Inhaltsverzeichnis
Transcription
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ............................................................. 2. Der Aufbau des Stücks .................................. 2.1 Funktion der Akte und kurze Darstellung des Inhalts............................................................................. 2.2 Der Aufbau des Stücks im Überblick....................... 3. Die Sprache ......................................................... 3.1 Der Kontrast zwischen höfischer Sprache und der Sprache des Bürgertums ................................................ 3.2 Die Sprache Millers.................................................. 3.3 Die intrigante Sprache Wurms ................................ 3.4 Die Sprache Ferdinands, der Lady und Luise ........ 3.5 Rhetorische Figuren in „„Kabale und Liebe““ ...... 4. Literaturverzeichnis ....................................... www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 3 von 22 1. Einleitung Aufbau und Sprache sind zwei wichtige Aspekte, die zu den Grundbausteinen eines jeden Textes, egal ob Prosa, Roman, Kurzgeschichte oder Gedicht, gehören. Dabei nehmen sie wichtige Rollen ein, bei Thematik, Handlung, Charakterisierung usw. Anhand des Aufbaus eines Textes lässt sich erkennen, ob es sich, wie im Falle von „„Kabale und Liebe““ um ein klassisches, fünfaktiges Theaterstück oder zum Beispiel um ein Gedicht handelt. Bewusst gesetzte Signale durch den Gebrauch von sprachlichen Stilmitteln, wie Rhetorische Figuren, machen den Text anspruchsvoll und interessant. Themenwahl Um die Themen „Aufbau und Sprache“ in „„Kabale und Liebe““ gut und klar strukturiert darzustellen, habe ich mich für die im Inhaltsverzeichnis angegebenen Gliederungspunkte entschieden. www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 4 von 22 2. Der Aufbau des Stücks „Kabale und Liebe“ hat im überwiegenden den Aufbau eines fünfaktigen Theaterstücks. „Freytag begründete die Fünfaktigkeit mit der sachgegebenen Fünfteiligkeit des Aufbaus: Einleitung, Steigerung, Höhepunkt mit Peripetie, Fallen der Handlung und Lösung (Katastrophe) waren nach ihm die natürlichen Teile der Gliederung.“1 Dazu kommen noch die „drei Einheiten“: „Einheit des Ortes“ • Keine Ortswechsel „Einheit der Handlung“ • Ein Handlungsstrang, keine Nebenhandlungen „Einheit der Zeit“ • keine Zeitsprünge Durch den häufigen Wechsel der Schauplätze in „Kabale und Liebe“ („Zimmer beim Musikus“• „Saal beim Präsidenten“• „Ein Saal im Palais der Lady Milford“• „Zimmer beim Musikanten“• „Saal beim Präsidenten“• „Zimmer in Millers Wohnung“• „Saal beim Präsidenten“• „Ein sehr prächtiger Saal bei der Lady“• „Zimmer beim Musikanten“ ) und den zu dem Hauptgeschehen parallel laufende Handlungszweig der Lady Milford erhält Schiller einen Bruch mit den beiden Einheiten „Einheit des Ortes“ und „Einheit der Handlung“. An die letzte Einheit hält er sich, da sich die Handlung an einem Tag vollzieht. 2.1 Funktion der Akte und kurze Darstellung des Inhalts 1. Akt Exposition (Einleitung) Die handelnden Charaktere und deren Verhältnisse zueinander werden vorgestellt. • Der Konflikt der standesübergreifenden Liebe zwischen Luise und Ferdinand wird gezeigt. „ Anlauf […] der ersten Kabale, durch die der Präsident in das Liebesverhältnis eingreift.“2 2. Akt Steigerung (Steigender Verlauf der Handlung) Im zweiten Akt kommt der Charakter der Lady Milford hinzu. Die Handlung nimmt ihren Lauf. Schiller zeigt durch die realistische Beschreibung des damaligen Hoflebens seine Kritik an der höfischen Gesellschaft. •Kritik am Handel mit Landeskindern: „KAMMERDIENER. Seine Durchlaucht der Herzog empfehlen sich Mylady zu Gnaden, und schicken Ihnen diese Brillanten zur Hochzeit. Sie kommen soeben erst aus Venedig. LADY hat das Kästchen geöffnet und fährt erschrocken zurück. Mensch! was bezahlt dein Herzog für diese Steine? 1 Friedl, Gerhard, EINFACH DEUTSCH, Unterrichtsmodell Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, Verlag Ferdinand Schöningh, 2004, S.33 2 Nordmann, Beate, Königs Erläuterungen und Materialien Erläuterungen zu Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, Bange Verlag, 20031 , S.57 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 5 von 22 KAMMERDIENER mit finsterm Gesicht. Sie kosten ihn keinen Heller. LADY. Was? Bist du rasend? Nichts? - und Indem sie einen Schritt von ihm wegtritt. du wirfst mir ja einen Blick zu, als wenn du mich durchbohren wolltest - Nichts kosten ihn diese unermeßlich kostbaren Steine? KAMMERDIENER. Gestern sind siebentausend Landskinder nach Amerika fort - Die zahlen alles.“ (S.31/32) 3. Akt Höhepunkt und Peripetie (Wende) Anlauf der zweiten Kabale durch den Intriganten Wurm, der einen Liebesbrief von Luise geschrieben an den Hoffmarschall Kalb vortäuscht. Wurm: „…Wir diktieren ihr ein Billetdoux an eine dritte Person in die Feder, und spielen das mit guter Art dem Major in die Hände. (S.55) Hier werden die Vorausetzungen für das Ende des Trauerspiels gesetzt. Durch die Eifersucht Ferdinands und dadurch, dass er Luise nicht vertraut, findet eine Wende in ihrer Liebesbeziehung statt, die maßgeblich zum tragischen Ende führt. FERDINAND. Kalte Pflicht gegen feurige Liebe! - Und mich soll das Märchen blenden? Ein Liebhaber fesselt dich, und Weh über dich und ihn, wenn mein Verdacht sich bestätigt. Geht schnell ab. (S.66) 4. Akt (Fallen der Handlung) Ferdinand schlägt sich auf die Seite seines Vaters, nachdem er auf Wurms Intrige hereingefallen war. FERDINAND mit wilder, feuriger Empfindung. Verzeihung für meinen Undank, mein Vater! Ich bin ein verworfener Mensch. Ich habe Ihre Güte mißkannt. Sie meinten es mit mir so väterlich - O! Sie hatten eine weissagende Seele - Jetzt ists zu Spät - Verzeihung! Verzeihung! Ihren Segen, mein Vater! (S.81) „Die fallende Handlung wird verzögert, die Abreise der Lady fungiert als sog. retardierendes Moment“3 Abschiedsbrief der Lady: »Gnädigster Herr, Ein Vertrag, den Sie so leichtsinnig brachen, kann mich nicht mehr binden. Die Glückseligkeit Ihres Landes war die Bedingung meiner Liebe. Drei Jahre währte der Betrug. Die Binde fällt mir von den Augen; ich verabscheue Gunstbezeugungen, die von den Tränen der Untertanen triefen. - Schenken Sie die Liebe, die ich Ihnen nicht mehr erwidern kann, Ihrem weinenden Lande, und lernen von einer britischen Fürstin Erbarmen gegen Ihr teutsches Volk. In einer Stunde bin ich über der Grenze. Johanna Norfolk.« (S.93) 5. Akt Lösung (Katastrophe) Das Drama endet in einer Katastrophe. 3 Nordmann, Beate, Königs Erläuterungen und Materialien Erläuterungen zu Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, Bange Verlag, 20031 , S.34 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 6 von 22 Ferdinand, gesteuert von seinem blinden Hass auf Luise und seiner Eifersucht, vergiftet Luise und trinkt selbst von der vergifteten Limonade. Als Luise im Sterben liegt, klärt sie die Intrige auf. LUISE. Ferdinand! Ferdinand! - O - Nun kann ich nicht mehr schweigen - der Tod - der Tod hebt alle Eide auf - Ferdinand - Himmel und Erde hat nichts Unglückseligers als dich - Ich sterbe unschuldig, Ferdinand. …….. LUISE ihre Zunge wird schwerer, ihre Finger fangen an gichterisch zu zucken. Dieser Brief - Fasse dich, ein entsetzliches Wort zu hören - Meine Hand schrieb, was mein Herz verdammte - dein Vater hat ihn diktiert.(S.118) Sie sterben beide. Entsetzt darüber, was er angerichtet hat, und nachdem Wurm ihm angedroht hat seine Intrige aufzudecken, die ihm zum Präsidenten erhoben hat, stellt sich der Präsident den Gerichtsdienern. PRÄSIDENT steht schnell auf. Er vergab mir! Zu den andern. Jetzt euer Gefangener! Er geht ab, Gerichtsdiener folgen ihm, der Vorhang fällt. (S.122) 2.2 Der Aufbau des Stücks im Überblick www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 7 von 22 Der Aufbau des Stücks im Überblick Peripetie (Wende) Höhepunkt Exposition (Einleitung) Steigerung (Entwicklung ) 1. Akt Vorstellung aller Charaktere (Lady Milford nur indirekt). Vorstellung der Lebenswelten: Adel/ Bürgertum und der Liebesbeziehung Ferdinand/Luise. 2. Akt Zweifel bei Luise und Ferdinand. Aufeinander prallen der Stände in Millers Haus. Als Vorlage diente: Zimmer, Fallende Retardierendes Moment Handlung (Verzögerung des Handlungsablaufs) Katastrophe 3. Akt Peripetie : Katastrophe wird unvermeidbar. 4. Akt 5. Akt Kurze Hoffnung für die Liebenden durch die Abreise der Lady Milford ( retardierendes Moment). Notwendiges und konsequentes Zuendeführen des Verlaufs. Die Handlung endet in einer Katastrophe. Weitere retardierende Momente zur Spannungssteiger -ung. Thorsten, INTERPRETATIONSHILFE DEUTSCH Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, STARK, 2003, S.35 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 8 von 22 3. Die Sprache Die Sprache im Werk „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller spielt sowohl für die Charakterisierung der einzelnen Charaktere und deren einzelnen Handlungsstränge als auch für die Thematik und das, was Schiller damit zeigen will, eine wichtige Rolle. Schiller orientierte sich bei der Sprache in „Kabale und Liebe“ nicht so stark am „…sprachlichen Naturalismus der Lenzschen „Soldaten“ oder der Wagnerschen „Kindermörderin“…“4. Die Sprache im Naturalismus („Naturglaube; nur Sing.: Wirklichkeitstreue; nach naturgetreuer Darstellung strebende Kunstrichtung“5) ist ein direktes Abbild der wahren Dialekte und Mundarten. Durch die möglichst naturgetreue Wiedergabe des Dialekts und der Mundarten in der damaligen Zeit werden die Personen sowohl charakterisiert (eine indirekte Charakterisierung) und gleichzeitig ihren Gesellschaftsschichten zugeteilt. Diese Art der Sprache, die im Gegensatz zu anderen Texten steht, bei denen die Charaktere, egal ob König oder Knecht gleich sprechen, ermöglicht dem Leser einen besseren Überblick über den genauen Handlungsablauf und macht das Geschriebene gleichzeitig zu einem wahrheitsgetreuen Abbild der damals vorherrschenden Gesellschaftskonflikte. Friedrich Schiller schrieb das Stück im Jahr 1783. Somit ist „Kabale und Liebe“ ein bürgerliches Trauerspiel des „Sturm und Drangs“. Dadurch, dass Schiller den Dialekt übernimmt, wirkt das Stück „…für heutige Ohren an mancher Stelle befremdlich und unverständlich, stellenweise auch übertrieben und „künstlich“.“6 In der damaligen Literatur übernahm man in seine Erzählung keine „Idealvorstellungen“. Die Charaktere waren auffällig und hatten Ecken und Kanten, die Handlung war stürmisch und wechselte häufig zwischen dramatischen und spaßigen Elementen. Diese Gegebenheiten werden wiederum auch in der Sprache reflektiert. Schiller jedoch strebt mehr nach einer „…Sprachordnung, die Sphären bildet und den einzelnen Sprecher, unbeschadet des besonderen Ausdrucks, den die jeweilige Situation fordert, als Repräsentanten seiner Welt charakterisiert.“7 Schiller will also, auch wenn seine Charaktere aus ihrer standestypischen Sprache ausbrechen, weil es die Situation verlangt, trotzdem noch immer „wissen, wo sie hingehören“ und ihren Lebensbereich und dessen Ideale vertreten. Dabei wird unterschieden in: • Kleinbürgerliche Welt (verkörpert durch Musiker Miller und seiner Frau) • Höfische Welt (dargestellt durch Präsident Hofmarschall und Wurm) • Sprache der Liebenden (Besonderheit, vertreten durch Luise, Ferdinand und Lady Milford) 4 Wiese, Benno, DAS DEUTSCHE DRAMA Vom Barock bis zur Gegenwart Interpretationen, August Bagel Verlag Düsseldorf, S. 254 5 Prof. Dr. Dr. h. c. Günther Drosdowski, Dr. Wolfgang Müller, Dr. Werner Scholze-Stubenrecht, Dr. Matthias Wermke, DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 1996 6 Zimmer, Thorsten, INTERPRETATIONSHILFE DEUTSCH Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, STARK, 2003, S.36 7 Wiese, Benno, S. 254 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 9 von 22 Durch diese Einteilung der Gesellschaft in „Kabale und Liebe“ lässt sich jedoch nicht die Sprache stimmig zuordnen. Es gibt Überlappungen in den einzelnen Bereichen. Das Sprachfeld des Stücks gleicht somit „einem mehrdimensionalen Raum“8. Zudem kommt noch ein anderer wichtiger Faktor, der intellektuelle hinzu. Zu einem verwenden die Charaktere eine präzise Sprache mit eindeutiger Bedeutung, zum anderen glänzen sie gleich in nächsten Moment durch metaphorischen Sprachgebrauch, der die Leser ganz schön zum Nachdenken drängt. So sagt Luise auf S. 142 zu Lady Milford: LADY geschraubt. Mühe um die Klientin oder Patronin? LUISE. Das ist mir zu hoch, gnädige Frau. LADY. Mehr Schelmerei, als diese offene Bildung vermuten läßt! Luise nennt Sie sich? Und wie jung, wenn man fragen darf? Und begegnet jedoch später der Lady (S.125) LUISE. Mein Gesicht, gnädige Frau, gehört mir so wenig als meine Herkunft. LADY. Oder glaubt Sie vielleicht, das werde nimmer ein Ende nehmen? - Armes Geschöpf, wer dir das in den Kopf setzte - mag er sein, wer er will - er hat euch beide zum besten gehabt. Diese Wangen sind nicht im Feuer vergoldet. Was dir dein Spiegel für massiv und ewig verkauft, ist nur ein dünner, angeflogener Goldschaum, der deinem Anbeter über kurz oder lang in der Hand bleiben muß - Was werden wir dann machen? LUISE. Den Anbeter bedauern, Mylady, der einen Demant kaufte, weil er in Gold schien gefaßt zu sein. Der im oben angegebenen Beispiel dargestellte Kontrast zwischen präziser Wortwahl und metaphorischen Ausführungen zeigt sich auch bei anderen Charakteren. „An ihr haben mehr oder minder alle Personen Teil außer zweien [die] Geigersfrau und der […] Hoffmarschall.“9 Ihre Sprache ist „… unbegrifflich und verrät, dass die Sprecher keinen Überblick über die Situation besitzen“10 Auch Ferdinand, der erst nüchtern Luise kommentiert (5. Akt 7. Szene, S.112/113) LUISE. O ich bin sehr elend! FERDINAND in der bisherigen Stellung. Das könnte wahr sein. Formuliert kurz darauf gegenüber Luise Aussagen, die voll von Metaphern sind. LUISE. Sie sind aufgeräumt, Herr von Walter? 8 Wiese, Benno, S. 254 Wiese, Benno, Wiese, Benno, DAS DEUTSCHE DRAMA Vom Barock bis zur Gegenwart Interpretationen, August Bagel Verlag Düsseldorf, S. 255 10 Wiese, Benno, S. 255 9 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 10 von 22 FERDINAND. Ganz außerordentlich, um die Knaben auf dem Markt hinter mir her zu jagen! Nein! in Wahrheit, Luise. Dein Beispiel bekehrt mich - Du sollst meine Lehrerin sein. Toren sinds, die von ewiger Liebe schwatzen, ewiges Einerlei widersteht, Veränderung nur ist das Salz des Vergnügens - Topp, Luise! Ich bin dabei - Wir hüpfen von Roman zu Romane, wälzen uns von Schlamme zu Schlamm - Du dahin - Ich dorthin - Vielleicht, daß meine verlorene Ruhe sich in einem Bordell wiederfinden läßt - Vielleicht, daß wir dann nach dem lustigen Wettlauf, zwei modernde Gerippe, mit der angenehmsten Überraschung von der Welt zum zweitenmal aufeinanderstoßen, daß wir uns da an dem gemeinschaftlichen Familienzug, den kein Kind dieser Mutter verleugnet, wie in Komödien wiedererkennen, daß Ekel und Scham noch eine Harmonie veranstalten, die der zärtlichsten Liebe unmöglich gewesen ist. Ein anderer wichtiger sprachlicher Aspekt ist der Gebrauch von religiösen und biblischen Begriffen. Gott wird im Drama unter anderem als „Richter“(S.80, Z.24), „Vater der Liebenden“(S.12, Z.30) und „Erbarmer“(S.117, Z.25) bezeichnet. Andere biblische Begriffe wie „Himmel“(S.79) und „Hölle“ (S.79), „Beten“(S.6), „Jüngsten Gericht“(S.70) unterstreichen „…die vielfach angedeutete Thematik von Schuld, Verantwortung, Rettung und Strafe.“11 Wichtig sind auch die sehr exakten Regieanweisungen, die die Rolle der Handlung betont Wie z.B.: o FERDINAND fällt in fürchterlicher Bewegung o LUISE fährt erschrocken in die Höhe. Insgesamt kann man sagen, „ Schillers Sprachgebung dient verschiedenen, aber nicht immer vereinigten Zwecken. Sie charakterisiert die Sprecher, sie interpretiert objektive Sachverhalte und sie weist auf metaphysische Bedeutungen jenseits von Psychologie und Faktizität zurück.“12 11 Zimmer, Thorsten, INTERPRETATIONSHILFE DEUTSCH Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, STARK, 2003, S. 42 12 Wiese, Benno, S. 256 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 11 von 22 3.1 Der Kontrast zwischen höfischer Sprache und der Sprache des Bürgertums Kennzeichen der höfischen Sprache (Hofmarschall von Kalb Präsident und Wurm) Häufiger Gebrauch von Fremdwörtern ,zynisch, intrigant, geschliffen, gefährlich, berechenbar , befehlend arrogant Gebrauch von französischen Sprachelementen (vgl. Hofmarschall von Kalb): „Ah mon Dieu! (mein Gott)“ (S.62) „Malice (Schalkhaftigkeit)“ (S.60, Z.11) „Mort de ma Vie (im Sinne von: ich will des Todes sein.)“(S.62, Z17) „Importance (Bedeutung)“ (S.62, Z.25), „Ciel, (Himmel)“(S.93, Z.35), „Malheur (Unglück)“ (S.21, Z.19), „Merde d’Oye-Biber (Rock aus gänsekotfarbenen, langhaarigem Wollstoff“(S.22, Z.5), „Lever (Aufstehzeremonie der absolutistischen Herrscher am Morgen)“ (S.21, Z.12), „distrait (zerstreut)“ (S.92, Z.29), „echauffiert(erhitzt)“(S.93, Z.5)13 Kennzeichen der Sprache des Bürgertums (Musiker Miller, Frau Miller) - derb, geradlinig, ehrlich , vulgär Derbes Sprachverhalten gezeigt anhand Musiker Miller: „ Willst du dein Maul halten? Willst das Violoncello am Hirnkasten wissen (zu seiner Frau)“ (S.9, Z.29f.) „Halt du dein Maul, sag ich…“ (S.10, Z.12) „ Willst du Arm und Bein entzwei haben, Wettermaul?“ (S.10, Z31f.) Überschneidungen Falscher Fremdwortgebrauch (Zum Beispiel: Frau Miller sagt „barrdu“ statt „par tout). Frau Miller versucht in diesem Fall durch den Gebrauch von Fremdwörtern ihrem standesüberlegenen Gegenüber auf gleicher sprachlichr Ebene gegenüberzutreten. Das gelingt ihr oftmals nicht 13 Alle angegebenen Zitate aus der Primärliteratur www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 12 von 22 3.2 Die Sprache Millers „Miller spricht die Stürmer –und –Dränger -Sprache der Kraftvollen ’Kerls’: „teutsch und verständlich“ (S.48, Z.4f.).“14 Millers Sprache ist keine edle, er spricht direkt und sagt das, was er denkt. Besonders auffällig ist dies in Szene 6, 2 Akt, in der Miller klare Ansagen gegenüber dem Präsidenten macht. MILLER. Halten zu Gnaden. Ich heiße Miller, wenn Sie ein Adagio hören wollen - mit Buhlschaften dien ich nicht. Solang der Hof da noch Vorrat hat, kommt die Lieferung nicht an uns Bürgersleut. Halten zu Gnaden. ………… MILLER kommt ihm näher, herzhafter. Teutsch und verständlich. Halten zu Gnaden. Euer Exzellenz schalten und walten im Land. Das ist meine Stube. Mein devotestes Kompliment, wenn ich dermaleins ein Promemoria bringe, aber den ungehobelten Gast werf ich zur Tür hinaus - Halten zu Gnaden. • Miller droht dem Präsidenten mit Hausverbot PRÄSIDENT vor Wut blaß. Was? - Was ist das? Tritt ihm näher. MILLER zieht sich sachte zurück. Das war nur so meine Meinung, Herr - Halten zu Gnaden. PRÄSIDENT in Flammen. Ha, Spitzbube! Ins Zuchthaus spricht dich deine vermessene Meinung - Fort! Man soll Gerichtsdiener holen. Einige vom Gefolg gehen ab; der Präsident rennt voll Wut durch das Zimmer. Vater ins Zuchthaus - an den Pranger Mutter und Metze von Tochter! - Die Gerechtigkeit soll meiner Wut ihre Arme borgen. Für diesen Schimpf muß ich schreckliche Genugtuung haben - Ein solches Gesindel sollte meine Plane zerschlagen, und ungestraft Vater und Sohn aneinander hetzen? - Ha, Verfluchte! Ich will meinen Haß an eurem Untergang sättigen, die ganze Brut, Vater, Mutter und Tochter, will ich meiner brennenden Rache opfern. 14 Kopfermann, Thomas, Anregungen für den Literatutunterricht, Klett, 1992, S.40 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 13 von 22 Zwar „entschuldigt“ er sich jedes Mal, wenn er sich im Ton vergriffen hat mit „- Halten zu Gnaden.“, doch durch seine Aussagen wird deutlich, dass er sich traut, das zu sagen, was er denkt, und seine Ideale zu vertreten. Diese unterwerfende Sprache lässt sich mit einem Brief Schillers, geschrieben an den Herzog Karl Eugen, vergleichen: Durchlauchtigster Herzog Gnädigster Herzog und Herr, Mannheim, 24. September 1782 …... Ich habe gehofft Eurer Herzoglichen Durchlaucht… …., Eure Herzogliche Durchlaucht…. …. Höchstdero hoher Gnade empfing,…. ….. Eurer Herzoglichen Durchlaucht…. …. Ich bitte Euer Herzogliche Durchlaucht in tiefster Untertänigkeit mir zu befehlen… … Eure Herzogliche Durchlaucht mir die Gnade verweigern sollten,… ….. Eurer Herzoglichen Durchlaucht unterthänigsttreugehorsamster ©15 Millers Sprache ist auch ein Beispiel für den drastischen Sprachstil Schillers: „Gelt, wenn so ein Musje von sich da und dort, und dort und hier schon herumbeholfen hat, wenn er, der Henker weiß was als? gelöst hat, “ (S.5, Z.29) • Vermutlich spielt Miller auf Ferdinands sexuelle Abenteuer an. „gelöst“ steht hierbei als Symbol der Entjungferung. Insgesamt kann man über Millers Sprache sagen, das „[d]ie soziale Dimension […]ihren bürgerlichen Pol in der kräftigen, derben, treuherzig bildhaften und sprichwörtlichen Rede des Musikus[hat], der Metaphern aus seinem Handwerk […] ihr besonderes Gepräge geben […] Millers sprachliche Gegenstück ist der glatte, verbindlich distanzierende oder scharf befehlende, zynische […] ton des Präsidenten.“16 3.3 Die intrigante Sprache Wurms Was sich durch die Namensgebung Wurm über seinen Charakter schon erahnen lässt, bestätigt sich auch in seiner Sprache. Wurm versteht sich perfekt darauf seine Sprache für seine Ziele einzusetzen, er weiß, wie er seinen Gegenüber überzeugen kann, dieses Verhalten macht ihn unberechenbar. Seine unterschiedlichen Sprechweisen erkennt man am Besten, wenn man sein Auftreten gegenüber den anderen Charakteren in „Kabale und Liebe“ untereinander vergleicht: 15 16 http://www.lehrerfortbildung-bw.de/faecher/deutsch/projekte/dramatik/kabale/sprache/ Wiese, Benno, DAS DEUTSCHE DRAMA Vom Barock bis zur Gegenwart Interpretationen, August Bagel Verlag Düsseldorf, S.254 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 14 von 22 Person Präsident Frau Miller Luise Sprachverhalten von Wurm „Dem Präsidenten gegenüber gibt er sich ganz als der eloquente Politiker und Höfling. Mit ausschweifenden Formulierungen und Phrasen tritt er seinem Herrn gegenüber.“17 Bsp.: WURM. Sie wird Euer Exzellenz auf die Wunde hinweisen und auch vielleicht auf den Verband. Einen solchen Charakter - erlauben Sie - hätte man entweder nie zum Vertrauten, oder niemals zum Feind machen sollen. Er verabscheut das Mittel, wodurch Sie gestiegen sind. Vielleicht war es bis jetzt nur der Sohn, der die Zunge des Verräters band. Geben Sie ihm Gelegenheit, jenen rechtmäßig abzuschütteln. Machen Sie ihn durch wiederholte Stürme auf seine Leidenschaft glauben, daß Sie der zärtliche Vater nicht sind, so dringen die Pflichten des Patrioten bei ihm vor. Ja, schon allein die seltsame Phantasie, der Gerechtigkeit ein so merkwürdiges Opfer zu bringen, könnte Reiz genug für ihn haben, selbst seinen Vater zu stürzen. „Höflich-galant begegnet er Luises Mutter im ersten Akt, hier noch darauf hoffend, mithilfe der Eltern die Tochter als Ehefrau gewinnen zu können..“18 Bsp.: (1. Akt, 2. Szene) FRAU. Ah guten Morgen, Herr Sekertare. Hat man auch einmal wieder das Vergnügen von Ihnen? WURM. Meinerseits, meinerseits, Frau Base. Wo eine Kavaliersgnade einspricht, kommt mein bürgerliches Vergnügen in gar keine Rechnung. Durch knappe Bemerkungen und treffende Argumente bringt er Luise dazu den Brief zu schreiben. Bsp.: LUISE. Kann ich ihn zwingen, daß er mich hassen muß? (ihn = Ferdinand) WURM. Wir wollen versuchen. Setzen Sie sich. LUISE betreten. Mensch! Was brütest du? WURM. Setzen Sie sich. Schreiben Sie! Hier ist Feder, Papier und Dinte. LUISE setzt sich in höchster Beunruhigung. Was soll ich schreiben? An wen soll ich schreiben? WURM. An den Henker Ihres Vaters. LUISE. Ha! du verstehst dich darauf, Seelen auf die Folter zu schrauben. Ergreift eine Feder. WURM diktiert. »Gnädiger Herr« - Luise schreibt mit zitternder Hand. 17 Zimmer, Thorsten, INTERPRETATIONSHILFE DEUTSCH Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, STARK, 2003, S.40 18 Zimmer, Thorsten, S.40 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 15 von 22 3.4 Die Sprache Ferdinands, der Lady und Luise Die Sprache von Ferdinand, der Lady und Luise lässt sich nicht zu einem der Bereiche (Kleinbürgerliche Welt oder Höfische Welt) zuordnen. Ihre Sprache ist die Sprache der Liebenden. Sie wechselt häufig zwischen der standestypischen Sprache, bei Luise die Sprache des Bürgertums und bei Ferdinand und der Lady die Sprache des Hofes, zu poetischen und metaphorischen Sprachgebrauch. „Das Leitwort [ihrer Sprache ist das] „Herz“.“19 Hier ein paar Beispiele für die Sprache der Liebenden: (1.Akt, 4. Szene) FERDINAND. Was ist das? Befremdet. Mädchen! Höre! Wie kommst du auf das? - Du bist meine Luise! Wer sagt dir, daß du noch etwas sein solltest? Siehst du Falsche, auf welchem Kaltsinn ich dir begegnen muß. Wärest du ganz nur Liebe für mich, wann hättest du Zeit gehabt, eine Vergleichung zu machen? Wenn ich bei dir bin, zerschmilzt meine Vernunft in einen Blick - in einen Traum von dir, wenn ich weg bin, und du hast noch eine Klugheit neben deiner Liebe? - Schäme dich! Jeder Augenblick, den du an diesen Kummer verlorst, war deinem Jüngling gestohlen. ………. FERDINAND. Ich fürchte nichts - nichts - als die Grenzen deiner Liebe. Laß auch Hindernisse wie Gebürge zwischen uns treten, ich will sie für Treppen nehmen und drüber hin in Luisens Arme fliegen. Die Stürme des widrigen Schicksals sollen meine Empfindung emporblasen, Gefahren werden meine Luise nur reizender machen. - Also nichts mehr von Furcht, meine Liebe. Ich selbst - ich will über dir wachen wie der Zauberdrach über unterirdischem Golde - Mir vertraue dich. Du brauchst keinen Engel mehr - Ich will mich zwischen dich und das Schicksal werfen - empfangen für dich jede Wunde - auffassen für dich jeden Tropfen aus dem Becher der Freude - dir ihn bringen in der Schale der Liebe. Sie zärtlich umfassend. An diesem Arm soll meine Luise durchs Leben hüpfen, schöner als er dich von sich ließ, soll der Himmel dich wieder haben und mit Verwunderung eingestehn, daß nur die Liebe die letzte Hand an die Seelen legte – ……….. LUISE. Ich hatte diese Träume vergessen und war glücklich - Jetzt! Jetzt! Von heut an- der Friede meines Lebens ist aus - Wilde Wünsche - ich weiß es - werden in meinem Busen rasen. - Geh - Gott vergebe dirs - Du hast den Feuerbrand in mein junges friedsames Herz geworfen, und er wird nimmer, nimmer gelöscht werden. Sie stürzt hinaus. Er folgt ihr sprachlos nach.“ Auch Die Lady beherrscht diese Sprechweise (Vgl. 4. Akt, 7. Szene) LADY die sich jetzt gefaßt hat. Wo bin ich? Wo war ich? Was hab ich merken lassen? Wen hab ichs merken lassen? - O Luise, edle, große, göttliche Seele! Vergibs einer Rasenden - Ich will dir kein Haar kränken, mein Kind. Wünsche! Fodre! Ich will dich auf den Händen tragen, deine Freundin, deine Schwester will ich sein - Du bist arm 19 Nordmann, Beate, Königs Erläuterungen und Materialien Erläuterungen zu Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, Bange Verlag, 20031 , S.96 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 16 von 22 3.5 Rhetorische Figuren in „„Kabale und Liebe““ Schillers Drama zieht „aus dem Ineinander „niedriger“, realistischer und „hoher“ pathetischer Stilelemente seine größte Wirksamkeit.“20 Genauso wirksam sind auch die anderen in „Kabale und Liebe“ vorkommenden Rhetorischen Figuren: 1. Akt FIGUREN Stichomythie (gr. stichos = Vers, metron = Maß) Rede und Gegenrede zweier Figuren wechseln von Vers zu Vers im Dramendialog. Parataxe (gr. Nebeneinanderstellung, Beiordnung) Hauptsätze folgen aufeinander. Rhetorische Frage Umwandlung einer Aussage in eine Frage. Exclamatio (lat. Aufruf, Aufschrei) Umwandlung einer Aussage in einen Ausruf, entweder gestisch, durch Tonstärke und Satzmelodie oder mit Hilfe des Satzbaus. Alliteration ( gleicher Anlaut aufeinender folgender Wörter) Gleicher betonter Anlaut zweier oder mehrerer Wörter in unmittelbarer Nähe. Anapher (gr. anaphora = Rückbeziehung, Wiederaufnahme) Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Anfang aufeinander folgender Sätze. Hyperbel (gr. hyperbole = Übermaß) Oft unglaubwürdige oder unmögliche Übertreibung zur Darstellung des Außerordentlichen, meist mit Mitteln der Metaphorik oder des ausgeführten Vergleichs. Allegorie (gr. allo agoreuein = etwas anderes sagen) Ein Bild veranschaulicht einen Begriff oder eine Bild- oder Handlungsfolge, einen abstrakten Zusammenhang. 20 Textbelege aus der Primärliteratur Vgl. 1. Akt 1. Szene Miller •Frau MILLER. Der Handel wird ernsthaft. Meine Tochter kommt mit dem Baron ins Geschrei. Mein Haus wird verrufen. (S.5, Z.7f.) FRAU. Was kann über dich kommen? Wer kann dir was anhaben? (S.5, Z.22f.) MILLER. Dass dich alle Hagel! (S.10, Z.36) MILLER. Keller und Koch (S.12, Z.13) LUISE. Ich beweine mein Schicksal nicht. Ich will ja nur wenig - (S.13, Z.14) LUISE. Dies Blümchen Jugend - wär es ein Veilchen, und er träte drauf, und es dürfte bescheiden unter ihm sterben! (S.13, Z.18f.) • Vgl. Veilchen- Bild „Blümchen Jugend“ LUISE: Wenn die Mücke in ihren Strahlen sich sonnt kann sie das strafen, die stolze majestätische Sonne? (S.13, Z.20-22) Herrmann, Hans P.; Herrmann, Martina, GRUNDLAGEN UND GEDANKEN Friedrich schiller „Kabale und Liebe“, Dieterweg, 19976, S.88 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 17 von 22 Vergleich Zwei Vorstellungen aus unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen werden ausdrücklich- durch „wie“ oder „als ob“ – zueinander in Beziehung gesetzt. Paradoxon (gr. das Unerwartete) Eine scheinbar widersinnige Aussage erweist sich als sinnvoll. Pathos ( gr. Leid) Absichtlich kunstvoll gesteigerte Sprache, Sprachausdruck der feierlichen Ergriffenheit, des begeisternden Schwungs, der erfüllten/ unerfüllten Empfindung . Parenthese (gr. parenthesis = Einschub) Einführung eines Worts , eines selbstständigen, von Gedankenstrichen, Klammern oder Komas begrenzten Haupt- oder Nebensatzes in einen anderen Satz. Akkumulation (Häufung) Aneinanderreihung von Wörtern, die zu einem Oberbegriff gehören. LUISE. Tausend junge Gefühle schossen aus meinem Herzen, wie die Blumen aus dem Erdreich, wenns Frühling wird. (S.13- 14, Z.36ff.)21 LUISE: Ich wusste von keinem Gott mehr, und doch hatt ich ihn nie so geliebt. (S.14, Z.4f.) • gemeint ist Ferdinand Vgl. Dialoge Luise• Ferdinand (1. Akt 4. Szene) MILLER. - den Major - Gott ist mein Zeuge - ich kann dir ihn nimmer geben. (S.14, Z.8f.) LUISE. Ich seh in die Zukunft - die Stimme des Ruhms deine Entwürfe - dein Vater - mein Nichts. (S.16, Z.6f.) Alliteration ( gleicher Anlaut aufeinender folgender Wörter) Gleicher betonter Anlaut zweier oder mehrerer Wörter in unmittelbarer Nähe. Metapher (gr. metaphora = Übertragung) Ein Wort aus einem anderen Bedeutungszusammenhang ersetzt das eigentlichgemeinte. Repetitio (Wiederholung) LUISE. Wilde Wünsche (S. 17, Z.11) LUISE. Du hast den Feuerbrand in mein junges friedsames Herz geworfen, (S.17, Z.12f.) LUISE: Nimmer, nimmer (S.17, Z.14) 2. Akt FIGUREN Klimax (gr. Steigleiter) Eine Reihe von Wörtern oder Sätzen bringt eine Steigerung zum Ausdruck. Antithese (gr. antithesis = Gegen-Satz) Gegenüberstellung gegensätzlicher Begriffe oder Gedanken. Textbelege aus der Primärliteratur SOPHIE. Den schönsten Mann - den feurigsten Liebhaber den witzigsten Kopf in seinem ganzen Lande! (S.29, Z.8f.) LADY. - ich habe dem Fürsten meine Ehre verkauft, aber mein Herz habe ich frei behalten(S.29, Z.33f.) www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 18 von 22 Paronomasie (gr. = Wortumbildung) Spiel mit der Bedeutung von Wörtern LADY. Belogene Lügner (S.31, Z.16) • Desselben Stammes (Figura etymologica (lat Kunstwort). Pluralis majestatis ( Majestätsplural) Bezeichnung der eigenen Person im Plural als Ausdruck der Macht, eingeschränkt für den Gebrauch der Monarchen. Sarkasmus (gr. sarkasmós, = „die Zerfleischung, der beißende Spott“) Bittere Ironie Parallelismus In Aufeinenderfolgenden Sätzen sind die Satzglieder in gleicher Weise angeordnet. Hypotaxe (gr. = Unterordnung) Nebensatzgefüge Symbol (gr. symbolon = Kennzeichen) Ein konkreter Gegenstand verweist auf einen allgemeinen Sinnzusammenhang. Synekdoche (gr. Mitverstehen) Ersetzung eines Begriffs durch einen engeren oder weiteren desselben Bedeutungsfeldes. Inversion (lat. inversio = Umkehrung) Die übliche Wortfolge wird verändert. Chiasmus (lat.= in der Form des griechischen Buchstabens chi= •, d.h. in Überkeuzstellung) Überkreuzte syntaktische Stellung von Wörtern zweier aufeinander bezogener Wortgruppen oder Sätze. KAMMERDIENER. Seine Durchlaucht der Herzog empfehlen sich Mylady zu Gnaden, (S.31, Z.24f.) KAMMERDIENER. O Gott - Nein - lauter Freiwillige. (S.32, Z.13f.) • Antwort auf die Frage der Lady ob der verkauf der Landeskinder freiwillig war. LADY. Und ich hörte nichts? Und ich merkte nichts? (S.32, Z.22f.) FERDINAND. Es will mir nicht zu Kopfe, Mylady, daß eine Dame von so viel Schönheit und Geist Eigenschaften, die ein Mann schätzen würde sich an einen Fürsten sollte wegwerfen können, der nur das Geschlecht an ihr zu bewundern gelernt hat, wenn sich diese Dame nicht schämte, vor einem Mann mit ihrem Herzen zu treten. (S.36, Z.23-29) LADY. Lamm (S.39, Z.17) • Diel Lady half den Bürgern, Lamm steht vermutlich für die hilflosen Bürger. FERDINAND. Der Ewige (S.45, Z.19) • gemeint ist Gott FERDINAND. Zwar die Gewalt des Präsidenten ist groß (S.46, Z.30) • statt: Die Gewalt des Präsidenten ist zwar groß. PRÄSIDENT: Vater ins Zuchthaus - an den Pranger Mutter und Metze von Tochter! (S.49, Z.27-30) www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 19 von 22 • sprachliche Veranschaulichung Apostrophe (gr. Abwendung) Hinwendung des Rhetors oder Dichters zum Publikum oder zu anderen, meist abwesenden (auch toten) Personen. FERDINAND. Du, Allmächtiger, bist Zeuge! (S.52, Z.15) • Rede zu Gott 3. Akt FIGUREN Textbelege aus der Primärliteratur Amplifikation (Erweiterung) Kunstvolle Aufschwellung einer Aussage über das zur unmittelbaren Verständigung Nötige hinaus. Epiphrasis (gr. = Nachsatz) Nachtrag zu einem an sich abgeschlossenen Satz zur emphatischen (gr. emphasis = Verdeutlichung) Steigerung. Epitheton (gr. = Zusatz, Beiwort) Einem Substantiv oder Namen beigefügtes Adjektiv oder Partizip. Hyperbel (gr. hyperbole = Übermaß) Oft unglaubwürdige oder unmögliche Übertreibung zur Darstellung des Außerordentlichen, meist mit Mitteln der Metaphorik oder des ausgeführten Vergleichs. Aposiopese (gr. Aposiopesis = das Verstummen) Bewusstes Abbrechen der Rede vor der entscheidenden Aussage. Correctio (lat. = Verbesserung) Unmittelbare Berichtigung einer eigenen Äußerung. • Steigerung der Aussage Interjektion (Einwurf) In einem Satzzusammenhang eingeschobener Einwurf. Hoffmarschall. Ich beschwöre Sie, Teurer, Goldner! (S.62, Z. 3) FERDINAND. Das schwarze Geheimnis (S.63, Z21f.) • gemeint ist die Mordtat des Präsidenten FERDINAND. Ein Lächeln meiner Luise ist Stoff für Jahrhunderte (S.64, Z.16f.) WURM. Sollte die Närrin etwa? - Teufel! sie wird doch nicht (S.69, Z.24f.) LUISE: Zu eben dem Herzog, der meinen Vater auf Tod und Leben will richten lassen - Nein! Nicht will muß richten lassen, weil einige Böswichter wollen; (S.69, Z.33ff.) WURM. Gehen Sie, o gehen Sie ja. (S.70, Z.19) • Einwurf Repetitio (Wiederholung) Paronomasie (gr. = Wortumbildung) Spiel mit der Bedeutung von Wörtern LUISE. Bleiben Sie! Bleiben Sie! (S.71 Z.10.) LUISE. Reden Sie! Raten Sie! (S.71, Z. 13) www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 20 von 22 • Unterschiedlicher Bedeutung, aber ähnlicher Lautgestalt 4. Akt FIGUREN Periphrase (gr. periphrasis = Umschreibung) Umschreibung einer Person, einer Sache oder eines Begriffs durch kennzeichnende Tätigkeiten, Eigenschaften oder Wirkungen. Sentenz (lat. Sententia = Meinung, Gedanke) Sie drücken allgemein gültige Ideen aus, überhöhen Sachverhalte sprachlich, Sentenz wird häufig zum Sprichwort. Klimax (gr. Steigleiter) Eine Reihe von Wörtern oder Sätzen bringt eine Steigerung zum Ausdruck. Sentenz (lat. Sententia = Meinung, Gedanke) Sie drücken allgemein gültige Ideen aus, überhöhen Sachverhalte sprachlich, Sentenz wird häufig zum Sprichwort. Textbelege aus der Primärliteratur FERDINAND. Richter der Welt! (S.80, Z.25) • gemeint ist Gott LUISE. „Den Anbeter bedauern, Mylady, der einen Demant kaufte, weil er in Gold schien gefaßt zu sein.“ (S.85, Z.31 f.) LADY. Unerträglich, daß sie mir das sagt! Unerträglicher, daß sie recht hat! (S.87, Z.9ff) „Die arme Sünderin auf dem berüchtigten Henkerstuhl lacht zu Weltuntergang.“ (S.87, Z.21ff) Ellipse (gr. , lat. Ellipsis = Auslassung) Weglassen von Satzgliedern, die zum Verständnis nicht unbedingt notwendig sind. • dient der gesteigerten Expression Synästhesie (gr. = Zusammenempfindung) Vermischung unterschiedlicher Sinneswahrnehmungen. LADY. Das Geschenk deines Sterberöchelns - das schauervolle Vermächtnis deiner Verzweiflung! (S.90, Z. 26f.) LADY. Süße goldene Bilder der Liebe (S.91, Z.11) • • schmecken/ sehen riechen Metapher (gr. metaphora = Übertragung) Ein Wort aus einem anderen Bedeutungszusammenhang ersetzt das eigentlich gemeinte. MILLER: Nur der Gewissenswurm schwärmt mit der Eule. Sünden und böse Geister scheuen das Licht. (S.95, Z.28) 5. Akt FIGUREN Textbelege aus der Primärliteratur Antithese (gr. antithesis = Gegen-Satz) Gegenüberstellung gegensätzlicher Begriffe oder Gedanken. LUISE. Die Buchstaben liegen wie kalte Leichname da und leben nur Augen der Liebe. (S.96, Z.30f:) • Gegensatz „Leichname“ - „leben“. www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 21 von 22 Antizipation (lat. Anticipatio = Vorwegnahme) Vorgriff auf chronologisch spätere Handlungsteile. LUISE. Mich zu ermorden ist er da! (S.101, Z.15) • Vorgriff auf die Vergiftung Luises durch Ferdinand. Metapher (gr. metaphora = Übertragung) Ein Wort aus einem anderen Bedeutungszusammenhang ersetzt das eigentlich gemeinte. FERDINAND: - einen Augenblick später, und du schleuderst die giftige Natter ihrer höllischen Heimat zu, verfluchst das Geschenk und den Geber, und fährst mit der Gotteslästerung in die Grube. ... (S.103, Z.21) 22 4. Literaturverzeichnis Primärliteratur: Schiller, Friedrich, Reclam, „Kabale und Liebe“, Reclam, Stuttgart, 2001 Sekundärliteratur: Diekhans, Johannes, EINFACH DEUTSCH, Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, Verlag Ferdinand Schöningh, 2003 Friedl, Gerhard, EINFACH DEUTSCH, Unterrichtsmodell Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, Verlag Ferdinand Schöningh, 2004 Herrmann, Hans P.; Herrmann, Martina, GRUNDLAGEN UND GEDANKEN Friedrich schiller „Kabale und Liebe“, Dieterweg, 19976 Kopfermann, Thomas, Anregungen für den Literatutunterricht, Klett, 1992 Nordmann, Beate, Königs Erläuterungen und Materialien Erläuterungen zu Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, Bange Verlag, 20031 22 Als Vorlage diente Friedl, Gerhard, EINFACH DEUTSCH, Unterrichtsmodell Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, Verlag Ferdinand Schöningh, 2004, S. 121-123; Schweikle, Günther und Irmgard, METZLER LITERATUR LEXIKON Begriffe und Definitionen Zweite, überarbeitete Auflage, J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 1990 www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 22 von 22 Wiese, Benno, DAS DEUTSCHE DRAMA Vom Barock bis zur Gegenwart Interpretationen, August Bagel Verlag Düsseldorf Zimmer, Thorsten, INTERPRETATIONSHILFE DEUTSCH Friedrich Schiller „Kabale und Liebe“, STARK, 2003 Nachschlagwerke: Prof. Dr. Dr. h. c. Günther Drosdowski, Dr. Wolfgang Müller, Dr. Werner Scholze-Stubenrecht, Dr. Matthias Wermke, DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 1996 Schweikle, Günther und Irmgard, METZLER LITERATUR LEXIKON Begriffe und Definitionen Zweite, überarbeitete Auflage, J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 1990 Verwendete Links: http://www.lehrerfortbildungbw.de/faecher/deutsch/projekte/dramatik/kabale/sprache/ Bilder Deckblatt: www.volkerhaas.de/kabale.jpg www.KlausSchenck.de / Deutsch / 12 / Literatur / Schiller: „Kabale & Liebe“ Jan Ziegler: „Aufbau und Sprache“ Seite 23 von 22 www.kabale-und-liebe.de/img/kabale3.gif www.treasury.ru/~valja/liebe.jpg www.areitmann.gmxhome.de/schlange.gif