größer und grausiger, welcher aufgrund seiner Nähe zu Italien bedrohlich war. (3) Die Stämme der Pannonier und Dalmater, die Lage ihrer Länder
und Verlauf ihrer Flüsse, Zahl und Bewaffnung der Krieger sowie die häufigen brillanten Siege unseres Feldherrn werden wir anderen Ortes (ausführlich) erörtern, denn dieses Werk hier soll nicht seinen Rahmen sprengen: Für
seinen Sieg in diesem Feldzug triumphierte Nero in Form der Ovation („kleiner Triumph“).
97, 1) Doch während in diesem Teil des Reiches alles aufs Glücklichste vonstatten ging, steckte man in Germanien unter General Marcus Lollius eine
Niederlage ein: Er war ein Mensch, der insgesamt gesehen eher aufs Geld
denn auf das rechte Tun erpicht war und im angestrengten Bestreben, seine
Laster zu verhehlen, dem Laster am heftigsten anheim gefallen: Niederlage
und Verlust des Adlers der Fünften Legion riefen Caesar nach Gallien, (2) und
im Anschluss daran wurden Durchführung und Mühen des Germanischen
Krieges Drusus Claudianus anvertraut, dem Bruder des Tiberius, einem jungen Mann so umfangreicher und so großer Energie und Tatkraft, wie sie ein
Mensch in diesem Umfange entweder von Natur aus besitze oder durch unablässiges Streben zur Vollendung führt. Ob ihm seine Begabung eher für die
Betätigung als Heerführer oder als Politiker zur Verfügung stand, bleibt im
Ungewissen: (3) Freilich sagt man, er sei aufgrund seiner liebenswürdigen
und leutseligen Art gegenüber Freunden, die er wie gleichgestellte behandel157
te, nachahmenswert gewesen; in der Schönheit der Gestalt kam er nämlich
seinem Bruder sehr nahe. Doch diesen Mann, den Bezwinger des größten
Teiles von Germanien, welcher auf mehreren Schlachtfeldern ein großes Blutvergießen unter diesem Volke angerichtet hatte, raffte die Unbill des Schicksals in seinem dreißigsten Lebensjahr hinweg. (4) Die Wucht dieses Krieges
wurde daraufhin (Tiberius Claudius) Nero übertragen, welchen dieser samt
seinem Glück mit der ihm eigenen Tatkraft und Energie beendete: Siegreich
marschierte er durch alle Gebiete Germaniens, ohne die geringsten Verluste
für die ihm anvertrauten Streitkräfte einzufahren, was diesem Heerführer
stets besonders am Herzen lag, und er unterwarf Germanien so gründlich,
dass er es fast schon in ein abgabepflichtiges, dauerhaft besetztes Gebiet umwandelte: Daraufhin wurden ihm ein zweiter Triumphzug sowie sein zweites
Konsulat verliehen.
98, 1) Während sich, was wir schilderten, in Pannonien und Germanien
ereignete, wurde ein grausiger Krieg in Thrakien entfesselt, nachdem sämtliche Stämme dieses Volkes mit Feuereifer zu den Waffen gegriffen hatten,
doch durch seine energische Tatkraft sorgte Lucius Piso, in welchem wir heute noch den wachsamsten und zugleich mildesten Wächter der Sicherheit unseres Staates besitzen, dafür, dass der Aufstand unterdrückt wurde: (2) Als
Caesars General kämpfte er nämlich drei Jahre mit ihnen, und nachdem er
die grausam wilden Stämme bald in offener Schlacht, bald beim Erstürmen
ihrer Festungen niedergemacht hatte, brachte er sie wieder in den ursprünglichen (politischen) Zustand zurück und gab dadurch (auch) Asia (WestTürkei) seine Sicherheit, Makedonien seinen Frieden wieder. (3) An diesem
Manne muss jeder zur Kenntnis nehmen und rühmen, dass sein Charakter in
glänzender Mischung aus Energie und Lässigkeit besteht und sich kaum jemand finden lässt, der einerseits dem Tun im Privatleben stärker zuneigt, anderseits sich gewissenhafter um die ihm gestellten Aufgaben kümmert, und
das ohne jede (eitle) Zurschaustellung seiner Tätigkeit.
99, 1) Kurze Zeit war vergangen, und Tiberius Nero stand nach zwei Konsulaten und ebenso vielen Triumphzügen als Teilhaber der Amtsgewalt des
Volkstribunen mit Augustus auf einer Stufe, unter den Bürgern (Roms) gleich
hinter dem einen (sc. Augustus), und das aus freiem Willen, er, der überragende, der größte Heerführer (Roms), in Ruf und Glück der Berühmteste,
wahrhaftig die zweite Leuchte, das zweite Haupt des Staates; (3) ferner besaß er eine wunderbare und unglaubliche sowie unbeschreibliche Liebe zu
seiner Familie, deren Grundlagen dann (schon) ans Tageslicht traten, als
Gaius Caesar die Toga der Männer angelegt hatte und sich Lucius (Caesar)
schon dem Erwachsenenalter entgegen reifte: Um nicht durch seinen eigenen Glanz die Anfänge der emporsteigenden jungen Männer zu verdunkeln,
verhehlte er (sc. Tiberius) die Ursache seines Vorhabens und erbat von seinem Schwieger- und Adoptiv-Vater (Augustus) Urlaub, (gewissermaßen) um
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sich von den ständigen Strapazen erholen zu können. (3) Wie gestaltet zu
dieser Zeit das Verhalten der Bürgerschaft war, wie die Stimmung der einzelnen Bürger, welche Tränen vergossen wurden von denjenigen, die sich von
diesem großen Manne trennten, wie ihm das Vaterland beinahe die Hand
auflegte, wollen wir uns für das große Werk (zu schildern) aufheben. (4) Jenes ist aber auch in diesem Abriss festzustellen: Er hielt sich sieben Jahre lang
in einer Weise zu Rhodos auf, dass alle, welche als ehemalige Konsuln oder
Generäle in die eroberten Gebiete jenseits des Meers fuhren, in Rhodos halt
machten, um ihn zu sehen, und wenn sie mit ihm zusammentrafen, dann
senkten sie jedes Mal ihre Fasces (Zeichen der Amtsgewalt) vor ihm, dem Privatmann, falls denn diese seine Ehrfurcht gebietende Gestalt jemals eine private war, und taten damit kund, dass sein Leben jenseits des Staatsdienstes
ehrenvoller sei als (früher) seine (amtliche) Befehlsgewalt.
100, 1) Es spürte der Erdkreis, dass Nero den Wachtposten der Stadt verlassen hatte, denn der Parther fiel ab vom Bündnis mit Rom und griff nach Armenien und Germanien erhob sich, nachdem sich seines Überwinders Augen
abgewendet hatten. (2) Doch in der Stadt selbst, im selben Jahre, in welchem Augustus unter seinem eigenen sowie des Gallus Canidius Konsulate
nach der Einweihung des Marstempels unvergleichlich prächtige Gladiatorenspiele und das Spektakel einer Seeschlacht den Augen des römischen Volkes darbot – von jetzt an gerechnet vor dreißig Jahren – kam in seinem eigenen Hause ein Unheil zum Ausbruch, abscheulich zu erwähnen und, wenn
man sich daran erinnert, schaudererregend. (3) Denn seine Tochter Iulia,
welche ganz und gar nicht an ihren so großen Vater (Augustus) und Mann
(Tiberius) dachte, ließ in ihrer Verschwendungssucht und sexuellen Gier
nichts unversucht, was an Schändlichem eine Frau entweder selbst tun oder
an sich vollziehen lassen kann und wähnte, ihre hohe Stellung gestatte ihr
die freie Ausübung sämtlicher Laster, indem sie alles, was ihr Lust bereite, als
erlaubt beanspruchte: (4) Iulus Antonius, einzigartiges Beispiel für Caesars
Milde, nunmehr Schänder seines Hauses, ward selbst zum Rächer des eigenen Verbrechens: Augustus hatte ihn nach dem Sieg über seinen Vater (Marcus Antonius) nicht nur damit beschenkt, dass er ihn unversehrt beließ, sondern sogar mit einem Priesteramt, der Prätur, dem Konsulat und der Verwaltung besetzter Gebiete ehrte und ihn obendrein dadurch, dass er ihm die
Tochter seiner Schwester (Octavia) zur Frau gab, in die allerengste Verwandtschaft aufgenommen hatte. (5) Quintius Crispinus, welcher seine einzigartige Verworfenheit gewöhnlich hinter einer überaus strengen Miene verbarg,
Appius Claudius, Sempronius Gracchus, Scipio und weitere Männer weniger
bekannten Namens aus den beiden (oberen) Ständen wurden nur so bestraft, als ob sie mit einer beliebigen Frau Ehebruch getrieben hätten, obwohl
sie sich doch an Caesars Tochter und der Ehefrau des Tiberius vergangen hätten: Iulia wurde auf eine (kleine) Insel verbracht und so den Augen des Va-
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terlandes sowie der Eltern entzogen; ihre (leibliche) Mutter Scribonia freilich
begleitete sie und teilte als freiwillige Gefährtin mit ihr die Verbannung.
101, 1) Eine kurze Zeitspanne war seitdem verflossen, da wurde Gaius Caesar, nachdem er zuvor andere Bezirke des Reiches besucht hatte, um dort
nach dem Rechten zu sehen, nach Syrien entsandt, war aber zuvor mit Tiberius Nero zusammengetroffen, dem er alle Ehrerbietung – wie einem höher
Gestellten – entgegen brachte. In Syrien angekommen, verhielt er sich dermaßen launisch, dass es nicht an reichlichen Fakten fehlt, ihn einerseits zu loben und auch andererseits zu tadeln. Mit dem König der Parther, einem herausragenden jungen Mann, traf er sich auf einer Insel, um welche der Euphrat strömte, und beide hatten ein gleichgroßes Gefolge dabei. (2) Dieses
Schauspiel mitzuerleben, wo am einen Ufer die römischen Truppen, am andern die der Parther aufmarschiert waren, während die beiden alles überragenden Häupter ihrer jeweiligen Reiche und Bevölkerungen sich trafen, war
mir persönlich vergönnt, denn während dieses berühmten und denkwürdigen Ereignisses nahm meine militärische Laufbahn im Range eines Tribunus
(hoher Offizier) ihren Anfang: (3) In diesen militärischen Rang wurde ich
schon unter deinem Vater, mein Marcus Vinicius, und unter Publius Silius in
Thrakien und Makedonien befördert. Nachdem ich anschließend in Achaia
(Griechenland) und Asia (West-Türkei) und sämtlichen Reichsgebieten des
Ostens stationiert war, sowie an beiden Küsten des Schwarzen Meeres, genieße ich bis heute die recht angenehme Erinnerung an so viele Dinge, Plätze, Völker und Städte: Als erster speiste der Parther bei Gaius auf unserem,
anschließend dieser beim König auf dem feindlichen Ufer.
102, 1) In dieser Zeit verbreitete sich das Gerücht, die hinterhältigen in einem verschlagenen Hirn ersonnenen Pläne des Marcus Lollius, welchen Augustus der Jugend seines Sohnes (adoptierten Enkels) als Ratgeber zur Seite
hatte stellen wollen, sei (Gaius) Caesar durch den Parther(-König) angezeigt
worden: Ob des Lollius binnen weniger Tage erfolgter Tod ein zufälliger oder
ein freiwilliger war, entzieht sich meinen Kenntnissen. Doch ebenso, wie die
Leute sich über sein Hinscheiden freuten, war die Gemeinde kurz darauf betrübt darüber, dass (Marcius) Censorinus in denselben Reichsgebieten verstorben war, ein Mann, wie geboren für den Gewinn der Zuneigung der
Menschen. (2) Darauf reiste Gaius nach Armenien und machte zu Beginn des
Besuches seine Sache erfolgreich; dann aber wurde er in der Umgebung von
Artagera während einer Unterredung, welcher er sich auf unbesonnene Weise anvertraut hatte, von einem Mann namens Adduns schwer verwundet,
wodurch einerseits sein Körper dahinzuschwinden begann und andererseits
sein Geist den Staatsgeschäften zunehmend nicht mehr gewachsen war. (3)
Dabei fehlte es nicht an Umgang mit Menschen, die seine Fehler dadurch förderten, dass sie ihm (in allem) zustimmten – die Schmeichelei ist freilich Begleiterin der Personen, welche sich in herausgehobener Stellung befinden –
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wodurch er dahin gebracht wurde, dass er lieber in diesem hintersten und
entlegensten Winkel des Erdkreises dem Greisenalter entgegen leben wollte
als nach Rom zurückzukehren. Lange Zeit rang er mit sich, und als er sich
dann widerwillig auf die Rückreise nach Italien begab, starb er in einer Stadt
Lykiens – man nennt sie Limgra – infolge einer Krankheit, wo doch sein Bruder Lucius Caesar schon vor etwa einem Jahr zu Massilia heimgegangen war,
während er sich auf einer Reise nach Spanien befand.
103, 1) Aber das Schicksal, welches die Hoffnung auf den großen Namen
(Caesar) zunichte gemacht hatte, hatte schon damals dem Staate seinen
Schutz und Schirm zurückgegeben, denn bereits vor dieser beider Tod, unter
dem Konsulate deines Vaters Publius Vinicius, war (Tiberius) Nero aus Rhodos zurückgelehrt und hatte dadurch das Vaterland mit unglaublicher Freude
erfüllt. (2) Caesar Augustus zögerte nun nicht mehr lange, denn er musste
nicht suchen, wen er erwählen sollte, sondern brauchte nur denjenigen zu
küren, welcher (alle) überragte. (3) Was er nach des Lucius Tode hatte tun
wollen, als Gaius noch am Leben war, woran er aber durch Neros zähen Widerstand gehindert war, setzte er jetzt nach dem Hinscheiden der beiden jungen Männer hartnäckig durch, indem er Nero zum Mitinhaber der Amtsgewalt des Volkstribuns machte, obgleich dieser zu Hause und im Senat häufig
seinen Widerspruch dagegen einlegte, und nahm ihn am 26. Juni (4 v. Chr.),
750 Jahre nach Gründung der Stadt, nunmehr vor 27 Jahren an Sohnes statt
an.
104, 1) An demselben Tage wurde auch Marcus Agrippa adoptiert, welchen
Iulia nach dem Tode (seines Vaters) Agrippa geboren hatte, doch wurde bei
Neros Adoption folgendes aus Caesars eigenem Munde stammende Wort
hinzugefügt: »Dies tue ich«, sagte er, »um des Staates willen.« (2) Nachdem
sein wachsamer Bewahrer sich noch nicht lange in der Stadt aufgehalten hatte, schickte ihn der Staat schon nach Germanien, wo drei Jahre zuvor unter
Marcus Vinicius, deinem Großvater, dem hochberühmten Manne, ein gewaltiger Krieg ausgebrochen war: An gewissen Plätzen war er schon von diesem
geführt worden, an gewissen glücklich zum Stehen gebracht, und aus diesem Grunde waren ihm die Triumphal-Abzeichen, verbunden mit einer überaus ehrenvollen Inschrift seiner Taten, verliehen worden. (3) Dieser Zeitpunkt
machte mich, der ich (schon) zuvor das Tribunat (Offizier) inne gehabt hatte,
zum Soldaten in Tiberius Caesars Armee, denn unmittelbar nach seiner Adoption schickte man mich als Reiteroberst nach Germanien, Amtsnachfolger
meines Vaters; ich war dann neun Jahre lang als Reiteroberst und Offizier Augenzeuge seiner (sc. des Tiberius) – göttergleichen Taten und – soweit es
meine mittelmäßige Begabung zuließ – sein Helfer, und solch einem Schauspiel, wie ich es genossen habe, so scheint es mir, wird kein Sterblicher mehr
beiwohnen: Im berühmtesten Teil Italiens und weit und breit über die (beiden) gallischen Bezirke sah man den alten Feldherrn wieder, welcher ob sei161
ner früheren Verdienste jetzt Caesar geworden war, und ein jeder gratulierte
sich selber noch mehr dazu als jenem. (4) Und erst die Freudentränen der
Soldaten, welche bei seinem Anblick flossen, ihr Eifer sowie der einzigartige
Jubel bei seiner Begrüßung und dazu ihr sehnlicher Wunsch, seine Hand zu
berühren, während sie sich nicht zurückhielten und auf der Stelle hinzufügten: »Ja, sehen wir dich wieder, Feldherr! Erhalten wir dich wohlbehalten zurück?!« Und dann: »Ich war mit dir in Armenien, mein Feldherr! Ich in Rätien!
Ich wurde von dir bei den Vindelikern, ich in Pannonien, ich in Germanien
ausgezeichnet!« Das (alles) kann man nicht mit Worten wiedergeben und
vielleicht sogar keinen Glauben finden!
105, 1) Unverzüglich marschierte man in Germanien ein: Die Canninefaten,
Attuarier und Brukterer wurden unterworfen, die Cherusker als Bundesgenossen angenommen – aus diesem Stamm entsprossen war Arminius, bald
durch unsere Niederlage berühmt – die Weser wurde überschritten; man
drang tiefer ins Innere (des Landes) vor, wobei (Tiberius) Caesar den schwierigsten und gefährlichsten Teil des Unternehmens für sich alleine beanspruchte und diejenigen Unternehmungen, bei welchen es um weniger ging,
an Sentius Saturninus delegierte, welcher seinerzeit unter seinem Vater Offizier in Germanien gewesen war, (2) einen in seiner energischen Tatkraft vielseitigen Mann, tüchtig, entschlossen zum Handeln, vorausschauend, im
Kriegsdienst so zäh wie kenntnisreich; sobald ihm aber der Dienst die Gelegenheit zum Ausleben der Freizeit ließ, genoss er sie großzügig und mit so
viel Anstand, dass man ihn eher für einen Glanz verströmenden heiteren Charakter denn einen genusssüchtigen Müßiggänger halten konnte. Über das
strahlende Wesen dieses Mannes und sein berühmtes Konsulat haben wir
schon oben (2, 92) gehandelt. (3) Der (ursprünglich geplante) Sommerfeldzug dieses Jahres wurde bis in den Dezember hinein geführt und bescherte
uns einen grandiosen Sieg. Treue Familienbande zogen Tiberius dann über
die durch den Winter so gut wie unpassierbaren Alpen in die Stadt und zum
Schutz des Reiches bei Frühlingserwachen wieder zurück nach Germanien,
inmitten von dessen Gebieten er an der Quelle des Flusses Lippe als erster ein
(römisches) Feldlager aufgeschlagen hatte, bevor er sich auf die Abreise
machte.
106, 1) Ihr guten Götter, wie viele Bände brauchte es zu schildern, was wir
im darauf folgenden Sommer unter der Führung des Tiberius Caesar vollbrachten! Mit Waffengewalt wurde ganz Germanien durchkämmt, Völker unterlagen uns, welche kaum dem Namen nach bekannt waren; die Stämme
der Chauken wurden zu unseren Schutzbefohlenen. Ihre gesamte Jungmannschaft, zahllose Männer riesigen Wuchses, aufgrund der Lage ihrer Wohngebiete absolut sicher lebend, übergab uns samt den Waffen ihre Führer, und
sie warfen sich – umgeben von der blinkenden Wehr all unserer Soldaten –
vor dem empor ragenden Sitz unseres Feldherrn in den Staub. (2) Zerschla162
gen wurde der Stamm der Langobarden, wilder noch als die übrigen Germanen in ihrer Wildheit. Schließlich aber wurde die römische Armee – was man
niemals zuvor auch nur zu hoffen gewagt hatte und niemals in Angriff genommen worden war – samt ihren Feldzeichen vierhundert Meilen weit vom
Rheine weg bis an die Elbe geführt, welche am Gebiet der Semnonen und
Hermunduren vorüberfließt. (3) Und dank der gleichen glückhaften Vorsorge
unseres Feldherrn sowie infolge exakter Beachtung der Jahreszeiten fuhr unsere Flotte, welche die Buchten des Weltmeeres umfahren hatte, aus eben
diesem Meere heraus, von welchem man bislang nichts gehört noch erfahren
hatte, und die Elbe hinauf: Nach unserem Sieg über zahlreiche Völker vereinigte sie sich samt einer Überfülle aller Versorgungsgüter mit Caesars Heer.
107, 1) Ich möchte es mir (an dieser Stelle) nicht versagen, solch einer Fülle
großer Taten folgendes hinzuzufügen, auch wenn es unbedeutend ist: Als
wir am diesseitigen Ufer des oben genannten Flusses unser Lager aufgeschlagen hatten und am jenseitigen die Waffen der feindlichen Krieger blitzten,
welche bei jedem Angriffsversuch unserer Schiffe unverzüglich zurückwichen,
da stieg einer der Barbaren, ein Mann höheren Alters, von überragender Köpergröße und, wie seine Kleidung bezeugte, von hohem politischen Range in
einen Einbaum-Kahn, die dort übliche Bauart, steuerte dieses so gestaltete
Wasserfahrzeug ganz alleine, gelangte bis zur Mitte des Stromes und äußerte
die Bitte, es möge ihm unter freiem Geleit gestattet sein, an eben das Ufer zu
gelangen, welches wir mit Waffengewalt hielten und Caesar zu sehen. (2)
Auf seine Bitten hin gab man ihm die Gelegenheit: Da legte er mit seinem
Boot an, betrachtete Caesar lange Zeit schweigend und sprach dann: »Unsere jungen Männer sind verrückt geworden, indem sie Euch in Eurer Abwesenheit wie einen Gott verehren; denn wenn Ihr anwesend seid, ziehen sie es
vor, Eure Waffen zu fürchten statt zu Euren Gefolgsleuten zu werden. Ich
aber habe dank Deiner Erlaubnis und aufgrund Deiner Wohltat, Caesar, heute die Götter gesehen, von welchen ich bisher nur hörte. Keinen glücklicheren Tag meines Lebens habe ich mir jemals erhofft noch erlebt.« Nachdem er
es noch erlangt hatte, Caesars Hand zu fassen, kehrte er wieder zu seinem
Kahn zurück und ließ sich – unverwandt auf ihn zurückblickend – ans Ufer
seiner eigenen Leute treiben. (3) Siegreich über sämtliche Stämme und Plätze, die er angegriffen hatte, führte Caesar seine Legionen ins Winterlager zurück; das Heer hatte nicht die geringsten Verluste erlitten und war nur einmal
vom Feind durch einen Hinterhalt herausgefordert worden, welcher diesem
aber eine verheerende Niederlage bescherte: Dann zog es ihn (sc. Tiberius
Caesar) mit gleicher Hast wie im Vorjahr zurück zur Stadt.
108, 1) Nichts mehr war in Germanien übrig, was hätte besiegt werden können, einmal abgesehen vom Stamm der Markomannen, welche sich unter ihrem Führer Maroboduus (Marbod) aus ihren Wohnsitzen zurückgezogen
hatten und nun diejenigen Gebiete besiedelten, die der Herkynische Wald
163
umschloss. (2) Keine (noch so große) Eile rechtfertigt es, diesen Mann unerwähnt zu lassen: Maroboduus entstammte einem Adelsgeschlecht, verfügte
über ungewöhnlich große Körperkräfte, eine wilde Art und war mehr seiner
Volkszugehörigkeit denn seinem Verstande nach ein Barbar. Die Führung,
welche er sich unter Seinesgleichen eroberte, war keine chaotische oder zufällige und unbeständige sowie auf der Zustimmung von (freiwillig) Gehorchenden beruhende, sondern fasste eine sichere Macht, und zwar die königliche Gewalt ins Auge: Er beschloss, mit seinem Volk weit weg von den
Römern zu ziehen und dorthin zu gehen, wo er, weil er sich vor den Streitkräften der Stärkeren zurückgezogen hatte, seine eigenen zu den stärksten
machen konnte. Nachdem er also die Plätze, welche wir erwähnten, besetzt
hatte, brachte er entweder sämtliche Nachbarn durch Krieg unter seine Herrschaft oder machte sie über Verträge zu seinen Gefolgsleuten.
109, 1) Die Truppe derjenigen Leute, welche sein Reich schützten, brachte er
durch andauerndes Exerzieren fast in den Zustand römischer Zucht und Ordnung, führte sie in kurzer Zeit zu einem überragenden und sogar unserem
Reiche furchterregenden Gipfel, verhielt sich jedoch gegenüber den Römern
so, dass er uns nicht zu einem Krieg herausforderte, jedoch kundtat, ihm
stünden Kraft und Wille zum Widerstand in reichem Maße zur Verfügung,
wenn er denn herausgefordert würde. (2) Die Botschafter welche er zu den
Caesares (Augustus und Tiberius) entsandte, empfahlen ihn zuweilen (fast)
wie einen Unterwürfigen, zuweilen sprachen sie aber von ihn, als ob er mit
ihnen auf gleicher Augenhöhe stünde. Stämme der (einzelnen) Menschen,
welche von uns abfielen, fanden bei ihm Zuflucht, und insgesamt betrachtet
führte er sich unverhohlen als Rivale (Roms) auf. Das Heer, das er aus 70.000
Fußsoldaten und 4.000 Berittenen gebildet hatte, bereitete er durch ständige
Kriegszüge gegen die Nachbarn auf eine größere Aktion vor als diejenige,
welche er gerade ausführte: (3) Auch deshalb war er (für uns) furchterregend, da er Germanien zur Linken und auch vor sich, Pannonien zu seiner
Rechten und im Rücken seines Territoriums die Noriker hatte: Weil er anscheinend stets (gleichzeitig) gegen sie allesamt marschieren wollte, wurde er
auch von allen gefürchtet. (4) Und er ließ es nicht zu, dass Italien angesichts
seines Machzuwachses sorglos bleiben konnte, insbesondere, weil von den
höchsten Bergketten der Alpen, welche Italiens Grenze markieren, dieses sein
Reich in nicht mehr als 200 Meilen Entfernung seinen Anfang nimmt. (5) Diesen Mann und diese Gegend beschloss Tiberius Caesar im folgenden Jahr aus
zwei verschiedenen Richtungen anzugreifen: Sentius Saturninus wurde beauftragt, durch das Land der Chatten hindurch eine Schneise in die zusammenhängenden Wälder Herkyniens zu schlagen und so mit seinen Legionen
nach Boiohaemum (Böhmen) zu marschieren – so lautete der Name des Gebietes, welches Maroboduus bewohnte. Er selbst (Tiberius) machte sich auf,
von Carnuntum (bei Wien) aus, welches eine Ortschaft des Königreiches No-
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ricum war und jener Stelle (sc. Böhmen) am nächsten lag, seine Armee (persönlich) gegen die Markomannen zu führen.
110, 1) Gelegentlich durchkreuzt das Schicksal die Pläne der Menschen, gelegentlich verzögert es sie: (Tiberius) Caesar hatte bereits sein Winterlager an
der Donau vorbereitet, nachdem er sein Heer nach vorne geschoben hatte,
nicht mehr weiter als fünf Tagesmärsche von der feindlichen Vorhut entfernt,
(2) und die Legionen, welche nach Beschlusslage Saturninus heranrücken
ließ, befanden sich in nahezu gleichem Abstand zum Feind und waren dabei,
sich binnen weniger Tage am ausgemachten Ort mit Caesar zu vereinigen,
da griff das gesamte Pannonien zu den Waffen, übermütig geworden durch
des langen Friedens gute Gaben, strotzend vor Streitkräften, nachdem man
Dalmatien samt allen dort ansässigen Stämmen in den Plan eingeweiht und
mit ihnen ein Bündnis geschlossen hatte. (3) In dieser Lage opferte man den
Ruhm dem Zwang, und es war allem Anschein nach der Sicherheit (des Reiches) nicht förderlich, die Armee ins Hinterland zu stecken und Italien zu verlassen, während der Feind in unmittelbarer Nähe stand: Die vollzählige Anzahl (der Menschen) der Völker, die sich erhoben hatten, belief sich auf mehr
als 800.000. Fast 200.000 Fußsoldaten bot man auf, 9.000 Berittene. (4) Ein
Teil dieser unermesslichen Menge, die äußerst verwegenen und erfahrenen
Führern unterstand, hatte beschlossen, Italien anzugreifen, welches mit Nauportus und Tergeste unmittelbar an ihr Land angrenzte; ein Teil hatte sich
nach Makedonien ergossen, ein (dritter) Teil war entschlossen, der Heimat
Schutz und Schirm zu sein. Das höchste Ansehen genossen (bei ihnen) die
beiden Führer Bato und Pinnetes. (5) Bei sämtlichen Pannoniern war jedoch
nicht nur die (militärische) Zucht und Ordnung (Roms), sondern auch die
Kenntnis der römischen Sprache verbreitet; die meisten konnten lesen und
schreiben, und der Gebrauch der Waffen war ihnen vertraut. Und beim Herkules! Niemals hat ein Volk dermaßen rasend auf seine Kriegspläne die
Kriegsführung folgen lassen und das Beschlossene in die Tat umgesetzt! (6)
Überwältigt wurden (dort) die römischen Staatsbürger, abgeschlachtet die
Händler, eine große Zahl von Reservisten, welche am weitesten vom Feldlager entfernt lebten, wurden in dieser Gegend bis auf den letzten Mann niedergemetzelt, Makedonien mit Waffengewalt besetzt, alles überall mit Feuer
und Schwert verwüstet; ja, der von diesem Krieg ausgehende Schrecken war
so groß, dass er sogar Caesar Augustus, welcher doch durch so große Kriegserfahrung darin (eigentlich) eine sichere und feste Haltung erworben hatte,
erschütterte und in Angst und Schrecken versetzte.
111, 1) Daher wurden Rekruten einberufen, von überall her rief man sämtliche altgedienten Soldaten zur Fahne zurück, Männer und Frauen wurden gemäß ihrer Vermögensschätzung dazu gewzungen, einen Freigelassenen als
Soldaten auszurüsten. Man hörte die Stimme des Führers (Princeps) im Senat
erschallen: Binnen zehn Tagen könne der Feind in Sichtweite Roms erschei165
nen, wenn man nichts dagegen unternähme; von den Senatoren und römischen Rittern würden Hilfszahlungen für diesen Krieg erwartet: Sie versprachen es! (2) Doch all dies hätten wir vergebens in Angriff genommen, hätte
es nicht den Mann gegeben, welcher das Kommando übernahm. So forderte
der Staat von Augustus, er möge – gleichsam als Bollwerk seiner Grenzen –
mit diesem Kriege Tiberius betrauen, (3) und es besaß auch in diesem Feldzug unsere Wenigkeit den Platz für einen besonders hohen Dienst: Nach dem
Ende meiner Zeit als Reiteroffizier war ich zum Quästor bestimmt worden,
ohne mein Amt schon angetreten zu haben, und – obzwar noch kein Mitglied des Senats – doch schon den Senatoren gleichgestellt sowie auch den
künftig amtierenden Volkstribunen; einen Teil unserer Armee vertraute mir
Augustus persönlich an, und ich führte ihn zu seinem Sohn (Tiberius). (4) In
meinem Amte als Quästor gab ich das mir zugeloste zu verwaltende Gebiet
wieder zurück und wurde als General desselben (Augustus) zu demselben
(Tiberius) entsandt: Welch Kampfreihen des Feindes sahen wir im ersten
Kriegsjahr! Bei welch ausgezeichneten Gelegenheiten entkamen wir durch
die kluge Umsicht unseres Führers ihrer rasenden vereinigten Streitmacht
und manövrierten sie dann Teil für Teil aus! Welch großen Einsatz zugleich
unseres Führers sahen wir, wenn er seine Autorität zum allgemeinen Nutzen
einsetzte! Mit welcher Klugheit wurden die Winterquartiere angelegt! Mit
welch großer Geschicklichkeit war der Feind durch die wachsamen Truppen
unserer Armee eingeschlossen, so dass er nirgendwo mehr hervorbrechen
konnte und – auf diese Weise unfähig, seine Truppen zu mobilisieren – nur
noch gegen sich selbst wütete und dabei erlahmte!
112, 1) Glücklich endete es, das tapfere Unternehmen des (Valerius) Messalinus im ersten Sommer des Krieges und ist hiermit der historischen Überlieferung anvertraut: (2) Dieser Mann, von seiner Gesinnung her noch edler als
seiner vornehmen Abstammung nach, verdiente es im höchsten Maße, Corvinus zum Vater zu haben und seinen Beinamen (Messalinus) dem Bruder zu
hinterlassen; als Verwalter des Illyricums war er anlässlich eines plötzlichen
Aufstandes samt seiner nur auf halber Mannschaftstärke bestehenden Zwanzigsten Legion vom gegnerischen Heer eingekesselt worden, doch dann jagte er mehr als 20.000 Feinde in eine wilde Flucht und wurde aus diesem
Grunde mit den Abzeichen eines Triumphators geschmückt. (3) So sehr aber
gefielen sich die Barbaren angesichts ihrer Überzahl, so groß war ihr Vertrauen auf die eigenen Streitkräfte, dass sie überall, wo (Tiberius) Caesar war, gar
nichts mehr auf ihre Sache gaben! Eine Abteilung ihres Heeres, welche unserem Führer selbst die Stirne bot, wurde von uns nach Lust und Laune hingeschlachtet oder dem Hungertod überlassen. Die Feinde wagten es weder,
Caesars Vormarsch aufzuhalten noch, mit unseren Soldaten handgemein zu
werden, welche ihnen die Schlacht anboten und sich schon in Formation aufstellten; vielmehr besetzten sie nur den Claudischen Berg und gingen hinter
einer Verschanzung in Abwehrstellung. (4) Ganz anders aber agierte dieser
166
Teil (der Barbaren), welcher jenem Heere entgegen geflutet war, das Aulus
Caecina und Silvanus Plautius, beide ehemalige Konsuln, aus Gebieten jenseits des Meeres hatten kommen lassen, umzingelte unsere fünf Legionen
samt leichtbewaffneten Hilfstruppen sowie die Reiterei des Rhoimetalkes, des
Königs von Thrakien – dieser vereinigte nämlich mit den oben genannten Generälen seine große thrakische Truppe, welche er (zu deren Unterstützung)
in diesen Krieg heranführte – und brachte ihnen allen eine beinahe vernichtende Niederlage bei: (5) In die Flucht geschlagen wurde die Kampflinie der
königlichen Reiterei, in die Flucht geschlagen wurden die (römischen) Reiterabteilungen und Kohorten; Teile der Kerntruppen wandten den Rücken, und
auch bei den Legionsadlern kam (schon) das Zittern und Zagen auf. Aber zu
diesem Zeitpunkt beanspruchte die entschlossene Tatkraft des einfachen römischen Soldaten einen größeren Anteil des Ruhmes als den, welchen er
noch seinen Führern überließ, die im großen Unterschied zum Oberkommandierenden (Tiberius) gegen den Feind (schon) anstürmen ließen, bevor sie
durch Kundschafter überhaupt wussten, wo genau er sich befand. (6) Schon
waren die Legionen in argen Schlamassel geraten, da machten sie sich selber
Mut, obgleich vom Feind schon etliche Militärtribune (mittlere Offiziere), der
Lagerkommandant und vorgesetzte Offiziere der Kohorten abgeschlachtet
worden und auch die Centurionen nicht ohne Blessuren davon gekommen
waren. Dann griffen sie den Feind an, gaben sich nicht damit zufrieden, die
Front gehalten zu haben, sondern schafften den Durchbruch durch seine Formation und blieben im unverhofften Siege siegreich. (7) Ungefähr in dieser
Zeit geschah folgendes: Agrippa (postumus), der am selben Tage wie Tiberius von seinem leiblichen Großvater (Augustus) adoptiert worden war und
bereits seit zwei Jahren erkennen ließ, was für ein Mensch er war, geriet in
staunenswerter Verworfenheit des Geistes und Charakters auf die schiefe
Bahn und entfremdete sich seinem Vater und Großvater: Als dann seine Laster von Tag zu Tag zunahmen, ging es mit ihm entsprechend seiner Raserei
(rasch) zu Ende.
113, 1) vernimm nun, mein Marcus Vinicius, dass Tiberius ein ebenso großer
Führer im Kriege war, wie Du ihn als Friedensfürst kennst: Nachdem die Heere vereinigt waren, welche unter Caesars Befehl gestanden und die zu ihm
gestoßen waren, und auf diese Weise in ein und demselben Lager zehn Legionen zusammengezogen waren, mehr als siebzig Kohorten, dazu zehn Abteilungen Berittener, dabei mehr als 10.000 alterfahrene Soldaten und dazu
eine beträchtliche Anzahl Freiwilliger sowie die zahlenmäßig starke Reiterei
des Königs, war schließlich eine so gewaltige Streitmacht zusammengekommen, wie es seit Beilegung des Bürgerkrieges keine mehr gegeben hatte; alle
waren aus eben diesen Gründen voller Freude und bauten auf die Zahl die
größte Siegeszuversicht. (2) Ganz im Gegenteil jedoch zog unser Feldherr,
der selbst am besten zu beurteilen wusste, was er tat, das Nützliche dem
Spektakulären vor und tat das, was ich ihn in allen Kriegen tun sah, indem er
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verfolgte, was Zustimmung verdiente und nicht, was allgemeine Zustimmung
fand: Das Heer, welches angelangt war und sich wenige Tage von den Strapazen des Marsches ausruhte, beschloss er zu zerlegen, weil zu groß, als dass
man es leiten könne und daher für das Manövrieren alles andere als handlich. (3) Er geleitete es auf einem langen und sehr beschwerlichen Marsch,
dessen Härte man kaum wiedergeben kann, auf solche Weise, dass es keiner
(der Barbaren) es wagte, die Gesamtstreitkräfte anzugreifen, aber auch ihre
(sc. der Barbaren) vereinigten Streitkräfte sich nicht gegen eine einzelne Abteilung der Abziehenden wenden konnte, weil ein jeder um sein Territorium
fürchtete: So sandte er (sc. Tiberius) sie dorthin zurück, von wo aus sie gekommen waren, kehrte zu Beginn eines grausig strengen Winters nach Siscia
zurück und machte seine Generäle, unter denen wir persönlich waren, zu
Kommandeuren der auf die (einzelnen) Winterquartiere verteilten Mannschaften.
114, 1) Oh, du Sache, die du in Worten ausgedrückt gar nicht überragend,
aber doch von fester, wahrhaft edler Tatkraft bist, großartig im praktischen
Nutzen, himmlisch, wenn man dich erfahren durfte, du in deiner Menschlichkeit einzigartige! Im gesamten Verlauf des germanischen und pannonischen
Krieges war kein einziger von uns, ganz gleich, ob er unseren Rang bekleidete oder über oder unter uns stand, von Krankheit befallen, dessen vollständige Genesung Caesar nicht in solchem Maße am Herzen gelegen hätte, als ob
er, jener Mann, der von solch einer Masse an schwerster Arbeit überhäuft
war, alleine für diese Aufgabe Zeit hätte! (2) Ein Wagen samt angeschirrten
Zugtieren stand bereit, wenn man sehnlichst danach verlangte, und seine
Sänfte stand dem allgemeinen Gebrauch zur Verfügung, deren Benutzung
ich neben anderen genossen habe: Auch seine Ärzte, auch seine private Feldküche, auch die Badeeinrichtung, welche einzig und alleine für ihn mitgeschleppt wurde, stand der Gesundung eines jeden frei zur Verfügung; nur
sein (fürstliches) Haus samt den Dienern war nicht dabei; sonst fehlte kein
Dienst, den man sich von jenem entweder hätte leisten lassen oder nach dem
man hätte verlangen können. (3) Hinzufügen möchte ich noch, was ein jeder
unverzüglich bestätigen wird, der in diesen Zeiten vor Ort war, (ebenso) wie
auch das Übrige, welches ich (oben) referiert habe: Als einziger war Tiberius
grundsätzlich zu Pferde unterwegs, als einziger speiste er mit denjenigen,
welche er während der Sommerfeldzüge eingeladen hatte, im Sitzen: Mit Kameraden, die gegen die militärische Zucht und Ordnung verstoßen hatten,
übte er Nachsicht, wenn sie kein übles Vorbild abgaben; aufmunterndes
Mahnen war bei ihm häufig anzutreffen, Tadel mit Maßen, Strafe äußerst selten. Er beschritt einen goldenen Mittelweg, nahm vieles scheinbar nicht zur
Kenntnis und schritt nur gelegentlich ein: (4) Der Winter ließ uns dann dank
dem beigelegten Kriege aufatmen; im folgenden Sommer jedoch bat dann
ganz Pannonien um Frieden; nur in Dalmatien verblieben letzte Brandnester
des Krieges: Wie sich nun jene grausigen jungen Krieger von so vielen Tau168
senden, die noch kurz zuvor Italien die Sklaverei angedroht hatten, die Waffen, welche sie benutzt hatten, beim Fluss Bathinus zusammentrugen und
sich (dann) allesamt unsrem Feldherrn zu Füßen warfen, und wie von Batho
und Pinnetes, ihren überragenden Führern, der eine in Gefangenschaft geraten war und der andere sich (freiwillig) auslieferte, das werde ich, so hoffe
ich, in meinem richtigen Geschichtswerk der Reihe nach berichten. (5) Im
Herbst wurde das siegreiche Heer ins Winterlanger zurückgeführt, und Caesar ernannte Marcus Lepidus zum Oberkommandierenden, einen Mann, welcher aufgrund seines Namens und Lebenslaufes den Caesares sehr nahe
steht. Je besser jedermann ihn kennen lernen oder verstehen konnte, desto
mehr bewundert und schätzt er ihn und hält ihn für eine Zierde innerhalb
des Kreises so großer Namen, von denen er seine Herkunft ableitet.
115, 1) (Tiberius) Caesar richtete nun Augenmerk und Streitkräfte auf seine
zweite schwere Aufgabe, den Dalmatinischen Krieg. Was für einen Mitarbeiter und General er in diesem Gebiet in Person meines Bruders Magius Velleianus hatte, ist durch Tiberius‘ eigene sowie seines Vaters (Augustus) lobende
Worte bezeugt; außerdem verzeichnet die geschichtliche Überlieferung seine
höchsten Ehrungen, mit welchen ihn Caesar anlässlich seines Triumphzuges
beschenkte. (2) Zu Sommeranfang führte Lepidus das Heer aus seinen Winterquartieren und marschierte durch das Gebiet vom Stämmen hindurch,
welche bisher vom Krieg unberührt und verschont geblieben waren und sich
daher wild und ungebärdig aufführten, auf Tiberius zu, seinen Oberkommandierende: Nachdem er einerseits mit dem schwierigen Gelände, andererseits
mit der Masse der Feinde gerungen hatte, gelangte er dann, nachdem er
denjenigen, welche Widerstand leisteten, eine große Niederlage beigebracht
hatte, ihre Felder verwüstet, ihre Häuser niedergebrannt, ihre Männer erschlagen hatte, voller Freude über seinen Sieg und mit Beute beladen zu Caesar. (3) Ihm wäre dafür ein Triumphzug zugestanden worden, wenn er all
dies unter eigener Amtsausübung vollbracht hätte; so aber wurde er auf Antrag des Senates in Übereinstimmung mit den (beiden) Führern (Pricipes)
nur mit den Abzeichen eines Triumphators beschenkt. (4) In diesem Sommer
fand der gewaltige Krieg sein Ende, denn die Perusten und Desidiaten Dalmatiens, durch ihr gebirgiges Gelände, ihre wilde ungestüme Art, ihre bewundernswerte Erfahrung im Kämpfen und ganz besonders aufgrund der
Engpässe ihres von Wald bewachsenen Berglandes so gut wie unangreifbar,
wurden nicht nur unter Caesars Führung, sondern durch die eigenhändig
von ihm geleiteten Truppen dann erst unterworfen, als sie schon nahezu vollständig ausgerottet waren. (5) In diesem gewaltigen Krieg, ebenso wie (zuvor) in Germanien, war das Großartigste, was ich miterleben oder bewundern konnte, dass unserem Feldherrn keine einzige günstige Gelegenheit zu
siegen annehmbar schien, wenn er sie mit dem Verlust eines einzigen Soldaten hätte bezahlen müssen; stets schien ihm, was am sichersten wäre, auch
ruhmreich: Bei seinen Planungen stellte er nämlich das Verantwortungsbe169
wusstsein über den Ruhm, und niemals wurden die Beschlüsse des Führers
durch die Meinung des Heeres, sondern stets das Heer durch die Umsicht
des Führers geleitet.
116, 1) Bedeutende Proben seiner energischen Tatkraft lieferte im Dalmatinischen Kriege Germanicus, welcher an zahlreiche gefahrvolle Plätze vorausgeschickt worden war, (2) und aufgrund seines glänzenden und umsichtigen
Einsatzes verdiente sich auch der frühere Konsul Vibius Postumus, Kommandeur Dalmatiens, die Abzeichen eines Triumphators: Eben diese Ehrung hatten sich wenige Jahre zuvor Passienus und Cossus in Africa (ca. Tunesien)
verdient, Männer, welche durch ganz unterschiedliche Art des beherzten Einsatzes berühmt geworden waren. Cossus übertrug das Zeugnis seines Sieges
auch auf den Beinamen seines Sohnes, eines jungen Mannes, der (sozusagen) dazu geboren war, beispielhaftes Tun in jedweder Art des mutigen Handelns aufzuweisen. (3) Auch Lucius Apronius, welcher an den Taten des Postumus auf ebenfalls jenem Feldzuge mitwirkte, verdiente sich durch seine herausragende Tüchtigkeit und Tatkraft eben diese Ehrungen, die ihm bald darauf zuteil wurden: Wenn doch nur nicht auch anlässlich bedeutenderer Vorfälle aufgezeigt worden wäre, wie groß die Macht des Schicksals allenthalben
sei! Doch auch auf folgendem Gebiete kann man seine Gewalt in reichem
Maße erkennen: Aemilius Lamia nämlich war ein Mann von uralter Sittenstrenge, der freilich seine altertümelnd schwerfällige Starrheit stets durch eine freundliche Art zu mildern wusste. In Germanien und Illyrien und dann in
Africa hatte er seine Posten glänzend verwaltet, doch unverdientermaßen
blieben ihm die Abzeichen des Triumphators versagt, weil ihm (vom Schicksal) keine Gelegenheit geboten wurde, sie zu erringen. (4) Aulus Licinius
Nerva Silanus, Sohn des Publius Silius, konnte nicht einmal derjenige, welcher um ihn wusste, hinreichend bewundern, auch wenn er ihn als ganz vorzüglichen Bürger und ausgezeichneten Heerführer pries: Durch seinen vorzeitigen Tod wurde er um die Früchte seiner besonders engen Freundschaft mit
dem Führer gebracht und erreichte für seinen Namen nicht mehr den strahlenden Glanz des Vaters. (5) Sollte nun jemand behaupten, ich hätte die Gelegenheit zur Erwähnung dieser Männer vorsätzlich gewünscht, so argumentiert er gegen jemanden, der dies gerne eingesteht: Wird eine Persönlichkeit
nämlich mit Fug und Recht und ohne Lug und Trug ins rechte Licht gerückt,
so ruft das bei Wohlgesonnenen keine Kritik hervor.
117, 1) Kaum noch hatte Caesar letzte Hand am Pannonischen und Dalmatischen Krieg angelegt, als binnen fünf Tagen nach Vollendung dieses so gewaltigen Werkes Unglücksbriefe aus Germanien die Kunde brachten, Varus
sei gefallen und drei Legionen abgeschlachtet sowie ebenso viele Reiterabteilungen und sechs Kohorten, wobei uns das Schicksal noch wohlgesonnen
war, weil unser Führer nicht (mehr mit dem Dalmatischen Krieg) mit Beschlag belegt war. ... Ursache (des germanischen Aufstandes) sowie die Ge170
stalt (des Varus) erfordern geduldiges Augenmerk: (2) Quintilius Varus entstammte einer eher bekannten denn hochadeligen Familie, ein Mann von
sanfter Art, ruhigem Charakter, ziemlich unbeweglich, sowohl körperlich als
auch im Geiste, eher an das ungetrübte Dasein innerhalb des Lagers als an
den Kriegsdienst im Felde gewöhnt. Dass er alles andere als ein Verächter des
Geldes war, bezeugte das (zuvor) von ihm verwaltete Syrien: Als armer Mann
kam er in das reiche Land; als reicher Mann verließ er das arme Land. (3) Als
er (dann) zum obersten General des Heeres, welches in Germanien stationiert war, ernannt wurde, hatte er die Vorstellung, die Germanen seien eine
Menschenart, welche abgesehen von Stimme und Gliedmaßen nichts vom
Menschen an sich hätten, und er könne sie, die man durch das Schwert nicht
von ihrer Wildheit abzubringen vermocht hatte, durch (die Einführung von)
Recht und Gesetz verhätscheln. (4) Dies also nahm er sich vor, reiste ins Herz
Germaniens, als habe er es mit Männern zu tun, welche sich über die Süße
des Friedens freuten, und vertat die Zeit des sommerlichen Feldlagers damit,
dass er sich auf einen Amtsstuhl setzte und von diesem aus Prozesse führte.
118, 1) Doch jene Leute sind – was niemand glauben mag, wenn er es nicht
persönlich erlebt hat – bei all ihrer unbändigen Wildheit überaus hinterlistig,
ein Volk, welches zum Lügen geboren ist: Sie erdichten (also) reihenweise
Prozesse; bald zerrte der eine den anderen vor Gericht, bald statteten sie ihren Dank dafür ab, dass diese (wunderbare) römische Gerechtigkeit ihre
Streitereien beende und ihr wildes Wesen sich im Banne der neuen, bislang
unbekannten Zucht und Ordnung auf sanfteren Bahnen entwickele; all das,
was sie gewohnheitsgemäß mit bewaffneter Hand einer Entscheidung zugeführt hätten, werde nun bevorzugt durch das Recht beigelegt: So verleiteten
sie Quintilius Varus zu vollkommener Sorglosigkeit und brachten es so weit,
dass er wähnte, wie ein Richter in der Stadt (Rom) auf dem Marktplatz Recht
zu sprechen und nicht etwa der Befehlshaber einer Armee inmitten Germaniens zu sein. (2) Da trat ein junger Mann auf den Plan; er war von adeliger
Herkunft, im Kampfe tapfer, von rascher Auffassungsgabe, im zupackenden
Denken hoch erhaben über das bei Barbaren übliche Maß; er hieß Arminius,
Sohn des Segimerus, des Fürsten seines Stammes. Das Feuer seines Geistes
spiegelten seine Miene und seine Augen wider; in unserem letzten Kriegszug
war er ständiger Mitstreiter gewesen; samt dem römischen Bürgerrecht hatte
er den Rang eines (römischen) Ritters erworben: Nun nutzte er die schlaffe
Trägheit unseres Oberkommandierenden aus, welche ihm die Gelegenheit zu
einem Verbrechen bot, indem er sich – gar nicht dumm – ausrechnete, dass
keiner rascher zu überwältigen sei als derjenige, welcher nichts befürchte
und in aller Regel der Beginn des Unheils in der Sorglosigkeit begründet sei.
(3) Anfangs also nahm er nur wenige, dann weitere in seine verschworene
Gemeinschaft auf: Man könne die Römer vernichten, sagte er und sagte es
mit Überzeugung, ließ dem Beschluss auch die Tat folgen und setzte den
Zeitpunkt des Anschlages fest. (4) Dies wurde Varus durch einen ihm gegen171
über treuen Mann desselben Stammes, durch Segestes, angezeigt; er forderte
[…] (ihn nämlich dazu auf, die Verschworenen in Gewahrsam zu nehmen),
doch das Schicksal hatte seine Entschlusskraft eingelullt und ihn um das klare
Denken gebracht; denn so geht es (nun einmal) zu: Wenn irgendein Gott jemandes Glück zum Bösen wenden möchte, beraubt er ihn seines Verstandes
und bewirkt dadurch – was noch am schlimmsten daran ist – dass alles, was
nun geschieht, sich auch noch zu Recht ereignet habe, und dass der entsprechende Unglücksfall (sogar) seiner Schuld zugeschrieben wird: Varus sagte
also, er glaube es nicht und tat offen kund, dass er die Freundschaftsadressen
(der Germanen) gegen ihn seinem eigenen Verdienste zuschreibe: Nach der
ersten Anzeige blieb für eine zweite kein Raum mehr übrig.
119, 1) Die aufeinander folgenden Geschehnisse der mehr als grausigen Niederlage, welche seit dem Untergang des Crassus bei auswärtigen Völkern keine einzige mehr in den Schatten stellte, werde ich in meinem eigentlichen
Geschichtsbuche noch ebenso darstellen, wie das bereits andere getan haben: Hier und heute ist ihrer nur unter Tränen zu gedenken: (2) Das allertapferste Heer, aufgrund seiner Disziplin, Schlagkraft und Kriegserfahrung unter
den römischen Mannschaften in führender Position, geriet durch die abgehobene Dummheit seines Oberkommandierenden und den hinterhältigen Verrat des (nunmehrigen) Feindes vom Glück verlassen in einen Kessel; weder
bot sich ihnen (sc. den Römern) die heiß ersehnte Gelegenheit zum Kampf,
noch zum Ausbruch, wobei einige (der Unsrigen) sogar schwer dafür büßen
mussten, als sie sich römischer Waffen und römischen Kampfgeistes bedient
hatten. Eingeschlossen in Wäldern und Sümpfen voller Fallen, wurden sie
von eben diesem Feinde bis auf den letzten Mann abgeschlachtet, welchen
sie selbst (bisher) immer so wie Vieh abgeschlachtet hatten, so dass dessen
Leben oder Tod bald ihrem Zorn, bald ihrem Erbarmen unterlag. (3) Dem
Feldherrn stand der Sinn eher nach Sterben als nach Kämpfen, denn in Nachfolge seines Vaters und Großvaters stürzte er sich selbst ins Schwert. (4) Von
den beiden Befehlshabern des Lagers freilich verheilt Lucius Eggius sich ebenso beispielhaft wie Ceionius schändlich, wie er es nämlich, als die Schlacht
schon den größten Teil (seiner Kameraden) hinweggerafft hatte, vorzog, als
Urheber der Kapitulation durch Henkershand denn im offenen Kampfe zu
sterben. Numonius Vala hingegen, ein General des Varus, beraubte die Fußsoldaten des reiterlichen Schutzes, ließ sie im Stich und machte sich auf, mit
seiner Schwadron den Rhein zu erreichen: Für diese Schandtat ereilte ihn
aber das Schicksal; er lebte nämlich auch nicht länger als die von ihm im
Stich Gelassenen sondern kam um, weil er sie im Stich gelassen hatte. (5) Der
nur halb verbrannte Leib des Varus war (mittlerweile) infolge der Wildheit
des Feindes zerstückelt worden; man hieb ihm das Haupt ab und brachte es
zu Maroboduus, welcher es zu Caesar (Augustus) sandte: Trotz allem erfuhr
es die Ehre einer Beisetzung innerhalb der Familiengruft.
172
120, 1) Als er von diesen Dingen gehört hatte, begab sich Caesar (Tiberius)
eilends zu seinem Vater (Augustus) und übernahm als ständiger Schutzherr
des römischen Reiches die Rolle, an welche er gewöhnt war: Man entsandte
ihn nach Germanien; er festigte die Lage, in den (beiden) Gallien; er verteilte
die Truppen; er verstärkte die Besatzungseinheiten und, indem er sich von
seiner eigenen Bedeutung (als Feldherr), nicht von der Zuversicht des Feindes leiten ließ, welcher nach dem Vorbild der Kimbern und Teutonen Italien
mit einer Invasion drohte, und setzte seinerseits über den Rhein. (2) Mit Waffengewalt marschierte er (dort) ein, wo sein Vater und das Vaterland sich mit
Abwehr der (feindlichen) Waffengewalt begnügt hatten; er drang ziemlich
weit ins Landesinnere vor, öffnete wieder die Grenzpfade, verwüstete die Felder, legte die Häuser in Schutt und Asche, verjagte die ihm entgegen tretenden (Germanen) äußerst ruhmreich, und kehrte mit der Vollzahl der Männer,
die er hinübergeführt hatte, wieder ins Winterlager zurück. (3) Bezeugt werden hier freilich auch Lucius Asprenas, welcher als General unter Varus, seinem Onkel väterlicherseits, Kriegsdienst leistete und durch sein tapferes und
mannhaftes Einschreiten die aus zwei Legionen bestehende Truppe unversehrt aus dem so gewaltigen Desaster rettete; indem er eilends in das nördlichere Winterlager abzog, festigte er die Gesinnung der linksrheinischen
Stämme wieder, die (schon) wankelmütig geworden waren: Es gibt freilich
Autoren, welche glauben wollen, er habe einerseits die Überlebenden gerettet, andererseits aber auch den Besitz der unter Varus dahin Geschlachteten
an sich gebracht und auf diese Art und Weise die Erbschaft des (gesamten)
untergegangenen Heeres an sich gebracht, so weit er dies gewollt habe. (4)
Auch über Lucius Caedicius, den Oberkommandierenden eines Militärlagers,
sowie diejenigen, welche mit ihm zusammen zu Aliso von riesigen Streitkräften der Germanen eingekesselt und belagert wurden, muss man voll des Lobes sein, weil sie sämtliche Schwierigkeiten meisterten, welche der Mangel
an den (erforderlichen) Dingen unerträglich, die Wucht des Feindes unüberwindlich machte: Indem sie weder auf einen blindwütigen Entschluss, noch
auf tatenloses Planen setzten, ergriffen sie eine günstige Gelegenheit beim
Schopfe und bahnten sich mit dem Schwert in der Hand den Weg zurück zu
ihren Kameraden. (5) Hieraus kann man schließen, dass Varus, ein gewiss
nicht unbedeutender Mann guten Willens, eher aufgrund seines planlosen
Vorgehens als Feldherr denn wegen fehlenden Einsatzes seiner Soldaten sich
selbst und sein mehr als großartiges Heer zugrunde richtete. (6) Als man
(nun) seitens der Germanen Grausiges an den Gefangenen verübte, trat Caldus Caelius, obgleich erst ein junger Mann, so doch dem Alter seiner Sippe
durchaus würdig, mit einer aufleuchtenden Tat hervor: Er nahm die Glieder
der Ketten, mit denen er gefesselt war, in beide Hände und schlug sie so heftig gegen seinen Schädel, dass sogleich Blut und Hirnmasse herausflossen,
und er unverzüglich den Geist aufgab.
173
121, 1) Von gleich energischer Tatkraft wie anfangs sowie dem Glücke beseelt, drang unser Oberfeldherr Tiberius in Germanien ein, hieb die Streitkräfte des Feindes (wieder) zusammen, mit Feldzügen zu Wasser und zu Lande:
Als er die ziemlich beunruhigenden Dinge in Gallien sowie die erregten Gemüter der Einwohner von Vienna (Vienne) eher dadurch, dass er sie einschüchterte denn dass er sie strafte, wieder beruhigt hatte, beschlossen Senat
und Volk von Rom auf Antrag seines Vaters (Augustus), er solle in allen Gebieten des Reiches und bei sämtlichen Truppen die gleiche Befehlsgewalt wie
Augustus selbst besitzen: Es wäre freilich widersinnig gewesen, wenn ihm
nicht all das unterstellt worden wäre, welches von ihm bewahrt wurde und
derjenige, welcher beim rettenden Einspringen der erste war, beim Einheimsen von Ehren für nicht gleichwertig erachtet würde: In die Stadt zurückgekehrt, hielt er seinen überfälligen, aber durch die ununterbrochenen Kriege
aufgeschobenen Triumphzug über die Pannonier und Dalmatiner ab: (3)
Wer könnte sich über dessen Pracht bei einem Caesar wundern?! Wer freilich
wunderte sich nicht über die Gunst des Schicksals? Es geht nämlich die Kunde, dass sämtliche überragenden Führer der Feinde nicht erschlagen worden
seien, nein, der Triumphzug führte sie (jedermann nur) in Fesseln vor Augen:
Mir aber und meinem Bruder war es vergönnt, inmitten der großartigen mit
großartigen Ehrengaben geschmückten Männer (Roms) als ihr Begleiter in
diesem Zuge zu schreiten:
122, 1) Wer aber könnte sich nicht unter den übrigen Dingen, durch welche
die einzigartige Mäßigung des Tiberius Caesar hervor strahlt und herausragt,
auch darüber wundern (zum dritten Mal mirari – wundern), dass er sich mit
drei Triumphen zufrieden gab, obgleich er ohne jeden Zweifel deren sieben
verdient hatte? Wer nämlich könnte bezweifeln, dass er schon damals, als er
Armenien wiedergewonnen, ihm einen König, dem er eigenhändig das königliche Diadem aufs Haupt gesetzt hatte, voran gestellt sowie die Dinge im
Osten geregelt hatte, eine Ovation (kleiner Triumph) hätte abhalten müssen?
Hätte er nicht als Sieger über die Vindeliker und Raeter im Triumphwagen
(großer Triumph) in die Stadt einziehen müssen? (2) Als nach seiner Adoption (durch Augustus) in einem Feldzug, der ununterbrochen über drei Jahre
hinweg geführt wurde, die Streitkräfte Germaniens von ihm zerschlagen worden waren, hätte ihm da nicht die Ehrung übertragen werden, hätte er sie da
nicht annehmen müssen? Und als sich nach der Niederlage des Varus die Lage unverzüglich glückhaft wandelte, hätte da nicht das schwer geschlagene
Germanien den Triumphzug unseres Oberbefehlshabers schmücken müssen?
Freilich weiß man nicht, ob man an diesem Manne mehr bewundern sollte,
dass er in Not und Gefahren stets über die Maßen hinauswuchs, oder dass er
bei Ehrungen so zurückhaltend war.
123, 1) Wir gelangen (nun) zu einem Zeitpunkt, an welchem die Furcht riesige Ausmaße annahm: Denn als Caesar Augustus seinen Enkel Germanicus
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nach Germanien entsandt hatte, um das, was vom Krieg noch übrig war, beizulegen und (zur gleichen Zeit) seinen Sohn Tiberius nach Illyrien schicken
wollte, wo er, was er im Kriege unterworfen hatte, mit friedlichen Mitteln absichern sollte, gab er ihm das Geleit, um gleichzeitig das Vergnügen der Gladiatorenkämpfe zu genießen, welche ihm zu Ehren von den Neapolitanern
feierlich veranstaltet wurden, und reiste nach Kampanien. Obgleich er schon
erste Anzeichen von Altersschwäche sowie seinen sich zum Schlimmen neigenden Gesundheitszustand verspürte, begleitete er dennoch seinen Sohn
unter Aufbäumen seiner gesamten Willenskraft, verließ ihn zu Benevent und
begab sich selbst nach Nola; aber als sich (dort) sein Befinden von Tag zu
Tab verschlechterte und er (schon) wusste, wen er herbeirufen müsste, wenn
er alles in heilsamem Zustand hinterlassen sollte, rief er seinen Sohn in aller
Eile zurück, und jener eilte schneller als erwartet zurück zum Vater des Vaterlandes. (2) Da nun, sich aller Sorgen ledig preisend und von Umarmungen
seines Tiberius umfangen, überreichte Augustus ihm sein und zugleich dessen Werk zu treuen Händen, ohne sich jetzt noch gegen den Tod zur Wehr
zu setzen, wenn es denn der Wille der Götter so fordere; anfangs hatte ihn
der Anblick des ihn auf jeden Fall liebsten Menschen (noch einmal) aufleben
lassen, dann aber, als der Götterwille alle liebevolle Pflege zunichte machte,
erfolgte seine körperliche Auflösung: Im Konsulat des Pompeius und Apuleius (14 n. Chr.), im 76. Jahre stehend, gab er seine dem Himmel zugehörige Seele dem Himmel zurück.
124, 1) Wie sehr sich damals die Menschen fürchteten, welch angstvolle Unruhe den Senat ergriff, welche Verwirrung im Volke herrschte und welche
Angst in der Stadt, in welch schmalem Grenzstreifen zwischen Heil und Verderben wir wandelten, das zum Ausdruck zu bringen habe weder ich in meiner Hetze die zur Verfügung stehende Zeit, noch sonst jemand. Es ist mir genug, folgendes im Namen der allgemeinen Stimmung gesagt zu haben: Wir
hatten den Einsturz des Erdkreises befürchtet und fühlten nun, dass er nicht
einmal ins Wanken gekommen war. So gewaltig war nämlich des einen einzigen Mannes überragende Gestalt, dass keinerlei Anwendung von Waffengewalt vonnöten war, weder zu Gunsten der Wohlgesonnenen noch gegen die
Übeltäter. (2) Nur ein einziges Ringen sozusagen hub im Staate an, als Senat
und römisches Volk mit Caesar (Tiberius) darum rangen, dass er in die Stellung des Vaters aufrückte, und Caesar (darum rang), dass es ihm gestattet
sei, eher als Bürger unter Bürgern denn als überragender Führer seine Rolle
zu spielen. Schließlich gab er sich eher durch vernünftiges Überlegen als
durch die (ihm angetragene) Ehrenstellung geschlagen, als er erkannte, dass
all das, dessen Schutz und Schirm er nicht übernommen hätte, zugrunde gehen werde, und ihm alleine war es beschieden, nahezu längere Zeit die Führung des Staates zu verschmähen, um welche andere Männer, um sie mit Beschlag zu belegen, mit Waffengewalt gekämpft hatten. (3) Nachdem sein Vater dem Himmel zurückgegeben war, sein Leichnam irdische, seine göttliche
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Seele himmlische Ehrungen empfangen hatten, bestand dessen (sc. des Tiberius) erste herrscherliche Aufgabe in einer (neuen) Ordnung der Volksversammlung, welche der vergöttlichte Augustus eigenhändig niedergeschrieben hinterlassen hatte. (4) In diesen Zeitläufen wurde es mir samt meinem
Bruder vergönnt, als Caesars Kandidaten zu Prätoren bestimmt zu werden,
und das unmittelbar hinter Männern aus dem Hochadel oder ehemaligen
Priestern. Daraus folgt, dass der vergöttlichte Augustus nach uns und Tiberius
vor uns niemanden (mehr) nominierte.
125, 1) Unverzüglich heimste unser Staat den Lohn sowohl seines Wunsches
als auch seiner Klugheit ein, denn nicht lange blieb im Verborgenen, was wir,
hätten wir es (sc. Tiberius als Herrscher) nicht erlangt, zu leiden gehabt hätten und was wir, indem wir es erlangten, für Vorteile daraus zogen; denn das
Heer, welches in Germanien diente und durch die Befehlsgewalt des sich vor
Ort befindenden Germanicus geleitet wurde und zugleich die Legionen, die
in Illyrien stationiert waren, verlangten nämlich in einem gewissen Anfall von
Irrsinn samt tiefgreifender Gier, alles durcheinander zu bringen, verlangten
einen neuen Führer, eine neue Verfassung, einen neuen Staat. (2) Ja, sie wagten es sogar damit zu drohen, dass sie dem Senat, dem Staatsführer Gesetze
vorsetzen würden. Die Höhe des Soldes und das Ende der Zeit des Kriegsdienstes versuchten sie sich selbst zu verordnen. Man griff sogar zu den Waffen und zückte das Schwert: Ums Haar wäre es dank der Gesetzlosigkeit zum
offenen Schlagabtausch (untereinander) gekommen; dabei mangelte es nur
an einem Mann, der sie gegen den Staat führte, nicht aber an solchen, die
ihm gefolgt wären. (3) Aber all dies führte die Erfahrung ihres ehemaligen
Kommandeurs in Kürze zur Ruhe und legte es bei; vieles versagte er ihnen;
manches versprach er kraft seiner bedeutenden Autorität; die sich schuldig
gemacht hatten, ereilte die Strafe dafür; sanft hingegen fiel die Ahndung bei
den übrigen aus. (4) Während Germanicus in dieser Lage den meisten Verzeihung gewährte, griff Drusus, der vom Vater an diesen hell auflodernden
Brand des Soldatenaufstandes geschickt worden war, zu altehrwürdiger
Strenge, da die Angelegenheit für ihn selbst ebenso gefahrvoll war, wie (für
den Staat) schädlich aufgrund ihrer beispielgebenden Art; und mit eben diesen Soldatenschwertern selbst, durch welche er (zeitweilig) in den Belagerungszustand geraten war, rang er die ihn Belagernden nieder. (5) Bei dieser
Aufgabe fand er einen einzigartigen Helferin Iunius Blaesus, einem Manne,
von welchem man nicht weiß, ob er im Heerlager oder in der Toga (als Zivilist) tüchtiger ist: Dieser Mann verdiente sich nämlich wenige Jahre danach
als Proconsul (i.e. im Range eines Konsuls) in Africa die Abzeichen des Triumphators samt der Ausrufung (durch die Soldaten) zum Oberfeldherr. Die beiden Verwaltungsbezirke Spaniens hingegen samt der dort stationierten Armee unterstanden der Befehlsgewalt des Marcus Lepidus, über dessen glänzende Taten und strahlende Feldzüge in Illyrien wir oben schon berichtet haben (in 2, 115) und der dort für Ruhe und Ordnung sorgte, indem ihm näm176
lich die Festigkeit innewohnte, instinktiv genau des Richtige zu erfassen, sowie eine Autorität, was er instinktiv erfasst hatte, auch durchzusetzen: Seine
sorgfältige und treue Amtsführung fand bei Dolabella, einem Mann von
großartiger Geradlinigkeit, an den Küsten Illyriens auf allen Gebieten Nachahmung.
126, 1) Die Taten dieser seiner (bisher) sechzehn Regierungsjahre (14 – 30
n. Chr.), wer sollte sie noch in allen Einzelheiten schildern, wo sie doch sämtliche in Herz und Sinn aller haften? Zu den Göttern erhob Caesar seinen Vater, aber nicht aufgrund seiner herrscherlichen Macht, sondern wegen seiner
tiefinneren Verbundenheit mit ihm: Er nannte ihn nicht ‚Gott‘, er machte ihn
dazu. (2) Zurückgerufen wurde das vertrauensvolle Miteinander auf dem römischen Marktplatz (Forum); fort geschafft wurde der Zwist vom Marktplatz,
ehrloses Streben (nach Ämtern) vom Marsfeld; der Zank aus dem Rathaus
(sc. Senat); Gerechtigkeit sowie das allen zustehende gleiche Recht und emsiges Handeln, scheinbar schon vergangen und vergessen, wurden unserem
Gemeinwesen zurückgegeben; es mehrte sich das Ansehen der Beamten, die
überragende Größe des Senates, die würdevolle Bedeutung der Gerichtshöfe. In die Schranken verwiesen wurde die Zügellosigkeit bei den Theateraufführungen; der Wille, nach Recht und Gesetz zu handeln, wurde allen Bürgern entweder ans Herz gelegt oder durch Zwang verordnet. (3) In Ehren gehalten wird (nun) das gute Handeln; das üble wird geahndet; der niedriger
Stehende blickt zum Mächtigeren auf, aber er fürchtet ihn nicht; der Mächtige schreitet vor dem niedriger Gestellten einher, aber er verachtet ihn nicht.
Wann wurde die Höhe des Getreidepreises maßvoller festgesetzt? Wann erfreute man sich ausgiebiger des Friedens? Über Ost und West bis an die
Grenzen in Nord und Süd breitet sich der augusteische Friede aus und bewahrt und sichert bis in die (hintersten) Winkel der Länder des gesamten
Erdkreises (die Menschen) vor der Furcht vor räuberischen Verbrechern. (4)
Schicksalsschläge, welche nicht nur einzelne Bürger sondern ganze Städte
heimsuchten, machten großartige Spenden des Führers wieder wett: Asias
(Kleinasiens) Städte wurden wiederhergestellt. Vor der Willkürherrschaft der
Beamten wurden die einzelnen Reichsgebiete (Provinzen) bewahrt; für solche, welche sie verdient haben, folgt die Ehrung auf dem Fuße; die Strafe für
Übeltäter mag auf sich warten lassen, aber sie erfolgt eines Tages! Durch
Gleichheit vor dem Gesetz werden Gunst und Einfluss zurückgedrängt, durch
energische Tatkraft falscher Ehrgeiz, (5) denn recht zu handeln lehrt unser
bester Führer die Bürger durch sein eigenes Tun; obgleich aufgrund seiner
herrscherlichen Stellung der Größte, erscheint er durch sein Vorbild sogar
noch größer.
127, 1) Selten nur mangelte es überragenden Männern an bedeutenden Unterstützern, welche ihnen beim Bemeistern ihres Schicksals behilflich sind;
beispielsweise waren das bei den beiden Scipionen die beiden Laelier, bei177
spielsweise beim vergöttlichten Augustus Marcus Agrippa sowie diesem
kaum nachstehend Statilius Taurus: Bei eben diesen war ihr frischer Aufstieg
in den Adel kein Hinderungsgrund, wiederholt das Konsulat, Triumphzüge
sowie mehrere Priesterämter zu erhalten, (2) denn große Aufgaben verlangen nach großen Helfern; und es ist ja auch im Interesse des Staates, dass all
das, was notwendigerweise getan werden muss, durch das hohe politische
Ansehen (der Akteure) erhöht und das Sinnvolle der Maßnahmen durch (ihr)
großes Ansehen gefestigt werde. (3) Gemäß den obigen Vorbildern hatte
und hat nunmehr Tiberius Caesar (den) Aelius Seianus in allen Politikbereichen als einzigartigen Beistand beim Tragen seiner Lasten als Herrscher zur
Seite Sein Vater war ein führendes Mitglied des Ritterstandes; mütterlicherseits ist er mit hochberühmten alten Sippen verbunden, in welchen man zu
hohen Ämtern gelang war; seine Brüder erlangten die konsularische Würde,
seine Vettern sowie sein Onkel; Seianus selbst weist ein Höchstmaß an Arbeitsfähigkeit, verbunden mit hingebungsvoller Treue (zu Tiberius) auf, wobei ihm hinreichend Kraft des Geistes und des Körpers zur Verfügung steht.
(4) Er ist ein Mann von fröhlicher Strenge, von altehrwürdig heiterem Wesen;
wenn er handelt, dann ist er in seiner Gelassenheit einem, der nichts tut, äußerst ähnlich; er stellt keine persönlichen Ansprüche, und gerade aus diesem
Grunde bekommt er alles, (was er will); immer rangiert er in seiner Selbsteinschätzung unterhalb des Urteils der anderen; im Mienenspiel sowie seiner Lebensführung ist er von ruhiger Art, aber sein Geist kennt keinen Schlaf.
128, 1) In der Wertschätzung seiner vielfältigen energischen Tatkraft wetteifern schon lange Zeit in ihrem mannigfaltigen Urteil die Bürgerschaft gemeinsam mit dem Staatsführer, und das ist keineswegs ein neuer Brauch, wenn
man der Meinung ist, das Beste sei zugleich das Edelste; haben doch als erste
die Römer vor dem (Ersten) Punischen Krieg – von jetzt an gerechnet vor 300
Jahren - Tiberius Coruncanius, einen Aufsteiger, einerseits mit sämtlichen Ämtern, andererseits besonders mit dem Amte des Oberpriesters ausgestattet
und so auf den Gipfel der führenden Politiker gehoben. (2) Anschließend
ließ man den aus ritterlichem Geschlechte stammenden Spurius Carvilius
und bald darauf Marcus Cato, einen Aufsteiger, welcher – aus Tusculum
stammend – auch noch ein Zugereister war, sowie ferner Mummius Achaicus
in das Konsulat, ins Amt des Zensors vorstoßen und Triumphzüge abhalten.
(3) In Gaius Marius, einem Mann von ungewisser Herkunft, sahen die Römer
bis zu seinem sechsten Konsulat bedenkenlos ihren führenden Mann. Marcus
Tullius (Cicero ) hingegen gewann solch hohe Einschätzung, dass er gewissermaßen schon aufgrund seiner Befürwortung, wenn er wollte, führende
Staatsämter verschaffen konnte; und Asinius Pollio verweigerten sie nichts,
was auch für die aus höchstem Adel Stammenden nur unter größtem Einsatz
erreichbar gewesen wäre: Dabei dachten sie, das höchste Amt gebühre demjenigen, in dessen Charakterzügen die energische Tatkraft verankert sei. (4)
Das Nacheifern eben dieses Vorbildes freilich brachte Tiberius Caesar dazu,
178
es mit Seianus zu versuchen, Seianus seinerseits dazu, den Führer beim Tragen der Lasten zu unterstützen; Senat und römisches Volk hingegen führte
das zur Erkenntnis, eben diesen Mann aus freien Stücken zum Schutze ihrer
Freiheit zu berufen, welchen sie für ihre Bedürfnisse als den besten erkannten.
129, 1) Doch nachdem wir gewissermaßen die gesamte Gestalt der Führerherrschaft des Tiberius Caesar dargestellt haben, wollen wir noch Einzelheiten mustern: Mit welcher Klugheit zitierte er Rhaskuporis nach Rom, den
Mörder des Kotys, Sohn seines Bruders und Gefährten derselben Herrschaft!
In dieser Angelegenheit bediente er sich der einzigartigen Aktivität des Flaccus Pomponius, eines ehemaligen Konsuls und wie geboren für sämtliche
Aufgaben, die ordnungsgemäß auszuführen sind. In seiner geradlinigen
energischen Tatkraft verdiente er sich allenthalben Ruhm, ohne nach ihm haschen zu müssen. (2) Mit welch ernster Würde führte Tiberius wie ein einfacher Senator und Richter, nicht als Staatsführer, den Prozess des Drusus Libo!
Wie schnell brachte er den Undankbaren, einen Umsturz Planenden zu Fall!
Mit welch guter Lehre hatte er seinen Germanicus geschult und an seiner Seite in die Grundlagen der Kriegskunst eingeführt, welchen er dann (in Rom)
als den Mann empfing, der Germanien bezwungen hatte! Mit welch hohen
Ehrungen überhäufte er ihn in seiner Jugend, als der Glanz des Triumphzuges der Größe der Taten, welche er vollbracht hatte, entsprach! (3) Wie oft
ehrte er sein Volk durch Spenden und wie gerne füllte er das zu schätzende
Vermögen einzelner Senatoren auf, aber nur, wenn die Autorität des Senates
ihn solches tun ließ, um nicht zur Verschwendungssucht einzuladen noch
(andererseits) jemanden aufgrund unverschuldeter Verarmung seinen (senatorischen) Rang einbüßen zu lassen! Mit welch großer Ehre versehen entsandte er Germanicus in die Reichsgebiete jenseits des Meeres! Mit welcher
Macht seiner Pläne zwang er mit Hilfe seines (leiblichen) Sohnes Drusus den
Maroboduus, der sich im Gebiet seines besetzten Königreiches verborgen
hielt, versteckt wie eine Schlange im Erdloch, durch die heilbringende Medizin seiner (o.g.) Pläne, wenn ich das angesichts seiner erhabenen Person so
sagen darf, das Land zu verlassen! Wie ehrenvoll und wie sicher hält er ihn in
Gewahrsam! Welch eine gewaltige Wucht des Krieges, zu dem der GallierFürst Sacrovir (Heiligmann) gemeinsam mit Florus Iulius aufgerufen hatte,
warf er mit so bewundernswerter Schnelligkeit und Tatkraft nieder, dass das
römische Volk eher vom Siege denn davon, dass es sich im Kriegszustand befinde, erfuhr und der Siegesbote die Boten der Gefahr überholte. (4) Auch
der Schrecken erregende Krieg in Africa, welcher von Tag zu Tag größere Ausmaße annahm, wurde dank seiner Herrschaft und seinen Plänen rasch begraben.
130, 1) Welch bedeutende Bauwerke ließ er im eigenen Namen und dem
der Seinigen errichten! Mit welch anhänglicher Freigebigkeit, die das
179
menschliche Fassungsvermögen übersteigt, erbaute er den Tempel für den
Vater! Mit welch überragender Seelengröße ließ er die vom Feuer verschlungenen Bauten des Gnaeus Pompeius wieder aufrichten! All das, was jemals
ruhmreich empor ragte, meinte er, wie etwas Verwandtes schützen zu müssen. (2) Mit welcher Großzügigkeit eilte er einerseits anderen Ortes andererseits ganz besonders den Bewohnern des erst kürzlich in Flammen aufgegangen Caelius (ein Hügel Roms), gleich welchen Standes, mit Geld aus der eigenen Schatulle zu Hilfe! Mit welch eigener Ruhe unter den Menschen führte
er die Rekrutierung zur Ergänzung der Truppe durch, diese sonst immer so
gefürchtete Angelegenheit – und jetzt ohne jede Widerborstigkeit der Ausgehobenen! (3) Wenn es unsere naturgegebene Stellung erlaubte oder das eingeschränkte Maß der Menschen dies zuließe, wagte ich es, mit den Göttern
zu hadern: Weshalb hat dieser Mann es denn verdient, dass erstens Drusus
Libo seine verbrecherischen Anschläge gegen ihn ausheckte? Zweitens, dass
Silius und Piso ihm solchen Hass entgegenbrachten, deren einen er doch in
seiner politischen Ehrenstellung begründet, den anderen darin erhöht hatte?! Um zu Schwerwiegenderem überzugehen – obwohl er auch das Obige
für gewaltig erachtete – weshalb (hatte er es verdient), seine Söhne schon im
frühen Mannesalter zu verlieren? Warum auch seinen Enkel, den Sohn des
Drusus? (4) Bislang haben wir Dinge berichtet, welche Schmerz bereiten
müssen; nun muss man übergehen zu Scham und Schande: Wie schmerzvoll,
mein Vinicius, haben ihm die vergangenen drei Jahre die Seele zerfetzt! Wie
lange loderte das Feuer im Verborgenen in seiner Brust – was am Quälendsten ist – darüber, dass er sich gezwungen sah, über seine Schwiegertochter,
über seinen Enkel Schmerz zu empfinden, sich zu entrüsten, sich zu schämen! (5) Mühsal und Jammer dieser Zeit vergrößerte noch der Tod seiner
Mutter, dieser alles überragenden, eher den Göttern als den Menschen ähnelnden Frau, deren Macht niemand zu fühlen bekam, es sei denn bei Linderung einer Gefahr oder Unterstützung in der politischen Laufbahn.
131, 1) Mit einem Gebet ist mein Werk zu vollenden: Du, Jupiter Capitolinus
und Du, Mars Gradivus, Begründer und Erhalter des römischen Namens, sowie Du, Vesta, Hüterin des immerwährenden Feuers und all ihr übrigen Gottheiten, die ihr den Koloss dieses römischen Reiches zum Gipfel der höchsten
Macht auf Erden empor gehoben habt, Euch beschwöre ich und flehe Euch
an in Namen des Reiches: Bewahrt, rettet, schützt diesen Staat, diesen Frieden, diesen unseren Führer, (2) und wenn er so lange, wie nur möglich, seine hohe Stellung unter den Menschen ausgeübt hat, gebet ihm Nachfolger
so spät wie möglich, dann aber solche, deren Nacken dem Tragen der Weltherrschaft ebenso gewachsen ist, wie wir es bei ihm in Erfüllung zu gehen
fühlten: Unterstützt sämtliche Bürger frommen und guten Willens und zerschmettert die Pläne der gottlosen Schurken!
180
Kommentar
Buch I
1) Der Beginn des Werkes ist verloren gegangen. Für uns beginnt Velleius also mit den Ereignissen nach dem Trojanischen Krieg; das lässt darauf schließen, dass er mit den ältesten Sagen der Griechen begonnen hatte, indem er
sie als Teil der hellenischen Geschichte betrachtete. Wenn sein Werk also gewöhnlich als „Römische Geschichte“ bezeichnet wird, ist dies nur in Hinblick
auf den erhaltenen Teil gerechtfertigt: Ursprünglich legte Velleius also (aus
damaliger Sicht) eine Weltgeschichte vor und ist ein für uns überraschend
hoch gebildeter Berufsoffizier der römischen Armee:
Nestor, ein hellenischer König, gilt als weiser Ratgeber der Griechen vor Troja. Ob Epeus tatsächlich die Stadt Metapont (Golf von Tarent) gründete, ist
ungewiss. Auch die übrigen Gestalten des Kapitels sind aus heutiger Sicht
der Sage zuzuordnen, und ob das Tyrrhenische Meer nach einem Tyrrhenos
benannt wurde, wissen nur die Götter. Die blutrünstige Sage um König Agamemnon herum, den seine Frau und deren Liebhaber umbrachten, als er von
Trojanischen Krieg heimkehrte, welche beide wiederum von Orestes, den
Sohn des Agamemnon, ermordet wurden, gehört zu den bekanntesten griechischen Sagen, war vielfach Stoff für Tragödien und hat noch Goethe inspiriert.
2) Auch in Kapitel 2 verquickt Velleius in damals durchaus plausibler Weise
Sage und historische Wirklichkeit: Die moderne Geschichtswissenschaft weiß
aber nichts von einem Pelops, Sohn des Tantalos, der ihn einst fein zerstückelt den Göttern zum Mahle vorgesetzt und dafür entsprechend fürchterlich
gebüßt haben soll (sog. Tantalusqualen): Immerhin soll der Wiederbelebte
später Herrscher auf Griechenlands größter Halbinsel geworden sein, auf der
Peloponnes = Pelops-Insel. Aber die Tatsache, dass man in Athen irgendwann
die Könige (der König = basileús) durch Archonten (árchōn = der Herrscher)
ersetzte (Ursprünglich neun; später zehn Archonten), ist allgemein bekannt
und anerkannt; der lange Weg dort hin liegt freilich im Dunklen und nur der
Adel Attikas hatte ursprünglich das Wahlrecht. Der Weg zur attischen Demokratie samt ihrer bekannten Schönheitsfehler war weit. Dass freilich die seetüchtigen Phönizier, aus dem heutigen Libanon stammend, viele Tochterstädte gründeten, ist unbestreitbar: Utica (heute Ruinenstätte) liegt nördlich der
phönizischen Gründung Karthago, Ruinenstätte am Rande des einst ebenfalls
phönizischen Tunes-Tunis. Zuletzt verfällt Velleius wieder ganz seinem
Schwelgen für die altgriechische Sagenwelt und widmet sich dem Streit zwischen den Herakles-Nachkommen und Orestes-Söhnen.
3) Velleius verharrt immer noch in den unruhigen und historisch dunklen
Wanderungsjahren der drei griechischen Hauptstämme, verursacht durch
das Eindringen der Masse der Dorier, vor denen die alteingesessenen Stäm181
me bis an die Westküste der heutigen Türkei auswichen und deren Städte
teilweise bis heute noch bewohnt werden (z.B. Smyrna ≈ Izmir) oder als
wichtige Ausgrabungsstätten gelten: Velleius vermischt erneut Geschichte
(man weiß in Wirklichkeit nichts Genaues) mit Sage und zeigt erneut auf,
dass auch ein römischer Offizier über solide Bildung verfügen kann.
4) Die parallel zu Attika liegende Insel Euböa („gutes Rinderland“) gehörte
traditionell zum attischen Herrschaftsbereich. Ansonsten widmet sich Velleius
in bekannter Manier weiterhin der griechischen Kolonisation rund ums Mittelmeer (und Schwarze Meer), so dass der römische Philosoph und Staatsmann M. Tullius Cicero dazu sagen konnte, die Griechen säßen überall an
der Küste wie Frösche um einen Teich herum: Die genannten Städte und Inseln schlage man ggf. in einen entsprechenden Geschichtsatlas nach.
5) Über den von Legenden umwobenen Dichterfürsten Homeros hier zu referieren, ist unmöglich. Weniger bekannt als sein Trojanischer Krieg sowie die
Irrfahrten des Odysseus ist das Werk des Archilochos (um 650 v. Chr.). Er gilt
mit seiner jambischen Dichtung als Begründer der Lyrik und ist im Gegensatz
zu Homeros eine historisch greifbare Gestalt: Velleius zeigt sich hier erneut
als Freund der griechischen Art und schreibt ganz nebenbei Kulturgeschichte.
6) Wenn Velleius hier von Assyrern schreibt, ist dies aus heutiger Sicht nicht
ganz korrekt: Für ihn sind alle mesopotamischen Großreiche Assyrer, während wir darunter nur das Reich um die Städte Assur und Ninive verstehen
und sonst vom Babylonischen Reich samt ihrem berühmten Gesetzgeber Hammurabi sprechen: Der Assyrer-König Assurbanipal galt in der Antike als
weichlich-dekadent, obwohl das ob seiner Grausamkeit gefürchtete AssyrerReich erst nach seinem Tode zusammenbrach. In den Trümmern des königlichen Palastes grub man seine berühmte Keilschriftbibliothek aus, die u.a. das
Gilgamesch-Epos enthielt. Mit dem Namen Semiramis verband man in der
Antike die sog. Hängenden Gärten zu Babylon, eines der sieben Weltwunder.
Spartas Gesetzgeber Lykourgos gilt heute als Gestalt der Sage; ebenso die
erste Königin von Karthago, das aber tatsächlich eine Gründung der Phönizier (Punier) ist, Neustadt bedeutet und älter als Rom ist. Roms Gründungssage, verbunden mit dem Bericht über den trojanischen Flüchtling Aeneas, der
in Karthago mit Königin Dido eine Liebesromanze hatte, bevor er sie verließ
und so in den Selbstmord trieb.
Auch Alexanders Abstammung ist ein Stück Sage, und die Großen der Geschichte zimmerten sich nur zu oft einen Stammbaum zurecht, bis hin zu den
Göttern: Julius Caesar z.B. verstand sich als Nachkomme der Liebesgöttin Venus...
Aemilius Sura (ca. 190 v. Chr.) gilt als obskurer Verfasser einer verloren gegangenen Weltgeschichte, aus der Velleius offenbar exzerpiert hat.
182
7) Hesiodos beschrieb das Landleben und keine Kriege oder Abenteuer zur
See. Seine Heimatstadt war Askra in Böotien, wo er von seinem Bruder (!) mit
Hilfe bestochener (?) Richter ums Erbe gebracht wurde (erg. 35 ff); daher beschrieb er Askra als elendes „Kaff“.
Capua ist eine uralte Siedlung ungewissen Gründungsdatums. Velleius ist
freilich daran interessiert, diese Stadt ins rechte Licht zu rücken, da sein Vorfahre Decius Magius stammte, der sich einst mutig geweitert hatte, dem Karthager Hannibal die Tore zu öffnen (vgl. Liv. 23, 7.8.10).
Der für seine fehlerhafte Datierung sanft kritisierte Cato (234-149 v. Chr.)
schrieb ein Geschichtswerk (Origines), das verloren gegangen ist, während
sich sein landwirtschaftliches Handbuch erhalten hat. Bekannt ist er bis heute
durch sein unerbittliches, bei jeder Gelegenheit ausgesprochenes „ceterum
censeo Carthaginem esse delendam – im übrigen bin ich der Meinung (bzw.
stelle ich den Antrag), Karthago müsse zerstört werden“: In seinem Todesjahr
begann der Vernichtungsfeldzug; Scipio Aemilianus vollstreckte die Exekution (146 v. Chr.); unter Caesar begann der Wiederaufbau der herrlich gelegenen Stadt; heute Ruinenstätte bei Tunis.
8) Auch bei den Themen Olympia und Roms Gründung vermengt Velleius Sagenhaftes mit Historischem. Die Lücke am Anfang des Kapitels ist schmerzlich
groß und betrifft volle ca. 580 Jahre, nämlich von Roms Gründung an bis
zum Dritten Makedonischen Krieg (171-168 v. Chr.); in Wirklichkeit sollte das
Werk des Velleius also um ca. 30 % umfangreicher gewesen sein.
Das Jahr 168 freilich ist in Roms Annalen von größter Bedeutung: Aemilius
Paullus, der leibliche Vater des oben genannten Scipio Aemilianus, vernichtete das griechisch-makedonische Heer bei Pydna; davon handelt dann unser
Kapitel 9.
9) Perseus war letzter König eines freien Makedonien (179-168). Anfangs
agierte er gegen die Römer durchaus erfolgreich, verlor aber 168 v. Chr. bei
Pydna und zierte 167 v. Chr. den Triumphzug des Imperators: Perseus hatte
sich auf die traditionelle Taktik der lanzenstarrenden Front verlassen (~ 6 m.
lange Lanzen); dem stellte Paullus die bewegliche Manipel der Schwertkämpfer entgegen; während in die Fronten zunächst wenig Bewegung kam, umging eine römische Abteilung den Feind und fiel ihm in den Rücken. Die starre Front der Makedonen löste sich auf, und im Nahkampf war des handlichere römische Kurzschwert bzw. der Dolch dem allzu langen makedonischen
überlegen: Die einst so erfolgreiche Taktik Philipps II. und seines Sohnes Alexander d.Gr. hatte ausgedient.
Der Vater dieses Paullus wollte einst gegen Hannibal die Zermürbungstaktik
des Fabius, genannt Cunctator (der Zauderer) beibehalten, doch da man alle
Streitkräfte in einem Heer vereinigt hatte, führte am Unglückstag von Cannae
183
der andere Consul (Terentius Varro) den Oberbefehl; es kam zur berühmten
Kesselschlacht von Cannae, in der Roms Armee vernichtet wurde.
Was den Neid anbetrifft: Volk und Senat von Rom achteten peinlichst darauf,
dass sich keiner über die anderen stellte; selbst Scipio Africanus d. Ä. – strahlender Sieger über Hannibal und Retter Roms – stand nach unvergleichlichen
Triumphen plötzlich vor dem Ende der Karriere: Als man später mit diesem
Brauch brach und Dauer-Imperatoren wie Marius, Sulla, Pompeius und Caesar duldete oder dulden musste, ging die Republik unter.
10) Nach dem Tod Alexanders d.Gr. wurde sein Weltreich unter die Diadochen (Nachfolger) aufgeteilt; die Seleukiden erhielten den größten Teil, nämlich das Gebiet vom Mittelmeer bis an den Indus, das aber zunehmend von
den iranischen Völkern zurück erobert wurde, bis das Seleukiden-Reich nur
noch auf Syrien und die heutigen Israel, Libanon und Ost-Türkei beschränkt
war. Der Seleukide Antiochos III. (223-187) unterlag 190 v. Chr. Scipio Africanus d. Ä. (sein letzter Einsatz) und dessen Bruder zugleich und musste Kleinasien weitgehend räumen; sein Sohn war der syrische König Antiochos IV. –
er nannte sich Epiphanes-Erscheinung (175-164). Wie es ihm erging, als er
das ägyptische Reich der Ptolemäer angriff, erfahren wir oben von Velleius.
Dass er sich außerdem gegen die Juden wandte und sie zum Übertritt zur
griechischen Kultur zwingen wollte, vergisst Velleius zu berichten: Die Makkabäer-Brüder stellten sich nämlich an die Spitze des jüdischen Aufstandes,
durch den Israel vorübergehend unabhängig wurde. Die Juden rächten sich
übrigens literarisch am grausamen Herrscher (Buch Makkabäer“ (2, 9, 1-10):
„Aus den Augen des Verruchten krochen Würmer; während er noch lebte,
verfaulte sein Fleisch. (...) Jetzt konnte es niemand mehr bei ihm aushalten,
so unerträglich war der Gestank.“ Antiochos IV. hatte tatsächlich den Athener
Zeus-Tempel, mit dessen monumentalem Bau man schon im sechsten Jahrhundert begonnen hatte, wiederaufgenommen, aber erst Kaiser Hadrianus
(2. Jh. n. Chr.) vollendete dieses weltwunderverdächtige Bauwerk, von dem
noch heute einige wenige Säulen eindrucksvoll am ehemaligen Athener
Marktplatz steil empor ragen.
Nach antikem Glauben erwecken Menschen, denen es zu gut geht, den Neid
der Götter und werden von ihnen ins tiefste Elend gestürzt. Indem Paullus
dem entgegen arbeiten will, löst er ihn erst recht aus, weil er sich angemaßt
hat, dem Willen der Götter lenken zu können.
Dass kinderreiche Patrizierfamilien in Rom überzählige Erben anderen, vom
Aussterben bedrohten Adelsfamilien zur Adoption geben, ist kein Einzelfall:
Der von den Scipionen adoptierte Aemilius übernahm traditionell den vollen
Namen des Adoptiv-Vaters (Publius Cornelius Scipio) mit dem Zusatz Aemilianus – der ehemalige Aemilier. Er sollte ebenso von sich reden machen, wie
dereinst ein junger Mann namens Gaius Octavius; er war Caesars Großneffe,
ließ sich testamentarisch adoptieren und hieß danach Gaius Iulius Caesar Oc-
184
tavianus; besser bekannt als Kaiser (Caesar) Augustus. Rom machte keinen
Unterschied zwischen leiblichen und adoptierten Kindern; in unseren Beispielen: Scipio und Caesar galten wirklich als die Väter des Aemilianus bzw.
Octavianus.
11) Velleius lobt Quintus Caecilius Metellus Macedonicus hier überschwänglich, vielleicht sogar übertrieben. Er war 143 v. Chr. Konsul, richtete Makedonien als römische Provinz ein und war auch in Spanien Feldherr. Rom kennt
bedeutendere Staatsmänner. Dass seine vier Söhne so erfolgreich waren, verdankten sie dem damals hohen Einfluss ihrer Familie: Wenn man die Listen
der führenden Politiker Roms durchgeht, erkennt man, dass nur wenige
Adelssippen über Jahrhunderte fast alle Spitzenämter unter sich aufteilten.
Dass man freilich erst nach einem guten Tod als glücklich gepriesen werden
kann, hat unser gebildeter Offizier vielleicht der vom Griechen Herodotos
(ca. 485-425 v. Chr.) überlieferten Geschichte von Kroisos (Croesus) und Solon
entnommen: Vergebens versucht der Athener Staatsmann und Philosoph den
reichsten König der Welt davon zu überzeugen; erst als Kroisos ins tiefste
Elend stürzt, erinnert er sich im Angesicht des Todes an die einstigen Warnungen und Mahnungen des Solon.
12) Als fein gebildeter Mensch muss sich Velleius hier mit zwei der düstersten und hässlichsten Kapitel des römischen Imperialismus auseinandersetzen; der sinnlosen und unmenschlichen Vernichtung von Korinth durch
Mummius und Karthago durch Scipio Aemilianus: Beiden Zerstörern von so
viel Kultur und Zivilisation wird er noch Kapitel 13 widmen.
Während Velleius die Exekution Korinths recht emotionslos beschreibt, zeigt
er doch seine Missbilligung des Dritten Punischen Krieges, wohl wissend, wie
heimtückisch man gegen die blühende und weitgehend wehrlose Handelsstadt vorgegangen war, statt sie friedlich und unter zugestandener Autonomie ins Imperium einzugliedern. Scipio Africanus d. Ä. billigt er die dem Enkel fehlende Menschlichkeit zu: Er begnadigte nämlich die fortan machtpolitisch bedeutungslose und unter römischer Aufsicht stehende Metropole, die
seit Caesars Tagen in alter Herrlichkeit wiedererstand: Velleius erklärt den
Hass vieler Römer zuletzt allgemein psychologisch-philosophisch, obwohl
moderne Psychologen (z.B. Steven Pinker) nachweisen, dass man einem verhassten, nunmehr unterlegenen Feind nur die Hand reichen muss, um ihn
zum Freund zu gewinnen (vgl. Frankreich : Deutschland).
13) Nach obiger Bekundung der Ablehnung der (sinnlosen) Zerstörung Karthagos verurteilt Velleius auch die römische Barbarei bei der Exekution Korinths. Dabei bekundet er nach seine ausdrückliche Verehrung des Scipio Aemilianus, der mit Polybios, den großen Historiker und Panaitios, dem führenden Philosophen, befreundet war und keinen Hehl aus seiner Vorliebe für
den griechischen Geist machte, der nun bei der römischen Oberschicht populär wurde. Über den Aufsteiger Mummius hingegen berichtet Velleius mit
185
Häme. Er gehörte zu den reichen Plebejern, denen man den Aufstieg in den
Senat seit 367 v. Chr. nicht mehr verwehren konnte; dadurch bildete sich aus
dem alten Adel (Patriziat) und den aufgestiegenen Plebejern, die man
„conscripti – Beigeordnete“ nannte der Amts-Adel („Nobilität“) der späten
Republik. Cato und Cicero sind die berühmtesten dieser Aufsteiger. In 13, 3
zeigt sich Velleius einmal mehr von seiner philosophischen Seite und verurteilt die römische Geldgier, die angeblich zum Untergang der Republik geführt hatte; hübsch zweideutig hier seine „Corinthia-Korinthischen“: Im Anschluss an den gigantischen Kunstraub des Mummius scheinen es Gemälde
und Statuen zu sein; aber zu Velleius‘ Zeiten verstand man daraus insbesondere Statuetten und Geschirr, die aus einer Gold-Silber-Legierung hergestellt
und Synonym für ein üppiges Leben waren, das mit der „edlen Einfalt“ der
alten Republik unvereinbar war; erneut zeigt uns Velleius, der Freund des Kaisers Tiberius, seine tiersitzende Verehrung für die untergegangene Republik.
14) Velleius kommt den Lesern aller Zeiten entgegen, indem er die mühselige Aufzählung der italischen Kolonisation in zwei Kapiteln diachron zusammenfasst, ein insbesondere für den heutigen Leser langweiliges Unterfangen,
das aber zeigt, wie langwierig die römische Durchdringung Italiens war: Entweder man gründete in unsicheren Gebieten zur Kontrolle des Landes befestigte Römersiedlungen (colonia ≈ Pflanzstadt), oder man übernahm alte Siedlungen bzw. man gab treuen Nachbarn allmählich das römische Bürgerrecht,
oft zunächst ohne Stimmrecht. Auch wenn man das Stimmrecht besaß, musste man zur Abstimmung nach Rom kommen; nur dort wurde abgestimmt.
Als dann Hannibal im Zweiten Punischen Krieg (218-201) versuchte, Roms
Bundesgenossen auf seine Seite zu ziehen, scheiterte er; in der Treue der Bundesgenossen liegt ein Hauptgrund dafür, dass der Karthager Italien räumen
musste. – König Pyrrhos (Pyrrhus) von Epirus (Nordwestgriechenland; ca.
307-272) folgte einem Hilferuf der Stadt Tarent gegen Rom, setzte mit einem
großen Söldnerheer über und schlug die Römer in für ihn sehr verlustreichen
Schlachten (280/79; „Pyrrhus-Siege“); dann kämpfte er in Sizilien mit Erfolg
gegen die Karthager; nach seiner Rückkehr aufs Festland besiegten ihn die
Römer schließlich bei Beneventum (275); er kehrte dann nach Griechenland
zurück, ließ sich in weitere Kriege verwickeln und kam im Straßenkampf ums
Leben, angeblich durch einen von oben auf ihn geworfenen Ziegel; die Geschichte eines ehrgeizigen Mannes, der sich als zweiter Alexander sah und
wie ein Abenteurer endete. – Appius Claudius Caecus („der Blinde“), hier indirekt genannt, gab der „Via Appia“ den Namen: 312 v. Chr. begann man
unter seiner Aufsicht die erste und berühmteste der typischen Römerstraßen
zu errichten.
15) Dieses Kapitel zeigt das allmähliche Ausgreifen der Romanisierung – nun
auch außerhalb Italiens, zu dem man die Po-Ebene ursprünglich nicht zählen
darf; sie war nur das „Diesseitige Gallien“. Karthago, die Nachbarstadt von
Tunis, war 146 v. Chr. dem Erdboden gleich gemacht worden; schon Gaius
186
Gracchus wollte sie aufgrund ihrer wunderbaren Lage wiederaufbauen (ca.
121 v. Chr.); der endgültige Wiederaufbau erfolgte dann aber erst unter Iulius Caesar; die erneut aufblühende Stadt erfuhr dann ihren zweiten und endgültigen Untergang im Arabersturm; ein Teil der Ruinen finden sich als Ausgrabungsstätte am Stadtrand von Tunis; das „wie gesagt“ des Velleius fand
sich wohl inhaltlich einst in der großen Lücke des ersten Buches wieder. –
Narbo gab der ersten in Gallien errichteten römischen Provinz den Namen:
„Gallia Narbonensis“, die Provence.
16) Die (anfangs durchaus geschwätzigen) kulturphilosophischen Bemerkungen des Velleius sind zutreffend: Jedes Volk kennt offenbar eine relativ
kurze Zeit seiner Klassiker. Ansonsten glänzt Velleius wieder einmal mit seiner
Bildung und Liebe zu Griechenland: Dass in der Nachfolge des Sokrates Platon und Aristoteles die größten sind, ist nur allzu bekannt; leider ist die entsprechende Abhandlung der großen Lücke zum Opfer gefallen. – Die Werke
der drei größten Tragödiendichter der Menschheit sowie des Aristophanes
(ca. 445-386; „Alte Komödie“) werden noch heute aufgeführt; elf seiner vierzig Stücke sind erhalten: Kratinos und Eupolis waren einst ebenso berühmt
wie Aristophanes, ihre Werke sind aber bis auf Bruchstücke verloren gegangen. Menander (342-291) aus Athen, wohl größter Dichter der „Neuen Komödie“, ist heutzutage kaum noch bekannt und sein Werk bis auf eine einzige heil überlieferte Komödie („Der Menschenfeind“, wohl ein Jugendwerk)
nur bruchstückhaft erhalten; seine größten Rivalen waren Philemon und Diphilos, die oft über ihn siegten; auch ihre Werke sind weitgehend verschollen; alle drei waren aber nicht ohne Einfluss auf die römische Komödie (Plautus und Terenz). – Desweiteren nennt Velleius namentlich nur den Redner
Isokrates (436-338 v. Chr.), den seinerzeit berühmtesten, dessen Werke nur
teilweise erhalten sind; seine Schüler werden lediglich als Gruppe erwähnt;
der einst ebenfalls berühmte Lysias (ca. 450 – ca. 380; einige seiner Reden
sind erhalten) bleibt ebenso wie der heute mit Abstand berühmteste griechische Redner, Demosthenes (384-322), dessen Werk in großen Teilen erhalten
ist, unerwähnt: Dessen flammende Reden gegen den makedonischen König
Philipp II., den Vater Alexanders d.Gr. („Philippika“) sind heute sprichwörtlich und gelten als Vorbild für Ciceros große Reden gegen Marcus Antonius;
kurz: Hier war Velleius tatsächlich in allzu großer Hast.
17, 1-2) Das Urteil des Velleius ist heute nicht mehr nachvollziehbar: Zum einen darf man Autoren nur aus ihrer Zeit heraus beurteilen (das gilt auch für
ihn selbst) und nicht einen bestimmten Stil verabsolutieren; zweitens ist es
bedauerlich, dass hier Titus Maccius Plautus, Roms wohl größter Komödiendichter, übergangen wird. Das Werk des Lucius Accius (um 170-86 v. Chr.) ist
bis auf Bruchstücke verloren gegangen; das gleiche gilt für das des Caecilius
Statius (um 220-168), während wir aus der Feder des Publius Terentius Afer
(„Terenz“) immerhin noch sechs Lustspiele besitzen, die großen Einfluss auf
die Entwicklung der modernen Komödie hatten. Weiterhin hat Velleius den
187
Dichter Lucius Livius Andronicus (ca. 285-204) vergessen, der Homers Odyssee kongenial ins Lateinische übersetzte und als erster griechische Dramen in
lateinischer Übersetzung in Rom aufführte: Seine Werke sind verschollen. –
Unter den römischen Historikern nennt er zwar Cato (234-149 v. Chr.), dessen Geschichtswerk „Origines-Ursprünge“ aber fast völlig verloren ist, während wir sein landwirtschaftliches Fachbuch als älteste erhaltene Prosaschrift
der Römer noch heute genießen können. Die sog. Annalisten, Pioniere von
Roms Geschichtsschreibung, verschweigt Velleius vollständig; als deren bedeutendster gilt Quintus Claudius Quadrigarius (um 100 v. Chr.): Auch die
Werke der Annalisten sind nur in Bruchstücken überliefert; Titus Livius (59
v. Chr. – 17 n. Chr.) aus Padua saugte sie allesamt wie ein Schwamm in seiner monumentalen Römischen Geschichte mit 142 Büchern auf, von denen
immerhin ein Teil auf uns gekommen ist; leider ist die von ihm geschilderte
Zeitgeschichte (Caesar – Augustus) nicht darunter. (3) Velleius nennt brav
die bedeutendsten Redner vor Ciceros genialem Auftreten und übergeht
kühn das rhetorische Genie des Iulius Caesar; der (gesetzliche) Großvater des
geliebten Kaisers Tiberius (!) galt nämlich neben und nach Cicero als Roms
größter Redner. Weiterhin verschweigt er unter den großen Prosaautoren erneut Caesar, aber auch die berühmten Historiker Sallustius Crispus („Sallust“), Asinius Pollio und Pompeius Trogus: Caesars Kommentarien und die
beiden erhaltenen Monografien des Sallust (Verschwörung des Catilina; Jugurthinischer Krieg) gelten als Meisterwerke; das Geschichtsbuch des Trogus
ist in einer Kurzform eines gewissen Iustinus auf uns gekommen, und Titus Livius verdiente hier eigentlich eine ausführlichere Würdigung. (6-7) Die abschließende Kultur-Philosophie des hier ziemlich wortreichen Autors bedient
einerseits Allgemeinplätze, andererseits spricht vielleicht daraus auch seine
persönliche Verzweiflung, dem übermächtigen Vorbild des Cicero mit dem
eigenen Stil nicht gerecht werden zu können.
18) Auch in Kapitel 18 zeigt sich Velleius als Bewunderer Griechenlands, insbesondere Athens, dessen große Autoren aufzuzählen ein eigenes Buch beanspruchte. Pindaros von Theben (ca. 518-438 v. Chr.) ist vor allem durch
seine Lieder zu Ehren der Olympiasieger berühmt, während Alkman (ca. 625)
zwar in Sparta wirkte, aber aus Kleinasien stammte: Mit diesen kulturgeschichtlichen Bemerkungen schließt Buch I. Es dürfte ursprünglich einen ähnlichen Umfang wie Buch II. gehabt haben, während der erhaltene Teil nur ca.
ein Siebtel des zweiten Teiles ausmacht. Buch II. setzt mit Karthagos Ende
(146 v. Chr.) ein; Velleius geht aus seiner Sicht also zur „neueren“ und „ZeitGeschichte“ über.
Buch II
1) Die römische Tradition lässt mit dem Jahr 146 v. Chr. den Verfall Roms einsetzen, weil man sich vor keinem äußeren Feind mehr fürchten musste: Diese
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Auffassung ist aber ebenso beliebt wie falsch, da Karthago schon seit 202 als
Machtfaktor ausgeschieden war. Der eigentliche Grund war die ungelöste soziale Frage: Die ewigen Kriege hatten die wehrpflichtigen Kleinbauern, das
Rückgrat der Armee, in den Ruin getrieben. Da jeder Soldat seine Ausrüstung
selbst zu stellen hatte, sorgte der zunehmende Großgrundbesitz für den Niedergang der alten Armee, und die spanische Blamage der Weltmacht war logische Folge: Die im Text genannten Generäle schlossen, ohne gesiegt zu haben, einen Frieden, den der Senat verwarf. Die Szene des von Priestern ausgelieferten Feldherrn dürfte ein moralischer Tiefpunkt Roms gewesen sein,
den Velleius mit einer jämmerlichen Niederlage gegen die Samniten (312
v. Chr.) vergleicht, als die römische Armee bei Caudium unter dem Joch
durchkriechen musste: Wie sich auch im kommenden Kapitel zeigt, hat Velleius (wie die meisten) die Sprengkraft der sozialen Lage Roms nicht begriffen und gehört zur konservativen Seite.
2) Velleius schöpft aus der den Gracchen feindlichen Tradition und Verwechselt Ursache mit Anlass: Auf seiner Reise nach Spanien erkannte Tiberius das
Elend der Landbevölkerung. Der geplatzte Vertrag mag dann den Anlass zu
seiner sozialen Revolution gewesen sein: Er knüpfte an die Licinischen Ackergesetzte von 376 (?) an, die den Besitz von Staatsland eingeschränkt hatten,
und wollte den proletarisierten Bauern wieder zu Land und Brot verhelfen,
doch er scheiterte mit seinem Vorhaben und fand den Tod. Seine Reformen
gelten heute als vergeblicher Weg zurück in die Zeiten des alten „BauernRom“, über das die Geschichte bereits hinweg gegangen war: Einführung
der Berufsarmee und Sozialfürsorge („Brot und Spiele“) nahmen der Revolution die Spitze. Freilich bildete sich seitdem eine Spaltung des römischen Senats in Optimaten (ursprünglich eher Konservative) und Popularen (ursprünglich eher Progressive); beide Gruppierungen wurden aber im Laufe
der Zeit zu Sprungbrettern ehrgeiziger Politiker und standen sich in Feindschaft gegenüber: Daraus entwickelte sich der Bürgerkrieg, in dessen Verlauf
die alte Republik unterging. Ob übrigens die Amtsenthebung des Octavius
rechtens war oder nicht, erregt bis heute die Gemüter: Tiberius war offenbar
Anhänger der Volkssouveränität und meinte, das Volk habe ihn gewählt und
dürfe ihn auch abwählen: Als das Veto des Octavius denn ausgeräumt war,
ging man ans Verteilen das Landes; obwohl man nur langsam voran kam, erhöhte sich die Zahl der Wehrpflichtigen (Bauern) vorübergehend wieder.
3) Velleius bleibt bei seiner konsequent „konservativen“ Sicht der Dinge und
belobigt Scipio zunächst, der, der zur Ermordung seines Cousins aufgerufen
hatten. Darauf zertrümmerten viele Senatoren ihre Sitze und bewaffneten
sich mit Keulen. Als sie in die Versammlung des Gracchus vordrangen, trat
das Volk ehrfürchtig beiseite; Gracchus stolperte auf der Flucht und wurde erschlagen. Den von Velleius geschilderten ständeübergreifenden Hass auf ihn
gab es aber nicht. Auch nach seinem Tod wurde noch Land verteilt: Dass mit
Gracchus‘ Tod der Bürgerkrieg beginnt, ist richtig gesehen; dazu gehört auch
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der moralisierende Schluss des Kapitels, der zwar die Sache des Gracchus verurteilt, jetzt aber auch die Bluttat als großes Unglück für Rom hinstellt und so
sein ursprüngliches Lob für Scipio Nasica wieder infrage stellt; im Rückblick
sieht er nämlich die Gräuel des mörderischen Bürgerkrieges, der samt der Republik erst 31 v. Chr. sein Ende fand.
4) Aristonikos war königlicher Bastard des Hauses Pergamon; Attalos tat mit
seinem römischen Vermächtnis für seine Untertanen das Beste, indem ihnen
so die Eroberung erspart wurde; ebenso König Nikomedes IV. von Bithynien,
Kleinasien: Publius Licinius Crassus Mucianus war Konsul 131; Rechtsgelehrter und Redner; Aristonikos wäre wohl auch ohne seine Ermordung hingerichtet worden, wie z.B. Vercingetorix. – Die moderne Geschichtsschreibung
betont, dass Scipio Aemilianus keine einzige Feldschlacht schlug sondern nur
zwei blühende Städte exekutierte; sein voller Name lautete: Publius Cornelius
Scipio Africanus minor Numantinus Aemilianus: Als Militär rangiert er hinter
seinen (Adoptiv-)Großvater, der als strategisches Genie gilt: Mit dem letzten
Satz des Kapitels gibt ihm auch Velleius den Vorzug vor dem Enkel: Dass Aemilianus der Ermordung seines Cousins Tiberius Gracchus tatenlos zusah und
sich auch später noch von ihm distanzierte, ist Zeichen einer familiären Tragödie; ob ihn deswegen aber ein Anhänger der Gracchen erwürgte, ist eher
unwahrscheinlich, auch wenn beide Versionen nicht beweisbar bzw. widerlegbar sind.
5) Dieses Kapitel enthält einen Rückblick auf die mit äußerster Erbitterung
durchgeführte Romanisierung Spaniens; den dort lebenden Keltiberern blieb
die Wahl zwischen bedingungsloser Unterwerfung und Ausrottung. Dass dabei auch die zur Adoption gegebenen Söhne des Aemilius Paulus Macedonicus (s.o. Kap. 1, 9-12) eine gewisse Rolle spielten, soll nicht geleugnet werden, auch wenn das Lob des Velleius zu verschwenderisch ausfällt: Quintus
Caecilius Metellus Macedonicus war 143 Konsul; richtete Makedonien als
Provinz ein; Feldherr in Spanien. Der andere namens Quintus Fabius Maximus Aemilianus war vom Enkel des berühmten Fabius Maximus Cunctator
(i.e. „der Zauderer“; er brachte Hannibal mit Verzögerungstaktik zur Verzweiflung) adoptiert worden.
6) Hier liegt der anschaulichste römische Bericht über die Aktivitäten des C.
Gracchus und sein tragisches Ende vor. Das Licinische Ackergesetzt hatte übrigens schon sein Bruder wieder in Kraft gesetzt; es bringt aber nur die Begrenzung des Besitzes an Staatsland auf gut einen Quadratkilometer mit sich,
weil reiche Familien so die Kleinbauern verdrängten. Ansonsten ist Velleius
Partei, wie gehabt, und es ist durchaus erstaunlich, dass sich der Freund des
Kaisers so offen zur Republik bekennt, denn seit Augustus herrschen die Kaiser aufgrund ihrer „Tribunizischen Gewalt“, sozusagen als Volkstribunen und
nur dem Volk verantwortlich. Der bis heute erhobene Beschuldigung, das Aneinanderreihen des Volkstribunates sei illegal gewesen, muss man entgegnen, dass es eher ungewöhnlich als unerlaubt war; gerade Licinius war einst
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10 Jahre ununterbrochen Tribun gewesen. Ebenso alt wie falsch ist der ewige
Vorwurf an Sozialreformer, sie strebten nach der Königsherrschaft; unter dieser Beschuldigung konnte man sie nämlich einfach töten; berühmtester dieser umgebrachten Politiker war Manlius Capitolinus: Einst Retter des Kapitols
vor den Galliern, gab er sein Vermögen für die Armen aus und wurde unter
obigem Vorwurf von eben dem Kapitolinischen Felsen gestürzt, den er einst
verteidigt hatte. Für den Sturz des zunächst von den Massen vergötterten C.
Gracchus war die raffinierte Taktik des Senats verantwortlich, der eines Tages
mehr bewilligte als Gracchus je gefordert hatte und Stimmung gegen die
Wiederbesiedelung der Ruinen Karthagos machte; später erinnerte man sich
nicht mehr an die gemachten Versprechungen: Insgesamt erstaunlich ist es,
dass Velleius, selbst ein Italiker, hier die angestrebte Verleihung des Bürgerrechts an die Italiker kritisiert, die zu seiner Zeit als völlig selbstverständlich
galt.
7) Die postume Tragödie des Scipio Africanus will es, dass seine beiden hochbegabten Enkel im Parteienstreit des aufflammenden Bürgerkrieges umkamen. Velleius bedenkt hier aber nicht, dass sie nur dadurch zu überragenden
historischen Gestalten wurden. Cornelia verlor so ihre beiden letzten Kinder,
aber aus ihrer Feder besitzen wir einen kleinen Edelstein der lateinischen Literatur: zwei größere Bruchstücke eines Briefes an den Sohn Gaius aus dem
Jahre 124 v. Chr. Es ist die einzige von einer Frau verfasste damalige Prosa,
die uns erhalten ist. Velleius bleibt seiner politischen Linie treu, auch wenn er
die Grausamkeit der Optimaten verabscheut, und der Wein aus Falerii (Albaner Berge) war wirklich Legende: Dass Velleius die zu seiner Zeit als völlig
normal geltende Ansiedlung von Römern in den Provinzen verurteilt, klingt
seltsam: Gaius Gracchus kam übrigens nicht über erste Pläne einer Neubesiedelung Karthagos hinaus, und schon diese wurden ihm zum Verhängnis, indem der Senat das historische Feindbild wieder aufleben ließ.
8) Nach kurzer Huldigung der angeblich so unbestechlichen Gerichtsbarkeit
Ende des 2. Jh. v. Chr. (moderne Historiker widersprechen) geht Velleius zu
Ämtern, Amtspersonen und Ereignissen über, auf denen schwer der Staub
der Geschichte lastet. Dass das Geschlecht der Caecilii Metelli eines der
mächtigsten war, ist unbestreitbar. Damals war es üblich, überzählige Söhne
in Adelsfamilien hinein adoptieren zu lassen, die vom Aussterben bedroht
waren. Weiterhin sei darauf verwiesen, dass nur wenige Sommer ohne Krieg
verstrichen. Der kleine Sieg des Minucius sowie seine verschwundene Säulenhalle, die er aus Beutegut errichtete, sind nur noch Fußnoten der Historie.
Die Rheinüberquerung der Kimbern und Teutonen (und Ambronen) ist von
größter Bedeutung; Velleius deutet auf Roms Niederlagenserie hin, bis man
die Barbaren Dank einem Marius schlagen konnte.
9) Kapitel 9 ist – abgesehen von der Erwähnung der künftigen militärischen
Gegner Marius und Jugurtha – ein kulturhistorischer Exkurs: Das rhetorische
Donnergrollen der damaligen Größen ist verhallt; die Werke sämtlicher zitier191
ter Dramatiker sind verschollen. Auch die Arbeiten von Roms frühesten Historikern, den Annalisten („Jahrbuch-Schreiber“), sind nicht mehr vorhanden:
Sie alle sog wie ein gigantischer Schwamm das monumentale Geschichtswerk des Titus Livius aus Padua auf, dessen Werk aber auch nur in Teilen
überliefert ist. Lucius Pomponius Bononiensis (aus Bologna) verfasste (verschollene) Atellanen; das sind volkstümliche Possen und Komödien: Die Werke all der oben genannten Autoren lagen Velleius noch vor.
10) Velleius nennt erneut voller Stolz römische Politiker und Militärs, die heute kaum noch jemand kennt; auch die beiden genannten Siege waren nicht
weltbewegend: Immerhin blieben die Allobroger seitdem treue römische Untertanen, und als die Helvetier gegen Caesars Willen ihr Gebiet südlich des
Genfer Sees durchzogen, um vor Genf Kehrt zu machen und noch einmal
(sengend und mordend) durchzumarschieren, eröffnete Caesar seinen Gallischen Krieg, anfangs nur ein Helvetischer Krieg. Die Arverner hingegen gaben sich erst geschlagen, als Caesar ihren charismatischen Führer Vercingetorix in seiner Gewalt hatte. – Die Huldigung an die nachweislich sehr erfolgreiche domitische Familie hat einen Beigeschmack: Ein Domitius Ahenobarbus
(„Erz-Bart“), Enkel des von Caesars Häschern nach der Schlacht bei Pharsalos
umgebrachten Ahenobarbus, heiratete Agrippina die Jüngere, eine leibliche
Ur-Enkelin des Augustus; ihr gemeinsamer Sohn bestieg dann den Kaiserthron unter dem Namen Nero, nachdem mit Agrippinas Hilfe (?) Kaiser Claudius, Neros Großonkel, und dessen Sohn beseitigt waren: Mit ihm erlischt
Roms erstes Herrscher-Haus unrühmlich; doch das alles konnte Velleius noch
nicht ahnen...
11) Velleius, Meister der Kurz-Charakteristik, zeigt Stärken und Schwächen
des Marius auf: Auch wenn er – wie üblich – auf Seiten der „Konservativen“
steht, äußert er dennoch die angebrachte Kritik am alten Adel, indirekt freilich aus dem Munde des Marius, dem aber im Unterschied zur Darstellung
des Velleius der eigentliche Ruhm zufällt, Jugurtha geschlagen und verhaftet
zu haben: Einen ausführlichen Bericht über den Jugurthinischen Krieg versagt sich Velleius, da er über die Monografie des Sallust schon vorlag und
vorliegt: Unter Roms Einfluss und Garantie war Numidien (ca. Algerien) unter die drei Kronprinzen verteilt worden, aber Jugurtha, der älteste, schaltete
seine Rivalen bald aus und zwang Rom dadurch, ihm den Krieg zu erklären,
in dem sich zunächst die römischen Generäle tüchtig blamierten, bis man
Metellus entsandte. Nach den Siegen des Metellus und Marius ging Jugurtha
zum Kleinkrieg über und flüchtete schließlich zu seinem Schwiegervater Bocchus, König von Mauretanien (ca. Marokko). Marius sandte seinen Stellvertreter Sulla dort hin, und Bocchus lieferte nach einigem Zögern Jugurtha aus;
man zerrte ihn im Triumphzug durch Rom, warf ihn nackt in die Gewölbe des
Staatsgefängnisses und ließ den halb Wahnsinnigen verhungern. – Die abschließenden philosophischen Bemerkungen über das Auf und Ab von Adelsgeschlechtern war und ist nur allzu wahr; in der Kaiserzeit starben sie fast alle
192
aus, und Roms Herrscher mussten neue Familien-Oberhäupter in den Senat
berufen, darunter zunehmend Provinziale.
12) Für seine Siege über die germanischen Völker, die sich zu ihrem Unglück
getrennt hatten, genießt Marius ewigen Ruhm. Velleius hat uns aber leider
seine Heeresreform verschwiegen: Da nun einmal mit der Abnahme der
wehrpflichtigen Kleinbauern auch die Schlagkraft der Armee nachgelassen
hatte, stellte Marius eine Berufsarmee auf, die der Feldherr auszurüsten hatte
und ihm verpflichtet war. Ohne diese Wandlung wären Roms Feldherrn der
Bürgerkriege undenkbar. Wenn Velleius seinen Marius für das sechste Konsulat lobt, ist dies nicht ohne Zynismus: Der Senat veranlasste ihn nämlich, sozusagen gegen die eigenen Leute vorzugehen; Marius ließ sich in die Pflicht
nehmen und sägte sich sozusagen den Ast ab, auf dem er saß uns sah sich
am Ende seiner Karriere angekommen: Der Senat verabscheute den Emporkömmling und das gemeine Volk verachtete ihn nunmehr, und Marius musste mit ohnmächtiger Wut den kometenhaften Aufstieg seines einstigen Adjutanten Sulla miterleben.
13) Marcus Livius Drusus, 91 v. Chr. Volkstribun, war Sohn des Volkstribuns
Drusus, der sich Tiberius Gracchus entgegen gestellt hatte und durch das Votum der Volksversammlung des Amtes enthoben war; er adoptierte den Vater
der Livia Drusilla „Augusta“, Gattin des Kaisers Augustus, Mutter des aktuellen Kaisers Tiberius, Großmutter der Kaiser Caligula und Claudius, Ururgroßmutter des Kaisers Nero, mit dem die Dynastie erlischt. Drusus findet Urgroßvater des Tiberius bei Velleius naturgemäß eine „gute Presse“. Moderne Historiker zollen seinen Bemühungen, die Einigkeit im Staat wiederherzustellen,
durchaus Anerkennung, sehen ihn aber als Politiker, der sich „zwischen die
Stühle“ setzte und einen eher tragischen Pfad einschlug; immerhin rafft sich
hier Velleius einmal zu beißender Kritik am Senat auf, ohne uns zu sagen; das
weitere Schicksal des Drusus folgt in Kapitel 14 und bedarf keiner weiteren
Kommentierung; das Thema „Bürgerrecht“ verknüpft Kapitel 14 und 15:
15) Den Italiker-Krieg hätte sich Rom ersparen können; die Verleihung des
Bürgerrechtes statt ewiger Unterdrückung war überfällig, aber auch die stadtrömische Plebs wachte eifersüchtig über ihrem Privileg. Die Gracchen und
Drusus waren ihren sinnvollen Versuchen zum Opfer gefallen. Mit „Italien“
ist das heutige Festland-Italien ohne die Po-Ebene gemeint. Zunächst zählt
Velleius die Generäle der Römer auf; die der Italiker folgen in Kapitel 16. Der
Sohn des Numidicus hat den unübersetzbaren Beinamen „Pius“; er besitzt
die „pietas“. In unserem Zusammenhang bedeutet es soviel wie liebevoller,
selbstloser Einsatz für die nächsten Verwandten. Lucius Apuleius Saturninus,
Volkstribun 103 und 100) arbeitete immer noch in und an der Landverteilung; er wurde bei Unruhen samt dem Praetor und Parteigänger Gaius Servilius Glaucia umgebracht, eine der Scheußlichkeiten des Bürgerkrieges: Velleius hat ihren Tod schon oben (in 12, 6) dem Einschreiten des Gaius Marius
(lobend) zugeschrieben, ohne zu sagen, dass sich Marius damit die Sympa193
thien der Menge verscherzte und vorübergehend in die Bedeutungslosigkeit
stürzte.
16) Velleius verschweigt die Führer der Italiker nicht. Dann trumpft er mit
seinem erlauchten Vorfahren auf, und das sollte ihm niemand übel nehmen.
Corfinium findet sich heute als Ruinenstätte in Mittelitalien. Trotz der Verleihung des Bürgerrechts blieben die Italiker benachteiligt, da sämtliche politischen Prozesse samt Volksabstimmung nur in Rom stattfanden.
17) Kompakte Würdigung der zwei Seiten des späteren Diktators. Die Tragik
will es, dass Marius, sein späterer Todfeind, der Entdecker seines militärischen Genies war; ohne Marius wahrscheinlich kein Sulla; vergleichbar: ohne Pompeius wahrscheinlich kein Caesar, der allerdings „schon“ mit 41 Jahren Konsul wurde, für damalige Zeiten aber ebenfalls ein „Spätberufener“.
18) Mithridates von Pontos (am Schwarzen Meer; Nord-Türkei) hieß eigentlich Mithradates, „der von Gott Mithras Gegebene“ (Mithridates VI. Eupator;
120-63 v. Chr.). Seinen Konflikt mit Rom schildert Velleius einseitig; er hatte
das gleiche „Recht“ auf ganz Kleinasien wie Rom, und die sonst überlieferte
Zahl von 80.000 Mordopfern ist gewiss eine Übertreibung. Aufgrund innenpolitscher Streitereien mussten Roms Feldzüge gegen ihn zweimal unterbrochen werden: 1. Krieg 88-84; 2. Krieg 83-81; 3. Krieg 74-64. Schließlich auf
ein unbedeutendes Reich beschränkt, fiel Mithridates seinem ungeduldigen
Sohn Pharnakes II. zum Opfer. – Theophanes war ein schriftstellernder Begleiter und Freund des Pompeius Magnus; dadurch konnte er für seine Heimatstadt Mytilene eine Begnadigung erreichen; sein Werk ist bis auf winzige
Bruchstücke verschollen – Auch im zweiten Teil des Kapitels nimmt Velleius
wieder Partei für die sog. Optimaten, während dem Konflikt Marius : Sulla in
Wirklichkeit eine ungeklärte Frage der ungeschriebenen römischen Verfassung zugrunde lag: die Volkssouveränität auf der einen und die Macht des
Senates über die Außenpolitik auf der anderen Seite. Der Tribun Sulpicius Rufus hat aus heutiger Sicht nichts Verwerfliches getan, als er dem Volk die Entscheidung anheim stellte, ob Marius oder Sulla gegen Mithridates ziehen
sollte; Sulla behauptete seine Stellung dann durch Waffengewalt, und Sulpicius wird demnächst seiner Rache zum Opfer fallen...
19) Der blutrünstige Marsch Sullas auf Rom, die militärische Besetzung der
Stadt sowie seine erste Mordserie verkürzt und beschönigt Velleius schmerzlich. Marius war mit Caesars Tante Iulia verheiratet; der jüngere Marius war
Caesars Cousin, und Caesar ist der gesetzliche Großvater des derzeitigen Kaisers Tiberius: Velleius am Rande des oppositionellen Autors! Ansonsten referiert er korrekt die Ermordung des Sulpicius und die dramatische Flucht des
Marius. Sein obiges Urteil über Sulla, den er erst zum Schluss verdammt, revidiert er hier zwischen den Zeilen: Sulla reagiert mit Mord und Totschlag auf
jede Opposition: Karthago war übrigens entgegen den Absichten des Gaius
Gracchus nach wie vor nicht wiederaufgebaut; erst mit Caesar setzte die Neu-
194
besiedelung ein, die das alte Karthago als römische Stadt in neuem Glanz
wiedererstehen ließ.
20) Pompeius: verzweigte plebejische Familie; hier im Konflikt: Gnaeus Pompeius Strabo, Vater des berühmten Pompeius Magnus, weigerte sich, sein
Heer auf Sullas Befehl hin an Quintus Pompeius Rufus zu übergeben und
brachte seine Soldaten zur im Text geschilderten Untat oder sah dem zumindest tatenlos zu, hielt auch kein Strafgericht und behielt prompt den Oberbefehl bei: Hier und überall zeigt sich die negative Seite der Heeresreform des
Marius, nach der die Soldaten in erster Linie ihrem Führer verpflichtet bzw.
auf ihn vereidigt waren. – Cinna, Konsul 87 und 84, errichtete nach Sullas Abgang in den Mithridatischen Krieg in Italien eine berüchtigte Gewaltherrschaft; er war ferner Caesars (erster) Schwiegervater und wurde später von
seinen eigenen Soldaten umgebracht. Velleius kann ihn zwar nicht leiden,
hebt aber doch das Rechtswidrige seiner Amtsenthebung hervor: Das üble
Beispiel machte nämlich Schule. Die negative Charakteristik des Cinna verweist erneut auf Velleius‘ Sympathien für die Optimaten, obwohl Caesar ja
der gesetzliche Großvater seines Kaisers Tiberius war.
21) Velleius schildert den Vater des sonst von ihm verehrten Pompeius Magnus rein negativ, noch unterhalb Cinnas. Dass die Volksversammlung Marius
zurück berief, war selbstverständlich; dieselbe hatte ihm ja auch (vergebens)
das Kommando im Mithridatischen Krieg gegeben, den zurzeit Sulla führte
und dadurch Italien sich selbst überließ. Cinna und Marius errichteten derweilen eine Schreckensherrschaft in Rom. Der alte Marius ließ seinem Hass
freien Lauf.
22) Das Urteil über Marius und Cinna ist plausibel (87 v. Chr.); ebenso der
Hinweis, dass Sulla sie an Grausamkeit noch übertreffen wird: Gnaeus Octavius war in diesem Jahr anstelle Cinnas zum Konsul ernannt worden, der sich
jetzt blutig an ihm rächte. Quintus Lutatius Catulus, Konsul 102 v. Chr., Feldherr und damit unfreiwilliger Rivale des Marius im Kimbern-Krieg, widersetzte sich dessen Politik und zahlte nun mit dem Leben dafür. Am Ende des Kapitels spielt Velleius auf die kommenden sullanischen „Proskriptionen“ an,
die dazu führten, dass sich kein nur irgendwie Vermögender seines Lebens
mehr sicher sein konnte, da dem Anzeigenden ein Teil von dessen Besitz
überlassen wurde, was wiederum dazu führte, dass aus dem ehemaligen Anzeigenden gelegentlich ein Angeklagter wurde: Hier erst verspielt Sulla die
letzten Sympathien des Velleius und aller anderen Historiker.
23) Der Tod bewahrte Marius vor weiteren Untaten und der Rache des bald
zurückkehrenden Sulla. Sein Nachfolger wird für den Versuch, die Unterschicht zu entschulden – ein uraltes Problem – vom parteiischen Velleius zu
Unrecht verdammt. Anschließend schreibt er über Sullas erfolgreichen griechischen Feldzug – mit übertriebenen Zahlen. Dass er dabei seinen Athenern
herzlich verbunden bleibt, belegt er hier erneut. Wundern muss man sich
195
aber, dass er Sulla für einen voreiligen Frieden nicht tadelt, der Mithridates,
den Mörder Tausender von Römern, ungeschoren davon kommen lässt: Sulla
dachte wohl nur noch an Rache gegenüber seinen Feinden in Italien und
brach den Feldzug vor dem endgütigen Sieg ab; das sollte sich rächen: Ertappte Überläufer wurden traditionell umgebracht.
24) Auch im Urteil über Fimbria bleibt Velleius seiner Linie treu, selbst wenn
er dessen Mut lobt. Publius Popilius Laenas war i.J. 85 Volkstribun; eine kleine
Gestalt des Bürgerkrieges: Der Tarpejische Felsen am Kapitol – traditionelle
Hinrichtungsstätte – ist über 10 m. hoch. Die iranischen Parther waren und
blieben neben den Germanen der unbesiegte Feind Roms. Die von Velleius
gelieferten Zahlen (30.000 gewinnen gegen 200.000) muss man nicht unbedingt ernst nehmen: „Viel Feind, viel Ehr‘!“ Gnaeus Papirius Carbo war 85,
84 und 82 Konsul; wir werden in den Kapiteln 26 und 27 wieder von ihm hören; trotz dreier Konsulate ist er von geringer historischer Bedeutung.
25) In diesem Kapitel reitet Velleius anfangs auf Sullas unvereinbaren Seiten
des Charakters herum; besser hätte er sagen sollen, dass Sullas anfängliche
Milde angesichts eines höchst unsicheren Sieges eher taktischer Natur war,
während seine späteren Exzesse auf uns geradezu neurotisch wirken. – Lucius
Cornelius Scipio Asiaticus war gemeinsam mit Gaius Norbanus im Jahre 83
v. Chr. Konsul; beide unterlagen Sulla, und welche von beiden Parteien eher
im Recht war, bleibt offen; wahrscheinlich beide nicht. Quintus Sertorius setzte sich dann nach Spanien ab, wo er einen Gegensenat ins Leben rief; es gelang auch Pompeius Magnus in mehreren Feldzügen nicht, ihn endgültig zu
besiegen; über ein Kopfgeld fand sich schließlich ein Mörder. Der von Velleius erwähnte Tempel der Diana existiert übrigens nicht mehr.
26) Konsul Carbo (85/84 und noch einmal 82) begegnete uns schon in Kapitel 24 und wird in Kapitel 27 erneut (letztmals) genannt, ohne dass Velleius
sein weiteres Schicksal erwähnte: Er war ein erbitterter, zu allem entschlossener Feind Sullas und geriet 82 in die Hände des Pompeius Magnus, der ihn
prompt töten ließ. – Der junge Gaius Marius war über seine Mutter Iulia Caesars Cousin ersten Grades und damit Großcousin (per Adoption) des Augustus: Velleius deutet hier schon an, dass die Uhr des talentierten jungen Mannes bereits abgelaufen war: Dass zurzeit in Rom die Sullaner zuhauf und
dann nach Sullas Sieg die Marianer in noch viel größerem Umfang hingemordet wurden, ist altbekannt; Velleius äußert sich dazu mit Abscheu. Dass aber
der Bruderstreit der beiden Carbo zur Ermordung des einen führte, ist Stoff
für die Tragödie: Die Curia Hostilia, das Hostilische Rathaus, Ort des grässlichen Todes der genannten Politiker, war ausgerechnet einer der Tagungsorte
des Senats, angeblich in grauer Vorzeit von König Tullius Hostilius erbaut.
27) Die Samniten waren Roms mittelitalischer Angst-Gegner: Sulla ließ sie bis
an den Rand der Ausrottung niedermetzeln; Praeneste (heute: Palestrina)
liegt in Latium und wurde von Sulla zerstört.
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28) Velleius rechnet mit Sullas blutiger Gewaltherrschaft ab; sein Hinweis auf
eine zweite Ächtungswelle ist aber wieder einmal Fingerzeig auf den gelegentlich oppositionellen Charakter seiner Schrift, denn Caesar Octavianus
(Augustus) war maßgeblich daran beteiligt, der Adoptiv-Vater und Vorgänger des Tiberius: Die Namen der oft willkürlich Geächteten wurden öffentlich
zur Ermordung angeschrieben (lat. proscribere). Der Anzeigende oder Mörder erhielt einen Anteil aus dem Vermögen des Ermordeten; mache dieser
Schergen waren dadurch so reich geworden, dass sie sich plötzlich selber auf
der Anzeigetafel vorfanden...
29) Brillante Charakteristik des Pompeius und seiner zwei Seiten; das Lob
überwiegt, obwohl man die Gegner Caesars (und seiner Nachfolger) gerne
als „Pompeianer“ bezeichnete. Die Beschreibung der mühsamen und letztlich ohne durchschlagenden Erfolg durchgeführten spanischen Feldzüge des
Pompeius gegen Sertorius (80-72 v. Chr.), den letzten ernst zu nehmenden
Mann aus der Partei des Marius, fallen hier einer Textlücke zum Opfer: Sertorius konnte nur durch Mord ausgeschaltet werden, während Pompeius in
Spanien keinen Ruhm als großer Stratege ernten konnte.
30) Aus dem nicht zu übersehenden Abscheu des Velleius vor der Mordtat
lässt sich schließen, dass er in der Lücke am Ende des Kapitels 29 dem Feldherrngenie des Sertorius seine Hochachtung gezollt hatte; mit dessen Tod
erstarb auch die Macht der Bewegung, die man meist als Popularen bezeichnet, ausgerechnet durch Perpenna, einen der ihren, verursacht: Pompeius
schlug dann Perpenna und ließ ihn töten. Als er von seinem glücklichen Sieg
nach Italien zurückkehrte, lief ihm ein versprengter Haufen von Sklaven, die
aus der Schlacht beim Vesuv geflohen waren, sozusagen in die Arme, und
Pompeius rühmte sich zum Verdruss des Crassus prompt, er habe auch den
Sklavenkrieg gewonnen: Was der moderne Leser hier bei Velleius vermisst,
sind ein paar klare Worte zur furchtbaren Lage der Sklaven und Proletarier,
die nur aus Verzweiflung zu den Waffen griffen. Indem nun Pompeius die
einstige Macht des Volkstribunates wiederherstellte, näherte er sich politisch
den gedemütigten Popularen; ein Parteiwechsel? Übrigens durfte, wie gesehen, der in Abwesenheit zum Konsul gewählte Pompeius seinen spanischen
Triumphzug abhalten; Caesar musste später darauf verzichten und kam nur
als Zivilist in die Stadt, um das höchste Staatsamt zu erhalten.
31) Pompeius steht jetzt vor seiner bisher größten Aufgabe und wird sie mit
Bravour lösen; dass der Senat nach den grausigen Erfahrungen, die man mit
Sulla gemacht hatte, misstrauisch war, sollte niemanden wundern. Immerhin
hatte Pompeius einen sichtbaren Schwenk zu den Popularen vollzogen und
wurde prompt über den Volkstribun und die Volksversammlung zum Reichsfeldherrn erhoben. Marcus Antonius war übrigens sieben Jahre zuvor an der
gleichen Aufgabe gescheitert; Details zum Piratenkrieg folgen in Kapitel 32.
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32) Quintus Lutatius Catulus war der Sohn des Catulus, der mit Marius gemeinsam die Kimbern besiegt hatte (102); Terroropfer des Marius. Catulus jr.
war 78 Konsul; führender Senator; später unterlag er Caesar bei der Wahl
zum Oberpriester. – Die Maßnahmen der Volkstribune zeigen, wie sich das
Pendel hin zugunsten der Popularen bewegt hatte. – Die geschilderten milden Maßnahmen des Pompeius gegenüber den Familien der Piraten (nur erzwungener „Berufswechsel“) ist ein leuchtendes Beispiel der Zeit: Es war damals nämlich üblich, solche Stämme vollständig in die Sklaverei zu verkaufen,
wie dies Caesar bald im Gallischen Krieg zur Anwendung bringen wird: Kilikien, Heimat der Piraten, findet sich an Kleinasiens südöstlicher Küste: Schon
die logistisch-organisatorische Leistung des Pompeis im Piratenkrieg ist bewundernswert.
33) Velleius tischt uns nur die dem Lucullus feindliche Version auf. Schon in
der Antike (Plutarchos, Luc. 33 f.) wurde die vorgebliche Geldgier des Feldherrn als Verleumdung angesehen. Dass er nicht zum endgültigen Sieg gegen Mithridates gelangte, lag wohl eher am mangelnden Nachschub aus
dem von inneren Unruhen erfüllten Rom. Dass er aber nach seiner Absetzung
das Leben eines Schlemmers führte, ist hingegen unbestritten. Sein Name
mutierte im Lateinischen zu „Leckerbissen“, und noch heute sprechen wir
von „lukullischen Genüssen.“ Wenn ihn Pompeius mit dem Perserkönig Xerxes vergleicht, der bei seinem Feldzug gegen Athen im Jahre 483 v. Chr. den
Hellespont auf einer so prächtigen Schiffsbrücke überquerte, dass man eine
Straße auf ihr anlegte, und dann einen Kanal für seine Flotte an Berg Athos
graben ließ, um sie vor dem Sturm zu bewahren, ist der Witz an allen Haaren
herbeigezogen: Velleius denkt zumindest als Autor „altrömisch-streng“ und
verurteilt den Luxus ebenso wie sein Vorgänger, der Historiker, Lebemann,
Millionär Gaius Sallustius Crispus.
Die Charakteristik des Pompeius hingegen ist trefflich gelungen. Im Unterschied zu Sulla, der aus ältestem Adel stammte und daher umso bedenkenloser gegen Feinde und vermeintliche Feinde vorging, war der soziale Aufsteiger Pompeius geradezu krankhaft darum bemüht, möglichst allen zu gefallen
und überall beliebt zu sein. Einer Textverderbnis ist es wohl zu verdanken,
dass wir von Sullas unbeschreiblichen Gräueltaten nichts Näheres hören. Er
aber war es gewesen, der seinem besten Gefolgsmann Pompeius den Beinamen ‚Magnus‘ (der Große) verlieh, der dann in seiner Familie erblich werden
sollte. Sulla legte übrigens im Jahre 70 nach all seinen Mord-Orgien die Diktatur seelenruhig nieder und lebte ohne jede Leibwache unbehelligt bis zu
seinem – damals bei Prominenten überaus seltenen – natürlichen Tod, schon
im Jahre 78 v. Chr. Erst nach seinem Rückzug ins Privatleben konnte Pompeius konkurrenzlos zum ersten Mann des Staates aufsteigen.
34) Quintus Caecilius Metellus Creticus, Konsul 69, Gegner des Pompeius,
unterwarf Kreta in den Jahren 68-66. Diesen kleinen Feldzug benutzt Velleius,
um erneut die große Eitelkeit des Pompeius grell zu beleuchten. Dann lässt er
198
seiner Sympathie für Cicero freien Lauf, obwohl eben dieser ein entschiedener Gegner Caesars war und dem Wüten des Antonius und Caesar Octavianus (Augustus) zum Opfer fiel; wieder einmal lässt Velleius zumindest seine
literarische Opposition gegen die Kaiserherrschaft erkennen. Über die Verschwörung des Catilina näher zu informieren, versagt er sich hingegen; einerseits lag ja die berühmte Monografie des Sallustius Crispus vor; andererseits
hätte Velleius endlich einmal zur bedrückenden sozialen Frage Roms Stellung
nehmen müssen, denn Catilina hatte dem bedrängten kleinen Mann u.a. einen Schuldenerlass versprochen, während er die Reichen energisch zur Kasse
bitten wollte: Bis heute ist der Blick getrübt, da wir einerseits nur durch das
Geschichtswerk des den Catilina hassenden Millionärs Sallustius Crispus, andererseits durch Cicero, seinen entschiedenen Gegner, unterrichtet sind,
durch dessen Katilinarische Reden der Schmutz kübelweise über dem – ganz
gewiss amateurhaften – Revolutionär ausgeschüttet wird, der dann mit seiner
schlecht ausgerüsteten Truppe tapfer kämpfend vom Feldherr Petreius besiegt und getötet wurde, der wiederum zu einem von Caesars (umgekommenen) Todfeinden werden sollte.
35) Seiner Linie folgend, lobt Velleius Cato und Cicero in den höchsten Tönen; dabei folgt er der Darstellung des Sallustius Crispus, der den von Velleius ungenannten Caesar an zentraler Stelle seine Rede halten lässt, in der er
zu Milde sowie der Internierung der gefassten Verschwörer, über Landstädte
verteilt, rät: Catos triumphierte mit seiner Gegenrede über Caesar, und die
Gefangenen wurden unverzüglich und ohne Gerichtsurteil umgebracht, obwohl sie über (angebliche) Pläne zu einer sozialen Revolution nicht hinausgekommen waren: Cicero büßte dafür später mit Verbannung aus Rom; Caesar und Cato blieben bis zuletzt Todfeinde, bis sich Cato in Utica (Tunesien)
nach Caesars Sieg im Afrikanischen Krieg das Leben nahm; Caesar errang
dann in Spanien seinen letzten Triumph über die Republikaner (Labienus
fiel) und fand knapp ein Jahr später den Tod durch die Dolche der Verschwörer an den Iden des März 44. Cicero überlebte ihn, wurde dann aber nach
Aufrufen zur Wiederherstellung der Republik auf Geheiß des Marcus Antonius und mit Billigung durch Caesar Octavianus (Augustus), Caesars Großneffen und Adoptivsohn, ebenfalls umgebracht. – Als Caesar die obige Senatssitzung verließ, bedrohte man ihn als vermeintlichen Mitwisser der Verschwörung mit dem Tode; seine Rolle ist aber bis heute undurchsichtig; dass
er zumindest im Herzen auf Catilinas Seite stand, könnte der Wirklichkeit nahe kommen; dass dieser übrigens, als man ihn stellte, aufs Tapferste focht,
findet sich ebenfalls schon beim Historiker Sallust: Insgesamt gesehen sind
die Helden des Velleius wieder einmal die Feinde Caesars, des „Großvaters“
seines Kaisers Tiberius; umso überraschender dann der neue Ton zu Beginn
des folgenden Kapitels:
36) Der Beginn des Kapitels ist „pikant“: In Ciceros Konsulat wird Caesars
Großneffe und Erbe Augustus geboren, der dann für Ciceros Ermordung mit199
verantwortlich ist, doch den „Vater“ des aktuellen Kaisers Tiberius glaubt Velleius wohl hier erwähnen zu müssen. – Anschließend widmet sich unser gebildeter Autor wieder dem römischen Kulturbetrieb und zählt die führenden
Literaten auf: Quintus Hortensius Hortalus war Ciceros erster rhetorischer Rivale; Konsul 69 v. Chr.; sein Geschichtswerk ist verschollen. Warum Velleius
hier aber Crassus, den Triumvirn und reichsten Mann Roms aufzählt, ist ungewiss; vielleicht wegen seiner Rednergabe. Ebenso war Aurelius Cotta ein
berühmter Redner; Konsul 75 v. Chr.; ähnlich Publius Sulpicius Rufus, 88
v. Chr. Volkstribun; Sulla ließ ihn als Marianer umbringen; auch der berühmte Caesar-Mörder Brutus, der zum Kreis um Cicero gehörte und nach seiner
Niederlage 42 v. Chr. Selbstmord beging. Auch Marcus Calidius, 57 Praetor,
war ein berühmter Redner; ähnlich Marcus Caelius Rufus, der 48 Praetor war;
das Werk des Dichters Gaius Licinius Calvus, Freund des überragenden Poeten Catullus, ist verloren gegangen; dass Caesar neben Cicero das beste Latein schrieb und sprach, war zu Velleius‘ Zeiten Allgemeingut und gilt bis
heute. Marcus Messala Corvinus, Konsul 31 v. Chr., Redner und Schriftsteller;
Förderer der Dichter Tibullus und Ovidius; Asinius Pollio war Politiker, Redner, Offizier und Verfasser eines verloren gegangenen Geschichtswerkes; 40
v. Chr. Konsul; Caesarianer. Gaius Sallustius Crispus („Kraushaar“) war Gefolgsmann Caesars und Roms erster großer Historiker; sein Hauptwerk ist verschollen; seine erhaltenen Monografien über die Verschwörung des Catilina
sowie den Jugurthinischen Krieg gelten als Klassiker; dass Thukydides, Griechenlands größter Historiker (460-400 v. Chr.) sein Vorbild war, ist unumstritten. Varro Atacinus (*82 v. Chr.) soll Gedichte und Epen verfasst haben; Titus
Lucretius Carus (ca. 94-55 v. Chr.) war epikureischer Philosoph und Autor eines erhaltenen Lehrgedichtes „De rerum natura – von der Natur der Dinge“.
Dank seinem erhaltenen Werk wissen wir, dass Gaius Valerius Catullus einer
der bedeutendsten lateinischen Dichter ist (ca. 87-54 v. Chr.); er konnte übrigens Caesar nicht leiden. Anschließend geht Velleius zu den Autoren der augusteischen Klassik über: Wenn er Publius Vergilius Maro (70-19 v. Chr.)
nennt, der vor allem mit dem „Nationalepos“ der Aeneis zu höchstem Ruhm
aufstieg, so hätte Velleius unbedingt seinen ersten Rivalen Horaz ebenfalls
nennen müssen. Stattdessen bringt er nur Albius Tibullus, den Verfasser eines
kleinen aber feinen elegischen Werkes, ohne Propertius, seinen großen Rivalen zu erwähnen, dessen Werk ebenfalls erhalten ist, während uns Gallus, der
dritte Elegiker, nur noch namentlich bekannt ist. Etwas später als dieses Dreigestirn ist Ovidius Naso, Roms vielseitigster Dichter, anzusetzen (43 v. Chr.
bis 17 n. Chr.): Über sein riesiges Werk informiere man sich in einem Lexikon.
Vom zu Recht genannten großen Historiker Titus Livius aus Padua ist leider
der Teil seines Werkes, wo er Zeitgeschichte schreibt, nicht erhalten; aber
auch der übrige füllt einige moderne Bücher. – Mit seinen abschließenden
Zweifeln an den unter Tiberius berühmten Autoren hat Velleius recht behalten; er, Velleius, ist der einzige, der überhaupt noch überliefert ist, und die
Zeiten des Philosophen und Dramatikers Seneca sowie des großen Historikers
200
Cornelius Tacitus samt Plinius d.J. – noch eine Generation später – waren
noch nicht gekommen. Darum ist Velleius unser einziger Historiker zwischen
Livius und Tacitus, den wir überhaupt besitzen, und er schreibt im erhaltenen
Teil seines Werkes überwiegend Zeitgeschichte; daher ist er von Bedeutung.
37) Mithridates VI. Eupator war nur wegen der in Rom schwelenden innenpolitischen Querelen solange erfolgreich; sein ursprüngliches Reich, das Pontische Reich, liegt am Südostufer des Schwarzen „Pontischen“ Meeres; nachdem er schon von Sulla und dann von Lucullus geschlagen worden war, erhob er sich wieder und musste sich nun Pompeius beugen (64 v. Chr.) und
zog sich in sein bosporanisches Territorium (Süd-Ukraine) zurück, wo er einer
Verschwörung des eigenen Sohnes zum Opfer fiel. Tigranes I. von Armenien
(95 – ca. 55) eroberte weite Gebiete des Ostens, Schwiegervater und Bundesgenosse des Mithridates; von Lucullus und Pompeius besiegt und auf Armenien beschränkt: Von da an begnügte sich Rom meistens damit, in Armenien
Klientel-Könige einzusetzen (indirekte Ausübung der Herrschaft).
38) Das Kapitel enthält, wie vom Autor angekündigt, eine Zusammenfassung
der expansionistischen Bestrebungen Roms und füllt ein wenig auch die große Lücke des überlieferten Textes: Appius Claudius Caudex war 264 Konsul;
M. Claudius Marcellus eroberte 212 Syrakus; danach wurde Sizilien römische
Provinz; M. Atilius Regulus, Konsul 267, landete in Africa (Tunesien; Erster Punischer Krieg), wurde gefangen genommen, kam zum Gefangenenaustausch
nach Rom, riet, das Abkommen abzulehnen, kehrte vertragsgemäß nach Karthago zurück und wurde dort umgebracht. In der Lücke standen die Ereignisse des Zweiten Punischen Krieges, der durch den Sieg Scipios über Hannibal
(202/1) sein Ende fand. Danach bestand Karthago noch als Kleinstaat weiter,
bis es Rom im Dritten Punischen Krieg (149-46) dem Erdboden gleich machte. Zwischen erstem und zweitem Krieg kam es in Karthago zu Wirren; Rom
nutzte sie aus, um Sardinien und Korsika zu besetzen. T. Manlius Torquatus
war 235 Konsul. Im Zweiten Punischen Krieg drang Hannibal in Italien ein;
im Gegenzug marschierten die genannten Scipionen nach Spanien, das Velleius im Plural nennt, weil Rom die Halbinsel später in zwei Provinzen gliederte; Lusitania (etwa: Portugal) gehörte dazu. Die Scipionen fielen 211
v. Chr. Ihr Neffe, der spätere Africanus, kam dann nach Spanien und eroberte
Neu Karthago (heute: Carthagena), die Basis des Feindes. Hasdrubal aber,
Hannibals Bruder, entkam ihm und marschierte in Italien ein, um Hannibals
geschwächte Armee zu verstärken, wurde aber abgefangen und vernichtet.
Jetzt erst erhielt Scipio den Befehl, nach Africa überzusetzen. Hannibal folgte
ihm und stellte sich bei Zama (sdl. Karthagos) zu seiner letzten Schlacht und
verlor sie. Als die Römer Jahre später sein Versteck im Exil umstellten, nahm
er das Gift, welches er stets bei sich trug. – Dass Aemilius Paulus Makedonien
schlug (168), und Mummius parallel zur Vernichtung Karthagos das herrliche Korinth in Schutt und Asche legte (146), hat Velleius schon oben berichtet. Die übrigen kleinen Generäle beiseite lassend, sei erneut darauf hinge201
wiesen, dass Roms einzig überragender Eroberer des Ostens Gnaeus Pompeius war. – Pergamon fiel per Erbschaft an Rom, vermacht vom „kinderlosen“ König Attalos III. (133); sein illegitimer Sohn Aristonikos hatte keine
Chance, und ob das „Testament“ nicht doch eher von Rom erzwungen war,
wird sich nicht von der Hand weisen lassen: Pergamon verdanken wir übrigens die Erfindung des langlebigen Pergaments, das das ägyptische Papyrus
ersetzen sollte.
39) Vor Caesar war bereits die Po-Ebene (das „diesseitige Gallien“) romanisiert und in Südgallien die „Provincia Narbonensis“ (Provence) eingerichtet;
mehr war noch nicht gelungen. Das großartige Werk Caesars, sein achtjähriger Gallischer Krieg, mit dem unerwähnten kongenialen Titus Labienus zur
Seite, kürzt Velleius drastisch zusammen und verweigert hier Caesar sogar
den Titel „Divus“ („zu den Göttern gegangen“), obwohl er der gesetzliche
Großvater des Kaisers Tiberius ist. Augustus hingegen, Caesars Großneffe
und Adoptivsohn, kommt ebenso angemessen dabei weg wie sein Stief- und
Adoptivsohn Tiberius, der damals tatsächlich Roms führender Feldherr war:
Tiberius eroberte im Auftrag des Augustus u.a. den Balkan-Donau-Raum mit
den genannten Völkern. Kappadokien hingegen liegt in Ost-Kleinasien. Warum Velleius hier den insbesondere in Germanien erfolgreichen Drusus, Bruder des Tiberius, nicht erwähnt, mag auf folgendem beruhen: Claudius Drusus Nero Caesar Germanicus (so sein voller Name) hatte ebenfalls erfolgreich
mit den Rätern und Vindelikern gekämpft (15 v. Chr.), wurde Oberkommandierender am Rhein und stieß bis zur Elbe vor. Beim Rückzug stürzte er vom
Pferd und verstarb an den Folgen des Unfalls. Tiberius sicherte dann die Elbgrenze, die Varus aber 9 n. Chr. mit dem Untergang seiner Legionen gegen
Arminius wieder verspielte: Diese grausige Niederlage nach all den Triumphen zu erwähnen, passt Velleius hier nicht ins Konzept. Drusus erfährt übrigens erst in Kapitel 97 eine zurückhaltende Würdigung; nach dem Quellen
war er der bevorzugte Stiefsohn des Augustus, der erst dann auf Tiberius als
Nachfolger zurückkam, als ihm auch noch seine beiden Enkel vorzeitig verstorben waren: Germanicus Caesar, Sohn des Drusus, heiratete Agrippina,
die leibliche Enkelin des Augustus; ihren Sohn Gaius Caesar „Caligula“, Urenkel des Augustus, adoptiere dann Tiberius in letzer Konsequenz und machte
das Ungeheuer zum Nachfolger; dieser Caligula bleibt im Werk des Velleius
unerwähnt.
40) Zu Beginn steht Unvollständiges über den Orientfeldzug des Pompeius;
ohne hier in Einzelheiten gehen zu können, sei gesagt, dass er ca. das Gebiet
der heutigen Türkei für Rom eroberte und dazu die Küstenbereiche des östlichen Mittelmeeres bis nach Jerusalem, wo er zum Entsetzen der Juden – ohne freilich zu wissen, was er ihnen antat – als Ungläubiger dem Tempel einen
Besuch abstattete und zu seiner Überraschung keine Götterstatue im Inneren
vorfand: Der Eroberungs-Zug des Pompeius war der umfangreichste und
schnellste der römischen Geschichte. Als er nach Italien zurück kam, hätt er –
202
wie einst Sulla – gen Rom marschieren und sich zum Diktator machen können; Caesars Aufstieg hätte es dann nicht mehr gegeben: Stattdessen entließ
er aber die Armee und öffnete den Neidern Tür und Tor; schließlich weigerte
sich der Senat, die im Osten gemachten Verträge zu ratifizieren. Erst jetzt kam
das geheime Bündnis des Pompeius mit Crassus und Caesar zustande, das
„Erste Triumvirat“, welches Caesar endlich den Aufstieg ins Konsulat ermöglichte (59 v. Chr.); er war schon über 40 Jahre alt, ziemlich alt für damalige
Verhältnisse: ohne Pompeius kein Caesar!
41) Eine bei aller Kürze packende Caesar-Charakteristik; enthalten ist der mythologische Ursprung seiner Familie sowie seine Verwandtschaft mit Marius,
dem Ehemann seiner Tante Iulia sowie die Legende um seine Schnelligkeit
und Energie; als Tatsache gilt, dass er in jungen Jahren seiner ersten Frau unter Todesgefahr die Treue hielt: Cinna, Konsul 87 und 84, war Anhänger des
Marius und terrorisierte die Optimatenpartei während Sullas Orient-Feldzug;
nach Marius‘ Tod war er für kurze Zeit grausamer Alleinherrscher in Rom,
wurde aber, bevor ihn das Strafgericht des zurückkehrenden Sulla erreichte,
von meuternden Soldaten umgebracht. Sulla verfolgte dann alle Anhänger
des Cinna blutig und ließ zahllose umbringen: M. Pupius Piso hatte richtig
kalkuliert, wurde 83 Quaestor und 61 Konsul, ein wenig sympathischer „kleiner Fisch“ der Geschichte. Auch die Piraten-Legende darf in keinem CaesarRoman fehlen und wird in Kapitel 42 fortgesetzt.
42) Es folgt die Fortsetzung der Piraten-Episode, die ihre legendenhafte
Überlieferung der späteren Größe Caesars verdankt. Iuncus (eig. Decimus Iunius Brutus) war 77 Konsul und verwaltete 76 als Ex-Konsul die genannten
Provinzen in Kleinasien; eine unbedeutende Gestalt.
43) Das Kapitel widmet sich Caesars recht spät beschrittener Ämterlaufbahn.
Dass seine Karriere in jungen Jahren an Sullas Diktatur zerschellte, steht
schon oben. Für den modernen Leser mag staunenswert sein, dass das antike
Rom seine Priester wie Politiker (gewöhnlich für nur ein Jahr) wählen ließ. –
Gnaeus Dolabella, Konsul 81, wurde von Caesar angeklagt, weil er Kilikien
ausgepresst habe, obwohl dies in allen eroberten Gebieten üblich war. –
Quintus Lutatius Catulus, Konsul 102, zusammen mit Caesars Onkel Marius
Sieger über die Kimbern, wurde 87 Opfer des von Marius ausgehenden Terrors; sein gleichnamiger Sohn, Konsul 78, galt zwar als princeps senatus –
führender Mann des Senates, unterlag aber Caesar bei der Wahl zum Oberpriester. – Gaius Antistius Vetus verwaltete 68/67 Spanien. Als Quästor war
Caesar der höchstgestellte seiner Offiziere und ist bei ihm in die Lehre gegangen. Dass Antistius in der späteren Geschichtsschreibung zurecht nicht mehr
erwähnt wird, obwohl er seinerzeit berühmt war, umschreibt Velleius geschickt mit der fehlerhaften Wahrnehmung des Menschen: Velleius schließt
das Kapitel sprichwörtlich: „notiora minus egent stilo – allzu Bekanntes bedarf weniger des Stiftes“.
203
44) Das Kapitel beginnt mit einem Irrtum: Dass Caesar endlich Konsul wurde, verdankte er dem (juristisch rein privaten) Bündnis mit Pompeius, dem
„Reichsfeldherrn“ und Crassus, Roms reichstem Mann: Dieses „Erste Triumvirat“ wurde i.J. 60 geschlossen; Caesar amtierte dann 59 als Konsul. Crassus
hatte sich besonders im Sklavenkrieg gegen Spartacus (71) auch als Militär
einen Namen gemacht: Solange die drei Männer sich einig waren, bildeten
sie ein sozusagen diktatorisches Kollegium. Obwohl Pompeius sechs Jahre älter als Caesar war, kam dennoch die genannte politische Ehe zustande, die
sogar glücklich gewesen sein soll, und wären Mutter und Kind nicht infolge
der Geburt gestorben, hätte die römische Geschichte einen anderen Verlauf
genommen. Als dann Crassus im Partherfeldzug samt seinem von Caesar so
geschätzten Sohn umgekommen war (53), wurden Pompeius und Caesar
zwangsläufig zu Rivalen: Pompeius wurde auf der Flucht vor Caesar in Ägypten ermordet, und Caesar überlebte seinen letzten Sieg über die Pompeianer
in Spanien nur um knapp ein Jahr: Dies alles weiß ein Velleius naturgemäß
und verpackt es in ahnungsvolle Andeutungen. Dann klafft eine Lücke: Als
Ex-Konsul hat Caesar Anspruch auf ein ehrenwertes Amt, erhält aber vom Senat nur die Aufgabe zugewiesen, Italiens Wege neu zu vermessen. Dass es
ihm mit Pompeius‘ Hilfe gelang, zum Verwalter der beiden Gallien (Provence; Po-Ebene) und Illyriens (ca. Kroatien) zu werden, war entscheidend
für seine nun beginnende Karriere als Feldherr; es kam zum „Gallischen
Krieg“ (58-51), auf den dann der „Bürgerkrieg“ (51-45) folgte, kurz: Hätte
Caesar das senatorische Angebot angenommen und wäre Oberlandvermesser geworden, teilte ihm die Geschichte nur eine Fußnote zu, während Pompeius der Größte geblieben wäre.
45) Der Volkstribun Publius Clodius Pulcher wurde schon damals durch die
verzerrende Brille Ciceros gesehen (58 v. Chr.): Beliebige Anschuldigungen
sexueller Exzesse gehörten zum Vokabular der Redner, und Cicero ließ in dieser Hinsicht auch an Catilina in seinen „Katilinarischen Reden“ kein gutes
Haar. Hierzu gehört auch der Vorwurf, Clodius habe sich am Fest der Bona
Dea bei Caesars Frau eingeschlichen; wie immer: Schließlich trieb er mit seiner Bande Straßenterror (für die Popularen-Partei) in einem im Chaos versinkenden Rom. Als er mit der den Optimaten nahestehenden Bande des Milo zusammentraf, wurde er umgebracht, und Cicero übernahm prompt die
Strafverteidigung des Milo; seine später in literarische Form gebrachte Gerichtsrede ist erhalten. Milo wurde dennoch nach Marseille verbannt und verlor bei späteren Unruhen das Leben: Obwohl Velleius erst kürzlich Caesar
hemmungslos gelobt hat, bringt er im Fall des Cicero keine Sympathien für
ihn auf und steht ganz klar auf Seiten der Caesar-Gegner. Cicero und Cato
sind seine Helden, und Pompeius wird für seine rechtzeitige Einsicht gelobt.
Velleius ist erneut Panegyriker der untergegangenen Republik. Das zeigt
auch sein (erneutes) Lob für Caecilius Metellus Numidicus, der von Gaius
Marius, Caesars Onkel, aus der Führung des Numidischen Krieges verdrängt
204
und im Jahre 100 aus Rom verbannt worden war: Der heutige Leser mag sich
wundern, aber es war im antiken Rom durchaus üblich, die Untaten höher
gestellter Leute nur mit Verbannung aus Rom oder Italien zu ahnden. Den
verhafteten Anführern der sog. „Katilinarischen Verschwörung“ (63 v. Chr.)
freilich hatte man dies trotz Caesars großer Rede nicht zugebilligt; nach Catos leidenschaftlicher Ansprache hatte sich eine Senatsmehrheit dazu hinreißen lassen, sie ohne Prozess sofort umzubringen; diese vielleicht durch den
Ausnahmezustand gerechtfertigte Handlung wurde Cicero später von seinen
innenpolitischen Gegnern zur Last gelegt.
46, 1) Hier spricht ein Offizier voller Bewunderung von den Taten des vermeintlich größten römischen Generals: Hätte er Caesars Bücher „Über den
Gallischen Krieg“ eingehend studiert, müsste er zugeben, dass die Hälfte der
Siege auf das Konto des Vizefeldherrn Labienus ging, der seinen Vorgesetzten
schon im zweiten Kriegsjahr (Nervierschlacht) vor Tod und Untergang bewahrte. Ferner erlitt Caesar im siebten Jahr eine verheerende Niederlage gegen Vercingetorix, während Labienus bei Paris triumphierte: Bei Alesia siegten beide gemeinsam (SCHULZ 2009-10). Caesars zwei Übergänge nach Britannien endeten ohne Erfolg und waren ein finanzielles Debakel. Die Eroberung des heutigen England sollte noch 100 Jahre auf sich warten lassen. –
Crassus war 55 v. Chr. zum zweiten Male Konsul; als Ex-Konsul übernahm er
Syrien und marschierte samt einem Sohn in den Tod (Schlacht bei Carrhae,
53 v. Chr.). Pompeius amtierte zeitgleich als „alleiniger Konsul“ (anderer
Name für Diktator) und entfremdete sich Caesar zunehmend. – Der monumentale Satz wurde in seiner ursprünglichen Länge belassen, denn Velleius
geht zielstrebig von Caesars bekannten Feldzügen zur Klage über die Innenpolitik der Pompeius und Crassus über und lenkt so von Caesar ab: 2) Caesar
stand acht Jahre im Gallischen Krieg (kein „Blitzkrieg“); noch bevor der letzte
Widerstand erlosch, zog er schon gegen Pompeius und Nachfolger in den
Bürgerkrieg (bis 45 v. Chr.).
(3) Aus der griechischen Tragödie weiß man, dass große Gestalten von Verblendung heimgesucht werden können, und sie dann niemand mehr vor
dem Untergang bewahren kann: Parthien kämpfte flexibel mit berittenen Bogenschützen und lanzenbewehrten Panzer-Reitern; Crassus hätte wissen
müssen, dass er mit einer schweren, langsamen Infanterie – insbesondere in
der Sommerhitze – gegen sie nichts ausrichten konnte. – Cassius war später,
wie Velleius andeutet, einer der Caesar-Mörder; fürs erste aber erntet er Lob:
Rom gelang es übrigens nie, die iranischen Reiter niederzuwerfen; erst die
Araber auf ihrem schnelleren Pferd überrannten das „Neupersische Reich“
(642): Caesar, der in seinen letzten Tagen einen Feldzug gegen die Parther
plante, konnte seinen gesamten Nimbus verspielen, denn auch ihm stand
keine entsprechende Kavallerie zur Verfügung, und um sie auszubilden, wären Jahre vergangen (neue Pferdezucht; Ausbildung der Reiter).
205
47) Velleius feiert den Gallischen Krieg enthusiastisch; das beweist, dass er
Caesars Kommentarien nicht eingehend studiert hat: Der Krieg war mühsam
und schmutzig. Die angegebenen Zahlen beweisen, dass Caesar den Weg
der Ausrottung und Versklavung ging: Schon das erste Kriegsjahr beginnt mit
einem Massaker, als er die ahnungslos schlafenden Tiguriner überfiel. Ferner
waren die Gallier nicht seine „Feinde“; er machte sie dazu. Weiterhin verschweigt Velleius, dass Caesar meistens die 7 Wintermonate im warmen Süden verbrachte und die Führung an Labienus abtrat, ohne den er schon im
zweiten Kriegsjahr gefallen wäre (s.o.); der mühsam errungene Sieg bei Alesia war nur möglich, weil Vercingetorix und die Führer der Entsatztruppen
verheerende Fehler machten, vor allem, indem sie sich zum Kampf stellten
statt Caesar in seinem Kessel auszuhungern; kurz: Velleius schöpft aus dem
aktuellen Heldenepos, das noch heute manche Historiker verbreiten. Im
neunten „Kriegssommer“ verließ Caesar Gallien und marschierte als Putschist
in Italien ein.
Velleius gibt einer zufälligen Verkettung von Umständen die Schuld am Ausbruch des Bürgerkrieges, statt klipp und klar die Schuldigen zu benennen:
Caesar und Pompeius! Die Hauptschuld trägt aber Caesar, weil er sich nicht
der (legalen) Senatsmehrheit beugte und seine Truppen entließ. Weil er sah,
dass dies das Ende seiner Karriere sein werde, überschritt er am 11. 1. 49 (alte Zeitrechnung) das Flüsslein Rubico (ndl. von Rimini), das die Grenze zwischen dem „Diesseitigen Gallien“ und Italien markierte; so nahm das Verhängnis seinen Lauf.
Über Milo und Clodius haben wir schon oben gehandelt; wichtiger ist hier
die persönliche Meinung des Velleius: Wieder steht er mit dem Herzen auf
Seiten der Republik, auch wenn er den üblen Vorbildcharakter des Mordes
verurteilt; ferner kritisiert er die Saumseligkeit „seines“ Cato, ohne die es vielleicht sogar zum Freispruch Milos gekommen wäre, der aber nur ins Exil gehen musste.
48) Mit den pompeianischen Generälen Petreius und Afranius sowie dem
traditionell wenig genannten Universalgelehrten Varro, der in die Generalsuniform geschlüpft war, wird sich Caesar in seinem ersten spanischen Krieg
auseinandersetzen. – Pompeius errichtete in Rom das erste steinerne Theater,
das 55 v. Chr. eingeweiht wurde. – Die Bemerkungen über Pompeius sind
korrekt; wäre Caesar aber vor dem Bürgerkrieg gestorben, hätte er seine volle
historische Größe nicht erreicht und stünde hinter Pompeius. – Die Rolle des
Curio bauscht eine ihm feindliche Tradition gehörig auf, als ob der „kleine
Fisch“ Caesar und Pompeius zum Krieg hätte zwingen können! Curio fand
bald als Caesars General in seinem Afrikanischen Krieg ein jämmerliches Ende, aus welchem sein Freund Caesar ein Heldenepos macht: Bestechlich waren damals angeblich fast alle Politiker. – Dass Cicero sich vergebens um eine
Einheit des Senates bemühte, ist hinreichend bekannt. – Q. Lutatius Catulus
war Sohn des Generals, der gemeinsam mit Marius die Kimbern besiegt hat206
te; er galt als Erster Senator; die Lucullus-Brüder: Der ältere war solange im
Mithridatischen Krieg erfolgreich, bis ihm Pompeius den Kommandostab entriss; danach lebte er als anerkannter Feinschmecker; der jüngere heftete einen Sieg über die Marianer an seine Fahnen. – Hortensius rang mit Cicero
um den ersten Platz der Redner Roms; Verfasser eines Geschichtswerkes über
den Bürgerkrieg (verschollen): All den oben Genannten war das Glück beschieden, nicht mehr zwischen die Mühlsteine des Bürgerkriegs zu geraten,
unter denen fast alle prominenten Persönlichkeiten zerrieben wurden, meint
Velleius philosophisch.
49) Velleius lässt vorsichtig durchblicken, dass Pompeius und der Senat tatsächlich im Recht waren, auch wenn der Senat gegenüber Pompeius misstrauisch war. Die Behauptung, bei Caesar sei die überlegene Gewalt gewesen, ist falsch: Pompeius beherrschte Spanien (s.o.), den reichen Osten und
Africa (Tunesien) sowie durch seine Flotte die Meere. Warum sollte er sich
mit seiner unerfahrenen Armee Caesar stellen? So überließ er ihm das im Bürgerkrieg verarmte Italien: Bei einer konsequenten Zermürbungstaktik musste
dieser über kurz oder lang aufgeben, aber Pompeius... Über Marcus Porcius
Cato, der Caesar schon lange hasste, hier zu berichten, sprengte den Rahmen: Als man über die gefangen genommenen Revolutionäre des Catilina
beriet (63 v. Chr.), hatte Cato durch eine mitreißende Rede Caesar eine
schwere Niederlage beigebracht. – Dyrrhachium hat seinen Namen in Abwandelung an die moderne albanische Hafenstadt Durrës weitergereicht.
50) Domitius Ahenobarbus schürte in Massilia (Marseille) den Widerstand
gegen Caesar, entkam der Flotte des Admirals Brutus, den Caesar daraufhin
nicht mehr einsetzte, stand Caesar in der Schlacht von Pharsalos gegenüber
und wurde auf der Flucht von Kopfgeldjägern umgebracht. Sein Urenkel heiratete Agrippina d.J. – eine Urenkelin des Augustus; ihr Sohn ist als „Kaiser
Nero“ bekannt geworden; mit seinem Tod endet die von Caesar und Augustus begründete Dynastie ruhmlos. – Caesar war in der Zwickmühle: Die Pompeianer standen ihm auf drei Seiten gegenüber, und Caesar entschied sich,
zuerst nach Spanien zu marschieren, während er gleichzeitig Curio nach Africa (in den Tod) und Gaius Antonius (Bruder des M. Antonius) ins heutige
Kroatien (in die Kapitulation) schickte: Jetzt hätte Pompeius in aller Ruhe
nach Rom zurückkehren können... Caesar konnte in Spanien nur deshalb so
rasch zum Erfolg gelangen, weil sich die Generäle des Pompeius nicht rechtzeitig zurückzogen und (für Caesar tödlich) auf Zeit spielten. Massilia wurde
in Caesars (spanischer) Abwesenheit von General Trebonius eingenommen,
während Decimus Brutus zur See Caesars Erzfeind Domitius Ahenobarbus
(s.o.) entkommen ließ: D. Brutus und der später ebenfalls ausgemusterte Trebonius fanden sich dann unter den Caesar-Mördern wieder; ebenso der seit
dem zweiten Jahr des Gallischen Krieges nach einem von Caesar nicht genehmigten Rückzug aus den Alpen nie mehr genannte General Galba.
207
51) Zur Lage: Caesar überließ Spanien (mit Portugal) dem einen der ihm
treuen Cassius-Brüder, der aber das Land dermaßen gierig ausplünderte,
dass man sich erhob und ihn vertrieb; in der Ebro-Mündung versank sein mit
Schätzen beladenes Schiff und riss Cassius mit in den Tod. Etwa gleichzeitig
unterlag Caesars General Gaius Antonius, der Bruder des Marcus Antonius,
der die Küstenstraße vor der Insel Krk blockieren sollte und kapitulierte. Ferner fand Caesars General Curio in Africa (ca. Tunesien) samt seiner Armee
den Tod gegen den Numiderkönig (Numidien ~ Algerien). Das frisch erobertes Gallien konnte Caesar noch keine Basis sein; das besetzte Italien war
durch den früheren Bürgerkrieg verarmt: Jeder andere hätte jetzt aufgegeben, doch Caesar setzte alles auf eine Karte; seine einzige Chance bestand
darin, Pompeius in eine riskante Feldschlacht zu locken: Er schlüpfte also mit
dem meisten seiner Legionen durch die Seeblockade, schaffte es aber auch
im zweiten Anlauf nicht, den Hauptteil seiner Reiterei überzusetzen. Pompeius könnte ihn jetzt also mit seiner riesigen Kavallerie von der Versorgung
abschneiden und zur Kapitulation zwingen; Caesar blieb demnach, weil
Pompeius den großen Schlagabtausch aus gutem Grund verweigerte, nur
noch übrig, die zahlenmäßig hoch überlegenen Armee des Feindes mit Wall
und Graben einzukesseln, doch da bezog er (nach seiner Schlappe gegen die
Gallier bei Gergovia) seine schwerste Niederlage: Hätte Pompeius jetzt seine
Streitkräfte zu einem Generalangriff kommandiert, wäre Caesars Schicksal besiegelt gewesen, aber...
52) Velleius beurteilt die Lage realistisch: Caesar zieht nach seiner Niederlage
südwärts ab; da aber das Festland irgendwann endet und Pompeius die See
beherrscht, marschiert er in einen Sack hinein. Sein Ziel ist die thessalische
Ebene, der einzige Platz, wo Zehntausende eine offene Feldschlacht ausfechten können, denn eben dies ist Caesars letzte Chance: Pompeius könnte ihn
jetzt in Griechenland „verhungern“ lassen und in aller Ruhe Italien wieder
übernehmen: Nach dem Verlust von Spanien und Africa bliebe Caesar nur
das verarmte Griechenland übrig, und Pompeius könnte ihm jetzt das Angebot unterbreiten, die Waffen niederzulegen und sich ins Privatleben zurückzuziehen, macht aber die größtmögliche Dummheit und lässt sich auf die
Feldschlacht ein, wohl wissend, dass sie Tausenden das Leben kosten wird:
Velleius kritisiert hier die Entscheidung des Pompeius ganz offen.
Caesar schildert den Verlauf der Schlacht so: Obwohl Pompeius zahlenmäßig
so hoch überlegen ist, dass er Caesar mit einem zangenförmigen Angriff einkesseln könnte, lehnt er seine Front auf der einen Seite an einen Bach an und
stößt nur mit dem linken Flügel vor. Caesar wirft den vordringenden durch
Bogenschützen unterstützten Reitern eine Spezialeinheit der Infanterie entgegen, die die gegnerischen Rösser in eine Massenpanik versetzen, so dass sie
das Feld räumen; nachdem die Reiterei des Pompeius aus dem Felde geschlagen ist, lässt Caesar die Bogenschützen nieder machen und fällt den Pompeianern in den Rücken; der plötzlich dicht zusammen gedrängten Truppe
208
nützt jetzt die Überzahl nichts mehr; man kapituliert: Dass Caesar das Abschlachten der Unterlegenen verhinderte, bleibt unumstritten; leider verschweigt Velleius, dass Pompeius und vielen seiner Offiziere, darunter Titus
Labienus, die Flucht gelungen ist und sie den Krieg wiederaufnehmen können; ferner sagt er uns nicht, dass Caesar seine „Milde“ nur einmal vergibt:
Der schon einmal begnadigte Domitius Ahenobarbus, Urahn des Kaisers Nero, wird nämlich von Kopfgeldjägern umgebracht. Ferner versteht Velleius
das Ehrgefühl der untergehenden Republik nicht mehr recht, wenn er kopfschüttelnd schildert, dass manche lieber tot waren als sich Caesar zu ergeben; es ist nämlich der Verlust ihrer „dignitas“, von der auch Caesar sagt, sie
sei ihm lieber als sein Leben.
53) Natürlich weiß heute jeder, dass Pompeius ans denkbar falscheste Ziel
eilte, während seine Generäle um seinen Schwiegersohn Metellus Scipio und
Titus Labienus herum im heutigen Tunesien eine riesige Armee aus dem Boden stampften und sich zeitgleich Spanien gegen Caesar erhob: Mit Pompeius an der Spitze samt einem Vizefeldherrn Labienus hätte Caesar, wie der
mühsame Verlauf des Afrikanischen Krieges lehrt, sehr schlechte Karten gehabt, aber Metellus Scipio, ein Mann mit erlauchten Vorfahren und ohne jedes Feldherrngenie, ließ Labienus, den an Caesars Seite in Gallien zum großen Strategen gereiften Mann ohne Ahnen, nicht hochkommen und verlor
die blutige Schlacht bei Thapsus: Pompeius wurde übrigens ermordet und
enthauptet, auch wenn es nicht so gruselig zugegangen sein mag, wie es
später der Dichter Lucanus schildern sollte. Die Philosophie des Velleius über
Dankbarkeit und ihr Gegenteil beiseite lassend, sollte man seine Lobeshymne
auf Pompeius genießen, welche unseren Autor erneut als verkappten „Republikaner“ zeigt: Caesar hatte tatsächlich unglaubliches Glück; der bis dahin
alles überragende Pompeius wird das Opfer der Verblendung, welche die
Götter nach antikem Glauben über Menschen, die sich zu ihrer Größe empor
schwingen wollen, kommen lassen: Pompeius ließ sich nämlich gerne mit
Alexander d.Gr. vergleichen, und Caesar übernahm dann diese Rolle – bis
auch er gemeuchelt wurde...
54) Erneut stellt Velleius Caesar und Pompeius auf eine Stufe; das „Bellum
Alexandrinum“ (Alexandrinischer Krieg), welches an Caesars Stelle ein Offizier schildert, ist Beleg dafür, auf welch tollkühne Abenteuer sich Caesar einließ; seine berühmte Affäre mit der jugendlichen Königin Cleopatra verschweigt uns Velleius schamrot, und nur Caesars allzu langer Aufenthalt in
Ägyptens Hauptstadt war die Ursache dafür, dass sich die Pompeianer in der
Gegend des heutige Tunesien wieder sammeln konnten. Der ebenfalls von einem Offizier skizzierte „Afrikanische Krieg“ war für Caesar hoch riskant; Metellus Scipio freilich, der Schwiegervater des Pompeius, erwies sich als höchst
mittelmäßiger Stratege, der den nicht ebenbürtigen Titus Labienus (nur ExPrätor) nicht über das Amt eines Reitergenerals hinaus kommen ließ. Der Numiderkönig Iuba (ca. aus dem heutigen Algerien) hatte während dem „Ers209
ten Spanischen Krieg“ den auf Caesars Anordnung in Africa eingefallen Curio
samt seinen Legionen vernichtet. Catos legendärer Wüstenmarsch, später
vom Dichter Lucanus (Buch 9) noch weiter aufgebauscht und dramatisiert,
sollte als Huldigung an den philosophischen Staatsmann verstanden werden,
dem das Kriegshandwerk eher fremd geblieben war: Caesar stand neben der
Unfähigkeit des Scipio auch noch eine tüchtige Portion Glück zur Seite, um in
Africa siegreich zu bleiben.
55) Velleius hält sich nicht an die Abfolge der Ereignisse: Nach dem mit
Glück überlebten Alexandrinischen Krieg marschierte Caesar nämlich die Küste des östlichen Mittelmeeres hinauf und schlug in grausigem Gemetzel Pharnakes II, Sohn des Mithridates (47 v. Chr.); sein prahlerisches „veni, vidi, vici“ stammt von dort. Dann reiste er nach Rom, wo er sich wieder von Kleopatra verwöhnen ließ (Ehebruch im eigenen Hause). So gewährte er den
Pompeianern die nötige Zeit, wieder eine gewaltige Streitmacht aufzustellen,
welcher der Diktator allmählich mit dramatisch unterlegenen Truppen entgegen trat. Indem Metellus Scipio solange zögerte, bis Caesar endlich seine Armee vollständig übergesetzt hatte, verschenkte er den Sieg. In der abschließenden Schlacht bei Thapsus wurde – Velleius lügt! – diesmal kein Pardon gegeben: Als sich die Pompeianer ergeben wollten, nützte es ihnen nämlich
nichts, und sie wurden gnadenlos abgeschlachtet. Im Blutrausch mordeten
Caesars Legionäre sogar eigene unbeliebte Offiziere hin. Anschießend ließ
Caesar seine Kopfgeldjäger los; insbesondere ein gewisser Publius Sittius
brachte jeden gegnerischen Offizier um, den er auf der Flucht erwischte; Cato gab sich geschlagen und beging seinen spektakulären Selbstmord; aus
dem pompeianischen Generalstab entkamen nur Titus Labienus und Attius
Varus, einst Gegner Curios, nach Spanien. Caesar hätte ihnen jetzt sofort
nachsetzen müssen, zog es aber vor, sich erneut in Rom zu vergnügen; so
wurde auch dieser Sieg vertan, und erst, als die Pompeianer in Spanien eine
überlegene Armee zusammengetrommelt hatten, schickte sich der Diktator
ins Unvermeidliche und brach zum „Zweiten Spanischen Krieg“ in ein Land
auf, das er schon einmal erobert und dann Dank der Unfähigkeit seiner Stellvertreter wieder verloren hatte; mit genauer Mühe und Not gewann er das
wüste Gemetzel bei Munda (45 v. Chr.), welches auf pompeianischer Seite
vom wenig erfahrenen Pompeius jr. geleitet wurde, während T. Labienus erneut nur als Reitergeneral amtierte: Labienus, der Caesar einst in der Nervierschlacht das Leben gerettet hatte, und Attius Varus fielen; Pompeius jr. wurde
erst auf der Flucht umgebracht; dann ging Caesar – vermeintlich sämtlicher
Gegner ledig – nach Rom zurück, wo Fortuna ihm noch ein knappes Jahr zugestand, bevor auch er ermordet wurde.
56) Jedem seiner siegreichen Kriege widmete Caesar nun einen eigenen
Triumphzug, sogar seinem alexandrinischen Abenteuer. Dass Velleius ihn,
den „Großvater“ seines geliebten Kaisers Tiberius, für einen überragenden
Mann hält, ist logisch; wenn er aber (wie so viele bis heute) auf Caesars
210
selbsterfundene „Milde“ hereinfällt oder mit tiefer Verneigung vor dem „Enkel“ tut, ist dies sehr bedauerlich; ebenso zeugt die Einschätzung von Caesars
ehemaligen Generälen Decimus Brutus und Trebonius von fehlender Einsicht
in Caesars Kommentarien: Beide waren nämlich – ebenso wie Labienus – von
Caesar längst aus dem Generalstab entfernt worden (vgl. Schulz 2010) und
hassten demgemäß den einstigen Vorgesetzten entsprechend. Ihr Verhalten
ist demnach verständlicher als der Brutus und Cassius, die nie in Caesars
Diensten gestanden waren; Cassius hatte sich ihm auf hoher See ergeben
und trat in seine Dienste über; Brutus liebte Caesar wie einen eigenen Sohn,
falls er nicht gar sein leiblicher (illegitimer) Sohn war (unbewiesene Gerüchte). Dass sich Caesar von Marcus Antonius, den er zuvor zweimal degradiert
und dann wieder erhoben hatte, versuchsweise ein Diadem aufs Haupt drücken ließ, um die Stimmung zu testen, ist gut bezeugt (Cic. Phil. 2, 84 f; Plut.
Caes. 61; Ant. 12): Als Caesar die öffentliche Ablehnung spürte, lehnte er die
Krone ab (abgeartetes Spiel); dennoch hielt sich jetzt das Gerücht hartnäckig,
er wolle sich zum König machen; dieses Amt war aber in der römischen Tradition ein Tabu, seit der tyrannische König Tarquinius Superbus von den Römern unter Führung eines gewissen Brutus aus der Stadt ausgesperrt wurde
und im Exil starb; das war der Beginn der Römischen Republik, die mit Caesars Diktatur und dem sogenannten Prinzipat des Augustus ihr unrühmliches
Ende fand.
57) Caesar hatte zu diesem Zeitpunkt eine militärische Karriere von etwa 15
Jahren mit Hunderttausenden von Toten hinter sich. Aus heutiger Sicht mutet
die „clementia Caesaris“ (Caesars Milde) fast wie Hohn an, zumal er in seinen beiden letzten Feldzügen kein Pardon mehr gab und erst nach dem Tode
oder der Ermordung seiner letzten prominenten Gegner Ruhe fand. Ferner
gab es keine Gnade mehr für schon einmal Begnadigte. Dennoch musste er
weiterhin mit versteckten Feinden rechnen; darum war und ist es unverständlich, dass er sich nicht mit einer Leibwache umgab. Vielleicht war ihm hier
der berüchtigte Diktator Sulla ein Vorbild, der tatsächlich friedlich im Bett die
Augen schloss: Man sollte ferner nicht vergessen, dass Caesar in den 364 Tagen, welche ihm nach seinem letzten und blutigsten Sieg noch verblieben,
keinen konkreten Plan einer staatlichen Neuordnung einfallen wollte. Vielmehr dachte er nur noch an den nächsten Krieg, in welchem er das östliche
Großreich der iranischen Parther niederwerfen wollte, um dann nördlich des
Schwarzen Meeres die Germanen aus östlicher Richtung anzugreifen: Solch
phantastischen Plänen kam die Ermordung zuvor, und es ist ebenso wahrscheinlich, dass es auch Caesar (wie Crassus vor ihn und anderen bis Trajan
nach ihm) nicht gelungen wäre, das iranische Reich zu besiegen, das Rom an
Größe in nichts nachstand; insbesondere hatte Rom den iranischen Panzerreitern damals nichts Ebenbürtiges entgegen zu setzen.
58) Cassius behielt im Nachhinein recht, denn Marcus Antonius lehrte die
Verschwörer bald das Fürchten. Dolabella war im Bürgerkrieg ein wenig be211
deutender Gefolgsmann Caesars gewesen, taktierte nach dessen Ermordung,
wurde später als Mann des Antonius in Syrien von Cassius eingekesselt und
beging Selbstmord: Für Velleius ist er eine unerfreuliche Gestalt der Zeitgeschichte. Dass hingegen Cicero sofort für die Amnestie der Caesarmörder eintrat, sollte selbstverständlich sein, und die dafür zustande gekommene Senatsmehrheit zeigte, wie gering dort in Wirklichkeit Caesars Rückhalt war: In
Athen – so unser geschichtlich gebildeter Autor – herrschte einst (403 v. Chr.)
nach dem Sturz der von Sparte aufgezwungenen dreißig Tyrannen eine ähnliche Freude, wie sie Cicero und Kollegen nach Caesars Tod von den Römern
erwarteten, sonder Ahnung, dass die Ermordung des Diktators nur zur nächsten mörderischen Runde des Bürgerkriegs führen sollte, in dem die alte Republik nun endgültig ihren Untergang fand und in die Herrschaft des Augustus mündete.
59) Gaius Octavius war leiblicher Großneffe Caesars, und sein Entschluss, die
testamentarische Adoption anzunehmen, verriet Mut: Er hieß nun nach römischem Herkommen mit vollem Namen „Gaius Iulius Caesar Octavianus“; bekannter ist er uns unter seinem späteren Ehrentitel „Augustus“. Mit Übernahme das Namens war er der Patron von Caesars riesiger Klientel geworden,
die in ihm naturgemäß jetzt den Sohn des ermordeten Diktators erblickten:
Quintus Salvidienus Rufus war einer seiner Jugendfreunde, schlug sich aber
offenbar auf die Seite des Marcus Antonius, wurde später angeklagt und beging Selbstmord. Vipsanius Agrippa war Freund und Feldherr des als General
überforderten Caesar Octavianus, der ihn mit seiner einzigen Tochter Iulia
vermählte: Über seine Tochter Agrippina (Enkelin des Augustus) wurde er
Großvater des mörderischen verrückten Kaisers Caligula (Urenkel des Augustus) und Urgroßvater des nicht minder tyrannischen und verrückten Kaisers
Nero (Ururenkel des Augustus), mit dessen Selbstmord (ein Sklave musste
ihm dabei helfen) die Dynastie des Augustus jämmerlich ausstarb; doch diese Entartung („Cäsarenwahn“) des erlauchten kaiserlichen Hauses konnte
Velleius noch nicht ahnen.
60) Das gesamte Kapitel offenbart die uneingeschränkte Verehrung des Velleius für den jungen Caesar, den er im Unterschied zu unseren modernen Geschichtsbüchern niemals „Oktavian“ nennt, ebenso deutlich, wie die tiefe
Verachtung für Antonius und Dolabella. Decimus Brutus war von Caesar zuletzt bei der Belagerung von Marseille als Flottenkapitän verwendet und
dann nicht mehr eingesetzt worden. Warum ihn Caesar aus dem Generalstab
entfernte ist unbekannt, und seine Berufung zum Statthalter Galliens, bei
dessen Eroberung er als Offizier mitgewirkt und maßgeblich zum Seesieg
über die Veneter beigetragen hatte, kam offenbar zu spät, um noch seinem
blinden Hass gegen den einstigen Vorgesetzten und Förderer Einhalt zu gebieten; so finden wir ihn unter den prominenten Mördern des Diktators wieder (vgl. Schulz 2010, z. Stelle).
212
61) Ohne den Verlauf der Geschichte zu verfälschen, verklärt Velleius wieder
das Bild des Gaius Caesar Octavianus, während er an Antonius kein gutes
Haar lässt: Kaum zu glauben, dass derselbe Caesar Octavianus sich demnächst kaltblütig mit eben diesem Antonius verbünden und ihm seine
Schwester Octavia zur Frau geben wird; aus dieser Ehe stammte u.a. eine Antonia, von welcher die späteren kaiserlichen Scheusale Caligula und Nero abstammen sollten.
62) Velleius gibt das Durcheinander nach Caesars Ermordung korrekt wieder:
Bis zur Schlacht von Mutina benutzte der Senat den Nimbus des jungen Caesar; dann glaubte man, ihn nicht mehr nötig zu haben und setzte auf Brutus
und Cassius. Insbesondere Cicero dachte, man könne mit dem jungen Mann
leicht fertig werden; das kleidete er nach Velleius in ein hübsches Wortspiel,
das hier in direkte Rede übertragen werden soll: „Censeo Caesarem et esse
laudandum et tollendum.“ Das Heimtückische der Rede liegt im Verb „tollere“ verborgen, das zwei Bedeutungen hat: a.) hochheben; b.) beseitigen.
Daraus ergeben sich zwei Versionen desselben lateinischen Wortlautes: a.)
„Caesar muss belobigt und erhöht werden; b.) Caesar muss belobigt und
(dann) beseitigt werden. Welche Version Cicero meinte, sollte auch Velleius
klar sein, der Cicero als Politiker ebenso wenig schätzt wie er andererseits ein
begeisterter Anhänger des großen Literaten ist (davon später).
63) Aemilius Lepidus konnte in Caesars Generalstab keinen geschichtlichen
Ruhm erwerben, was seiner Beliebtheit beim Diktator aber keinen Abbruch
tat, denn Caesar billigte ihm einen Triumphzug zu, obwohl er keine Schlacht
ausgefochten hatte. Jetzt ordnete er sich Antonius unter, der immerhin unter
Caesar in der Schlacht bei Alesia mit gefochten und bei Pharsalos einer seiner
drei ranghöchsten Generäle gewesen war. Warum ihn Caesar nach Pharsalos
aus dem Generalstab entfernte, ist unbekannt; vielleicht fürchtete er ihn als
Rivalen: Das rhetorisch brillante Urteil über Antonius und Lepidus dürfte bis
heute Bestand behalten haben. – Marcus Iuventius Laterensis war ein Offizier
unter Lepidus. – Lucius Munatius Plancus, der es 42 v. Chr. zum Konsul
brachte, war General unter Caesar in Gallien und im Bürgerkrieg gewesen
und wechselte nach der Schlacht bei Mutina zu Caesar Octavianus über; er
wird uns noch des Öfteren begegnen; dennoch ein wenig bedeutsamer
Mann. – Asinius Pollio war Politiker, Redner und Geschichtsschreiber (Werk
verschollen), der es im Jahre 40 gar bis zum Konsulat brachte. Er war als Caesars Offizier an Curios afrikanischem Krieg beteiligt, entkam dem Desaster als
einer der Wenigen schmählich, während Caesars Liebling Curio den Heldentod fand. Anschließend wird er in Caesars Kommentarien nicht mehr erwähnt (ausgemustert?). Er rächte sich dann wohl dafür, indem er Caesar in
seinen Kommentarien eine geringe Wahrheitsliebe bescheinigte (Suet. Caes.
56): Noch während der ersten Runde von Roms neuem Bürgerkrieg zog er
sich ins Privatleben zurück und gründete Roms erste öffentliche Bibliothek.
213
64) Das Kapitel beginnt moralisierend; erneut verschweigt Velleius aber, dass
Caesar den „jungen Brutus“ nach der Seeschlacht vor Massilia (49) aus dem
Generalstab entfernt hatte. – Wie einst der Athener Staatsmann Demosthenes
seine Reden gegen König Philipp II. von Makedonien gehalten hatte, so hielt
oder besser: publizierte Cicero seine vierzehn „Philippischen Reden“ und gab
Antonius dem allgemeinen Gespött preis; wenn Velleius hier die Proskriptionen des Antonius verurteilt, so verschweigt er uns die Proskriptionen des Caesar Octavianus, und ohne dessen Billigung hätte Cicero nicht ermordet werden können. Der ebenfalls genannte Volkstribun ist eine Fußnote der Geschichte und dient mit seinem Gebrüll nur als Kontrast zu Ciceros geschliffener Sprache: Bemerkenswert ist aber, dass Velleius die beiden als Vorkämpfer
der Freiheit feiert und dadurch einmal mehr seine republikanische Grundeinstellung zum Ausdruck bringt.
65) Velleius berichtet über das Zustandekommen des Zweiten Triumvirates
(Dreimännerbund) zwischen Caesar Octavianus, Marcus Antonius und Aemilius Lepidus; es wurde am 11. 11. 43 geschlossen. Da Lepidus nur eine Randfigur war, sollte man eher von einem „Zweimännerbund“ sprechen; sein Ziel:
Sieg über die Caesarmörder. – Quintus Pedius, Julius Caesars leiblicher Neffe,
war unter seinem Onkel General gewesen, der ihm aber seinen Großneffen
Gaius Octavius (Caesar Octavianus) als Haupterbe vorzog; eine weise Tat mit
großen Folgen: Pedius nahm die Dinge, wie sie waren, überließ Caesar Octavianus sogar seinen bedeutenden Erbanteil und war dem Verwandten ein
treuer Verbündeter; leuchtendes Beispiel in verrohter Zeit; er starb unerwartet schon 43 v. Chr. – Publius Ventidius Bassus, 43 v. Chr. nachrückender
Konsul, machte, gefördert von Julius Caesar, große Karriere; er stammte aus
dem Picenerland (Mittelitalien) und war im Bundesgenossen-Krieg in „Gefangenschaft“ geraten (89 v. Chr.); seine Mutter musste den kleinen Knaben
im Triumphzug tragen; sein Vater, ein Anführer der Aufrührer, wurde anschließend hingerichtet; im Jahre 38 v. Chr. trug Ventidius Bassus dann seinen historischen Sieg über die Parther davon, den noch Tacitus in seiner Germania (98 n. Chr.) rühmend erwähnt (Kap. 37).
66) Dieser in Roms Literatur einmalige und ergreifende Nachruf auf Cicero
vertuscht die Mitschuld des Caesar Octavianus. Dass Velleius hier eine Anspielung an Ciceros Schrift „De natura deorum – Natur der Götter“ unterbringt, sei am Rande gesagt. Seine „Philippischen Reden“ sind erhalten und
geben Antonius tatsächlich für immer dem Gespött preis. Mit seinem Urteil,
dass Cicero ewig leben werde, hat sich Velleius als guter Prophet erwiesen:
Cicero ist bis heute einer der größten Literaten der Menschheit, und sein Latein gilt als das beste jemals geschriebene.
67) Das erschütternde Kapitel endet mit einem unübersetzbaren Wortspiel:
„germani“ bedeutet nämlich a.) die leiblichen, die Brüder (möglicherweise
ist so der Name der „Germanen“ entstanden, weil sie sich, als sie über den
Rhein kamen, selbst Brüder, die Leiblichen, die Echten nannten, im Unter214
schied zu den schon halbzivilisierten Galliern, diesen nicht mehr richtigen
Wilden; das verlorene germanische Wort wurde dann übersetzt: „germani“);
b.) (erst dann) Germanen: Seneca spottet über den in Gallien geborenen Kaiser Claudius, er sei ein „GALLVS GERMANVS – ein Gallier-Germane; ein
(wasch-)echter Gallier (Apocolocyntosis 6, 1), also: ein absolut unzivilisierter
Gallier.
68) Die Rückblende ist ziemlich unorganisch eingeflickt: Marcus Caelius Rufus, Redner, Briefpartner Ciceros und von diesem verteidigt (Gerichts-Rede
„Pro Caelio – Für Caelius“) war i.J. 48 Prätor, agierte ähnlich chaotisch und
selbstsüchtig, wie von Velleius geschildert und kam zusammen mit Titus Annius Milo ums Leben: Dieser war 57 Volkstribun gewesen und brachte den rivalisierenden Bandenführer Clodius um, seinen Gegenkandidat ums Konsulat; trotz Ciceros brillanter Rede „Pro Milone – Für Milo“ wurde er nach Massilia (Marseille) verbannt; er kam nach seiner Rückkehr, um nichts besser geworden, wie von Velleius geschildert, ums Leben: Milos Bande wurde eher
als verlängerter Arm der Optimaten (Pompeianer), Clodius als der der Popularen (Caesarianer) angesehen; die beiden betrieben im Kleinen, was Marius
und Sulla einst und aktuell Caesar und Pompeius im Großen vollführten,
ganz zu schweigen von der kommenden Auseinandersetzung zwischen Caesar Octavianus und Marcus Antonius: Während man Milo und Clodius vielleicht noch eine gewisse historische Größe zubilligen kann, verleiht Velleius
den anderen eine ganz und gar unverdiente Unsterblichkeit.
69) Gaius Antonius, General unter Caesar, hatte im Bürgerkrieg die verheerende Niederlage bei Krk eingefahren; Brutus ließ ihn jetzt umbringen. Vatinius war in Caesars Generalstab ein elendes „Würstchen“ gewesen... Quintus
Pedius war, wie gesagt, der Sohn von Caesars Schwester; er war ebenfalls ein
glanzloses Mitglied in Caesars Generalstab gewesen. Agrippas Zeiten als
oberster General und zweiter Mann im Staate des Augustus sollte bald kommen. – Zur Geografie: Rhodos sollte bekannt sein; Laodikeia liegt in Syrien;
Dyrrhachium nennt sich heute Durrës und ist die Hafenstadt Albaniens; Makedonien liegt im Norden Griechenlands; die Lykier hausten im Südwesten
Kleinasiens. – Dolabella verhielt sich übrigens genau so wie ein geschlagener
Gladiator in der Arena; Cicero soll es übrigens ebenso gemacht haben: Als
ihn die Häscher umstellten, streckte er seinen Kopf aus der Sänfte heraus und
bot seine Kehle dem Dolchstoß an.
70) Bemerkenswert ist hier weniger die recht ungenaue Schilderung der
Ereignisse bei Philippi als folgendes: Zum ersten nimmt Velleius hier erneut
den Caesar Octavianus in Schutz, der in der Schlacht von Philippi nur dank einem Antonius siegreich blieb; Antonius hingegen wird der ihm zustehende
Schlachtenruhm versagt. Ferner bezeichnet Velleius die beiden Gegner der
Caesarmörder durchgängig und bemerkenswert als „hostes – Staatsfeinde.“
Den Selbstmord des Brutus schildert Velleius (einigermaßen wörtlich) so:
„Nachdem der linke Arm über den Kopf zurückgeworfen worden war, als er
215
die Spitze von dessen Schwert, in der rechten Hand haltend, zur linken Brust
hinüber bewegt hatte an eben diesen Ort, wo das Herz zuckt, hineinstoßend
in die Wunde, sich mit einem einzigen Stoß durchbohrt, starb er sofort.“
71) Marcus Messala Corvinus wurde i.J. 31 v. Chr. Konsul; nach seiner Begnadigung ging er zu Caesar Octavianus über und kämpfte für ihn gegen M.
Antonius; i.J. 2 v. Chr. beantragte er für den nunmehrigen Caesar Augustus
den Titel „pater patriae – Vater des Vaterlandes“. Er war Redner und Schriftsteller, insbesondere Förderer junger Künstler, besonders der Tibull du Ovid.
– Catos Sohn war von Caesar sen. nach dem Ende des Afrikanischen Krieges
begnadigt worden und schloss sich dennoch der Partei der Verschwörer an. –
Marcus Terentius Varro gilt als Roms größter Universalgelehrter (116 – 27
v. Chr.). Über sein riesiges (größtenteils verschollenes) Werk hier zu berichten, fehlt der Platz: In Caesars Erstem Spanischen Krieg wurde Varro von
Freund und Feind verlassen und ergab sich Caesar, der den unverzichtbaren
Gelehrten begnadigte. Dennoch folgte er den Pompeianern nach Griechenland, wurde von Caesar erneut begnadigt, was selten vorkam und mit der
Verwaltung einer großen Bibliothek in Rom beauftragt; Marcus Antonius ließ
ihn ächten, Varro entkam ihm aber mit Hilfe von Freunden und lebte noch einige Jahre unbehelligt seinen Studien. – Livia war mit Tiberius Claudius Nero
verheiratet und schwanger, als sie und Caesar Augustus in einander verliebten. – Sextus Quintilius Varus, aus altem Adelsgeschlecht stammend, war
schon von Caesar sen. begnadigt worden, ohne jedoch seine republikanische
Gesinnung abzulegen; ob ihm nun auch Caesar jun. verziehen hätte? Er war
der Vater des berühmten Unglücksraben vom Teutoburger Wald (9 n. Chr.).
72) Wieder einmal zeigt Velleius seine „Religion“: Fortuna, das Schicksal, ist
ihm wie dem antiken Griechen oder Julius Caesar die oberste Instanz. Wenn
er Brutus und Cassius miteinander vergleicht, muss es erlaubt sein, darüber
zu diskutieren: Bis auf die Mordtat an Caesar hält er Brutus für einen insgesamt gesehen guten Mann; Cassius mag er ebenso wenig wie Marcus Antonius. – Die uralte Adelsfamilie der „Domitii Ahenobarbi“ ist ein eigenes Thema; hier nur die unmittelbar zum Thema gehörenden Akteure: Lucius Domitius Ahenobarbus war erbitterter Caesar-Gegner; Konsul 54; er wurde von
Caesars Häschern nach der Schlacht bei Pharsalos umgebracht, nachdem er
schon einmal begnadigt gewesen war und dennoch den Kampf gegen Caesar fortsetzte. Sein Sohn (Konsul 32) unterstützte zunächst ebenfalls Pompeius; dann lavierte er, bis er sich Caesar Octavianus anschloss, starb aber
noch vor der Schlacht bei Actium. Dessen Sohn (16 v. Chr. Konsul) stieß als
erster römischer Feldherr im Auftrag des Augustus bis an die Elbe vor; Velleius sollte ihn noch persönlich gekannt haben. Sein Sohn, und da gehen wir
über Velleius hinaus, heiratete Agrippina d.J., Urenkelin des Augustus und
war Vater desjenigen Domitius Ahenobarbus, den wir besser als „Kaiser Nero“ kennen. Mit diesem Tyrannen stirbt das Geschlecht der „Domitii Ahenobarbi“ aus: Sein o.g. Großvater war aber mit der älteren Antonia verheiratet
216
gewesen, der Tochter des Marcus Antonius und der Octavia, Schwester des
Augustus. Somit war Nero einerseits auch leiblicher Urenkel des M. Antonius
sowie andererseits leiblicher Urgroßneffe des Augustus. Da die Mutter Neros
aber die Enkelin der jüngeren Antonia war, konnte Nero noch ein zweites Mal
darauf verweisen, leiblicher Urgroßneffe des Augustus zu sein; wenn man
diesem dem Inzest nahe kommenden Stammbaum hinzufügt, dass mit dem
Beinamen Ahenobarbus („Erz-Bart“ – die Vorfahren trugen eine Bart, der
kupferfarben war) die Unberechenbarkeit und Ausschweifung verbunden
war, dann sollte man den Charakter des jungen Kaisers Nero verstehen lernen, dessen ebenfalls erblich belasteter Onkel Caligula (Bruder von Neros
Mutter Agrippina d.J.) keinen Deut besser gewesen war. – Murcus nützte es
übrigens gar nichts, zu Sextus Pompeius übergelaufen zu sein, denn dieser
ließ ihn kurzerhand umbringen, wie Velleius später noch berichten wird (in
77, 3).
73) In Julius Caesars letzter Schlacht bei Munda (Montilla; Spanien) waren
Titus Labienus und Attius Varus gefallen; Gnaeus Pompeius jr. entkam, wurde
aber gestellt und umgebracht; nur Sextus Pompeius gelang die Flucht; Velleius legt uns hier eine packende Kurzcharakteristik des im rohen Umfeld des
Bürgerkrieges herangewachsenen jungen Mannes vor. – Der Historiker
Asinius Pollio ist uns schon oben (2, 36. 61) begegnet und wird wieder auftauchen (76. 86. 128).
74) Das kleine Ereignis des Kapitels ist jetzt nur noch eine Fußnote der Geschichte; naturgemäß musste Caesar Octavianus den Bruder seines derzeitigen Bundesgenossen unversehrt entlassen. – Cestius Macedonicus war einer
der Honoratioren von Perusia-Perugia. – Die erwähnte brutale Landenteignung diente zur Ansiedlung ausgedienter Soldaten.
75) Voller Verehrung führt Velleius zunächst den gleichnamigen Vater seines
Kaisers Tiberius ein, um dann von Livia, der Mutter des Tiberius, nur so zu
schwärmen. Noch war sie Ehefrau des Tiberius Claudius Nero, doch bald sollte sie Octavianus (Augustus) heiraten, obgleich sie noch schwanger war und
kurz darauf ihren zweiten Sohn Drusus zur Welt brachte; Augustus war zunächst also nur Stiefvater des kleinen Tiberius. Als ihm später aber alle in Frage kommenden Nachkommen weggestorben waren, adoptierte er den Stiefsohn, der damit zum Caesar Tiberius wurde. Da sein o.g. jüngerer Bruder
Drusus aber mit Antonia, einer Nichte des Augustus, verheiratet war, adoptierte Tiberius dessen Sohn Germanicus und nach dem vorzeitigen Tod des
Germanicus den Sohn des Germanicus, der unter dem Namen »Caligula«
sein (entsetzlicher) Nachfolger wurde; die Schwester des Caligula, Agrippina
d.J., war Mutter des (womöglich noch entsetzlicheren) Kaisers Nero und
schämte sich nicht, ihren alten leiblichen Onkel, den Kaiser Claudius, zu ehelichen...
217
76) Velleius ist natürlich stolz auf seinen Großvater, einen überzeugten Republikaner! Dem liegt vielleicht seine so oft für die Republik geäußerte Sympathie zugrunde; auch Tiberius Claudius Nero, noch mit Livia Drusilla (der
späteren Augusta) verheiratet und Vater des Kaisers Tiberius, war ein entschiedener Verfechter der Republik. Asinius Pollio ist uns schon wiederholt
begegnet; er gilt in militärischer Hinsicht als unbedeutend; sein damals viel
gelesenes Geschichtswerk ist leider verschollen. Auch Domitius Ahenobarbus
ist uns schon begegnet; Großvater des Kaisers Nero. Dass aus den ehemaligen Feinden Antonius und Caesar Octavianus vorübergehend Bündnispartner wurden, hat der Leser ebenfalls schon erfahren. Bleibt noch Quintus Salvidienus Rufus („der Rote“), von dem wir schon in 2, 59 als Freund des Caesar Octavianus gehört haben: Er focht zur See gegen Sextus Pompeius und
gegen L. Antonius bei Perusia zu Lande (s.o.), war für das Jahr 39 v. Chr. zum
Konsul bestimmt, geriet aber wegen Konspiration mit M. Antonius unter Anklage und beging Selbstmord.
77) Zum Wortspiel des Pompeius: carina ≈ der Kiel (eines Schiffes); Carinae ≈
„die Kiele“, ein Nobelviertel in Rom. Tiberius Claudius Nero: s. Kap. 76. Marcus Silanus wurde 25 v. Chr. Konsul; Gaius Sentius Saturninus: Konsul 19
v. Chr. und General unter Kaiser Tiberius; Arruntius wurde 22 v. Chr. Konsul;
Titius scheint keine Karriere gemacht zu haben. Menas und Menekrates waren bekanntlich die (eifersüchtigen) Admiräle des Sextus Pompeius (vgl. c.
73).
78) Pompeius sen. hatte einst Caesars Tochter als Unterpfand des Bündnisses
geheiratet; jetzt heiratete Antonius Octavia, die Schwester des Caesar Octavianus. Aus dieser Ehe gingen „nur“ zwei Töchter hervor, die ältere und die
jüngere Antonia. Eine heiratete später Domitius Ahenobarbus (Konsul 16
v. Chr.); ihr gleichnamiger Sohn war also leiblicher Neffe des Augustus. Dennoch heiratete er dann Agrippina d.J., eine leibliche Enkelin des Augustus (Inzucht?). Ihr gleichnamiger Sohn ist dann besser als „Kaiser Nero“ bekannt,
bestehend aus der „unverträglichen“ Mischung von Augustus und Antonius
samt den unberechenbaren Ahenobarbi. – Titus Labienus war im Gallischen
Krieg Caesars erster General; er stand dann im Bürgerkrieg auf Seiten der Republik und fiel in der Schlacht bei Munda (45 v. Chr.). Sein Sohn Quintus Labienus war ebenso entschiedener Republikaner und ging nach dem Tod des
Brutus zu den Parthern über; nach bravourös gewonnener erster Schlacht gegen die Leute des Antonius verlor er samt Prinz Pacorus nach der zweiten gegen Ventidius Bassus das Leben. – Die Lobeshymne über den „geborenen“
Feldherrn Octavianus ist an allen Haaren herbeigezogen; ohne seine tüchtigen Generäle wie z.B. Agrippa stand er auf verlorenem Posten. – Domitius
Calvinus war unter Caesar Offizier und einer der drei führenden Generäle bei
Pharsalos gewesen; anschließend scheint er von Caesar nicht mehr verwendet worden zu sein: 39 v. Chr. verwaltete er Spanien; er war ein eher glanzloser Mann. – Ein Centurio starb lieber als zu fliehen, schon gar der „Primipila218
rius“, der Erste Centurio der Eliteeinheit der Triarier: Calvinus blieb hier wohl
kaum eine andere Wahl.
79) Agrippa war zweifellos Caesar Octavianus‘ bester Freund und heiratete
Iulia, die Tochter des Octavianus aus erster Ehe. Der auf Tiberius folgende
Kaiser Caligula war sein Enkel; Kaiser Nero sein Urenkel. Agrippa verstarb
zum unendlichen Bedauern des Augustus allzu früh; ebenso seine beiden
Söhne Gaius & Lucius Caesar, die Enkel des Augustus, welcher sie mangels
eigener Söhne als seine Nachfolger ansah. Nur ihre Schwester Agrippina
überlebte; ihr Sohn war Caligula, ihr Enkel Nero. – Livia Drusilla war die
große Liebe des Augustus; vom ersten Mann (Tiberius Claudius Nero) brachte sie die beiden Söhne Tiberius und Drusus mit. Drusus starb jung auf einem Feldzug in Germanien infolge eines Reitunfalls, war aber über Antonia,
Tochter des Marcus Antonius und der Augustus-Schwester Octavia Vater des
Augustus-Neffen Germanicus Caesar, welcher wiederum Agrippina d.Ä.
heiratete, die o.g. Enkelin des Augustus (Inzucht?), die Mutter des Caligula
und der jüngeren Agrippina, die Großmutter des Kaisers Nero. – Nach Agrippas Tod avancierte Tiberius zu Roms erstem Feldherrn, kam aber als Thronfolger nicht in Betracht, solange die Augustus-Enkel Gaius & Lucius Caesar lebten; erst dann wurde er Nachfolger, musste aber unmittelbar Germanicus
Caesar (s.o.) adoptieren, wodurch dessen Sohn Caligula der Weg zum
Thron gebahnt wurde. Zugleich zwang ihn Augustus, sich von seiner geliebten Frau scheiden zu lassen und seine Tochter Iulia, die Witwe des Agrippa,
zu heiraten; Tiberius verabscheute diese „Lebedame“; die „Ehe“ blieb kinderlos; die hier skizzierte mengschliche Tragödie, erzwungen vom stets auf das
einseitige Fördern des eigenen „Blutes“ erpichten Augustus, mag eine
Hauptursache für den düsteren Charakter von Roms zweitem Kaiser gewesen
sein: Die Ehe des Augustus mit Livia blieb ebenfalls kinderlos – zum Bedauern und Entsetzen des Dynastie-Gründers: Insgesamt gesehen hatte das
stete Verheiraten nahe Verwandter, um nur ja das Haus beieinander zu halten, fast pathologische Züge und endete in der doppelten Katastrophe der
Kaiser Caligula und Nero, mit dem das erste Kaiserhaus ruhmlos untergeht. –
Sextus Pompeius verlor die Seeschlacht von Naulochos (36 v. Chr.). Marcus
Titius, sein Mörder, wechselte bald zu Caesar Octavianus über (s. 2, 83); das
genannte Theater hatte der Vater des Sextus Pompeius errichtet.
80) Lepidus war schon unter dem alten Caesar ein führender Offizier gewesen, ohne sich jemals persönlich auszeichnen zu können. Velleius charakterisiert den ehrgeizigen Versager treffend.
81) Hier nennt Velleius den späteren Augustus erstmals „princeps“; das bedeutet in etwa: „Erster; Führer“ und sollte später der Titel des Herrschers werden; seine Machtstellung nennen unsere Geschichtsbücher daher „Prinzipat“. – Der Text weist eine Lücke auf; eine Ergänzung erfolgt in eckigen Klammern (nach Cassius Dio 49, 14,5). – Die mit Schiffsschnäbeln (Rammspornen) geschmückte Medaille hat nach Velleius der Herrscher eigens für seinen
219
Freund Agrippa „erfunden“. – Der leider nicht erhaltene Tempel wurde 28
v. Chr. geweiht; Velleius weist ihn als „griechischen“ Tempel aus, da beim
durchaus ähnlichen römischen die Säulen im hinteren Teil des Gebäudes in
Halbsäulen an der Cella-Wand übergehen. – Im Übrigen war es alter Brauch
(bes. in Hellas), dass reiche Bürger sich als Sponsoren zeigten; das oben genannte Pompeius-Theater ist ein ähnliches Beispiel; am bekanntesten das
vom Flavischen Kaiserhaus dem Volk gespendete große Amphitheater, das
„Kolosseum“.
82) Der verlustreiche und sinnlose Partherkrieg des M. Antonius ist historisch; Velleius erkennt in der Schwächung seiner Armee einen indirekten Vorteil für Caesar Octavianus; das erfolgt mit deutlicher Schadenfreude, indem
die hohen Verluste gleich zweimal genannt werden. Auch die Festnahme des
überrumpelten armenischen Königs wird mit Häme geschildert; die Liebe des
Antonius zu Kleopatra nennt Velleius in einem Atemzug mit seinen (anderen)
Lastern; besonders verächtlich findet er es als Römer, dass sich Antonius im
(lächerlichen) Dionysos-Kostüm durch Alexandria kutschieren ließ: Ob er
wohl wie der berühmte Dionysos des Louvre auftrat? Ein üppiger vollkommen nackter Jüngling mit fast weiblichen Formen lehnt sich an einen abgebrochenen Baumstamm, auf dem seine Linke ruht und der von Reben überwuchert ist; im langen Haar das Diadem und der Efeu; in der Rechten über
dem leicht angewinkelten Arm der schlichte Thyrsos-Stab (ein rundes Holz
von ca. 30 cm. Länge), der auch mit Weinlaub und Efeu umwunden sein
kann; dass Antonius zu viel trank, hat uns Velleius schon oben gesagt (63, 1),
und dass in Namen des Dionysos jede Menge Wein gebechert wurde, sollte
zu Antonius, dem orientalisch gewordenen Ehemann der Königin von Ägypten passen, der sich von der spröden Schwester des Augustus zugunsten
Kleopatras getrennt hatte; wann endlich wird Caesar Octavianus gegen dieses Ägypten zu Felde ziehen? Wie so viele Historiker, vergisst hier auch unser
Velleius, dass man „sine studio et ira“ zu schreiben habe.
83) Lucius Munatius Plancus, dessen charakterlicher Vernichtung dieses Kapitel gewidmet ist, war einst einer von Caesars vielen wechselnden Generälen
in Gallien und im Bürgerkrieg gewesen. (Der Glaukos ist eigentlich ein weissagender Meeresgott der Griechen, vorzustellen als alter bärtiger Mann, der
einen Fischschwanz hinter sich her schleppt): Nach der Schacht von Mutina
(43) war Plancus zu Antonius übergelaufen; jetzt finden wir ihn auf Seiten
von Octavianus vor; 22 v. Chr. brachte er es sogar bis zum Zensor, dem altrepublikanisch strengsten Amt, u.a. Wächter über die Moral. – Gaius Coponius
wird von Velleius nur hier genannt; er brachte es 49 v. Chr. bis zur Prätur.
84) Mit den genannten Konsuln wird das Jahr 32 v. Chr. bezeichnet: Dass die
größeren Kriegsschiffe auch die besseren seien, glaubte noch Philipp II. von
Spanien, dessen Armada den beweglicheren britischen Schiffen den Sieg lassen musste. Nun zu den prominenten Überläufern: Amyntas war König der
kleinasiatischen Galater, dem östlichsten Keltenstamm. – Quintus Dellius‘
220
(aus dem Ritterstand) „Odyssee“: a.) Anhänger Caesars, Konsul 44 v. Chr.
b.); lavierte munter nach Caesars Ermordung, fand sich schließlich eine Zeitlang auf Antonius‘ Seiten; nahm an dessen Partherfeldzug teil, über den er einen Bericht publiziert haben soll und ging vor der Schlacht bei Actium zu Octavianus über, angeblich, weil er die Rache der von ihm beleidigten Kleopatra fürchtete; er verdiente sich den Titel „desultor bellorum civilium – Kunstreiter der Bürgerkriege“ (Sen. suas. 1) redlich. – Der Vater des genannten Domitius Ahenobarbus war als erbitterter Feind Caesars nach der Schlacht von
Pharsalos auf der Flucht erwischt und umgebracht worden; sein Sohn ging
vor der Schlacht bei Actium zu Octavianus über, indem er in einem kleinen
Boot aus Ägypten floh; er starb aber noch vor der großen Schlacht an den
Folgen der waghalsigen Flucht. Sein Sohn wiederum heiratete eine Tochter
des Antonius und der Augustus-Schwester Octavia und war der Großvater
des Kaisers Nero.
85) Die beiden sonst unbekannten Flügeladmiräle des Caesar Octavianus
übergehend, sollte man die Siegespalme an Agrippa übergeben, der von Octavianus mit sicherem Blick als Oberkommandierender ausgewählt worden
war, und ohne den der historische Sieg nicht möglich war: Als Belohnung
wurde er Schwiegersohn des künftigen Augustus; sein Enkel war Kaiser Caligula, sein Urenkel Kaiser Nero; beide gereichen freilich dem tüchtigen Vorfahren nicht gerade zur Ehre. Auch die genannten Offiziere des Antonius sollen übergangen werden. Tatsache ist aber, dass Kleopatra und Antonius die
Schlacht bei Actium (allzu) rasch für verloren erachteten und nach Ägypten
flohen, wo sie nacheinander Selbstmord begingen...
86) Die „Milde Caesars“ hat Octavianus vom Großonkel und Adoptivvater
geerbt. Sosius war General des Antonius; Arruntius des Octavianus. Asinius
Pollio, Politiker, Redner und Historiker stand im Bürgerkrieg auf Caesars Seite,
der ihn aber aufgrund seiner feigen Flucht aus dem Desaster des Curio ersatzlos aus den Kommentarien gestrichen hat. Er zog sich rechtzeitig aus der
neuen Runde des Bürgerkrieges zurück und wurde Förderer der Künste und
Wissenschaften; gründete Roms erste öffentliche Bibliothek.
87) Der Tod des Antonius mag logisch erscheinen, aber Kleopatra wäre möglicherweise, von der Schmach abgesehen, den Triumphzug zu zieren, nichts
geschehen; sie war schließlich Mutter der Halbgeschwister der Octavia, die
vor Kleopatra Frau des Antonius gewesen war. Augustus soll sie in sein Haus
aufgenommen haben, während er den ältesten Sohn der Kleopatra töten
ließ; er nannte sich nämlich Kaisarion und behauptete, Sohn des Julius Caesar, also ein naher Verwandter und Rivale des Augustus, zu sein. Diesen üblen Mord des Octavianus verschweigt Velleius uns schamhaft. – Dass aber
sämtliche Mörder des Diktators eines gewaltsamen Todes starben, ist Tatsache. – Zu den drei ungleichen Cassius: 1.) Quintus Cassius, Caesars Statthalter Spaniens, das er dermaßen ausplünderte, dass er fliehen musste; sein
Schiff ging mit Mann und Maus unter. 2.) Gaius Cassius war mit Marcus Bru221
tus zusammen der Führer der Verschwörung gegen Caesar; er hatte sich auf
hoher See dem nach Ägypten (in Kleopatras Arme) eilenden Diktator ergeben und angeschlossen. 3.) Cassius aus Parma, Dichter und Caesar-Mörder:
Alle drei Cassii führten den Beinamen Longinus. – Decimus Brutus war von
Caesar nach dem Seegefecht vor Massilia aus unbekannten Gründen aus
dem Generalstab entfernt worden. – Gaius Trebonius war nach der Ausmusterung des Titus Labienus der am meisten von Caesar eingesetzte Offizier gewesen, versagte aber als Nachfolger des Cassius (Nr. 1) in Spanien und findet
in Caesars letzten Kriegen keine Erwähnung mehr (wohl ausgemustert).
88) Lepidus jr. hatte nach dem erbärmlichen Ende der Karriere seines Vaters
sowie dem Tod des Schwagers einen triftigen Grund, Octavianus zu hassen,
so dass Maecenas ihn aus gutem Grunde bespitzeln ließ. Es ist eben dieser
Maecenas, der Roms führende Dichter förderte und somit „Erfinder“ des Begriffs „Mäzen“, während ihn höhere Staatsämter weniger interessierten (70 –
8 v. Chr.). Mit ihm und Agrippa († 12 v. Chr.) verlor Augustus seine besten
Freunde vorzeitig. Wenn der Tod des Lepidus jr. mit „Strafe zahlen“ umschrieben ist, will Velleius kaschieren, dass Augustus ihn glatt umbringen
ließ. Augustus als von Anfang an gütigen Menschen hinzustellen, ist Geschichtsklitterung; er watete durchs Blut zur Alleinherrschaft; dann erst wandelte er sich zum gütigen Landesvater. – Über den Tod der Gattin des Antistius hatte Velleius in 2, 26, 3 berichtet. Sie hatte sich umgebracht, nachdem
der Diktator Sulla ihren Mann hatte ermorden lassen: Nett von Velleius, auch
einmal der Tapferkeit der Frauen zu gedenken: Auch Kleopatra „starb fern
von weiblicher Furcht“, schreibt er in 87, 1 und zeigt, dass er den Mut mit
dem Mann verbindet; aber es gibt auch Ausnahmen...
89) Das Kapitel ist eine einzige tiefe Verbeugung des Velleius vor der Größe
des Staatsmannes Caesar Octavianus, den er hier erstmals neben „Princeps –
Erster; Führer“ auch „Augustus“ nennt (s.u.). Wir nennen seine Staatsform
demnach „Prinzipat“: Caesar Augustus ließ die äußere Hülle der republikanischen Form bestehen, war aber de facto Alleinherrscher: Er besaß lebenslang
die Amtsgewalt des Volkstribunen (tribunicia potestas) und konnte damit jede
Amtshandlung jedes beliebigen Amtsinhabers untersagen; ferner stand er
unter dem traditionell heiligen Schutz des Volkstribuns (sacro-sanctus). Nach
der Zahl der Jahre, in der er die tribunizische Amtsgewalt inne gehabt hatte,
wurden seine und seiner Nachfolger Regierungsjahre gezählt. Ob er zusätzlich Konsul war oder nicht, war marginal. Ferner war er alleiniger Inhaber der
Berufsarmee; er hatte auch das Heer der Klienten Caesars geerbt; er war persönlich Besitzer der kaiserlichen Provinzen wie Ägypten; seine Privatkasse
„Fiscus“ (i.e. „Korb“) verdrängte allmählich die Staatskasse (aerarium). Vom
Schicksal des Onkelns gewarnt, wurde er nie Diktator, sondern ließ sich nur
mit seinem Namen anreden: „Gaius Iulius Caesar (Augustus)“. Da man Caesar damals etwa wie „Kaísar“ sprach, geht der Kaisertitel auf seinen Namen
zurück (ebenso: „Zar“). Seine alles überragende Größe kommt im Beinamen
222
„Augustus“ zum Ausdruck, von augēre – vermehren, vergrößern usw. Wir
übersetzen gerne mit „der Erhabene“; die mittelalterlichen „römischen Kaiser
deutscher Nation“ nannten sich freilich gerne „Mehrer des Reiches“, was
noch heute im Amtseid des deutschen Bundeskanzlers enthalten ist. Spätere
Herrscher des Römischen Reiches verstanden den ursprünglichen Namen
„Caesar Augustus“ dann nur als Titel.
90) Dalmatien entspricht ca. der heutigen Küste Kroatiens; die Alpen wurden
erst unter Augustus Bestandteil des Reiches; die Scipionen marschierten in
Spanien ein, während Hannibal seine Invasion Italiens machte und fanden
dort den Tod. Erst der sogenannte Africanus eroberte es, um dann gegen Karthago ins heutige Tunesien überzusetzen; so zwang er Hannibal, Italien zu
verlassen und ihm zu folgen; 202 v. Chr. unterlag er ihm dann bei Zama. Spanien erhob sich erneut unter Viriathus (auf römische Anstiftung 139 v. Chr.
ermordet). Der Numantinische Krieg verlief für Rom anfangs blamabel, bis
Scipio Aemilianus die Stadt Numantia eroberte (Titel: „Numantinus“; 133
v. Chr.). Die vorherige Schande hat Velleius schon in 2, 1 besprochen (s.d.).
Nach dem Tod des Marius und zur Zeit der beginnenden Diktatur des Sulla
setze sich der Popularen-Führer Sertorius nach Spanien ab, gründete dort einen Konkurrenz-Senat und konnte auch von Pompeius nicht endgültig besiegt werden: Er wurde 72 v. Chr. dann feige ermordet. Erst Augustus konnte
das Land, das unter Caesar zwei große Kriege erlebt hatte, endgültig unterwerfen; die genannten Männer verwalteten es in seinem Namen.
91) Hier erst erwähnt Velleius, dass Caesar Octavianus auf Antrag des ehemaligen Generals Munatius Plancus, der regelmäßig die Fronten gewechselt
hatte, bis es sich erübrigte, allgemein verachtet wurde und ruhmlos im Bett
verstarb, den Beinamen vorgeschlagen hatte, unter dem man ihn bis heute
kennt: Caesar Augustus, Kaiser Augustus. Seine Verachtung für Munatius
Plancus wird Velleius in 95, 3 zu Protokoll geben. – Über die Männer, die Augustus nach dem Leben getrachtet haben sollen, urteilt Velleius parteiisch;
freilich sind sie heute kaum noch bekannt. Dass einer von ihnen in der schaurigen tiefsten Tiefe des Staatsgefängnisses (carcer publicus) umgebracht wurde, mag freilich stimmen. Der unterirdische, einst nur durch eine Deckenöffnung zu erreichende Ort ist ausgegraben; was einst Stätte des Schreckens
war, ist heute eine Kapelle, weil ebenda der Apostel Paulus vorübergehend
eingekerkert gewesen sein soll.
92) Dieses Kapitel ist für den Fakten sammelnden Historiker wenig ergiebig.
Es zeigt aber wieder einmal, aus welcher Epoche Velleius seine Ideale bezieht, die, wie er glaubt, von Augustus erneuert wurden. Insgesamt neigt Velleius zur Verklärung der Vergangenheit, was für ihn heißt: Rom vor den Bürgerkriegen; zu der Zeit der Abfassung seines Werkes liegt das Ende dieser
Epoche aber schon rund 150 Jahre zurück (Ermordung des Volkstribuns Tiberius Gracchus).
223
93) Velleius widmet sich hier erstmals der Familienpolitik des Augustus bzw.
seinen verstockten Bestreben, die Blutsverwandtschaft beieinander zu halten:
Seine Tochter Julia wurde mit seinem Neffen Marcellus verheiratet; die nicht
zustande gekommenen Kinder wären dann zugleich Enkel und Großneffen
des Augustus gewesen (Inzucht?). Doch Marcellus starb schon 23 v. Chr. mit
19 Jahren kinderlos (erstes Familiendesaster des Augustus). Aus Julias zweiter
Ehe mit dem Reichsfeldherrn Agrippa entstammten die beiden jung verstorbenen Caesares (zweites Familiendesaster), die leiblichen Enkel des Augustus. Ihre Schwester Agrippina überlebte. Als auch Agrippa vorzeitig starb (12
v. Chr.) zwang Augustus seinen Stiefsohn Tiberius, der als Platzhalter für die
männlichen Nachkommen Agrippinas eingeplant war, eben diese übel beleumundete Julia zu ehelichen und damit seine geliebte Frau zu verstoßen; diese Ehe blieb kinderlos, aber Tiberius adoptierte später Agrippinas Sohn Gaius
Caesar „Caligula“, das erste Scheusal auf dem Kaiserthron. Caligulas Schwester Agrippina (die Jüngere) heiratete nach dem Tode ihres Gatten Domitius
Ahenobarbus den leiblichen Onkel Claudius; die Ehe blieb (zum Glück) kinderlos, aber Claudius adoptierte nach obigem Muster Agrippinas Sohn aus
erster Ehe, da er ja ein direkter Nachkomme des Augustus war: Kaiser Nero!
Hinzu kommt noch, dass Augustus die beiden Töchter seiner Schwester Octavia und des Marcus Antonius in die kaiserliche Familie „einkreuzte“. Die Andeutung der künftigen Schande ist also durchaus prophetisch, ohne dass Velleius schon die Schrecken der Kaiser Caligula und Nero ahnen konnte; ihm
war aber bekannt, dass sein Idol, Kaiser Tiberius, die Augustus-Tochter Julia
verabscheute. Ferner wusste er, dass Augustus seine Enkelin Julia (die Jüngere) samt dem Dichter Ovid wegen Unmoral verbannt hatte; hinzu kommt
noch, dass Tiberius auf angeblich testamentarische Anordnung des Augustus
den nachgeborenen Sohn des Agrippa und der Julia, also einen Enkel des Augustus namens Agrippa „postumus“ bei Regierungsantritt umbringen ließ,
den Augustus schon aufgrund charakterlicher Mängel in die Verbannung geschickt hatte, kurz: Das stets am Rande der Inzucht sich bewegende komplizierte Geflecht der augusteischen Familienpolitik erlitt zur Gänze Schiffbruch
und endete mit Neros jämmerlichem Tode.
94) Mit Kapitel 94 beginnt das Loblied des Velleius auf seinen geliebten und
verehrten Kaiser Tiberius. Seine Herkunft wird nur gestreift: Er war der Sohn
des gleichnamigen Tiberius Claudius Nero, der unter Caesar im Alexandrinischen Krieg (erfolglos) zum Einsatz gekommen war und der Livia Drusilla,
ebenfalls aus dem Hause der Claudier stammend, und schon Kornemann hat
auf diese erbliche Doppelbelastung des Kaisers Tiberius hingewiesen: Tiberius und sein jüngerer Bruder Drusus sollten sich stets bewusst gewesen sein,
dass sie in der Familienpolitik des Augustus nur als Platzhalter für seine unmittelbaren Nachkommen gedacht waren, für die Augustus-Enkel Lucius und
Gaius Caesar. Augustus soll übrigens dem leutseligeren Drusus den Vorzug
vor Tiberius gegeben haben, was sich auch darin zeigte, dass er ihm mit sei-
224
ner Nichte Antonia eine Blutsverwandte zur Frau gab, während sich Tiberius
mit einer Tochter des Reichsfeldherrn Agrippa aus erster Ehe zufrieden geben
musste, welche er aber innig liebte. Doch Drusus starb infolge eines Reitunfalls in Germanien vorzeitig. Sein Sohn Germanicus Caesar (Großneffe des
Augustus) wurde mit der Augustus-Enkelin Agrippina verheiratet (Inzucht?);
Tiberius musste diesen Germanicus adoptieren und als Thronfolger akzeptieren, doch auch Germanicus starb vorzeitig, so dass Tiberius dann den Sohn
des Germanicus adoptierte, der als das Scheusal „Caligula“ sein Nachfolger
wurde. Sobald übrigens die Nachkommen das Augustus alt genug waren,
wurde Tiberius eine Zeitlang „in die Wüste geschickt“, bis er aufgrund des
vorzeitigen Todes der beiden Prinzen zurückgerufen wurde: Tiberius regierte
dann aber volle 23 Jahre lang bis 37 n. Chr. Wer seine Zeit als bedrückend
empfand, ahnte noch nicht, was unter Caligula und Nero, den letzten Abkömmlingen des Augustus, noch kommen werde.
95) Livia Drusilla war schwanger, als der spätere Augustus sich in sie verliebte; die beiden Söhne der Livia aus erster Ehe mit Tiberius Claudius Nero sen.
wurden von Augustus mangels eigener Söhne im Jahre 15 v. Chr. im genannten Feldzug eingesetzt. Als Agrippa 12 v. Chr. starb, stiegen sie gemeinsam
zu den Reichsfeldherrn des Augustus auf, da diesem die Fähigkeit des Feldherrn abging. Spätestens aber seit der Geburt des Augustus-Enkels Gaius
Caesar (20 v. Chr.) musste ihnen ihre Platzhalterfunktion klar geworden sein.
Über der Zensur des Aemilius Paulus lastet der Staub der Geschichte; warum
aber Augustus ausgerechnet den windigen L. Munatius Plancus mit dem Amte des „Sittenwächters“ betraute, der vorher mit Regelmäßigkeit die Partei
gewechselt hatte und zuletzt allgemein verachtet starb, ist rätselhaft: Immerhin hatte Plancus für ihn den Ehrentitel „Augustus“ vorgeschlagen... Zum
Krieg des Tiberius & Drusus: Die genannten Länder liegen von den Alpen bis
an die obere Donau.
96) Agrippa starb 12 v. Chr. als inoffizieller Stellvertreter des Augustus, für
den der Verlust des uneigennützigen Freundes schmerzlich war. Da Agrippa
mit Julia, der Tochter des Augustus aus erster Ehe, verheiratet gewesen war,
adoptierte der Herrscher seine Enkel Gaius und Lucius Caesar, die erst acht
bzw. fünf Jahre alt waren, als ihr Vater starb. Außerdem zwang Augustus seinen Stiefsohn Tiberius, sich von seiner geliebten Frau scheiden zu lassen, der
Tochter des Agrippa aus erster Ehe und seine frisch verwitwete übel beleumundete Tochter Julia zu heiraten; diese Unmenschlichkeit verschweigt Velleius. Pannonien (an der unteren Donau) wurde übrigens erst 9 n. Chr. endgültig unterworfen; Dalmatien liegt ca. an der kroatischen Küste; Tiberius erhielt zurzeit nur den „kleinen Triumph“ zugesprochen, Zeichen der Zurückhaltung des Augustus: Bei der sogenannten Ovation zog der siegreiche General zu Pferde oder gar zu Fuß durch die Stadt, gekleidet in eine mit edlem
Purpur verbrämte Toga (toga praetexta) und brachte auf dem Kapitol statt
225
des bei Triumphzügen üblichen Stieres nur ein Schaf dar (lat. ovis – davon
leiten manche den Begriff ovatio ab).
97) Velleius lobt Drusus hier über die Maßen, wohl wissend, wie sehr Tiberius seinen Bruder geliebt hatte, aber sonder Ahnung, dass die künftigen kaiserlichen Scheusale Caligula und Nero Enkel bzw. Urenkel eben dieses Drusus‘ waren (Groß- und Urgroßneffen des Augustus; Ur-Enkel und Ur-Ur-Enkel
des Marcus Antonius): Dass Tiberius das halbe Germanien (nur bis an die Elbe) für Rom sicherte, ist ebenso Tatsache, wie, dass Varus es umgehend wieder verspielte (9 n. Chr.).
98) Thrakien lag östlich von Makedonien, südöstlich von Pannonien auf der
Balkanhalbinsel bis ans Schwarze Meer; 3 – 11 im Aufstand gegen Rom; von
Lucius Calpurnius Piso besiegt, der 17 – 32 Roms Stadtpräfekt wurde: Velleius
kannte den heute wenig beachteten Staatsmann wohl persönlich.
99) Tiberius war nach Agrippas Tod Roms überragender Feldherr und vorübergehend Stellvertreter des Augustus. Aber er war sich dessen bewusst, dass
er nur Platzhalter für die beiden Augustus-Enkel Gaius und Lucius Caesar
war. Ferner dürfte Augustus wenig erfreut davon gewesen sein, wie heftig Tiberius die ihm als Ehefrau aufgezwungene Augustus-Tochter Iulia, Mutter
der beiden Caesares, Witwe des Agrippa, verschmähte. Als Gaius und Lucius
Caesar das Erwachsenenalter erreichten, wusste Tiberius was er tat, als er sich
aus der Politik zurückzog und nach Rhodos ins Exil ging. Diese für ihn unerfreulichen Umstände versteht Velleius zu beschönigen, während Tiberius im
Verlauf seines Exils in Wirklichkeit wenig beachtet war und sogar mit dem Tode bedroht wurde: Wäre nur einer der beiden Caesares am Leben geblieben,
endete hier seine Karriere, auch wenn Velleius sagt, das Vaterland habe
„Hand auf ihn gelegt“ (§ 3), es habe ihn für künftige Aufgaben mit Beschlag
belegt.
100) Velleius kommt dezent auf den großen Skandal im kaiserlichen Hause
zu sprechen und findet in Iulia und ihrem Freundeskreis die allein Schuldigen, doch das ist ungerecht: Augustus selbst war in jungen Jahren – trotz seiner (kurzen) Ehe mit Scribonia „kein Kind von Traurigkeit“ gewesen; aber
von dieser ersten Frau hatte er sein einziges eheliches Kind, eben unsere Iulia
(39 v. bis 14 n. Chr.) und verheiratete sie ungefragt mit Agrippa, seinem bärbeißigen ersten General, der sich eigens dafür scheiden ließ; Vipsania, Agrippas Tochter aus erster Ehe, war übrigens die heiß geliebte Frau des Tiberius,
welcher sich nach Agrippas Tod auf Befehl des Kaisers von ihr scheiden lassen
musste, um Iulia zu „übernehmen“. Agrippa und Iulia hatten insgesamt fünf
Kinder gehabt, darunter die genannten Gaius und Lucius Caesar sowie Agrippina (die Ältere), Mutter des Skandal-Kaisers Caligula. Als Iulia nach dem Tod
des Agrippa (12 v. Chr.) den als extrem konservativ und steif geltenden Tiberius ganz gegen dessen Willen heiraten musste, brachen alle Dämme: Bevorzugter Liebhaber der lebenslustigen oder lebenshungrigen Kaisertochter
226
wurde der genannte Sohn des Marcus Antonius (aus einer seiner früheren
Ehen); danach heiratete Antonius, der über seine Mutter Iulia mit Caesar
(und Augustus) verwandt war, die Augustus-Schwester Octavia (zwei Töchter, beide namens Antonia): Nach dem Tod des Antonius nahm Augustus die
überlebenden Kinder des einstigen Rivalen und Schwagers gnädig in sein
Haus auf (nur Kaisarion ließ er umbringen, weil er vielleicht doch Caesars
Sohn war), darunter Iulus Antonius, den er besonders förderte; und eben dieser junge Mann soll samt anderen die „Ehe“ des Tiberius „gebrochen“ haben, meinte Augustus, der in reiferen Jahren seine wilde Jugend immer mehr
vergessen ließ und sich in einen Moralapostel verwandelte, der den Römern
(vergebens) über strenge Gesetze die Einhaltung der ehelichen Moral verordnete: Velleius rühmt hier nur, dass dieser prominente Ehebruch nicht strenger bestraft wurde als anderswo, vielleicht, weil ein gealterter Tiberius später
darin ein todeswürdiges „Majestätsverbrechen“ gesehen hätte: Iulia wurde
übrigens weder von Augustus noch von Tiberius jemals begnadigt: Was hatte
diese arme Figur auf dem politischen Schachbrett des Augustus eigentlich
verbrochen?! Und was erst ihre von Augustus so schmählich verlassene Mutter Scribonia?
101) Velleius schildert in diesem und dem nächsten Kapitel, wie Augustus
seinen als Nachfolger ins Auge gefassten älteren Enkel Gaius Caesar auf eine
Mission in den Osten schickte – Kriege, in denen er sich militärisch hätte hervortun können, gab es zurzeit nicht – auf welcher er schon verstarb. Dass er
sich zu Rhodos vor dem Stiefvater verneigt hätte, mag Velleius frei erfunden
haben. Ferner berichtet Velleius hier, wie Augustus mit dem iranischen Großreich eine „friedliche Koexistenz“ zustande brachte. Velleius war als Offizier
vor Ort und erwähnt stolz den Beginn seiner Laufbahn als Tribunus; das ist einer der führenden Offiziere jeweils einer Legion, die unter einem Legatus
(General) steht.
102) Die Vorwürfe gegen Lollius sind bis heute nicht nachweisbar; er soll
von den Parthern bestochen worden sein, sagt später Plinius (nat. 9, 118).
Censorinus ist heutzutage von marginaler Bedeutung. Wichtig am Kapitel ist
vielmehr der vermeldete Tod von Gaius und Lucius Caesar; auf ihnen beruhte
die ganze Hoffnung des Augustus, obwohl beide Enkel meilenweit von der
staatsmännischen Begabung des Großvaters entfernt waren. Ihr Tod war der
Hauptgrund für die Rehabilitierung des Tiberius und seine Rückkehr nach
Rom; es gab vorübergehend keinen anderen Nachfolger mehr.
103) Augustus hatte nach dem Tod des Agrippa (12 v. Chr.) mit Tiberius als
Stellvertreter eine gute Wahl getroffen; indem er aber Livia, seine Mutter, geheiratet hatte, war die ursprüngliche Familie des Tiberius zerbrochen. Ferner
bevorzugte Augustus Drusus, den jüngeren Bruder des Tiberius und gab ihm
seine leibliche Nichte Antonia (Tochter des M. Antonius) zur Frau, während
Tiberius nur mit Vipsania, Agrippas Tochter aus erster Ehe, verheiratet war.
Damit gehörten die Kinder des Drusus zur Dynastie, während der Sohn des
227
Tiberius mit Augustus nicht verwandt war. Dass Tiberius dann nach Agrippas
Tod von Augustus zur Scheidung gezwungen wurde, um die ungeliebte Augustus-Tochter Iulia zu ehelichen, wurde bereits gesagt: Er zog sich nun verbittert nach Rhodos zurück, da mag es Velleius beschönigen, so gut es geht.
Auch nach seiner Rückkehr war er sich dessen bewusst, dass er nur als Zwischenlösung diente, bis über die Augustus-Enkelin Agrippina (die Ältere)
endlich der Urenkel des Augustus – Gaius Caesar Caligula – geboren war und
dann von Tiberius zum Thronfolger gemacht wurde: ein weit über den Tod
des Augustus hinaus reichender Gehorsam! Als Tiberius endlich zum Nachfolger ernannt wurde (4 v. Chr.) war er bereits 46 Jahre alt und musste sich
dennoch weitere zehn Jahre gedulden, in welchen ihn Augustus schätzen,
wenn nicht lieben lernte. Als der Sechsundfünfzigjährige endlich Kaiser wurde, war er kein leichter Umgang mehr; dennoch gelten seine zwanzig langen
Regierungsjahre als glückliche Zeit des Reiches; das rund 80 Jahre später ausgesprochene Verdammungsurteil des Tacitus ist nur dann berechtigt, wenn
man wie er unter der verlorenen Freiheit die der wenigen Senatoren beklagt,
während dieser Historiker den aufblühenden Wohlstand des in Frieden regierten Reiches einfach ignoriert. Die wirklich größte Fehlentscheidung des
Tiberius freilich war es, Caligula, den Urenkel des Augustus, zum Nachfolger
zu küren, den Onkel des ebenso verrückten Kaisers Nero, mit dem die Dynastie erlischt.
104) Zugleich mit Tiberius adoptierte Augustus seinen leiblichen Enkel Agrippa „postumus“ (der Nachgeborene), Sohn des verstorbenen Agrippa und
seiner Tochter Iulia. Damit wurde erneut auf die Platzhalterrolle des Tiberius
hingewiesen, auch wenn Agrippa Postumus (12 v. – 14 n. Chr.) zurzeit noch
nicht volljährig war; hätte sich nicht bald sein schwacher Charakter herausgestellt, wäre Tiberius vielleicht ein zweiter Rückzug ins Privatleben nicht erspart geblieben: Augustus steckte seinen Enkel aber in die Verbannung, und
Tiberius ließ ihn bei Regierungsantritt umbringen, angeblich von Augustus
testamentarisch dazu aufgefordert: Velleius erwähnt nur kurz seinen üblen
Charakter (112, 7). Die Freude der Soldaten hingegen dürfte historisch sein,
da Tiberius noch keinen einzigen Krieg verloren hatte und eher durch Umsicht als durch blutige Schlachten siegreich blieb. Allerdings war er mit seiner
altrömischen Strenge bei den Legionären auf Dauer keineswegs beliebt, wie
der Aufstand in Pannonien und Germanien zu seinem Regierungsantritt zeigen sollte, als man Germanicus Caesar, den Großneffen des Augustus, den Tiberius adoptiert hatte, besonders weil er mit Agrippina, der Enkelin des Augustus verheiratet war (Inzucht? Eltern des Kaisers Caligula), zum Kaiser ausrufen wollten (Velleius dazu beschönigend in c. 125; Tacitus in epischer Breite in ann. 1, 16-50).
105) Tiberius reihte sich mit der Eroberung Westgermaniens in die Zahl von
Roms größten Feldherrn ein, doch seine Tragik besteht darin, dass Varus, die
228
katastrophale Fehlbesetzung des Augustus, dann alles wieder verspielte, wie
wir noch sehen werden.
106) Nie wieder vor dem Partherfeldzug des Kaisers Traianus sollten Roms
Truppen ähnlich Kühnes vollbringen wie unter Tiberius (4-6 n. Chr.), und es
war im Rückblick vielleicht der große Fehler des Augustus, die Niederlage des
Varus einfach hinzunehmen (9 n. Chr.) und nicht sofort zu einem Vergeltungsfeldzug aufzurüsten. Als nämlich Tiberius, endlich Kaiser geworden, seinen Neffen und Adoptivsohn Germanicus Caesar mit der Revanche betraute
(14-17 n. Chr.), war dem Unternehmen kein Erfolg mehr beschieden: Statt
wagemutig in die Elbe einzufahren, drang Germanicus nur in die Ems vor,
von wo aus man bis an die Weser marschierte, wo es zu einem nicht entscheidenden Sieg über Arminius kam (Schlacht bei Idistaviso); zum Rückzug
gezwungen, geriet die Flotte in einen verheerenden Seesturm, der den Feldzug im Desaster enden ließ, und Tiberius gab die Eroberung Germaniens
jetzt endgültig auf; die Nachfolger blieben dabei: Allerdings hatte Tiberius
nur das Gebiet der Westgermanen erobert; der größere Teil Germaniens liegt
nach Tacitus östlich der Elbe, die Tacitus als einen „einst berühmten, jetzt nur
noch vom Hörensagen bekannten Fluss“ nennt (98 n. Chr.).
107) Ob die hübsche Erzählung mit dem ehrfürchtigen Germanen historisch
oder eine Ausschmückung ist, lässt sich nicht mehr beweisen.
108/109) Die beiden Kapitel sind dem Markomannen-Herrscher Maroboduus gewidmet; Velleius nennt das von ihnen besiedelte Gebiet „Boiohaemum – Böhmen“. Maroboduus ≈ Marbod ≈ derjenige, welcher über die Pferde gebietet, der „Rosseherrscher“ (vgl. engl. mare ≈ Stute; deutsch „das Gebot“ (von gebieten ≈ befehlen). Die „Markomannen“ sind buchstäblich die
„Grenzmänner“ (vgl. markieren ≈ begrenzen). Unter Marbod sollen sie in das
einst von den Bojern verlassene Gebiet (Boiohaemum ≈ Bojer-Heimat) eingewandert sein; von Böhmen aus wanderten sie später nach Nordwesten und
brachten ihren falschen Namen Bojer nach „Bayern“ mit. – Über das weitere
Schicksal des Maroboduus informiert Velleius in 129, 4 unzureichend. Der
Stelle kann man ohne zusätzliche Information nicht entnehmen, wie es Marbod ergangen war, nachdem Tiberius seinen Feldzug (6 n. Chr.) aufgeben
musste: Er wurde nämlich später von Arminius, dem Sieger über Varus (9
n. Chr.) sowie dem von Tiberius unterstützten Goten Catualda aus seiner Heimat vertrieben, floh ins römische Reich und wurde zu Ravenna interniert; Tiberius zog es nämlich inzwischen vor, statt der ewigen verlustreichen Kriege
die Germanen gegeneinander aufzuhetzen; das gelang (für einige Zeit) und
verschaffte dem Reich Luft: Arminius z.B. wurde von Landsleuten umgebracht.
110) Pannonien entspricht ungefähr dem heutigen Ost-Österreich und Ungarn sowie südlich angrenzenden Gebieten; das antike Vindobona wurde zu
Wien; Carnuntum (wenige Kilometer donauabwärts) ist heute ein vielbe-
229
suchter archäologischer Park; aus Aquincum wurde Budapest: Velleius schildert die Pannonier als bereits ziemlich romanisiertes Volk, das sich gewiss nur
erhob, um die erpresserisch hohen Abgaben Roms abzuschütteln; nach dem
Aufstand (9 n. Chr. – Jahr der Varusschlacht) wurde Pannonien als selbständige Provinz organisiert: Nauportus war eine römische Stadt in Pannonien, in
der Nähe des heutigen Ljubeljana in Slowenien; das antike Tergeste finden
wir heutzutage unter Trieste (Triest) wieder.
111) Wir erfahren Weiteres über die Laufbahn des Velleius, der es schon zum
Quästor (hoher Finanzbeamter) brachte und damit ranghöher war als die anderen Generäle mit dem Titel Legatus. Dass ihn Augustus sogar persönlich
kannte, sagt er voller Stolz. Dann folgt eine Lobeshymne auf seinen Feldherrn
Tiberius; darf man ihm das angesichts der exzellenten Führung des stellvertretenden Herrschers der Römer verübeln?! Tiberius war für Augustus nun
erste Wahl.
112) Über Taten und Fehler der hier aufgeführtem Offiziere hat sich der
Staub der Geschichte breit gemacht, während Zeitzeuge Velleius noch in unmittelbarem Kontakt zu ihnen stand. Erneuert wird aber eindringlich das Lob
für das behutsame Vorgehen des Tiberius. – Augustus steckte seinen missratenen Enkel, den nach dem Tode seines gleichnamigen Vaters geborenen Agrippa, in die Verbannung; womit dieser sich den Zorn des Groß- und Adoptiv-Vaters zugezogen hatte, ist ungewiss; immerhin will Velleius wohl auch
klar machen, dass Agrippa geistig nicht voll auf der Höhe war; Tiberius ließ
ihn nach dem Tode des Augustus – angeblich auf Augustus‘ testamentarischen Befehl – umbringen (Tac. ann. 1, 6). Andernfalls hätten oppositionelle
Kreise den letzten noch lebenden Enkel gegen Kaiser Tiberius in Stellung
bringen können: Seine Schwester Agrippina d.Ä. hatte dem Augustus übrigens einen leiblichen Urenkel geboren, den Tiberius später adoptierte und
als Nachfolger aufbaute: das kaiserliche Ungeheuer Caligula! Caligulas
Schwester Agrippina d.J. war dann Mutter des kaiserlichen Ungeheuers Nero,
dem letzten der Dynastie: Augustus hatte alles andere als Glück mit seinen
leiblichen Nachkommen, und die beiden mit besseren Noten versehenen Kaiser Tiberius (gar nicht blutsverwandt) und Claudius (ein Neffe des Augustus)
waren eben keine direkten Nachkommen des Augustus sondern dienten seinem jeweiligen unmittelbaren Nachkommen nur als Platzhalter.
113) Velleius schildert einmal mehr die bedächtige Kriegsführung des Tiberius, für den auch der Feind noch ein (vorübergehend abtrünniges) Glied des
Reiches ist und umso unproblematischer ins Reich zurückkehrt. Ferner weist
Velleius erneut auf seinen militärischen Rang hin, verständlich. Siscia an der
Save heißt heute Sisak und war eine Römerstadt im besetzten Pannonien, bedeutendster Standort der Armee.
114) Der sorgsame Umgang des Tiberius mit Gesundheit und Leben seiner
Legionäre war wohl schon Legende geworden, als Velleius zum Stift griff. Der
230
große Aufstand ging allerdings tatsächlich völlig unspektakulär und ohne
blutige Feldschlacht zu Ende. Warum Tiberius hier den Oberbefehl an den so
hoch gelobten Marcus Lepidus abtrat, erklärt sich aus dem Familiensinn des
Tiberius: Lepidus war nämlich der Sohn einer Stieftochter des Augustus,
Schwager der Augustus-Enkelin Julia, Schwiegervater eines Sohnes und einer
Tochter der Augustus-Großnichte Agrippina und des Augustus-Neffen Germanicus Caesar; doch Augustus scheint den auf so viele Weise mit seinem
Hause verflochtenen jungen Mann völlig überschätzt zu haben (vgl. Tac. ann
1, 13): 6 n. Chr. Konsul; General unter Tiberius in Pannonien; das war alles.
115) Trotz allem Lob für den dem Kaiserhaus so eng verbundenen Lepidus
fällt ein indirekter Tadel an ihm ins Auge: Lepidus erntet mit seiner konventionell blutigen Kriegsführung zwar Ruhm, doch Tiberius heimst mit seiner bedächtigen, auf blutige Schlachten verzichtenden Kriegsführung höchstes Lob
des Augenzeugen Velleius ein und konnte eine forsche Strategie wie die des
Lepidus nicht billigen, der zweifellos für seinen strahlenden Sieg das Leben
vieler Soldaten hergegeben hatte: Dalmatien lag an der Adriaküste etwa des
heutige Kroatiens, wo hinter einer Küstenstraße das Gebirge ansteigt; es gehörte zum Illyricum; ursprünglich von Caesar Octavianus (dem späteren Augustus) erobert (35-33 v. Chr.), bestehend aus Dalmatien und Pannonien:
Nach dem obigen Aufstand wurden beide Teile separat verwaltet.
116) Germanicus Caesar (gestorben 19 n. Chr.) war leiblicher Großneffe des
Augustus und wurde dennoch mit der Augustus-Enkelin Agrippina (der Älteren) verheiratet (Inzucht?); sein damals noch nicht geborener Sohn Gaius
Caesar „Caligula“ bestieg nach Tiberius den Thron (auf ihn folgte sein Onkel
Claudius als Kaiser, Bruder des längst verstorbenen Germanicus), denn Tiberius adoptierte seinen Neffen Germanicus Caesar (Sohn seines Bruders Drusus) auf Geheiß des Augustus und bahnte damit dessen Kindern den Weg
zum Thron; Agrippina d.J. war Schwester des Caligula und Mutter des Kaisers
Nero, des letzten der Dynastie: Hier unter Tiberius im Illyricum verdiente sich
Germanicus die ersten Sporen. Die übrigen von Velleius gelobten Männer
gelten heutzutage als vergessen; trotzdem ist es nett, wie unser Autor einigen
seiner Offizierskameraden die Unsterblichkeit verleihen will.
117) Velleius muss sich jetzt der Person des Varus zuwenden, der in seinem
gesamten Charakter des Gegenteil des Tiberius ist und als krasse Fehlbesetzung sowie geldgieriger Verwalter Syriens gegeißelt wird, was eine indirekte
aber harsche Kritik an Augustus ist, der ihn eingesetzt hatte. Wenn man den
Zahlen des Velleius folgt, gingen nur 3 ½ Legionen verloren, also höchstens
10.000 Mann: Rom kannte viel schwerere Niederlagen, und wenn Augustus
nicht sofort zur Revanche auszog, spricht dies Bände; dass er mit dieser Fehlentscheidung den späteren Untergang Roms heraufbeschworen hatte, konnte er freilich noch nicht wissen.
231
118) Glänzende Charakteristik der Varus und Arminius samt weiteren Bekenntnissen des Velleius zur Macht des Schicksals, der niemand entkommen
kann. Die Lücke im Text (...) ist nach Tacitus (ann. 1, 55) rekonstruiert („vinciri conscios“).
119) Velleius rafft sich erst gegen Ende des Kapitels dazu auf, uns den Namen des Verantwortlichen zu nennen; doch dass man die untergegangene
Armee nicht hätte ersetzen können, ist eine alte und gern geglaubte Legende: Augustus und Tiberius hatten das Interesse an einer Eroberung des unwirtlichen Nordlandes verloren; irgendwo musste schließlich das Territorium
des Reiches enden! Wenn Velleius uns rätselhaft von der schweren Strafe für
die Tapferen spricht, könnte nach Tacitus (ann. 1, 61) die grausame Folterung der Überlebenden gemeint sein. Ferner weist Velleius erneut auf sein
entweder nicht zustande gekommenes oder verschollenes historisches
Hauptwerk hin, in den er die Varusschlacht ebenso detailliert schildern will,
wie das in anderen, ebenfalls verloren gegangenen Werken schon geschehen
sei. Von Eggius und Ceionius ist heutzutage nichts Nähers bekannt; der genannte Reiteroberst wurde anscheinend wegen Feigheit hingerichtet. Weiterhin können wir aus dem Text schließen, dass Varus sich inmitten des Gefechtes von seinen Kameraden verbrennen lassen wollte, was aber, wie geschildert, misslang.
120) Tiberius befand sich zurzeit in Pannonien und konnte das germanische
Desaster nicht verhindern; auch wenn ihn Velleius wieder einmal lobt, darf
man sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch er momentan nicht in der
Lage war, Germanien zurückzuerobern. Die genannten kleinen Kommandeure finden sich höchstens in einer Fußnote der Geschichte wieder. Aliso war eine römische Festung an der Lippe.
121 / 122) Unmerklich geht Velleius immer mehr vom nüchternen Historiker-Ton zur Redeweise eines Lobredners (Panegyrikers) über; ausgedrückt
wird dies besonders durch die mehrfache Verwendung des Verbs mirari –
wundern; staunen (121, 3 ≈ 2 x; 122, 1 ≈ 1 x; 122, 2 ≈ 1x). Hinzu kommen
zahlreiche rhetorische Fragen, die allesamt die bewundernde Antwort des Lesers vorweg nehmen: Da Velleius unter Tiberius Offizier war und sein Werk
vor der düsteren zweiten Regierungshälfte des Kaisers verfasst ist, sollte es
ungerecht sein, die gesamte Schrift zu verdammen; eher sollte man da die
Schwarzmalerei des Tacitus verurteilen, der alles nachweislich Gute unter Tiberius dessen Heuchelei zuschreibt und eine für das Gesamtreich so ungemein glückliche Zeit rein aus der Perspektive der senatorischen Opposition in
der Stadt Rom beschreibt, beurteilt und verurteilt, ohne dabei die Lage des
Gesamtreiches zu beschreiben...
123) Der panegyrische Klang wird bei der Schilderung von Augustus‘ Tod
fortgesetzt; dass dieser mit zunehmendem Alter Tiberius immer mehr schätzte, wenn nicht gar liebte, ist unbestritten; freilich hatte er dafür gesorgt, dass
232
Tiberius durch Adoption des Germanicus seinen eigenen Sohn Drusus von
der Thronfolge ausschloss. Germanicus war leiblicher Großneffe des Augustus und wurde durch diese Adoption sein gesetzlicher Enkel; ferner war Germanicus mit Agrippina, der leiblichen Enkelin des Augustus verheiratet; so
war der Germanicus-Sohn „Caligula“ der legitime Erbe des Tiberius. – Im Kapitel wird leider der Anschein erweckt, Germanien sei zurückerobert worden;
mit der Varus-Schlacht und ihren Folgen kann sich Velleius nicht abfinden:
Germanicus setzte übrigens zu Beginn der Herrschaft des Tiberius seinen Vorstoß nach Germanien fort, brachte Arminius an der Weser – weiter kam er
nicht – eine Niederlage bei und musste sich dann wieder zurückziehen; Tiberius beendete dann den Traum vom eroberten Germanien und berief seinen
Adoptivsohn ab.
124) Die allgemeine Verunsicherung ist gut bezeugt: Augustus war rund
vierzig Jahre lang Herrscher gewesen, doch indem Tiberius das Erbe antrat,
kam er in den vollen Besitz der von Augustus angehäuften Macht; insbesondere war er im Besitz des Fiscus und der Berufsarmee sowie der kaiserlichen
Provinzen wie z.B. Ägypten. Wenn Senat und Führer zunächst Komplimente
austauschten, konnte es über die wirklichen Machtverhältnisse nicht hinwegtäuschen. Tiberius entzog der Volksversammlung das Recht, die Beamten zu
wählen, angeblich in Augustus‘ Auftrag; Velleius Paterculus und sein Bruder,
so schreibt er ausdrücklich, wurden von Tiberius zu Prätoren ernannt und
nicht gewählt: Als ranghohe Offiziere waren sie dem neuen Kaiser persönlich
bekannt.
125) Details über den doppelten Aufstand der Soldaten erfährt man bei Tacitus (ann. 1, 16-50): Germanicus, Kommandeur der Rheinarmee, verhielt sich
loyal zum Adoptivvater Tiberius, als ihn die Truppe zum Kaiser ausrufen wollte; aber er konnte ein Massaker unter seinen Soldaten nicht verhindern: Velleius widmet ihm nur wenige Worte (!). Drusus, leiblicher Sohn des Tiberius,
fand rasch brutale Möglichkeiten, den „slowenischen“ Aufstand niederzumachen; er war in Begleitung des seltsamer Weise nicht genannten Seianus gekommen, um General Iunius Blaesus, einem Onkel des Seianus, beizustehen.
Über den Taten der Drusus, Blaesus, Lepidus und Dolabella hat sich der
Staub der Geschichte ausgebreitet.
126) Velleius setzt seine Lobeshymne fort; einzig konkret ist die Tatsache,
dass aus Caesar Augustus der Divus Augustus wurde sowie die Erdbebenhilfe
für Kleinasien: Wenn sich aber erst unter Tiberius so viele Dinge zum Besseren wendeten, dann ist dies kein Lob für den verstorbenen Kaiser; für den
Staats-Chef verwendet Velleius ziemlich konsequent das Wort princeps; es bedeutet in etwa „erster Mann“ im Staate, Führer: Tiberius verzichtet auf Übernahme des Titels „Augustus“ und beließ es bei dem Namen-Titel „Iulius Caesar“; Tacitus nennt ihn stets „Tiberius“.
233
127) Velleius erweist sich einmal mehr als Meister der Portrait-Kunst; seine
wenigen Riesensätze mussten hier freilich zerlegt werden, leider! Das rein positive Bild des Seianus, dem spätere Historiker (bis heute) ein rabenschwarzes
folgen lassen, kann Velleius nicht zum Vorwurf gemacht werden, da sein
Werk vor der Enttarnung und dem Sturz das Gardepräfekten verfasst wurde:
Velleius schildert Seianus ganz so, wie dieser sich öffentlich gab, und Kaiser
Tiberius sah in ihm seinen getreuesten Helfer auf allen Gebieten; als er in seiner Einsamkeit zu Capri schließlich die Wahrheit erfuhr, war es ein Meisterstück des alten Monarchen, wie er seinen vermeintlich besten Vertrauten,
den allmächtig gewordenen Seianus stürzte und beseitigte; danach freilich
sollte Tiberius psychisch zusammengebrochen sein: Seianus hatte inzwischen
den größten Teil der Nachkommen des Augustus auf dem Gewissen; ausgerechnet Caligula überlebte sein Wüten und wurde von Tiberius prompt mit
der Nachfolge betraut, der folgenschwerste Fehler des alten Mannes! Tiberius bewies hier ebenso wenig Menschenkenntnis wie bei Seianus: Doch von
all dem konnte man noch nichts ahnen, als Velleius zum Stift griff; es zeigt,
wie problematisch es ist, Zeitgeschichte zu schreiben: ein einziger späterer
Aktenfund, und alles ist Makulatur. – Statilius Taurus („Stier“) war ein Freund
des Augustus und einst Kommandeur der Landstreitkräfte gewesen, als Caesar Octavianus, der spätere Augustus, gegen Marcus Antonius kämpfte; als
zweiter Mann hinter Agrippa wird heute aber eher Maecenas genannt, den
Velleius oben in 2, 88 erwähnt hat, und der vor allem als Förderer der Künste
berühmt geworden ist: Maecenas stammte ebenfalls aus dem Ritterstand, zu
dem auch Gaius Octavius gehört hatte, bis ihn sein Onkel Caesar adoptierte
und zu „Gaius Iulius Caesar Octavianus“ machte.
128) Velleius greift in die „Mottenkiste“ der Römischen Geschichte, um zu
zeigen, wie viele große Römer Aufsteiger in den Hochadel gewesen waren,
obwohl es deren in Wirklichkeit nur wenige gab; von den Aufgeführten sind
Cato, Marius und Cicero freilich bis heute sehr bekannt, und es ist schon
ziemlich gewagt, Seianus, den aktuellen Prätorianer-Präfekten, mit diesen
Größen auf eine Stufe zu stellen. – Im Übrigen stellt Velleius den Übersetzer
wieder einmal vor unüberwindliche Hürden, indem sich von Mitte § 1 bis Ende § 3 ein Bandwurmsatz von ca. 100 Wörtern dahin schlängelt.
129) Die Politik des Tiberius wird mit Ausrufen der Bewunderung kommentiert. Der Thraker-König Rhaskuporis wurde dank Pomponius Flaccus (Prätor
16 n. Chr. – später wegen Hochverrates angeklagt; beging Selbstmord) dingfest gemacht und ins Exil nach Alexandria geschickt, wo er auch starb. – Germanicus Caesar drang nach Ende der o.g. Meuterei sengend und mordend in
Germanien ein und siegte an der Weser über Arminius; dann musste er sich
dennoch wieder zurückziehen und ein Sturm vernichtete seine Flotte, was einer verheerenden Niederlage gleich kam. Tiberius gab nun die Eroberung
Germaniens auf und beorderte Germanicus als Generalstatthalter in den Osten, wo er unter ungeklärten Umständen starb. Der Klatsch bezichtigte den
234
Kaiser, den so populären Politiker über einen Mittelsmann vergiftet zu haben,
ein nicht wieder gut zu machender Imageschaden für Tiberius! – Für die Mitgliedschaft im Senat war damals ein Vermögen von 800 000 Sesterzen angeordnet; als beispielswese ein erlauchter Furius Camillus sein Vermögen verspielt hatte, ersetzte es ihm Tiberius wieder, aber nur einmal! – Der bedeutende Markomannen-König Maroboduus war in Rom erzogen und ausgebildet worden; bei innergermanischen Streitigkeiten verlor er sein Reich und
verbrachte den Lebensabend in Ravenna. Auch die Niederschlagung des kleinen zentralgallischen Aufruhres unter Sacrovir ist kein Ruhmesblatt für Rom,
während sich der Aufstand der Numider (ca. im heutigen Algerien) unter einem Tacfarinas immerhin sieben Jahre hinzog, aber dennoch eher ein
schmutziger Kolonial-Krieg war: Insgesamt gesehen endete unter Tiberius
Roms Expansionsdrang; erst Kaiser Traianus trat ab 98 n. Chr. noch ein letztes
Mal die Offensive; an von da an ging es schrittweise bergab.
130) Fortsetzung der feierlichen Lobrede. Dass Tiberius der Adoptivsohn und
Neffe Germanicus sowie sein leiblicher Sohn Drusus früh wegstarben, wurde
schon erläutert. Beide starben unter ungeklärten Umständen, und ihr Tod
war für Tiberius eine doppelte Katastrophe: Drusus war mit Livilla, seiner Kusine und Schwester des Germanicus verheiratet, welche später nach dem
Sturz des Seianus gestand, mit diesem ein ehebrecherisches Verhältnis gehabt und in seinem Auftrag Drusus vergiftet zu haben; doch das konnte Velleius noch nicht ahnen. Durch die Adoption des Germanicus wurde Agrippina die Ältere, Enkelin des Augustus, zur Schwiegertochter des Tiberius, den
sie hasste, in ihren verlorengegangenen Memoiren offenbar verunglimpfte
und für den Tod des Germanicus verantwortlich machte: Sie war Mutter des
Gaius Caesar „Caligula“, den Tiberius konsequent als nächsten noch lebenden Verwandten des Augustus adoptierte und zum Nachfolger kürte; über ihre Tochter Agrippina die Jünger war sie außerdem Großmutter des Kaisers
Nero; eine unrühmliche Nachkommenschaft. – Ferner nimmt Velleius die verstorbene Livia Augusta in Schutz, der man vorwarf, sie mische sich ständig in
die Regierungsgeschäfte des Sohnes Tiberius ein und bevormunde ihn.
131) Als Thronfolger kamen der Sohn des Drusus, also Tiberius‘ leiblicher Enkel sowie Gaius Caesar „Caligula“ (Sohn des Germanicus) in Frage; da durch
Adoption Germanicus der ältere Sohn des Tiberius und Caligula ein direkter
Nachkomme des Augustus (Urenkel) war, während Drusus mit Augustus
überhaupt nicht blutsverwandt war, sollte man die Entscheidung des Tiberius für Caligula zugleich als logisch wie verheerend bezeichnen dürfen.
235
Namensverzeichnis
(mit Kapitelangabe)
Accius – 1, 17; 2, 9.
Acerra – 1, 14.
Achaia – 1, 3. 12. 13; 2,
23.38.77
Achäer – 1, 3. 11.
Achaicus ≈ Mummius – 1,
12. 13; 2, 38. 128.
Achillas – 2, 53. 54.
Achilleus – 1, 1. 6.
Actium – 2, 84. 85. 86. 88.
Aduus – 2, 102.
Adria – 2, 43.
Aeculanum – 2, 16.
Aefulum – 1, 14.
Aegae (Aigai) – 2, 70.
Ägäisches Meer – 1, 4.
Ägypten – 2, 39. 53.
Aelius Lamia – 2, 116.
Aelius Seianus ≈ Seianus
Aemilius Lepidus Porcina –
2, 10.
Aemilius Lepidus
(Triumvir) ≈ Lepidus.
Aemilius Lepidus (sein
Sohn) – 2. 88.
Aemilius Paulus
(Heerführer bei
Cannae) – 1, 9.
Aemilius Paulus
Macedonicus (sein
Sohn) – 1, 9. 10. 12; 2,
10. 38. 40.
Aemilius Paulus (Bruder
des Triumvirn Lepidus)
– 2, 67.
Aemilius Paulus (34 v. Chr.
Ersatzkonsul) – 2, 95.
Aemilius Sura – 1, 6.
Aenaria (heute: Ischia) – 2,
19.
Aeoler – 1, 4.
Asernia – 1, 14.
Ätolien – 2, 38.
Afranius
(Komödiendichter) – 1,
17; 2, 9.
Afranius (Caesar-Gegner)
– 2, 48. 50.
Africanus ≈ Scipio
Africanus.
Africa (ca. Tunesien) – 1,
2. 12. 15; 2, 4. 11. 19.
38. 40. 53. 55. 80. 116.
125.
Agamemnon – 1, 1.
Agrippa (M. Vipsanius
Agrippa; Feldherr des
Augustus) – 2, 59. 69.
79. 81. 84. 85. 88. 90.
93. 96. 127.
Agrippa Postumus (Sohn
des Agrippa) – 2, 104.
112.
Aigisthos – 1, 1.
Aischylos – 1, 16.
Alba – 1, 11. 14.
Albaner – 2, 40.
Alesia – 2, 47.
Aletes – 1, 3. 13.
Alexander d.Gr. – 1, 6. 11;
2, 41.
Alexandria – 1, 10. 14; 2,
53. 82. 87. 88.
Aliso – 2, 120.
Alkmaion ≈ Archon.
Alkman – 1, 118.
Allobroger – 2, 10.
Allobrogicus ≈ Fabius A.
Alsium – 1, 14.
Altinum – 2, 76.
Ampius – 2, 40.
Amyntas – 2, 84.
Anchises – 2, 41.
Andros – 1, 4.
Anicius Gallus – 1, 9.
Annia – 2, 41.
Annius Milo – 2, 45. 47.
68.
Antiochos III. – 1, 6; 2, 38.
Antiochos IV. Epiphanes –
1, 10.
Antistius – 2, 226.
Antistius Vetus (68/67
Prätor in Spanien) – 2,
43.
Antistius Vetus (Legat des
Augustus) – 2, 90.
236
Antistius Vetus (Konsul 6
v. Chr.) – 2, 43.
Antonius, Gaius – 2, 69.
Antonius, Lucius – 2, 74.
Antonius, Marcus (Konsul
99 v. Chr.) – 2, 9. 22.
Antonius, Marcus Creticus
(Prätor 74) – 2, 31.
Antonius, Marcus
(Triumvir) – 2, 56. 58.
60 – 66. 70. 74. 76 –
79. 82. 84 – 87.
Antonius, Iulus (Iullus) – 2,
100.
Apollonia – 2, 59.
Appius ≈ Claudius.
Apronius – 2, 116.
Apuleius Saturninus – 2,
12. 15.
Apulien – 2, 35.
Aquae Sextiae (Aix-enProvence) – 1, 15; 2,
12.
Aquileia – 1, 15.
Aquilius (Konsul 129
v. Chr.) – 2, 4.
Aquilius (sein Sohn) – 2,
18.
Arbakes – 1, 6.
Archilochos – 1, 5.
Archon, Archonten (erster
Medon, letzter
Alkmaion) – 1, 2. 8.
Argos – 1, 6. 18.
Aricia – 1, 14.
Ariminum – 1, 14.
Aristodemos – 1, 2.
Aristonikos – 2, 4. 38.
Aristophanes – 1, 16.
Aristoteles – 1, 16.
Armenien – 2, 33. 37. 82.
94. 100. 102. 104. 122.
Arminius – 2, 105. 118.
Arruntius – 2, 77. 85. 86.
Artagera – 2, 112.
Artavasdes (gefangen
genommener König v.
Armenien) – 2, 82.
Artavasdes (von Tiberius
zum König Armeniens
gemacht) – 2, 94.
Artorius – 2, 70.
Arverner – 2, 10.
Asculaner – 2, 15. 21.
Asia (West-Kleinasien; bes.
das Reich des Königs
Attalos III. v.
Pergamon, Rom
testamentarisch
vermacht) – 1, 4; 2, 4.
18. 23. 33. 38. 40. 42.
69. 79. 92. 93. 98. 101.
126.
Asinius Herius – 2, 16.
Asinius Pollio – 2, 36. 63.
73. 76. 86. 128.
Asprenas – 2, 120.
Assyrer – 1, 6.
Athen; Athener – 1, 2. 3. 4.
8. 10. 18; 2, 23. 58.
Atia – 2, 59. 60.
Atreus – 1, 8.
Attaliden (Königsfamilie;
s.a. Asia) – 2, 38.
Attalos: s. o. Asia
Augusta (≈ Livia; Frau des
Augustus) – 2, 71.
Augustus (Gaius Iulius
Caesar Octavianus
Augustus) – 2, 36 – 39;
59 – 111. 120 – 127.
130.
Aurelius Cotta (Konsul 75
v. Chr.) – 2, 32.
Aurelius Cotta (Konsul 20
n. Chr.) – 2, 112.
Aurelius Scaurus – 2, 9. 12.
Auximum – 1, 15.
Aventin – 2, 6.
Avernersee – 2, 79.
Babylon – 1, 6.
Bagienner – 1, 15.
Balbus ≈ Cornelius B.
Bathinus – 2, 114.
Bato – 2, 110. 114.
Benevent – 1, 14. 123.
Bestia ≈ Calpurnius B.
Bibulus ≈ Calpurnius B.
Bithynien – 2, 4. 39. 42.
Bocchus – 2, 12.
Böotien – 2, 23.
Boihaemum (“Böhmen”)
– 2, 109.
Bononia (Bologna) – 1, 15.
Bovillae – 2, 47.
Britannien – 2, 46. 47.
Brukterer – 2, 105.
Brundisium (Brindisi) – 1,
14; 2, 24. 40. 50. 59.
61. 76. 86.
Brutus, Marcus Iunius
(Caesarmörder) – 2,
36. 52. 56. 58. 62. 65.
69. 70. 72. 87.
Brutus ≈ Iunius B.
Buxentum (Busento) – 1,
15.
Byzantion (Byzanz;
Konstantinopel;
Istanbul) – 2, 7.
Caecilius Statius (Dichter)
– 1, 17.
Caecilius Metellus Creticus
– 2, 34. 38. 40. 48.
Caecilius Metellus
Macedonicus – 1. 11.
12; 2, 5.
Caecilius Metellus
Numidicus – 2, 9. 11.
15. 39. 45.
Caecilius Metellus Pius
(Sohn des Numidicus)
– 2, 15. 28 – 30.
Caecina Severus – 2, 112.
Caelius – 2, 130.
Caelius Antipater
(Historiker) – 2, 9.
Caelius Caldus – 2, 120.
Caelius Rufus – 2, 36. 68.
Caepio ≈ Fannius &
Servilius C.
Caesar, Gaius Iulius
(Politiker; Feldherr;
Diktator) – 2, 36. 39,
41 – 57. 59. 61.
Caesar ≈ Iulius C.
Caesetius Flavus – 2, 68.
Calatia – 2, 61.
Cales – 1, 14.
Calidius – 2, 36.
237
Calpurnia (Frau des
Antistius) – 2, 26. 88.
Calpurnia (Caesars 3.
Frau) – 2, 57.
Calpurnius Bibulus – 2, 45.
Calpurnius Piso (7 v. Chr.
Konsul) – 2, 130.
Calpurnius Piso (Feldherr
in Thrakien) – 2, 98.
Calvus, Marcus Licinius –
2, 36.
Canidius – 2, 85. 87.
Cannae – 1, 9.
Canninefaten – 2, 105.
Cannutius – 2, 64.
Capito – 2, 69.
Capitol – 2, 1.3. 58.
Capua – 1, 7; 2, 8. 25. 30.
44.
Carbo ≈ Papirius C.
Carnuntum – 2, 109.
Carseoli – 1, 14.
Carvilius Maximus – 2,
128.
Casilinum – 2, 61.
Cassius Longinus (Zensor
154 v. Chr.) – 1, 15.
Cassius Longinus
(Caesarmörder) – 2,
46. 56. 58. 69. 70. 72.
87.
Cassius Longinus Ravilla –
2, 10.
Cassius aus Parma – 2, 87.
Castrum – 1, 14.
Catilina, Lucius Sergius – 2,
34. 35.
Cato, Marcus Porcius
Censorius – 1, 7. 13.
17; 2, 8. 35.
Cato, Marcus Porcius
Uticensis – 2, 35. 38.
45. 49. 54. 71.
Cato ≈ Porcius.
Catullus, Gaius Valerius –
2, 36.
Catulus ≈ Lutatius C.
Caudium – 2, 1.
Ceionius – 2, 119.
Caerealien – 1, 4.
Cethegus – 2, 34.
Chalkis – 1, 4.
Charops: s. Archon.
Chatten – 2, 109.
Chauken – 2, 106.
Cherusker – 2, 105.
Chios – 1, 4.
Cicero, Marcus Tullius – 1,
17; 2, 14. 34 – 36. 45.
48. 58. 62. 64 – 66.
128.
Cinna – 2, 20 – 24. 41.
Claudischer Berg – 2. 112.
Claudius Caudex – 1, 12;
2, 38.
Claudius Pulcher
(Schwiegervater des Ti.
Gracchus) – 2, 2.
Claudius Pulcher (von
Augustus verurteilt) –
2, 100.
Claudius Marcellus
(Konsul 49 v. Chr.) – 2,
49.
Claudius Marcellus
(Eroberer von Syrakus)
– 2, 38.
Claudius Marcellus (Neffe
und Schwiegersohn
des Augustus) – 2, 93.
Claudius, Tiberius C. Nero
(Vater des Kaisers
Tiberius) – 2, 75 – 77.
79. 94.
Claudius, Tiberius C. Nero
(sein Sohn): s. Tiberius.
Claudius Quadrigarius – 2,
9.
Clodius Pulcher – 2, 45.
47. 68.
Clusium – 2, 28.
Compsa – 2, 16. 68.
Contrebia – 2, 5.
Coponius – 2, 83.
Corfinum – 2, 16. 50.
Cornelia (Tochter des
Scipio) – 2, 7.
Cornelia (Frau des
Pompeius) – 2, 53.
Cornelius Balbus – 2, 51.
Cornelius Dolabella ≈
Dolabella.
Cornelius Lentulus Crus –
2, 49. 51. 53.
Cornelius Lentulus Sura –
2, 34. 35.
Cornelius Merula – 2, 20.
22.
Cornelius Rufinus – 2, 17.
Cornelius Scipio Calvus
(Konsul 122) – 2, 3. 90.
Cornelius Scipio (sein
Bruder) – 2, 90.
Cornelius Scipio Africanus
d.Ä. – 1, 10. 12.; 2, 1 –
3. 7. 8.
Cornelius Scipio Asiaticus
(Bruder des Africanus)
– 2, 38.
Cornelius Scipio
Aemilianus
(Adoptivsohn des
Asiaticus) – 1, 12. 13.
17; 2, 1. 4. 9. 38.
Cornelius Scipio Nasica
(Konsul 191) – 2, 3.
Cornelius Scipio Nasica
(Konsul 162) – 1, 15; 2,
1. 3.
Cornelius Scipio Asiaticus
(Konsul 83) – 2, 25.
Cornelius Scipio (Verhält
zur Tochter des
Augustus) – 2, 100.
Cornificius – 2, 79.
Coruncanius – 2, 128.
Corvinus ≈ Messala C.
Cosa – 1, 14.
Cossus Cornelius Lentulus
– 2, 116.
Cotta ≈ Aurelius C.
Crassus ≈ Marcus Licinius
C. Dives – 2, 30. 41. 46.
82. 91. 119.
Crassus ≈ Licinius.
Cremona – 1, 14.
Cumae – 1, 4.
Curia Hostilia – 2, 12. 26.
Curio – 2, 48. 55. 68.
Cyprum (Zypern) – 1, 1; 2,
39. 45.
238
Dalmatien – 2, 39. 78. 90.
110. 115. 116.
Damasippus – 2, 26.
Danubius ≈ Donau – 2,
110.
Decius Magius – 2, 16.
Dellius – 2, 84.
Delos – 1, 4.
Delphi – 1, 1.
Dertona – 1, 15.
Desidiaten – 2, 115.
Diana; Tifana – 2, 25
Didius – 2, 16.
Dido – 1, 6.
Diphilos – 1, 16.
Dolabella (Konsul 44) – 2,
58. 60. 69.
Dolabella (Offizier in
Dalmatien 14 – 20) – 2,
125.
Domitius Ahenobarbus
(Konsul 122) – 2, 10.
39.
Domitius Ahenobarbus
(dessen Sohn) – 2, 12.
Domitius Ahenobarbus
(sein Bruder) – 2, 26.
Domitius Ahenobarbus
(Konsul 54) – 2, 50.
Domitius Ahenobarbus
(Sohn des vorigen) – 2,
72. 76. 84.
Domitius Ahenobarbus
(Sohn des vorigen) – 2,
72.
Domitius Ahenobarbus
(Sohn des vorigen;
Vater des Kaisers Nero)
– 2, 10. 72.
Domitius Calvinus – 2, 78.
Donau ≈ Danubius – 2,
110.
Drusus ≈ Claudius Nero
Drusus Caesar
Germanicus – 2, 95.
97.
Drusus ≈ Claudius Drusus
Caesar (Sohn des
Kaisers Tiberius) – 2,
125. 130.
Drusus Libo – 2, 129. 130.
Drusus ≈ Livius Drusus – 2,
13 – 15.
Drusus ≈ Livius Drusus
Claudianus
(Adoptivsohn des
vorigen) – 2, 71. 75.
94.
Dyrrhachium – 2, 49. 51.
69.
Eggius – 2, 119.
Egnatius Rufus – 2, 91 –
93.
Elbe ≈ Albis – 2, 106.
Elektra – 1, 1.
Elis – 1, 7.
Elissa ≈ Dido – 1, 6.
Epeios – 1, 1.
Ephesus – 1, 4.
Ephyra – 1, 1. 3.
Epidius Marullus – 2, 68.
Epirus – 1, 1.
Eporedia – 1, 15.
Eretria – 1, 4.
Erythrai – 1, 4.
Etrusker – 1, 7. 8.
Euböa – 1, 4.
Eumenes – 1, 9.
Euphrat – 2, 46. 101.
Eupolis – 1, 16.
Euporus – 2, 6.
Euripides – 1, 16.
Europa – 2, 40.
Fabius Maximus (Enkel des
Hannibal-Gegners) – 1,
10.
Fabius Maximus
Aemilianus
(Adoptivsohn des
vorigen) – 2, 5.
Fabius Maximus
Allobrogicus (Konsul
121) – 2, 10. 39.
Fabrateria – 1, 15.
Fannius Caepio – 2, 91. 93.
Fannius (Historiker; im 2.
Jh.) – 1, 17; 2, 9.
Faventia – 2, 28.
Favonius – 2, 53.
Fetialen – 2, 1.
Fidentia – 2, 28.
Firmum – 1, 14; 2, 29.
Flavius Fimbria – 2, 24.
Floralien – 1, 14.
Fonteius – 2, 15.
Formiae – 1, 14.
Fregellae – 2, 6.
Fregenae – 1, 14.
Fulvia – 2, 74. 76.
Fulvius Flaccus (174 aus
den Senat entfernt) –
1, 10.
Fulvius Flaccus (Konsul
179) – 1, 10.
Fulvius Flaccus (Konsul
125) – 2, 8.
Fulvius Flaccus Nobilior –
1, 14.
Gabinius – 2, 31.
Gades (Cadiz) – 1, 2.
Galatien – 2, 39.
Galba ≈ Servius Galba – 1,
17; 2, 9.
Gallien – 1, 15; 2. 12. 17.
39. 44. 60. 63. 97. 104.
120. 121. 129.
Gallier – 1, 14; 2, 47. 67.
Gentius – 1, 9.
Germanen – 2, 12. 97. 100.
106. 117. 118. 119.
Germanicus Caesar – 2,
116. 123. 125. 129.
Germanien – 2, 97. 98.
100. 104 – 109. 115 –
125. 129.
Getischer Krieg – 2, 59.
Glaukos – 2, 83.
Gracchus ≈ Tiberius
Sempronius Gracchus –
1, 17; 2, 2 – 6.
Gracchus ≈ Gaius
Sempronius Gracchus –
1, 17; 2, 2. 6. 7. 13. 32.
Granikos – 1, 11.
Graviscae – 1, 15.
Griechen/Griechenland –
1, 3 – 6. 9. 17. 18; 2, 9.
Hannibal – 1, 14. 15; 2, 18.
27. 28.
Helena – 1, 1.
239
Heniocher – 2, 40.
Herakles (Hercules) – 1, 2.
3. 6. 8.
Herakliden – 1, 2.
Herculaneum – 2, 16.
Hercynischer Wald – 2,
108. 109.
Herius Asinius – 2, 16.
Hermione – 1, 1.
Hermunduren – 2, 106.
Hesiod – 1, 7.
Hiberer – 2, 40.
Hippokles – 1, 4.
Hippotes – 1, 3. 13.
Hirpiner – 2, 16. 68.
Hirtius – 2, 57. 61. 62.
Homer – 1, 3. 5. 7.
Horatius Cocles – 2, 6.
Hortensius – 2, 16. 36. 48.
Hostilius Mancinus – 2, 1.
2. 90.
Ianus (Geminus oder
Quirinus) – 2, 38.
Ikarisches Meer – 1, 4.
Illyrer – 2, 39.
Illyrien – 2, 78. 109. 112.
116. 123. 125.
Insteius Cato – 2, 16.
Interamna – 1, 14.
Ion – 1, 4.
Ionien/Ionier – 1, 4.
Isauricus ≈ Servilius I. – 2,
39.
Isokrates – 1, 16.
Isthmos von Korinth – 1, 3.
Italica – 2, 16.
Italien – 1, 1. 4. 13. 15; 2, 3
– 7. 18. 20. 24 – 30. 37.
40. 43. 49. 52. 61. 62.
69. 76. 89. 96. 102.
104. 109. 110. 114.
121.
Italiker – 2, 16. 21.
Iuba – 2, 53. 54.
Iugurtha – 2, 9. 11. 12.
Iulia (Caesars Tochter) – 2,
44. 47. 96.
Iulia (Caesars Schwester) –
2, 59.
Iulia (Tochter des
Augustus) – 2, 93. 96.
100.
Iulia Augusta ≈ Livia
Drusilla (Frau des
Augustus) – 2, 71. 75.
79. 94. 95. 130.
Iulius Caesar (Diktator): s.
Caesar.
Iulius ≈ Gaius Iulius Caesar
(Augustus-Enkel) – 2,
96. 99. 101 – 103.
Iulius ≈ Lucius Iulius
Caesar (AugustusEnkel) – 2, 96. 99. 102.
103.
Iulius ≈ Lucius Iulius
Caesar (Onkel des M.
Antonius) – 2, 67.
Iulius ) Gaius Iulius Caesar
Strabo (Ädil 90) – 2, 9.
Iulius Florus – 2, 129.
Iulus Antonius – 2, 100.
Iuncus – 2, 42.
Iunia – 2, 88.
Iunius Blaesus – 2, 125.
Iunius Brutus Gallaecus –
2, 5.
Iunius ≈ Decimus Iunius
Brutus – 2, 56. 58. 60 –
64. 87.
Iunius ≈ Marcus Iunius
Brutus – 2, 36. 52. 56.
58. 62. 65. 69. 70. 72.
87.
Iupiter – 2, 131.
Iuventius Laterensis – 2,
63.
Kalabrien – 2, 25.
Kampanien – 2, 20. 25. 48.
75. 123.
Kapitol – 2, 1. 3.
Kappadokien – 2, 39.
Karanos – 1, 6.
Karthago/Karthager – 1, 6.
12. 13. 15; 2, 1. 4. 7.
19. 38.
Kilikien – 2, 32. 39.
Kimbern/Kimbern-Krieg –
2, 8. 12. 19. 120.
Kimon – 1, 8.
Klazomenai – 1, 4.
Kleopatra – 2, 82. 84. 85.
87.
Kodros – 1, 2.
Kolcher – 2, 40.
Kolophon – 1, 4.
Korinth – 1, 2. 3. 13; 2, 7.
84.
Kotys – 2, 129.
Kratinos – 1, 17.
Kresphontes – 1, 2.
Kreta – 1, 1; 2, 34. 38. 81.
Kyzikos – 2, 7. 33.
Labienus, Titus – 2, 40. 55.
Labienus, Quintus – 2, 78.
Laelius, Gaius (Konsul
190) – 2, 127.
Laelius ≈ Gaius L. Sapiens
(140 Konsul) – 1, 17; 2,
9. 127.
Laenas ≈ Popilius L. – 2,
24.
Lakonien – 1, 3.
Langobarden – 2, 106.
Laodikea – 2, 69.
Larissa – 1, 4.
Lasthenes – 2, 34. 40.
Laurentinische Sümpfe – 2,
19.
Lebedos – 1, 4.
Lentulus ≈ Lucius &
Publius Cornelius
Lentulus – 2, 34. 35.
49. 51. 53.
Lepidus ≈ M. Aemilius L.
(Triumvir) – 2, 63. 65.
66. 80. 88.
Lepidus ≈ M. Aemilius L.
(sein Sohn; 30 v. Chr.
hingerichtet) – 2, 88.
Lepidus ≈ M. Aemilius L. (6
n. Chr. Konsul) – 2,
114. 115. 125.
Lesbos – 1, 2. 4.
Leukas – 2, 84.
Liber Pater – 2, 82.
Licinisches Gesetzeswerk –
2, 6.
240
Licinius ≈ Lucius L. Crassus
(Konsul 95) – 2, 9. 36.
Licinius ≈ Marcus L.
Crassus Dives
(Triumvir) – 2, 30. 41.
46. 82. 91. 119.
Licinius ≈ Publius L.
Crassus Mucianus
(Konsul 131) – 1, 17; 2,
4.
Licinius ≈ Aulus L. Nerva
Silianus – 2, 116.
Limyra – 2, 101.
Lippe (lat. Lupia) – 2, 105.
Livia Drusilla Augusta
(Frau des Augustus) 2, 71. 75. 79. 94. 95.
130.
Livius ≈ Marcus L. Drusus
(91 Volkstribun) – 2,
13 – 15.
Livius ≈ Marcus L.
Claudianus (Vater der
Livia) – 2, 71. 75. 94.
Livius ≈ Titus Livius
(Historiker) – 1, 17; 2,
36.
Lollius – 2, 97. 102.
Luca – 1, 15.
Luceria – 1, 14.
Lucilia – 2, 29.
Lucilius, Gaius (Dichter) –
2, 9.
Lucius, Sextus (86
Volkstribun) – 2, 24.
Lucius Iulius Caesar – 2,
96. 99. 102. 103.
Lucretius Ofella – 2, 27.
Lucriner-See – 2, 79.
Lucullus ≈ Lucius Licinius L.
(Konsul 74) – 2, 33. 34.
37. 40. 48.
Lucullus ≈ Marcus L. L.
(sein Bruder) – 2, 28.
Lucullus ≈ Marcus L. L.
(Sohn des ersteren) –
2, 71.
Lukrez ≈ Titus Lucretius
Carus – 2, 36.
Lupercal – 1, 15.
Lupercalien – 2, 56.
Lurius – 2, 85.
Lutatius ≈ Quintus L.
Catulus (Konsul 102) –
2, 12. 22.
Lutatius ≈ Quintus L.
Catulus (sein Sohn) –
2, 32. 43. 48.
Lydien – 1, 1.
Lydos – 1, 1.
Lykien – 2, 69. 102.
Lykourgos – 1, 6.
Lysippos – 1, 11.
Macedonicus ≈ Q.
Caecilius Metellus M. –
1, 11. 12; 2, 5.
Macedonicus ≈ Cestius M.
– 2, 74.
Maecenas – 2, 88.
Magius ≈ Decius Magius
(Vorfahr des Velleius) –
2, 16.
Magius ≈ Minatius Magius
– 2, 16.
Magius ≈ Magius Celer
Velleianus (Bruder des
Velleius) – 2, 115. 121.
124.
Magnesia – 1, 4.
Makedonien – 1, 6. 9. 11;
2, 8. 23. 38. 69. 70. 98.
101. 110.
Mancinus ≈ Hostilius M. –
2, 1. 2. 90.
Manilius – 2, 33.
Manlius Acidinus – 2, 8.
Manlius Maximus (Konsul
105) – 2, 12.
Manlius Torquatus – 2, 38.
Manlius Vulso – 2, 39.
Marbod (Maroboduus) –
2. 108. 109. 119. 129.
Marcellus – 2, 93.
Marcius Censorinus
(Konsul 149) – 2, 14.
Marcius Censorinus
(Konsul 8 v. Chr.) – 2,
102.
Marcius Crispus – 2, 69.
Marcius Rex – 1, 15; 2, 7.
Marica – 2, 19.
Marius, Gaius – 1, 15; 2, 9.
11. 12. 15. 16. 18 – 23.
43. 128.
Marius, Gaius (sein Sohn)
– 2, 19. 26. 27.
Marius Egnatius – 2, 16.
Markomannen – 2, 108.
109.
Mars – 1, 8; 2, 131.
Mars-Ultor-Tempel – 2,
100.
Marser – 2, 15. 21. 29.
Massilia (Marseille) – 2, 7.
50. 102.
Meder; Medien – 1, 6; 2,
40. 82.
Medon – 1, 2. 8.
Megara – 1, 2.
Megasthenes – 1, 4.
Melanthos – 1, 1.
Menander – 1, 16.
Menas – 2, 73. 77.
Menekrates – 2, 73. 77.
Menelaos – 1, 1.
Merula ≈ Lucius Cornelius
M. – 2, 20. 22.
Messala ≈ Marcus Valerius
M. Corvinus – 2, 36.
71. 84. 112.
Messala Messalinus (sein
Sohn) – 2, 112.
Metapontos – 1, 1.
Metellus: s.o. Caecilius
Metellus.
Milet – 1, 4; 2, 7.
Milo ≈ Titus Annius Milo –
2, 45. 47. 68.
Miltiades – 1, 8.
Minatius Magius – 2, 16.
Minturnae – 1, 14; 2, 19.
Minucius Rufus – 2, 8.
Misenum – 2, 77.
Mithridates – 2, 18. 23. 24.
33. 37. 40.
Mucius Scaevola – 2, 9. 26.
Mummius – 1, 12. 13; 2,
38. 128.
Munatius Plancus – 2, 63.
64. 67. 74. 76. 83. 91.
95.
Murena – 2, 91. 93.
241
Mutina (Modena) – 2, 61.
73.
Mykene – 1, 1.
Mylae – 2, 79.
Myrina – 1, 4.
Myrmidonen – 1, 3.
Mytilene – 1, 4; 2, 18. 53.
Myus – 1, 4.
Narbo Martius
(Narbonne) – 1, 15; 2,
7.
Naso ≈ Publius Ovidius
Naso (Ovid) – 2, 36.
Nauportus – 2, 110.
Neapolis – 1, 4; 2, 76. 123.
Nepe – 1, 14.
Nestor – 1, 1.
Nikomedes – 2, 4. 39.
Ninos – 1, 6.
Nola – 1, 7; 2, 17. 18. 20.
123.
Norbanus – 2, 25.
Noricum – 2, 39. 109.
Numantia – 2, 1. 4. 9. 90.
Numidicus ≈ Q. Caecilius
N. – 2, 9. 11. 15. 39.
45.
Numidien – 2, 39.
Numonius Vala – 2, 119.
Octavia – 2, 78. 93.
Octavius (Konsul 165) – 1,
9. 11; 2, 1.
Octavius (sein Enkel) – 2,
22.
Octavius (Vater des Caesar
Octavianus) – 2, 59.
Octavianus ≈ Gaius Iulius
Caesar Octavianus (s.
Augustus).
Olympieion – 1, 10.
Opimius – 2, 6. 7.
Ops – 2, 60.
Orestes – 1, 1.
Orodes – 2, 46. 91.
Osca – 2, 30.
Osker – 1, 4.
Ostia – 2, 94.
Ovid ≈ Publius Ovidius
Naso – 2, 36.
Pacuvius – 2, 9.
Paestum – 1, 14.
Pacorus – 2, 78.
Palatin – 1, 8. 14. 15.
Palinurus – 2, 79.
Panaitios – 1, 13.
Panares – 2, 34. 40.
Pannonien /Pannonier – 2,
39. 96. 98. 104. 109.
110. 114. 117. 121.
Pansa – 2, 57. 61. 62.
Papirius Carbo, Gaius (131
Volkstribun) – 2, 4. 9.
Papirius Carbo, Gaius (83
Prätor) – 2, 26.
Papirius Carbo, Gnaeus –
2, 24. 26. 27.
Papius Mutilus – 2, 16.
Parilien – 1, 8.
Paros – 1, 4.
Parther – 2, 24. 40. 46. 53.
59. 78. 82. 91. 94. 100
– 102. 119.
Passienus Rufus – 2, 116.
Patrai (Patras) – 2, 84.
Paulus: s. Aemilius Paulus.
Pedisches Gesetz – 2, 69.
Pedius – 2, 65. 69.
Pelasger – 1, 3.
Peloponnes/
Peloponnesier – 1, 2. 3.
Pelops – 1, 2. 8.
Penthilos – 1, 1.
Pergamon (Kreta) – 1, 1.
Perpenna – 2, 4. 38.
Perpenna Veiento – 2, 30.
Perser – 1, 6.
Perseus – 1, 9. 11.
Perusia (Perugia) – 2, 74.
Perusten – 2, 115.
Petreius – 2, 48. 50.
Pharnakes – 2, 40. 55.
Pharsalos – 2, 52. 68.
Phidippos – 1, 1.
Philemon – 1, 16.
Philipp v. Makedonien – 1,
6.
Philippi – 2, 70. 86.
Philippus – 2, 59. 60.
Phokäa – 1, 4; 2, 7.
Phraates – 2, 91.
Picenerland – 1, 15; 2, 21.
29. 65.
Pindar – 1, 18.
Pinnetes – 2, 110. 114.
Piräus – 2, 23.
Pisaurum (Pesaro) – 1, 15.
Piso: s. Calpurnius Piso.
Pius ≈ Q. Caecilius
Metellus P. – 2, 15. 28
– 30.
Placentia (Piacenza) – 1,
14.
Plancus ≈ L. Munatius P. –
2, 63. 64. 67. 74. 76.
83. 91. 95.
Plancus, Plotius (Bruder
des Munatius P.) – 2,
67.
Platon – 1, 16.
Plautius Silvanus – 2, 112.
Plotius: s.o. Plancus.
Pollio ≈ Asinius Pollio – 2,
36. 63. 73. 76. 86. 128.
Polybios – 1, 13.
Pompeianer – 2, 52. 62.
63. 65. 73.
Pompeius – (Konsul 141) –
2, 1. 21.
Pompeius Rufus – 2, 17.
18. 20. 21.
Pompeius Strabo – 2, 15 –
21. 29.
Pompeius Magnus – 2, 15
– 21. 29 – 34. 37 – 40.
44 – 49. 51 – 53. 60.
61. 76. 130.
Pompeius, Gnaeus (sein
älterer Sohn) – 2, 55.
Pompeius, Sextus (sein
jüngerer Sohn) – 2, 53.
72. 73. 77. 79. 87.
Pompei – 2, 16.
Pomponius, Lucius – 2, 6.
Pomponius, Marcus – 2, 6.
Pomponius Flaccus – 2,
129.
Pontidius – 2, 16.
Pontius Telesinus – 2, 16.
27.
Pontus – 2, 18. 23. 38. 40.
56. 101.
242
Popaedius Silo – 2, 16.
Popilius Laenas (Konsul
132) – 2, 7.
Popilius Laenas
(Volkstribun 85) – 2,
24.
Porcius Cato Censorius: s.
Cato.
Porcius Cato, Gaius (sein
Enkel) – 2, 8.
Porcius Cato, Lucius – 2,
16.
Porta Collina – 2, 27.
Postumius Albinus – 1, 10.
Potentia – 1, 15.
Praeneste – 2, 26. 27. 74.
Priene – 1, 4.
Pseudo-Philippus
(angeblicher Sohn des
Perseus) – 1, 11.
Ptolemaios VI. – 1, 10.
Ptolemaios XIII. – 2, 53.
54.
Ptolemaios (Vizekönig
Zyperns) – 2, 38. 45.
Publicola – 2, 85.
Punische Kriege – 1, 12.
14; 2, 18. 38. 90. 128.
Pupius Piso – 2, 41.
Puteoli – 1, 15.
Pydna – 1, 9.
Pyrrhus (Sohn des
Achilles) – 1, 1.
Pyrrhus (König v. Epirus) –
1, 14; 2, 17.
Quintilius Varus
(Anhänger des
Pompeius) – 2, 55.
Quintilius Varus, Sextus
(Anhänger des Brutus)
– 2, 71.
Quintilius Varus, Publius
(Varusschlacht) – 2,
117 – 120.
Quintius Crispinus – 2,
100.
Rabirius – 2, 36.
Rätien/Räter – 2, 39. 95.
104. 122.
Raudische Felder – 2, 12.
Regulus – 2, 38.
Rhaskuporis – 2, 129.
Rhein – 2, 8. 106. 119. 120.
Rhodos/Rhodier – 1, 9; 2,
18. 69. 99. 103.
Rhoimetalkes – 2, 112.
Rom – 1, 6. 8. 12. 14.; 2, 3.
21. 27. 89.
Romulus – 1, 8.
Roscius Otho – 2, 32.
Rubikon – 2, 49.
Rupilius – 2, 7.
Rutilius Lupus (Konsul 90)
– 2, 15. 16.
Rutilius Rufus (Konsul 105)
– 2, 9. 13.
Sabiner – 1, 8. 14.
Sacriportus – 2, 226. 28.
Sacrovir – 2, 129.
Salamis – 1, 1.
Salernum – 1, 15.
Sallust ≈ Gaius Sallustius
Crispus – 2, 36.
Salvidienus Rufus – 2, 59.
76.
Samniten – 1, 14; 2, 27.
Samos – 1, 4.
Samothrake – 1, 9.
Sardanapal – 1,6.
Sardinien – 2, 38.
Saticula – 1, 14.
Saturninus ≈ Apuleius S. –
2, 12. 15.
Scaevola ≈ Mucius S. – 2,
9. 26.
Scaurus ≈ Aurelius S. – 2, 9.
12.
Scipio: s. Cornelius.
Scolacium Minervia – 1,
15.
Scribonia – 2, 100.
Segestes – 2, 118.
Seianus – 2, 127. 128.
Seleukia – 2, 46.
Semiramis – 1, 6.
Semnonen – 2, 106.
Sempronius Gracchus,
Tiberius & Gaius: s.
Gracchus.
Sempronius Gracchus
(Vater der Gracchen) –
2, 2. 7.
Sempronius Gracchus (14
n. Chr. verbannt) – 2,
100.
Sentius Saturninus – 2, 77.
92. 105. 109. 110.
Sergius Catilina – 2, 34. 35.
Sertorius – 2, 25. 29. 30.
90.
Servilia – 2, 88.
Servilius Caepio – 2, 12.
Servilius (Konsul 106) – 2,
15.
Servilius Glaucia (Prätor
100) – 2, 12.
Servilius Vatia Isauricus
(Konsul 79) – 2, 39.
Setia – 1, 14.
Sigimer – 2, 118.
Silanus ≈ M. Iunius S.
(Konsul 109) – 2, 12.
Silanus ≈ M. Iunius S. (25
v. Chr. Konsul) – 2, 77.
Silianus ≈ A. Licinius Nerva
S. – 2, 116.
Silius (Konsul 13 n. Chr.) –
2, 130.
Silius Nerva (Konsul 20
v. Chr.) – 2, 90.
Silius Nerva (sein Sohn) –
2, 101.
Sinuessa – 1, 14.
Siscia – 2, 113.
Sisenna – 2, 9.
Sizilien – 2, 38. 72. 73. 75 –
79. 80. 82.
Skordisker – 2, 8. 39.
Smyrna – 1, 4; 2, 69.
Sokrates – 1, 16.
Sophokles – 1, 16.
Sora – 1, 14.
Sosius – 2, 85. 86.
Spanien – 1, 2. 12; 2, 1. 4.
5. 30. 38. 43. 48. 50.
51. 55. 56. 63. 72. 73.
78. 90. 102. 125.
Spanischer Krieg – 2, 55.
69.
243
Sparta/Spartaner – 1, 2. 6.
18.
Spartacus – 2, 30.
Spoletium – 1, 14.
Statianus – 2, 82.
Statilius Sisenna – 2, 14.
Statilius Taurus – 2, 85.
127.
Statius Murcus – 2, 69. 72.
77.
Strato – 2, 70.
Suessa Aurunca – 1, 14.
Sulla ≈ Lucius Cornelius S.
(Diktator) – 2, 12 – 19.
23 – 28. 32. 41. 60. 61.
66.
Sulpicius Rufus – 2, 9. 18 –
20. 36.
Sutrium – 1, 14.
Syrakus – 2, 7. 38.
Syrien – 1, 10; 2, 37. 38.
46. 69. 78. 101. 117.
Tarent – 1, 15.
Tarpejischer Felsen – 2, 24.
Tarracina – 1, 14.
Tauromenium – 2, 79.
Taurus ≈ Statilius T. – 2, 86.
127.
Tegea – 1, 1.
Teisamenos – 1, 1.
Telamon – 1, 1.
Temenos – 1, 2.
Tenos – 1, 4.
Terenz ≈ P. Terentius Afer –
1, 17.
Tergeste (Triest) – 2, 110.
Teukros – 1, 1.
Teutonen – 2, 8. 12. 120.
Theben – 1, 18.
Theodotos – 2, 53. 54.
Theophanes – 2, 18.
Thesprotien – 1, 1. 3.
Thessalien – 1, 3; 2, 52.
Thessalos – 1, 3.
Thrakien – 2, 98. 101. 112.
Thukydides – 2, 36.
Thurii – 2, 68.
Tiber – 2, 6. 45.
Tiberius ≈ Ti. Claudius
Nero (Kaiser Tiberius)
– 2, 39. 75. 94 – 99.
101 – 115. 121 – 131.
Tibull ≈ Albius Tibullus – 2,
36.
Tifata – 2, 25.
Tigranes – 2, 33. 37.
Titius, Lucius – 2, 77.
Titius, Marcus – 2, 79. 83.
Trebonius – 2, 56. 69. 87.
Troja – 1, 2. 3. 5. 8.
Tullius: s. Cicero.
Tusculum – 2, 128.
Tyros – 1, 2. 6; 2, 7.
Tyrrhenos – 1, 1.
Vibullius – 2, 78.
Vibius Postumus – 2, 116.
Vienna – 2, 121.
Vindeliker – 2, 39. 95. 104.
122.
Vinicius (Großvater des
Folgenden) – 2, 96.
104.
Vinicius (Adressat des
Werkes) – 1, 8. 13; 2, 7.
49. 65. 101. 103. 113.
130.
Viriathus – 2, 1. 90.
Visurgis ≈ Weser – 2, 105.
Utica – 1, 2.
Weser ≈ Visurgis – 2, 105.
Valentia – 1, 14.
Valerius Antias – 2, 9.
Valerius Flaccus – 2, 23.
24.
Valerius Messala – 2, 36.
71. 84. 112.
Varro Atacinus – 2, 36.
Varro ≈ M. Terentius V. – 2,
71.
Varus ≈ P. Quintilius V.
(Varusschlacht) – 2,
117 – 120.
Vatinius – 2, 69.
Veijenter – 1, 8.
Velia – 2, 79.
Velleianus ≈ Magius Celer
V. – 2, 115. 121. 124.
Velleius Capito – 2, 69.
Velleius Paterculus – 1, 16;
2, 16. 29. 48. 52. 66.
69. 76. 86. 89. 99. 101.
103. 104. 107. 111.
113. 114. 115. 119.
121. 124.
Venetien – 2, 76.
Ventidius Bassus – 2, 65.
78.
Venus – 2, 41.
Venusia – 1, 14.
Vergil ≈ P. Vergilius Maro –
2, 36.
Vesta – 2, 131.
Vesuv - 2, 30.
Vetus ≈ Antistius V. – 2, 90.
Xerxes – 2, 33.
Zypern (Cyprum) – 1, 1; 2,
39. 45.
244
Texte und Kommentare
Elefante: Velleius Paterculus: Ad M. Vinicium consulem libri duo; kommentierte kritische
Ausgabe, hg. von M. Elefante, Hildesheim etc. 1996.
Elefante: Concordantia in Velleium Paterculum. Curavit M. Elefante, Hildesheim etc.
1992.
Giebel, M.: Velleius Paterculus, Historia Romana. Römische Geschichte; lateinischdeutsch, Stuttgart (Reclam) 1989.
Hellegouarc’h: Velleius Paterculus: Histoire Romain. Tome I. et II. Text établi et trad.par
J.Hellegourarc’h, Paris (Les Belles Lettrres), 1982.
Shipley: Velleius Paterculus: Compendium of Roman History. With an English Translation
by W. Shipley, Cambridge (Mass.) & London (Loeb Classical Library) 1979.
Stegmann de Pritzwald: C. Vellei Paterculis ex Historiae Romanae libiris duobus quae
supersunt. Post C. Halmium iterum edidit C. Stegmann de Pritzwald; Teubner, 21965.
Watt: Velleius Paterculus: Historiarum libri duo, hg. von W.S. Watt, Bibliotheka Teubneriana, 21998.
Woodman: Velleius Paterculus: The Tiberian Narrative (2, 94 – 131). Ed. with an introduction and Comm. By A. J. Woodman, Cambridge 1977.
Derselbe: The Caesarian an Augustan Narrative (2, 41 – 93), Cambridge 1983.
Ausgewählte Literatur
K. Christ: Velleius und Tiberius, in: Historia 50, 2001, 180-192.
C. Kuntze: Zur Darstellung des Kaisers Tiberius und seiner Zeit bei V.P., Ffm. & New York
1985 (≈ Europäische Hochschulschriften, Reihe 3, Bd. 247).
U. Schmitzer: V.P. und das Interesse an der Geschichte im Zeitalter des Tiberius, Heidelberg 2000 (Bibliothek der klass. Altertumswissenschaften, Reihe 2, NF. 107).
245
Publikationen von Meinhard W. Schulz
Gartenstraße 2 a, 64342 Seeheim-Jugenheim
1) Zeitschriftenbeiträge
1995 Tacitus, Germania: Versuch einer kurzgefaßten Gesamtinterpretation, AU 2, 1995, S.
21–39.
1996 Claudius, Kaiser und Trottel? – in AU 1, 1996, S. 67 f.
1996 Der Aufstand der Legionäre (14 n. Chr.) bei Tacitus, Velleius, Suetonius und Cassius
Dio, in AU 2, 1996, S. 25–41.
1997 Erzählende Prosa verstehen wie Römer, in AU 2, 1997, S. 5–12.
1998 Die Germanen und der Rhein als biologische Grenze; ein roter Faden durch das Gesamtwerk des ‘Bellum Gallicum’, in AU 4–5, 1998, S. 5–15.
1998 Bibliographie zu Caesar als Ethnograph (z. T. kommentiert), in AU 4–5, 1998, S. 16f.
1998 Die Reiterei in Caesars „Bellum Gallicum“, in AU 4–5, 1998, S. 33–39.
2000 Lupus heißt nicht Pferd. Wie korrigiert man falsche Übersetzungen im altsprachlichen Unterricht?, in AU 6, 2000, S. 30–35.
2000 Märchenhaftes Präteritum, in AU 6, 2000, S. 61–65.
2000 Die Judenethnographie bei Tacitus. Beiträge für eine Unterrichtsreihe zu den Ursprüngen des Antijudaismus; in: GPD 3–4, 2000, S. 240–255.
2002 Das Quaken der römischen Frösche, in AU 5, 2002, S. 66–68.
2004 Sententia recitata – causa finita, in AU 1, 2004, S. 69 f.
2004 800 Jahre danach! Nachwort zum verbrecherischen Vierten Kreuzzug (mit einem
ethnographischen Exkurs über den byzantinischen Historiker Niketas Choniates sowie
Bischof Eustathios von Thessalonike), in GPD 3–4, 2004, S. 276–281.
2004 Ein dänischer Außenseiter; Allan A. Lund wird 60; in GPD 3–4, 2004, S. 285–288.
2005 Kleine Quellenkunde zum deutschen Rassismus, in GPD 2/3 , 2005; S. 143–150.
2009 Sind die Germanen nur eine Fiktion (…), in: „Geschichte für heute“, Nr. 4, 2009, S.
15–30.
2) Kommentierte Textausgaben für den Lateinunterricht
1981 Paderborn: Libertas – Der Kampf der Plebs um soziale Gerechtigkeit. Textauswahl
aus Titus Livius, 1. Dekade – erläutert, kommentiert und mit Zweittexten versehen
(157 p.).
1993 Stuttgart: Tacitus: Germania, eingeleitet; Text; Erläuterungen; Fotos (66 p.).
1995 Stuttgart: Tacitus: Germania-Arbeitskommentar mit Abb. und Zweittexten (57 p.).
1998 Stuttgart: C. Iulius Caesar: De Gallis Britannis Germanis. Berichte über Land und
Leute: Text mit Einleitung; Erläuterungen; Zweittexte (63 p.).
1998 Stuttgart: P. Cornelius Tacitus: Cedo alteram! Aufstand im römischen Heer: Einleitung; Text; Erläuterung; Zweittexte (48 p.).
1998 Stuttgart: Apuleius: Metamorphosen oder der Goldene Esel, Text mit Übersetzungshilfen und Abbildungen in zwei Bänden (64 und 23 p.)
1998 Stuttgart: Titus Livius: De intestino odio inter patres plebemque. Patrizier und Plebejer im Ständekampf; eingeleitet und erläutert (31 p.).
1998 Stuttgart: Sallustius Crispus: Bellum Iugurthinum; eingeleitet und komm. (52 p.).
2000 Leipzig: C. Iulius Caesar: De C. Curionis Fortuna ac fine. Curios Afrikanischer Krieg;
eingeleitet und kommentiert; mit Zeichnungen von E. Henrich (24 p.).
246
2001 Bamberg: Apuleius: Custos Cadaveris (der Leichenwächter): Comic (Großformat,
31 p.) mit Erläuterungsheft (15 p.).
3) Rezensionen
Arcana 18 (2013) in: Verlag Lindenstruth, Homepage 2014.
Jochen Bleicken: Augustus (1998) – GPD.
Bruno Bleckmann, Die Germanen (2009 in „Geschichte für heute“).
Franco Cardini: Das Mittelalter, WBG-Darmstadt 2012.
Peter Conolly: Kolosseum, Arena der Gladiatoren (2006) – GPD.
Filmteam: 1. Das römische Britannien (2003) – GPD.
Filmteam: 2. Der Limes in Deutschland (2003) – GPD.
Filmteam; Beratung Dr. M. Junkelmann: Das Brot der Römer (2002) – GPD.
Herbert Heftner: Alkibiades, WBG Darmstadt 2011; gfh. 2012 – i.Vb.
M. Hesemann: Der Papst, der Hitler trotzte. Wahrheit über Pius XII. – Augsburg 2008, in
gfh. 1, 2011.
Marcus Junkelmann: Die Reiter Roms, drei Bände (1993–1995; 3. Auflage 1998) – GPD.
Marcus Junkelmann: Reiter wie Statuen aus Erz (1996) – GPD
Marcus Junkelmann: Das Spiel mit den Tod (Gladiatorenbuch); (2000) – GPD.
Marcus Junkelmann (Film): So kämpften Roms Gladiatoren (2001) – GPD.
Marcus Junkelmann: Hollywoods Traum von Rom (2004) – GPD.
Marcus Junkelmann: Gladiatoren (Reihe „Was ist Was“); (2005) – GPD.
Bernd Kremer: Das Bild der Kelten (Diss. 1992) – GPD.
Allan A. Lund: Zum Germanenbild der Römer (1990) – GPD.
Allan A. Lund: Germanenideologie im Nationalsozialismus (1995) – GPD.
Allan A. Lund: Die ersten Germanen (1996) – GPD.
Allan A. Lund: Rassenideologie im Nationalsozialismus (2002) – GPD.
Allan A. Lund: Mumificerede Moselig (2001) – GPD.
Ph. Matyszak & J. Berry: Who is Who im alten Rom (2009) in: Forum Classicum 4, 2009)
Steven Pinker: Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit, Ffm 2011. (über 1.000 p.),
gfh. 2013.
Werner Riess: Apuleius und die Räuber (Diss. 2001) – GPD 2004.
Helmut Schareika: Prima-Sachbuch: Alles zum antiken Rom (Forum Classicum 2008).
Helmut Schareika: Tivoli (Forum Classicum 2010)
Thomas Wiedemann: Kaiser und Gladiatoren (2000) – GPD.
4) Erstübersetzungen größerer engl. Novellen für die Zs. Arcana
2009 Dick Donovan: Das Tröpfeln des Blutes; in: Arcana, Nr. 1, 2009.
2009 Edith Nesbit: Im Dunklen; in: Arcana Nr. 2, 2009.
2010 Amyas Northcote: Backsteiner Boden; in: Arcana 2, 2010.
2011 Richard Marsh: Die Maske; in: Arcana 1, 2011.
2012 J. H. Riddell: Das Alte Haus am Vauxhall Walk; in Arcana 1, 2012
2013 E. & H. Heron: Die Geschichte von Medhans Lea; in Arcana 1, 2013
5) Monografien
Das Hämmern des Herzens, Grevenbroich 2004 – 380 p.
Faszinierende Fantastik der Antike, Grevenbroich 2007 – 370 p.
Caesar zu Pferde (…), Hildesheim, Zürich, New York 2009 – 330 p.
Caesar und Labienus. Geschichte einer tödlichen Kameradschaft, Hildesheim etc. 2010 –
480 p.
247
Grausiges und Gruseliges in Darmstadt & um Darmstadt herum, Aachen 2010 – 400 p. –
80 Fotos.
Edle Rösser der Griechen und Römer (...), Aachen, Februar 2013, 180 p. – 200 Fotos.
Thesaurus Hymnicus (...), Aachen 2014 (260 p.).
248