Kombination von Johanniskraut-, Baldrian- und
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Kombination von Johanniskraut-, Baldrian- und
Originalarbeiten Kombination von Johanniskraut-, Baldrian- und Passionsblumen-Extrakten in einem pflanzlichen Arzneimittel Resumen Summary Zusammenfassung G. P. McGregor Bei Depressionen und Angsterkrankungen handelt es sich in aller Regel um komplexe psychische Störungen, an denen verschiedene Transmittersysteme ursächlich beteiligt sein können. Zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung einer stabilen Stimmungslage empfiehlt es sich daher, verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz zu bringen. In diesem Zusammenhang wird die Sinnhaftigkeit der Kombination und das breite Wirkungsspektrum eines pflanzlichen Komplexmittels – bestehend aus Johanniskraut, Baldrian und Passionsblume – anhand von pharmakologischen und klinischen Daten dargelegt und diskutiert. Schlüsselwörter: Depressionen, Angsterkrankungen, Phytotherapie, Neurotransmitter, Johanniskraut, Baldrian, Passionsblume Depression and anxiety disorders usually are complex mental disorders and may be caused by a number of different transmitter systems. In order to maintain or restore a stable mood it is therefore useful to apply various active ingredients. In this context, the utility and broad action range of a combination of substances in a complex phytopharmaceutical – comprised of St.-John’s-wort, valerian, and passion flower – is demonstrated and discussed on the basis of pharmacological and clinical data. Keywords: depression, anxiety disorders, phytotherapy, neurotransmitter, St.-John’s-wort, valerian, passion flower Las depresiones y angustias son por regla general trastornos psíquicos complejos en los cuales pueden participar como agentes causales una variedad de sistemas mediadores. Con el fin de mantener o de restablecer un estado de animo estable se recomienda, por lo tanto, el empleo de varias sustancias activas. En el presente contexto se plantea y discute la utilidad de la combinación y la amplia gama de los efectos medicinales que ofrece un medicamento complejo a base de sustancias vegetales – consistente de una combinación de hipericón, valeriana y pasionaria – a base de datos farmacológicos y clínicos. Palabras claves: Depresiones, fobias, fitoterápia, neurotransmisor, hipericón, valeriana, pasionaria 348 Einleitung: Ziel und Hintergrund des Berichts In dem Bemühen, Geisteskrankheiten zu behandeln, sind im Rahmen klinischer neuropharmakologischer Untersuchungen mehrere Zufallsbefunde erhoben worden, die zur Entwicklung von Arzneimitteln führten, die die Symptome von Geisteskrankheiten bessern können. Man stellte fest, dass solche Medikamente auf spezifische Neurotransmitterbahnen und insbesondere auf die synaptische Pharmakologie wirken. Obwohl der Wirkungsmechanismus psychotroper Arzneimittel einige Anhaltspunkte vermittelt, bleibt die Pathophysiologie der Geisteskrankheiten unklar (19). Zum Beispiel hat es sich mehr und mehr gezeigt, dass die Depression eine komplexe Störung ist (44), an der nicht nur die Monoaminbahnen beteiligt sind (31). Ähnlich spielt bei der Angst, die mit manchen Formen der Depression assoziiert ist, nicht nur die GABA-Neurotransmission eine Rolle und sie kann ebenfalls mit antidepressiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern behandelt werden (41). Im Allgemeinen kann es als angemessen angesehen werden, eine komplexe psychiatrische Störung wie eine Depression mit einer Kombination von Medikamenten zu behandeln, die auf ergänzende Weise wirken, um die Symptome zu bessern und die Gesundheit zu fördern. Es ist sehr wahrscheinlich, dass mehr als nur ein NeurotransmitterSystem bei klinischer Depression gestört ist. Daher beinhaltet die WirkÄrztezeitschrift für Naturheilverfahren 43, 6 (2002) Originalarbeiten samkeit von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern erhöhte SerotoninNeurotransmission, die möglicherweise eine langfristige Änderung von anderen Neurotransmittern verursachen wie z.B. GABA. Eine eher direktere pharmakologische Aktivierung der zusätzlichen Neurotransmittersysteme erhöht möglicherweise die Rate der Therapie und PatientenCompliance. Das ist die therapeutische Basis für die Kombination von Passionsblume, Baldrian und Johanniskraut in Neurapas-balance®, zur Behandlung von affektiven Psychosen einschließlich Neurasthenie, Melancholie und verschiedener Formen der Depression. Die Neurochemie der Depression und die Neuropharmakologie der Antidepressiva Die Monoamin-Grundlage der Depression: Zur Behandlung der Depression gibt es verschiedene Klassen von Arzneimitteln, von denen die meisten auf die Monoamin-Neurotransmitterbahnen wirken. Arzneimittel, die insbesondere die Serotonin- und/oder Noradrenalin-Transmission entweder durch die spezifische Blockierung des Neurotransmitterstoffwechsels bzw. der synaptischen Wiederaufnahme oder durch Aktivierung der Rezeptoren des Neurotransmitters steigern, haben sich als wirksame Antidepressiva erwiesen. Insbesondere die Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI) sind weit verbreitete Antidepressiva von ähnlicher Wirksamkeit wie ältere Antidepressiva, sind jedoch besser verträglich, weniger toxisch, sicherer und einfacher zu dosieren (47). Die Hypothese, dass eine anomal reduzierte Aktivität der MonoaminNeurotransmission das hauptsächliche pathophysiologische Merkmal der Depression ist, gilt nicht für alle Formen der Depression (28). Es wird allgeÄrztezeitschrift für Naturheilverfahren 43, 6 (2002) mein angenommen, dass eine Störung eines von mehreren Neurotransmittersystemen der Depression zu Grunde liegen kann. Durch die Steigerung der neuromodulatorischen Funktion von Monoaminen wie Serotonin werden jedoch adaptive Veränderungen anderer Transmitterbahnen induziert (19). Es kann sein, dass die Stärkung eines Transmittersystems die zu Grunde sehr langfristige Wirkungen haben. Dies kann die langsam eintretenden Wirkungen herkömmlicher Antidepressiva erklären. Im Gegensatz hierzu üben Neurotransmitter wie GABA und Glutamat, die zumeist über ionotrope Rezeptoren wirken, äußerst schnelle Wirkungen aus. Ionotrope Rezeptoren sind Ionenkanäle mit Liganden-Schranke, die bei Aktivie- Neurochemische Grundlage der Depression – eine Erkrankung mit vielen Komponenten Selektive Inhibitoren der Serotonin-Wiederaufnahme (SSRIs) (z.B. Prozac) sind wirksame und beliebte Antidepressiva. SSRIs erhöhen rasch die Serotonin-Spiegel, wirken jedoch als Antidepressiva langsam. Ansteigende synaptische Konzentrationen von Serotonin modifizieren andere Neurotransmittersysteme. Serotonin wirkt als Neuromodulator und hat langsam wirksame Effekte auf andere Transmittersysteme, insbesondere GABA. GABA ist ein schnell wirksamer Neurotransmitter, der bei Depression ebenfalls verändert ist. Zunehmende GABA-Neurotransmission ist ein therapeutisches Ziel in der antidepressiven Behandlung. liegende Störung eher kompensiert als sie direkt zu korrigieren. Die monoaminergen neuromodulatorischen Bahnen des Gehirns überschneiden sich und interagieren, so wie zum Beispiel innerhalb des limbischen Systems, das an der Regulierung der Stimmung beteiligt ist. Die Monoamine Serotonin, Noradrenalin und Dopamin üben ihre neuromodulatorischen Wirkungen über neuronale GProtein-gekoppelte (metabotrope) Rezeptoren aus und aktivieren intraneuronale „sekundäre Botensubstanz“-Bahnen. Auf diese Weise können Monoamine die neuronale Funktion auf unterschiedliche Weisen – einschließlich durch Verursachung von Veränderungen der Genexpression – beeinflussen (19). Durch Aktivierung von Rezeptoren des metabotropen Typs übt das Monoamin keine schnellen Wirkungen aus, kann jedoch 349 rung sofort eine Veränderung des neuronalen Membranpotenzials verursachen und die Erregbarkeit des Neurons beeinflussen. Befunde für die Beteiligung von GABA an der Depression: GABA ist der wichtigste inhibitorische Transmitter des ZNS, sie moduliert eine Reihe von physiologischen und Verhaltensfunktionen (29). GABA vermittelt vorwiegend die schnelle inhibitorische Synapsentransmission über GABAA-Rezeptoren, bei denen es sich um ionotrope Rezeptoren handelt, die eine erhöhte Cl--Konduktanz nach Bindung von GABA gestatten (37). Eine Regulationsstörung der GABAergen Neurotransmission wird zunehmend im Zusammenhang mit der Neurobiologie von affektiven Psy- Originalarbeiten chosen diskutiert (22, 30). Die sich herauskristallisierenden Befunde deuten stark darauf hin, dass das GABAerge System im Rahmen der Pathophysiologie und der pharmakologischen Behandlung der Depression eine Rolle spielen kann (34). Verminderte GABA-Rezeptorenspiegel im Gehirn sind an Tiermodellen der Depression nachgewiesen worden und diese Situation kann durch eine chronische Antidepressiva-Therapie umgekehrt werden (34). So kommt es durch Erhöhung der MonoaminNeurotransmission zu einer adaptiven Erhöhung der GABA-Neurotransmission. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass GABAerge Neuronen eng mit serotonergen Neuronen in verschiedenen Regionen des Gehirns assoziiert sind (34). Wechselwirkungen zwischen Serotonin- und GABABahnen erklären auch die vor kurzem gemachte Beobachtung, dass selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer zur Behandlung von Angststörungen wirksam sind (41), die für gewöhnlich mittels GABA-Mimetika behandelt werden. In klinischen Studien gibt es nur einige Befunde dafür, dass die Steigerung der GABA-Neurotransmission antidepressive Wirkungen haben kann (1), und GABA-verstärkende Antikonvulsiva haben vor kurzem Interesse als Stimmungsaufheller geweckt (32). Es gibt mehrere Berichte über eine Assoziation reduzierter GABASpiegel im Liquor cerebrospinalis und Depressionen beim Menschen, und eine Metaanalyse zeigte signifikant eine Abnahme auf (31). Angst kann als eine unangemessene Stressreaktion definiert werden und ist häufig mit einer Depression assoziiert. Stress wird als ein wichtiger auslösender Faktor bei der Entstehung depressiver Episoden betrachtet (15). Es wird angenommen, dass die Wirksamkeit von Medikamenten, die die GABA-Neurotransmission aktivieren, wie z. B. Anxiolytika, einen anomal reduzierten Grad der GABAvermittelten inhibitorischen Neuro- transmission bei dieser Krankheit widerspiegelt. Es gibt viele Beweise, dass GABA in verschiedenen Gehirnbahnen an der Stressantwort des Organismus (Wirkungen der Hypothalamus-Hypophysen-NebennierenAchse eingeschlossen) beteiligt ist und dass dies mit der stressinduzierten Depression verbunden ist (34). Pharmakologie der Passionsblume (Passiflora incarnata) Extrakte aus den über dem Boden wachsenden Teilen der Pflanze enthalten Alkaloide (Harmin, Harman, Harmalin, Harmol, Harmalol) und Flavonoide (Orientin, Isoorientin, Vitexin, Isovetexin, Chrysin). Diese Extrakte werden traditionell und oft in Kombination mit anderen Heilkräutern als mildes Sedativum verwendet. In-vivo-Studien: Nach intraperitonealer Verabreichung an Mäuse wurden eine Abnahme der motorischen Aktivität, eine Verlängerung des Schlafs und krampflösende Wirkungen beobachtet (26, 39). MALUF und Mitarbeiter fanden ähnliche Wirkungen ebenfalls bei Mäusen (23). In der letztgenannten Studie wurden auch freiwillige Probanden getestet und die Autoren stellten fest, dass die Passionsblume eher eine allgemeinere, unspezifische ZNSdepressive Wirkung aufweist als Wirkungen vom hypnotisch-sedativen Typ. Beim Menschen sind sedative Wirkungen mitgeteilt worden. In einer einzigen doppelblinden, multizentrischen, placebokontrollierten klinischen Studie mit Passionsblumenextrakt in Kombination mit anderen Pflanzenextrakten wurde eine anxiolytische Wirkung aufgezeigt (Crataegus, Ballota, Passiflora und Valeriana, Cola und Paullinia) (3). Sedative Wirkungen von Passionsblumenextrakten wurden auch bei Nagetieren nachgewiesen (40). 350 In-vitro-Studien: Die alkaloiden Bestandteile der Passionsblume – Harman und Harmalin – wirken ähnlich wie Monoaminoxidasehemmer (12). In Bezug auf das Flavonoid Chrysin wurde nachgewiesen, dass es wie ein partieller Agonist der Benzodiazepinrezeptoren wirkt und anxiolytische Wirkungen bei Mäusen besitzt, jedoch weder sedative noch muskelrelaxierende Effekt ausübt (49). Pharmakologie von Baldrian (Valeriana officinalis) Seine medizinische Anwendung als Spasmolytikum und mildes Sedativum und Beruhigungsmittel hat eine lange Geschichte. Dennoch ist er noch immer Gegenstand eingehender Untersuchungen. HOUGHTON legte 1999 eine Überprüfung der Pharmakologie von Baldrianwurzelextrakten vor (18). Tierstudien: Er enthält Monoterpen (Bornylacetat), Sesquiterpen (Baldriansäure + andere), die nachweislich muskelrelaxierende und/oder sedative Wirkungen ausüben (16, 17, 20). Auch Monoterpene (Valepotriate) können als Prodrugs wirken, da sie Homobaldrinal erzeugen, das sich zur Verminderung der spontanen Motilität bei Mäusen als potenter erwies (46). Wirkungsmechanismus: Die früheren Beobachtungen spasmolytischer und sedativer Wirkungen beim Menschen und die vor kürzerem festgestellten Effekte auf das Verhalten von Tieren könnten sich dadurch erklären lassen, dass Baldrian eine Wirkung auf die zentrale GABAerge Neurotransmission ausübt. Diese Annahme wird durch in vitro erhobene pharmakologische Befunde unterstützt, die erkennen lassen, dass Baldrian und seine Inhaltsstoffe die synaptischen GABA-Spiegel erhöhen können (27, 33, 35). Wässerige Extrakte der Wurzel enthalten GABA Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren 43, 6 (2002) Originalarbeiten (7), es bestehen jedoch gewisse Unsicherheiten hinsichtlich der Bioverfügbarkeit. Humanstudien: Mittels der quantitativen Elektroenzephalografie konnten SCHULZ und Mitarbeiter nachweisen, dass eine einzige Dosis von 1.200 mg Baldrianextrakt Veränderungen der Hirntätigkeit auslösen kann, die sich von den durch Diazepam induzierten Veränderungen unterscheiden, während der anhand der VAS-Skala zur Selbstbeurteilung ermittelte Grad der Sedierung ähnlich war (36). Dichte von noradrenergen und Serotonin-Rezeptoren im Gehirn, wie herkömmliche Antidepressiva dies tun (24, 43). Wirkungsmechanismus: Vielfältige Wirkungen auf zentrale Neurotransmittersysteme sind beschrieben worden (5). Hyperforin gilt als der hauptsächliche Wirkstoff und eine allgemeine Hemmwirkung auf Phytotherapeutika gegen depressive Verstimmung und nervöse Unruhe Baldrianwurzelextrakt enthält wirksame Bestandteile, die sedative Wirkungen haben, sehr wahrscheinlich durch Steigerung der GABANeurotransmission in der Amygdala. Klinische Daten Baldrian wird weithin als Schlaf fördernd betrachtet und dies wurde vor kurzem einer kritischen Prüfung unterzogen (42). Neun randomisierte Doppelblindstudien wurden systematisch analysiert. Studiendesigns und –ergebnisse waren unterschiedlich, aber einige Studien zeigten sowohl akute wie kumulative Effekte auf den Schlaf auf. Man gelangte zu der Schlussfolgerung, dass für eine korrekte Beurteilung strengere Studien erforderlich sind. Eine vor kurzem durchgeführte, randomisierte, placebokontrollierte Cross-over-Studie zeigte positive Wirkungen auf die Schlafstruktur und die Schlafwahrnehmung bei an Schlaflosigkeit leidenden Patienten auf, was zur Empfehlung von Baldrian zur Behandlung der leichten psychophysiologischen Insomnie führte (11). Pharmakologie von Johanniskraut (Hypericum perforatum) Tierverhaltensstudien: An verschiedenen Depressionsmodellen wurde nachgewiesen, dass Johanniskraut wie herkömmliche Antidepressiva wirkt (8, 9, 13). Des Weiteren bewirkt die chronische Verabreichung adaptive Veränderungen der Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren 43, 6 (2002) mevorgänge im Allgemeinen reduzieren. Zu den weiteren Effekten zählen die Herabregulierung der β-adrenergen Rezeptoren und die Heraufregulierung der Serotonin-2-Rezeptoren (25). Nur eine schwache Wirkung auf die Monoaminooxidase (MAO) wurde mitgeteilt. Hyperforin ist wahrscheinlich nicht der einzige antidepressive Wirkstoff, der in Johanniskrautextrakten enthalten ist (6). Johanniskrautextrakt steigert die Neurotransmission biogener Monoamine (Serotonin) durch Blockade der NeurotransmitterWiederaufnahme in der Synapse. die Neurotransmitter-Wiederaufnahme ist möglicherweise sein hauptsächlicher Wirkungsmechanismus. In vitro ist nachgewiesen worden, dass Hyperforin die synaptische Aufnahme von Serotonin, Noradrenalin, Dopamin, Glutamat und GABA hemmt (38, 50). Bei diesem offensichtlich einzigartigen Effekt handelt es sich möglicherweise um allfällige Wirkungen auf den Amilorid-sensitiven Natriumkanal und/oder den Na+/H+-Austauscher, die eine Zunahme der Natriumionenkonzentrationen innerhalb der Nervenendigungen verursachen und so die Natrium-vermittelten Wiederaufnah- 351 Passionsblumenkrautextrakt hat milde sedative, anxiolytische und spasmolytische Wirkungen. Wahrscheinlich wirkt es auf mehrere Neurotransmittersysteme einschließlich Serotonin und GABA. Klinische Daten Mehrere klinische Studien haben die Wirksamkeit von Johanniskraut zur Behandlung der leichten bis mäßig schweren Depression aufgezeigt (10). Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse evaluierte 27 Studien an insgesamt 2.291 Patienten mit depressiven Störungen. In allen Fällen handelte es sich um randomisierte Doppelblindstudien zum Vergleich von Johanniskraut mit Placebo oder anderen Antidepressiva, in denen die klinischen Ergebnisse bewertet wurden. Die Daten lassen erkennen, dass Johanniskraut bei leichten bis mäßig Originalarbeiten schweren depressiven Störungen wirksamer als Placebo und ebenso wirksam war wie trizyklische Antidepressiva (21). Dies stimmt mit den Ergebnissen anderer systematischer Überprüfungen der letzten Zeit (2, 14) und dem kürzlichen Bericht, dass Johanniskraut ebenso wirksam ist wie Fluoxetin, überein (45). Des Weiteren erwies es sich zur Linderung der mit der Depression assoziierten Angst als wirksamer als Imipramin (48). Schlussfolgerungen Das weiter oben dargelegte, kombinierte pharmakologische Profil der Inhaltsstoffe von Neurapas® balance zeigt, dass dieses Präparat so wirkt, dass es jene Neurotransmittersysteme – Monoamine und GABA – verstärkt, die an der Aufrechterhaltung einer stabilen Stimmungslage beteiligt zu sein scheinen. Die erwiesene Wirksamkeit von Johanniskraut als Antidepressivum scheint auf seine Hemmung der Monoamin-Wiederaufnahme zurückzuführen zu sein. Dies dürfte eine direkte Wirkung auf die GABA-Neurotransmission haben, wie sie für spezifische Serotonin-Wiederaufnahmehemmer nachgewiesen wurde. Die Steigerung der GABA-Neurotransmission scheint ein gewünschtes Ziel der antidepressiven Behandlung zu sein und kann nicht länger als allein den anxiolytischen Therapien vorbehaltenes Merkmal betrachtet werden. Angst ist auch bei manchen Formen der Depression vorhanden. Die Wirkung der Steigerung der Serotonin-Neurotransmission auf die GABA-Neurotransmission ist eine verzögerte Wirkung, die möglicherweise Veränderungen der Genexpression involviert. Hingegen wirkt Baldrian direkt im Sinne einer Aktivierung der GABA-Neurotransmission und seine Wirkung tritt schnell ein. Somit kann Baldrian eine gewisse frühzeitige Linderung der Symptome bewirken, was besonders wünschenswert ist, um die Compliance zu ver- bessern und die langsam einsetzenden antidepressiven Wirkungen von Johanniskraut zum Tragen kommen zu lassen. Insbesondere kann die positive Wirkung des Baldrians zur Stabilisierung der Schlafmuster als ein wünschenswerter Effekt der antidepressiven Behandlung betrachtet werden (11, 42), da depressive Menschen häufig über Schlafstörungen klagen. Man kann sagen, dass die Passionsblume die Wirkungen der anderen beiden Inhaltsstoffe fördert. Ihre sedativen und einer Anxiolyse ähnelnden Wirkungen sowie ihre wahrscheinlichen Wirkungen auf die GABA-Neurotransmission unterstützen die Wirkungen des Baldrians. Überdies gibt es Befunde dafür, dass die Bestandteile der Passionsblume die MonoaminNeurotransmission beeinflussen können und auf diese Weise die Wirkungen des Johanniskrauts unterstützen. Im Vergleich zu Johanniskraut enthält die Passionsblume hohe Konzentrationen von Flavonoiden und neuere Ergebnisse weisen darauf hin, dass Flavonoide die neurochemischen Wirkungen von Johanniskraut erheblich unterstützen können (6). Beschreibung des Arzneimittels Neurapas® balance Tabletten sind ein Arzneimittel auf rein pflanzlicher Basis, das als Wirkstoffe Johanniskraut-(Hypericum perforatum)-Extrakt, Baldrian-(Valeriana officinalis)Extrakt und Passionsblumen-(Passiflora incarnata)-Extrakt enthält. Neurapas® balance Tabletten enthalten: Johanniskraut-Trockenextrakt 60 mg (4.6-6.5:1) Baldrian-Trockenextrakt 28 mg (3.8-5.6:1) Passionsblumen-Trockenextrakt 22 mg (6.25-7.1:1) 352 Literatur 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Bartholini G, Lloyd KG, Morselli PL (Eds). „GABA and mood disorders: experimental and clinical research.“ New York, Raven Press 1986. Beaubrun G, Gray GE. „A review of herbal medicines for psychiatric disorders.“ Psychiatr Serv 51: 1130-4. 2000. Bourin M, Bougerol T, Guitton B, Broutin E. „A combination of plant extracts in the treatment of outpatients with adjustment disorder with anxious mood: controlled study versus placebo.“ Fundam Clin Pharmacol 11: 127-32. 1997. 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Prof. Dr. Gerard P. McGregor Institut für normale und pathologische Physiologie Philipps-Universität Marburg 35037 Marburg