Krameramtsstuben
Transcription
Krameramtsstuben
Auf den Spuren in die Vergangenheit... Es scheint, als ob Gegenwart und Vergangenheit nahtlos ineinander übergehen: Inmitten der City, nur wenige Meter vom Michel entfernt, taucht man ein in die Gasse der Krameramtsstuben – in ein Stück hanseatische Geschichte. Nur die hin und wieder parkenden Reisebusse lassen erahnen, was sich im Krayenkamp, in einem der Innenhöfe, verbirgt. Eine angenehme Ruhe liegt über den alten Gemäuern der Fachwerkhäuser. Sie gehören zu den Überresten historischer hanseatischer Bauten, die sich wie ein Puzzelteil in das moderne Stadtbild Hamburgs einfügen. Die 1676 als Wohnanlage erbauten Krameramtsstuben, ist die letzte erhaltene Wohnhofanlage aus dem 17. Jahrhundert und zugleich die älteste Reihenhaussiedlung der Welt. Es grenzt fast an ein Wunder, dass die Fachwerkhäuser von dem Großen Brand im 19. Jahrhundert und von den Luftbombardierungen im 2. Weltkrieg verschont geblieben sind. Woher rührt aber der Name „Krameramtsstuben“? Was bedeutet „Kramer-Amt“ und warum wurden dazugehörige Wohnungen gebaut? Als „Kram“ wurden im Mittelalter zunächst das Marktgerüst oder das Zelt für Kleinhändler auf dem Jahrmarkt bezeichnet. Später stand es für die Handelsware selbst wie z.B. Zeug, Plunder und Kleinkram, die der Krämer verkaufte. Nicht zu verwechseln mit dem „Höker“, der landwirtschaftliche Produkte und Nahrungsmittel anbot. Der Kleinhandel unterschiedlichster Produkte weitete sich aus, unter anderem mit Eisen, Gewürzen und Seidenstoffen. Die wichtigsten Maßgeräte, die originaltreue Balkenwaage und die Elle, sind übrigens im Museum, in der Kramer-WitwenWohnung, zu sehen, die zu den Krameramtsstuben gehört. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts vereinigten sich alle Krämer zum „Kramer Amt“ und erwarben mit ihrer 1375 geschlossenen Zunft gesellschaftliches Ansehen. Es gab ganz bestimmte Auflagen, um in die Zunftgemeinschaft, in das „Kramer Amt“ aufgenommen zu werden, die bei weitem nicht jeder angehende Amtsbruder erfüllen konnte. So kostete der Beitritt zum „Kramer-Amt“ um 1700 circa 200-300 Pfund und wer die nicht aufbrachte, der musste zeitlebens als namensloser „Flickschuster“ oder „Flickschneider“ sein Brot verdienen. Wer dennoch bestimmte Arbeitskonzessionen von der Stadt erwirkte, der stieg zum besser gestellten „Freimeister“ auf. Und wer den schönen Augen einer Kramerstochter verfallen war, der hatte vielleicht sogar Glück, als angehender Schwiegersohn den Sprung nach oben zu schaffen. 1676 wurde von der wohlhabenden Berufsvereinigung das Gebiet einer ehemaligen Lustgartenanlage gekauft, um den Witwen verstorbener Amtsbrüder einen sicheren Wohnraum zu bieten. Die beiden Hofflügel wurden mit jeweils zehn Fachwerkhäusern bebaut, in denen 20 Frauen wohnten. Wer einen Einblick in eine solche Stube gewinnen möchte, der sollte sich die Kramer-Witwen-Wohnung ansehen, die originalgetreu im Biedermeier-Stil eingerichtet ist. Mit der Einführung der Gewerbefreiheit im Jahr 1863 wurde das Kramer-Amt aufgelöst und die Krameramtsstuben wurden bis 1968 als Altenwohnungen für Hamburger Bürger genutzt. Restaurierungen standen an und als diese im Juni 1974 abgeschlossen waren, wurde die Hofanlage auch für die Öffentlichkeit erschlossen. Noch bis heute stehen die Witwenwohnungen als steinerne Zeugen für den Glanz einer traditionsreichen Vergangenheit. Zu jeder Jahreszeit wirkt die kleine Gasse wie ein Magnet auf Einheimische und Touristen. Der Charme der Fachwerkhäuser sowie die Lädchen, der Sylter Teekontor, die Galerie, das Antiquariat und das Restaurant „Zu den alten Krameramtsstuben am Michel“, spiegeln jeder auf ihre Art ein Stück Vergangenheit wider. Die Kramer-Witwen-Wohnung, Krayenkamp 10, 20459 Hamburg, Tel: 040 / 37 50-19 88, geöffnet: Di-So: 10-17 Uhr, U Rödingsmarkt, S Stadtbrücke Zu den alten Krameramtsstuben am Michel, Restaurant, Weinstube, Tel: 040 / 36 58 00, geöffnet: täglich 10-24 Uhr, Küche von 12-22 Uhr. für „Welcome Hamburg“, März 2009,autor: micaela blohm.