Beten wie Jabez

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Beten wie Jabez
ST. ANNA-GEMEINDE ZÜRICH
Beten wie Jabez
Predigt von Pfarrer Walter Gisin
gehalten am 15. September 2013
Schriftlesung: Lukas 19,1-10
Predigttext: 1. Chronik 4, 9 und 10
„Und Jabez war angesehener als seine Brüder; und seine Mutter
gab ihm den Namen Jabez und sagte: Denn in Schmerzen habe ich
ihn geboren. Und Jabez rief den Gott Israels an und sagte: Dass
du mich doch segnen und mein Gebiet erweitern mögest und dass
deine Hand mit mir sei und du mich vom Unglück fern hieltest, so
dass kein Schmerz mich trifft! Und Gott liess kommen, was er erbeten hatte.“
Liebe Gemeinde
Heute ist Eidgenössischer Bettag. Darum habe ich Jabez ausgesucht, der uns ein gutes Beispiel für das Gebet ist. Das erste Chronikbuch enthält in seinen ersten neun Kapiteln viele Namen und
Stammbäume. Das Gebet des Jabez, das in 1. Chronik 4 steht,
stammt von einem Nachkommen Judas, des Sohnes von Jakob,
dem Patriarchen des Volkes Israel. Jabez betete gegen seinen Namen, der ein Fluchwort war. Er bedeutet Pein und Schmerz! Einen
solchen Namen zu tragen, war nicht nur peinlich, sondern höchst
unangenehm. Seine Mutter hatte ihm diesen gegeben, weil sie bei
der Geburt grosse Schmerzen erleiden musste.
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Wir haben es viel besser. Wir haben einen ganz besonderen Namen, der vermutlich in der ganzen Welt geschätzt wird, wie kein
anderer. Wir dürfen uns „Schweizer“ nennen. Weil wir Schweizer
sind, haben wir schon von Geburt an unbegreiflich viele Vorzüge
und Annehmlichkeiten, die in andern Teilen der Welt unerreichbar
sind. Aber wir wissen genau, dass diese Vorzüge unserer Heimat
zerbrechlich sein können. Diese Vorzüge haben auch sehr viel mit
unserer Regierung zu tun, aber auch mit den Werten, die in unserem Land in den Schulen und durch die Medien hochgehalten
werden. Es gibt aber immer wieder Mächte, die unsere biblischen,
christlichen Werte zerstören wollen. Darum wollen wir einesteils
das Danken nicht vergessen! Danken für alles, das wir an Wunderbarem besitzen und geniessen dürfen. Doch noch viel weniger
wollen wir das Beten vergessen. Wir wollen beten wie Jabez, beten gegen die zerstörerischen Mächte, die unsere von Gott geschenkten Werte aushöhlen und zerstören wollen.
In Israel von damals war der Name nicht einfach Schall und
Rauch, sondern „nomen est omen“. Das heisst, er war ein Vorzeichen, eben ein „Omen“. Ein guter Name war ein Segen, ein negativer dagegen war wie ein Fluch. Rahel zum Beispiel nannte ihren
zweiten Sohn bei der Geburt „Benoni“ (Sohn des Unheils), weil
sie eine äusserst schwere Geburt hatte und sogar daran starb. Doch
der Vater des Kindes, Jakob, nannte ihn „Benjamin“ (Sohn der
Rechten, Sohn des Glücks) und gab ihm so einen Segensnamen. –
Bei Jabez war jedoch niemand da, der seinen Namen änderte. Darum rief er Gott an und betete, wohl ziemlich laut! Auch wir wollen uns fragen, wie man wohl beten solle.
Jabez rief auch zu Gott. Er wollte, dass Gott ihm in seiner Not
hilft und ihn von diesem Fluch befreit. Wie laut Jabez rief, wissen
wir nicht. Dazu ein kleines Beispiel: Die Frau meines Freundes
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studierte Psychologie. Sie lernte die Urschreitherapie kennen.
Mein Freund zimmerte ihr deshalb in der Wohnung ein kleines
Kämmerchen und polsterte es richtig gut aus. Hie und da verkroch
sich seine Frau darin und schrie so richtig laut. Sie praktizierte die
Urschreitherapie. Das kann ja vermutlich helfen und wohl tun.
Manchmal hilft es, wenn wir mal so richtig laut hinausschreien,
auch beim Beten. Nur sollten wir dann irgendwo im Wald sein, wo
uns keiner zuhört. Es war gewiss keine Urschreitherapie, die Jabez
praktizierte, sondern er hat Gott angerufen!
Es gibt auch das andere Beispiel von Hanna. Sie hatte ebenfalls
eine Not. Es war nicht ihr Name, sondern sie konnte keine Kinder
haben. Darum ging sie in den Tempel. Der befand sich damals in
Silo. Dort kniete sie nieder und bewegte beim Beten nur ihre Lippen und sie weinte. Sie wird sich auch bewegt haben und inbrünstig innerlich zu Gott geschrien haben, ohne dass man sie hörte.
Der damalige Hohepriester Eli sah sie und meinte, sie sei betrunken. Deshalb wollte er sie zum Tempel hinaus jagen. Doch Hanna
erklärte ihm ihre Not, und Eli versprach ihr, dass ihr Gebet erhört
werde.
Soll man laut oder leise beten? Ja, vielleicht müssen wir wirklich
auch einmal so richtig laut zu Gott rufen. Vielleicht müssen wir
wie Hanna auch einmal Tränen vergiessen und ganz im Stillen
Gott anflehen. – Meine Frau und ich beten einfach, ganz schlicht,
ruhig und ohne zu schreien. Wichtig ist nicht die Lautstärke unserer Gebete, sondern die Aufrichtigkeit – so wie Jabez. Er rief Gott
an, ganz aufrichtig, und Gott erhörte ihn.
Vielleicht haben Sie vom Büchlein von Bruce Wilkinson gehört:
Das Gebet des Jabez. Es wurde vielfach verkauft und in viele
Sprachen übersetzt. Ich kenne es nicht. Letzthin wurde es kriti-
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siert, weil es in Richtung Wohlstandsevangelium ging. Als ob
Christen um Wohlstand beten könnten, und Gott ihnen Reichtum
schenkt, so wie er es bei Jabez tat. Das ist aber nicht der Sinn des
Gebetes von Jabez. Er wollte, dass Gott den Fluch seines Namens
aufhebe und ihn kein Schmerz und keine Pein mehr treffe, dass es
ihm gut gehe. Gott hat auf dieses Gebet gehört. Es geht aber nicht
darum, möglichst reich zu werden! Die meisten Schweizer leben
im Wohlstand, und trotzdem sind manche von ihnen tief traurig.
Auch viele Christen in der Welt sind äusserst arm und krank und
haben Not und Pein, obwohl sie oft beten wie Jabez!
Ein ‚moderner‘ Jabez ist wohl einer der bekannten amerikanischen
Pastoren, der viele Bücher geschrieben hat. Gott hat ihm vieles
geschenkt: 1. Er hat ihn reich gesegnet mit vielen guten Gaben des
Predigens und des Schreibens. 2. Er hat sein „Gebiet“ (seine Einflusssphäre) sehr erweitert, bis in die ganze Welt hinaus! 3. Gottes
Hand war mit ihm und stärkte ihn zu guten Werken und zur Verkündigung des Evangeliums. Er war einflussreich, mehr als viele
andere Pastoren. Aber die beiden weiteren Bitten von Jabez hat
Gott ihm nicht erfüllt: Dass Gott Unglück von ihm fern hielte und
ihn kein Schmerz treffen möge. Er musste erleben, dass sein Sohn
sich das Leben nahm, weil er unter Depressionen litt. Gott erhörte
das Gebet seines Sohnes nicht. Er war Christ, auch sein Sohn war
Christ, sie konnten beten. Aber nicht immer erhört Gott unsere
Gebete. Dieses Beispiel zeigt, dass wir wie Jesus im Garten Gethsemane immer auch beten müssen: „Nicht mein Wille geschehe,
sondern dein Wille.“
Es gibt aber auch das andere Beispiel: Ein lieber Freund, der jetzt
beim Herrn ist, hatte dieselbe Schwäche. Er war von Depressionen
geplagt, sodass er sich in seiner Jugend das Leben nehmen wollte.
Doch dann begegnete er Leuten, die ihm zeigen konnten, welche
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Macht Jesus Christus hat. Er vertraute sein Leben ihm an und
wurde ganz gesund. So ist Gott souverän. Aber er möchte, dass
wir beten. Gott und die Heilige Schrift wollen uns ermutigen, zu
beten! Gott will unsere Gebete erhören! Wir sollen nicht locker
lassen und treu beten – gerade auch gegen die dunklen Mächte, die
manch einen Schweizer oder eine Schweizerin in die Traurigkeit
und Verzweiflung stürzen wollen. Über Jabez lag ein solch dunkler Schatten, und er betete, rief Gott an, und er half ihm und erhörte seine Gebete.
Man muss nicht immer um Wohlstand und Schmerzfreiheit beten,
wie Jabez. Als junger Mensch imponierte mir das Gebet des Salomo: Er bat nicht um Reichtum, sondern um Weisheit. Auch ich
bat Gott mit zwanzig Jahren um Weisheit. Leider erhörte er mein
Gebet nicht. Weise Leute braucht es in Gremien, die Verantwortung tragen, Vorstandsmitglieder von Vereinen und Unternehmungen. Wir wollen um weise Leute in unserer Regierung und in
den Parlamenten bitten. Ich war in solchen Gremien, doch es war
ein Desaster. Meine Unweisheit vermasselte Vieles. Glücklicherweise war ich nicht allein in diesen Gremien und gemeinsam fanden wir gute Lösungen.
Weisheit schenkte mir Gott nicht, aber Einsicht. Ich bin ihm dankbar, dass er mir kostbare Einsichten in sein Wort geschenkt hat.
Bis heute ist es für mich wie eine grosse Schatztruhe, aus der man
wunderbare Einsichten und Kostbarkeiten hervorholen kann. Ich
bin ihm dankbar, dass er mich vor falschen Lehren bewahrte und
mir immer wieder Leute in den Weg gestellt hat, die mich darin
gestärkt haben, der Wahrheit der Heiligen Schrift voll zu vertrauen. Deshalb darf ich heute vor Ihnen stehen und Ihnen das Wort
Gottes verkündigen. Dafür wollen wir beten, dass die Christen in
der Schweiz sich dem Wort Gottes zuwenden und diesem Wort
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voll vertrauen, nicht nur dem geschriebenen Wort, sondern dem
lebendigen, wahrhaftigen Wort: Jesus Christus!
Ein Beispiel eines besonderen Gebetes können wir von Zachäus
vernehmen! Er hatte eine Veranlagung, die sich in vielen Menschen, auch bei uns Schweizern, wie eine dunkle Macht negativ
auswirkt. Es war die Liebe zum Geld, das die Bibel auch mit dem
Wort „Geiz“ brandmarkt. Dieser sei schlimmer als Götzendienst!
„Du kannst nicht Gott lieben und den Mammon“, sagte Jesus.
Zachäus hatte diese Veranlagung. Er wollte als Zöllner in Jericho
immer mehr und hat die Leute übers Ohr gehauen. Er kannte das
Schwarzgeld. Er kannte Methoden der Steuerhinterziehung und
war mit allen Tricks vertraut. Dann aber begegnete er Jesus! Und
spricht ein Gebet – welch ein Gebet! „Die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen und wenn ich jemanden übers Ohr gehauen habe, will ich es vierfach zurückerstatten.“ Ich hoffe nur,
dass er nicht zu viele übers Ohr gehauen hatte, sonst war er danach
ein armer Mann!
Mit diesem Gebet – diesem Ausruf hat Zachäus gezeigt, dass er
gegen seine Veranlagung aufgekommen ist. Aus diesem Gebet
lernen wir, dass beten zugleich auch handeln bedeutet! Wir können nicht um Freiheit von unseren sündhaften Veranlagungen und
Süchten, unseren falschen Ideen und fremden Mächten beten, ohne zu handeln. Beten und handeln gehören zusammen. Gott bewegt uns auch, ganz konkrete Schritte zu unternehmen. Auf diese
Weise wurde die Schweiz gesegnet. Denken wir an Henri Dunant,
der die grosse Not auf den Kriegsschauplätzen sah und betete, aber
auch handelte. Er half die Not zu lindern und daraus entstand das
Rote Kreuz. Denken wir an Heinrich Pestalozzi, der die Kinder
liebte, gewiss auch für sie betete, dann aber auch handelte. Er reformierte die Schulung dieser Kinder. Sie sollten in der Schule
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„Nahrung“ für Kopf, Herz und Hand erhalten. Das ist bis heute ein
wichtiges Prinzip unserer Schule geblieben. So kann Gott segnen
wenn wir beten und handeln.
Beten auch wir für unsere Kinder und Enkel, dass sie gesund bleiben dürfen, dass sie von Unglück bewahrt werden, dass sie auch
genügend finanzielle Mittel haben, dass Gott sie einfach segnet.
Beten wir aber vielmehr, dass sie Jesus als ihren Retter entdecken
und ihm treu nachfolgen. Dass den Segensnamen, den sie tragen
dürfen, eben „Schweizer“ zu sein, dass ihnen dieser Segen weiterhin erhalten bleibt. Beten und handeln wir, dass fremde Mächte
keinen Raum gewinnen können, sondern in unserer Heimat die
biblisch-christlichen Werte hoch gehalten werden. Gott hört uns
zu. Jesus versteht uns. Er will gebeten sein. Er hat die Macht, uns
seinen Segen zu schenken und uns innerlich und äusserlich zu
stärken. Amen.
ST. ANNA-GEMEINDE ZÜRICH
St. Anna-Kapelle, St. Annagasse 11, 8001 Zürich
Gottesdienste: Sonntag 10.00 Uhr, Bibelstunden: Mittwoch 15.00 Uhr
Sekretariat St. Anna, Grundstrasse 11c, 8934 Knonau, Telefon 044 776 83 75