hi hawaii! - Andreas Tölke

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hi hawaii! - Andreas Tölke
MOBILHAWAII
Der Surfer
JANIN HRISTO
Ein Mann mit so einem Namen kann kein Hawaiianer sein. Eigentlich
auch kein Amerikaner. Stimmt auch. Janin stammt aus Bulgarien und ist
Weltenbummler. Er gönnt sich den Luxus, dort zu leben und zu arbeiten,
wo es ihm gefällt. Jetzt ist das gerade Hawaii.
Wo waren Sie, bevor Sie nach Hawaii kamen?
In New York. Und dann in New Jersey. Wobei das nur die halbe Wahrheit
ist, ich war Sailing Operator und bin von New Jersey aus in die Karibik
gesegelt. Ich habe Schiffe überführt und Kreuzfahrten begleitet.
Wie lange sind Sie schon hier?
Ungefähr zwei Jahre. Ich wollte weniger reisen und habe den Job im
Internet gefunden, mich online beworben und bin engagiert worden.
Eigentlich wollte ich nur eine Saison bleiben. Und länger als drei Jahre
bleiben nur wenige Zugereiste. Dann kommt der Inselkoller, und die
meisten ziehen weiter.
Was genau machen Sie?
Alles, was mit Wasser zu tun hat. Das liegt in der Familie – mein
Vater war Unterwasserarchäologe. Ich gebe Tauchkurse, veranstalte
Kajaktouren, Segeltörns und surfe mit den Gästen.
Woher kommen die Touristen?
Eigentlich aus der ganzen Welt. Im Moment sind es viele Brasilianer und
Argentinier. Dort ist jetzt Winter, und alle flüchten vor der Kälte.
Welches ist Ihre Lieblingsinsel?
Ich habe mir in der Zwischenzeit alle acht angesehen und muss sagen,
Maui ist am schönsten.
Was kann man hier außer Sport noch machen?
Es gibt ein Filmfest, das ist super, da kommen immerhin 5.000 Leute
zusammen. Und die Hula-Festivals sind lustig. Aber eigentlich kommt
man wirklich wegen allem, was man in der Natur erleben kann. Wer hier
in Shopping Malls herumrennt, vertut seine Zeit. Das kann man woanders
besser.
HI HAWAII!
Das Paradies im Pazifik besteht aus
137 Inseln. Auf den acht größten tobt
das Leben. Ein Dorado für Abenteurer,
Feinschmecker, Surfer und Shopper
FOTOS KATHARINA GOSSOW TEXT ANDREAS TÖLKE
Maui-Filmfest: Maui Arts & Cultural Center, Castle Theater, 1 Cameron
Way, Kahului, HI 96732, 13.–17. Juni 2007, www.mauifilmfestival.com
Merrie Monarch Hula Festival: Big Island, Edith Kanaka’ole Tennis
Stadium, 350 Kalanikoa Street, Hilo, HI 96720, jedes Jahr Mitte April
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MOBILHAWAII
Street Life. Honolulu geht
in Waikiki über und bildet die
einzige wirkliche Großstadt auf
dem Archipel Hawaii. Einen
Block vom Strand entfernt
prägen Sonnenhüte und
sechs Spuren das Stadtbild
Skyline. Hoteltürme säumen die Strandpromenade von Waikiki. Der Stil? 50er bis 70er
Jahre. Der Sport? Skateboards aus den 80ern sind
hier selbst bei den Beach-Girls angesagt
Die Pferdeflüsterin
CATHY MCCAUN
Eigentlich ist sie Fotografin, aber sie hat dem Glamour und der Hektik von
Los Angeles den Rücken gekehrt und ist nach Maui geflüchtet. Hier betreut
Cathy McCaun fünf Pferde und genießt Natur pur. Nicht ganz, denn nebenher bereitet die ruhige junge Frau ihre erste Ausstellung vor: Porträts von
Einheimischen, die keineswegs nur das schöne Gesicht von Hawaii zeigen.
Seit zwei Jahren leben Sie auf Maui. Was hat Sie hierher
gezogen?
Ich wollte konzentrierter arbeiten und nicht so oberflächliche Jobs machen.
Hier brauche ich weniger Geld zum Leben, aber kann mehr Substanz in der
Arbeit entwickeln. Und hängen geblieben bin ich ausgerechnet in Maui, weil
hier das Licht ganz besonders ist.
Das Paradies hat ja ein paar Brüche. Was sind denn die negativen Seiten?
Viele Strände sind in den Fünfzigern und Sechzigern exzessiv verbaut worden.
Diese Bausünden sind heute noch an vielen Stellen sichtbar, von Honolulu ist
eigentlich nichts mehr übrig. Aber trotz allem: Es gibt noch unglaublich viele
schöne Ecken und sogar interessante Architektur. Mir haben es besonders die
Baumhäuser angetan.
Es scheint, als ob in Hawaii jeder die Natur zu lieben lernt.
Das bleibt einfach nicht aus. Ich habe hier auch meine Liebe zu Pferden erst
richtig entwickelt. In Los Angeles bin ich zwar geritten, aber hier lebt man mit
den Tieren und der Natur. Das verändert die Einstellung automatisch.
Und wie steht es mit ganz profanen Bedürfnissen wie Shoppen
und Ausgehen?
Ich bin ja keine Heilige (lacht). Aber richtiges Nachtleben gibt es eigentlich nur
in Honolulu und Waikiki. Ich gehe gerne in die Wonder Lounge, und lustige
Klamotten gibt es bei Totally Hawaiian.
Baumhäuser zum Mieten: Hana Lani, P.O. Box 389, Hana, Maui,
HI 96713, Tel.: +1 808 2487241, www.maui.net/~hanalani/
Wonder Lounge: W-Honolulu Diamond Head, 2885 Kalakaua Ave.,
HI 96815-4028, Tel.: +1 808 9223734
Totally Hawaiian: Lahaina Cannery Mall, 1221 Honoapiilani Hwy, No. E-5,
Lahaina, Maui, HI 96761, Tel.: +1 808 6675558
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Die Designerin
Die Kuratorin und der Webdesigner
ALICA CHOW
INGER & RICH TULLY
Von exotischen Federbändern bis zu hauchdünnen Holzschalen gestaltet Alica
Chow allerlei und das sehr persönlich. Die gebürtige Hawaiianerin stammt
von der kleinen Insel Niihau, hat ein paar Jahre in Los Angeles gelebt und war
glücklich, nach dem Ausflug wieder in ihre Heimat zu kommen.
Hoch über Honolulu haben die beiden Kreativen ihr Domizil. In einem klassischen
Holzhaus aus den Fünfzigern mit atemberaubendem Blick residiert das Paar über der
Stadt. Für gute Luft sorgt ein riesiges Lavendelfeld.
Sie arbeiten nur mit heimischen Materialien, die in Europa völlig
unbekannt sind.
Ob man die in Europa kennt, das weiß ich nicht. Aber dass es sie meines
Wissens nur hier gibt, stimmt. Ich arbeite mit Federn des Liwi-Vogels und
mit Kou-Holz. Der Vogel ist mittlerweile streng geschützt, und es dürfen nur
Federn eingesammelt werden, die er verloren hat. Er hat leuchtend rote, blaue
und gelbe Federn. Das Holz ist extrem leicht und extrem selten. Vor 180
Jahren ist fast der gesamte Bestand einer Insektenplage zum Opfer gefallen.
Es sind aber nicht nur die Materialien, die Ihre Arbeiten besonders machen. Es sind auch die Formen, für die Sie alte Vorlagen
aufgreifen.
Stimmt. Es gibt auf Hawaii eine lange Tradition der Verarbeitung von Federn
zu Schmuck. Es wurden Umhänge, Arm-, Fuß- und Kopfschmuck hergestellt.
Je üppiger, desto mächtiger war der Träger. Ich fertige nach den überlieferten Vorlagen, interpretiere sie aber neu. Die Kalebassen sind ebenfalls ganz
traditionelle Gefäße, die zum Wassertransport genutzt wurden. Lediglich die
Schalen hat es in der Form früher nicht gegeben.
Wie lange machen Sie das schon?
Seit 15 Jahren. Ich habe alles von alten, traditionellen Handwerkern gelernt
und irgendwann angefangen, die Formen weiterzuentwickeln.
Billig sind die Werke nicht.
Vom Entwurf über die Fertigung ist es ein langer Weg. Die Grundmaterialien
sind schwer zu bekommen und außerdem nicht einfach zu verarbeiten. Da ist
es nur logisch, dass eine große Schale bis zu 3.000 Dollar kosten kann und
ein Federband um die 400 Dollar.
Was sind Ihre Tipps für Kunst und Kultur?
Natürlich meine Galerie, die Hana Coast Gallery, dann gibt es einen schrägen
Shop, den Crazy Beautiful in Honolulu. Und was sich auf jeden Fall lohnt, sind
die Flohmärkte.
Stinkt es Ihnen nicht manchmal?
Inger (lacht): Nein, wenn man etwas zu lange riecht, dann merkt man es nicht mehr.
Außerdem riecht der Lavendel nur während der Blüte heftig.
Was hat Sie hierher verschlagen?
Inger: Ein Job am Museum for Contemporary Art in Honolulu. Ich bin dort die Kuratorin,
das ist ein extrem abwechslungsreicher Job, zumal wir zwei Locations haben.
Ritch: Ich durfte mit (lacht). Als Webdesigner genieße ich den Luxus, überall arbeiten zu
können, und das ist hier sicher einer der tollsten Plätze der Welt.
Was hat Hawaii in puncto moderner Kunst zu bieten?
Inger: Zum einen reicht die Museums-Sammlung von William Kentridge bis Warhol, zum
anderen gibt es junge Künstler, die nicht nur Ethno-Art machen. Doug Young zum Beispiel
ist ein spannender Hyperrealist. Er ist auch schon in Köln ausgestellt worden.
Außer Kunst und Wassersport – was sind Ihre Tipps für einen gelungenen
Trip?
Ritch: Die Lavendelplantage. Von der Kerze bis zur Seife gibt es da alles, was dufte
ist. Dann sollte man sich einen Besuch beim Winzer gönnen und einmal im Ulupalakua
Ranch Store essen. Der ist im Hochland, und es gibt ihn seit 1849.
Museum for Contemporary Art: The Contemporary Museum at First Hawaiian
Center, 999 Bishop Street, Honolulu, Hawaii 96813-2411, und Makiki Heights Drive,
Honolulu, HI 96822, Tel.: +1 808 5261322
Alii Kula Lavender: 1100 Waipoli Rd., Kula, HI 96790, Tel.: +1 808 8783004,
www.mauikulalavender.com
Ulupalakua Ranch Store & Grill: HC1 Box 901, Hwy 37, Kula, HI 96790,
Tel.: +1 808 8782561, Fax: +1 808-878217, www.ulupalakuaranch.com
Hana Coast Gallery: Hana, Maui, HI 96713, Tel.: +1 808 2488636,
www.hanacost.com
Crazy Beautiful: Restaurant Row, 500 Ala Moana Boulevard, Suite 5-1,
Honolulu, Tel.: +1 808 5368729
Flohmärkte Honolulu: alle Infos unter www.pacifichandcraftersguild.com
Kunstflug. Der kleine rote Flieger gehört Inger
Tully und stammt von einem jungen hawaiianischen Künstler. Das Ding taugt aber nicht für
einen kleinen Flug über die Dächer der Stadt
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Blumig. Wer Orchideen liebt, ist auf Hawaii genau richtig. Sie gehören zur
täglichen Deko in guten Hotels wie dem Royal Hawaiian
Bezaubernd. Das
Grand Hotel (rechts) ist ein
Palast in Pink, der jedem
Besucher von Big Island
mit Stolz gezeigt wird.
Aber auch bei Details sind
Hawaiianer verschwenderisch: Blütenzauber ziert
sogar Telefonzellen
Der Koch
JOHN COX
Von Vermont in Neu England mit Schnee und Eis über San
Francisco mit Nebel und Regen führte ihn der Weg ins tropische
Paradies. Hier arbeitet John Cox als Küchenchef. Der Amerikaner
hat seine Ausbildung am renommierten Montpellier College in
Boston absolviert und versteht sich bestens auf französische
Küche.
Was hat Sie nach Ihrer Landung hier am meisten
beeindruckt?
Ich habe wie viele Besucher Hawaiis geglaubt, die Inseln seien so
nahe beieinander, dass man von einer zur anderen im Boot fahren
könnte. Tatsächlich liegen nur im Maui County verschiedene Inseln
so nahe zusammen, dass man die Hand ausstrecken und sie
berühren möchte. Molokai, Lanai, Molokini und Kahoolawe, das
gar nicht bewohnt und ein heiliger Platz ist, sind wirklich besonders
und eben auch weiter entfernt. Alle diese Inseln liegen südlich der
Küste von Maui.
Sie leben hier am Ende der Welt, nur nach stundenlanger Autofahrt zu erreichen. Was ist der Reiz an der
Einöde?
Man glaubt es kaum, aber über 75 Prozent von Maui sind Wildnis.
Genau das Richtige für Abenteurer. Segeln, Schnorcheln und
Hochseefischen sind die Dinge, die mir hier immer wieder einen
Kick verschaffen.
Wie hat sich Ihre Küche hier verändert?
„Mango Lavendel Sorbet“ hatte ich vorher nicht auf der Karte.
Und ich habe selten die Fische selber von den Fischern geholt.
Hier gehe ich an den Strand und schaue, was gefangen wurde.
Außerdem haben wir einen eigenen Garten, aus dem wir biologisch
angebautes Gemüse beziehen.
Und wenn Sie mal Lust auf Zivilisation haben?
Dann mache ich den Fernseher an (lacht). Nein, dann gönne ich
mir einen Kurztrip nach Honolulu, gehe ins La Mer essen und
danach in den Ocean Club.
La Mer: 2199 Kalia Road Honolulu, HI 96815-1936,
Tel.: +1 808 9232311
Ocean Club 500: Ala Moana Boulevard, Honolulu,
HI 96813-4920, Tel.: +1 808 5318444, www.oceanclubonline.com
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Die Bürgermeisterin
AKIKO CHANG
Sie ist der Boss. Akiko Chang ist die Bürgermeisterin von Hana, einem kleinen Ort auf der
Insel Maui. Aber sie leitet nicht nur die Geschicke der Gemeinde, sie hat auch das Ruder
in der Hand, wenn es an Bord geht.
Sie sind Olympionikin?
(Lacht.) Das könnte man so sagen. Es gibt auf Hawaii eine Olympiade der Ruderer.
Rudern – besser Paddeln – ist hier ein Volkssport. Ich bin die Trainerin der
Jugendmannschaft, und die hat letztes Jahr gewonnen.
Legen Sie sich auch selber in die Riemen?
Natürlich. Ich habe dieses Jahr bei 35 Events mitgemacht.
Als Nebenbeschäftigung sind Sie noch der Boss im Ort.
Das hat sich so ergeben. Mein Mann ist Direktor des Hotel Hana Maui, und ich bin
quasi reingerutscht in die Aufgabe, weil zum Hotel die Tankstelle und noch zwei externe
Restaurants gehören. Und das ist quasi der ganze Ort.
Warum sind bei so viel Sport so viele Hawaiianer übergewichtig?
Das liegt am importierten Essen. Die meisten stopfen sich mit Fast Food voll, und
Hawaiianer sind echte Fleischesser. Für uns sind Brathähnchen und Pommes Diät.
Ist das nicht auf Dauer langweilig hier?
Gar nicht. Zum einen kann man Sport machen, von Paddeln bis Biken, zum anderen sind
im Westen sehr quirlige Badeorte mit vielen Shoppingmöglichkeiten. Ich mag das Wahlers
Village in Lahaina sehr gerne.
Whalers Village Shopping Center: 2435 Ka’anapali Parkway, Lahaina, Maui,
HI 96761
Hotel Hana Maui: P.O. Box 9, Hana, HI 96713, Tel.: +1 808 2488211,
www.hotelhanamaui.com
Gut Holz. Das Angebot von
Holzmöbeln reicht von Pinie
bis zum heimischen Kou. Gut
poliert sind besonders Stücke
aus den Fünfzigern wie dieser
Beistelltisch. Mit etwas Glück
findet man die modernen
Klassiker auf dem Flohmarkt
– und vieles mehr
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