Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie Teil 1
Transcription
Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie Teil 1
Theorie Vermessung Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie Teil 1: Vermessung Klaus Budmiger Flotron AG Gemeindemattenstrasse 4, 3860 Meiringen budmiger@flotron.ch INHALTSVERZEICHNIS 1 2 Zielsetzung der Vorlesung ..............................................................................................3 Organisation der Vermessung in der Schweiz ...............................................................4 2.1 Das Bundesamt für Landestopographie (L+T) ........................................................4 2.1.1 Die Landesvermessung innerhalb der L+T .......................................................4 2.1.2 Die amtliche Vermessung innerhalb der L+T...................................................4 2.2 Die kantonalen Vermessungsämter ........................................................................4 2.3 Die privaten Geometerbüros ...................................................................................5 2.4 Produkte der amtlichen Vermessung ......................................................................5 2.4.1 Der Übersichtsplan ............................................................................................5 2.4.2 Der Grundbuchplan...........................................................................................7 2.4.3 Der Leitungskataster .........................................................................................8 3 Einige Bemerkungen zu Projektionssystemen ...............................................................9 3.1 Geoid, Ellipsoid, Kugel, Ebene.................................................................................9 3.2 Flächentreue vs. Winkeltreue ................................................................................11 3.3 Das Projektionssystem der schweizerischen Landesvermessung .........................13 3.3.1 Bezugsfläche....................................................................................................13 3.3.2 Die schiefachsige, winkeltreue Zylinderprojektion .......................................14 4 Das schweizerische Fixpunktnetz..................................................................................15 4.1 Das System CH1903.................................................................................................15 4.1.1 Triangulation 1. bis 4. Ordnung .....................................................................15 4.1.2 Die Nivellement- Fixpunkte ............................................................................17 4.2 Das System LV95 .....................................................................................................19 K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 1 Theorie Vermessung 5 Klassische Vermessungstechnische Arbeiten................................................................20 5.1 Höhenbestimmung mit Nivellement .....................................................................20 5.1.1 Das Prinzip des Nivellements ..........................................................................20 5.1.2 Das Streckennivellement.................................................................................21 5.1.3 Arten von Nivellements ..................................................................................22 5.1.4 Beispiel Nivellement........................................................................................23 5.2 Winkelmessung.......................................................................................................26 5.2.1 Horizontal- und Zenitwinkel ..........................................................................26 5.2.2 Winkeleinheiten in der Vermessung..............................................................27 5.2.3 Der Theodolit und die Totalstation................................................................28 5.3 Elektronische Distanzmessung...............................................................................30 5.3.1 Einleitung.........................................................................................................30 5.3.2 Das Prinzip der elektrooptischen Distanzmessung .......................................31 5.3.3 Fehlereinflüsse und atmosphärische Korrekturen ........................................33 5.4 Tachymetrische Vermessung (Winkel- und Distanzmessung) ..............................34 5.4.1 Der Polygonzug ...............................................................................................34 5.4.2 Detailpunktaufnahme.....................................................................................36 6 Vermessung mit GPS .................................................................................................37 7 Grundlagen zu vermessungstechnischen Berechnungen ............................................38 7.1 Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................................38 7.2 Glossar .....................................................................................................................38 7.3 Einführung ..............................................................................................................39 7.4 Koordinatensysteme rechtwinklig und polar .......................................................41 7.5 Einheiten in der Vermessung.................................................................................41 7.6 Kleine Formelsammlung Trigonometrie ...............................................................42 7.6.1 Das rechtwinklige Dreieck ..............................................................................42 7.6.2 Sinussatz und Cosinussatz im allgemeinen Dreieck ......................................42 7.7 Koordinatenberechnungen ...................................................................................43 7.7.1 Distanz zwischen zwei Punkten .....................................................................43 7.7.2 Azimut zwischen zwei Punkten......................................................................43 7.7.3 Berechnung der Horizontaldistanz ................................................................44 7.7.4 Berechnung der Höhe eines Punktes (Z-Koordinate)....................................44 7.7.5 Berechnung der X und Y Koordinaten ..........................................................45 7.7.6 Die Orientierung des Teilkreises (Ausrichtung nach Norden) ......................46 7.7.7 Berechnung der Koordinaten des eigenen Standortes (Exzentrum) ..........48 K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 2 Theorie Vermessung 1 ZIELSETZUNG DER VORLESUNG Die Ausbildung in Vermessung und Fotogrammetrie hat folgende Zielsetzungen: • Kennen der Einsatzmöglichkeiten der modernen Vermessung, insbesondere der Fotogrammetrie in schwergewichtig geographischen Arbeiten. • Produkte aus dem Vermessungswesen, und ihre Verwendungsmöglichkeiten Dies soll erreicht werden durch: • Theoretische Vorlesung im Wintersemester mit ausgelesenen Übungen • Einwöchiger Blockkurs im Sommersemester. Vertiefung des Wissens durch weitgehend selbständige, praktische Arbeiten. • Interessierten steht die Möglichkeit von Projektarbeiten offen. Zur Verfügung stehendes Material: Das GIUB besitzt einen ansehnlichen Gerätepark für terrestrische Vermessungen. Der elektronische Theodolit, das GPS Gerät und Computer mit Software können von StudentInnen, welche die Vorlesung und den Blockkurs besucht haben, für eigene Arbeiten eingesetzt werden. Weiter steht eine digitale Fotogrammetriestation für die dreidimensionale Auswertung von Luftbildern zur Verfügung. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 3 Theorie Vermessung 2 ORGANISATION DER VERMESSUNG IN DER SCHWEIZ 2.1 DAS BUNDESAMT FÜR LANDESTOPOGRAPHIE (L+T) Seit 1997 wird die L+T mit Leistungsauftrag und Globalbudget geführt (new public management). Anfangs 1999 wurde die eidgenössische Vermessungsdirektion in die L+T integriert. Als Bundesamt innerhalb des VBS hatte die Landestopographie traditionellerweise die Hauptaufgabe, die Herstellung und Nachführung der schweizerischen Kartenwerke. Hauptkunde war das Militär. Mit der Armeereform 95 vermutete man einen Rückgang des Absatzmarktes Dies bewog die Verantwortlichen Stellen, dass die L+T vermehrt auch im Markt, schwergewichtig im Bereich Service Public auftritt. Die L+T hat einen eigenen Flugdienst zur Herstellung der Luftbilder zur Kartennachführung und spezieller Projekte. 2.1.1 Die Landesvermessung innerhalb der L+T Die drei Bereiche Kartografie, Topgrafie und Geodäsie liegen im Bereich der klassischen Aufgaben der L+T. Die Hauptaufgaben sind: • Erhaltung, Ergänzung und Erneuerung des Fixpunktnetzes der Landesvermessung und des Landesnivellements. • Topografische und Fotogrammetrische Aufnahmen für die Nachführung der eidgenössischen Kartenwerke. • Nachführung der Landeskarte. • Führung des NPOC (National Point Of Contact). Der NPOC ist die schweizerische Kontaktstelle zu den Mitgliedstaaten der ESA (European Space Association). Ihr obliegt der Aufbau eines Archivs von Satellitenbilddaten der Schweiz und die Beratung für Anwender von solchen. • Durchführung von verschiedenen Projekten zur Entwicklung und zum Verkauf neuer und bestehender digitaler Produkte (Bsp. Atlas der Schweiz auf CD, Swiss Map100, etc.). 2.1.2 Die amtliche Vermessung innerhalb der L+T Die amtliche Vermessung stützt sich auf den Artikel 950 ZGB der besagt, dass die Aufnahme und Beschreibung der einzelnen Grundstücke im Grundbuch aufgrund eines Planes erfolgt, der in der Regel auf einer amtlichen Vermessung beruht. Die Vermessungsdirektion (V+D) ist in der Landestopographie integriert. Sie übt die Oberaufsicht und die Oberleitung aus über die Durchführung und Erhaltung der amtlichen Vermessung. Sie ermittelt die die Kostenanteile des Bundes an die Vermessungskosten. Sie regelt und betreut das Zahlungswesen. Die V+D brachte ihren eigenen Flugdienst in die L+T ein. Eine Grosszahl der privaten fotogrammetrischen Projekte wurden und werden immer noch mit Bildern vom Flugdienst der V+D durchgeführt. 2.2 DIE KANTONALEN VERMESSUNGSÄMTER Die Realisierung, die Nachführung, die Erhaltung und Erneuerung der kantonalen Fixpunkte LFP2 (früher Triangulationspunkte 4. Ordnung), die Herstelllung des Übersichtsplanes und der Parzellarvermessung ist Sache der Kantone. Die Führung ist den kantonalen Vermessungsämter übertragen. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 4 Theorie Vermessung 2.3 DIE PRIVATEN GEOMETERBÜROS In den meisten Kantonen werden die Arbeiten der Parzellarvermessung und deren Nachführung weitgehend durch städtische Vermessungsämter oder durch private Vermessungsbüros (Geometerbüros) ausgeführt. In diesen Fällen obliegt den Kantonen die Verifikation der Vermessungswerke. 2.4 PRODUKTE DER AMTLICHEN VERMESSUNG 2.4.1 Der Übersichtsplan Der Übersichtsplan (Abbildung 1) wurde durch die Kantone in den Massstäben 1:10'000 und 1:5'000 erstellt und nachgeführt. Heute ist der Übersichtsplan über viele Gebiete als digitaler Rasterplan käuflich. Vielerorts wird der Übersichtsplan von dgitalen Orthofotos abgelöst (Abbildung 2). Der Vertrieb läuft über die kantonalen Vermessungsämter. Abbildung 1: Ausschnitt aus dem Übersichtsplan des Kantons Bern (Spiez) K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 5 Theorie Vermessung Abbildung 2: Ausschnitt aus einem Orthofoto der amtlichen Vermessung mit überlagertem Parzellennetz (Spiez) K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 6 Theorie Vermessung 2.4.2 Der Grundbuchplan Das wichtigste Werk der amtliche Vermessung ist der Grundbuchplan. Er wird heute bei eine Neuerstellung vollständig digital erfasst und in einem Landinformationssystem verwaltet. Alte Vermessungswerke die noch auf papierbeschichteten Aluplatten von Hand gezeichnet wurden, werden stückweise in eine digitale Form aufgearbeitet. Der Grundbuchplan ist der beschreibende Teil des Grundbuches. In ihm werden die Parzellengrenzen, Baurechte, Hausgrundrisse und wichtigsten Kulturgrenzen aufgezeigt. Jedes Grundstück wird durch Grenzmarken (Marksteine, Bolzen, Kreuze, Koordinatenpunkte) abgegrenzt. Ausdrucke werden typischerweise in den Massstäben 1:500 bis 1:2000 von den örtlichen Geometer verkauft. Abbildung 3: Ausschnitt aus einem digitalen Grundbuchplan der Gemeinde Meiringen K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 7 Theorie Vermessung 2.4.3 Der Leitungskataster Die Leitungen von Elektrizitätswerken, die Kanalisation und die Trink- und Abwasserversorgung bilden heute ein dichtes und kompliziertes unterirdisches Netz. Ihr Wert für unsere Zivilisation ist riesig und der Unterhalt entsprechend aufwändig. Leitungsinformationssysteme ermöglichen die Verwaltung der ganzen Anlagen. Ohne Informationssysteme wäre besonders in grossen Gemeinden und Städten ein sicheres Funktionieren nicht mehr denkbar. Der Leitungskataster wird im Siedlungsgebiet aufbereitet für die Ausgabe in den Massstäben 1:250 bis 1:1000. Abbildung 4: Ausschnitt aus dem Leitungskataster (Thema Abwasser) der Gemeinde Meiringen mit dem Grundbuchplan als Hintergrund K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 8 Theorie Vermessung 3 EINIGE BEMERKUNGEN ZU PROJEKTIONSSYSTEMEN 3.1 GEOID, ELLIPSOID, KUGEL, EBENE Die Oberfläche der Erde ist ein unregelmässiger Körper, der sich mathematisch nicht genau beschreiben lässt. Abbildung 5: Die Figur der Erde in 15'000- facher Überhöhung Das Bestreben, die Erde genau darzustellen und Berechnungen auf der Erdoberfläche zu ermöglichen, führt zu verschiedenen Approximationen der Oberfläche: • Das Geoid ist der theoretische Körper, der sich ergibt, wenn man sich vorstellt, die Meeresoberfläche umspanne die ganze Erde. Die Feldlinien der Schwerkraft bilden mit der Geoidoberfläche einen rechten Winkel. Die Abweichungen des Geoides vom Rotoationsellipsoid zeigt sich in den Lotabweichungen. Diese werden bestimmt mit geodätischen und astronomischen Messungen. Eine andere Methode, die Gestalt des Geoids zu erhalten, ist die Schweremessung, also das Bestimmen der Schwerkraft auf K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 9 Theorie Vermessung der Erdoberfläche. Die Höhen in der Landeskarte und die Höhen im schweizerischen Projektionssystem CH1903 sind auf das Geoid bezogen, weil sie mit Vermessungsinstrumenten bestimmt wurden (oder werden). Diese Instrumente werden mit Libellen horizontiert und richten sich somit auf die Schwerkraft aus (auf das Geoid). • Das Rotationsellipsoid ist eine mathematische Näherung an die Erdoberfläche. Man verwendet es für die Lageberechnungen von Ländern mittlerer Grösse. Die kleine Achse entspricht der Erdachse. Für die Erde wurden verschiedene Ellipsoide bestimmt. Bekannt ist u.a. das Ellipsoid wie es vom GPS-System gebraucht wird (WGS84). Für die Vermessung von Ländern existieren lokale Ellipsoide der lokalen Erdoberfläche besser entsprechen als ein globales Ellipsoid. Erdoberfläche Geoid Ellipsoid • Die Kugel ist die nächste Approximation an das Rotationsellipsoid. Man verwendet sie für die Lagemessungen kleiner Länder. • Die Erde, als Ebene dargestellt, gebraucht man für die Vermessung kleiner Gebiete, etwa in der Grösse 10 km x 10 km. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 10 Theorie Vermessung 3.2 FLÄCHENTREUE VS. WINKELTREUE Die Abbildung des Geoids zeigt, dass die Form der Erde nicht genau erfasst werden kann. Sie muss daher durch geometrische Körper und Flächen genähert definiert werden. Das Endprodukt Karte zum Beispiel, ist eine ebene Darstellung einer dreidimensionalen Realität. Die führt zu Abbildungsproblemen, lässt sich doch eine Kugel (bereits eine Approximation der tatsächlichen Erdoberfläche) nicht einfach in die Ebene „drücken“. Die Abbildung der Kugeloberfläche in der Ebene hat zur Folge, dass das Bild verzerrt wird. Nur bei kleinen Gebieten kann die Abweichung zwischen der tatsächlichen Gestalt auf der Erdoberfläche und ihrer Repräsentation auf dem Papier oder in Zahlen vernachlässigt werden. Es ist nur möglich Karten zu konstruieren, die entweder die Fläche des Gebietes, oder aber die Winkel richtig wiedergeben. Bei einer flächentreuen Projektion stehen die Flächen in ihrem richtigen gegenseitigen Verhältnis, die Richtungen werden aber verzerrt. Umgekehrt, bei einer winkeltreuen Projektion werden die Richtungen richtig dargestelt. Breitenkreise und Meridiane stehen senkrecht aufeinander. Jedoch weisen die Flächen mit zunehmendem Abstand vom Projektionszentrum immer grösser werdende Fehler auf. 1 Einige Beispiele die Imhof entnommen wurden: Abbildung 6: Grönland und Arabien in ihrem richtigen gegenseitigen Flächenverhältnis, aber nur in annähernd richtiger Form 1 Imhof E.: Gelände und Karte. Eugen Rentsch Verlag Erlenbach, Zürich, Stuttgart, 1968, p. 73-84 K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 11 Theorie Vermessung Abbildung 7: Grönland und Arabien in winkeltreuer, aber nicht flächentreuer Darstellung Abbildung 8: Das Bild der Erde in der Zylinderprojektion der Schweizerischen Landesvermessung (Quelle ETHZ). K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 12 Theorie Vermessung 3.3 DAS PROJEKTIONSSYSTEM DER SCHWEIZERISCHEN LANDESVERMESSUNG 3.3.1 Bezugsfläche Die Grundlage bildet das Rotationsellipsoid von Bessel (1849). Grosse Halbachse a = 6377397.16 m Kleine Halbachse b = 6356078.96 m Schmiegungskugel für das Ellipsoid (in Bern) Radius = M * N = 6378815.9036 m M = Meridiankrümmungsradius N = Querkrümmungsradius Ellipsoidische Koordinaten von Bern Breite B = 46° 57‘ 08.66“ Länge L = 7° 26‘ 22.50“ Die mathematische Überführung der Punkte auf dem Ellipsoid in die entsprechenden 2 Punkte auf der Ebene erfolgt in zwei Schritten : 1. Winkeltreue Abbildung Ellipsoid – Kugel 2. Winkeltreue Abbildung Kugel – Ebene (Zylinder) 2 Formeln für die Umrechung Elliposid – Kugel – Ebene und umgekehrt sind beim Bundesamt für Landestopographie (Wabern) erhältlich K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 13 Theorie Vermessung 3.3.2 Die schiefachsige, winkeltreue Zylinderprojektion Abbildung 9: Darstellung der schiefachsigen, winkeltreuen Zylinderprojektion der Schweiz Abbildung 10: das schweizerische Landeskoordinatensystem im Vergleich mit Längen- und Breitenkreisen K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 14 Theorie Vermessung 4 DAS SCHWEIZERISCHE FIXPUNKTNETZ 4.1 DAS SYSTEM CH1903 4.1.1 Triangulation 1. bis 4. Ordnung Die Fixpunktmessungen für die neue Landeskarte wurden in den ersten drei Jahrzehnten unseres Jahrhunderts durchgeführt. Dabei wurden zum Teil Messungen des 18. Jahrhunderts im Jura und Mittelland mit einbezogen (schweizerische geodätische Kommission, europäische Gradnetz-Triangulation, 1862 – 1891). Mit Triangulation bezeichnet man das Verfahren der Dreiecksmessung. Das ganze Land wurde in ein Netz von Dreiecken aufgeteilt. Die sogenannten Dreiecke erster Ordnung massen 30 bis 60 km. Von jedem Dreieck wurden alle drei Winkel gemessen. Als Grundlage zur Berechnung der Seitenlängen dienten die drei Basisstrecken bei Aarberg, Weinfelden und Bellinzona, die ebenfalls von der SGK (1880/ 1881) übernommen wurden. CC Der mittlere Fehler einer gemessenen Richtung betrug nach der Ausgleichung 1.8 . Dieser Wert ist beachtlich. Die heutigen Winkelmessungen können auch mit den heutigen Geräten, mit der besten Optik und Elektronik ausgestattet, nicht übertroffen werden. Abbildung 11: Triangulationsnetz 1. Ordnung nach Zölly Die Punkte 1. Ordnung wurden mit der Triangulation zweiter Ordung weiter verdichtet. Nach der Ausgleichung wurde erneut verdichtet, die Triangulation dritter Ordnung. Diese Triangulationen (1. Bis 3. Ordnung) wurden durch die Landestopographie erstellt (und werden heute noch von ihr unterhalten). Die Kantone realisierten die Triangulation vierter Ordnung mit nunmehr kleinen Dreiecksseiten von 500 m bis 2 km. Diese Punkte werden weiterhin unterhalten. Mit den Triangulationspunkten besitzen 2 wir heute etwa 64'000 Fixpunkte (1 bis 2 pro km ). Diese können für Vermessungsarbeiten bei der Landestopographie und bei den kantonalen Vermessungsämtern bezogen werden. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 15 Theorie Vermessung Abbildung 12: Ausschnitt aus einer Triangulations- Punktkarte Abbildung 13: Beschreibung des Triangulationspunktes 1230-6360 K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 16 Theorie Vermessung 4.1.2 Die Nivellement- Fixpunkte In den Jahren 1864 – 1891 wurde durch die schweiz. Geodätische Kommission (SGK) das erste Präzisionsnivellement des Landes mit 2200 Höhenfixpunkten auf einer Gesamtlänge von 4300 km gemessen und ausgewertet. Der Horizont wurde von der französischen Höhenmessung auf den Pierre du Niton im Genfer Hafenbecken übernommen. Seine Höhe wurde mit 376.86 m ü.M. bestimmt. Durch die Untersuchungen der Höhenverhältnisse der Schweiz (Dr. Jakob Hilfiker, 1902), wurde eine neue Ausgangshöhe des Pierre du Niton bestimmt (373.6 m ü.M.), die sich auf das Mittelwasser im Hafen von Marseille stützt. Das neue Landesnivellement wurde in den Jahren 1903-1927 neu versichert, gemessen und berechnet. Die Fixpunkte wurden in Dreier- und Vierergruppen mit Messingbolzen in Gebäudemauern angebracht. Die aus 7500 Höhenpunkte bestehenden 18 Polygone haben eine Gesamtlänge von ungefähr 4500 km. Der mittlere Fehler für 1 km Doppelnivellement betrug 1.4 mm: Die Kantone erweiterten das Netz mit eigenen Nivellements. Viele Gemeinden verfügen heute über ein Gemeindenivellement, das eine weitere Verdichtung der Höhenfixpunkte ist. Die eidgenössischen (NF) und die kantonalen Punkte (NC) werden sorgfältig verwaltet und in Verzeichnissen veröffentlicht. Seit 1943 wird durch die L+T systematisch das ganze eidgenössische Netz neu gemessen und berechnet. Durch die alten und neuen Messungen, die bis 70 Jahre auseinanderliegen, konnte die Vertikalbewegung der Erdkruste im Gebiet der Schweiz nachgewiesen werden. Die jährlichen Hebungen betragen bis 1.5 mm im Alpenraum. Angaben über die Höhenfixpunkte können bei der L+T, bei kantonalen Vermessungsämtern und bei lokalen Geometerbüros bezogen werden. Abbildung 14: Nivellementnetz 1903 - 1927 nach Zölly K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 17 Theorie Vermessung Abbildung 15: Beschreibung eines Nivellementsfixpunktes K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 18 Theorie Vermessung 4.2 DAS SYSTEM LV953 Seit ca. 1985 verfolgt die L+T ein neues Konzept für eine zeitgerechte Landesvermessung. Sie soll allmählich die bald 100-jährige Landestriangulation und das Landesnivellement ablösen. Der Fundamentalpunkt dieses neuen Fixpunktnetzes ist die Geostation Zimmerwald bei Bern. Das ab 1988 in Teilnetzen neu aufgebaute Grundlagennetz wurde mit der Messmethode GPS hochgenau bestimmt und sollte in den nächsten Jahren praktisch allen Bedürfnissen der Vermessung genügen. Es besteht aus ca. 180 sorgfältig ausgewählten geodätischen Punkten und wird nach Bedarf weiter verdichtet. Die "absolute" Genauigkeit der Koordinaten liegt landesweit bei 0.5 bis 1 cm für die Lage bzw. bei 2 bis 3cm für die ellipsoidische Höhe. (Koordinatenbezeichnung: E=2'600'000 m / N=1'200'000 m). Abbildung 16: LV95-Netz / Stand August 2000 Besondere Beachtung wurde der Definition von zwei neuen Bezugssystemen geschenkt. Das global gelagerte System CHTRS95 ist optimal mit dem internationalen und dem europäischen Bezugssystem verbunden. Es enthält ein kinematisches Modell und eignet sich für wissenschaftliche Zwecke und anspruchsvolle Ingenieurprojekte. Das lokal gelagerte Bezugssystem CH1903+ ist statisch und stellt der Amtlichen Vermessung einen optimalen Bezugsrahmen zur Verfügung. Dank Anschlussmessungen an die Punkte der alten Landesvermessung, können die Daten vom heutigen, noch offiziellen Bezugssystem CH1903 übernommen und in das neue System CH1903+ transformiert werden 3 Quelle: Homepage der L+T: \www.swisstopo.ch K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 19 Theorie Vermessung 5 KLASSISCHE VERMESSUNGSTECHNISCHE ARBEITEN 5.1 HÖHENBESTIMMUNG MIT NIVELLEMENT Für viele Aufgaben werden die Höhen von Einzelpunkten benötigt. Als eine der gebräuchlichsten Methoden dazu, dient das Nivellement. Die Vorteile der Methode liegen in der einfachen Handhabung des Gerätes und der durchsichtigen Berechnungsart. 5.1.1 Das Prinzip des Nivellements Das Funktionsprinzip des Nivellements ist anschaulich und einfach. Man benötigt ein Gerät, dessen Zielachse in einer horizontalen Ebene liegt. Das heisst, ein Fernrohr, das so auf dem Stativ fixiert ist, dass der Blickstrahl genau horizontal läuft. Dreht man das Fernrohr um die Stehachse, dann beschreibt der Blickstrahl eine horizontale Ebene. Damit sind auch die Konstruktionsvorschriften für ein Nivelliergerät gegeben. Vorblick Rückblick Horizontale Blickebene Lattenstandort A A Lattenstandort B Abbildung 17: zum Prinzip des Nivellements Die Höhendifferenz von A nach B ergibt sich folgendermassen (Abbildung 17): Die Latte oder der Doppelmeter wird auf Punkt A aufgestellt. Mit Hilfe des horizontalen Sehstrahles kann am Meter abgelesen werden, wieviel die Blickebene über dem Punkt A liegt. Die Latte wird nun auf Punkt B aufgestellt. Damit kann wieder die Höhendifferenz zwischen Punkt B und dem Sehstrahl abgelesen werden. Die Höhendifferenz von A nach B ergibt sich aus der Messung zu Punkt A minus der Messung zu Punkt B. Wir bezeichnen die Visur zu Punkt A als Rückblick und die Visur nach B als Vorblick. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 20 Theorie Vermessung 5.1.2 Das Streckennivellement Abbildung 18: Nivelliergerät NA2 von Leica Das Prinzip des Nivellierens kann nun verallgemeinert werden. Normalerweise liegen der Anfangs- und Endpunkt weit auseinander, so dass die Strecke unterteilt und Höhenunterschied an Höhenunterschied gereiht wird: R1 V1 R2 V2 R3 A V3 R4 V4 R5 V5 dh1 dh2 dh3 dh4 dh5 B Abbildung 19: die Gesamthöhendifferenz ergibt sich aus der Summe der einzelnen Höhendifferenzen Die totale Höhendifferenz von A nach B ergibt sich aus der Summe der einzelnen Unterschiede (1), oder der Summe aller Rückblicke minus der Summe aller Vorblicke (2). Die Lattenstandorte unterteilen die Strecke A und B. Man nennt sie Umstellpunkte. Berechnung der Gesamthöhendifferenz: H = h1+ h2+ h3+ h4+ h5 H = R1 – V1 + R2 – V2+ R3 – V3+ R4 – V4+ R5 – V5 H= ∑ R−∑ V 5 5 1 1 (1) (2) K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 21 Theorie Vermessung Einige praktische Regeln und Vorschriften zum Nivellieren Zur Aufdeckung grober Fehler muss ein Nivellement hin- und zurückgemessen werden. Das heisst, die Höhenunterschiede zwischen Anfangs- und Endpunkt müssen beim Hinund Zurückmessen innerhalb der Messgenauigkeit liegen. Um allfällige grobe Fehler genauer zu lokalisieren, soll mindestens jeder fünfte Umstellpunkt bei der Hin- und Rückmessung identisch sein. Damit beschränkt sich die Nachmessung nur auf denjenigen Teilabschnitt, in welchem die Unstimmigkeit erkannt wurde. Verbindet ein Nivellement zwei Punkte, die beide eine bekannte Höhe haben, so sind die Widersprüche gleichmässig auf die Messungen zu verteilen. Die Zahlen sind sauber zu schreiben, damit keine Unklarheiten auftreten. Die Kontrolle, ob die Höhendifferenz aus Hin- und Rückmessung identisch sind, wird auf dem Felde durchgeführt. Die restlichen Berechnungen erfolgen dann im Büro. 5.1.3 Arten von Nivellements a) Bestimmung der Punkthöhen mit nur einem Ausgangsfixpunkt. Der Nachteil liegt darin, dass ein allfälliger Fehler der Ausgangshöhe nicht erkannt werden kann. Unbedingt hin- und zurück messen! K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 22 Theorie Vermessung b) Schlaufennivellement Zur Bestimmung der Punkthöhen wird von einem Fixpunkt ausgegangen und auf demselben wieder abgeschlossen. Die Summe aller Höhendifferenzen muss Null ergeben. Wie bei Methode a) muss man hin- und zurück messen, damit Fehler, die sich kompensieren könnten, aufgedeckt werden können. c) Bestimmung der Punkthöhen von zwei Festpunkten aus: Man beginnt beim Ausgangspunkt und schliesst beim Endpunkt ab. Die gemessene Gesamthöhendifferenz muss der Soll- Differenz entsprechen, oder innerhalb der Messgenauigkeit liegen. Unterschiede zwischen gerechneter und gemessener Differenz sind gleichmässig auf die Messungen zu verteilen. Aus denselben Gründen wie bei a) und b) muss man unbedingt hin- und zurück messen. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die Fixpunkte kontrolliert werden. 5.1.4 Beispiel Nivellement Gegeben: Gesucht: Vorgehen: A Bekannte Höhenfixpunkte A und B im Gelände. Die Höhe des Punktes P soll bestimmt werden. 1. Messung (Hinmessung) von Punkt A ausgehend über Punkt B nach Punkt B messen. 2. Messung (Rückmessung): Retour von Punkt B über Punkt P nach Punkt A messen. P K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 B Seite 23 Theorie Vermessung Punkt (Latte) A R V R-V 1.234 gemessen Höhe definitiv 569.223 569.223 570.112 570.117 571.662 571.672 571.652 571.667 571.213 571.234 572.172 572.198 571.726 571.757 573.022 573.058 gemittelt 0.889 U1 2.012 0.345 1.550 U2 0.987 0.462 -0.010 U3 1.296 0.997 -0.439 P 1.983 1.735 571.238 0.959 U4 0.672 1.024 -0.446 U5 2.129 1.118 1.296 B 0.833 Soll 573.058 Soll-ist 0.036 Korrektur an Höhendifferenz Punkt (Latte) B R 0.005 V R-V 1.026 gemessen Höhe definitiv 573.058 573.058 571.639 571.633 572.024 572.011 571.261 571.242 571.939 571.914 571.428 571.397 569.960 569.922 569.267 569.223 gemittelt -1.419 U10 1.077 2.445 U11 0.998 0.692 0.385 -0.763 P 1.688 1.761 U12 1.100 1.010 0.678 -0.511 U13 0.667 1.611 U14 0.296 2.135 -1.468 -0.693 A Soll 0.989 569.223 Soll-ist -0.044 Korrektur an Höhendifferenz -0.006 Berechnungsvorgang K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 24 Theorie Vermessung Berechnung der Hinmessung 1. Berechnung der einzelnen Höhendifferenzen (R-V) 2. Berechnung der einzelnen Punkthöhen (Höhe gemessen) aus den aufaddierten Höhendifferenzen. Dabei wird von der Höhe des Punktes A ausgegangen. 3. Die aus den gemessenen Höhendifferenzen erhaltene Höhe des Endpunktes (Punkt B) vergleichen mit der gegebenen Höhe des Punktes B (= Soll-Ist). 4. Die Höhendifferenz (Soll-Ist) gleichmässig auf alle Höhendifferenzen verteilen. Berechnung der Rückmessung Der Berechnungsgang ist analog demjenigen der Hinmessung Definitive Höhe des Punktes B Die definitive Höhe von P ist das Mittel aus den beiden Höhen aus der Hin- und Rückmessung. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 25 Theorie Vermessung 5.2 WINKELMESSUNG 5.2.1 Horizontal- und Zenitwinkel Die Messung von Winkeln ist eine der grundlegenden Operationen der klassischen Vermessungstechnik. Bei Vermessungen über kleinere Gebiete gilt als Bezugsfläche die Ebene, bei jenen über grosse Gebiete (Landesvermessung) die Kugel oder das Ellipsoid. Wir beschränken uns auf die Betrachtungen der Winkel auf einer ebenen Bezugsfläche. Zenit Horizontalwinkel Abbildung 20: Die mit dem Theodoliten gemessenen Winkel sind die Horizontal- und Zenitwinkel. Die Scheitelöffnung zweier sich in der Ebene schneidenden Geraden ergibt den Horizontalwinkel. Zenitwinkel Höhenwinkel Der Zenitwinkel bezieht sich auf die Senkrechte des Beobachtungsstandortes. Er misst Null in der Senkrechten (Zenit) und 90°, bzw. 100 gon in der Horizontalen. Mit einem Theodoliten lassen sich die Horizontalwinkel und die Vertikalwinkel messen. Horizontalebene Abbildung 21: Beziehung zwischen Zenit- und Höhenwinkel K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 26 Theorie Vermessung 5.2.2 Winkeleinheiten in der Vermessung In vielen Ländern wurde für die Vermessung die Winkelteilung Neugrad oder GON eingeführt. Vergleich der Grad- Teilung und der Gon-Teilung: GRAD GON Vollkreis 360° 400 gon Ein Quadrant entspricht 90° 100 gon 1° = 60‘ (Minuten) 1 gon = 100 Neuminuten 1‘ = 60“ (Sekunden) 1 Neumin. = 100 Neusek. Eine Einheit hat Umrechnungstabelle: Grad nach Gon Gon = Grad/0.9 Gon nach Grad Grad = Gon x 0.9 K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 27 Theorie Vermessung 5.2.3 Der Theodolit und die Totalstation Abbildung 22: drei Totalstationen von Leica: TC2003, TC1101, TPS100 (von links nach rechts) Theodolit Das Gerät zur Messung von Horizontal- und Zenitwinkeln heisst Theodolit. Es gibt eine ganze Reihe von Theodoliten. Unterscheidungskriterien sind: • Mechanischer- oder elektronischer Theodolit. • Genauigkeit der Kreisablesung: Minuten- oder Sekundentheodolite. Totalstation • Eine Totalstation besteht aus • einem elektronischen Theodoliten zur Messung der Horizontal- und Vertikalwinkel • ein elektronischer Distanzmesser • eine Registriereinheit zur Speicherung der Winkel, Distanzen und Punktcodes • Programme zur Berechnung von vermessungstechnischen Aufgaben im Gelände Funktionsprinzip eines Theodoliten Im Wesentlichen besteht ein Theodolit aus dem Unterbau, der fest mit dem Stativ verbunden ist und dem Oberbau (Alhidade), der gegenüber dem Unterteil gedreht werden kann. In der Alhidade liegt je ein Teilkreis für die Ablesung der Horizontal- und Vertikalwinkel. Der Horizontalteilkreis ist bezüglich seiner Funktionsweise nichts anderes als ein Winkelmesser wie wir ihn für geometrische Konstruktionen gebrauchen. Er kann in seiner horizontalen Ausrichtung gedreht werden. Man kann also auf einem bekannten Punkt zu einem andern Punkt eine bestimmte Richtung einstellen. Mit dem Horizontalkreis lassen sich Winkel zwischen zwei oder mehreren Punkten messen. Achtung: die abgelesenen Winkel beziehen sich nicht auf die Nordrichtung ! Der Vertikalkreis kann nicht aus seiner Lage gebracht werden. Seine Nullstelle ist auf den Zenit ausgerichtet. Bei aktuellen Modellen geschieht dies automatisch durch ein Pendel. Bei alten Theodoliten, musste vor jeder Ablesung der Höhenteilkreis mit Hilfe von Libellen horizontiert werden. Im Oberbau ist das Fernrohr befestigt, das sich mit der Alhidade zusammen um die Stehachse drehen lässt und sich um die Kippachse bewegt. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 28 Theorie Vermessung Fernrohr Feststellschraube für die Vertikalbewegung des Fernrohres Vertikalteilkreis Scharfstellung für das Fernrohr Pendel für den Feinjustierschraube für Vertikalbewegung des Fernrohres Vertikalteilkreis Feinjustierschraube für Horizontalbewegu ng des Fernrohres Feststellschraube für die Horizontalbewegung des Fernrohres Spiegel für die Teilkreisbeleuchtung Horizontalteilkreis Libelle für die Feinhorizontierung Horizontierschraube Abbildung 23: Schnittbild des mechanischen Theodoliten K1-S K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 29 Theorie Vermessung 5.3 ELEKTRONISCHE DISTANZMESSUNG 5.3.1 Einleitung Die elektronische Distanzmessung in Kombination mit der Winkelmessung bildet heute die wichtigste Methode zur Koordinatenbestimmung in der Vermessungspraxis. Weltweit sind überall dort Theodoliten mit Distanzmessern (Tachymeter) im Einsatz, wo es darum geht, einfach und schnell Punkte in Lage und Höhe zu bestimmen. Die Anwendungsgebiete sind so vielfältig, dass der Gebrauch dieser Geräte längst nicht mehr auf Vermessungsfachleute beschränkt ist. Forstingenieure, Agronomen, Geographen und Geologen bedienen sich Theodolit und Distanzmesser um bestimmte Vermessungsarbeiten selbständig auszuführen. Hersteller aus verschiedenen Ländern bieten eine grosse Palette von guten Messsystemen an. Mit elektronischen Distanzmessern werden typischerweise Distanzen bis etwa 1.5 km gemessen. Sind grössere Distanzen gefordert, dann wird heute GPS eingesetzt. Abbildung 23: Eine Totalstation (Theodolit, Distanzmesser, Registriereinheit) im Einsatz in gebirgigem Gelände. Im Hintergrund wird der Reflektor auf den zu bestimmenden Punkt gehalten, damit die Einmessung erfolgen kann. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 30 Theorie Vermessung 5.3.2 Das Prinzip der elektrooptischen Distanzmessung Reflektor Sender Messwelle Empfänger Abbildung 24: Sendeeinheit, Messwelle und Reflektor Eine Trägerwelle (Messwelle) wird durch Modulation der Amplitude zum Informationssignal. Dieses wird vom Sender zum Reflektor und wieder zurück zum Empfänger gesendet. Der Phasenmesser misst die Phasendifferenz zwischen dem weggehenden und ankommenden Signal. Durch die sinnvolle Wahl von zwei oder mehreren Frequenzen kann die Distanz aus der Zusammensetzung der Phasendifferenzen abgeleitet werden (Grob.- und Feindistanz). Je nach Gerät bedient man sich Distanzmesser mit elektrooptischen Wellen, mit Wellenlängen von 0.1 – 1 µm. Dieses Licht lässt sich gut bündeln, daher genügen Reflektoren (Trippelprismen) die auf dem Zielpunkt aufgestellt werden. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 31 Theorie Vermessung Zur Distanzmessung mit Phasendifferenzen L a p v= c n l= v c = f n∗ f p= p ∗l 2 pi a = Amplitude l = Modulationswellenlänge f = Modulationsfrequenz v = Lichtgeschwindigkeit in Luft (ca. 3108 m/sec) c = Lichtgeschwindigkeit im Vakuum n = Brechungsindex der Luft p = Phasendifferenz p = Länge der Phasendifferenz K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 32 Theorie Vermessung 5.3.3 Fehlereinflüsse und atmosphärische Korrekturen Massgebend für genaue Messungen sind: a) Die Modulationsfrequenz. Sie wird durch Quarzkristalle erzeugt und aufrechterhalten. Eine Abweichung der Temperatur und des Luftdruckes von der Eichgrösse bewirkt eine Veränderung der Frequenz. Der interne Rechner geht jedoch von einer konstanten Frequenz aus. Eine Abweichung wirkt sich direkt proportional auf die angezeigte Distanz aus, was einer Massstabsveränderung entspricht. b) Der Brechungsindex der Luft. Er ist das Verhältnis der Ausbreitungsgeschwindigkeit im Vakum und der Luft. Umgekehrt kann man sagen, bei bekanntem Brechungsindex lässt sich berechnen, wie gross die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Messsignals ist. Wie bei a) geht der interne Rechner von einer konstanten Ausbreitungsgeschwindigkeit aus, eine Abweichung davon verändert den Massstab. Schlussfolgerungen aus a) und b): Die Modulationsfrequenz und der Brechungsindex verändern ihre Grösse mit Temperatur- und Luftdruckschwankungen. Sie wirken sich auf die gemessene Distanz direkt proportional aus. Bei Messungen langer Distanzen und/oder hoher Präzision, kann man die gemessene Distanz korrigieren, indem an Stand- und Zielpunkt die Temperatur und der Luftdruck gemesen wird. Die Genauigkeit einer gemessenen Distanz kann der Gerätebeschreibungen der Hersteller entnommen werden. Sie liegen in der Grössenordnung von +/- 2mm plus 5ppm (mm/km). Atmosphärische Korrekturen Sie werden an der gemessenen Distanzen angebracht. Messungen für hohe Präzision und lange Distanzen. dD[mm / km] = 282 − 0.387 ∗ p 1 + 0.0037 ∗ t p = Druck in mmHg t = Temperatur im °C dD[mm / km] = 282 − 0.290 ∗ p 1 + 0.0037 ∗ t p = Druck in mb t = Temperatur in °C Korrigiert werden nur Für Überschlagsrechnungen kann man sich folgende Zahlen merken: dT = 1°C Æ dD = 1mm/km dp = 3mmHg = 4mbar Æ dS = 1mm/km K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 33 Theorie Vermessung 5.4 TACHYMETRISCHE VERMESSUNG (WINKEL- UND DISTANZMESSUNG) 5.4.1 Der Polygonzug Ein Hauptzug verbindet zwei Triangulationspunkte, ein Nebenzug zwei Polygonpunkte. Ein Ringzug beginnt und endet auf demselben Punkt. Der Nachteil liegt darin, dass die Distanzen auf systematische Fehler nicht kontrolliert sind. Das Prinzip beruht auf der Richtungs- und Distanzmessung. Ein Polygonzug beginnt und endet auf einem bekannten Punkt. Normaler Polygonzug: Fixpunkt (Fernpunkt) Fixpunkt (Fernpunkt) Polygonpunkte Fixpunkt (Instrumentenstandort) Fixpunkt (Instrumentenstandort) Ringpolygonzug: Fixpunkt (Fernpunkt) Fixpunkt (Instrumentenstandort) Polygonpunkte K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 34 Theorie Vermessung Einige praktische Bemerkungen: - - - Falls kein lokaler PP-Zug gemessen wird, sollte ein Polygonzug je an einem koordinatenmässig bekannten Triangulationspunkt oder Polygonpunkt an- und abschliessen. Die An- und Abschlussvisuren auf den beiden Ausgangspunkten eines Zuges sollten möglichst lang sein, um Felhereinflüsse der Zentrierung und Ungenauigkeiten in den Koordinaten zu vermeiden. Die Polygonseiten sollten gut messbar sein (keine Hindernisse). Eine seriöse Rekognoszierung geht der Messung voraus. Die Polygonpunkte sollen an geschützten, sicheren Orten liegen und leicht wieder auffindbar sein. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 35 Theorie Vermessung 5.4.2 Detailpunktaufnahme K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 36 Theorie Vermessung 6 VERMESSUNG MIT GPS Eine wertvolle Übersicht über die Vermessung mit GPS gibt die Schrift der Firma Leica Geosystems AG, Heerbrugg. Die Publikation wird in der Vorlesung als separater Text angeboten. Sie kann auch zusätzlich direkt bei Leica in Glattbrugg bestellt werden. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 37 Theorie Vermessung 7 GRUNDLAGEN ZU VERMESSUNGSTECHNISCHEN BERECHNUNGEN 7.1 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Ds oder ds Dh oder dh ∆h i s dY, dX, dZ YP, XP, ZP HA schiefe Distanz Horizontaldistanz (Kartendistanz) Höhendifferenz Instrumentenhöhe Zielhöhe oder Reflektorhöhe Koordinatendifferenzen in Y, X, Z Koordinaten Y,X,Z des Punktes P Höhe des Punktes A (Z- Koordinate) 7.2 GLOSSAR Azimut Horizontalwinkel Zenit Vertikalwinkel Zenitwinkel Horizontaldistanz Station Fixpunkt Neupunkt Freie Station Theodolit Horizontalteilkreis Vertikalteilkreis Der Winkel zwischen Nord und einem Zielpunkt Der Winkel zwischen drei Punkten in der Horizontalebene gemessen Die gegengesetzte Richtung der Schwerkraft in einem Punkt (senkrecht hinauf) Der Winkel von der Senkrechten aus gemessen zu einem Punkt Gleich wie der Vertikalwinkel Kartendistanz (ohne Projektion) Theodolitenstandort ein Punkt dessen Koordinaten (Y,X,Z) bekannt sind ein Punkt dessen Koordinaten (Y,X,Z) nicht bekannt sind, die aber eingemessen, bzw. berechnet werden sollen Der Theodolit wird frei auf dem Felde aufgestellt (nicht auf einem Fixpunkt). Die Koordinaten des Standortes werden rückwärts aus den Messungen zu Fixpunkten berechnet. das Vermessungsgerät mit dem Winkel und Distanzen gemessen werden Der Horizontalwinkel, bzw. Vertikalwinkel des Instrumentes (Theodoliten) mit der Winkelteilung K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 38 Theorie Vermessung 7.3 EINFÜHRUNG In einem Rutschhang sollen von Zeit zu Zeit markierte Punkte neu eingemessen werden um damit die Verschiebungsbeträge feststellen zu können. Das Problem stellt sich: • Wie können die Verschiebungen festgestellt werden? • Die Verschiebungen müssen sich auf ein Referenzsystem beziehen das als fest, also nicht verschiebbar betrachtet werden kann. Das Referenzsystem ist im Normalfall ein ebenes, rechtwinkliges Koordinatensystem. Jeder Punkt erhält seine Koordinate in X, Y und Z zum Zeitpunkt der Einmessung. Mit jeder neuen Einmessung ergeben sich für jeden Punkt neue Koordinaten, aus denen sich Richtungs- und Distanzvektoren (die Verschiebungen) berechnen lassen. Die Bestimmung der Koordinaten der Punkte ist die Aufgabe die es zu lösen gilt. Dafür gibt es in der Vermessung die drei gebräuchlichen Methoden: • Tachymetrische Vermessung: Bestimmung der Punktkoordinaten mit Hilfe von Winkel- und Distanzmessung • GPS Vermessung: Bestimmung der Koordinaten mit Hilfe von Satelliten- Messsignalempfängern • Fotogrammetrische Vermessung: Messungen aus Luftbildern Bestimmung Punktkoordinaten mit Punkt P(Y,X,Z) Am 10.10.1999 Xp X – Koordinate (Hochwert, Süd-Nord) der Punkt P(Y,X,Z) Am 31.5.2000 Xp YP YP Y – Koordinate (Rechtswert, West-Ost) Abbildung 25: Koordinaten desselben Punktes an zwei verschiedenen Daten K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 39 Theorie Vermessung Nord X – Koordinate (Hochwert, Süd-Nord) Punkt P(Y,X,Z) Am 10.10.1999 Distanz Azimut Punkt P(Y,X,Z) Am 31.5.2000 Y – Koordinate (Rechtswert, West-Ost) Abbildung 26: Verschiebungsvektor zwischen den zwei Punktlagen (Azimut und Distanz) Abbildung 26 zeigt die Beziehung zwischen den kartesischen (rechtwinklign) Koordinaten der Punkte (x,y,z) und der Polarkoordinaten (Azimut, Distanz). Der Punkt wanderte von seiner Lage am 10.10.99 zu seiner Position am 31.5.2000. Das Azimut besagt, in welcher Richtung (von Norden aus gemessen) der Punkt gewandert ist. Ein Azimut von Null heisst, dass der zweite Punkt genau nördlich des ersten Punktes liegt. Ein Azimut von 200gon, bzw. 180° bedeutet, dass der zweite Punkt genau südlich des ersten Punktes liegt. In der obigen Abbildung liegt der zweite Punkt (31.5.2000) etwa in einem Azimut von 250 gon bezogen auf den ersten Punkt (10.10.1999). K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 40 Theorie Vermessung 7.4 KOORDINATENSYSTEME RECHTWINKLIG UND POLAR Mathematik Vermessung Kartesische Koordinaten Y X (Nord) P (X,Y) P (X,Y) Y X (West - Ost) Polarkoordinaten Nord Y X P (X,Y) P (Y,X) Azimut nz s ta Di δ Di st an z X Y 7.5 EINHEITEN IN DER VERMESSUNG Die Winkeleinheit ist Gon. Ein Vollkreis misst 400 Gon. Grad Gon Vollkreis 360° 400 gon Quadrant 90° 100 gon Untereinheiten 1° = 60' 1 gon = 100 c c = Centigon oder Neuminuten 1' = 60" 1 c = 100 cc cc= Neusekunden 40°32‘59“ 40,5497 Beispiel gon Umrechnung von Gon in Altgrad: Altgrad = Gon * 0.9 Umrechnung von Altgrad in gon: Gon = Altgrad / 0.9 K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 41 Theorie Vermessung 7.6 KLEINE FORMELSAMMLUNG TRIGONOMETRIE 7.6.1 Das rechtwinklige Dreieck α b a 2 c 2 = a +b 2 sin α = a Gegenkathete = c Hypothenuse cos α = b Ankathete = c Hypothenuse tan α = a Gegenkathete = b Ankathete c β 7.6.2 Sinussatz und Cosinussatz im allgemeinen Dreieck γ Sinussatz: a b c = = sin α sin β sin γ b a α Beispiel: c β a= b ∗ sin α sin β Cosinussatz: c 2 = a 2 + b 2 − 2 ∗ a ∗ b ∗ cos γ Bei der Berechnung des Winkelwertes aus dem Sinuswert (arcsin) ist immer zu prüfen, welcher der beiden Winkel die zum sin gehören, der richtige ist. Der Rechner gibt immer den kleineren Winkel aus. Beispiel: der sin Wert von 75 gon ist gleich dem sin Wert von 125 gon. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 42 Theorie Vermessung 7.7 KOORDINATENBERECHNUNGEN 7.7.1 Distanz zwischen zwei Punkten X – Koordinate (Hochwert, Süd-Nord) Punkt P2 (Y2, X2, Z2) dY Xp2 dX dX = X 2 − X 1 dY = Y 2 − Y 1 Dh Xp1 Dh = (dX ) 2 + (dY ) 2 Punkt P1 (Y1, X1, Z1) YP1 Y-Koordinate (Rechtswert) YP2 X – Koordinate (Hochwert, Süd-Nord) 7.7.2 Azimut zwischen zwei Punkten Punkt P2 (Y2, X2, Z2) dY Xp2 Azimut dX Dh dX = X 2 − X 1 dY = Y 2 − Y 1 Azimut = arctan Xp1 dY dX Punkt P1 (Y1, X1, Z1) YP2 Y – Koordinate (Rechtswert, WestOst) YP1 Bei der Berechnung des Azimutes mit einem Taschenrechner oder Computer ist zu prüfen, in welchem Quadrant das Azimut liegt: dY dX Quadrant + + I: 0 - 100 gon + - II: 100 – 200 gon - - III: 200 – 300 gon - + IV: 300 – 400 gon K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 43 Theorie Vermessung 7.7.3 Berechnung der Horizontaldistanz Mit einem Theodoliten messen wir im Normalfall die schiefe Distanz (Ds) und den Vertikalwinkel (V). Weil wir alle Punkte in die Ebene des Koordinatensystems projizieren, müssen wir aus den gemessenen schiefen Distanzen (Ds) ihre Horizontaldistanzen (Dh) berechnen. Z (Zenit) Dh (Kartendistanz) Gemessen: • schiefe Distanz (Ds) zwischen Instrument und Reflektor • Vertikalwinkel (V) vom Zenit zum Reflektor Z Ds X V Reflektorstando Y Horizontaldistanz = sin V ∗ schiefe Distanz Instrumentenstandort 7.7.4 Berechnung der Höhe eines Punktes (Z-Koordinate) Aus den Messungen kann die Höhendifferenz zwischen dem Instrumentenstandort und dem Zielpunkt berechnet werden. Ist die Meereshöhe vom Instrumentenstandort (HA) gegeben, kann die Meereshöhe des Punktes (HB) berechnet werden. Ist die Meereshöhe des Zielpunktes gegeben, kann die Meereshöhe des Instrumentenstandortes berechnet werden. ∆h HB Ds Reflektorhöhe (s) V Instrumenten -höhe (i) HA Instrumentenstandort Z Gegeben: • Meereshöhe des Instrumentenstandortes Gemessen: • schiefe Distanz (Ds) zwischen Instrument und Reflektor • Vertikalwinkel (V) vom Zenit zum Reflektor • Höhe des Instrumentes über dem Boden (i) • Höhe des Reflektors über dem Boden (s) ∆h = cos V ∗ Ds HB = HA + i + ∆h − s oder X Y K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 44 Theorie Vermessung 7.7.5 Berechnung der X und Y Koordinaten Um die Koordinaten eines Punktes (P2) zu berechnen, benötigen wir Das Azimut vom Messpunkt (P1) zum Neupunkt (P2) • Die Horizontaldistanz vom Messpunkt (P1) zum Neupunkt (P2). Die Horizontaldistanz muss normalerweise zuerst aus den Messungen (Zenitwinkel und schiefe Distanz) berechnet werden. X – Koordinate (Hochwert, Süd-Nord) • dY Xp2 Punkt P2 (Y2, X2, Z2) Dh Xp1 Azimut P1-P2 Horizontaldistanz P1-P2 (Dh) (wurde vorgängig aus den Messungen berechnet) dY = sin Azimut ∗ Distanz Punkt P1 (Y1, X1, Z1) YP1 • • Azimut dX Gegeben dX = cos Azimut ∗ Distanz YP2 Y – Koordinate (Rechtswert, WestOst) Y 2 = Y 1 + dY X 2 = X 1 + dX K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 45 Theorie Vermessung 7.7.6 Die Orientierung des Teilkreises (Ausrichtung nach Norden) 7.7.6.1 Theorie Messpunkt (Theodolitenstandort) Richtung zum X Um aus unseren Winkelmessungen zu Nullrichtung des wünschten Teilkreises Koodinaten zu gelangen, wir uns eigentlich Azimute zu messen. Doch die Richtungen die wir mit dem Theodoliten messen sind nicht nach Norden orientiert (keine Azimute). Die Nullmarke des Teilkreises des Theodoliten ist zufällig nach irgend einer Richtung eingestellt. Y N Nullrichtung des Teilkreises Azimu Messpunkt (Theodolitenstandort Richtung zum Neupunkt N Orientierung Nullrichtung des Teilkreises berechnetes Azimut gemessene Richtung Um aber gemessene Punkte in das Landeskoordinatensystem einordnen zu können, wird das Azimut vom Messpunkt (Theodolitenstandort) zum Neupunkt benötigt. Um die Nordrichtung ableiten zu können, wird die gemessene Richtung mit einem dazugehörenden, berechneten Azimut zu einem Fixpunkt verglichen. Die Differenz zwischen der berechneten Sollrichtung (dem Azimut) und der tatsächlichen Messung ist die Orientierung des Teilkreises. Dieser Korrekturwert muss an jeder Messung angebracht werden, um die Azimute zu den Neupunkten zu erhalten. In der Praxis ist es so, dass zur Kontrolle die Horizontalwinkel zu zwei oder mehr Fixpunkten gemessen werden. Zu jedem Fixpunkt wird einzeln die Orientierung des Teilkreises berechnet. Sie sollte bei allen K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 46 Theorie Vermessung Messungen innerhalb der Messgenauigkeit gleich sein. 7.7.6.2 Beispiel einer Stationsorientierung X Fixpunkt 88 Y Auf dem Fixpunkt 1, dessen Koordinaten bekannt sind, soll das Azimut (die Nordabweichung) zum Punkt 2 bestimmt werden. Zur Bestimmung der Orientierung des Horizontalteilkreises im Koordinatensystem wurden zusätzlich drei Punkte gemessen, deren Koordinaten bekannt sind. 1 Fixpunkt 77 Neupunkt 2 Fixpunkt 93 Lösungsvorgang: 1. Berechnung der drei Azimute vom Fixpunkt 1 (Instrumentenstandort) zu den bekannten Punkten 77, 88, 93 (Siehe Seite 43). 2. Differenzbildung zwischen den gemessenen Richtungen und den berechneten Azimuten 3. Mittel der Differenzen ergibt die gemittelte Orientierung 4. Berechnung der bereinigten Azimute zu den Punkten (= Messung + gemittelte Orientierung) Zielpunkte 4. 2. 1. Berechnetes Azimut StandortFixpunkt Gemessene Richtung Differenz Bereinigtes Azimut Azimut-Messung Mittel+Messung Fixpunkt Nr. 88 85.1440 0.0000 85.1440 85.1443 Fixpunkt Nr. 93 194.1438 108.9994 85.1444 194.1437 Fixpunkt Nr. 77 263.3558 178.2113 85.1445 263.3556 254.6175 Neupunkt Nr. 2 169.4732 Mittel (Orientierung) 85.1443 3. K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 47 Theorie Vermessung 7.7.7 Berechnung der Koordinaten des eigenen Standortes (Exzentrum) Für die Einmessung der Punkte steht oft an der geeigneten Stelle kein Fixpunkt zur Verfügung. Mit einer freien Station stellt man das Vermessungsinstrument an einer beliebigen Stelle im Felde, von der aus einerseits die neu einzumessenden Punkte zu sehen sind und andererseits von der zwei oder besser mehr Fixpunkte eingemessen werden können. Um die Koordinaten der Neupunkte berechnen zu können, müssen vorgängig die Koordinaten des Instrumentenstandortes berechnet werden. Fixpunkt 1 Gegeben Dh • Koordinaten der Fixpunkte 1 und 2 Gemessen β α Instrumenten -Standort • Distanz Dh vom Instrumentenstandort zum Fixpunkt 1 • Winkel α: Zwischenwinkel γ Fixpunkt 2 zwischen den beiden Fixpunkten Horizontaldistanz berechnen • Berechnung der Horizontaldistanz Dh aus den Originalmessungen (schiefe Distanz und Vertikalwinkel). Siehe Seite 44 Meereshöhe des Instrumentenstandortes berechnen • Berechnung der Höhe des Instrumentenstandortes aus den Messungen (schiefe Distanz und Vertikalwinkel). Siehe Seite 44 Y, X- Koordinaten des Instrumentenstandortes berechnen • Distanz a zwischen Fixpunkt 1 und Fixpunkt 2 aus Koordinatendifferenzen berechnen Siehe Seite 43 • Winkel γ aus allgemeinem Sinussatz berechnen (siehe Seite 42): sin α ∗ Dh a gon = 200 -α-γ Sinγ = β • Azimut zwischen Fixpunkt 1 und Fixpunkt 2 (aus Koordinatendifferenzen) Siehe Seite 43 • Azimut vom Fixpunkt zum Instrumentenstandort : Azimut FP1-Instrument = Azimut Fixpunkt1-Fixpunkt2 + β • Berechnung der Koordinaten des Instrumentenstandortes aus: - Azimut FP1-Instrument – Distanz Dh Siehe Seite 45 K. Budmiger. Einführung in die Vermessung und Fotogrammetrie. Teil 1 Ausgabe 10. 2002 Seite 48