GIS-gestützte Modellierung der räumlichen Verteilung der - E-LIB
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GIS-GESTÜTZTE MODELLIERUNG DER RÄUMLICHEN VERTEILUNG DER VEGETATION IM TIDEBEREICH VON ÄSTUAREN UNTER DEN BEDINGUNGEN EINER KLIMAÄNDERUNG MITTELS DER KLASSIFIKATIONS- UND REGRESSIONSANALYSE (CART) AM BEISPIEL DER UNTERWESERVORLÄNDER Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften vorgelegt von Dipl.-Biol. Susanne Osterkamp aus Kleve am Niederrhein Universität Bremen Fachbereich 2 Biologie/Chemie April 2006 ERKLÄRUNG Hiermit erkläre ich, dass ich 1. diese Arbeit ohne unerlaubte fremde Hilfe angefertigt habe, 2. keine anderen als die von mir angegebenen Hilfsmittel und Quellen benutzt habe und 3. die den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. 04.04.2006 Susanne Osterkamp DANKSAGUNG Für die Unterstützung, die ich während meiner Promotionszeit erfahren habe, möchte ich allen, die mir geholfen haben, herzlich danken! Meinem Doktorvater Dr. Michael Schirmer danke ich für die Möglichkeit zur Mitarbeit im KLIMUProjekt, die Bereitstellung des Themas, seine inhaltliche und persönliche Unterstützung, die Betreuung der Arbeit und die Übernahme des Referates. Prof. Dr. Gerd Weidemann danke ich für die Übernahme des Korreferates. Auch meinen Prüfern Prof. Dr. Juliane Filser und Prof. Dr. JörgFriedhelm Venzke danke ich sehr. Allen Kollegen und Kolleginnen des BMBF-Forschungsprojektes „Klimaänderung und Unterweserregion“, allen voran dem Projektleiter Dr. Schirmer, dem Projektkoordinator Dr. Schuchardt und meinen Mitstreitern Dr. Dietmar Kraft und Steffan Wittig, danke ich für die gute Zeit in unserem Projektteam. Nicht vergessen will ich meine Kollegen von der AG Aquatische Ökologie, denen ich für die schönen gemeinsamen Jahre und die gute Atmosphäre danken möchte. Dr. Maya Trapp und Dr. Stefan Trapp, Achim Lotz, Doris Bos und Frau E. Urban danke ich herzlich für das Korrekturlesen. Dr. Katrin Urban und Dr. Sebastian Trapp danke ich für die ermunternden fachlichen Diskussionen. Eike Frese, Dr. Frank Hellberg und Hermi Schröder danke ich für die schönen Exkursionen an die Weser und ihre vegetationskundlichen Unterweisungen. Steffen Schwantz danke ich für seine Beratung zum Thema Geodaten und den Dim Sums. Meinen Vorgesetzten und Kollegen beim Senator für Bau, Umwelt und Verkehr danke ich für die Unterstützung meines Promotionsvorhabens. Nicht zuletzt gilt mein herzlicher Dank Herrn Wosniok vom Fachbereich Mathematik/Informatik, der mir bei den statistischen Analysen und Modellierungen mit CART in R mit gutem Rat zur Seite stand. Susanne Osterkamp Inhalt INHALTSVERZEICHNIS TABELLENVERZEICHNIS ABBILDUNGSVERZEICHNIS TEIL I EINLEITUNG UND UNTERSUCHUNGSGEBIET 1 EINLEITUNG .................................................................................................................................1 1.1 Problemstellung ............................................................................................................... 1 1.2 Stand der Klimafolgenforschung .....................................................................................4 1.3 Das Forschungsprojekt „Klimaänderung und Unterweserregion“ (KLIMU) ................6 1.4 Zielsetzung, Aufgabenstellung und wissenschaftlicher Fortschritt ................................6 2 DAS UNTERSUCHUNGSGEBIET .............................................................................................. 10 2.1 Geografische Lage und Naturraum............................................................................... 10 2.2 Geogenese und Böden ....................................................................................................11 2.3 Nutzungsarten und Vegetation ..................................................................................... 13 2.3.1 Unterweser......................................................................................................................................13 2.3.2 Unterweservorland ........................................................................................................................14 2.4 Klima und Standortparameter........................................................................................ 15 TEIL II VORLANDVEGETATION UND STANDORTPARAMETER, DATENBASIS UND METHODEN 3 VORLANDVEGETATION UND STANDORTPARAMETER................................................... 19 3.1 Standortparameter tidebeeinflusster Lebensräume....................................................... 19 3.1.1 3.1.1.1 Überflutung und Topografie ...................................................................................................................................20 3.1.1.2 Strömung....................................................................................................................................................................21 3.1.1.3 Lage der Trübungszone, Gewässergüte und Salinität..........................................................................................22 3.1.2 Standörtlicher Faktorenkomplex.................................................................................................23 3.1.2.1 Bodenfeuchte und Bodenart ...................................................................................................................................23 3.1.2.2 Standorttyp.................................................................................................................................................................24 3.1.2.3 Nutzungsart und -intensität.....................................................................................................................................24 3.1.3 Klimatischer Faktorenkomplex ...................................................................................................25 3.1.3.1 CO2-Konzentration ..................................................................................................................................................25 3.1.3.2 Temperatur.................................................................................................................................................................26 3.1.3.3 Strahlung, UV-B........................................................................................................................................................26 3.1.4 3.2 Hydrologischer Faktorenkomplex ..............................................................................................19 Biotischer Faktorenkomplex........................................................................................................27 3.1.4.1 Sukzession ..................................................................................................................................................................27 3.1.4.2 Verbreitungsmechanismen der Vegetation ...........................................................................................................28 Gliederungskonzepte der Vegetation ............................................................................ 28 3.2.1 Biotoptypen ....................................................................................................................................29 3.2.2 Pflanzengesellschaften ..................................................................................................................30 Inhalt 4 DATENBASIS ................................................................................................................................ 31 4.1 Szenarien........................................................................................................................ 32 4.1.1 Klimaszenario.................................................................................................................................32 4.1.2 Nutzungsszenarien ........................................................................................................................34 4.2 Projektdaten ................................................................................................................... 34 4.2.1 Digitales Geländemodell (DGM)................................................................................................35 4.2.2 Tidehoch- und Tideniedrigwasser...............................................................................................35 4.2.3 Salinität ............................................................................................................................................36 4.2.4 Sielzugzeiten und Meliorationswasserstände.............................................................................37 4.3 Literaturdaten ................................................................................................................ 38 4.3.1 Bodentyp und -feuchte .................................................................................................................38 4.3.2 Biotoptypenkartierung ..................................................................................................................38 4.4 Felduntersuchungen ...................................................................................................... 38 4.4.1 5 Aktuelle Vegetations- und Biotoptypenkartierung...................................................................38 METHODEN .................................................................................................................................40 5.1 Datenaufbereitung und –integration mit einem Geografischen Informationssystem .. 40 5.1.1 Datenaufbereitung der Standortparameter ................................................................................42 5.1.2 Datenintegration ............................................................................................................................43 5.2 5.1.2.1 Biotoptypen- und Bodeninformationen ................................................................................................................44 5.1.2.2 Hydrologische Informationen.................................................................................................................................44 5.1.2.3 Standorttypen und Flächennutzung .......................................................................................................................45 5.1.2.4 Ableitung einer Karte der Nutzungstypen ............................................................................................................46 Datenanalyse und Modellierungsverfahren ................................................................... 46 5.2.1 Deskriptive Statistik.......................................................................................................................47 5.2.2 Explorative Datenanalyse.............................................................................................................48 5.2.2.1 5.2.3 Parametrische und nicht-parametrische Verfahren..............................................................................................48 Klassifikations- und Regressionsbäume (CART) .....................................................................49 5.2.3.1 Eigenschaften des CART-Verfahrens....................................................................................................................50 5.2.3.2 Vorteile des CART-Verfahrens...............................................................................................................................50 TEIL III ERGEBNISSE UND DISKUSSION 6 ERGEBNISSE UND DISKUSSION: STATUS QUO-ANALYSE ................................................52 6.1 Deskriptive Datenanalyse und Flächenbilanzen ........................................................... 52 6.1.1 Hydrologischer Faktorenkomplex ..............................................................................................56 6.1.1.1 Topografie..................................................................................................................................................................56 6.1.1.2 Lage der Biotoptypen zum MThw .........................................................................................................................56 6.1.1.3 Festlegung einer THw-Linie....................................................................................................................................57 6.1.1.4 Überflutungsdauer ....................................................................................................................................................58 6.1.1.5 Salinität .......................................................................................................................................................................59 6.1.2 Standörtlicher Faktorenkomplex.................................................................................................61 6.1.2.1 Bodentyp ....................................................................................................................................................................61 6.1.2.2 Bodenfeuchte.............................................................................................................................................................62 Inhalt 6.2 6.1.2.3 Verschneidung unterschiedlicher Maßstabsbereiche ...........................................................................................64 6.1.2.4 Nutzungsart und -intensiät: Nutzungstypen .........................................................................................................64 6.1.2.5 Verwendung der Kategorie der Nutzungstypen...................................................................................................65 6.1.2.6 Standorttypen als Ergebnis der Nutzungsart und -intensität .............................................................................68 Zonierung und räumliche Verteilung der Vegetation der Unterweservorländer im Status quo....................................................................................................................... 69 6.2.1 Naturnahes tidebeeinflusstes Vorland........................................................................................69 6.2.1.1 Röhrichte....................................................................................................................................................................69 6.2.1.2 Vegetationsloses Watt ..............................................................................................................................................70 6.2.2 Landwirtschaftlich genutztes, tidebeeinflusstes Vorland ........................................................70 6.2.2.1 Extensiv- und Feuchtgrünland................................................................................................................................70 6.2.2.2 Extensiv- und Intensivgrünland..............................................................................................................................71 6.2.2.3 Grünlandbrachen ......................................................................................................................................................72 6.2.3 Sommerbedeichte Vorlandbereiche............................................................................................72 6.2.3.1 Grasacker....................................................................................................................................................................73 6.2.3.2 Intensivgrünland .......................................................................................................................................................73 6.2.3.3 Extensivgrünland ......................................................................................................................................................73 6.2.4 Aufgespülte Vorlandbereiche ......................................................................................................74 6.2.5 Befestigte Uferabschnitte .............................................................................................................74 7 ERGEBNISSE UND DISKUSSION: MODELLIERUNG DER VEGETATION MIT DEM VEGETATION-STANDORT-MODELL (VS-MODELL)...........................................................76 7.1 Modellbeschreibung ...................................................................................................... 76 7.1.1 Modellvariablen..............................................................................................................................77 7.1.2 Modellannahmen, Definition von Veränderung, Gültigkeitsbereich des VS-Modells, Maßstab und Skalen ......................................................................................................................79 7.2 7.1.2.1 Modellannahmen.......................................................................................................................................................79 7.1.2.2 Definition des Begriffs „Veränderung“ .................................................................................................................80 7.1.2.3 Gültigkeitsbereich des VS-Modells ........................................................................................................................80 7.1.2.4 Maßstabs- und Skalenproblematik .........................................................................................................................81 Modellvalidierung .......................................................................................................... 82 7.2.1 Kreuzvalidierung............................................................................................................................83 7.2.2 Diskussion der Validierungsergebnisse ......................................................................................84 7.2.2.1 Validierungsergebnisse für die Nutzungstypen ....................................................................................................85 7.2.2.2 Validierungsergebnisse für die Biotoptypen .........................................................................................................85 7.2.2.3 Validierungsergebnisse für die aggregierten Biotoptypen ...................................................................................86 7.2.3 7.3 Aussagekraft der Validierungsergebnisse...................................................................................86 Modellanwendung unter den Bedingungen des Status quo ......................................... 87 7.3.1 Modellierung der Nutzungstypen für den Status quo..............................................................88 7.3.2 Modellierung der Biotoptypen für den Status quo...................................................................89 7.4 Modellanwendung unter den Bedingungen einer Klimaänderung............................... 92 7.4.1 7.4.1.1 Modellierung der Nutzungstypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung ..............93 Modellierung der Nutzungstypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 194 Inhalt 7.4.1.2 Modellierung der Nutzungstypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 295 7.4.1.3 Fazit: Modellierung der Nutzungstypen unter den Bedingungen einer Kimaänderung.................................95 7.4.2 Modellierung der Biotoptypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung................. 100 7.4.2.1 Modellierung der Biotoptypen unter den Bedingungen einer Kimaänderung mit Nutzungsszenario 1....101 7.4.2.2 Modellierung der Biotoptypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 ..106 7.4.2.3 Fazit: Modellierung der Biotoptypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung...................................109 7.4.3 Bedeutung morphologischer Veränderungen des Unterweservorlandes infolge einer Klimaänderung............................................................................................................................ 114 7.5 Zonierung und räumliche Verteilung der Vegetation der Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung ....................................................................................................116 7.5.1 Veränderung der Vegetation infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1...... 116 7.5.1.1 Tidebeeinflusstes Vorland .....................................................................................................................................116 7.5.1.2 Sommerbedeichte Vorlandbereiche .....................................................................................................................117 7.5.1.3 Aufgespülte Vorlandbereiche................................................................................................................................118 7.5.1.4 Befestigte Uferabschnitte.......................................................................................................................................119 7.5.2 Veränderung der Vegetationszusammensetzung infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 .................................................................................................................... 119 7.5.3 Exkurs I: Auwaldentwicklung................................................................................................... 120 7.5.4 Exkurs II: Neophyten ................................................................................................................ 121 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION UND AUSBLICK ..................................................... 123 8.1 Zusammenfassende Diskussion .................................................................................. 123 8.1.1 Gültigkeitsbereich des VS-Modells.......................................................................................... 124 8.1.2 Eignung der verwendeten Klassifikationsverfahren und Maßstabsbereiche..................... 125 8.1.3 Auswahl der wesentlichen für die Modellierung geeigneten Standortparameter ............. 126 8.1.4 Aussagekraft des VS-Modells: Modellvalidierung ................................................................. 127 8.1.5 Eignung des CART-Verfahrens: Einstufung der Validierungsergebnisse......................... 129 8.1.6 Plausibilitätsprüfung des VS-Modells: Modellierung des Status quo ................................. 129 8.1.7 Bewertung der Modellergebnisse: Auswirkungen einer Klimaänderung auf die Vorlandvegetation der Unterweser .......................................................................................... 131 8.1.8 Relevanz der Modellergebnisse: Bedeutung morphologischer Veränderungen des Unterweservorlandes infolge einer Klimaänderung.............................................................. 132 8.1.9 9 Bewertung und Übertragbarkeit des VS-Modells .................................................................. 134 8.2 Ausblick: Das VS-Modell als ein Instrument des vorsorgenden Handelns ................ 135 8.3 Resümee....................................................................................................................... 136 ZUSAMMENFASSUNG............................................................................................................... 139 TEIL IV LITERATUR UND ANHANG 10 LITERATUR ................................................................................................................................ 143 11 ANHANG .........................................................................................................................................I Inhalt TABELLENVERZEICHNIS Tab. 1: Tab. 2: Tab. 3: Tab. 4: Tab. 5: Tab. 6: Tab. 7: Tab. 8: Tab. 9: Tab. 10: Tab. 11: Tab. 12: Tab. 13: Klimaszenario 2050, Region Bremen: Übersicht über die aus dem Modell ECHAM4/OPYC3 nach v. STORCH et al. (1998) berechneten Klimaparameter CO2, Temperatur, Niederschlag, Windgeschwindigkeit und windbedingter Tidehochwasserstand. Ausgabe der Werte als Mittelwert pro Quartal beginnend mit Dezember. Bezugszeitraum 1961 - 1990. Ableitungen des Meeresspiegelanstiegs aus IPCC (2001) „business as usual“ und „high estimate“, Tabelle nach SCHUCHARDT & SCHRIMER (2005).............................................33 Übersicht über die in die räumliche und quantitative statistische Analyse und die Modellierung eingehenden Parameter..............................................................................................43 Übersicht über die für die qualitative Standortanalyse verwendeten Parameter und Gutachten ..............................................................................................................................................43 Die drei anhand des Tiedeeinflusses und der Topografie charakterisierten Standorttypen des Untersuchungsgebietes .......................................................................................................................46 Übersicht über die sieben verschiedenen im Untersuchungsgebiet vorkommenden Nutzungstypen (verändert nach DIERSCHKE 1994) ......................................................................46 Übersicht über die für die tabellarische und grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen in alphabetischer Reihenfolge und die kartierten Biotoptypen des Unterweservorlandes mit Beschreibung nach v. DRACHENFELS (1994) ...................................53 Flächenanteile der Biotoptypen (für die tabellarische Übersicht zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo (in alphabetischer Reihenfolge) des Vorlandes der Unterweser in ha und % .....................................................................................................................54 Einstufung der Bodenkundlichen Feuchtestufe (BKF, aus MÜLLER 1997) .............................64 Flächenanteile der verschiedenen Vorlandtypen im Status quo: Tidebeeinflusstes Vorland ohne Wattflächen, Sommerpolder und Spülfeld in ha und %......................................................68 Übersicht über die Ergebnisse der symmetrischen Kreuzvalidierung für die abhängigen Variablen Nutzungstyp, kartierte Biotoptypen und aggregierte Biotoptypen. Die Fehlklassifikationsrate und die korrekte Klassifikationsrate sind in % angegeben (Zahl der für die abhängigen Variablen berechneten Klassen in Klammern) ...................................................85 Gegenüberstellung der Flächenanteile der für den Status quo abgeleiteten Nutzungstypen und der mit dem VS-Modell für den Status quo prognostizierten Flächenanteile der Nutzungstypen in ha und % ..............................................................................................................89 Gegenüberstellung der Flächenanteile der aggregierten Biotoptypen, s. Anhang Tab. A11 (für die tabellarische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst, s. Tab. 6) im Status quo und ihrer für den Status quo mit dem VS-Modell prognostizierten Flächenanteile in ha und % ....................................................................................................................................................91 Übersicht über die für die Modellierung der Nutzungstypen und Biotoptypen verwendeten Standortparameter ...............................................................................................................................92 Inhalt ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Schritte der Modellbildung, Schema des Ablaufplanes zur Ableitung des Prognosemodells zur Modellierung der räumlichen Verteilung der Vorlandvegetation (nach MÜLLER et al. 1996, verändert) .....................................................................................................................................8 Deutsche Bucht und die Unterweser: Das Untersuchungsgebiet, das Vorland der Unterweser, liegt zwischen Bremen und Bremerhaven im Nordwesten Deutschlands (Quelle um Beschriftungen ergänzt aus dem World Wind-Programm der NASA: http://worldwind.arc.nasa.gov) ........................................................................................................10 Das Unterweservorland zwischen Bremen und Bremerhaven mit Sommerpoldern, tidebeeinflusstem Vorland und Spülfeldern, den Landkreisen Wesermarsch, Cuxhaven und Osterholz und der Unterweser ..........................................................................................................18 Für bestimmte Pegelpunkte (Unterweserkilometer) zwischen Elsfleth und Bremerhaven gemessene und im Längsverlauf der Unterweser modellierte Salzgehalte im Status quo (Sq) und für das Klimaszenario (Ks) für ausgewählte niedrige (ca. 140 m³/s), mittlere (ca. 350 m³/s), hohe Oberwasser (ca. 1100 m³/s) und daraus berechnete Mittelwerte für die Referenzjahre 1991 und 1994 (n = 305), (Modellierung des TP Unterwesersimulation) ........37 Schematische Übersicht über die Vorgehensweise bei der Datenintegration in das GIS und bei der Modellierung der Biotoptypen und Nutzungstypen mittels des VS-Modells auf Basis des CART-Verfahrens (Diagramm verändert nach DUTTMANN 1999) .....................................47 Beispielhafte Darstellung eines mit dem CART-Verfahren für die Prognose der Biotoptypen berechneten Entscheidungsbaumes (Ausschnitt)...........................................................................51 Biotoptypenverteilung (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasste Biotoptypen) der Unterweservorländer im Status quo zwischen Bremen und Bremerhaven ................................................................................................................................55 Mittelwerte und Standardabweichungen der Höhenlagen der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo bezogen auf das MThw. Differenz aus Höhen und MThw der Jahre 1991 und 1994 [m] NN, ohne Berücksichtigung der Sommerpolder, Quelle: Teilprojekt Unterwesersimulation, a)= Bolboschoenus maritimus, b)= Phragmites australis .........................................................................................................................57 Mittlere tägliche Überflutungsdauer der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) in Stunden pro Tag im Status quo (ohne Berücksichtigung der Sommerpolder) auf Basis des MThw und MTnw der Jahre 1991 und 1994, Quelle: Teilprojekt Unterwesersimulation. a)= Bolboschoenus maritimus, b)= Phragmites australis ...................................................................................................................................................59 Mittlere Salzkonzentration [psu] der Jahre 1991 und 1994 für repräsentative Oberwasser bezogen auf die Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo (ohne Berücksichtigung der Sommerpolder, Quelle: Teilprojekt Unterwesersimulation. a)= Bolboschoenus maritimus, b)= Phragmites australis)...........61 Flächenanteile der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Bodentypen, aus NLFB (1999) ............................................................................62 Flächenanteile der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet für die anstehenden Bodentypen angegebenen Bodenkundlichen Feuchtestufen (BKF), aus NLFB (1999) .....................................................................................................................................................63 Flächenanteile der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Nutzungstypen........................................................................................................65 Räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer im Status quo zwischen Bremen und Bremerhaven .................................................................................................................67 Flächenanteile der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Standorttypen Sommerpolder, Tidevorland und Spülfeld...............................68 Inhalt Abb. 16: Schematische Übersicht über die bei der Modellierung berücksichtigten Standortparameter (weiß hinterlegt) und nicht berücksichtigen Standortparameter (grau hinterlegt) zur Vorhersage der Biotoptypen (weiß hinterlegt und grau umrandet) und der Nutzungstypen (weiß hinterlegt und grau umrandet). Die mit gestrichelten Pfeilen gekennzeichneten Zusammenhänge können innerhalb des Modells nicht berücksichtigt werden.........................79 Abb. 17: Schema des symmetrischen Testes nach der Methode der Kreuzvalidierung ...........................83 Abb. 18: Gegenüberstellung der anhand des VS-Modells modellierten Flächenanteile der Nutzungstypen des Untersuchungsgebietes in ha im Status quo und infolge einer Klimaänderung (Klimaszenario) mit Nutzungsszenario 1 und Nutzungsszenario 2 ...............93 Abb. 19: Modellierte räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1..................96 Abb. 20: Übersicht über zu erwartende Veränderungen der Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 im Vergleich zum Status quo.........................................................................97 Abb. 21: Modellierte räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2..................98 Abb. 22: Übersicht über zu erwartende Veränderungen der Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 im Vergleich zum Status quo.........................................................................99 Abb. 23: Gegenüberstellung der anhand des VS-Modells modellierten Flächenanteile der aggregierten Biotoptypen s. Anhang Tab. A11 (die für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst wurden) des Untersuchungsgebietes in ha im Status quo und infolge einer Klimaänderung (Klimaszenario) mit Nutzungsszenario 1 und Nutzungsszenario 2 (Röhricht > MThw = Röhricht über MThw, Röhricht < MThw = Röhricht unter MThw) ................ 101 Abb. 24: Repräsentativer Ausschnitt des Untersuchungsgebietes: Gegenüberstellung der Biotoptypenverteilung des Status quo und der Biotoptypenverteilung infolge einer Klimaänderung für Nutzungsszenario 1 für den nördlichen Teil des Harrier Sandes und die Strohauser Plate (aggregierte Biotoptypen s. Anhang Tab. A11) ........................................................................... 102 Abb. 25: Repräsentativer Ausschnitt des Untersuchungsgebietes: Gegenüberstellung der Biotoptypenverteilung des Status quo und der Biotop-typenverteilung infolge einer Klimaänderung für Nutzungsszenario 2 für den nördlichen Teil des Harrier Sandes und die Strohauser Plate (aggregierte Biotoptypen s. Anhang Tab. A11) ........................................................................... 106 Abb. 26: Modellierte räumliche Verteilung der Biotoptypen (aggregierte Biotoptypen s. Anhang Tab. A11, die für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst wurden) der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1.......................................................................................................................... 110 Abb. 27: Übersicht über zu erwartende Veränderungen der Biotoptypenverteilung der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 im Vergleich zum Status quo...................................................................... 111 Abb. 28: Modellierte räumliche Verteilung der Biotoptypen (aggregierte Biotoptypen s. Anhang Tab. A11, die für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst wurden) der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2.......................................................................................................................... 112 Abb. 29: Übersicht über zu erwartende Veränderungen der Verteilung der Biotoptypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 im Vergleich zum Status quo...................................................................... 113 Teil I - Einleitung 1 1.1 1 EINLEITUNG Problemstellung Von den Auswirkungen einer möglichen Klimaänderung sind Küstenregionen und Ästuare unmittelbar betroffen (SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005, BENISTON et al. 1998, JELGERSMA 1994). Als Ästuar ist der gesamte unter Tideeinfluss stehende Bereich eines ins Meer mündenden Flusses definiert. Ändert sich das Klima, ist mit einem Anstieg des Meeresspiegels und in der Folge mit einer Erhöhung des Tidehochwassers und einer Zunahme der Häufigkeit des Auftretens von Extremereignissen, wie Sturmfluten, zu rechnen (IPCC 2001). Verschieben sich die Mittelwerte der hydrologischen Größen und der Temperatur langfristig, hat dies auch direkten Einfluss auf die Vegetation der küstennahen tidebeeinflussten Vorlandlebensräume, die Bodenbildung, die Mineralisation und den Stoff- und Nährstoffhaushalt (NICHOLLS et al. 1999). Die ökologischen Auswirkungen einer Klimaänderung können vor allem dann gravierend sein, wenn landseitige Rückzugsgebiete durch Flussausbau und Bedeichung kaum zur Verfügung stehen (STERR 1998, SCHIRMER 1996, SCHIRMER 1994). Funktion und Charakteristik tidebeeinflusster Lebensräume Ästuare stellen Übergangszonen zwischen limnischen und marinen Ökosystemen dar und erfüllen wichtige ökologische Regulations-, Habitat- und Produktionsfunktionen (LOZÁN & KAUSCH 1996). Hier vollzieht sich ein regelmäßiger, intensiver Austausch von Wasser, gelösten und festen Stoffen und Organismen. Ausgedehnte Röhrichte, Seegras- und Salzwiesen haben dabei die Funktion biochemischer Filter für Nährstoffe und Puffer für Energieeinträge bei Überflutungsereignissen. Sedimentationsprozesse finden vor allem innerhalb strömungsberuhigter, mit Vegetation bewachsener Zonen statt. Während der Überflutungsperioden lagern sich die in der Tidewelle suspendierten Schweb- und Nährstoffe auf dem Vorland ab. Der organische Detritus dient als Substrat für Mikroorganismen für Mineralisations- und Bodenbildungsprozesse. Flussunterläufe sind daher hochproduktive Habitate (DAY et al. 1989) und stellen wichtige Aufwuchs- und Lebensräume für Fische und Makrozoobenthos dar. Das große Nährstoffangebot wird auch von mit dem Flutstrom einwandernden marinen Fisch- und Krebsarten genutzt. Kennzeichnend für den tidebeeinflussten Lebensraum Ästuar ist eine von Jahr zu Jahr unterschiedliche Saisonalität und Ausprägung der hydrologischen und klimatischen Faktoren (GRABEMANN et al. 1999) sowie eine hohe räumliche und zeitliche Dynamik (BARNES 1974). Neben dem zwei Mal täglich wiederkehrenden Wechsel von Ebbe und Flut kommt es vor allem in niederschlagsreichen Jahren zu jahreszeitperiodischen Überflutungen. Die Effekte von Sturmfluten können, überwiegend gegen Ende des Winters und bei ungünstigen Wetterlagen oder Windrichtungen, durch das gleichzeitige Auftreten großer Oberwasserabflüsse aus dem Flusseinzugsgebiet noch verstärkt werden. Aus gewässer- und auenökologischer Sicht sind solche Hochwässer natürliche Ereignisse. Für die von Teil I - Einleitung 2 Überschwemmungen betroffenen Bewohner flussnaher Gebiete stellen sie dagegen Katastrophen dar. Extremereignisse wie Sturmfluten, hohe oder niedrige Oberwasserabflüsse innerhalb eines Jahres und Hitze oder Frostereignisse können Dominanzverhältnisse und Bestandsdichten der Tier- und Pflanzengesellschaften stark verändern. Davon am stärksten betroffen sind Populationen mit langen Generationszeiten und Vegetationstypen in späten Sukzessionsstadien wie beispielsweise Auwälder (SCHIRMER 1996). Unter natürlichen oder naturnahen Bedingungen sind die tidebeeinflussten Ufer der Ästuare gemäßigter Breiten häufig durch eine mehr oder weniger scharfe Zonierung oder durch Übergänge von Vegetationseinheiten des offenen Wassers über amphibische Vegetation bis hin zu terrestrischer Vegetation charakterisierbar (HEJNY & SEGAL 1998). Dabei stellt der Wechsel von Trockenfallen und Überflutung den entscheidenden ökologischen Standortparameter für die ufernahen Lebensgemeinschaften der Vorlandbereiche dar (DISTER 1996). Die vorlandtypischen Pflanzenarten sind weitgehend an die herrschenden täglichen, saisonalen und interannuellen Streuungen der hydrologischen Parameter und der Klimaparameter angepasst und verfügen über Strategien zur Aufrechterhaltung oder Neuetablierung ihrer Populationen. Ursachen und mögliche Folgen einer Klimaänderung Unter dem Begriff Klima wird im Allgemeinen die langfristige Ausprägung des Wetters verstanden (HUPFER 1998). Die Variabilität des Klimas wird dabei durch langjährige Messreihen und den daraus errechneten Maßzahlen wie Mittelwerte, Extremwerte und Häufigkeitsverteilungen meteorologischer Klimaelemente beschrieben. Dazu gehören die Parameter Lufttemperatur (2 m Höhe über Grund), Niederschlagshöhe, Luftdruck, Wind, Strahlungsenergie, Wolkenbedeckung und die Konzentrationen verschiedener Gase und Spurenstoffe in der Atmosphäre, die Sonnenscheindauer, das Reflexionsvermögen der Oberfläche und weitere zusammengesetzte Größen (HANTEL 2005) Der Klimabegriff wird häufig für verschiedene Maßstabsebenen verwendet: Man spricht von globalem oder Weltklima, von Makroklima (bezogen auf Weltregionen), von Regionalklima (z.B. für Norddeutschland) und vom Mikroklima (bezogen auf einzelne Pflanzenbestände). Prozesse und Zustände, die das Klima bedingen, aufrechterhalten und verändern, werden allgemein als Klimafaktoren bezeichnet. Klimafaktoren sind unter anderem die Sonnenstrahlung, die Land-MeerVerteilung und die Größe und Lage der Landmassen über dem Meeresspiegel. Das Klima einer Region wird von der allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre und des Ozeans bestimmt, bei der Luftmassen und Meeresströmungen Energieaustausch unterschiedlicher gewährleisten. Temperatur Verschiebungen des den so globalen Wärmetransport und genannten Luftdruckgürtels und Intensivierungen oder Abschwächungen der ozeanischen Energietransporte können erhebliche regionale Klimaänderungen hervorrufen (HUPFER & SCHÖNWIESE 1998, STEINRÜCKE 1998). Ursachen für eine Änderung des Klimas werden vielfach in Veränderungen der atmosphärischen und ozeanischen Zyklen gesehen, die wiederum durch die Zyklen der Erdbahn, die Neigung der Erdachse und die Zyklen der Sonnenaktivität beeinflusst werden. Darüber hinaus wird das Klima auch durch Teil I - Einleitung 3 den „Treibhauseffekt“ und die Erhöhung der UV-B-Strahlung aufgrund der Verringerung der stratosphärischen Ozonschicht beeinflusst (IPCC 2001). In den vergangenen 250 Jahren wurde durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Veränderungen der Landnutzung und Landwirtschaft (MOISIER 1998) eine Zunahme der Konzentration von Kohlendioxid um 30 %, von Methan um 145 % und von Stickstoffoxid um 15 % verzeichnet (ROECKNER 1998). Gleichzeitig konnte nachgewiesen werden, dass die mittlere Oberflächentemperatur der Erde seit Mitte des letzten Jahrhunderts um ca. 0,6° C angestiegen ist (IPCC 2001, HUPFER & SCHÖNWIESE 1998). Dabei besteht eine enge statistische Korrelation zwischen der Zunahme der globalen mittleren Oberflächentemperatur der Erde und der anthropogen verursachten Zunahme der klimawirksamen Gase (NICHOLLS 2000, WOODWELL et al. 1998, TOL & DE VOS 1998, HÄGER et al. 1998). Mögliche hydrologische Folgen einer Klimaänderung betreffen neben der Beschleunigung des Meeresspiegelanstieges und der Erhöhung des Tidehoch- und –niedrigwassers sowie des Tidenhubs vor allem die Zunahme der Häufigkeit des Auftretens von Extremereignissen (IPCC 2001, SCHIRMER 1996). Eine veränderte Hydro- und Morphodynamik innerhalb des Ästuars hat neben einem veränderten Gehalt an gelösten Stoffen und einer Veränderung der Sedimentation durch die Verlagerung der Brackwasserzone und des Trübungsmaximums landeinwärts (GRABEMANN et al. 1999) auch direkte und indirekte Auswirkungen auf Flora und Fauna: Beispielsweise können höhere Niederschläge zu Auswaschungen von Nährstoffen und zu mehr Erosion durch Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit bei starken Oberwassern führen. Vor allem höhere Winter- und Sommertemperaturen können Stoffwechselprozesse verstärken und sowohl die Produktion (z.B. Biomassezunahme) als auch die Konsumption (Auf- und Abbau organischer Substanz) sowie die Mineralisationsprozesse im Boden verändern. Erhöhte Temperaturen und eine Verlängerung der Verweilzeiten des Wasserkörpers können zu Veränderungen des Sauerstoffhaushaltes und zu Nährstofffreisetzung und Eutrophierung im Ästuar führen und die Gewässergüte beeinflussen (IPCC 2001, GRABEMANN et al. 1999). Durch Temperaturerhöhungen können sich Dominanzverschiebungen und Veränderungen des Artenspektrums innerhalb von Flora und Fauna vollziehen (BEUKEMA & BROUNS 1990). Zum Beispiel kann es zu einer Verschiebung der Verbreitungsgrenzen von Pflanzen und Tieren (v. WESTERNHAGEN 1998, 1993) und zu einem erhöhten Anteil von Neozoen (SCHUCHARDT et al. 1999) und Neophyten (BRANDES & SANDER 1995, TABACCHI 1995) kommen. Der Verlust endemischer Populationen und litoraler Biozönosen könnte die Folge sein (BEST et al. 1993, BOER & DE GROET 1990). Bei der Betrachtung möglicher ökologischer Folgen einer Klimaänderung müssen auch die anthropogen veränderten Eigenschaften eines Ästuars berücksichtigt werden. Die Wirkung und die Ausprägung der hydrologischen Größen auf die Struktur und die Lebensgemeinschaften von Ästuaren hängen nicht nur von klimatischen Veränderungen, sondern auch stark vom Grad und der Intensität der Nutzung ab: Flussausbauten zur Schiffbarmachung, Eindeichungen und künstliche Teil I - Einleitung 4 Ufersicherungen führen zu deutlichen Veränderungen der flusstypischen Morphodynamik und der räumlichen Strukturvielfalt von Ästuaren (SCHIRMER 1996). Als Folge verändern sich die hydrologischen Parameter wie Tidenhub, Größe des tidebeeinflussten Bereichs, Strömungsgeschwindigkeit, Lage der Brackwasserzone, Verweilzeiten des Wasserkörpers und die Gewässergüte. Der Ausbau von Ästuaren zu Schifffahrtsstraßen und auch die Landwirtschaft und Freizeitnutzung von Vorlandbereichen haben bereits vielfach zum Verlust ökologischer Funktionen und zum Rückgang auentypischer Lebensräume und Vegetation, wie beispielsweise Auwäldern und Röhrichten, beigetragen (CLAUS et al. 1998, CLAUS et al. 1994a, SCHIRMER 1994). 1.2 Stand der Klimafolgenforschung Dass der Mensch Anteil an der Veränderung der klimabestimmenden Eigenschaften der Atmosphäre hat und somit Einfluss auf das Klima selbst nimmt, wird inzwischen kaum mehr bezweifelt (GÖNNERT et al. 2004, SÜNDERMANN et al. 2001, WUEBBLES et al. 1999, KARL & TRENBERTH 1999). Weltweit erforschen Wissenschaftler in Afrika (HULME et al. 2001, MAGADZA 2000), Asien (ALI 1996), Europa (HULME & CARTER 2000, ZEIDLER 1997, KWADIJK & ROTMANS 1995) und Amerika (NOVACECK & CLELAND 2001), teilweise unterstützt durch das Klimaforschungsprogramm der USamerikanischen Regierung (USGCRP - United States Global Change Research Program: http://www.usgcrp.gov/usgcrp/nacc/default.htm), die möglichen Folgen der globalen Erwärmung und eines steigenden Meeresspiegels (SMITH & LAZO 2001, BOESCH et al. 2000, HULME et al. 1999). Die Forschungen zielen darauf ab, die sozio-ökonomischen Folgen für die Bevölkerung und die Staaten der betroffenen Regionen der Erde abzuschätzen. Deshalb werden unter anderem die Auswirkungen auf die Wasserressourcen (FEDDEMA & FREIRE 2001, JACKSON et al. 2001), auf die Nahrungsmittelproduktion (ROTTER & VAN DE GEIJN 1999, BACHELET & GAY 1993) und den landwirtschaftlichen Ertrag (KARING et al. 1999, ROUNSEVELL et al. 1999), auf die Forstwirtschaft (GREGORY & INGRAM 2000, HANSON & WELTZIN 2000) und die menschliche Gesundheit (PATZ et al. 2000, REITER 2001) untersucht (IPCC 2001). Dahinter steht das Bestreben, unter dem Aspekt der Vorsorge eventuelle Gefahren zu erkennen und Strategien zur Vermeidung oder Abmilderung der möglichen Klimafolgen entwickeln zu können (IPCC 2001, SCHERAGA & GRAMBSCH 1998). Ein weiterer Fokus der internationalen Forschung liegt auf der Abschätzung der Folgen einer Klimaänderung für die direkt von einem Meeresspiegelanstieg betroffenen Küstenökosysteme und Küstenlebensräume (NICHOLLS 2000, TITUS & NARAYANAN 1996, JELGERSMA et al. 1993), in denen derzeit ca. zwei Drittel der Weltbevölkerung leben. In Untersuchungen der weltweiten Auswirkungen eines klimainduzierten Meeresspiegelanstiegs auf Küstenökosysteme geht beispielsweise NICHOLLS et al. (1999) von einem Rückgang der Salzmarschen und der tidebeeinflussten Feuchtgebiete und Röhrichtzonen von insgesamt bis zu 25 % bis zum Jahr 2080 aus. Unter Berücksichtigung weiterer Faktoren, wie Landverbrauch und Urbanisierung, kann künftig sogar von einem Verlust von 40 % bis 50 % dieser Lebensräume ausgegangen werden. Teil I - Einleitung 5 Die Schwerpunkte der ökologischen und ökophysiologischen Untersuchungen von Küstenregionen und Ästuaren liegen auf der Analyse der autökologischen und populationsökologischen Folgen für einzelne Tierarten (Fische, Makrozoobenthos: ENGLE & SUMMERS 1999, Vögel: ZALAKEVICIUS & ZALAKEVICIUS 2001) und Pflanzenarten (SHORT & NECKLES 1999) sowie der Abschätzung der Veränderung oder des Verlustes von besonderen Küstenökosystemen wie Salzmarschen (MATAMALA & DRAKE 1999), Mangroven (ELLISON & FARNSWORTH 1996) und Korallenriffen (KNOWLTON 2001). In den USA (EPA: http://yosemite.epa.gov/oar/globalwarming.nsf/content/index.html) und Europa (HULME & CARTER 2000) werden speziell für die Küstengebiete und Ästuare die regionalspezifischen klimatischen Verhältnisse und ökosystemaren Klimaeffekte modelliert. Die Abschätzung der Klimasensitivität betroffener Arten, die Reaktion der Ökosysteme und mögliche Veränderungen oder Verluste von Habitaten stehen dabei im Vordergrund der Forschungen, wie sie beispielsweise für die gesamte Ostküste der Vereinigten Staaten (NAJJAR et al. 2000, MICHENER et al. 1997), aber auch in Europa, z.B. für das Ebro-Delta in Spanien (SANCHEZ et al. 1996), das Tagus Ästuar in Portugal (SIMAS et al. 2001) oder das Unterweserästuar (VAGTS et al. 2000) durchgeführt wurden. Als methodisches Instrumentarium zur Abschätzung der Klimafolgen und der Ableitung möglicher Reaktionsstrategien werden in einigen Forschungsprogrammen, beispielsweise für die Atlantikküste der USA (LASSITER et al. 2000) oder für die Nordseeinsel Sylt (DASCHKEIT & SCHOTTES 2002) von den globalen Klimamodellen abgeleitete, regionalisierte Klimaszenarien unter Berücksichtigung von Wasserständen, Temperatur, CO2-Konzentration, Niederschlag etc. verwendet. Die Mehrzahl der Studien in den Niederlanden, Südamerika oder Kanada beschränkt sich allerdings auf die Untersuchung der Auswirkungen verschiedener Szenarien eines künftigen Meeresspiegelanstiegs und auf die Analyse der räumlichen und zeitlichen Auswirkungen eines veränderten Überflutungsregimes (VAN WIJNEN & BAKKER 2001, MORTSCH 1998, OLIVO DELOURDES 1997, NOEST 1991). Dabei dienen ökologische und hydrologische Modelle dazu, die Entwicklung oder die ökophysiologische Reaktion meist einzelner Spezies aufgrund sich verändernder klimatischer Umweltbedingungen zu modellieren (SIMAS et al. 2001, PRIMACK 2000, SANCHEZ et al. 1996). Zur Integration der Daten und zur Darstellung und Visualisierung der räumlichen und zeitlichen Veränderungen werden vielfach bereits Geografische Informationssysteme (GIS, s. Kap. 5.1) eingesetzt (DASCHKEIT & SCHOTTES 2002, SIMAS et al. 2001, VAGTS et al. 2000, POTTER & KLOOSTER 1999, EL-RAEY et al. 1999, ZEIDLER 1997, HOBBS 1994). Die weltweiten Studien zielen darauf ab, über die Abschätzung der ökologischen Folgen einer Klimaänderung hinaus (LASSITER et al. 2000, NAJJAR et al. 2000, NICHOLLS et al. 1999, MICHENER et al. 1997) regionale Gegenmaßnahmen, beispielsweise für den Küstenschutz, zu erarbeiten (DASCHKEIT & SCHOTTES 2002, IPCC 2001, VAGTS et al. 2000, WATERMAN et al. 1998). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bisher gemachten Prognosen über das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Klimawandels nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet sind (TRIACCA 2001) und stark von den jeweiligen lokalen Gegebenheiten abhängen (JONES 1994). Teil I - Einleitung 6 Im Hinblick auf die Prävention möglicher Gefahren durch eine Klimaänderung gilt es daher, Reaktionsstrategien zu entwickeln und die Sensitivität der Ästuare und Küstenregionen Deutschlands gegenüber Veränderungen der klimatischen Verhältnisse zu erforschen (v. LIEBERMAN et al. 2005, SCHIRMER & SCHUCHARDT 2005, DASCHKEIT & SCHOTTES 2002, SÜNDERMANN et al. 2001, VAGTS et al. 2000). 1.3 Das Forschungsprojekt „Klimaänderung und Unterweserregion“ (KLIMU) Die vorliegende Arbeit ist eingebunden in das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Klimaänderung und Unterweserregion“ (KLIMU), das im Rahmen des Klimafolgenforschungsprogramms der Bundesregierung „Klimaänderung und Küste“ in den Jahren 1997 bis 2000 vom BMBF und der Freien Hansestadt Bremen gefördert wurde. Innerhalb dieses Projektes wurde auf breiter wissenschaftlicher Basis die Sensitivität des Natur-, Lebens- und Wirtschaftsraumes Unterweserregion gegenüber einer Klimaänderung untersucht (KNOGGE & ELSNER 2005, KÖNIG & WITTIG 2005, KRAFT et al. 2005, KRAFT 2004, KRAFT & SCHIRMER 2001, SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005, OSTERKAMP et al. 2001, OSTERKAMP & SCHIRMER 2000, KÖNIG et al. 2000). Dabei wurde ein regionalisiertes Klimaszenario für das Jahr 2050 berechnet und Veränderungen der Klimaparameter Temperatur, CO2, Niederschlag, Tidewasserstände und Windverhältnisse modelliert (SCHIRMER 2005). Das verwendete Klimaszenario (Kap. 4.1) ist nicht mit einer Klimaprognose zu verwechseln, da weder Aussagen über Eintrittswahrscheinlichkeiten und absolute Werte gemacht werden noch auf der vorhandenen Datengrundlage möglich sind (SCHIRMER & SCHUCHARDT 1999). Die Datenbasis des KLIMU- Projektes sowie der vorliegenden Arbeit umfasst die Jahre 1988 bis 1994. 1.4 Zielsetzung, Aufgabenstellung und wissenschaftlicher Fortschritt Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die möglichen Effekte einer Klimaänderung auf die Vorlandvegetation von Ästuaren Norddeutschlands am Beispiel der Unterweser abzuschätzen. Die prinzipielle Frage, der nachgegangen wird, lautet: Was würde geschehen, wenn eine Klimaänderung, wie sie innerhalb des Klimaszenarios formuliert wird, unmittelbar auf die heutigen Gegebenheiten und Bedingungen des Unterweserraumes träfe? Dazu wird in einem ersten Schritt ein Vegetation-StandortModell (VS-Modell) erarbeitet, das die komplexen Zusammenhänge zwischen der Vegetation und den Standortparametern für große bis mittlere Maßstabsbereiche vereinfacht darstellen kann. In einem zweiten Schritt werden die Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung auf der Basis behördlicher zur Verfügung stehender Standortdaten flächendeckend modelliert. Die Modellierung erfolgt mit Hilfe des für ökologische Modellierungen inzwischen vor allem in den USA häufig eingesetzten parameterfreien statistischen Verfahrens der Klassifikations- und Regressionsbäume (Classification and Regression Trees, CART, Kap. 5.2.3, MUNOZ & FELICISMO 2004, BREIMAN et al. 1984). Als Datengrundlage zur Darstellung der Vegetation dienen flächendeckend vorliegende Teil I - Einleitung 7 Biotoptypeninformationen aus der Kartierung zur Vertiefung der Unterweser (KURZ & KÜVER 1991), die an den Kartierschlüssel des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (v. DRACHENFELS 1994) angepasst wurden. Die modellierten Standortparameter wie Überflutungshöhen, Überflutungsdauern, Salzkonzentrationen, Bodenfeuchten, Bodentypen, Standorttypen und Nutzungsarten stammen aus dem Forschungsprojekt „Klimaänderung und Unterweserregion“, liegen in Form von metrischen und ordinalen Vektor- und Punktdaten vor und wurden für die Integration in ein GIS (Geografisches Informationssystem ArcView, ESRI, Kap 5.1) aufbereitet. Das verwendete CART-Verfahren basiert auf einem Entscheidungsmodell, das die Beziehungen zwischen Standortparametern und den verschiedenen Biotoptypen in Form von Wenn/Dann Aussagen analysiert. Anhand dieses Modells können die Verteilungsmuster der Vegetation abhängig von räumlich unterschiedlich wirkenden Gradienten, wie beispielsweise dem Tidewasserstand, simuliert werden, wobei die verschiedenen Gradienten hierarchisch angeordnet werden können (MÜLLER 1992, O'NEILL et al. 1986). Das Modell berechnet dabei Wahrscheinlichkeiten des Auftretens eines Biotoptyps für jede einzelne Fläche aufgrund der zugehörigen charakteristischen Kombination der verschiedenen Standortparameter. Die mit CART gewonnen Modellergebnisse, mit denen in Kombination mit einem GIS die räumliche Verteilung der Biotoptypen modelliert und dargestellt werden kann, werden mit der Methode der Kreuzvalidation (Kap. 7.2.1) überprüft. Die Validierung ermöglicht es, Aussagen zur Modellgüte zu treffen und anhand der Abweichungen der Modellergebnisse von den realen Werten Fehler in den Ausgangsdaten sowie den zugrunde gelegten Hypothesen aufzudecken und gegebenenfalls zu korrigieren (MÜLLER 1999, BRECKLING & REICHE 1996, MÜLLER et al. 1996). In Abbildung 1 sind die Schritte der Modellbildung schematisch dargestellt. Aufgabenstellung Nachfolgend sind die innerhalb der vorliegenden Arbeit behandelten Aufgabenstellungen zusammenfassend dargestellt: Die Entwicklung eines methodischen Konzeptes zur Datenauswahl, Datenaufbereitung und Datenintegration für bereits vorhandene regionale und topografische Daten Norddeutschlands bezogen auf den Lebensraum Ästuar am Beispiel der Unterweser, für große bis mittlere Maßstabsbereiche. Die GIS-gestützte deskriptive Analyse des Zusammenhanges zwischen abiotischen Standortparametern und der Merkmalsausprägung der Vorlandvegetation auf der Ebene von flächendeckend vorliegenden Biotoptypen- und Standortinformationen. Die Entwicklung und Validierung eines Vegetation-Standort-Modells auf Basis des CARTVerfahrens. Die Modellierung der Vegetationsverteilung Berücksichtigung verschiedener Nutzungsszenarien. infolge einer Klimaänderung unter Teil I - Einleitung 8 Problemstellung: Prognose Definition Modellzweck: Definition von Maßstab und der Vegetation infolge einer Modellierung von Komplexität Klimaänderung Vegetationsveränderungen Problemlösung: Anwendungsorientiertes Prognosemodell Definition der Datenrelationen und -anforderungen Prognose der Vegetation aufgrund veränderter Standortparameter Definition abhängige und Test: Auswahl der Variablen unabhängige Variablen Durchführung der Datenkalibrierung und der Validierung Auswahl des Modelltyps Statistisches Verfahren: CART Abb. 1: Schritte der Modellbildung, Schema des Ablaufplanes zur Ableitung des Prognosemodells zur Modellierung der räumlichen Verteilung der Vorlandvegetation (nach MÜLLER et al. 1996, verändert) Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, wie sich die aktuelle Vorlandvegetation in Abhängigkeit von den im Klimaszenario zugrunde gelegten Bedingungen, vor allem in Bezug auf einen beschleunigten Meeresspiegelanstieg (CHURCH et al. 2001), verändern könnte. Unter dem Aspekt der Vorsorge liegt der Fokus der Arbeit somit auf der Untersuchung und der Modellierung des Zusammenhanges zwischen Standort und Merkmalsausprägung der Vegetation unter heutigen topografischen Bedingungen. Eine klimabedingte Veränderung der Morphologie und Topografie der Unterweser und ihrer Vorländer kann nicht bearbeitet werden, denn zur quantitativen und inhaltlichen Beschreibung morphologischer und topografischer Veränderungen fehlen raumbezogene Informationen, auf deren Grundlage das Ausmaß und die Art der zu erwartenden morphologischen Veränderungen prognostiziert werden könnten. Die Bedeutung möglicher morphologischer Veränderungen wird in Bezug auf das VS-Modell in den Kapiteln 7.4.3 und 8.1.8 diskutiert. Teil I - Einleitung 9 Wissenschaftlicher Fortschritt Die Modellierung der Vegetationsveränderung für den Lebensraum Unterweser wird für ein Untersuchungsgebiet mit einer Fläche von über 50 km² durchgeführt. Bisherige Ansätze zur Abschätzung von Vegetationsveränderungen in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigen kleinere Untersuchungsräume von wenigen Hektar, wie z.B. einzelne Vorland- oder Vordeichsabschnitte von Flussläufen (BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 2003, SCHILLINGER 2002, VAGTS 2000, BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 1998), beziehen sich innerhalb Europas regional überwiegend auf die Analyse des Vorkommens und die Gefährdung einzelner Pflanzenarten besonderer Lebensräume, wie beispielsweise der Salzmarschen oder Mangroven (SIMAS et al. 2001, PRIMACK 2000, SANCHEZ et al. 1996) oder stellen grobe Abschätzungen für ganze Küstenregionen dar (NAJJAR et al. 2000, MICHENER et al. 1997). Dagegen liegen in den Vereinigten Staaten und in Kanada bereits Studien vor, die die Klimasensitivität der Vegetation verschiedener Ästuare und der Großen Seen auf breiter Basis analysieren, um zu qualitativ und quantitativ flächendeckenden Aussagen möglicher zu erwartender Veränderungen der Vegetation zu kommen (LASSITER et al. 2000, MORTSCH 1998). Die vorliegende Untersuchung ergänzt die nationale und internationale Klimafolgenforschung (DASCHKEIT & SCHOTTES 2002, VAN WIJNEN & BAKKER 2001, SIMAS et al. 2001, HULME & CARTER 2000, NICHOLLS 2000, VAGTS et al. 2000, OLIVO DE-LOURDES 1997, TITUS & NARAYANAN 1996, NOEST 1991, EPA: http://yosemite.epa.gov/oar/globalwarming.nsf/content/index.html, JELGERSMA et al. 1993, USGCRP: http://www.usgcrp.gov/usgcrp/nacc/default.htm), indem unter dem Aspekt der Vorsorge eine flächendeckende Abschätzung möglicher Klimafolgen für die Vegetation des gesamten Lebensraumes Ästuar am Beispiel der Unterweser vorgenommen wird. Die Ergebnisse der Arbeit tragen zu einer Verbesserung der Kenntnis der Standort-Wirkungszusammenhänge für die Vorlandvegetation von Ästuaren Norddeutschlands bei. Darüber hinaus wird hiermit ein validiertes, anwendungsorientiertes Verfahren zur Modellierung der Vegetation auf der Grundlage vorhandener regionaler und topografischer Daten zur Verfügung gestellt. Teil I - Untersuchungsgebiet 2 2.1 10 DAS UNTERSUCHUNGSGEBIET Geografische Lage und Naturraum Die Unterwesermarsch ist dem „Naturraum Watten und Marschen“ zuzuordnen (v. DRACHENFELS 1994) und liegt im Norddeutschen Raum im nordwestlichen Teil des Elbe-Weser-Dreiecks (MEISEL 1969). Die Marsch ist eine flache, offene Landschaft ohne größere Gehölzanteile. Landwirtschaftlich wird sie überwiegend als Grünland genutzt. Charakteristisch für diesen Landschaftstyp ist das engmaschige und weit verzweigte Grabennetz, das neben der Hutefunktion für das Vieh vor allem der Regulation der Zu- und Entwässerung der Flächen dient. Die Unterweser, zwischen Bremen und Bremerhaven gelegen, durchfließt die Wesermarsch von Süden nach Norden und mündet schließlich in die Deutsche Bucht (Abb. 2). Als das Vorland der Unterweser wird der tidebeeinflusste Auenbereich des Naturraumes Unterwesermarsch bezeichnet. Das Unterweservorland schließt alle Überflutungsräume ein, sowohl die regelmäßig tidebeeinflussten als auch solche, die durch Sommerdeiche geschützt nur selten von Hochwasserereignissen betroffen sind (s. Kap. 2.3). Das Untersuchungsgebiet (Abb. 3) umfasst eine Fläche von über 50 km². Abb. 2: Deutsche Bucht und die Unterweser: Das Untersuchungsgebiet, das Vorland der Unterweser, liegt zwischen Bremen und Bremerhaven im Nordwesten Deutschlands (Quelle um Beschriftungen ergänzt aus dem World Wind-Programm der NASA: http://worldwind.arc.nasa.gov) Teil I - Untersuchungsgebiet 2.2 11 Geogenese und Böden Das Aller-Weser-Urstromtal entstand während der Saale Eiszeit (vor ca. 240.000 bis 125.000 Jahren) durch das Abfließen der am Eisrand austretenden Schmelzwässer (BEHRE 1994). Die so entstandene Erosionsrinne lenkte die Weser aus ihrer ursprünglichen West- in eine Nordrichtung um und ließ den bis heute aktiven Weserlauf über Nienburg, Verden und Bremen nach Bremerhaven entstehen (STREIF 1993). In der folgenden Eem Warmzeit (vor ca. 125.000 bis 115.000 Jahren) stieg der Nordseespiegel mit einer mittleren Rate von etwa 4 m pro Jahrhundert extrem rasch an und erreichte in seiner Maximalausdehnung etwa die heutige Küstenkonfiguration. In der sich anschließenden letzten Eiszeit, dem Weichselglazial (vor ca. 115.000 bis 10.000 Jahren), stießen die skandinavischen Eismassen schließlich nur noch bis zur Elbe vor. Der Meeresspiegel der Nordsee lag in diesem Zeitraum um mehr als 45 m unter dem heutigen Niveau. Der Mündungsbereich der Unterweser wie auch die gesamte Küstenregion waren im nachfolgenden Holozän auf Grund der nacheiszeitlichen Meeresspiegelschwankungen erheblichen Veränderungen unterworfen: Zu Beginn der Nacheiszeit verlief die Küstenlinie noch nördlich der Doggerbank in der heutigen südlichen Nordsee. Durch das Abschmelzen der Eismassen stieg der Meeresspiegel dann relativ rasch an und die Nordsee drang nach Süden vor. Seit dem Atlantikum (vor ca. 7.500 Jahren) wurden durch starke Meerestransgressionen mit durchschnittlichen Raten von 2,1 m pro Jahrhundert nach dem Abschmelzen des Inlandeises marine, brackige und fluvilale Sedimente in einer Mächtigkeit von wenigen dm bis 20 m über pleistozänen Schichten abgelagert (STREIF 1993). Die Marschbildung setzte in den ufernahen Gebieten des Meeres und der Flussmündung ein, die durch die Tide regelmäßig überflutet wurden: Abhängig von Strömung und Morphologie sedimentierte der mitgeführte Schlick, Schlickton, Schlicksand und Sand, und es kam im Laufe der Zeit zu einer Erhöhung der Marsch. Ufernah bildete sich auf diese Weise mehr oder weniger sandiges Hochland, während sich weiter entfernt eher schlickige Sedimente ablagerten und das heute tiefer gelegene Sietland bildeten. Sturmfluten und Hochwässer trugen zum Anwachsen der Uferwälle bei. Es entstanden auch relativ trockene Standorte, die schließlich mit Baumvegetation aus Ulmen, Eichen und Eschen besiedelt wurden. In tiefer gelegenen Gebieten entstand dagegen eine amphibische Landschaft mit Gezeitenrinnen, Altwässern und einer Sumpf-Vegetation mit Erlen und Weiden (STREIF 1993). Die Landschaftsentwicklung der Region wird seit ca. 8.000 Jahren stark von einem Meeresspiegelanstieg geprägt. Ein relativ schnell steigender Meeresspiegel verlagerte die Küstenlinie im Laufe der Zeit landeinwärts und schuf so einen Stauraum, der von den verfügbaren Sedimenten zunächst nicht vollständig aufgefüllt werden konnte (BEETS 1995). Erst vor ca. 6.000 bis 5.000 Jahren, als der Meeresspiegelanstieg sich verlangsamte, konnten die entstandenen Wattbuchten und Lagunen wieder mit Sedimenten aufgefüllt werden und ein zusammenhängender Strandwall entstehen, der die Teil I - Untersuchungsgebiet 12 Küstenniederung gegen die See abriegelte. Der bis heute andauernde Meeresspiegelanstieg mit einer durchschnittlichen Rate von 5 cm pro Jahrhundert (BEETS 1995) führte dann wieder zu Materialabtrag in der Küstenniederung. Der beginnende Bau zusammenhängender Seedeiche im 13. Jahrhundert, die entstehende Binnenentwässerung und die zunehmende Torfgewinnung verursachten schließlich ein teilweises Absacken der Marsch unter ihr ursprüngliches Niveau, ein Umstand, der auch zu den großen Landverlusten Norddeutschlands durch die mittelalterlichen Sturmfluten beigetragen hat (STREIF 1993). Die sich im Lauf der Zeit durch Überflutung und Sedimentation bildenden Marschböden sind je nach Ablagerungsbedingungen unterschiedlich aufgebaut und zusammengesetzt. Die Profile der Marschböden können bis zu 20 m mächtig sein und zeigen die unterschiedlichsten Horizontabfolgen, die verschiedenen Überflutungszustände, die einsetzende Bodenbildung, Absenkungs- und Sedimentationsprozesse der letzten Jahrtausende widerspiegeln (LERCH 1991). Charakteristisch für die Marschenböden sind sehr feine, tonreiche Sedimente, die entweder durch die in das Ästuar hinein reichenden Gezeitenströme des Meeres oder durch mitgeführte Sedimente aus dem Oberwasserabfluss geprägt sind. Der abgelagerte Schlick besteht in der Regel aus schluffigem Ton bis nahezu tonfreiem, quarzreichem Feinsand. Der Salzgehalt kann von über 2 psu im frischen Seeschlick auf weniger als 0,05 psu in den Flussmarschen absinken; umgekehrt steigt, abhängig vom Alter, der Kalkgehalt der Marschenböden, in der Regel stromauf an. Die Tonmineralien sind im Seewasserbereich daher vorwiegend mit Na+ belegt. Im Brackwasser dominieren Na+ und Mg2+ und im Flusswasserbereich überwiegend Calcium-Ionen. Seemarschen entstehen unter marinen Bedingungen. In den jungen Seemarschen ist der Kalkgehalt noch hoch, während ältere Marschgebiete im Oberflächenbereich weitgehend entkalkt sein können. Seemarschen finden sich entlang der Unterweser vor allem zwischen Sandstedt und Bremerhaven (s. Abb. 3). Im Mischungsbereich von Fluss- und Meerwasser entsteht dagegen die mäßig salzhaltige Brackmarsch, deren Kalkgehalt stark wechseln kann, die sich meist jedoch durch einen stark verdichteten, wasserundurchlässigen Unterboden auszeichnet. Flussmarschen entstehen wiederum im Süßwasserbereich oder unter schwach brackigen Bedingungen. Die Ca²+ reiche Flussmarsch lagert dichter, und während der Bodenbildung entsteht weniger Sulfid, dagegen mehr Methan als bei der Seemarsch (SCHEFFER & SCHACHTSCHABEL 1998). Flussmarschen erstrecken sich weseraufwärts von Sandstedt bis Bremen. In Kapitel 6.1.2.1 ist die räumliche Verteilung der unterschiedlichen entlang des Unterweser vorkommenden Marschentypen näher beschrieben. Teil I - Untersuchungsgebiet 2.3 2.3.1 13 Nutzungsarten und Vegetation Unterweser Das Weserästuar wird in die landseitige Unterweser und die sich zum Wattenmeer hin öffnende Außenweser unterteilt. Die insgesamt 68 km lange Unterweser, zwischen dem Tidewehr in Bremen und der Stadt Bremerhaven gelegen, gliedert sich in einen limnischen und im Unterlauf in einen meerwasserbeeinflussten brackigen Teil, wobei die Brackwassergrenze je nach Tidezyklus und Oberwasserablauf etwa um den Uw-km 50 pendelt (SCHIRMER 1996). Die marin geprägte Außenweser verläuft von Bremerhaven durch das Wattenmeer und erreicht nach etwa 60 km die Seegrenze der Nordsee. Die Unterweser gehört heute zu den weltweit am stärksten ausgebauten Ästuaren. Ursprünglich war die Unterweser ein flacher, mäandrierender, in zahlreiche Nebenarme aufgegliederter Flachlandfluss. Die fließgewässertypische Dynamik beruhte in erster Linie auf den fluviatilen Umlagerungsprozessen Erosion, Transport und Sedimentation. Jahreszeitlich und tideabhängig wechselnde Strömungen und Wasserstände formten ein dynamisches, mosaikhaftes Nebeneinander von Biotoptypen verschiedener Sukzessionsstadien. In Abhängigkeit von der Überflutungshäufigkeit bildete sich eine Flusslandschaft typischer Zonation mit Watten und Hartholzauen aus (CLAUS et al. 1994a und 1994b). Bereits im 12. Jahrhundert wurden die ersten Deiche gebaut, in deren Schutz es zur Erschließung der Wesermarsch kam. Nach der Rodung der Auwälder wurde ein umfangreiches Graben- und Fleetsystem zur Entwässerung der nassen Marsch- und Moormarschgebiete angelegt. Aufgrund der im Laufe der Zeit durch den Deichbau hervorgerufenen Abtrennung von der ursprünglichen Aue wurden Dynamik und Materialhaushalt der Unterweser auf den Hauptstrom und die tidebeeinflussten Vorlandbereiche konzentriert. Zwischen 1887 und 1895 wurde dann von Franzius die erste große Weserkorrektur durchgeführt. Ihr folgten fünf weitere Ausbauten bis Ende der 1970er Jahre bis zu einer Tiefe von neun Metern unter Seekartennull. Diese Umgestaltungen der Unterweser, vor allem im 20. Jahrhundert, führten zu starken morpho-hydrologischen Veränderungen und zu deutlich höheren Hochwassern und Sturmfluten (SCHIRMER 1995). Das Ästuar wird heute in seiner gesamten Länge bis zum Weserwehr im stadtbremischen Bereich unmittelbar von den wechselnden Einflüssen der Gezeiten und den damit verbundenen Salinitätsschwankungen geprägt. Weitere hydrologische Folgen des Ausbaus sind zum einen das Absinken des Tideniedrigwassers und zum anderen eine Zunahme des Tidenhubs. Der ausbaubedingte Tidenhub liegt in Bremerhaven derzeit bei ca. 3,6 m und in Bremen bei ca. 4,1 m. Ende des 19. Jahrhunderts lag der verzeichnete Tidenhub im bremischen Stadtgebiet bei nur wenigen dm. Insgesamt kam es durch die Ausbauten zu einer Erniedrigung des Mittelwasserstandes und damit zum Absinken des Grundwasserstandes in den ufernahen Vorland- und Marschenbereichen (CLAUS et al. 1994a). Die Kanalisierung der Unterweser hat auch zu einer Verlagerung der Brackwasserzone Teil I - Untersuchungsgebiet 14 stromauf und zu einer Verlängerung der Verweilzeiten des Oberwassers im Ästuar geführt. Vor allem bei sommerlichen niedrigen Abflüssen während Niedrigwasserphasen kommt es in der Folge zu verstärkten Sauerstoffzehrungen und zur Akkumulation von Fest- und Schadstoffen im Vorland- und Uferbereich (SCHIRMER 1994). Insgesamt hat durch die Vertiefung auch die Strömungsgeschwindigkeit und die Gefahr von Erosion zugenommen. Daher sind weite Strecken vieler Uferabschnitte künstlich befestigt worden (s. u.). Die Nebenflüsse Hunte, Lesum und Ochtum sind in den vergangenen Jahrzehnten mit Sturmflutsperrwerken versehen worden, die im Bedarfsfall geschlossen werden können. Den Salzkonzentrationen entsprechend kann die Unterweser im Längsverlauf in limnische, oligohaline und mesohaline Bereiche eingeteilt werden. Diese aufgrund der unterschiedlichen Oberwasser und des Tidegeschehens mehr oder weniger abgrenzbaren Bereiche können durch überwiegend limnische, euryhaline oder marine Biozönosen charakterisiert werden. Bezogen auf den Querschnitt gliedert sich der Lebensraum Ästuar in drei für die aquatische Fauna bedeutsame Biotoptypen: die eigentliche Stromrinne, die Flachwasserzonen und die Wattflächen, die entweder vegetationslos sind oder Röhrichtbewuchs aufweisen. Je nach Unterweserabschnitt ist die Ausprägung dieser Teillebensräume aufgrund der starken Beeinträchtigungen (SCHIRMER 1996, SCHUCHARDT 1995) allerdings sehr unterschiedlich. So sind vor allem die für die aquatische Fauna besonders wichtigen Flachwasserzonen im limnischen Abschnitt durch die Ausbauten nur noch in geringem Umfang und in naturferner Ausprägung vorhanden. Dagegen sind die Wattbereiche bedingt durch den Tidenhub künstlich vergrößert worden. Insgesamt ist der Verlust naturraumtypischer Strukturen seit 1887 im gesamten Unterweserraum (CLAUS et al. 1994a) wie auch in den benachbarten deutschen Ästuaren (SCHUCHARDT et al. 1999) enorm. 2.3.2 Unterweservorland Das Untersuchungsgebiet (Abb. 3), das Vorland der Unterweser, wird lateral durch Winterdeiche von der Marsch abgetrennt. In Nord-Südrichtung erstreckt sich das Vorland entlang der Unterweser von der Geestemündung bei Bremerhaven (Uw-km 65) bis hin zum Weserwehr (Uw-km –4,25) im bremischen Stadtgebiet. Das Vorland der Unterweser stellt den tidebeeinflussten Auenbereich des Naturraumes Unterwesermarsch dar. In diesem jüngsten, flussnächsten Teil der Marsch dominieren Böden der unreifen Fluss-, Brack- und Seemarsch. Aktuell besitzt das Vorland eine Gesamtfläche von rund 6000 ha. Diese Fläche umfasst sowohl die zwischen Hauptdeich und oberhalb der mittleren Tidehochwasserlinie (MThw-Linie) gelegenen Grünlandbereiche als auch die vom Tideröhricht besiedelten Gebiete bis ca. 70 cm unter MThw. Die Trennung von Marsch und Aue wurde schon vor etwa 800 Jahren durch den damals beginnenden Deichbau eingeleitet. Im Zuge der Weserkorrektur Ende des 19. Jahrhunderts und der bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts nachfolgenden Flussausbauten entstanden die Vorländer in ihrer aktuellen Form (SCHIRMER 1995). Die heutigen Vorländer der Unterweser stellen somit die Reste der Teil I - Untersuchungsgebiet 15 historischen Aue dar. Das Erscheinungsbild der Vorländer wird vor allem von den ehemaligen Weserinseln, den so genannten Sänden, geprägt. In den letzten 1000 Jahren haben sich Lage, Größe und Form dieser Inseln durch den Einfluss der Gezeiten und die häufige Verlagerung des Hauptstromes immer wieder stark verändert. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde dann der größte Teil der Inseln befestigt, miteinander verbunden und sommerbedeicht. Insgesamt sind ca. 52 % der Aue mit Sommerdeichen von im Mittel 3,5 m Höhe versehen. Dazu gehören die großen Weserinseln und Platen: Tegeler Plate, Strohauser Plate, Harrier Sand, Elsflether Sand, Rusch Sand, Tegeler Sand, Warflether Sand und Julius Plate. Im Zuge der Vertiefung und der Ausbauten der Unterweser zur Seeschifffahrtsstraße sind ca. 60 % der Ufer (bezogen auf die gesamte Uferlänge) künstlich mit Steinpackungen befestigt worden (CLAUS et al. 1994a). Ausbaggerung und Vertiefung des Weserästuars haben vor allem seit den 1970er Jahren auf ehemals tidebeeinflussten Ufern Spülfelder von 3 bis 4 m Höhe über MThw entstehen lassen. Spülfelder nehmen inzwischen ca. 10 % der Fläche des Untersuchungsgebietes ein. Alle diese Maßnahmen haben dazu geführt, dass heute weite Teile der Vorländer mit Sommerpoldern versehen sind und nur noch ca. 38 % tidebeeinflusst sind. Rund 82 % der Vorländer sind durch menschliche Nutzungen geprägt. Landwirtschaftlich werden sie vorwiegend als Grünländer genutzt. Für Marschflüsse naturraumtypische tidebeeinflusste Gebiete mit Schilfriedern, Binsen und Rohrkolben finden sich nur noch auf knapp 20 % der Flächen. Die Röhrichtflächen sind dabei durch das niedersächsische Naturschutzgesetz § 28a geschützt. Auch die ausgedehnten Grünlandbereiche der Strohauser Vorländer, des Harrier Sandes und des Hammelwarder Sandes unterliegen dem Grünlandschutzprogramm Niedersachsens. Anteil an den Unterweservorländern haben neben dem Lande Bremen mit seinen Städten Bremen und Bremerhaven die Landkreise Wesermarsch, Cuxhaven und Osterholz (Abb.3). 2.4 Klima und Standortparameter Das Untersuchungsgebiet gehört der feuchtgemäßigten Westwindzone der Nordhalbkugel an und ist durch ein ausgeprägtes Jahreszeitenklima, vorherrschende Westwinde und den häufigen Durchzug von Zyklonen gekennzeichnet. Charakteristisch für das maritime Klima sind kühle, niederschlagsreiche Sommer (mittlere Juli-Temperatur 17,3 °C) und mäßig kalte Winter (mittlere Januar-Temperatur zwischen 0,6 °C und 1,6 °C). Temperaturen Die Jahresmitteltemperaturen liegen je nach betrachtetem Zeitraum zwischen 8,8 °C und 9,3 °C. In Bremen können im Mittel an 24 Tagen im Jahr Temperaturen über 25 °C erreicht werden, in Bremerhaven werden dagegen durchschnittlich nur an 16 Tagen Temperaturen über 25 °C gemessen Teil I - Untersuchungsgebiet 16 (HEINEMANN 2003, BÄTJER & HEINEMANN 1980). Die Anzahl der frostfreien Tage beläuft sich in Bremen auf ca. 167, im an der Küste gelegenen Bremerhaven auf immerhin 226. Spätfröste können bis etwa Mitte Mai in Bremen und bis Mitte April in Bremerhaven auftreten. Frühfröste sind in Bremen ab Mitte September und in Bremerhaven ab Mitte Oktober wahrscheinlich. Die tiefste bisher in Bremen gemessene Temperatur betrug im Februar 1940 -23,6 °C. Der mit 37,6 °C bis dahin höchste Temperaturwert wurde am 9.8.1992 in Bremen gemessen. In der Regel setzt intensives Pflanzenwachstum etwa bei Tagesmitteltemperaturen um 5 °C ca. um den 30. März ein. Diese Periode mit Tagesmitteltemperaturen von mindestens 5 °C dauert durchschnittlich bis zum 10. November. Niederschläge Für den Zeitraum von 1931 bis 1971 beträgt die Niederschlagssumme im langjährigen Mittel je nach Bezugszeitraum und Station zwischen 650 und 715 mm (HEINEMANN 2003, BÄTJER & HEINEMANN 1980). Die Monate mit den höchsten Niederschlägen sind Juli und August. Der niederschlagsärmste Monate ist der März. Marschgebiete zeichnen sich bei guter Wasserversorgung durch ganzjährig hohe Verdunstungsraten aus. Die Evapotranspiration kann im Bremer Raum ab Mitte April sogar die Niederschlagswerte übersteigen und zu einem Feuchtedefizit führen (JANSEN 1990). Strömung Bei hohen Niederschlägen zur Zeit der Schneeschmelze im Frühjahr kann es zu einem Anstieg des Oberwasserabflusses aus dem Flusseinzugsgebiet der Weser und zu einer starken Zunahme der Strömungsgeschwindigkeiten kommen. Aktuell variieren die maximalen bzw. mittleren Strömungsgeschwindigkeiten während Ebbe oder Flut etwa zwischen 1 bzw. 0,7 m/s bei Bremerhaven (Uw-km 67) und zwischen 0,55 bzw. 0,4 m/s bei Uw-km 20 (stadtbremisches Gebiet). Innerhalb einzelner Tidezyklen konnten die Strömungsgeschwindigkeiten sogar 2 m/s übersteigen (GRABEMANN et al. 1999). Salzgehalte und Trübungszone Der Salzgehalt der Unterweser steigt stromab durch den zunehmenden Einfluss des Meerwassers kontinuierlich an. Der limnisch-oligohaline Abschnitt der Unterweser zwischen dem Weserwehr im stadtbremischen Bereich und Uw-km 55 weist Salinitäten von <2 psu auf. Zwischen Uw-km 35 und 55, wo sich Süß- und Salzwasser mischen, entsteht die ästuartypische brackige (oligohaline) Trübungszone, die sich durch sehr hohe Schwebstoffgehalte auszeichnet. Diese Trübungszone entsteht einerseits aufgrund des veränderten Salzgehaltes und der osmotischen Bedingungen, die die von stromauf kommenden Plankter absterben lässt. Andererseits bedingt die starke Tideströmung Sedimentations- und Resuspensionsprozesse, die ebenfalls zur Bildung einer Trübungswolke beitragen. Der Salzgehalt im sich anschließenden mesohalinen Abschnitt der Unterweser (ab Uw-km 55) schwankt in Abhängigkeit von Oberwasserabfluss und Tidephase etwa zwischen 5 bis 18 psu (GRABEMANN et al. 1999). Teil I - Untersuchungsgebiet 17 Windgeschwindigkeiten Die mittleren Windgeschwindigkeiten liegen in Bremen etwa zwischen 4 und 5 m/s und im küstennahen Bremerhaven zwischen 5 und 6 m/s. Im Mittel werden für Bremen vor allem im Winter 16 Sturmtage mit Windstärken von mindestens 8 Beufort (Windgeschwindigkeit < 17,2 m/s) registriert. Als Windrichtung herrschen westliche und südwestliche Winde vor. Tidewasserstände Die Mittleren Tidehoch- und Tideniedrigwasserwerte liegen für die 10-Jahresreihe 1985 bis 1994 in der Größenordnung zwischen 2,40 m über NN bzw. -1,12 m unter NN im bremischen Stadtgebiet und ca. 1,75 m über NN und -1,96 m unter NN in Bremerhaven. Die Tidedauer beträgt in der Wesermündung im Mittel 12 h 25 min. Da das Oberwasser dämpfend auf die flussaufwärts gerichtete Flutwelle wirkt, wird die Flutdauer flussaufwärts immer kürzer und die Ebbdauer entsprechend länger. Des Weiteren verzögert sich die Eintrittszeit des Niedrigwassers (NW) und des Hochwassers (HW) stromaufwärts (GRABEMANN et al. 1999, WETZEL 1987, DIRKSEN 1986). Tidenhub Der mittlere Tidenhub liegt in Bremerhaven derzeit bei ca. 3,8 m und in Bremen bei ca. 4,1 m. Aufgrund dieses großen Tidenhubs lässt sich das Weserästuar als mesotidal klassifizieren. Hervorgerufen durch die sich überlagernden, gegensätzlichen Auswirkungen der Reibung und der Konvergenz der Flussquerschnitte ändert sich der Tidenhub in Flusslängsrichtung. Daher ist die Weser den hypersynchronen Ästuaren zuzuordnen (Typisierungen z.B. in NICHOLLS & BIGGS 1985). Teil I - Untersuchungsgebiet 18 Bremerhaven Einswarder Plate Nordenham Tegeler Plate Kleinensieler Plate Cuxhaven Wesermarsch Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Osterholz Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 Sommerpolder Tidebeeinflusstes Vorland Spülfelder N 10 Kilometer Landkreisgrenzen Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 3: Das Unterweservorland zwischen Bremen und Bremerhaven mit Sommerpoldern, tidebeeinflusstem Vorland und Spülfeldern, den Landkreisen Wesermarsch, Cuxhaven und Osterholz und der Unterweser Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 3 19 VORLANDVEGETATION UND STANDORTPARAMETER In den nachfolgenden Kapiteln wird die Bedeutung der verschiedenen die Vegetation von Vorlandlebensräumen prägenden Standortparameter unter Bezug auf die im Klimaszenario (Kap. 4.1) dargestellten Veränderungen beschrieben. 3.1 Standortparameter tidebeeinflusster Lebensräume Die Faktoren, die das Pflanzenwachstum beeinflussen, sind einerseits der Faktor Stress, der alle jene Phänomene bezeichnet, die die Photosynthese hemmen, also auf eine Beschränkung der Ressourcen Licht, Wasser und Mineralnährstoffe zurückgeführt werden kann, andererseits der Faktor Störung, durch den die Pflanze ganz oder teilweise zerstört wird. Darunter sind unter anderem der mechanische Einfluss durch Nutzung, die Beeinträchtigung durch Überflutung, Wind, Frost, Trockenheit und Bodenerosion und Krankheiten sowie Fraßschäden durch Herbivore zu verstehen (GRIME 2001, 1979). Die Entwicklung und Ausprägung der Vegetation eines Gebietes hängt von den herrschenden Klimabedingungen ab (LEEMANNS & BORN 1994). Als Folge des CO2-Anstieges, der globalen Temperaturerhöhung und den daraus resultierenden hydrologischen Veränderungen (s. Kap. 4.1) sind entsprechende Veränderungen der Vegetation und der Vegetationszusammensetzung zu erwarten (IRMLER & SCHRAUTZER 1995, BEST et al. 1993). In erster Linie entscheidend für die von Jahr zu Jahr unterschiedliche Vegetationsentwicklung sind dabei nicht die errechneten langjährigen Mittelwerte der Klimaparameter, sondern verstärkt auftretende Extremereignisse (DISTER 1996). Sowohl die Biomasse als auch die Zusammensetzung der Vegetation werden stark durch saisonale Größen wie die Länge der Vegetationsperiode, die Strenge der Winter, das Auftreten von Überflutungsereignissen, Dauerregen, Trockenheit und Spät- und Frühfrösten beeinflusst. Für Auenstandorte in Hafengebieten der Elbe stellte PREISINGER (1991) fest, dass zwischen dem Merkmal der Vegetation und den Standortparametern Höhe und Überflutung nicht in allen Fällen ein direkter kausaler Zusammenhang festgestellt werden kann. Von entscheidender Bedeutung für die Vegetationsentwicklung ist seiner Ansicht nach neben den physiologischen und morphologischen Eigenschaften der einzelnen Pflanzenarten (DISTER 1996) vor allem der Aspekt der Nutzung und des Uferverbaus (PREISINGER 1991). 3.1.1 Hydrologischer Faktorenkomplex Vorlandstandorte sind dem Einfluss der Gezeiten, der damit einhergehenden Strömung sowie Wind und Wellenschlag permanent ausgesetzt. Durch den täglich zweimaligen Wechsel zwischen Tidehochwasser (THw) und Tideniedrigwasser (TNw) stellen sie extreme Lebensräume für Tiere und Pflanzen dar. Für die Ausprägung der Vegetation von ufernahen, strömungsbeeinflussten Auenstandorten ist der Faktor Überflutung daher der entscheidende Standortparameter (BALDWIN et al. 2001, BERTNESS 1999). Dazu schreiben HEJNY & SEGAL (1998): “By definition hydrology is of primary importance to the ecology function and conservation of wetlands. The effects of the Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 20 hydrological conditions on the wetland habitats and biotic communities can be predicted if one knows the biology and ecology of the potentially dominant plants.” 3.1.1.1 Überflutung und Topografie Anhand der relativen Höhenlage eines Standortes zum Tidehochwasser können die wichtigen Standortparameter Überflutungsdauer, -höhe und -häufigkeit berechnet werden (DISTER 1996, ELLENBERG 1996, PREISINGER 1991, KÖTTER 1961). Die Lage eines Standortes bestimmt, ob die Überflutung im Jahr einige oder mehrere Wochen dauert, so dass schon Niveauunterschiede von wenigen Zentimetern die Vegetationszusammensetzung beeinflussen können (VIVIANSMITH 1997). Die Verfügbarkeit von ausreichend genauen und zahlreichen Höhendaten eines Gebietes ist also für eine Prognose der Vegetationsentwicklung maßgeblich (s. Kap. 4.2, 5.1 und HEJNY & SEGAL 1998). ELLENBERG (1996), PREISINGER (1991) und KÖTTER (1961) beschreiben in ihren Arbeiten eine auentypische Zonierung der Vegetation naturnaher Ufer auf der Ebene von Pflanzengesellschaften in Abhängigkeit vom Mittleren Tidehochwasser (MThw). Anhand des Standortparameters Wasserstand lassen sich nach HEJNY & SEGAL (1998) grob die folgenden vier Bereiche unterscheiden: die so genannten terrestrischen Bereiche, die nur gelegentlich überflutet werden und bei denen der Wasserspiegel deutlich unter der Bodenoberfläche liegt, die epilitorale Zone mit geringem Grundwasserflurabstand, die eulitorale Zone, die per Definition zwischen dem saisonal schwankenden Tidehoch- und dem Tideniedrigwasser zu finden ist, und das Litoral, das permanent überflutet ist. Ein infolge einer Klimaänderung ansteigender Meeresspiegel bedingt auch ein erhöhtes Tidehochwasser und einen erhöhten Tidenhub (NICHOLLS et al. 1999) und hat demnach direkte Auswirkungen auf die Ausprägung der Vegetationszonierung und -zusammensetzung (VAN WIJNEN & BAKKER 2001). Darüber hinaus wirken sich die Erhöhung des MThw sowie häufigere Überflutungen auch direkt auf die Möglichkeiten der Nutzung der Vorländer aus (s. u.). Bei einer verlängerten Überflutungsdauer werden generell hochwassertolerante sauerstoffmangelresistente Arten wie Röhrichte und Flutrasen in ihrer Ausbreitung gefördert (CRAWFORD 1993). Der Parameter Überflutungshöhe ist dabei insofern bedeutsam, als dass überflutungstolerante Arten auch solche Ereignisse überdauern können, bei denen wenigstens eines ihrer Blätter aus dem Wasser herausragt (DISTER 1996). Denn zahlreiche Sumpf- und Röhrichtarten verfügen über die Fähigkeit, in ihrem Wurzelbereich ein Aerenchym auszubilden und so die unterirdischen Organe durch den Transport von Sauerstoff über die oberirdischen Pflanzenteile zu versorgen (LERCH 1991). Dabei gibt es verschiedene Strategien, wie Pflanzen auf Überflutung und die dadurch hervorgerufene Anoxie im Boden reagieren. Die Kennzeichen einer typischen Auenvegetation sind effektive Ausbreitungs- und Reproduktionsstrategien sowie Störungs- und Stresstoleranz (s. Kap. 3.1.2). Viele Pflanzenarten sind allerdings nur nach seltenen und kurzen Überflutungsereignissen wieder in der Lage, ihre abgestorbenen Wurzeln zu regenerieren und halten langen Überflutungszeiten Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 21 nicht stand. Insgesamt spielt natürlich die Häufigkeit, Dauer und die Saisonalität von Störungen, wie sie Überflutungsereignisse darstellen, eine wichtige Rolle für die Sukzession (s.u.) und Art der Ausprägung der Vegetation (BORNETTE & AMOROS 1996). 3.1.1.2 Strömung Neben der Überflutung ist auch die Strömungsgeschwindigkeit für die Pflanzengesellschaften der Ufersäume ein stark differenzierender Faktor (CROWE & SHARP 1996, FRENCH & CHAMBERS 1996, KOPECY 1966). Beispielsweise kann eine Zunahme der Niederschläge im Frühjahr zu einem Anstieg der Oberwasserabflüsse aus dem Flusseinzugsgebiet der Unterweser führen und die maximalen Strömungsgeschwindigkeiten erhöhen (Kap. 4.1). Aktuell variieren die maximalen bzw. mittleren Strömungsgeschwindigkeiten innerhalb des Weserästuars bezogen auf die Mitte der Stromrinne während Ebbe bzw. Flut etwa zwischen 1 bzw. 0,7 m/s bei Bremerhaven (Uw-km 67) und zwischen 0,55 bzw. 0,4 m/s bei Uw-km 20. Innerhalb einzelner Tidezyklen können die Strömungsgeschwindigkeiten auch 2 m/s übersteigen. Im Klimaszenario (Kap. 4.1) nehmen die maximalen und mittleren modellierten Strömungsgeschwindigkeiten um 1 bis 7 cm/s zu (GRABEMANN et al. 1999). Die Strömungsgeschwindigkeit ist als Maß der Strömungsenergie zu verstehen und hat bei tiderhythmisch auftretenden Überflutungsereignissen und im Besonderen bei Sturmfluten einen direkten mechanischen Einfluss auf die Vegetation und auf Erosions- und Sedimentationsvorgänge, wobei flache Ufer anders betroffen sind als steile Ufer. Darüber hinaus stellen auch Wind und schiffsbedingter Wellenschlag mechanische Größen dar, die die Vegetationsausprägung der Ufer stark beeinflussen und formen. Das Ausmaß der Beeinträchtigung der Vegetation durch diese periodisch auftretenden mechanischen Störungen ist abhängig von der Uferform und –neigung und darüber hinaus auch vom Regenerationspotential sowie von der Halmfestigkeit der am Ufer wachsenden Pflanzen (GRIME 2001, 1979). Zweifellos stellen dichte Röhrichtbestände entlang der Ufer von tidebeeinflussten Flussunterläufen effektive mechanische Puffer dar, so dass sich innerhalb der Röhrichte stark strömungsberuhigte Zonen bilden, die eine hohe Organismendichte aufweisen, als Rückzugsraum für Jungfische dienen, und in denen vor allem Sedimentationsprozesse stattfinden. Von der Stärke der Strömung wird, abhängig von Bewuchs und Uferform, also die Art des Bodensubstrates und die Sedimentationsrate eines Standortes geprägt. Entlang eines Strömungsgradienten werden die Korngrößenfraktionen der mitgeführten Sande und Schlicke vor allem im Bereich der Trübungszone in typischer Weise klassifiziert: In Bereichen mit starker Strömung sedimentieren überwiegend Sande. Mit abnehmender Strömungsenergie setzt sich zunächst Schluff und schließlich Ton ab. Die unterschiedlichen Standortbedingungen des Vorlandes mit seinen Nebenarmen und Inseln verursachen im Längsverlauf des Ästuars distinkte Sedimentations- und Erosionsbedingungen während der Tiden und Sturmfluten. Die verschiedenen Ausbauten der Unterweser (Kap. 2.3) haben allerdings insgesamt zu einer Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit geführt und die Erosion der Ufer entlang des Hauptstromes erhöht (SCHIRMER 1995). Sedimentation findet abhängig vom Oberwasserabfluss und saisonal unterschiedlich vor allem im Bereich von Stillwasserzonen, beispielsweise in den bremischen Häfen, statt (SCHUCHARDT 1995). Vor allem bei mittlerem Oberwasserabfluss (ca. 300 m³/s) scheint Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 22 die Sedimentation im bremischen Hafengebiet hoch zu sein. Bei großem Abfluss ist die Sedimentation dort dagegen reduziert. 3.1.1.3 Lage der Trübungszone, Gewässergüte und Salinität Saisonal variiert die Verweilzeit eines Wasserkörpers in der Weser abhängig vom Oberwasserabfluss stark. Im Ästuar wirken der vom Meer her eindringende Flutstrom und das von stromauf abfließende Oberwasser gegeneinander. Davon abhängig schwankt auch die Lage der ästuartypischen Trübungszone und des Salzkeils, der sich von der Nordsee in die Unterweser schiebt. Hydrologische Berechnungen von GRABEMANN et al. (1999) ergeben, dass sich unter den Bedingungen des Klimaszenarios für einen definierten geringen Oberwasserabfluss von 120 m³/s, wie er vor allem in den Sommermonaten zu beobachten ist, die Tidedynamik und damit die Verweilzeit des Weserwassers im Ästuar von 30 auf 40 Tage verlängert. Im Klimaszenario treten Situationen mit geringerem Oberwasser vermehrt auf. Umgekehrt verkürzen dagegen die im Klimaszenario im Frühjahr bzw. im Winter erhöhten Oberwasserabflüsse die Verweilzeit. Die Grenze der Brackwasserzone, die von GRABEMANN et al. (1999) aufgrund der anthropogen erhöhten Salzfracht des Oberwassers bei einem Salzgehalt von 2 psu definiert wird (Süßwasser ≤ 0,5 psu), verschiebt sich unter den Bedingungen des Klimaszenarios bei einem definierten Oberwasser im Mittel um etwa 2 km weiter stromauf. Sie variiert dann tide- und oberwasserabhängig zwischen Uw-km 32 und km 64. Damit erreicht die Brackwasserzone im Klimaszenario die stromaufwärts liegende Grenze um Uw-km 32 etwa viermal häufiger als unter heutigen Bedingungen. Parallel zur Verlagerung der Brackwassergrenze verschiebt sich auch die Trübungszone entsprechend weiter stromauf. Eine klimabedingte erhöhte Wassertemperatur führt zudem zu einer Steigerung sauerstoffzehrender mikrobieller Abbauprozesse in der Unterweser vor allem zwischen Uw-km 10 bis Uw-km 30. Gleichzeitig bedingen längere Verweilzeiten eines Wasserkörpers in der Unterweser, vor allem im Sommer, eine Reduzierung des Sauerstoffgehalts um 1 mg/l bis 2 mg/l und verursachen längere Zeiträume niedriger Sauerstoffkonzentrationen (GRABEMANN et al. 1999). Die Gewässergüte spielt für die Ufervegetation allerdings nur indirekt eine Rolle, da zunächst die Nährstoff- und Salzgehaltsbedingungen im Substrat selbst bzw. im Bodenwasser für die dort wurzelnden Pflanzen entscheidend sind. Die Nährstoff- und Salzgehalte in der fließenden Welle unterscheiden sich in der Regel stark von den im Bodenwasser gemessenen Gehalten (HEJNY & SEGAL 1998). Der Salzgehalt der im Einflussbereich des Meeres entstandenen See- und Brackmarschen kann bis zu 2 psu betragen, wohingegen die Werte in der Bodenlösung deutlich darunter liegen. Für die Unterweser stehen keine Messungen des Salzgehaltes der Bodenlösung zur Verfügung. Grundsätzlich entstehen aber auf salzbeeinflussten Standorten durch das hohe osmotische Potenzial der Ionenkonzentration im Boden große Saugspannungen, denen die meisten Gefäßpflanzen nicht mehr gewachsen sind. Halophyten sind dagegen an derartige Bedingungen angepasst. Durch die aktive Aufnahme von Ionen gleichen sie Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 23 das Konzentrationsgefälle zwischen Bodenlösung und Zellsaft aus. Die Pflanzen können durch die osmotisch wirksamen Zuckerkonzentrationen in den Wurzelzellen Wasser aufnehmen. Als Halophyten werden in der Regel solche Pflanzenarten bezeichnet, die bei einem Salzgehalt von über 0,05 psu in der Bodenlösung vorkommen können. Dabei lassen sich nur für wenige Arten scharfe Grenzen zwischen Halophyten und Nichthalophyten ziehen. Die Salzverträglichkeit kann innerhalb derselben Gattung von Art zu Art und auch innerhalb einer Art schwanken. Man spricht daher auch präziser von ökologischer Salztoleranz (LERCH 1991). Nach KURZ & KÜVER (1991) kann z.B. Phragmites australis bis zu einem Salzgehalt von 0,06 psu des Bodenwassers wachsen. Unter starkem Salzeinfluss kann Schilf also mit erhöhter Wasseraufnahmefähigkeit ins Gewebe reagieren. SCHEER (1953) stellte bei Untersuchungen am Jadebusen fest, dass sogar noch Salzgehalte von 1 psu von den Pflanzen toleriert wurden, wobei die Vitalität der Bestände deutlich herabgesetzt war und die Rhizome in den jeweils salzärmsten Bodenbereichen angelegt wurden. 3.1.2 Standörtlicher Faktorenkomplex 3.1.2.1 Bodenfeuchte und Bodenart Die Eigenschaften des Bodens prägen die Vegetation und umgekehrt. Die Vegetation selbst und die im Boden stattfindenden biochemischen Prozesse werden wiederum durch die Witterung und das Klima und bei semiterrestrischen Marschenböden auch stark durch die Höhe und Verweildauer einer zusammenhängenden Wasserschicht im oder über dem Boden beeinflusst (LERCH 1991). Vorlandoder Auenböden gehören im Allgemeinen zu den subaquatischen oder semiterrestrischen Böden, deren A-Horizont einen hohen Anteil organischer Substanz und hohe Besiedlungsdichten von Bodenorganismen aufweist. Der B-Horizont ist dagegen durch Sauerstoffmangel gekennzeichnet. Dort herrschen stark reduzierende Bedingungen vor. Von der Bodenart selbst ist wiederum die Luft- und Wasserkapazität sowie die Kationenaustauschkapazität bzw. das Nährstoffhaltevermögen eines Standortes abhängig. Gleichzeitig ist in überfluteten Böden, als Folge der hohen Wärmekapazität des Wassers, insgesamt eine größere Temperaturausgeglichenheit zu beobachten. Für die Merkmalsausprägung der Vegetation auf nur selten überfluteten Standorten spielt der Parameter Grundwasserflurabstand und daraus abgeleitet die Bodenfeuchte eine große Rolle (ROSSET 1990). Auf stark tidebeeinflussten Vorlandbereichen füllt das periodisch eindringende Wasser den gesamten Porenraum im Boden aus. In der Folge nimmt der Gehalt an molekularem Sauerstoff stark ab. Die Überflutung unterbricht also den Gasaustausch zwischen der Bodenwurzelzone und der Atmosphäre. Nur in der wenige Millimeter mächtigen Grenzschicht zwischen gestautem Wasser und Atmosphäre finden sich noch messbare Sauerstoffkonzentrationen. In häufig überstauten Böden herrscht ein niedriges Redoxpotenzial vor, wodurch in den überwiegend alkalischen Marschenböden die Kationenaustauschkapazität vermindert ist (SCHEFFER & SCHACHTSCHABEL 1998). Der Abbau und Umbau organischer Substanz verläuft hier im Vergleich zu gut durchlüfteten Böden deutlich langsamer. Der Anteil organischer Substanz ist in der Regel dementsprechend hoch. Bei Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 24 Sauerstoffmangel bleibt die Zersetzung organischer Reste unvollständig, so dass neben CO2 und Humusstoffen sich vor allem Reduktionsendprodukte wie H2, CH4, NH3, Sulfide, organische Kohlenwasserstoffverbindungen und flüchtige Schwefelverbindungen bilden (LERCH 1991). Überflutete oder staunasse Standorte werden unter natürlichen Bedingungen von sauerstoffmangeltoleranten Pflanzenarten der Stromtal- und Röhrichtgesellschaften besiedelt. 3.1.2.2 Standorttyp Nicht nur die Lage eines Standortes zum Tidehoch- oder -niedrigwasser spielt für die Vegetation eine Rolle. Wichtig sind auch weitere topografische Größen wie Neigung, Exposition gegenüber Wind und Wellen und die Uferstruktur. Darüber hinaus kann auch die schlichte Größe eines Vorlandbereiches, der zwischen wenigen Quadratmetern und einigen Hektar schwanken kann, von Bedeutung für die Beeinflussung durch Wind oder Wellenschlag sein. Besonders wind- und wellenexponierte Standorte können langfristig leicht erodieren und zerstört werden (HEJNY & SEGAL 1998). Im Zuge der Ausbauten der Norddeutschen Ästuare zu Schifffahrtsstraßen wurden, wie in Kap. 2.3 bereits beschrieben, weite Bereiche der Ufer der Unterweser verbaut, aufgespült und befestigt. Solche überformten Standorte zeichnen sich meist durch Steinschüttungen, Spundwände oder durch dem Ufer vorgelagerte Deckwerke zum Erosionsschutz aus. Für das Vorland der Unterweser kann zwischen folgenden überformten Standorttypen unterschieden werden: naturnahe tidebeeinflusste Aue, bewirtschaftete tidebeeinflusste Aue, bewirtschaftete und sommerbedeichte Bereiche, Spülfelder und befestigte Uferabschnitte (s. Kap. 5.1.2.3, 6.1 und 6.2). Auch durch die Anlage von Uferbefestigungen, Sommerpoldern und Spülfeldern, die den Einfluss der Gezeiten einschränken, ist die Topografie und damit das Überflutungsregime und die anstehenden Substrattypen und -eigenschaften der Vorländer entscheidend verändert worden. Darüber hinaus hängt vom Ufersubstrat oder Bodentyp, der Topografie und der Exposition eines Standortes nicht nur das Überflutungsregime, sondern auch die landwirtschaftliche Nutzbarkeit ab. 3.1.2.3 Nutzungsart und -intensität Die Nutzungsart und -intensität spielt eine maßgebliche Rolle für die Etablierung und Ausprägung der Vegetation (Kap. 5.1.2.4, 6.1, 7.1). Die landwirtschaftliche Nutzung ist daher neben der Überflutung und der Bodenfeuchte ebenfalls ein wesentlicher Standortparameter. Durch Entwässerung, Mahd, Beweidung, Düngung und Einsaat können, abhängig von der Nutzungsintensität, Ackerflächen, Weiden, Mähwiesen oder landwirtschaftliche Brachen entstehen. Dabei können nur solche Bereiche landwirtschaftlich genutzt werden, die dem direkten Einfluss der Überflutung durch Sommerdeiche oder durch ihre erhöhte Lage entzogen sind. Die phänologische Ausprägung der Pflanzenbestände ist durch Veränderungen des Bewirtschaftungsregimes stark modifizierbar und auch die Sukzession (s.u.) ist auf bewirtschafteten Flächen allogen gesteuert: Bei geringer Mahdfrequenz und spätem ersten Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 25 Mahdtermin kommen beispielsweise eher hochwüchsige Grünlandarten zur Dominanz. Durch häufige Mahd werden dagegen eher niederwüchsige Arten mit hohem Regenerationsvermögen selektiert. Düngung verursacht durch die Bereitstellung zusätzlicher Nährstoffe während der Hauptwachstumsphase auf gut wasserversorgten Grünlandstandorten generell erhöhte Erträge und vermindert witterungsabhängige Erntedepression. Dabei setzen sich die typischen Düngezeiger wie Festuca pratensis und Alopecurus pratensis nur dann gegenüber konkurrenzschwächeren Arten durch, wenn sie auch schon im Ausgangsbestand vorhanden sind (BORNKAMM & HENNING 1982). Fehlen sie, profitieren solche Arten, die die Nährstoffe am schnellsten aufnehmen und in Phytomasse umsetzen können. Großen Einfluss auf die Bestände hat, abhängig von Mahdzeitpunkt und -häufigkeit, dabei also auch das im Boden vorhandene Samenpotenzial, das wiederum durch frühere Bewirtschaftungsweisen beeinflusst ist (GRIME 2001, ROSENTHAL 1992). Bewirtschaftungsänderungen wie beispielsweise das Brachfallen von zuvor genutzten Grünlandflächen können im Sinne von GRIME (1979) als Störung bezeichnet werden und führen vor allem auf nährstoffreichen Standorten rasch zu veränderten, neuen Pflanzengemeinschaften. Die Bestandsstruktur ist hier überwiegend durch hochwüchsige Rhizompflanzen gekennzeichnet und verursacht durch die Streubildung und die Lichtkonkurrenz gegenüber dem Ausgangsbestand starke Artverluste (ROSENTHAL 1992). Beweidung als Nutzungsform hat ebenfalls eine stark selektierende Wirkung auf die Artenzusammensetzung. Auf beweideten Flächen erfolgt eine Auslese von für das Weidevieh wohlschmeckenden Pflanzen. Zusätzlich kommt es auf stark betretenen Flächen mit hohem Viehbestand zur Entwicklung von Trittpflanzengesellschaften und offenen Stellen. Grundsätzlich werden durch Beweidung regenerationsfähige Untergräser, Rosetten- und Halbrosettenpflanzen gefördert (LERCH 1991). 3.1.3 3.1.3.1 Klimatischer Faktorenkomplex CO2-Konzentration Eine klimabedingte Verdoppelung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre, wie im Klimaszenario (Kap. 4.1) beschrieben, hat bei ausreichender Wasser- und Nährstoffversorgung direkte Düngungseffekte auf die Vegetation. Verschiedene Pflanzenarten reagieren bei sonst gleichen Standortbedingungen unterschiedlich auf eine Erhöhung der CO2-Konzentration. Nach COLLATZ et al. (1998) werden durch die CO2-Erhöhung vor allem zu den C3-Pflanzen zählende Grasarten in ihrer Biomasseproduktion gefördert. In Laborexperimenten mit Bäumen führte eine künstliche Erhöhung des CO2-Gehaltes der Umgebungsluft beispielsweise zur Erhöhung der Nettophotosyntheserate und folglich zu einer Biomassezunahme (BARTON et al. 1993, DUFRENE et al. 1993). Laborexperimente mit einzelnen Pflanzenarten können allerdings nur Hinweise darauf geben, wie Arten im Freiland reagieren. Die Forschungsergebnisse können nicht eins zu eins auf ein gesamtes Ökosystem übertragen werden. Andere Autoren gehen auch von einer erhöhten Nährstoffverfügbarkeit durch Steigerung der Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 26 Bodenaktivität aufgrund erhöhter Temperatur und Bodenfeuchte aus, was allerdings auch zu einer weiteren Freisetzung der Treibhausgase CO2-und CH4- führen kann (MOISIER 1998). 3.1.3.2 Alle Temperatur biochemischen Prozesse sind temperaturabhängig. Erhöhte Temperaturen steigern Stoffwechselfunktionen und führen beispielsweise bei Pflanzen zu verstärktem Wachstum. Eine durch eine Klimaänderung hervorgerufene Erhöhung der Jahresmitteltemperatur führt zu einem früheren Beginn des Vegetationswachstums und damit insgesamt zu einer Verlängerung der Vegetationsperiode. Auf Standorten mit ausreichender Nährstoff- und Wasserversorgung kann es daher zu einem starken Anstieg der Biomasseproduktion kommen (SPARKS & CAREY 1995). Dies träfe beispielsweise auf hygrophile Pflanzenarten des Feuchtgrünlandes oder der Röhrichte zu. Bei tagneutralen Pflanzen (LARCHER 2001) kann es durch Temperaturerhöhungen zu einer Vorverlegung der Blühphase kommen (ASSHOFF et al. 1995). Eine Verlängerung der Vegetationsperiode führt zu insgesamt höheren Verdunstungsraten, da Transpiration und Interzeption über einen längeren Zeitraum erfolgen. Eine weitere direkte Einwirkung der erhöhten Temperatur ist die Steigerung der Bodenaktivität mit vom Redoxpotenzial abhängiger stärkerer Mineralisierung oder der Freisetzung anaerober Stoffwechselprodukte wie beispielsweise Methan. 3.1.3.3 Strahlung, UV-B Die Ozonschicht der Atmosphäre wirkt als Schutzschild für die energiereiche UV-B-Strahlung (280– 320 nm). Durch eine anthropogen verursachte Abnahme der Ozonkonzentration (MARSH & GROSSA 2001) gelangt mehr UV-B-Strahlung in die Troposphäre und auf die Erdoberfläche. Effekte erhöhter UV-B-Strahlung auf Pflanzen sind u.a. die Inhibition der Photosynthese und des Wachstums (JORDAN 1993). FRANZARING & THERBURG (1997) beobachteten in Freilandversuchen bei allen untersuchten Grünlandarten Arten Schädigungen in Form von Nekrosen der Blätter und einem insgesamt niedrigerem Wuchs. Allerdings ist die Sensitivität verschiedener Pflanzenarten und auch innerhalb verschiedener Ausprägungen ein und derselben Art zum Teil beträchtlich (TERAMURA & SULLIVAN 1994). Für die Abschätzung der Folgen erhöhter UV-B-Strahlung auf die landwirtschaftliche Produktion, auf aquatische Ökosysteme oder auf Wälder ist die Untersuchung verschiedener Stressfaktoren in Kombination mit UV-B-Effekten von besonderer Bedeutung. Dabei spielt beispielsweise die Temperaturabhängigkeit der UV-B-Toleranz von Pflanzen vor allem im Hinblick auf eine mögliche globale Erwärmung und Wasserstress eine wichtige Rolle. Sowohl erhöhte Temperaturen als auch Wasserstress steigern die negativen UV-B-Effekte auf das Pflanzenwachstum (TERAMURA & SULLIVAN 1990). Auch die Anfälligkeit beispielsweise gegenüber Pilzbefall und anderen Pflanzenkrankheiten kann zunehmen (ORTH et al. 1990). Zusätzlich können die positiven Auswirkungen gesteigerter CO2-Konzentrationen bezüglich der Biomasseproduktion durch eine erhöhte UV-B Strahlung vermindert werden (TERAMURA & SULLIVAN 1990). Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 3.1.4 27 Biotischer Faktorenkomplex Bei der Untersuchung zeitlicher und räumlicher Aspekte der Vegetationsdynamik hängen die beobachteten Veränderungen der Vegetation von der betrachteten Ökosystemaren Ebene, der Größe der Fläche und dem beobachteten Zeitraum ab. 3.1.4.1 Sukzession In der Ökologie wird unter dem Begriff der Sukzession allgemein die dynamische Interaktion zwischen Populationen unter sich ändernden ökologischen Bedingungen verstanden (GLENN-LEWIN & VAN DER MAAREL 1992). Die von ODUM und MARGALEFF in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte Vorstellung einer Homöostase wurde inzwischen zu Gunsten empirisch beobachteter dynamischer Veränderungs- und Anpassungsprozesse an sich ändernde Umweltbedingungen aufgegeben. Heute wird die von HUSTON schon 1979 postulierte Veränderbarkeit der Vegetation betont und als Norm betrachtet (HUSTON 1994, 1979). Um die Phänomene von Vegetationsveränderungen zu beschreiben, werden von GLENN-LEWIN & VAN DER MAAREL (1992) folgende Typen von Sukzession unterschieden: Progression und Retrogression, primäre und sekundäre Sukzession sowie autogene und allogene Sukzession. Innerhalb der Sukzessionstheorie werden populationsökologische Veränderungen der Vegetation auf die ökophysiologischen Eigenschaften einzelner Arten zurückgeführt (PEET 1992). Allerdings können allein auf der Grundlage populationsökologischer Prozesse nicht alle beobachteten Veränderungen erklärt werden, da die meist als konstant angenommenen Standortparameter und Standorteigenschaften eher als Prozesse verstanden werden müssen. Dies betrifft vor allem Prozesse der Bodenentwicklung und die auf verschiedenen Zeitskalen auf einen Standort wirkenden physikalischen Umweltfaktoren wie Klimaschwankungen und wetterbedingte Extremereignisse. Der Begriff „Primäre Sukzession“ wurde für Prozesse definiert, die sich auf zuvor unbesiedelten und von Organismen weitgehend unbeeinflussten Standorten vollzogen. In der praktischen Anwendung des Begriffs zur Beschreibung von Vegetationsveränderungen wurde er meist verwendet, um Standortveränderungen zu kennzeichnen, die sich über lange Zeiträume erstreckten, wie beispielsweise Bodenbildungsprozesse. Der Begriff der „Sekundären Sukzession“ beschreibt Regenerationsprozesse von Ökosystemen nach Störungen. In der praktischen Anwendung des Begriffs diente er zur Beschreibung von beobachteten Populationsveränderungen in Ökosystemen (GLENN-LEWIN & VAN DER MAAREL 1992). Tatsächlich gelang bislang keine logisch ganz einwandfreie Definition des Sukzessionsbegriffes, denn in vielen Fällen können, wie HUSTON (1994) ausführt, für einen Standort verschiedene Sukzessionsstadien gleichzeitig beschrieben werden. Darüber hinaus gelingt es bis heute kaum, die Entwicklung von Ökosystemen oder auch nur der Vegetation eines Standortes genau vorherzusagen, weil die kritischen Faktoren und Prozesse weiterhin weitgehend unbekannt bleiben. Daher werden Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 28 beispielsweise für die Entwicklung von Salzmarschvegetation so genannte „multiple pathways of succession“ beschrieben, das heißt, dass sich die Vegetation zweier hinsichtlich ihrer Ausgangssituation identisch erscheinender Standorte in völlig verschiedene Richtungen entwickeln kann. Denn innerhalb eines bestimmten Zeitraumes können verschiedene Vegetationstypen, Dominanzverhältnisse und Diversitäten beobachtet werden (HEJNY & SEGAL 1998). 3.1.4.2 Verbreitungsmechanismen der Vegetation Für die Verbreitung und Ansiedlung von Pflanzenarten spielt, neben ihrer Anpassungsfähigkeit an die herrschenden Standortbedingungen, auch ihr Samenvorkommen am Standort, die räumliche Nähe (Einwanderung über Verdriftung, Rhizome oder Stolone) und ihr bevorzugter Verbreitungsmechanismus über Samen oder Pflanzenteile mit dem Wind oder der Strömung, eine wichtige Rolle (ROSENTHAL 1992). Einerseits können also zufällige Phänomene wie Erstansiedlung für die Ausbreitung und Entwicklung eines bestimmten Vegetationstyps entscheidend sein (HEJNY & SEGAL 1998). Dabei spielt das Samenpotenzial eines Standortes allerdings erst nach Störungen, die die bisherige Vegetation so weit zerstören, dass wieder neu besiedelbare freie Flächen entstehen, eine wesentliche Rolle. Andererseits können Rhizompflanzen wie Phragmites australis, die zudem noch über einen internen Nährstoffkreislauf verfügen und im Frühjahr schnell aufwachen können, rasch in neue nasse, feuchte oder auch weniger feuchte Bereiche einwandern und bei fehlender Bewirtschaftung alsbald die bisherige Vegetation verdrängen. 3.2 Gliederungskonzepte der Vegetation Um herauszufinden, wie sich eine Klimaänderung großräumig auf die Vegetation der Unterweservorländer auswirkt, muss die Vegetation zunächst flächendeckend erfasst werden. Zur Datenerhebung z.B. durch Kartierung der Bestände stehen in der Vegetationskunde verschiedene Klassifikationssysteme zur Verfügung. Bei jeder Art von Klassifikation sollte allerdings berücksichtigt werden, dass die Form der systematischen Abgrenzung und Anordnung von Objekten eine Abstraktion darstellt, da Objekte immer nur auf der Basis einer beschränkten Zahl von Eigenschaften wahrgenommen und definiert werden können. Darüber hinaus ist ihre systematische Ordnung durch eine bestimmte Sichtweise und Zielsetzung geprägt (ZONNENVELD 1994, LAATSCH & SCHLICHTING 1959). Für die Art und Qualität der getroffenen Aussage ist das verwendete Abstraktionsverfahren ebenso konstituierend wie das zugrunde liegende Klassifikationsschema oder der Zweck der Untersuchung. Die meisten Typisierungen von Vegetation erfolgen innerhalb eines hierarchisch aufgebauten Klassifikationsschemas. In der Pflanzensoziologie (BRAUN-BLANQUET 1964) werden beispielsweise Assoziationen zu übergeordneten Verbänden, Ordnungen und schließlich Klassen zusammengefasst. Die exakten Grenzen zwischen solchen Vegetationseinheiten sind im Gelände allerdings nicht immer Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 29 klar zu erkennen. Darüber hinaus ist besonders das der Pflanzensoziologie zugrunde liegende Konzept der physiognomischen Homogenität nur schwer zu objektivieren (WIEGLEB 1986). Seit langem wird daher, vor allem in den Vereinigten Staaten, die Auffassung der Vegetation als Kontinuum vertreten (WHITTAKER 1973). Der Terminus „Fuzzy Boundaries“ macht dabei deutlich, dass an Stelle von Vegetationsgrenzen Übergangszonen und damit Ökotone definiert werden können. Aktuell findet das Konzept im Zusammenhang mit wahrscheinlichkeitsbasierten Fernerkundungsansätzen Verwendung (DALE 1999). Unabhängig vom Erscheinungsbild der in einem Gebiet vorgefundenen Vegetation ist es jedoch bisher unvermeidbar Vegetationskarten und deren digitale Repräsentation als Vektor- und Rasterdaten (GIS, Kap. 5.1) mit harten Grenzen zu verstehen und die Vegetation in nominalskalierte Variablen zu überführen. Denn ohne diese Festlegung wäre eine eindeutige und lesbare kartografische Repräsentation nicht möglich (HÖRSCH 2001). Nach GREEN & HARTLEY (2000) ist die kartografische Form der Abstraktion für die Praxis sogar notwendig und von daher akzeptabel, solange man sich bewusst ist, dass die gezogenen Grenzlinien nicht notwendigerweise scharfen Grenzen entsprechen. 3.2.1 Biotoptypen Nach BLAB (1993) versteht man unter einem Biotop den Lebensraum einer Lebensgemeinschaft von einer bestimmten Mindestgröße und einer einheitlichen, abgrenzbaren Beschaffenheit. Unter einem Biotoptyp werden dabei nach v. DRACHENFELS (1994) solche Biotope zusammengefasst, die hinsichtlich wesentlicher Eigenschaften übereinstimmen: Ein „Biotop“ ist somit ein vegetationstypologisch und/oder landschaftsökologisch definierter und im Gelände widererkennbarer Landschaftsausschnitt. Biotoptypen sind in der Landschaftsplanung häufig verwendete Kartiereinheiten zur Klassifizierung verschiedener Landnutzungen. In der vorliegenden Arbeit wurde, da der weitaus Größte Teil des Untersuchungsgebietes in Niedersachsen liegt, der Kartierschlüssel nach v. DRACHENFELS (1994) verwendet. Mittels der dort beschriebenen Biotoptypen ist es möglich, auch große Gebiete auf einheitlicher Basis zu erfassen und qualitativ zu beschreiben. Biotoptypen werden vor allem auf einer mittleren Maßstabsebene, zwischen 1:2.500 und 1:50.000, zur übersichtlicheren Darstellung der Vegetation und weiterer Landschaftselemente herangezogen. Allerdings gibt v. DRACHENFELS (1994) keine einheitliche Definition der von ihm verwendeten Klassifikationsschemata für die zahlreichen unterschiedlichen Biotoptypen an. Innerhalb des Kartierschlüssels werden beispielsweise sowohl industrielle Flächen, Siedlungsbiotope, Wälder als auch verschiedene Grünlandgesellschaften beschrieben (s. Kap. 5.1 und 6.2). Die Einordnung der Grünlandgesellschaften zu Biotoptypen folgt dabei im Wesentlichen den in der deutschen Vegetationskunde beschriebenen Pflanzengesellschaften. Pflanzengesellschaften können nach den Definitionen von v. DRACHENFELS (1994) leicht entsprechenden Biotoptypen zugeordnet werden. Meist wurden verschiedene Pflanzengesellschaften mit ähnlichen Standortbedingungen unter einem einzigen Biotoptyp zusammengefasst. Daher kann kaum von einem Biotoptyp auf die jeweilige Teil II - Vorlandvegetation und Standortparameter 30 Pflanzengesellschaft und ihre Artenzusammensetzung rückgeschlossen werden. Mit der Klassifizierung der Vegetation in Biotoptypen ist also durch die Generalisierung gegenüber der pflanzensoziologischen Erfassung auch ein großer Verlust von ökologisch wichtigen Informationen auf Gesellschafts- und Artebene verbunden. 3.2.2 Pflanzengesellschaften Unter der Vegetation eines Gebietes wird in der Vegetationskunde die Summe aller vorkommenden Pflanzengesellschaften verstanden (DIERSCHKE 1994). Pflanzengesellschaften werden über Vegetationsaufnahmen erfasst. Dabei werden sowohl die Abundanzen (Häufigkeiten) als auch die Dominanzen (Deckungsgrade) der vorkommenden Arten berücksichtigt (BRAUN-BLANQUET 1964). Anschließend werden die Vegetationsaufnahmen in Tabellen zusammengefasst und entsprechend ihrer floristischen Ähnlichkeit geordnet. Dazu werden die aufgenommenen Arten aller kartierten Gebiete nach Stetigkeit sortiert. Am Ende dieser Umgruppierung stehen Arten mit ähnlichen Verteilungsspektren zusammen und bilden nach so genannten Differentialarten getrennte Vegetationseinheiten. Die Einordnung in das pflanzensoziologische System erfolgt durch den Vergleich der erarbeiteten Vegetationstypen mit bereits in der Literatur beschriebenen Einheiten (DIERßEN 1993). Zur Analyse der Auswirkungen einer Klimaänderung auf die Vegetation müssen die für die Ausprägung eines bestimmten Vegetationstyps entscheidenden Standortparametern bestimmt werden. Für Pflanzengesellschaften, die nach der Methode von Braun-Blanquet kartiert wurden, sind in der Literatur zahlreiche Beispiele für Standortcharakterisierungen bekannt, die auf dem Konzept der ökologischen Klassifikation beruhen. Innerhalb des Konzeptes der ökologischen Klassifikation werden standörtlich analoge Artenkombinationen zu einem Vegetationstyp zusammengefasst. Die ökologische Amplitude dieser Artengruppen stimmt dabei hinsichtlich bestimmter Parameter (z.B. Überflutungsdauer und -häufigkeit) überein. Allerdings erfolgt die Standortbeschreibung bei pflanzensoziologischen Aufnahmen oft anhand der Zeigerwerte nach ELLENBERG et al. (1991), die weniger auf gemessenen Daten, dafür um so mehr auf Erfahrungswissen beruhen. Dabei kann eine Vegetationseinheit sowohl auf einen als auch auf mehrere Standortaspekte wie Hydrologie, Trophie oder Nutzungsintensität bezogen werden (ELLENBERG 1996, KÖTTER 1961). Für Biotoptypen liegen dagegen bislang keine vergleichbaren Untersuchungen oder Analysen vor, von denen sich solche standörtlichen Kenngrößen direkt ableiten ließen. Teil II - Datenbasis 4 31 DATENBASIS Um abzuschätzen, wie sich die Vegetation eines konkreten Untersuchungsgebietes aufgrund veränderter abiotischer Standortparameter entwickelt, müssen Daten vorliegen, die den aktuellen Zustand des Gebietes hinreichend beschreiben. Dazu gehören unter anderem flächendeckende Informationen zur Vegetationsbedeckung, zur Nutzung, zur Topografie und zum Boden. Festgelegt werden müssen weiterhin die Maßstabsebene und die Flächengröße, auf der die Veränderungen abgebildet werden sollen. Darüber hinaus bedarf es raumbezogener Daten der hydrologischen, standörtlichen und klimatischen Parameter. Zur Prognose der Vegetationsentwicklung aufgrund einer angenommenen Klimaänderung müssen schließlich klimaabhängige Modellierungen der sich ändernden klimatischen, hydrologischen und standörtlichen Parameter flächenbezogen vorliegen oder zumindest auf die Fläche übertragbar sein. Erst dann sind die Voraussetzungen für eine flächendeckende und standortbezogene Analyse und eine Abschätzung der künftigen Vegetationsentwicklung infolge einer Klimaänderung geschaffen. Vor dem Hintergrund eines im Auftrag des KLIMU-Projektes (SCHIRMER & SCHUCHARDT 2001) regionalisierten Klimaszenarios (v. STORCH et al. 1998) erfolgt die Abschätzung der Klimasensitivität der Unterweservorländer für den Prognosehorizont des Jahres 2050. Im Folgenden werden die verschiedenen Datenquellen näher beschrieben: Unter Projektdaten werden alle jene Daten der hydrologischen Teilprojekte (TP) verstanden, die im Rahmen des Verbundvorhabens KLIMU modelliert wurden (TP Unterwesersimulation: GRABEMANN et al. 2005, GRABEMANN et al. 1999, TP Grundwasser: HOFFMANN et al. 2005, TP Wasserwirtschaft: MANIAK et al. 2005, MANIAK et al. 1999, TP Küstenschutz: ZIMMERMANN et al. 2005, v. LIEBERMAN & MAI 1999). Die Modellierung der hydrologischen Daten beruht auf den im Klimaszenario berechneten Klimadaten und auf Messungen der Jahre 1991 und 1994. Als Literaturdaten werden solche Daten verstanden, die einen konkreten räumlichen Bezug zum Untersuchungsgebiet Unterweservorländer aufweisen. Es handelt sich um vor Ort erhobene und größtenteils kartografisch erfasste Daten verschiedener regionaler Studien der Jahre 1988 bis 1994 (NLFB 1999, GFL 1992, KURZ & KÜVER 1991). Als Felduntersuchungen werden als Gutachten vergebene oder selbst erhobene Daten aus den Jahren 1998 bis 2000 bezeichnet, die entweder der Vertiefung, Korrektur oder der Aktualisierung der so genannten Literaturdaten dienen (OSTERKAMP & SCHIRMER 2000, SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Als Werkzeug zur Integration und Analyse der vorliegenden Daten dient ein GeografischesInformationssystem (GIS der Firma ESRI ArcView 3.2a und ArcInfo 8.3, Kap 5.2). Teil II - Datenbasis 4.1 4.1.1 32 Szenarien Klimaszenario Im Rahmen des Verbundvorhabens „Klimaänderung und Unterweserregion“, kurz KLIMU (SCHIRMER & SCHUCHARDT 1999), wurde durch v. STORCH et al. (1998) vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg zur Abschätzung möglicher Folgen einer Klimaänderung auf den Unterweserraum ein regionalisiertes Klimaszenario errechnet (s. IPCC 2001, SCHELLNHUBER & STERR 1993). Dabei wurde auf Modellrechnungen mit dem Klimamodell ECHAM4/OPYC3 bis 2100 zurückgegriffen, für die das IPCC-Szenario IS92a („business as usual - best estimate; 2x CO2“) zugrunde gelegt wurde (SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005). Als Eingangsgrößen für die Regionalisierung der Modellergebnisse auf das Untersuchungsgebiet wurden die monatlichen ModellRechenergebnisse des Luftdrucks auf Meereshöhe und der bodennahen Lufttemperatur für das Modelljahr 2050 modelliert. Dabei stellen die aus dem Klimamodell ECHAM4/OPYC3 errechneten Temperatur- und Niederschlagsdaten geglättete 11-jährige Quartals-Mittelwerte dar. Um mit regionaltypischen Spannweiten von Klimaparametern arbeiten zu können, wurden als Bezugsjahre für verschiedene Wetterstationen der Region die Jahre 1991 und 1994 ausgewählt: Das Jahr 1991 war kalt, trocken und durch niedrige Oberwasserabflüsse gekennzeichnet. Das Jahr 1994 kann dagegen als warmes, feuchtes Jahr mit hohen Oberwasserabflüssen bezeichnet werden. Durch Addition der Temperatur- und Niederschlagsszenarien auf die 1991 und 1994 ermittelten Werte wurden die Referenzjahre 2050/51 erstellt (SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005). Nachstehend sind in Tabelle 1 die quartalsweise gemittelten Änderungen verschiedener Klimaparameter für den Prognosehorizont des Jahres 2050 zusammengestellt. Die Ergebnisse der durch v. STORCH et al. (1998) errechneten Änderungen von Temperatur, Niederschlag, Wind und windbedingtem Tidehochwasserstand wurden mit Annahmen zur Erhöhung des Meeresspiegelanstiegs (IPCC 2001) und Annahmen für eine Zunahme des Tidenhubs kombiniert. Wesentliche klimabedingte Veränderungen der Standortbedingungen und der Biotoptypenverteilung ergeben sich im Prinzip aus dem Anstieg des Meeresspiegels, erhöhten Tidewasserständen, höherer Oberwässer, einer Erhöhung der Jahresmitteltemperaturen und aus der Verlängerung der Vegetationszeit (s. Tab. 1). Deutliche Zunahmen der Niederschläge im Frühjahr (März bis Mai) und eine leichte Abnahme im Sommer (Juni bis August) werden berechnet (v. STORCH et al. 1998). Teil II - Datenbasis 33 Tab. 1: Klimaszenario 2050, Region Bremen: Übersicht über die aus dem Modell ECHAM4/OPYC3 nach v. STORCH et al. (1998) berechneten Klimaparameter CO2, Temperatur, Niederschlag, Windgeschwindigkeit und windbedingter Tidehochwasserstand. Ausgabe der Werte als Mittelwert pro Quartal beginnend mit Dezember. Bezugszeitraum 1961 - 1990. Ableitungen des Meeresspiegelanstiegs aus IPCC (2001) „business as usual“ und „high estimate“, Tabelle nach SCHUCHARDT & SCHRIMER (2005) CO2 [ppm] 2050 Quartal Dez, Jan, Feb März, April, Mai Juni, Juli, Aug Sept, Okt, Nov Jahresmittel Quartal Dez, Jan, Feb März, April, Mai Juni, Juli, Aug Sept, Okt, Nov Jahresmittel Quartal Dez, Jan, Feb März, April, Mai Juni, Juli, Aug Sept, Okt, Nov Jahresmittel Quartal Dez, Jan, Feb März, April, Mai Juni, Juli, Aug Sept, Okt, Nov Jahresmittel Jahr Jahr CO2 [ppm] 2 x 360 Temperatur [°C] (Luft + 2m, Mittelwerte) Bezugszeitraum Jahr 1961-90 2050 1,5 +2,9 8,2 +3,2 16,6 +2,7 9,6 +2,2 9 +2,7 Niederschlag [mm/d] Bezugszeitraum Jahr 1961-90 2050 1,715 +0,269 1,732 +0,383 2,251 -0,136 1,889 +0,231 1,897 +0,187 Windgeschwindigkeit [m/sec] Bezugszeitraum Jahr 1961-90 2050 5,02 +0,33 4,65 +0,22 3,97 -0,17 4,42 +0,30 4,51 +0,17 Windbedingter Tidehochwasserstand [cm] (99% Quantil=Extremwerte) Bremerhaven Bezugszeitraum Jahr 1961-90 2050 108,3 +14,4 71,4 + 7,5 67,5 + 0,1 105,2 + 8,2 88,1 + 7,5 Anstieg Meeresspiegel [cm] in Bremerhaven heute 2050 ca. NN +55 cm (15 cm säkular + 40cm anthropogen) Tidenhub [cm] in Bremerhaven heute 2050 380 + 30 (MThw +15cm, MTnw -15cm) Teil II - Datenbasis 4.1.2 34 Nutzungsszenarien Dem Versuch, die Auswirkungen klimatischer Veränderungen und daraus künftig resultierende mögliche Gefahren für einen Landschaftsraum abzuleiten, sind enge Grenzen gesetzt. Während für die Berechnung wahrscheinlicher klimatischer Änderungen mathematische Modelle zur Verfügung stehen, können gesellschaftliche und sozioökonomische Prozesse kaum vorhergesagt werden. Dabei ist aber mit Sicherheit davon auszugehen, dass die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen, die heute das Landschaftsbild der Unterweser prägen, in 50 Jahren ganz andere als heute sein werden (BAHRENBERG & KÖNIG 2005, BAHRENBERG et al. 1999). Da innerhalb der vorliegenden Arbeit keine kompletten Entwicklungsszenarien für die Unterweserregion entworfen werden können, beschränkt sich die Abschätzung auf plausible Annahmen zur künftigen Nutzungsintensität innerhalb der Landwirtschaft. Eine umfassende Analyse aller möglichen Varianten künftiger landwirtschaftlicher oder weiterer Nutzungsarten, die vor allem auch von der Agrarpolitik der Europäischen Union abhängen und die unter anderem auch eine Teilaufgabe und Extensivierung oder Renaturierung bzw. Teilintensivierung von Flächen beinhalten könnte, kann innerhalb der vorliegenden Arbeit nicht durchgeführt werden. Betrachtet wird daher die Vegetationsveränderung für folgende zwei Nutzungsvarianten (s. Kap. 7.4): Im Nutzungsszenario 1 wird ein im Vergleich zu heute unverändertes Nutzungsinteresse mit entsprechenden Nutzungsarten und -intensitäten bei gleichzeitiger Klimaänderung angenommen. Der Schwerpunkt liegt wie im Status quo auf der Grünlandnutzung für die Milchwirtschaft, als Mähweide, Weide und Wiese. Wo es die Bodenverhältnisse zulassen findet Ackernutzung statt. Im Nutzungsszenario 2 wird ein verändertes Nutzungsinteresse vorausgesetzt: Die Sommerpolder werden für den Tideeinfluss geöffnet. Die Vorländer können sich unter der Prämisse der Nachhaltigkeit und des Ressourcenschutzes entwickeln (SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005, SCHUCHARDT & SCHIRMER 2002, SCHUCHARDT & SCHIRMER 1999, Claus et al. 1994a und 1994b). Wo es die Tideverhältnisse zulassen werden die Vorländer landwirtschaftlich oder anderweitig genutzt. Das Nutzungsszenario 2 stellt vor dem Hintergrund der aktuellen Gegebenheiten des Unterweservorlandes möglicherweise kein realistisches Szenario dar. Anhand dieses Extremszenarios soll in erster Linie getestet und gezeigt werden, welche Bedeutung der Standortparameter „Nutzungsart und -intensität“ für die Prognose der Biotoptypenverteilung der Unterweservorländer hat. 4.2 Projektdaten Auf der Basis des Klimaszenarios (Kap. 4.1) wurden von den ingenieurwissenschaftlichen Teilprojekten des Verbundvorhabens Klimaänderung und Unterweserregion (KLIMU) für das Untersuchungsgebiet unter den heutigen Bedingungen für den Fall des Eintretens einer Teil II - Datenbasis 35 Klimaänderung hydrologische Standortparameter modelliert sowie die topografische Basisdaten zur Verfügung gestellt. 4.2.1 Digitales Geländemodell (DGM) Nach GOODCHILD (1994) ist ein DGM als numerisches Modell der Erdoberfläche definiert. Dabei wird die Oberfläche der Erde mittels einer Anzahl von Höhenangaben (z) und entsprechenden Koordinaten (x, y) repräsentiert. Jeder Höhenangabe liegt demnach ein Koordinaten-Tupel mit x,y,z zugrunde. Mit Hilfe eines DGM können aus Punktdaten flächendeckend die Höhendaten eines Gebietes interpoliert werden. Zur Erstellung des DGM für die Unterweservorländer wurde die im Teilprojekt Unterwesersimulation von GRABEMANN et al. (1999) verwendeten Tiefenprofile aus Daten von Querschnittspeilungen des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bremerhaven herangezogen, die entlang der Unterweser im Abstand von 125 m für die Fahrrinne der Unterweser und die Wattflächen erhoben worden sind. Im Bereich von Bremerhaven wurden auch Seekarten zur Ermittlung der Höhen des Eulitorals und Supralitorals verwendet (GRABEMANN et al. 1999). Die vom Teilprojekt Küstenschutz (ZIMMERMANN et al. 2005) von Dr. Stefan May aus der DGK 1:5.000 abgeleiteten und zur Verfügung gestellten Höheninformationen der Vorländer (n = 79889) wurden mit den vom Teilprojekt Unterwesersimulation von Dr. Iris Grabemann bereitgestellten Tiefenprofilen der Unterweser (n = 5150) verschnitten. Die Punktdaten wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit mit Hilfe des Spatial-Analyst von ESRI (ArcInfo 8.3) nach der Spline-Methode in ein Grid mit Rasterweiten von 25 x 25 m überführt. 4.2.2 Tidehoch- und Tideniedrigwasser Für die Beschreibung der heutigen Situation (Status quo= Sq) und unter den formulierten Bedingungen des Klimaszenarios (Ks) wurde das Mittlere Tidehochwasser (MThw) und das Mittlere Tideniedrigwasser (MTnw) vom TP Unterwesersimulation für 11 Pegel entlang der Unterweser (Anhang Tabelle A2) anhand der real gemessenen Wasserstände der Jahre 1991 und 1994 modelliert (GRABEMANN et al. 1999). Die Modellierung wurde mit Hilfe des numerischen querschnittsgemittelten Gewässergüte- und Transportmodells FLUSS durchgeführt. Bei den Modellierungen für das Klimaszenario wurden als Folge der angenommenen Klimaänderungen Wasserstandsänderungen am seeseitigen Modellrand, die jahreszeitlich unterschiedlichen Oberwasseränderungen am flussseitigen Rand und die jahreszeitlich unterschiedlichen Temperaturänderungen berücksichtigt. Das Jahr 1991 stellt ein Referenzjahr für Zeiträume mit geringem Oberwasserabfluss dar. Das Jahr 1994 stellt dagegen ein Referenzjahr für große Oberwasserabflüsse und häufige Sturmfluten dar (GRABEMANN et al. 1999). Zur Berechnung der Überflutungsdauern stellte Dr. Iris Grabemann vom Teilprojekt Unterwesersimulation darüber hinaus einen am 08.06.1994 und 09.06.1994 gemessenen als repräsentativ eingestuften Tidezyklus zur Verfügung. Vom Teilprojekt Küstenschutz wurde von Prof. Dr. von Lieberman für die Pegel Weserbrücke, Vegesack, Farge, Brake und Bremerhaven für die Jahre 1991 und 1994 die Unterschreitungshäufigkeiten (wie oft fällt ein Bereich trocken) und Teil II - Datenbasis 36 Überschreitungshäufigkeiten (wie oft wird ein Bereich überflutet) für die verschiedenen Vorlandhöhen in m über NN in 20 cm-Schritten modelliert (s. Anhang, Tab. A4). 4.2.3 Salinität Bei einem im Klimaszenario veränderten Wassermassenaustausch sind auch Änderungen in der Position der Brackwasserzone (definiert durch eine Salzkonzentration von 2,5 psu) und der Salzkonzentration im Längsverlauf der Unterweser zu erwarten. Die Position der Brackwasserzone hängt dabei grundsätzlich von der Tidephase und von der Oberwasserführung ab. Die zwischen 1984 und 1996 gemessenen Salzkonzentrationslängsprofile zeigen daher eine hohe Variabilität. In Abbildung 4 sind die Salzkonzentrationen im Status quo (Messungen) und unter den Bedingungen des Klimaszenarios (Modellierung) dargestellt. Die Graphik zeigt für bestimmte Pegelpunkte (Unterweserkilometer) entlang der Unterweser zwischen Elsfleth und Bremerhaven gemessene und modellierte Salzkonzentrationen im Status quo (Sq) und für das Klimaszenario (Ks) für ausgewählte niedrige (ca. 140 m³/s), mittlere (ca. 350 m³/s), hohe Oberwasser (ca. 1100 m³/s) und Mittelwerte für die Referenzjahre 1991 und 1994 (n = 305) (Daten des TP Unterwesersimulation von Dr. Iris Grabemann, GRABEMANN et al. 1999). Die Abbildung 4 verdeutlicht, dass vor allem für mittlere und hohe Oberwasser die Salzkonzentrationen im Längsverlauf nur geringfügig erhöht sind. Die Modellierung von GRABEMANN et al. (1999) ergab, dass die Positionen der landseitigen Grenze der Brackwasserzone innerhalb der Schwankungsbreite der aus den Messungen abgeleiteten Positionen liegen und die Brackwasserzone im Mittel stromauf etwa bei Uw-km 36 (bei Brake) verläuft. Unter den im Klimaszenario berechneten Bedingungen kann die Brackwasserzone im Mittel etwa 2 km weiter stromaufwärts vordringen. Die Tatsache, dass die Salzkonzentrationen auch unter den Bedingungen einer Klimaänderung innerhalb der im Status quo vorkommenden Schwankungsbreiten liegen, erschwert allerdings eine Abschätzung der Auswirkungen auf die Vegetation. Erhöhte Salzkonzentrationen wirken sich im Längsverlauf der Unterweser vor allem zunächst auf Art- und Populationsebene aus. Die Bedeutung der Salinität für die Vorlandvegetation und ihre Verbreitungsgrenzen sind in Kap. 3.1.1.3 und 3.1.2 erläutert. Teil II - Datenbasis 37 16 15 Sq 138 m³ 14 Salzgkonzentration [psu] 13 Ks 138 m³ 12 Sq 346 m³ 11 10 Ks 346 m³ 9 8 Sq 1100 m³ 7 6 Ks 1100 m³ 5 4 SQ Mittelwert 3 2 KS Mittelwert 1 65,3 63,6 62,1 60,6 59,1 57,6 56,1 55,1 53,6 52,1 51,1 49,6 48,1 46,6 45,1 43,6 42,1 40,6 39,2 37,6 36,1 34,6 33,3 32,1 30,6 0 Unterweserkilometer Abb. 4: Für bestimmte Pegelpunkte (Unterweserkilometer) zwischen Elsfleth und Bremerhaven gemessene und im Längsverlauf der Unterweser modellierte Salzgehalte im Status quo (Sq) und für das Klimaszenario (Ks) für ausgewählte niedrige (ca. 140 m³/s), mittlere (ca. 350 m³/s), hohe Oberwasser (ca. 1100 m³/s) und daraus berechnete Mittelwerte für die Referenzjahre 1991 und 1994 (n = 305), (Modellierung des TP Unterwesersimulation) 4.2.4 Sielzugzeiten und Meliorationswasserstände Durch Sommerpolder sind weite Teile des Vorlandes dem direkten Tideeinfluss entzogen. Entscheidende hydrologische Standortparameter sind hier die Bodenkundliche Feuchtestufe bzw. der Grundwasserflurabstand (s. Kap. 3.1). Aufgrund der Nähe zum Fluss folgt der Grundwasserflurabstand innerhalb der Sommerpolder im langjährigen Mittel dem Mittelwasserstand der Unterweser. Die Regulation der Grundwasserstände bzw. der Meliorationswasserstände erfolgt innerhalb der sommerbedeichten Gebiete im freien Sielzug über die weit verzweigten Grabensysteme. Zur Ableitung der Bodenfeuchte wurden von den Teilprojekten Grundwasser und Wasserwirtschaft innerhalb des KLIMU-Projektes die Sielzugzeiten, also die Dauer der Be- und Entwässerung, beispielhaft für den größten Sommerpolder, dem Harrier Sand analysiert. Zur Berechnung der Sielzugzeiten dienten die Inputgrößen Außentide, der Querschnitt des Sielbauwerkes, die Geländehöhe sowie das Volumen des Gewässernetzes. Es wurden die Parameter Sielzugdauer und -menge und Grabenwasserstand berechnet. Von Dr. Dietmar Kraft wurde innerhalb des TP Ökologie die Veränderung der Bodenkundlichen Feuchtestufe der Vorländer infolge einer Klimaänderung berechnet. Die Berechnung ergab, dass bei einer Klimaänderung insgesamt mit einer Erhöhung der Bodenkundlichen Feuchtestufe um ca. + 1 zu rechnen ist. Dabei sind keine dauerhaften großflächigen Vernässungen zu erwarten, weil der örtlich begrenzte Spitzenwert des Grabenwasserstandsanstiegs insgesamt gering ist und die anfallenden Wassermengen zu späteren Zeitpunkten im freien Sielzug wieder über das Siel abgeführt werden können (MEINKEN & HOFFMANN 1999, MANIAK et al. 1999). Teil II - Datenbasis 4.3 38 Literaturdaten Die vorliegende Arbeit nutzt und analysiert bereits vorhandene regionale Daten und wissenschaftliche Studien aus der Unterweserregion. Im Folgenden werden die wichtigsten Datenquellen vorgestellt. 4.3.1 Bodentyp und -feuchte Digitale Informationen zu Bodentypen, Bodenart sowie Bodenkundliche Feuchtestufe und dem Grundwasserflurabstand wurden den Bodenübersichtskarten im Maßstab 1:50.000 (NLFB 1999) für Niedersachsen entnommen. Für die im Vorland anstehenden Bodentypen wurden die unter den Bedingungen des Klimaszenarios zu erwartenden Bodenkundlichen Feuchtestufen innerhalb des KLIMU-Projektes berechnet. Nähere Informationen zur Methode und den verwendeten Verknüpfungsregeln finden sich bei KRAFT (2004) und MÜLLER (1997). 4.3.2 Biotoptypenkartierung Aus der Umweltverträglichkeitsuntersuchung zur Vertiefung der Außenweser liegen flächendeckende Biotoptypenkartierungen der Vorländer im Maßstab 1:2.500 vor (GFL 1992, KURZ & KÜVER 1991). Im Rahmen der UVU zur Vertiefung der Außenweser wurden Artenlisten der auf den Vorländern vorkommenden Pflanzenarten für ausgewählte Vorlandbereiche erstellt. Anhand der Landschaftsrahmenpläne der Landkreise Cuxhaven, Wesermarsch und Osterholz wurden die Biotopkartierungen aus der Umweltverträglichkeitsprüfung zur Vertiefung der Außenweser abgeglichen und für den Vorlandbereich Hammelwarder Sand ergänzt. Die analogen Karten der Biotoptypenkartierung (GFL 1992, KURZ & KÜVER 1991) wurden vom TP Wasserwirtschaft gescannt und georeferenziert (Gauss-Krüger-Koordinaten). Anschließend wurden die Karten digitalisiert und attributiert, das heißt mit der Biotoptypinformation versehen (SCHIRMER et al. 1999). 4.4 Felduntersuchungen Eine weitere Informationsquelle stellen aktuelle Freilanddaten und Felduntersuchungen dar, die entweder, wie im Fall der Biotoptypenkartierung, von der Autorin selbst durchgeführt wurden, oder in Form von ergänzenden Gutachten in Auftrag gegeben wurden. Konzeption, Fragestellung und Auswertungsschritte der Gutachten wurden dabei von der Autorin entwickelt. Auch die pflanzensoziologisch näher untersuchten Flächen wurden auf der Basis der von der Autorin durchgeführten Standortanalysen und Korrekturen der Biotoptypenkartierungen ausgewählt. 4.4.1 Aktuelle Vegetations- und Biotoptypenkartierung Vegetationskundliche Untersuchungen der im Rahmen der Erweiterung des Bremerhavener Containerterminals CTIII und IV angelegten Ausgleichs- und Ersatzflächen dienten dazu, die einzelnen Bereiche auf der Einswarder Plate und der Tegeler Plate zu charakterisieren und zu aktualisieren. Des weiteren wurden SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) beauftragt, pflanzensoziologische Untersuchungen nach BRAUN-BLANQUET (1964) auf zuvor ausgewählten Vorlandstandorten mit dem Teil II - Datenbasis 39 Ziel durchzuführen, detailliertere Informationen über die Eigenschaften verschiedener Grünlandtypen auf Gesellschafts- und Artebene zu erhalten. Die Ergebnisse der Kartierung sind in der unveröffentlichten Studie von SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) niedergelegt (s. Anhang, Tab. A6, Tab. A7). Insgesamt wurden auf der Basis der gemeinsam mit der Autorin durchgeführten Feldexkursionen sechs Referenzgebiete auf der Einswarder Plate, der Kleinensieler Plate, den Strohauser Vorländern, dem Hammelwarder Sand und dem Harrier Sand ausgewählt und vegetationskundlich kartiert. Die im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung zur Vertiefung der Außenweser (GFL 1992, KURZ & KÜVER 1991) zum Teil schon Ende der Achtziger bis Anfang der Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts erhobenen Biotoptypklassifikationen wurden entlang der Unterweser auf ausgewählten Standorten auf ihre Aktualität von der Autorin überprüft und anhand eigener Nachkartierungen aktualisiert und auf den Biotoptypenschlüssel von v. DRACHENFELS (1994) übertragen (s. Anhang Tab. A5). Teil II - Methoden 5 40 METHODEN Methodisch wird innerhalb der vorliegenden Arbeit der Frage nachgegangen, wie sich eine mögliche Klimaänderung unter den heute herrschenden Bedingungen auf die Vorlandvegetation der Unterweser auswirken würde (s. Kap. 1.4 und 7.4.3, 8.1.8). Die Analyse des Zusammenhanges zwischen abiotischen Standortparameter und der Merkmalsausprägung der Vorlandvegetation der Unterweser wird in den Kapiteln 6 und 7 auf der Grundlage der in Kap. 4 vorgestellten Daten (Kap. 4.4), Gutachten (Kap. 4.3) und der Modellergebnisse der hydrologischen Teilprojekte des KLIMU-Projektes vorgenommen (Kap. 4.2). Im Folgenden wird das methodische Vorgehen zur Datenaufbereitung der für die Modellierung verwendeten Standortparameter und die Integration der aus verschiedenen Datenquellen stammenden Standortparameter in ein GIS (Geografisches Informationssystem) dargestellt (Kap. 5.1). Für die explorative Datenanalyse des Zusammenhangs zwischen Standortparametern und Merkmal der Vegetation sowie zur Modellierung künftiger Veränderungen aufgrund einer Klimaänderung wird das Verfahren der Klassifikations- und Regressionsbäume (Classification and Regression Tree, CART) nach BREIMAN et al. (1984) verwendet und beschrieben (Kap. 5.2). 5.1 Datenaufbereitung und –integration mit einem Geografischen Informationssystem Geografische Informationssysteme (GIS) werden heute sowohl in der raumbezogenen Wissenschaft als auch in der Stadt- und Landschaftsplanung, der öffentlichen Verwaltung, der Telekommunikation und der Logistik eingesetzt (BILL 1999). Mit einem GIS können räumliche Daten analysiert, dargestellt, verknüpft und verarbeitet werden (s. z.B. BARTHELME 1995, CONGALTON & GREEN 1995). Dazu werden die Daten auf der Grundlage eines einheitlichen räumlichen Bezugssystems (Koordinatensystem) erfasst (AUGSTEIN & GREVE 1994). Die vielfältigen Eigenschaften eines Gebietes können durch Verschneidung verschiedener thematischer Karten (z.B. Nutzung, Fließgewässer, Topografie) und Datentypen als Informationsebenen, so genannte Layer, in einem GIS dargestellt und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Jeder thematische Layer besteht aus vielen Geoobjekten. Geoobjekte sind im GIS durch Punkte (z.B. Bäume), Linien (z.B. Isolinien) oder Flächen (z.B. Nutzungseinheiten) und den zugeordneten beschreibenden Eigenschaften, den Attributen (z.B. Flächengröße oder Länge) definiert (UTHE 1988). Als Datengrundlage können digitalisierte Karten im Vektor- oder Rasterformat, Satellitendaten, gescannte Karten und Luftbilder, GPS-Daten, erhobene Felddaten in Tabellenformat oder Geoinformationen aus Datenbanken verwendet werden. Innerhalb der Kartografie werden diskrete und kontinuierliche Objekte unterschieden. Kontinuierliche Objekte wie beispielsweise Höhenlinien oder Grundwasserstände werden dabei meist als Isolinien dargestellt. Dagegen differenziert man als Diskreta solche Objekte, die sich aufgrund unterschiedlicher Teil II - Methoden 41 Eigenschaften, wie z.B. der Nutzung (Wald, Gewässer), gegenseitig ausschließen (HAKE & GRÜNREICH 1994). Dabei sind die Grenzen solcher als Diskreta bezeichneter Objekte in der Regel nicht scharf. Die diskrete Darstellung von Objekten dient allein der sinnvollen kartografischen Wiedergabe von Objekten und ihren Eigenschaften und stellt eine Generalisierung der natürlichen Gegebenheiten dar (Kap. 3.2 und 6.1.1.3). Eine ausführliche Beschreibung dazu gibt u.a. GLAVAC et al. (1992). Mit einem GIS können die räumlichen Informationen eines Gebietes, die in Form von Karten in einzelnen thematischen Layern vorliegen, zu einer Gesamtaussage zusammengeführt werden. Eine Verschneidung von Daten und die im GIS visualisierte räumliche Analyse ermöglicht es beispielsweise ökologische Zusammenhänge zu erkennen. Für die Zusammenführung der verschiedenen Informationsebenen (s. Kap. 4 ), die Verschneidung der komplexen raumbezogenen Daten, die Modellierung und die räumliche Rückübertragung der Auswertungsergebnisse wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit das Desktop-GIS ArcView 3.1 bzw. 3.2a sowie ArcInfo 8.3 der Firma ESRI als Werkzeuge eingesetzt. In der vorliegenden Arbeit wurde mit Raster- und Vektordaten gearbeitet. Im Folgenden sind die Datenformate Vektordaten und Rasterdaten daher kurz beschrieben: Vektordaten, die in ArcView/ArcInfo u.a. im proprietären Shape-Format vorliegen, werden eingesetzt, um diskrete Objekte eines Gebietes in einer Karte als Polygone, Linien oder Punkte darzustellen (BILL & FRITSCH 1991). Im Vektormodell wird jedes Objekt über x,yKoordinaten definiert, diese Punkte werden im GIS zu Linien oder Flächen (Polygonen) verbunden. Die so entstandenen Geometrien, die beispielsweise Gewässer oder Biotoptypen darstellen können, bezeichnet man als Geoobjekte. Jedem Geoobjekt sind Attribut- oder Sachdaten zugeordnet, die die Eigenschaften des Objektes beschreiben. Die Sachdaten werden in Tabellen oder Datenbanken abgelegt und sind mit dem Geoobjekt verknüpft. Der Einsatz von Vektordaten bietet sich vor allem im groß- und mittelmaßstäblichen Bereich von 1:100 bis 1:50.000 an, in dem mit Daten größerer Genauigkeit gearbeitet wird. Aber auch in anderen Maßstabsebenen wird das Vektormodell, das bezüglich Lagegenauigkeit gegenüber dem Rastermodell Vorteile aufweist, für flächenscharfe Aussagen verwendet. Im Rastermodell, das in ArcView/ArcInfo im Grid-Format vorliegt, werden Geoobjekte in einzelne Zellen bzw. Pixel aufgerastert. Das geometrische Grundelement ist eine Rasterzelle, die eine Fläche von einheitlichem Informationsgehalt darstellt. Jede Rasterzelle ist innerhalb einer Matrix durch eine bestimmte Position auf einer Zeile und einer Spalte definiert. In diesem Format kann den einzelnen Rasterzellen nur ein gemessener oder berechneter Wert bzw. eine Eigenschaft zugewiesen werden. Eine Rasterkarte wird - anders als ein Vektorkarte durch die Kombination mehrerer Themen nicht in ihren Geometrien verändert, weil eine Rasterzelle ohnehin die kleinste Geometrie bildet (HAKE & GRÜNREICH 1994). Die Darstellung im Rasterformat wird vor allem zur Integration heterogener Ausgangsdaten mit Höheninformationen verwendet. Teil II - Methoden 5.1.1 42 Datenaufbereitung der Standortparameter Zur Herstellung der Datenintegrität und Datenkonsistenz wurden die relevanten Daten aus den Hydrologischen TP, den vegetationskundlichen Gutachten und aus der Bodenübersichtskarte Niedersachsens aufbereitet und zusammengeführt. Zur Modellierung der Biotoptypen wurden die Standortparameter Standorttyp, Nutzungstyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser verwendet (s. Kap. 7.1, Anhang, Tab. A10). In Tabelle 2 sind die in die explorative Datenanalyse eingehenden und für die Modellierung integrierten Parameter dargestellt. Darüber hinaus sind in Tabelle 3 auch die Parameter und Gutachten aufgeführt, die nicht in die Modellierung eingehen, sondern in Kap. 6.2 und 7.5 qualitativ berücksichtigt werden. Das in heterogener Form vorliegende Datenmaterial des untersuchten Gebietes wurde vereinheitlicht bzw. normiert oder typisiert. Um beispielsweise die Biotoptypendaten der verschiedenen Jahre und Bearbeiter vergleichbar zu machen, mussten diese mit einer einheitlichen Nomenklatur nach v. DRACHENFELS (1994) versehen, also übersetzt werden (s. Tab. A5 Anhang). Ziel dieser Strukturierung war es, eine übersichtliche und einheitliche Datenbasis für die weiteren Auswertungsschritte und die Integration der Daten in ein GIS zu schaffen. Gemessene oder modellierte flächenbezogene hydrologische Daten, der TP Unterwesersimulation und des TP Küstenschutz (s. Kap. 4.2) wurden bezogen auf die Fragestellung neu berechnet, in ein geeignetes Importformat gebracht und mit Koordinaten versehen (Kap. 5.1.2.2). Bereits digital zur Verfügung stehende ökologische Hintergrunddaten wie z.B. Bodeninformationen (s. Kap. 4.3.1) wurden unverändert übernommen. Teil II - Methoden 43 Tab. 2: Übersicht über die in die räumliche und quantitative statistische Analyse und die Modellierung eingehenden Parameter Bezeichnung Parameter Datentyp Quelle Biotoptypenkartierung Biotoptypen nominal Aus der Biotoptypenkartierung abgeleitete Nutzungstypen (Nutzungsart und Nutzungsintensität) Aus der DGK 5 und Karten des WSA Bremerhaven abgeleitete Standorttypen (nach Grad des Verbaus) Hydrologische Parameter: Mittleres Tidehochwasser [m] über NN MThw und Mittleres Tideniedrigwasser [m] über NN MTnw Mittelwerte der Salinität [psu] für verschiedene Oberwasser der Jahre 1991 und 1994 Nutzungstyp ordinal KURZ & KÜVER (1991), GFL (1992) Vorliegende Arbeit und Teilprojekt Ökologie Standorttyp ordinal Vorliegende Arbeit und Teilprojekt Ökologie MThw MTnw metrisch metrisch Modellierung: Teilprojekt Unterwesersimulation GRABEMANN et al. (1999) Salz metrisch Modellierung: Teilprojekt Unterwesersimulation GRABEMANN et al. (1999) Höheninformationen, Höhe Höhe [m] über NN metrisch Vom MThw, MTnw und den Über- und Unterschreitungshäufigkeiten abgeleitete hydrologische Parameter metrisch Teilprojekt Unterwesersimulation GRABEMANN et al. (1999), und Teilprojekt Küstenschutz ZIMMERMANN et al (2005) Teilprojekte Unterwesersimulation und Küstenschutz und vorliegende Arbeit Bodentyp und Bodenart Aus Bodenkarte entnommene Bodenparameter der Feuchte Differenz aus Höhe und MThw bzw. MTnw [m] über NN DMThw, DMTnw Überflutungshäufigkeit pro Jahr UEBERA Überflutungsdauer pro Tag UEFL Bodentyp Grundwasserstufe Bodenkundliche Feuchtestufe metrisch metrisch nominal ordinal ordinal NLFB (1999) NLFB (1999) und Teilprojekt Grundwasser Tab. 3: Übersicht über die für die qualitative Standortanalyse verwendeten Parameter und Gutachten Bezeichnung Klimaszenario Gutachten Neophyten Gutachten und Kartierung Pflanzengesellschaften 5.1.2 Parameter CO2, Temp. [°C] Artbezeichnung Pflanzengesellschaften Quelle V. STORCH et al. (1998) KESEL (2000) SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) Datenintegration Im Folgenden sind die verwendeten Basisdaten und ihre Integration mit einem GIS beschrieben. Die verschiedenen im Vektorformat vorliegenden Datenbestände wurden miteinander verschnitten und anschließend in das Rasterformat mit Zellgrößen von 25 m x 25 m überführt. Weitergehende Teil II - Methoden 44 Informationen über die Verwendung von Vektordaten und Rasterdaten zur räumlichen Datenanalyse sind u.a. bei KÖNIG (1995) zu finden. 5.1.2.1 Biotoptypen- und Bodeninformationen Flächendeckende Daten der Biotoptypenkartierung standen für den gesamten Vorlandbereich zur Verfügung (GFL 1992, KURZ & KÜVER 1991, S. Kap. 4.4). Es wurden von KURZ & KÜVER (1991) und der GFL (1992) insgesamt 38 Biotoptypen kartiert, die wie in Kapitel 6.1, in Tabelle 6 dargestellt, in 42 Biotoptypen ausdifferenziert wurden. An dem Polygon-Shape der im Maßstab 1:2.500 vorliegenden Biotoptypenkartierung wurden von der Autorin die notwendigen Fehlerkorrekturen und Plausibilitätsprüfungen im Hinblick auf die Attributzuweisungen in ArcView durchgeführt. Die von KURZ & KÜVER (1991) kartierten Biotoptypen wurden an die Nomenklatur von v. DRACHENFELS (1994) angepasst und es wurde eine Übersetzungstabelle (Anhang, Tab. A5) erstellt. Die Übersetzung wurde anhand der vorliegenden Artenlisten (KURZ & KÜVER 1991), die als Referenz für die kartierten Biotoptypen dienten, durchgeführt. Schon GREIG-SMITH (1983) stellte fest, dass in vielen Fällen qualitative Vegetationsdaten (d.h. Artenlisten der Probeflächen) ausreichen, um zu einer angemessenen Klassifikation der Aufnahmen bzw. der Standorte zu gelangen. Die Bodeninformationen mit den Parametern Bodentyp und Bodenfeuchte aus den Bodenübersichtskarten 1:50.000 (NLFB 1999) wurden mit den Biotoptypinformationen verschnitten. Die Biotoptypinformationen und die Bodeninformationen stammen jeweils aus verschiedenen Datenquellen. Bei der Verschneidung der genannten Flächendaten im Vektorformat entstehen daher neue Polygone und neue Flächengrenzen (BONHAM-CARTER 1994, HAKE & GRÜNREICH 1994). Das Resultat der Zusammenführung der Biotoptypen- und der Bodeninformation ist eine Karte der kleinsten gemeinsamen Geometrien. Bei BARTHELME (1995) und HAKE & GRÜNREICH (1994) werden Fehlermöglichkeiten durch die Objektbildung bei der Verschneidung von Geodaten ausführlich diskutiert. Die Kombination aller zur Verfügung stehenden Themen zu einem Layer ist aufwendig, hat aber den entscheidenden Vorteil, dass auf alle Attribute aller Themen gleichzeitig zugegriffen werden kann und Änderungen einzelner Attribute nur in einem Layer überschrieben werden müssen. 5.1.2.2 Hydrologische Informationen Die Flächenbilanzen für die Vorländer der Unterweser wurden in Abstimmung mit der GKSS in Geesthacht (GRABEMANN et al. 1999) auf der Basis der mittleren Wasserstände der Jahre 1991 und 1994 erstellt (d.h. die Tidewasserstände der Jahre 1991 und 1994 wurden gemittelt, denn diese entsprechen nahezu dem 10-Jährigen Mittel zwischen 1981 und 1991). Darüber hinaus ergab eine weitere Überprüfung, dass die Berechnung mit über das Jahr gemittelten Wasserständen für die Beantwortung der Fragestellung ausreichend war (d.h. es wurde nicht zwischen sommerlichen und winterlichen Wasserständen unterschieden). Zur Übertragung der punktförmigen Pegeldaten des MThw und des MTnw, der Überflutungsdauern und der Überflutungshäufigkeiten auf die Teil II - Methoden 45 Biotoptypeninformationen im GIS wurden für Intervalle von 5 bis 7 km im Längsverlauf der Unterweser Unterweserabschnitte mit gleichen Tidewasserständen definiert, die um die 11 Pegelpunkte angelegt wurden (s. Anhang, Tab. A1, Tab. A2). Bezug nehmend auf ELLENBERG (1996) und KÖTTER (1961) wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf Basis des erstellten DGM (Kap. 4.2.1) im GIS die relative Lage der Flächen der verschiedenen Biotoptypen in Bezug auf das MThw und MTnw durch Subtraktion der Höheninformation von den Tidewasserständen als Parameter DMThw und DMTnw berechnet (Tab.2). Anhand der Höhen- und der MThw- und MTnw-Daten wurden die Wattflächen (zwischen MThw und MTnw gelegen) bilanziert. Dr. Iris Grabemann vom Teilprojekt Unterwesersimulation stellte zur Berechnung der Überflutungsdauern einen am 08.06.1994 und 09.06.1994 gemessenen als repräsentativ eingestuften Tidezyklus zur Verfügung. Anhand der Messzeitpunkte und Pegeldaten wurden im Rahmen dieser Arbeit die entsprechenden Überflutungsdauern für die jeweiligen Unterweserabschnitte 1 bis 11 berechnet (s. Anhang, Tab. A3) und im GIS durch Verschneidung mit den Biotoptypendaten auf die Fläche übertragen. Auch wurden gemessene und modellierte Salzkonzentrationen für ausgewählte niedrige, mittlere und hohe Oberwasser als Mittelwerte der Referenzjahre 1991 und 1994 von Dr. Iris Grabemann zur Verfügung gestellt (Kap. 4.3.2). Die Salzinformationen wurden mit den Biotoptypendaten verschnitten. Vom Teilprojekt Küstenschutz wurde von Prof. Dr. von Lieberman für die Pegel Weserbrücke, Vegesack, Farge, Brake und Bremerhaven für die Jahre 1991 und 1994 die Unterschreitungshäufigkeiten (wie oft fällt ein Bereich trocken) und Überschreitungshäufigkeiten (wie oft wird ein Bereich überflutet) für die verschiedenen Vorlandhöhen in m über NN in 20 cm-Schritten modelliert und dem KLIMU-Projekt zur Berechnung der Überflutungshäufigkeiten zur Verfügung gestellt (s. Anhang, Tab. A4). Die Daten wurden ebenfalls mit den Biotoptypeninformationen verschnitten. 5.1.2.3 Standorttypen und Flächennutzung Anhand der Biotoptypenkartierung, der Deutschen Grundkarte 1:5.000 (DGK 5) und Karten des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bremen zur Lage der Spülfelder im Vorland wurde eine Karte der Standorttypen erstellt. Neben den hydrologischen Faktoren spielt laut PREISINGER (1991), der Standorte entlang der Unterelbe untersucht hat, vor allem in überformten Ästuaren der Parameter Standorttyp als Maß für die topographische Überprägung des ursprünglichen Standortes bezüglich der Merkmalsbildung der Vegetation eine entscheidende Rolle. Dabei werden je nach Grad der Uferumgestaltung im Hinblick auf die Topografie und den Tideeinfluss folgende Standorttypen unterschieden (Tab. 4): tidebeeinflusstes Vorland, sommerbedeichte Bereiche (Sommerpolder) und Spülfelder. Teil II - Methoden 46 Tab. 4: Die drei anhand des Tiedeeinflusses und der Topografie charakterisierten Standorttypen des Untersuchungsgebietes Typ-Nr. Standorttyp 1 tidebeeinflusstes Vorland 2 Sommerpolder 3 Spülfelder 5.1.2.4 Ableitung einer Karte der Nutzungstypen Die Vorländer der Unterweser werden, wie in Kap. 2.2 beschrieben, stark genutzt. Zur Einordnung der Natürlichkeit von Standorten stellen die Nutzungstypen das Maß für den menschlichen Einfluss auf Ökosysteme dar (KOWARIK 1988). Im Folgenden werden in Bezug auf DIERSCHKE (1994) für das untersuchte Gebiet sieben Nutzungstypen von „natürlich“ bis „künstlich“ unterschieden. Mit der Ziffer 1 werden dabei Flächen ohne menschlichen Einfluss charakterisiert, die laut BEHRE (1994) und STREIF (1993) für den Naturraum Unterwesermarsch als natürlich gelten können. Der Ziffer 7 werden dagegen solche Bereiche zugeordnet, die beispielsweise durch Versiegelung stark überformt sind. In Tabelle 5 sind die verschiedenen Nutzungsgrade für die Identifikation der Nutzung im Status quo erläutert. Durch Abgleich der Biotoptypinformation, den Höheninformationen und dem Verlauf der Deichlinie konnten jeder Fläche Nutzungs- und Standorttypen zugeordnet werden (s. Kap. 5.1.1). Tab. 5: Übersicht über die sieben verschiedenen im Untersuchungsgebiet vorkommenden Nutzungstypen (verändert nach DIERSCHKE 1994) Nutzungstypen Stufe Menschlicher Einfluss Pflanzendecke Art der Nutzung natürlich 1 fehlend Röhrichte / Auwald keine naturnah mäßig verändert bis naturnah 2 3 schwach, episodisch schwach, episodisch Röhrichte Brachen mäßig verändert 4 stark verändert 5 stärker: extensive Wiesen Nutzung stark: intensive Nutzung Wiesen / Weiden sehr stark verändert 6 sehr stark, permanent Acker kaum junge Brache, auch gelegentliche einfache Mahd oder sehr extensive einfache Mahd oder Weide mehrfache, 2- bis 3-malige Mahd oder Mähweide, starker Milchviehbesatz mehrfache künstlich 7 total Fehlend befestigte Ufer 5.2 Datenanalyse und Modellierungsverfahren In Abbildung 5 ist die Vorgehensweise bei der Datenintegration mit einem GIS und der Modellierung der Nutzung und der Biotoptypen schematisch dargestellt. Der Zusammenhang zwischen Standortparametern und Vegetation wird anhand räumlicher Analysen im GIS und deskriptiver Statistik untersucht. Die anschließende Datenanalyse und Modellierung erfolgt mit dem Teil II - Methoden 47 parameterfreien statistischen Verfahren CART (Kap. 5.2.3). Zur Modellierung der Geodaten werden die im Vektorformat zu einem Gesamtdatensatz integrierten Einzelinformationen mit Hilfe des Spatial-Analyst (ArcInfo 8.3) nach der Spline-Methode in einen Rasterdatensatz mit Rasterweiten von 25 x 25 m umgewandet, mit den Höheninformationen verschnitten und anschließend zur weiteren Bearbeitung wieder in ein Vektorformat umgewandelt. Punkt-/Standortdaten (vektorbezogen) Flächendaten (vektorbezogen) Informationsebene (Shape): Biotoptypenkartierung Bodenkarte Informationsebene (Shape): Szenarien des MThw und MTnw, Szenarien der Überflutungsdauer und –häufigkeiten, Höhendaten Datenintegration: Parameteraufbereitung + Erstellung eines DGM, Verschneidung der Biotoptypinformationen, Standortinformationen und der Höhendaten. Rasterweiten 25x25 m Datenimport in das VSModell (CART) Validierung des VSModells: Nutzungstypen, Biotoptypen Modellierung Nutzungstypen: Standortvariablen+ Klimaszenario + Nutzungsszenarien Ergebnis-Shapes: Biotoptypen + Nutzungstypen Infolge einer Klimaänderung Modellierung Biotoptypen: Standortvariablen + Klimaszenario+ Nutzungsszenarien Für die Integration in ein GIS: Verknüpfung der Prognoseergebnisse mit den Flächendaten (ID) Abb. 5: Schematische Übersicht über die Vorgehensweise bei der Datenintegration in das GIS und bei der Modellierung der Biotoptypen und Nutzungstypen mittels des VS-Modells auf Basis des CART-Verfahrens (Diagramm verändert nach DUTTMANN 1999) 5.2.1 Deskriptive Statistik Anhand von Häufigkeitsanalysen können die in Kapitel 3.1 beschriebenen Zusammenhänge beispielsweise zwischen Wasserstand und Merkmalsausprägung der Vegetation für die Unterweservorländer nachvollzogen und bei der nachfolgenden explorativen Datenanalyse auf Plausibilität überprüft werden. Im Shape-Format der Firma ESRI sind die charakteristischen Standorteigenschaften der Vorlandflächen als Attributinformationen in Tabellen im dBase-Format Teil II - Methoden 48 organisiert. Darin sind die funktionalen Informationen über die einzelnen Flächen mit den zugeordneten Biotoptypen und entsprechenden Pflanzengesellschaften, die jeweilige Flächengröße, Bodenart und –typ, hydrologische Informationen (MThw und MTnw), Höhe über NN sowie der amtliche Schutzstatus (Naturschutzgebiete etc.) enthalten. Die im GIS integrierten Informationen wurden in ArcView (Tool: Abfragemanager) und als Kreuztabellen (Pivot-Abfragen) in Excel (Office 97) auf der Basis der vorhandenen Informationen: Lage zum MThw, MTnw, Salzkonzentration, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit, Bodenfeuchte, Bodentypen und Nutzungstypen ausgewertet. Mittels auf Anzahl und Flächengröße bezogener, gewichteter Häufigkeitsverteilungen wurden Mittelwerte und Standardabweichungen der Standortparameter Überflutungshöhe-, dauer, -häufigkeit, Salzkonzentration und Bodentyp flächenbezogen für die verschiedenen Biotoptypen bestimmt. Die Ergebnisse dieser Status quo-Analyse werden in Kap. 6.1 dargestellt und diskutiert. 5.2.2 Explorative Datenanalyse Die innerhalb der Forschung verwendeten Vegetationsmodelle können grundsätzlich in drei Modelltypen aufgeteilt werden (HÖRSCH 2001): In Boolesche Modelle (diskrete Modelle), in parametrische Modelle und in nicht-parametrische Modelle. 5.2.2.1 Parametrische und nicht-parametrische Verfahren Die Booleschen Modelle weisen einer Flächeneinheit aufgrund einer bestimmten Amplitude der Vorhersagevariablen genau eine Klasse zu und sind verteilungsfrei (GUISAN & ZIMMERMANN 2000). Dagegen berechnen parametrische Verfahren wie z.B. Maximum Likelihood, Logistische Regression (LOGIT) oder Kanonische Korrespondenzanalysen (CCA) die Wahrscheinlichkeiten des Auftretens bzw. die zu erwartende relative Häufigkeit des Auftretens beispielsweise von Vegetationstypen oder Biotoptypen. Diesen Verfahren liegen bestimmte Annahmen zur Verteilung der verwendeten Daten zugrunde (BACKHAUS et al. 2000, BAHRENBERG 1992). Sowohl die logistischen Regression als auch die Diskriminanzanalyse werden zur Ableitung und Voraussage von Vegetationstypen eingesetzt (BACKHAUS et al. 2000, DILLON & GOLDSTEIN 1984). Dabei wird die logistische Regression gegenüber der Diskriminanzanalyse häufig vorgezogen, denn diese braucht weniger scharfe Modellannahmen und es besteht die Möglichkeit metrische und kategorische Variablen zu verwenden (MARZLOFF 1999). Darüber hinaus kann mit ihr nicht nur eine Vorkommensprognose, sondern auch die Analyse der Bedeutung einzelner Standortparameter für die Vegetationsausprägung durchgeführt werden (MORRISON et al. 1998). Die Korrespondenzanalyse ist dagegen ein Verfahren für ausschließlich nominalskalierte (kategoriale) Daten. In seiner Grundidee ist es mit der für metrische Daten eingesetzten Hauptkomponentenanalyse vergleichbar. Mit der Korrespondenzanalyse werden die mehrdimensionalen Daten durch Skalierung in einem niedriger dimensionierten rechtwinkligen Koordinatensystem erfasst. Der größtmögliche Anteil der Datenvarianz wird dabei auf der ersten Achse dargestellt. Der größtmögliche verbleibende Anteil der noch nicht beschriebenen Datenvarianz auf der zweiten usw.. Je kleiner die Anzahl der betrachteten Kategorien ist und je klarer die Teil II - Methoden 49 Zusammenhänge zwischen den untersuchten Variablen sind, desto weniger Dimensionen werden zur graphischen Darstellung benötigt. Für die Art und Stärke des Zusammenhangs zwischen den Variablen spielen der Gradient entlang der betrachteten Dimensionsachse und die relative Entfernung vom Nullpunkt eine Rolle. Für die Verbreitungsmodellierung eignet sich dieses Verfahren nicht. Die Voraussetzung für die Verwendung der beschriebenen parametrischen Verfahren ist die Annahme einer glockenförmigen Verteilung und die Unabhängigkeit der Daten. Bei raumbezogenen und flächendeckend vorliegenden Datensätzen, wie sie in der vorliegenden Arbeit verwendetet werden, ist das Problem der räumlichen Autokorrelationen allerdings inhärent und unvermeidbar (MARZLOFF 1999, BONHAM-CARTER 1994). Daher können solche Daten kaum als voneinander unabhängig gelten. Für nicht-parametrische Modelle wie beispielsweise dem Verfahren der Klassifikations- und Regressionsbäume (Classification and Regression Trees = CART, s. Kap. 5.2.3, BREIMAN et al. 1984), Generalized Additive Model (GAM), General Linear Models (GLM) oder Neuronalen Netzen (Artificial Neuronal Networks = ANN) gelten diese Voraussetzung nicht mehr. 5.2.3 Auf Klassifikations- und Regressionsbäume (CART) der Grundlage des explorativen statistischen Verfahrens der Klassifikations- und Regressionsbäume (Classification and Regression Trees = CART, BREIMAN 2000) und der aus der Literatur bekannten Standortpräferenzen einzelner Biotoptypen und Pflanzenarten der Grünländer und Röhrichte können Voraussagen über die künftige Entwicklung der Vegetationseinheiten vorgenommen werden (FRANKLIN 1998). Das CART-Verfahren wird vor allem in den Vereinigten Staaten bereits häufig zur Modellierung ökologischer Fragestellungen eingesetzt (MUNOZ & FELICISMO 2004). Das Schätzverfahren liefert durch den Vergleich zwischen prognostizierten und realen Verhältnissen quantifizierbare und entscheidbare Wenn/Dann Aussagen, die in einem Entscheidungsbaum dargestellt werden. Innerhalb des Modells werden Wahrscheinlichkeiten des Auftretens eines Biotoptyps für jede einzelne Fläche aufgrund der zugehörigen charakteristischen Kombinationen der verschiedenen Standortparameter berechnet. Anhand der Abweichungen der Modellergebnisse von den realen Werten können mögliche Fehler in den Ausgangsdaten und den zugrunde gelegten Hypothesen aufgedeckt und gegebenenfalls korrigiert werden (MÜLLER 1999, BRECKLING & REICHE 1996, MÜLLER et al. 1996). Die Berechnungen und Modellierungen wurden mit dem CART-Modul des Statistik-Programms „R“ (R Development Core Team 2005) Version 1.6.1, das an der ETH Zürich entwickelt wurde (http://www.r-project.org), durchgeführt. „R“ ist ein GNU Projekt mit starken Ähnlichkeiten zum kommerziellen Statistikprogramm „SPLUS“ (http://www.insightful.com/). „R“ ist als sogenannte „Freie Software“ unter den Bedingungen der „Free Software Foundation's GNU General Public License“ erhältlich unter http://www.r-project.org/ - (GNU bedeutet: GNU is not UNIX. Dies ist ein Akronym der Open Source Community). Teil II - Methoden 5.2.3.1 50 Eigenschaften des CART-Verfahrens Der CART-Ansatz geht auf Konzepte aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz zurück, innerhalb der anhand von Entscheidungsregeln Binärbäume aufgestellt werden (RIPLEY 1996). Der mathematische Algorithmus, der CART zugrunde liegt, beruht auf dem Verfahren des binären rekursiven Partitionierens (BREIMAN et al. 1984). Der Ausgangsdatensatz wird dabei iterativ anhand des bestmöglichen Unterscheidungskriteriums (Standortparameter) gruppiert und so fortlaufend (rekursiv) in jeweils zwei (binär) Teilmengen (Partitionen) aufgeteilt, die ihrerseits wieder je in zwei Teilmengen aufgeteilt werden usw. (s. Abb. 6). Innerhalb des so entstehenden Binärbaumes wird an jeder der auf diese Weise entstehenden Verzweigungen (Knoten) jede verwendete unabhängige Variable (Standortparameter) auf ihre Eignung als Unterscheidungskriterium zur Aufteilung des Ausgangsdatensatzes bzw. der daraus abgeleiteten Teilmengen getestet (BREIMAN 2000). Es entsteht zunächst ein Maximalbaum, der allerdings für die Klassifikation ungeeignet ist, weil mittls des kompletten Ausgangsdatensatzes klassifiziert wird und so auch zufällige Phänomene mit abgebildet werden. Denn innerhalb der verwendeten Daten sind immer auch Informationen enthalten, die nicht für eine Vorhersage verwendet werden können und auch als Rauschen (random oder noise variation) bezeichnet werden. Bei der Identifikation geeigneter Unterscheidungskriterien bzw. Standortparameter ist es aber wichtig, den Punkt auszumachen, an dem der Datensatz nicht weiter partitioniert werden soll, um verwertbare Aussagen zu erhalten. Hierzu wird der Maximalbaum mit Hilfe des so genannten Pruning gestutzt und der optimale Baum berechnet. Der Pruning Algorithmus dient dazu, möglichst viele der abhängigen Variablen (Zielvariablen) durch verschiedene Kombinationen unabhängiger Variablen (Eingangsvariablen) vorherzusagen, wobei gleichzeitig redundante Ergebnisse vermieden und zufällige Phänomene nicht mit abgebildet werden sollen (RIPLEY 1996, BREIMAN et al. 1984). Der Bearbeiter legt den Pruningfaktor fest, durch den die Berechnung neuer Verzweigungen des Entscheidungsbaumes gestoppt und die Fehlklassifikationsrate bestimmt wird, die die Güte des Modells angibt. Bei der Festlegung des Prunigngfaktors sollte zwischen einer minimalen Fehlklassifikationsrate und einer maximalen Trefferquote abgewogen werden so dass ein optimaler Entscheidungsbaum erzeugt werden kann. In vielen Fällen können die abhängigen Variablen schon nach wenigen Rechenschritten (Wenn/Dann-Abfragen) befriedigend vorhergesagt werden. Anhand des endgültigen, optimalen Entscheidungsbaumes werden in „R“ die Wahrscheinlichkeiten des Vorkommens von Biotoptypen für jede Fläche berechnet und können über eine ID mit dem Geodatensatz verknüpft und im GIS räumlich dargestellt werden. Weiterführende Arbeiten zum mathematischen Hintergrund und den verwendeten Algorithmen finden sich unter anderem bei BREIMAN et al. (1994) und BREIMAN (2000). Ein Ausschnitt eines mit CART berechneten Entscheidungsbaumes ist beispielhaft in Abbildung 6 dargestellt. 5.2.3.2 Vorteile des CART-Verfahrens Das CART-Verfahren hat beispeilsweise gegenüber dem Verfahren der Künstlichen Neuronalen Netze den Vorteil, dass die Ergebnisse ein einfaches Modell zur Klassifizierung bzw. zur Vorhersage von Teil II - Methoden 51 Variablen bereitstellen, das als Entscheidungsbaum grafisch und sehr anschaulich in Folgen logischer Wenn/Dann Abfragen dargestellt wird. In dem berechneten Entscheidungsbaum werden die unabhängigen Variablen, anhand derer sich die abhängigen Variablen am besten klassifizieren lassen, zu Beginn verwendet während kleinräumig wirkende Variablen in der Nähe der Endknoten auftauchen (MOORE et al. 1991). Die Bedeutung der Standortparameter für die vorhersage der Biotoptypen ist so anhand ihrer Reihenfolge bei der Klassifizierung grafisch direkt ablesbar. Gegenüber parametrischen Verfahren hat das CART-Verfahren den Vorteil, dass sowohl kontinuierliche als auch kategoriale Variablen verwendet werden können und dass über die Verteilung und die mögliche räumliche Autokorrelation der Variablen keine Annahmen getroffen werden müssen, die den Zusammenhang zwischen der vorherzusagenden Variable und den unabhängigen Variablen als linear oder nicht-linear beschreiben. Auch sind fehlende Werte innerhalb von Datensätzen unproblematisch, weil unvollständige Datensätze automatisch unberücksichtigt bleiben. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das parameterfreie CART-Verfahren, das vor allem in den USA häufig eingesetzt wird (MUNOZ & FELICISMO 2004), ein exploratives Verfahren zur Vorhersage von Variablen ist, das auch dann angewendet werden kann, wenn nur wenig über die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den zu betrachtenden Variablen bekannt ist und kein mathematisches Modell existiert, das den Zusammenhang hinreichend beschreibt. Darüber hinaus können CART-Modelle auch das Verhältnis zwischen wenigen Variablen erfassen, die innerhalb einer linearen oder non-linearen Gleichung nicht ohne weiteres berücksichtigt werden könnten. Nutzung<2,5 Salz<1,4 (psu) Überflutungen<668 (n/a) Überflutungsdauer<2,15 (h/d) ... ... Nutzung<4,5 ... ... DMThw<-1,45 (m) ... Flusswattröhricht Flusswatt Extensivgrünland Abb. 6: Beispielhafte Darstellung eines mit dem CART-Verfahren für die Prognose der Biotoptypen berechneten Entscheidungsbaumes (Ausschnitt) Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 6 52 ERGEBNISSE UND DISKUSSION: STATUS QUO-ANALYSE Im Folgenden werden die Ergebnisse der Datenanalyse und Flächenbilanzen für den Status quo des Untersuchungsgebietes vorgestellt. Die verwendeten Daten und Quellen zur Analyse des Status quo stammen aus den Jahren 1988 bis 1994 (Kap. 1.3, Kap. 4, Anhang). Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten stehen auf Anfrage in digitaler Form zur Verfügung. Schwerpunkt von Kapitel 6.1 ist die Analyse der räumlichen Verteilung der Biotoptypen in Bezug auf die Standortparameter Überflutung, Bodentyp, Bodenfeuchte, Standorttyp und Nutzungstyp (s. Kap. 4.2 und 5.1.1). Hierzu wird in Kapitel 6.1 der Zusammenhang zwischen der Biotoptypenverteilung und den ausgewählten Standortparametern mit Hilfe der deskriptiven Statistik analysiert und anhand von Kreuztabellen berechnet. Flächenbilanzen werden mit einem GIS vorgenommen und kartografisch dargestellt. In Kapitel 6.2 wird die Vorlandvegetation auf der Ebene der Pflanzengesellschaften und Arten differenziert und die räumliche Verbreitung und Zonierung der Vegetation im Hinblick auf die ökologischen Ansprüche und Funktionen der Vegetationseinheiten beschrieben. 6.1 Deskriptive Datenanalyse und Flächenbilanzen Die Vorländer der Unterweser sind flächendeckend durch Biotoptypenkartierungen erfasst (s. Kap. 4.4 und 5.1, GFL 1992, KURZ & KÜVER 1991). Die Datenanalyse wird für 38 der 42 kartierten Biotoptypen durchgeführt. Die Biotoptypen „Stromrinne“, „Flachwasserzonen“, „Marschgräben“, „Naturnahe Stehende Gewässer“ und „Sonstiges Mesophiles Grünland“ der Deiche gehen nicht in die Flächenbilanzen und die Modellierung ein, weil es für diese Biotoptypen keine verlässlichen Höheninformationen gibt, die es erlauben würden ein adäquates DGM (Kap. 4.2.1) zu erstellen. Der Übersichtlichkeit halber wurden Biotoptypen mit ähnlichen Standort- oder Nutzungsansprüchen, wie Freizeitanlagen, verschiedene Bebauungstypen oder unterschiedliche Röhrichttypen für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst. Tabelle 6 gibt eine Übersicht über die aus graphischen Gründen zusammengefassten und die kartierten Biotoptypen sowie ihre Nomenklatur. In Tabelle 7 sind die Flächengrößen der im Folgenden der Übersichtlichkeit halber für die grafischen Darstellungen verwendeten „zusammengefassten Biotoptypen“ angegeben. In Abbildung 7 ist die Biotoptypenverteilung der Unterweservorländer für den Status quo dargestellt. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 53 Tab. 6: Übersicht über die für die tabellarische und grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen in alphabetischer Reihenfolge und die kartierten Biotoptypen des Unterweservorlandes mit Beschreibung nach v. DRACHENFELS (1994) Für die grafische Darstellung Kartierte zusammengefasste Biotoptypen Biotoptypen Acker Bäume/Gehölze Bäume/Gehölze Bebauung Bebauung Bebauung Extensivgrünland Extensivgrünland Extensivgrünland Feuchtgrünland Feuchtgrünland Flutrasen Flutrasen Freizeitanlage Freizeitanlage Freizeitanlage Freizeitanlage Gewässer/Gräben Gewässer/Gräben Grasacker Intensivgrünland Intensivgrünland Röhricht (über MThw) Röhricht (über MThw) Röhricht (über MThw) Röhricht (über MThw) Röhricht (über MThw) Röhricht (unter MThw) Röhricht (unter MThw) Röhricht (unter MThw) Röhricht (unter MThw) Röhricht (unter MThw) Röhricht (unter MThw) Ruderalflur Ruderalflur Ruderalflur Steinufer Strand Stromrinne Trockenrasen Watt ohne Vegetation Watt ohne Vegetation (Abkürzung) AT WPB WXP ODP OGI OI GMF GMZ KHF GNR NSG GFF GNF PA PHO PSC PZA FGM SEZ GA GIM GIMw* KRP KRS NRR NRS NRT FWR FWRs* FWRt* KBR KBRs* KBRt* UHF UHM URF KX KSN FZTs* RSZ FWO KBO Beschreibung Basenreicher Lehm/Tonacker Birken- und Zitterpappel-Pionierwald Hybridpappelforst Landwirtschaftliche Produktionsanlage Industrielle Anlage Innenstadtbereich Mesophiles Grünland mäßig feuchter Standorte Sonstiges Mesophiles Grünland Salzwiese der Ästuare Nährstoffreiche Nasswiese Seggenried, nährstoffreicher Standorte Flutrasen Seggen-, binsen-, hochstaudenreicher Flutrasen Parkanlage Obst- und Gemüsegarten Campingplatz Grünanlage ohne Altbäume Marschgraben Sonstiges naturnahes nährstoffreiches Kleingewässer Grünland-Einsaat (Grasacker) Intensivgrünland der Marschen Intensivgrünland der Marschen (Mähweide)* Schilfröhricht der Brackmarsch Strandsimsenröhricht der Brackmarsch Rohrkolben-Landröhricht Schilf-Landröhricht Teichsimsen-Landröhricht Flusswatt-Röhricht mit Strandsimsen Flusswatt-Röhricht mit Schilf* Flusswatt-Röhricht mit Rohrkolben* Brackwasserwatt-Röhricht mit Strandsimse Brackwasserwatt-Röhricht mit Schilf* Brackwasserwatt-Röhricht mit Teichsimse* Halbruderale Gras-und Staudenflur feuchter Standorte Halbruderale Gras-und Staudenflur mittlerer Standorte Ruderalflur frischer bis feuchter Standorte Küstenschutzbauwerk, Steinschüttung Naturnaher Sandstrand, Sandwatt* mit Röhricht* stark ausgebauter Flussunterlauf mit Tideeinfluss* Sonstiger Sand-Magerrasen Flusswatt ohne Vegetation höherer Pflanzen Brackwasserwattt ohne Vegetation höherer Pflanzen *Eigene Differenzierungen: Anpassung des Kartierschlüssels, verändert nach v. DRACHENFELS (1994). Kursiv sind die nicht in der Status quo-Analyse und in der nachfolgenden Modellierung berücksichtigten Biotoptypen dargestellt. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 54 Die Vorländer wie auch die binnendeichs gelegene Marsch sind von der Landwirtschaft geprägt, die 67 % der Vorlandflächen dominiert (Prozentangaben bezogen auf die Vorlandfläche über MThw, s. Tab. 7): Bereiche mit Intensivgrünland und Grasacker nehmen etwa 45 %, Mais– oder Kohlacker rund 10 % der Flächen ein. Auf ca. 12 % der tidebeeinflussten Vorlandbereiche (ohne Berücksichtigung der Hauptdeiche) findet sich Mesophiles Grünland (Extensivgrünland). Artenreiche Feucht- und Nassgrünländer sind nur auf ca. 1 % der Fläche verbreitet. Vor allem die intensiv genutzten Grünlandbestände unterliegen im Sinne von GRIME (2001) ständigen mechanischen Störungen wie ein- bis mehrfache Mahd oder Beweidung sowie Tritt und Bodenverdichtung. Zu solchen von DIERSCHKE (1997) als gestört oder überformt bezeichneten Flächen gehören auch Sport- und Parkanlagen sowie Campingplätze und Grünlandbrachen. Acht Prozent des Gebietes dienen der Freizeitnutzung. Ruderalvegetation bzw. Hochstaudenfluren finden sich in der Nachbarschaft von Wirtschaftsgrünländern, entlang von Gräben und der Unterweser. Brachebereiche mit Ruderal– und Stromtalvegetation, die über 3 % der Fläche ausmachen, sind oft auf ehemaligen Grünländflächen sowie auf verbauten oder befestigten Ufern und in besiedelten Gebieten anzutreffen. Nur ca. 20 % der Vorländer sind mit naturnahen Röhrichten besiedelt, der übrige Teil wird von bebauten Flächen Gehölzen und Baumgruppen (ca. 7 %) eingenommen. In Tabelle 7 sind die Flächenanteile [ha, %] für die für die grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen bezogen auf die über MThw gelegene Vorlandfläche dargestellt. Tab. 7: Flächenanteile der Biotoptypen (für die tabellarische Übersicht zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo (in alphabetischer Reihenfolge) des Vorlandes der Unterweser in ha und % Zusammengefasste Biotoptypen Flächenanteile [ha] Flächenanteile [%] Acker Bäume/Gehölze Bebauung Extensivgrünland Feuchtgrünland Flutrasen Freizeit Grasacker Intensivgrünland Röhricht unter MThw Röhricht über MThw Ruderalflur Steinufer Strand Trockenrasen (landwirtschaftlich genutzte Fläche) Summe Vorland über MThw Vegetationsloses Watt Summe Vorland unter MThw Keine Angaben Summe Vorland ges. 437 103 204 527 25 53 377 202 1770 410 509 145 8 99 19 (3014) 4478 1107 1516 158 6152 10 2 5 12 1 1 8 5 40 9 11 3 0 2 0 (67) 100 25 34 4 - Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 55 Bremerhaven Nordenham Einswarder Plate Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 Acker Bäume/Gehölze Bebauung Freizeit N 10 Kilometer Grasacker Intensivgrünland Extensivgrünland Flutrasen Feuchtgrünland Ruderalflur Röhrichte Watt Strand Trockenrasen Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 7: Biotoptypenverteilung (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasste Biotoptypen) der Unterweservorländer im Status quo zwischen Bremen und Bremerhaven Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 6.1.1 56 Hydrologischer Faktorenkomplex Die Standortparameter Überflutungshäufigkeit und –dauer spielen für die Merkmalsausprägung der Vorlandvegetation eine wichtige Rolle (BALDWIN et al. 2001, BERTNESS 1999). Ob, wie oft und wie lange ein Standort überflutet wird, hängt wie in Kap. 3.1 beschrieben entscheidend von seiner räumlichen Lage und Topografie ab. 6.1.1.1 Topografie Die Vorländer der Unterweser weisen nur geringe Reliefunterschiede von wenigen dm auf. Auf weiten Teilen der tidebeeinflussten, mit Grünländern bestandenen Vorlandbereiche und der Sommerpolder werden nur Höhen zwischen 1,7 m über NN bis 2,4 m über NN erreicht. Signifikante Erhöhungen stellen lediglich die künstlich entstandenen Spülfelder mit Höhen zwischen 3 m bis über 7 m über NN und die Sommer- und Winterdeiche dar. Die mittlere Höhe der Sommerdeiche liegt etwa bei 3 m bis 3,5 m über NN, die Winterdeiche erreichen Höhen zwischen 6 m bis 8 m über NN. Die in dieser Arbeit durchgeführten Standortanalysen basieren auf einem Digitalen Geländemodell (DGM) des Unterweservorlandes (s. Kap. 4.2.1). Die aus der DGK 5 (Deutschen Grundkarte 1:5000) digitalisierten Höhendaten besitzen allerdings eine relativ geringe Datendichte. Vor allem für Gebiete mit geringen Höhenunterschieden ist aber die Erstellung eines einigermaßen realistischen DGM nur auf der Grundlage genauer Höheninformationen zu leisten. Die Genauigkeit des erstellten DGM hängt also vor allem von der Auflösung der verwendeten Input-Daten ab, die hier zwischen 0,2 m bis ca. 1 m liegen können. Berechenbare Zellgrößen mit einer feineren Auflösung als sie mit 25 x 25 m das berechnete DGM aufweist ergeben daher keine größere Genauigkeit. Weiterführende Informationen zur Diskussion über eine realistische Rekonstruktion von Oberflächen aus Punkt- und Liniendaten finden sich bei HÖRSCH (2001), JAEGER (2000), DIKAU & SCHMIDT (1999) und SCHNEIDER (1998). 6.1.1.2 Lage der Biotoptypen zum MThw Die Auswirkungen hydrologischer Änderungen auf die Komposition und Biomasse der tidebeeinflussten Vorlandvegetation ist bis heute kaum flächendeckend untersucht. Dabei kann schon kurzzeitige Überflutung während der Wachstumsphase die Abundanzverhältnisse vor allem der annuellen Pflanzenarten deutlich verändern (BALDWIN et al. 2001). Abhängig von ihrer relativen Lage zum MThw lassen sich dennoch für die kartierten Biotoptypen der Unterweser demnach charakteristische Zonierungen entlang eines Gradienten abnehmender Überflutung feststellen: Wattflächen finden sich erwartungsgemäß etwa ab –1,5 m unter MThw bzw. im Bereich des MThw. Röhrichte kommen etwa zwischen –1,5 unter bis 0,2 m über MThw vor. Es folgen Ruderalfluren, Feuchtgrünländer und Flutrasen (-0,2 unter MThw bis 1,9 m über MThw). Daran schließen sich etwa ab 0,7 m über MThw Intensivgrünländer und für die Freizeitnutzung erschlossene und bebaute Industrieflächen an. Auch SEELIG (1992), OERTLING (1992), BERGHAUSEN (1992), PREISINGER (1991) und KÖTTER (1961) fanden vergleichbare Zonierungen der Vegetation für die Vorlandbereiche Unterelbe. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 57 In Abbildung 8 sind die Mittelwerte und die Standardabweichungen der Höhenlagen der für die grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen bezogen auf das MThw dargestellt. Die Auswertung der Höhendaten zeigt, dass die Dichte der Messpunkte für die exakte Abbildung der Standortverhältnisse der zum Teil kleinräumig vorkommenden Fluss- und Brackwasserröhrichtbestände nicht ausreicht: Knapp 13 ha von insgesamt ca. 400 ha, für die KURZ & KÜVER (1991) Fluss- und Brackwasserröhrichte kartiert haben, kommen angeblich bis unter 2 m unterhalb des MThw vor. Unter der Annahme, dass die MThw-Linie einen wesentlichen abiotischen Standortparameter für Fluss- und Brackwasserröhrichte darstellt, ist daher bezogen auf das gesamte Untersuchungsgebiet nur für ca. 0,3 % der Flächen die Genauigkeit des vorliegenden DGM nicht hinreichend. 6,0 5,0 4,0 Lage zum MThw [m] NN 3,0 2,0 1,0 0,0 -1,0 -2,0 -3,0 Trockenrasen Bebauung Freizeitanlage Baume / Gehölze Uferbefestigung Ruderalflur Acker Grasacker Brackmarschröhricht (b) Extensivgrünland Landröhricht Intensivgrünland Brackmarschröhricht Flutrasen Feuchtgrünland Strand Brackwasserwattröhricht (a) Brackwasserwattröhricht (b) Flusswattröhricht Flusswatt Brackwasserwatt -4,0 Abb. 8: Mittelwerte und Standardabweichungen der Höhenlagen der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo bezogen auf das MThw. Differenz aus Höhen und MThw der Jahre 1991 und 1994 [m] NN, ohne Berücksichtigung der Sommerpolder, Quelle: Teilprojekt Unterwesersimulation, a)= Bolboschoenus maritimus, b)= Phragmites australis 6.1.1.3 Festlegung einer THw-Linie Bei der räumlichen Analyse von Überflutungsphänomenen in hoch dynamischen Lebensräumen wie Ästuaren stellt sich die Frage, ob überhaupt eine Uferlinie festgelegt werden kann, anhand derer man den amphibischen vom terrestrischen Bereich unterscheidet (Kap. 5.1). Grundsätzlich stellt man sich Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 58 eine Uferlinie im Grenzbereich von Land und Wasser vor. Es liegt auf der Hand, dass für tidebeeinflusste Uferbereiche der Meeresküsten und Ästuare im Grunde aber keine starre Uferlinie angenommen werden kann. Sobald dynamische Prozesse berechenbar und damit auch darstellbar werden sollen, müssen allerdings aus methodischen und inhaltlichen Gründen fiktive stationäre Zustände definiert werden, denn dynamische Prozesse im GIS abzubilden oder zu modellieren stößt zur Zeit noch auf enge Grenzen (MÜLLER 1999). In einem GIS sind Daten in Form von Punkten und Flächenbegrenzungen durch Lage (x,y) und Höhenkoordinaten (z) räumlich festgelegt und damit nicht variabel (Kap. 5.1). Eine gedachte und im Folgenden verwendete Ufer- oder Grenzlinie zwischen dem amphibischen und dem terrestrischen Bereich bezeichnet zunächst nur einen von vielen möglichen Zuständen einer Wasserlinie zu einem bestimmten Zeitpunkt und für einen bestimmten abgegrenzten Ort des Tidegeschehens. Die Verwendung des Mittleren Tidehochwassers als eine solche Grenzlinie wird hier daher durchaus als kritisch betrachtet; jedoch dient sie im Allgemeinen (KÖTTER 1961) und so auch innerhalb der vorliegenden Arbeit im Besonderen in Anlehnung an LOCKWOOD & FOWLER (2000) als eine Art Hilfslinie zur Verortung und Modellierung verschiedener Vegetationstypen im Uferbereich von Ästuaren in Relation zu einem sich permanent ändernden Wasserstand. 6.1.1.4 Überflutungsdauer Bei der Betrachtung der täglichen mittleren Überflutungsdauer in Stunden findet sich, wie KLEIKAMP (1996) beschreibt, die größte Anzahl der Biotoptypen auf den weniger als eine Stunde überfluteten Bereichen. Die Mittelwerte der täglichen Überflutungsdauern tendieren für die Biotoptypen Acker, bebaute Gebiete (Bebauung) und Trockenrasen gegen 0 Stunden. Auf Flächen, die täglich deutlich mehr als eine Stunde der Überflutung ausgesetzt sind, prägen neben Extensivgrünländern und Bäumen oder Gebüschen Röhrichte das Erscheinungsbild. Auf Bereichen, die mehr als ca. sieben Stunden pro Tag unter Wasser stehen, treten die Röhrichte und andere Vegetation gegenüber ausgedehnten vegetationslosen Wattflächen zurück. HORCHLER (1997) stellte für Grünlandbereiche nicht tidebeeinflusster Auenbereiche des unteren Niederrheins saisonal zum Teil deutlich längere Überflutungszeiträume fest als sie an der Unterweser zu beobachten sind. Von HELLBERG (1995) wurden Wiedervernässungsmaßnahmen extensiv genutzter Grünländer im Raum Bremen und der Dümmerniederung in Nordwestdeutschland untersucht. Er fand wie HORCHLER (1997) für die vor allem im Winter und Frühjahr permanent überstauten bzw. feucht-nassen Standorte für überflutungstolerante Gräser wie die Flutrasenart Alopecurus geniculatus vergleichbare Toleranzen hinsichtlich der Überflutungsdauer vor. Im Gegensatz zu den von HELLBERG (1995) untersuchten im Winter und Frühjahr permanent überfluteten Poldern ist das hier betrachtete Unterweservorland saisonal unterschiedlich stark von den täglichen Überflutungen ausgesetzt. Daher sind in erster Linie die täglichen Überflutungszeiträume während der Vegetationsperiode sind für die Vegetationsentwicklung und die Artenzusammensetzung des Grünlandes des Unterweservorlandes entscheidend (HELLBERG 1995, MEISEL 1977). So werden auch Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 59 von KÖTTER (1961) ähnliche Überflutungsdauern wie in der vorliegenden Arbeit berechnet beispielsweise für die Röhrichtvegetation der Unterelbe beschrieben. In Abbildung 9 ist die mittlere tägliche Überflutungsdauer der für die grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen (Kap. 6.1) in Stunden pro Tag angegeben (berechnet für die tidebeeinflussten Vorländer und die Spülfelder ohne Berücksichtigung der Sommerpolder). Die Daten zur Überflutungsdauer wurden auf Basis der MThw und MTnw der Jahre 1991 und 1994 anhand der Daten des TP Unterwesersimulation berechnet (s. Kap. 5.1.2.2). 20 19 18 Überflutungsdauer in Stunden pro Tag 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Brackwasserwatt Flusswatt Brackwasserwattröhricht (a) Brackwasserwattröhricht (b) Flusswattröhricht Uferbefestigung Strand Flutrasen Brackmarschröhricht (a) Brackmarschröhricht (b) Feuchtgrünland Intensivgrünland Extensivgrünland Ruderalflur Landröhricht Grasacker Freizeitanlage Baume / Gehölze Trockenrasen Bebauung Acker 0 Abb. 9: Mittlere tägliche Überflutungsdauer der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) in Stunden pro Tag im Status quo (ohne Berücksichtigung der Sommerpolder) auf Basis des MThw und MTnw der Jahre 1991 und 1994, Quelle: Teilprojekt Unterwesersimulation. a)= Bolboschoenus maritimus, b)= Phragmites australis 6.1.1.5 Salinität Neben der Überflutung ist die Salzkonzentration ein wichtiger Standortparameter für die Vegetation. Saisonal variiert die Verweilzeit eines Wasserkörpers in der Unterweser abhängig vom Oberwasserabfluss stark. Zudem wirken der vom Meer her eindringende Flutstrom und das von stromauf abfließende Oberwasser gegeneinander. Davon abhängig schwankt auch die Lage der ästuartypischen Trübungszone und des Salzkeils, der sich von der Nordsee in die Unterweser schiebt. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 60 Die Salzkonzentration der im Einflussbereich des Meeres entstandenen See- und Brackmarschen kann bis zu 2 psu betragen (GRABEMANN et al. 1999). Die Salzkonzentration von Süßwasser liegt dagegen unter 0,5 psu. Für die Vegetation ist allerdings weniger die Salzkonzentration der Unterweser als die Salzkonzentration des Bodenwassers entscheidend (Kap. 3.1.1.3). Die Salzkonzentration der fließenden Welle ist zudem deutlich höher als die des Bodenwassers (HEJNY & SEGAL 1998). Da für die Unterweser keine flächendeckenden Messungen der Salzkonzentration der Bodenlösung zur Verfügung stehen, wird die mittlere Salzkonzentration der Unterweser im Längsverlauf für die Analyse der Standortbedingungen der Biotoptypen verwendet. Dabei werden die weitgehend vor Überflutung geschützten Biotoptypen der Sommerpolder nicht berücksichtigt (s. Kap. 4.2.3). In Abbildung 10 sind die mittleren Salzkonzentrationen der Unterweser der Jahre 1991 und 1994 bezogen auf für die grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen dargestellt. Erwartungsgemäß findet sich Flusswatt, Landröhrichte und beispielsweise Feuchtgrünland in einem Bereich der Unterweser, der überwiegend von Süßwasser geprägt ist. Brackwasserwatt und Brackmarschröhrichte sind hingegen dort zu finden, wo die Salzkonzentration der Unterweser 2 psu deutlich übersteigt. Die Biotoptypen Acker, Bebauung, Freizeitanlage, Grasacker und Trockenrasen sind fast ausschließlich auf überflutungssicheren Spülfelder anzutreffen. Die Zuordnung einer mittleren Salzkonzentrationen für diese Biotoptypen entspricht daher nicht ihren ökologischen Anforderungen, sondern spiegelt schlicht ihre Verbreitung im Längsverlauf der Unterweser wieder. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 61 6,0 Salzkonzentration [psu] 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 Uferbefestigung Brackmarschröhricht (b) Flutrasen Brackwasserwatt Brackmarschröhricht (a) Acker Extensivgrünland Brackwasserwattröhricht (a) Bebauung Ruderalflur Brackwasserwattröhricht (b) Intensivgrünland Grasacker Strand Baume / Gehölze Freizeitanlage Feuchtgrünland Trockenrasen Flusswattröhricht Landröhricht Flusswatt 0,0 Abb. 10: Mittlere Salzkonzentration [psu] der Jahre 1991 und 1994 für repräsentative Oberwasser bezogen auf die Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo (ohne Berücksichtigung der Sommerpolder, Quelle: Teilprojekt Unterwesersimulation. a)= Bolboschoenus maritimus, b)= Phragmites australis) 6.1.2 Standörtlicher Faktorenkomplex 6.1.2.1 Bodentyp In Abbildung 11 ist die Verteilung der verschiedenen Biotoptypen bezogen auf die unterschiedlichen im Untersuchungsgebiet vorkommenden Bodentypen dargestellt. Zum einen weist die Biotoptypenverteilung auf den Ausbaugrad der zwischen Bremen und Elsfleth gelegenen Flussmarschgebieten hin. Zum anderen zeigt sich daran auch die Nutzbarkeit der unterschiedlichen Marschbodentypen für die Landwirtschaft, die vor allem durch den jeweiligen Sand- und Kalkgehalt bestimmt wird. Generell ist der Sandgehalt, von dem die Durchlässigkeit und Bearbeitbarkeit der Böden abhängt, in den küsten- und flussnahen Vorlandgebieten hoch und nimmt landeinwärts hin ab. Sandige Marschbereiche, wie sie beispielsweise auf dem sommerbedeichten Hammelwarder Sand zu finden sind, eignen sich daher gut für den Ackerbau, wohingegen tonige Marschgebiete und solche, die wie die Strohauser Vorländer häufig überflutet werden, eher von der Grünlandwirtschaft geprägt sind (BEHRE 1994). Auch Seemarschen, die im Bereich der Einswarder Plate vorkommen, sind sehr fruchtbare Böden und sind im Prinzip gut für den Ackerbau nutzbar. Die Brackmarschen mit ihrem Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 62 starken Schluffanteil und dem hohen Gehalt an Magnesium- und Natrium-Ionen stellen dagegen sehr dichte, kaum durchlässige Böden mit starker Wasserbindungskraft dar. Das kann dazu führen, dass selbst bei hoher Wassersättigung die nutzbare Feldkapazität nur 10 % bis 20 % beträgt und Pflanzen dem Boden kaum Wasser entziehen können. Brackmarschen eignen sich also weder für den Ackerbau noch für die intensive Grünlandwirtschaft (LERCH 1991). Daher ist der Anteil der extensiv genutzten Grünländer sowie der nicht nutzbaren, stark tidebeeinflussten, mit Röhricht bestandenen Flächen hoch (Abb. 11). Flächenanteil [ha] 3200 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 Watt Strand Ruderalfluren Röhrichte Intensivgrünland Extensivgrünland Bebauung/Freizeit Bäume/Gehölze Acker Auftragsboden Flussmarsch Brackmarsch Seemarsch Sonstige Abb. 11: Flächenanteile der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Bodentypen, aus NLFB (1999) 6.1.2.2 Mit Bodenfeuchte zunehmender Entfernung vom Ufer gewinnt der Standortparameter Bodenfeuchte (Bodenkundliche Feuchtstufe) gegenüber dem Tideeinfluss signifikante Bedeutung für die Artenzusammensetzung und die Vegetationsstruktur von Auenstandorten (DAVIS et al. 1996). Die Bodenkundliche Feuchtestufe (BKF) wird anhand der Auswertungsmethoden im Bodenschutz nach festgelegten Verknüpfungsregeln berechnet (MÜLLER 1997). Als Ergebnis erhält man ordinale Werte in einer Skala von 0 (Steppe, Fels) bis 11 (offene Wasserfläche). Den entsprechenden Wertestufen werden Angaben zur landwirtschaftlichen Nutzbarkeit als Acker oder Weidefläche zugeordnet (s. Tab. 8). Die Bodenkundliche Feuchtstufe wird neben anderen Parametern anhand des Grundwasserflurabstandes berechnet und hängt so indirekt auch von der Art der Nutzung ab (s.u.), da der Meliorationswasserstand der Flächen durch die Zu- und Entwässerung bzw. durch die Anlage von Grüppen vom Landwirt reguliert werden kann (HIGGINS et al. 1997, OLIVEIRA-FILHO et al. 1996). Es handelt sich weder bei der Bodenkundlichen Feuchtestufe noch beim Grundwasserflurabstand oder beim pflanzenverfügbaren Bodenwasser im statistischen Sinne um voneinander unabhängige Parameter (s. Kap. 5.2.2, 7.1.1). DAVIS et al. (1996) und GROOTJANS et al. (1985) sehen neben den jährlichen Mittelwerten der absoluten Schwankungsbreite des Wasserstandes den Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse Grundwasserflurabstand und daraus 63 abgeleitet die Bodenkundliche Feuchtstufe für die Vegetationsausprägung als entscheidend an. In Abbildung 12 ist die Verteilung der Biotoptypen bezogen auf die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Bodenkundlichen Feuchtestufen dargestellt. Die Tabelle 8 gibt eine Übersicht über die verschiedenen Bodenkundlichen Feuchtestufen (BKF). Trockene Standorte (BKF 3), die auch für die Ackernutzung nicht geeignet sind, sind entlang der Unterweser meist mit industriellen Anlagen oder Anlagen zur Freizeitnutzung bebaut. Schwach-frische (BKF 4) bis mittel-frische (BKF 5) Bereiche sind dagegen im Vorland nicht anzutreffen. Im Untersuchungsgebiet sind auch stark-frische (BKF 6) Bereiche überwiegend bebaut. Hier kommen auch Brachen mit Ruderalvegetation vor. Schwach (BKF 7) bis stark feuchte (BKF 9) Flächen werden in unterschiedlichem Grade als Acker, Intensivgrünländer oder Extensivgrünländer genutzt. Röhrichte treten auch auf stark feuchten (BKF 9) Bereichen und als Brackwasserröhrichte oder Flusswattröhrichte auch auf permanent überfluteten (BKF 11) Bereichen auf. Das Ergebnis der Datenanalyse, dargestellt in Abbildung 12, suggeriert, dass es landwirtschaftlich genutzte Flächen gibt, die die Bodenkundliche Feuchtestufe 11 aufweisen. Tatsächlich werden diese Flächen landwirtschaftlich genutzt, hier wäre aber maximal die Bodenkundliche Feuchtestufe 8 bis 9 zu erwarten. Das hier berechnete Ergebnis muss daher zum Teil auf den Randeffekt der Verschneidung der unterschiedlichen Maßstabsbereiche der Boden- und Biotoptypendaten im Grenzbereich zwischen Land und Wasser zurückzuführen sein (s. Kap. 6.1.2.3). Im Ausgangdatensatz der Bodenübersichtskarte für das Untersuchungsgebiet kommen übrigens keine BKF von 0, 1, 2 und 10 vor, so dass diese auch in der Abbildung 12 fehlen. Flächenanteil [ha] 2200 2000 Watt 1800 Strand 1600 Ruderalfluren 1400 Röhrichte 1200 Intensivgrünland 1000 800 Extensivgrünland 600 Bebauung/Freizeit 400 Bäume/Gehölze 200 Acker 0 BKF 3 BKF 6 BKF 7 BKF 8 BKF 9 BKF 11 Abb. 12: Flächenanteile der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet für die anstehenden Bodentypen angegebenen Bodenkundlichen Feuchtestufen (BKF), aus NLFB (1999) Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 64 Tab. 8: Einstufung der Bodenkundlichen Feuchtestufe (BKF, aus MÜLLER 1997) BKF 11 10 9 8 Bezeichnung nass stark feucht mittel feucht 7 schwach feucht 6 stark frisch 5 mittel frisch 4 schwach frisch 3 schwach trocken 2 mittel trocken 1 stark trocken 0 dürr 6.1.2.3 Eignung für landwirtschaftliche Nutzung meist offenes Wasser für landwirtschaftliche Nutzung zu nass für Wiese bedingt geeignet, da häufig zu feucht für Wiese geeignet, für Weide bedingt geeignet, für Intensivweide und Acker zu feucht für Wiese und Weide geeignet, für Intensivweide und für Acker bedingt geeignet (im Frühjahr zu feucht) für Grünland und Acker geeignet, für intensive Ackernutzung im Frühjahr gelegentlich zu feucht für Acker und Grünland geeignet für Acker und Grünland geeignet, intensive Grünlandnutzung im Sommer gelegentlich zu trocken für Acker geeignet, für intensive Ackernutzung im Sommer zu trocken, für intensive Grünlandnutzung zu trocken für Acker und extensive Grünlandnutzung zu trocken Trockenrasen Steppenrasen Verschneidung unterschiedlicher Maßstabsbereiche Die Daten zu den Bodentypen, der Bodenkundlichen Feuchtestufe und der Biotoptypenkartierung wurden wie bereits beschrieben in sehr unterschiedlichen Maßstabsbereichen aufgenommen. Problematisch ist die Verschneidung dieser Datenbestände daher vor allem für die täglich überfluteten, wesernahen Grenzbereiche, denn in der „Realität“ heterogene Flächen werden im Maßstab 1:50.000 als homogen, hier z.B. mit der BKF 9 oder 11, eingestuft. Teilbereiche dieser Flächen, die für die Biotoptypenkartierung im Maßstab 1:2.500 aufgenommen wurden, werden im Status quo aber beispielsweise als Intensivgrünland (BKF = 8 bis 4) genutzt. Auch die im Vergleich zu den Biotoptypen kleinmaßstäbigen Karte der Bodentypen, die für die 1:50.000-Darstellung zudem noch generalisiert wurde (FUCHS 2002), erlauben keine kleinräumigen Zuordnungen von den Biotoptypen zu den Bodentypen. Durch die Verschneidung dieser unterschiedlichen Maßstabsbereiche entstehen notwendig Ungenauigkeiten, da die kartierten Flächenunterschiede nicht so differenziert wie erforderlich den in einem vergleichsweise kleinen Maßstab vorliegenden Bodeninformationen zugeordnet werden können. Das in Kap. 6.1.2.2 beschriebene Ergebnis ist somit erklärbar. Weitergehende Informationen zur Verschneidung von unterschiedlichen Maßstabsbereichen finden sich bei u.a. HÖRSCH (2001), MARZLOFF (1999) und BIAN (1997). 6.1.2.4 Nutzungsart und -intensiät: Nutzungstypen In Abbildung 13 sind die Flächenanteile der für die grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Nutzungstypen dargestellt. Die Abbildung 14 zeigt darüber hinaus die räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer für den Status quo. Weite Teile der Vorländer der Unterweser sind Domänen. Das staatliche Domänenamt verpachtet Land und Hofstellen an Landwirte. Auf dem fruchtbaren Vorland werden auf weiten Flächen Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 65 hochwertige Futtergräser angebaut, die für die Jung- und Milchviehhaltung sowie für die Rindermast verwendet werden können. Die Art der Flächennutzung ist dabei auf nicht hochwassergeschützten Bereichen vor allem von der Überflutungshäufigkeit, -dauer und -höhe abhängig. Darüber hinaus spielt für die Intensität der Flächennutzung (Nutzungstyp) auch die Entfernung zum Hof und die Größe und Modernität der Ausstattung des landwirtschaftlichen Betriebes eine Rolle. Des weiteren müssen die Landwirte Nutzungsvorschriften des Naturschutzes, bestehende Naturschutzplanungen und Extensivierungsprogramme ebenso wie die Ausweisung von Flächen als Ausgleichs- oder Ersatzgebiete bei ihren Bewirtschaftungsüberlegungen berücksichtigen (Kap. 6.1.2.6). Diese hier im weitesten Sinne als Vegetationsausprägung Nutzungsfaktoren der Vorländer, bezeichneten beispielsweise Standortparameter dienen beeinflussen Vorlandbereiche südlich die von Bremerhaven als Ausgleichs- und Ersatzgebiete für Bauvorhaben im Bereich der Stadt Bremerhaven. Seit 1997/98 sind diese Flächen ganz oder teilweise aus der Nutzung genommen und nach den Vorgaben des Naturschutzes naturnah gestaltet worden. Ferner hängt die Art und die Intensität der Flächennutzung, die das Erscheinungsbild der Wesermarsch und ihrer Vorländer prägt, auch stark von staatlichen Förderprogrammen und der Landwirtschaftspolitik der Europäischen Union ab (s. Kap. 7.1.2.3). 2200 Watt Flächenanteil [ha] 2000 1800 Strand 1600 Ruderalfluren 1400 Röhrichte 1200 Intensivgrünland 1000 Extensivgrünland 800 600 Bebauung/Freizeit 400 Bäume/Gehölze 200 Acker 0 künstlich sehr stark verändert stark verändert mäßig verändert mäßig verändert bis naturnah naturnah Abb. 13: Flächenanteile der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Nutzungstypen 6.1.2.5 Die Verwendung der Kategorie der Nutzungstypen Nutzungsinformation der verschiedenen Nutzungstypen ist im Prinzip bereits im Biotoptypenkonzept selbst enthalten (v. DRACHENFELS 1994). Die vorgenommene Klassifikation der Nutzungsintensität liegt hier somit scheinbar redundant vor. Laut DIERSCHKE (1997) spielt jedoch Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 66 neben den natürlichen zum Teil vom Menschen modifizierten Standortparametern, die die Ausprägung der Biotoptypen beeinflussen, vor allem die Art, Dauer und Dynamik der Nutzung eine entscheidende Rolle für die Merkmalsausprägung der Vegetation. Der Nutzungsgrad bzw. die Nutzungsintensität stellt daher im Allgemeinen und hier im Besonderen ein wichtiges Unterscheidungskriterium für die entlang der Unterweser stark genutzten Vorlandbereiche dar. Denn die moderne Landwirtschaft ist, wie GEHLKEN (1995) zeigt, in der Lage nahezu unabhängig von den ursprünglich prägenden Standortparametern eine stark nutzungsabhängige, für den jeweiligen Betrieb optimale Vegetation herzustellen (s. Kap. 5.2 , 6.3, 7.1.2.3). In Abbildung 13 sind die Flächenanteile der für die grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen in ha bezogen auf die verschiedenen Nutzungstypen (s. Kap. 5.1.2.4) dargestellt. Die Abbildung 14 zeigt die räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer für den Status quo. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 67 Bremerhaven Nordenham Einswarder Plate Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 künstlich sehr stark verändert stark verändert N 10 Kilometer mäßig verändert mäßig verändert bis naturnah naturnah keine Angaben Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 14: Räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer im Status quo zwischen Bremen und Bremerhaven Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 6.1.2.6 68 Standorttypen als Ergebnis der Nutzungsart und -intensität Im Vorland prägt neben den Parametern Überflutungshäufigkeit, –höhe und Nutzungsart auch der Parameter Standorttyp maßgeblich die Biotoptypenausstattung der Flächen. In Anlehnung an PREISINGER (1991) lassen sich entlang eines Gradienten mit zunehmender Nutzung und abnehmendem Tideeinfluss folgende Standorttypen unterscheiden: Tidevorland, Sommerpolder und Spülfelder (s. Kap. 6.2). In Abbildung 15 sind die verschiedenen im Untersuchungsgebiet vorkommenden Standorttypen: tidebeeinflusstes Vorland (Tidevorland), Sommerpolder und Spülfelder dargestellt (s. Kap. 5.1.2.3 und Kap. 2.33.2, Abb. 3). Die jeweilige Biotoptypenverteilung spiegelt deutlich die Nutzungsintensität und Nutzbarkeit der Standorttypen wider (Abb. 15): Auf den Sommerpoldern finden sich überwiegend Intensivgrünländer und Äcker sowie bebaute Bereiche und Flächen für die Freizeitnutzung. Auf den tidebeeinflussten Vorländern kommen dagegen vor allem naturnahe Röhrichte und deutlich mehr extensiv genutzte, Mesophile Grünländer vor. Die hoch gelegenen Spülfeldern werden häufig als Ackerstandorte oder für Freizeitaktivitäten (Campingplätze) Flächenanteil [ha] genutzt. 3200 3000 2800 2600 2400 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 Watt Strand Ruderalfluren Röhrichte Intensivgrünland Extensivgrünland Bebauung/Freizeit Bäume/Gehölze Acker Sommerpolder Tidevorland Spülfeld Abb. 15: Flächenanteile der Biotoptypen (für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengefasst) im Status quo in ha bezogen auf die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Standorttypen Sommerpolder, Tidevorland und Spülfeld In Tabelle 9 sind die Flächenanteile der verschiedenen Standorttypen bezogen auf die Vorlandfläche der Unterweser ohne vegetationslose Wattflächen dargestellt. Tab. 9: Flächenanteile der verschiedenen Vorlandtypen im Status quo: Tidebeeinflusstes Vorland ohne Wattflächen, Sommerpolder und Spülfeld in ha und % Vorlandtyp Tidebeeinflusstes Vorland (ohne vegetationslose Wattflächen) Sommerpolder Spülfeld Summe Flächenanteil [ha] 1857 Flächenanteil [%] 38 2532 497 4891 52 10 100 Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 6.2 69 Zonierung und räumliche Verteilung der Vegetation der Unterweservorländer im Status quo Im Folgenden wird die Vegetation des Untersuchungsgebietes auf Pflanzengesellschafts- und Artebene beschrieben und ihre räumliche Verbreitung im Hinblick auf die ökologischen Ansprüche und Funktionen der Vegetationseinheiten dargestellt. Die kartieren Pflanzengesellschaften und ihre Standorte sind im Anhang in den Tabellen A6 und A7 zu finden. Die vorliegenden Biotoptypenkartierungen sind durch aktuelle pflanzensoziologische Kartierungen auf Gesellschaftsebene ergänzt worden (s. Kap. 4.4, Anhang, Tab. A6). Auf der Grundlage der pflanzensoziologischen Kartierung von SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) sowie der von KURZ & KÜVER (1991) angefertigten Vegetationstabellen konnten den einzelnen Biotoptypen entsprechende Pflanzengesellschaften zugeordnet werden. Damit war es möglich, die aus der Fachliteratur (ELLENBERG 1996, KÖTTER 1961, MEISEL 1977, 1969) bekannten Standortansprüche, z.B. zur Überflutungsdauer und Nutzungsintensität, auf die Biotoptypen zu übertragen. Die Zuordnungstabelle für die Biotoptypenkartierung nach KURZ & KÜVER (1991) und das Ergebnis der pflanzensoziologischen Kartierung nach SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) befinden sich im Anhang in Tabelle A7. 6.2.1 6.2.1.1 Naturnahes tidebeeinflusstes Vorland Röhrichte Für Standorte, die sich aufgrund häufiger und starker Überflutungen für eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung oder eine Freizeitnutzung nicht eignen, spielen die Lage zum MThw und die Uferneigung für die Merkmalsausprägung der Vegetation eine entscheidende Rolle (PREISINGER 1991). Auf flachen Ufern (ohne Abbruchkanten) können sich Schilfröhrichte des Süß- und Brackwassers zwischen MThw ± 70 cm ausbilden (ELLENBERG 1996, KÖTTER 1961). Im Weserästuar liegt ihr Verbreitungsschwerpunkt zwischen +20 cm und – 40 cm, bezogen auf das MThw. Hier finden sich rund 90 % der Röhrichtflächen. KÖTTER (1961) fand entlang der Unterelbe für Schilf entsprechende mittlere Ansiedlungshöhen von ca. 50 cm unter MThw. Phragmies australis ist anders als an der Elbe oder Ems die bestandsbildende Röhrichtart der Unterweser (GROTJAHN 1983). Den Schilfröhrichten vorgelagert treten bis tief in die Wattflächen eindringend von MThw -70 bis maximal -150 cm Bestände der Strand- und Salzteichsimse (Bolboschoenus maritimus, Scirpus lacustris ssp. tabernaemontani) auf. OERTLING (1992) und SEELIG (1992) stellten entlang der Unterelbe ähnliche Zonierungen innerhalb der untersuchten Röhrichtgesellschaften fest. Brackwasserröhrichte sind in ihrer Artenzusammensetzung durch das gleichzeitige Vorkommen von Salzpflanzen und weniger salztoleranten Arten gekennzeichnet. Allerdings sind die Röhrichte der Brackmarsch (KBR, oberhalb MThw, Kap. 6.1) und Landröhrichte des Süßwassers (NRS, oberhalb MThw) anhand der Artenzusammensetzung allein meist kaum voneinander zu unterscheiden, denn der Bestandsbildner Schilf kann sowohl auf brackigen als auch auf stark salzbeeinflussten Standorten der Vorländer Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 70 vorkommen (KURZ 1997). Per Definition liegen die Salzkonzentrationen des Brackwassers zwischen 2 psu und 18 psu. Entlang der Unterweser schwanken die Salzgehalte von Tide zu Tide und abhängig von der Höhe des Oberwasserabflusses (GRABEMANN et al. 1999). SCHEER (1953) fand noch Schilfvorkommen bei ca. 10 psu, vor allem an solchen Standorten, an denen die Salzgehalte des Bodens auf sandigem Substrat und durch Aussüßung des Regenwassers niedriger waren als die des Wassers (KURZ 1997). Röhrichte finden sich auf insgesamt 20 % der Vorlandflächen der Unterweser, vor allem im Bereich des Warflether Armes, des linken und des rechten Nebenarmes der Unterweser, auf der Strohauser Plate und der Einswarder Plate. Die Röhrichte des Brackwasser- und Flusswatts sowie die Landröhrichte der Marsch sind nach § 20c und § 28a des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes geschützt. 6.2.1.2 Vegetationsloses Watt Wattflächen spielen im Allgemeinen sowohl für den Stoffhaushalt (Sauerstoffgehalt, Abbau von Nährstoffen) eines Ästuars als auch innerhalb der Nahrungskette, z.B. als Nahrungsquelle für das Makrozoobenthos und für Fische (bei Flut) und Avifauna (bei Ebbe), eine große Rolle und sind ein wichtiges Bindeglied zwischen Fluss und Marsch (HAGGE & GREISER 1996). Entlang der Unterweser wird zwischen Süß– (limnischer Abschnitt: etwa UW km –4,75 bis 30) und Brackwasserwatt (oligohaliner und mesohaliner Abschnitt: etwa UW km 30 bis 65) unterschieden. Aufgrund des großen ausbaubedingten Tidenhubs von 3,6 m bei Bremerhaven bis zu 4,1 m im stadtbremischen Bereich sind im gesamten Unterweserabschnitt zwischen der MThw– und MTnw–Linie vegetationslose Wattbereiche (KBO, FWO, s.a. Kap. 3.1) mit einer Fläche von ca. 1100 ha vorhanden. In Stadt– und Hafenbereichen beträgt ihre horizontale Ausdehnung zwischen 0 m und 2 m (senkrechte Uferbefestigung, vergossene Steinschüttungen) und im Bereich der Nebenarme (UW km 30 bis 53) und des Lunewatts (UW km 60 bis 65) 50 m bis mehrere 100 m. 6.2.2 Landwirtschaftlich genutztes, tidebeeinflusstes Vorland Diese knapp oberhalb des MThw gelegenen seltener überfluteten Flächen werden vorwiegend landwirtschaftlich als Mähwiesen genutzt. Für die Ausprägung der verschiedenen Grünlandtypen ist daher, neben dem Tideeinfluss, wie von DIERSCHKE (1997), GROOTJANS et al. (1985) und MEISEL (1969) beschrieben, vor allem die Intensität und Art der Nutzung ausschlaggebend. Tidebeeinflusste landwirtschaftlich genutzte Gebiete mit Intensivgrünland, Mesophilem Grünland und Nassgrünland bzw. Flutrasen nehmen insgesamt ca. 766 ha ein und finden sich auf den Strohauser Vorländern, der Einswarder Plate und dem Neuen Pfand. 6.2.2.1 Extensiv- und Feuchtgrünland Im Bereich 0 bis 20 cm oberhalb des MThw finden sich neben Röhrichten vor allem extensiv genutzte, ein- bis maximal zweimal pro Jahr gemähte seggen- und binsenreiche Flutrasen (vereinzelt: GNF). Knapp die Hälfte der noch an der Unterweser vorkommenden seggen- und binsenreiche Flutrasen (GFF), finden sich auf diesen häufig bis zu 2,4 Stunden täglich überfluteten Bereichen (HELLBERG Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 71 1995). Diese zu der Rumici-Alopecuretum geniculati Gesellschaft (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999) zählenden Rasen werden von verschiedenen Gräsern wie Alopecurus geniculatus, Agrostis stolonifera oder Agropyron repens dominiert. Blütenpflanzen fehlen hier weitgehend. Dieser Typ der Flutrasen, der auch entlang der Elbe häufig anzutreffen ist, entsteht aus dem Versuch die Flächen intensiv zu nutzen (KURZ 1997). Der konstituierende Standortparameter ist neben der Nutzungsart eine regelmäßige längere Überflutung im Winter oder Frühjahr mit stehendem oder langsam fließendem Wasser und eine periodische Überschlickung (MEISEL 1977, KLAPP 1965, TÜXEN 1956). Auch auf selten überfluteten beweideten Bereichen sind solche Flutrasen anzutreffen (KURZ 1997). Hier entstehen sie unter dem Einfluss eines hohen Weideviehbesatzes und der dadurch verursachten Verdichtung des Bodens. Die schlechteren Abflussverhältnisse befördern dann dass Auftreten von Alopecurus geniculatus, Agrostis stolonifera und Binsen oder Seggen. Die entsprechend der Feuchteverhältnisse erst im Mai/Juni für Mahd oder Jungviehbeweidung nutzbaren Standorte kommen auf dem Neuen Pfand, dem Strohauser Vorland und der Kleinensieler Plate vor (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Das RumiciAlopecuretum ist Ersatzgesellschaft des Salicion albae bzw. des Alno-Ulmion (Weichholzaue). Flutrasen sind nach Niedersächsischem Naturschutzgesetz § 28b geschützt. Die an der Unterweser kartierten Flutrasen stellen fast ohne Ausnahme Degenerationsformen von artenreichen Nasswiesen dar. Für den Naturschutz haben solche Flächen dennoch eine große Bedeutung, denn die meisten durch die landwirtschaftliche Nutzung hervorgerufen Veränderungen sind mehr oder weniger reversibel, da sich dort innerhalb relativ kurzer Zeit wieder Nasswiesen etablieren lassen (KURZ 1997). 6.2.2.2 Extensiv- und Intensivgrünland Ab etwa 20 cm oberhalb des MThw wechseln sich Intensivgrünländer (GIM) mit verschiedenen Ausprägungen des Mesophilen Grünlandes (GMF) ab. Die Flächen sind während der Vegetationsperiode dem täglichen Tideeinfluss weitgehend entzogen. Bei Sturmfluten werden regelmäßig große Mengen von Nährstoffen durch Schlammablagerungen eingetragen. Zusätzlich werden sie wahrscheinlich noch mit bis zu 100 kg Phosphat pro ha gedüngt. Eine Mahd erfolgt abhängig von den Überflutungsverhältnissen ca. zwei- bis dreimal pro Jahr (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Alopecurus pratensis beherrscht das Bild dieser homogen erscheinenden Wiesen, die zum Teil nur schwer von den Intensivgrünländern unterschieden werden können. Die Alopecurus-Wiesen, die überwiegend zu den Mesophilen oder auch extensiv genutzten Grünländern (GMF) gerechnet werden können, weisen laut SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) folgende Vertikalstruktur auf: Alopecurus pratensis und Festuca pratensis bilden eine Oberschicht. Eine mittlere Schicht setzt sich aus Untergräsern wie Festuca rubra und Lolium perenne sowie den Kräutern Ranunculus acris, Cardamine pratensis und Polygonum amphibium f. terrestre zusammen. In der untersten Schicht wachsen Trifolium pratense, Ranunculus repens, Rosettenpflanzen und Agrostis stolonifera. Im Frühjahr sind die Bestände von Ranunculus repens und Taraxacum officinale gelb, sowie von Cardamine pratensis rosa. Nach dem ersten Schnitt blühen Trifolium repens, Trifolium pratense und Polygonum amphibium f. terrestre, später folgt Leontodon autumnalis. Diese blühenden Kräuter und Stauden sind für blütenbesuchende Insekten eine wichtige Nahrungsquelle. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 72 Die meist artenreichen Gesellschaften sind auf den Strohauser Vorländern weit verbreitet. Auf einigen Flächen findet sich allerdings auch Lolium multiflorum, eine ertragreiche Ansaatart der Intensivgrünländer (GIM) und Grasäcker (GA). Die Intensivgrünländer unterscheiden sich von den Mesophilen Grünländern vor allem durch das Auftreten von Nährstoffzeigern, dem Fehlen mesophiler Grünlandkennarten und die relative Artenarmut. Aufgrund der hohen Bodenfeuchte und der regelmäßigen Überflutungen in diesen Bereichen breiten sich auf den Flächen in ein bis zwei Jahren wieder Flutrasen und Arten des Mesophilen Grünlandes aus. Bei extensiver oder unregelmäßiger Nutzung kommen schließlich die Arten Phalaris arundinacea und Phragmites australis zur Dominanz. Auf ursprünglich von Lolio-multiflorum und Alopecurus pratensis geprägten Flächen können so innerhalb weniger Jahre ausgeprägte Röhrichte und Stromtalvegetation entstehen (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999, KURZ 1997). Ökologisch haben artenarme Intensivgrünländer nur eine geringe Bedeutung. Aufgrund der hier kaum verbreiteten blühenden Kräuter und Stauden können sie nur in geringem Umfang als Nahrungsgrundlage für Insekten dienen. Im Hinblick auf den Vogelschutz sind sie aber vor allem als großflächig feuchte Rinderweiden von Bedeutung. Einige Wiesenvogelarten finden hier Brutplätze (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999, KURZ 1997). 6.2.2.3 Grünlandbrachen Auf erst seit kurzem aus der Nutzung genommenen und tidebeeinflussten ehemaligen Grünlandflächen hat sich im Bereich der Einswarder Plate bis 1998/99 eine Festuca rubra-Crepis biennis-Gesellschaft entwickelt (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Die Artenzusammensetzung deutet auf eine diskontinuierliche Nutzung bzw. Brache hin. Kennzeichnend sind die Dominanz des Festuca rubra und die Beteiligung von Crepis biennis und Carum carvi. Typische Grünlandarten kommen nur vereinzelt vor. Die Festuca rubra-Brachen besiedeln im Allgemeinen frische Standorte, die nur gelegentlich überspült werden. Die Standortansprüche sind dabei denen der Ranunculus-repensAlopecurus-Gesellschaft ähnlich (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Ranunculus-repens-Alopecurus Bestände sind auf dem Neuen Pfand verbreitet und wachsen dort auf den höher liegenden, seltener überfluteten Bereichen im Mosaik mit Flutrasen des Rumici-Alopecuretum, deren Vorkommen, wie auch MEISEL (1977) beschreibt, ebenfalls auf Brache hinweist. Auf den Brachen finden sich auch Blütenpflanzen, die diese Standorte im Gegensatz zu den weitgehend monotonen Intensivgrünländern für verschiedene Insektengruppen wie Schmetterlinge, Hautflügler, Zweiflügler und Käfer interessant machen (KURZ 1997). 6.2.3 Sommerbedeichte Vorlandbereiche Sommerbedeicht sind die großen Platen und Sände, darunter Teile der Strohauser Plate, die große Weserinsel Harrier Sand und der benachbarte Hammelwarder Sand. Sommerpolder nehmen ca. 2530 ha der Vorlandfläche ein. Hier sind die Standortparameter Bodenfeuchte, Entwässerbarkeit der Flächen und die Art und Intensität der Nutzung ausschlaggebend für die Merkmalsausprägung der Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 73 Vegetation. Häufig anzutreffen ist in diesen Bereichen vorwiegend als Mähweide genutztes Intensivgrünland (GIMw), Grünlandansaaten (GA) und Kohläcker (AT), seltener hingegen extensiv genutztes bzw. Mesophiles Grünland (GMF) oder Flutrasen (GFF, s. Kap. 6.1). 6.2.3.1 Grasacker Ein Großteil der Grasländer der Unterweservorländer ist aus Ansaaten (GA) entstanden. Ansaaten sind notwendig, weil hohe Stickstoffgaben und Vielschnitt die Verunkrautung des Grünlandes mit Quecken und Ampfer befördert (LÜHRS 1994, HÜLBUSCH 1987). Die jährliche Ansaat, nachweisbar anhand des Vorkommens der einjährigen Saatart Lolium multiflorum und der Herbizideinsatzes, werden durchgeführt, um möglichst ertragreiche Grünlandbestände herzustellen. Junge Lolium multiflorum Ansaaten sind daher leicht an der homogenen Struktur der Bestände zu erkennen. Zwischen den Ansaatarten Lolium multiflorum, Lolium perenne und Trifolium repens wachsen auch verschiedene annuelle Ackerunkräuter wie Stellaria media, Capsella bursa-pastoris und Geranium molle. Die Gesellschaften stehen daher vor allem im ersten Jahr soziologisch den Ackerunkrautgesellschaften (Stellarietea) nahe. Je nach Bewirtschaftungsintensität und -art entwickeln sich die Ansaaten entweder zu Poo-Rumiceten oder zu Arrhenatheretalia-Gesellschaften (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). 6.2.3.2 Intensivgrünland Pflanzensoziologisch kann das auf dem Harrier Sand kartierte Intensivgrünland (GIM) dem PooRumicetum zugeordnet werden. Die Nutzung variiert zwischen 3-4-schüriger Wiesennutzung (Silage), Umtriebsweide mit hohen Besatzdichten, kurzen Standzeiten und häufigem Umtrieb sowie einer Kombination beider Nutzungen in Form der Mähweide. Die eingesetzten Düngemengen von ca. 200 kg N/ha/J sind auf drei bis vier Gaben im Jahr verteilt. Der Standortparameter Nutzung überlagert hier weitgehend die abiotischen Standortparameter und führt zu gleichförmigen Grünlandbeständen. Nur das gelegentliche Vorkommen von Polygonum amphibium f. terrestre deutet auf eine gute Wasserversorgung der Standorte hin (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Es können folgende zwei wirtschaftsbedingte Ausbildungen des Poo-Rumicetum unterschieden werden: Erstens eine Ausbildung mit Anthriscus sylvestris und Heracleum sphondyleum (Poo-Rumicetum heracleetosum) in vorwiegend gemähten Beständen, die auf hoffernen Grasländern des Hammelwarder Sandes und auch auf dem Strohauser Vorland zu finden sind (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Zweitens die Poa annua-Ausbildung, die überwiegend auf dem Harrier Sand vorkommt. Poa annua besiedelt hier die durch hohe Besatzdichten verursachten Narben-Verletzungen. 6.2.3.3 Extensivgrünland Auf trockeneren Bereichen des Hammelwarder Sandes finden sich vereinzelt auch als Extensivweiden genutzte Mesophile Grünländer (GMF, auch als GIMw kartiert), die den Cynosurion-Gesellschaften (Lolio-Cynosuretum typicum SCHRÖDER & GEHLKEN 1999) zugeordnet werden können. Die Cynosurion-Standorte sind, im Vergleich zu den auf tidebeeinflussten Vorländern verbreiteten Alopecurus-Wiesen, deutlich trockener. Die sommerliche Abtrocknung der Böden schafft die Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 74 Voraussetzung einer weidefesten Narbe. Bezogen auf den Wasserhaushalt sind die Standorte denen des Poo-Rumicetum vergleichbar. Darauf deutet das Vorkommen von Dactylis glomerata hin. Die floristischsoziologischen Unterschiede zwischen Cynosurion und Poo-Rumicetum sind hauptsächlich wirtschaftsbedingt. 6.2.4 Aufgespülte Vorlandbereiche Im Zuge der Unterweserausbauten sind Spülfelder entstanden (s. Kap. 2.2), die mit 3 m bis 4 m über NN den regelmäßigen Überflutungen weitgehend entzogen sind. Die Art der Nutzung und der Düngung, aber auch der Bodentyp der aufgespülten Substrate (Schlick oder Sand) ist auch hier wesentlich für die Ausprägung der Vegetation verantwortlich. Spülfelder nehmen ca. 497 ha ein und werden wegen ihrer überflutungsgeschützten Lage häufig als Ackerstandorte und zur Ansaat von Hochleistungsgräsern (Grasacker) genutzt. Neben Maisäckern kommen vor allem Lolium multiflorumAnsaaten (GA) oder extensiv als Weiden genutzte, jedoch artenarme Grasländer vor, die daher den Intensivgrünländern (GIMw) zugerechnet werden. Auf trockeneren, erst seit kurzem aus der Nutzung genommenen sandigen und vergleichsweise nährstoffärmeren Standorten finden sich Grünlandbrachen. Dort wachsen Bestände der Festuca rubraArrhenatherum elatius-Brachen. Bestände von Festuca rubra sind auf ehemaligen Spülfeldern der Kleinensieler Plate, meist im Bereich der Deichfüße, anzutreffen. Ein dichter Rasen von Festuca rubra mit eingestreuten hochwüchsigen Horsten von Arrhenatherum elatius, Dactylis glomerata und Alopecurus pratense sowie Phragmites australis kennzeichnen diese sehr inhomogenen Bestände. Die Dominanz von Festuca rubra und die Beteiligung einiger Ruderalarten wie Vicia sepium und Arrhenatherum elatius weisen die Gesellschaften floristisch eindeutig als Brachen aus. Flutrasenarten kommen dagegen kaum vor. Festuca rubra breitet sich als Streusiedler durch seine dicken Gras-Streuauflagen (MEERMEIER 1993, MEISEL 1978, HARD 1976) unter Brachebedingungen rasch aus, während andere Grünlandarten dadurch gleichzeitig ausbleiben (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). 6.2.5 Befestigte Uferabschnitte Mit Steinschüttungen versehene Ufer liegen in der Regel im Bereich des MTnw und MThw. Insgesamt sind etwa 60 % der Ufer der Unterweser (bezogen auf die Gesamtuferlänge des Fahrwassers, ohne Nebenarme) befestigt. Abhängig vom Versiegelungsgrad der Ufer (Steinschüttungen vergossen, unvergossen oder Spundwände), dem vorhandenen Samenpotenzial und der Pflege finden sich in diesen Bereichen Biotoptypen der Ruderalfluren (URF, UMF, s. Kap. 6.1) mit Resten der Stromtalvegetation. Verbaute Ufer sind vorwiegend im bremischen Stadt– und Hafengebiet und entlang der Weser innerhalb der städtischen Bereiche bei Elsfleth, Brake und Nordenham anzutreffen. Der Bereich zwischen MTnw- und MThw-Linie ist in der Regel eher vegetationslos. Nur einzelne Flutrasenarten wie Rumex obtusifolius, Ranunculus repens oder Poa trivialis wachsen in den Steinfugen. Wenige cm oberhalb der MThw-Linie ist dagegen oft schon ein dichter, meist niederliegender ca. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Status quo-Analyse 75 50 cm breiter Bestand von Phalaris arundinacea zu finden (DIERSCHKE 1997). Unmittelbar daran angrenzend, knapp 20 cm oberhalb des MThw, findet sich ein dichter, etwa 1 m bis 1,5 m breiter Saum, der von Epilobium hirsutum dominiert wird. Hier wachsen auch weitere krautige Hochstauden, z.B. Angelica archangelica und Rumex obtusifolius. Die Bestände können der Angelica archangelicaGesellschaft zugeordnet werden (Convolvulo-Angelicetum archangelicae, SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Sie sind beispielsweise auf der Steinschüttung im Bereich des Osterdeichs in Bremen anzutreffen. Das Convolvulo-Angelicetum ist eine ausdauernde Saumgesellschaft auf Standorten des Salicion albae, sie besiedelt also potenzielle Standorte der Weichholzaue (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7 76 ERGEBNISSE UND DISKUSSION: MODELLIERUNG DER VEGETATION MIT DEM VEGETATION-STANDORT-MODELL (VS-MODELL) Das in der vorliegenden Arbeit entwickelte Vegetation-Standort-Modell der Vorlandvegetation der Unterweser (VS-Modell) wird in Kapitel 7.1 beschrieben. Die theoretischen Grundlagen, der Gültigkeitsbereich und die getroffenen Vorannahmen und Modelleinschränkungen werden diskutiert. Auf der Grundlage der räumlichen und statistischen Analyse (Kap. 6.1) wird das entwickelte VSModell in Kapitel 7.2 mit Hilfe des CART-Verfahrens (Classifikation and Regression Tree, Kap. 5.2) validiert. Es werden die für die Modellierung verwendeten Standortparameter beschrieben. In Kapitel 7.3 wird das VS-Modell auf den Status quo angewandt und auf seine Plausibilität hin überprüft. Die mit dem Modell prognostizierten Biotoptypenverteilungen und Nutzungstypen werden mit den realen verglichen. Anhand der Ergebnisse werden die Stärken und Schwächen des Modells analysiert und diskutiert. In Kapitel 7.4 werden die Modellierungsergebnisse zur räumlichen Verteilung der Biotoptypen infolge einer Klimaänderung vorgestellt und diskutiert. Die Modellierungsergebnisse der potenziellen künftigen Nutzung dienen dabei als Inputparameter für die Modellierung der Vegetationsverteilung. Die modellierten räumlichen Veränderungen werden bilanziert und mittels eines GIS grafisch dargestellt (s. Kap. 5.1). Die Konsequenzen der modellierten Veränderungen für die Zonierung und räumliche Verteilung der Vegetation werden in Kapitel 7.5 analog zu Kapitel 6.2 auf der Gliederungsebene der Pflanzengesellschaften unter Berücksichtigung der verschiedenen Nutzungsszenarien vorgestellt. 7.1 Modellbeschreibung Ziel der Arbeit ist es, die räumliche Verteilung der Vegetation für das gesamte Untersuchungsgebiet zu modellieren, um zu Aussagen über mögliche Veränderungen der Vegetation der Vorländer entlang der Unterweser unter den Bedingungen einer Klimaänderung zu kommen (Kap. 7.4). Die Vegetation wird dazu auf der Gliederungsebene von Biotoptypen beschrieben. Auf der Basis der Untersuchung des Zusammenhanges zwischen der Verteilung verschiedener Vegetationstypen und den zugehörigen Standortparameter können laut MÜLLER (1999) räumliche Modellierungen der Verbreitung einzelner Vegetationstypen oder wie in der vorliegenden Arbeit ganzer Vegetationseinheiten durchgeführt werden. Das entwickelte Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) dient hier der Validierung der in Kapitel 6.1 analysierten Zusammenhänge zwischen den Standortparametern und der Vegetation Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 77 (BOSOFSKE et al. 1999). Innerhalb der Klimafolgenforschung (NAJJAR et al. 2000, PRIMACK 2000, MORTSCH 1998, RYBCZYK et al. 1998), wie auch in der vorliegenden Arbeit, werden die Ergebnisse der Modellierungen darüber hinaus auch für die zeitliche Extrapolation von Vegetationsverteilungen aufgrund eines veränderten Klimas eingesetzt. Das entwickelte VS-Modell bezieht sich auf Elemente der Modellvorstellung der Gradiententheorie, die bei MÜLLER (1998) näher beschrieben ist. Die Gradiententheorie betrachtet ökologische Systeme als raumzeitliche Abfolgen von Konzentrationsgradienten, die sich in räumlichen Verteilungsmustern wie beispielsweise der Vegetation widerspiegeln. Die verschiedenen ökosystemaren Gradienten oder Standortparameter können dabei hierarchisch angeordnet sein (MÜLLER 1999, O'NEILL et al. 1986). Das heißt unter anderem, dass die Bedeutung der jeweiligen Gradienten bzw. Standortparameter innerhalb eines betrachteten Systems für die Merkmalsausprägung der Vegetation auf unterschiedlichen Standorten variieren kann. Das VS-Modell zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen beruht dabei auf der Verknüpfung von geografischer Information über die räumliche Verteilung von Biotoptypen und der parameterfreien statistischen Methode (CART, Kap. 7.2 und 5.2) zur Analyse der Abhängigkeit zwischen mehreren Standortparametern, den so genannten Einflussgrößen und den Zielgrößen der Vegetation. Innerhalb der theoretischen Ökologie stehen zur Modellierung von Vegetationsveränderungen verschiedene Konzepte und Modellvorstellungen, beispielsweise aus der Kybernetik, Thermodynamik, Informationstheorie, Hierarchietheorie und Netzwerktheorie zur Verfügung, die bei MÜLLER (1999) näher erläutert werden. Auch ist die Spannbreite der innerhalb der Ökologie verwendeten statistischen Methoden zur Modellierung von Vegetation groß (MCGLADE 1999, POETHKE & WISSEL 1994, YODZIS 1989, STARFIELD & BLELOCH 1986). Einen Überblick über die neuere Forschung geben u.a. HÖRSCH (2001) und GUISAN & ZIMMERMANN (2000). 7.1.1 Modellvariablen Innerhalb des VS-Modells für das Unterweservorland werden zur Vorhersage der räumlichen Verteilung der Biotoptypen folgende als relevant eingestuften Standortparameter verwendet Standorttyp, Nutzungstyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser. Die Abbildung 16 gibt eine schematische Übersicht über die in der Modellierung berücksichtigten Standortparameter zur Vorhersage der Biotoptypen und der Nutzungstypen. Die Vorhersagegenauigkeit des VS-Modells wurde dabei anders als bei HÖRSCH (2001) nicht jeweils für die einzelnen Biotoptypen getrennt berechnet. Vielmehr wurde zunächst für jeden Standortparameter in Einzeltests die Fehlklassifikationsrate bezogen auf alle Biotoptypen berechnet (s. Anhang Tab. A10) und der Pool der verwendeten unabhängigen Variablen iterativ erweitert. Auf diese Weise wurden die zur Verfügung stehenden Standortparameter auf ihre Aussagekraft für die Vorhersage der Biotoptypen und der Nutzungstypen ausgewählt und getestet. Der Nutzungstyp bzw. die Art und Intensität der Flächennutzung wird im Folgenden als ein Standortparameter aufgefasst. Da allerdings auch die Art und Intensität der Nutzung, wie in Kap. 3.1 Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 78 und 6.1 dargestellt, von den jeweiligen Standortparametern abhängen, werden die Nutzungstypen zunächst als ein Ergebnis der herrschenden Standortbedingungen verstanden. Die Nutzungstypen können mit folgender Funktion vereinfacht beschrieben und anhand des CART-Verfahrens prognostiziert werden: Nutzungstyp = f (Standorttyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser) Die Nutzungstypen werden anhand der abiotischen Standortvariablen für den Status quo und unter den Bedingungen des Klimaszenarios modelliert. Im Weiteren dienen die Modellierungsergebnisse der Nutzungstypen dann als Inputgröße zur Modellierung der künftigen Biotoptypenverteilung im Untersuchungsgebiet (Kap. 7.4). Die Art und Intensität der Nutzung geht damit als Standortparameter „Nutzungstyp“ in die Analyse der räumlichen Verteilung der Vegetation ein. Der komplexe Zusammenhang zwischen den Merkmalen der Vegetation und den Standortparametern wird innerhalb des Modells zur Vorhersage der Biotoptypen mit folgender Funktion vereinfacht beschrieben: Biotoptyp = f (Standorttyp, Nutzungstyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser) Die Biotoptypen bzw. Nutzungstypen werden innerhalb des Modells als abhängige Variablen, die genannten Standortparameter als unabhängige Variablen oder auch als Prediktoren bezeichnet. Die potenziellen Vegetationsmuster der Biotoptypen werden mit dem Entscheidungsmodell nach dem CART-Verfahren berechnet (CART, s. Kap. 5.2). Das hier verwendete VS-Modell erlaubt dabei keine Aussagen über Kausalzusammenhänge zwischen Standortparameter und Vegetationsausprägung (s. Kap. 7.1.2, 7.2.1). Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 79 Klimafaktoren Temperatur, CO2, Wind, Niederschlag, , UV-BStrahlung, Sonnenscheindauer, Extremereignisse Hydrologischer Faktorenkomplex Überflutungshöhe und Topografie Überflutungsdauer Überflutungshäufigkeit Salinität Standörtlicher Faktorenkomplex Bodentyp Bodenfeuchteparameter Standorttyp Nutzungstypen (Status quo, Klimaänderung) Biotischer Faktorenkomplex Biomassenentwicklung Veränderung der Artenzusammensetzung Neophyten Sukzession Biotoptypen (Status quo, Klimaänderung) Abb. 16: Schematische Übersicht über die bei der Modellierung berücksichtigten Standortparameter (weiß hinterlegt) und nicht berücksichtigen Standortparameter (grau hinterlegt) zur Vorhersage der Biotoptypen (weiß hinterlegt und grau umrandet) und der Nutzungstypen (weiß hinterlegt und grau umrandet). Die mit gestrichelten Pfeilen gekennzeichneten Zusammenhänge können innerhalb des Modells nicht berücksichtigt werden 7.1.2 Modellannahmen, Definition von Veränderung, Gültigkeitsbereich des VS-Modells, Maßstab und Skalen Im Folgenden werden die dem verwendeten VS-Modell zugrunde liegenden Modellannahmen und der Gültigkeitsbereich näher erläutert. 7.1.2.1 Modellannahmen Die Modellierung beruht auf der Prämisse, dass die ausgewählten Standortvariablen die Ansprüche der einen Biotoptyp charakterisierenden Pflanzenarten an ihren Lebensraum hinreichend gut beschreiben (s. Kap. 7.1.1 und 3.1). Hierfür werden gemessene und modellierte quantifizierbare Standortparameter verwendet (s. Kap. 4 und Kap. 5.1), die auf der Grundlage von Literaturrecherchen und Datenanalysen zuvor als ökologisch wichtig eingestuft worden sind (s. Kap. 3.1 und 6.1). Die grundsätzliche Modellannahme ist, dass Pflanzen sich auf solchen Standorten ansiedeln, an die sie angepasst sind. Das bedeutet, dass unter Berücksichtigung zufälliger Verbreitung und der Sukzession (Kap. 3.1) bestimmte Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 80 Biotoptypen auf Standorten mit bestimmten Standortparametern häufiger vorkommen als andere. Daher kann bei Vorkommen auf eine günstigere Kombination der bestimmenden Standortparameter geschlossen werden als bei nicht-Vorkommen. Besonders gut zu modellieren sind demnach Vegetationseinheiten bzw. Biotoptypen, die spezifische Standortansprüche haben. Aus den oben aufgeführten Grundannahmen geht hervor, dass nicht alle Biotoptypen gleichermaßen gute Modellergebnisse versprechen können, worauf im Folgenden näher eingegangen wird. 7.1.2.2 Definition des Begriffs „Veränderung“ Um zu Aussagen über mögliche Veränderungen der Vegetation der Unterweservorländer unter den Bedingungen einer Klimaänderung zu kommen, muss zunächst festgelegt werden was unter einer Veränderung zu verstehen ist. Im Folgenden wird daher der Begriff Veränderung definiert: Wird für eine bestimmte Fläche ein Biotoptyp vorhergesagt, der dort nicht zuvor auch kartiert wurde, kann dieses Ergebnis im Prinzip als eine Veränderung der Vegetation infolge einer Klimaänderung verstanden werden. Es wird also vereinfacht angenommen, dass sich die Auswirkungen einer Klimaänderung auf die Vegetation anhand von Abweichungen der Biotoptypenverteilung im Vergleich zum Ausgangsdatensatz zeigen. Es liegt auf der Hand, dass Abweichungen der Modellergebnisse nicht nur einfach auf eine Änderung der Standortparameter infolge einer Klimaänderung zurückgeführt werden können. Um in der Lage zu sein, Abweichungen der Modellergebnisse vom Ausgangsdatenbestand plausibel auf eine Klimaänderung zurück führen zu können, muss daher zuvor die Modellgüte und die Vorhersagegenauigkeit des Modells validiert werden (s. Kap. 7.2). 7.1.2.3 Gültigkeitsbereich des VS-Modells Die Vegetationsentwicklung der Flächen des Unterwesergebietes hängt sowohl stark von der Nutzung als auch vom Klima und klimabeeinflussten Standortparametern ab (s. Kap. 2.1 und 3.1). Die Art der Nutzung und das regionale Klima selbst stellen dabei keine voneinander unabhängigen Größen dar. Die Entscheidung darüber, ob und wie gewirtschaftet wird, ist wiederum wesentlich von den herrschenden Standorteigenschaften abhängig. Diese können z.B. auf Grund der Lage (z.B. Uferform) oder aus Gründen des Naturschutzes eine bestimmte Nutzung verhindern, einschränken oder ermöglichen (s. Kap. 3.1.2 und 6.1.2.4). Kurzfristige Bewirtschaftungsentscheidungen hängen von der aktuellen Witterung ab. Davon beeinflusst ist beispielsweise der erste Mahdtermin, der Auftriebszeitpunkt oder die Beweidungsdauer. Die endgültige Entscheidung über Art und Umfang der Bewirtschaftung fällen die Nutzer schließlich auch vor dem Hintergrund persönlicher Lebensumstände und den geltenden agrarpolitischen Rahmenbedingungen. Innerhalb der hier entwickelten Modellvorstellung müssen solche Nutzungsentscheidungen daher als zufällig betrachtet werden und können im Modell nicht berücksichtigt werden (s. Kap. 3.1.2.3, 6.1.2.4, 6.2.2.2, 6.2.3.1, 6.2.3.2, 7.1.2, 7.3). Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 81 Neben der Nutzungsgeschichte und möglichen Nutzungsänderungen spielen weitere hier als zufällig aufzufassende Faktoren, die daher im VS-Modell ebenfalls unberücksichtigt bleiben müssen, für die Entwicklung der Fläche eine entscheidende Rolle. Es handelt sich um die Parameter Samenpotenzial des Bodens, ökophysiologisches Entwicklungspotential der Flächen und der dort etablierten Biotoptypen (Sukzession, s. Kap. 3.1), die Lage im Raum (Isolation, Nachbarschaftseffekte), Strömungsgeschwindigkeit und damit einhergehende Erosionseffekte sowie eine kleinräumige Bestandsaufnahme der Substrattypen der Ufer. Diese Größen beeinflussen die Populationsparameter der verschiedenen Pflanzenarten eines Biotoptyps in ihrer Fertilität, ihrem Wachstum, ihrer Stoffproduktion und ihren Etablierungsmöglichkeiten. Hierzu stehen für das Untersuchungsgebiet keine quantitativ erfassten Standortparameter zur Verfügung. Darüber hinaus kann der zeitliche Aspekt der Vorlandentwicklung, beispielsweise unter den Bedingungen einer freien Sukzession mit all ihren möglichen zufälligen Entwicklungen und Zwischenstadien, mit dem hier verwendeten Modellansatz nicht abgebildet werden (Kap. 3.1.4). Es wird daher für die verschiedenen Prognoseschritte nur eine punktuelle, statische Betrachtungsweise gewählt, die die Wirklichkeit nur unzureichend abzubilden vermag. Vor diesem Hintergrund kann, aufgrund der Datenlage und der Kenntnis der Zusammenhänge zwischen Standortparametern und Merkmalsausprägung der Vegetation, nur ein kleiner Ausschnitt des komplexen Beziehungsgeflechtes modelliert werden, das in Abb. 16 schematisch dargestellt ist. Weiterhin können mit Hilfe des Modells nur Biotoptypen oder Nutzungstypen vorhergesagt werden, die bereits im Ausgangsdatenbestand vorhanden sind, also solche, für die dem Modell Daten von Klassifikationsmerkmalen zur Modellierung vorliegen (s. Kap. 5.2). Neue Merkmalsauprägungen der Vegetation oder neue Biotoptypen können mit dem hier verwendeten Modellansatz nicht bestimmt werden. Das VS-Modell ist basierend auf dem CART-Verfahren vielmehr so aufgebaut, dass die bestmögliche Annäherung an die Klassifikation des Ausgangsdatenbestandes bei sich ändernden Standortparametern erreicht wird, ohne zufällige Phänomene mit abzubilden (BREIMAN 2000, RIPLEY 1996, BREIMAN et al. 1984, Kap. 5.2.3). 7.1.2.4 Maßstabs- und Skalenproblematik Im Hinblick auf die Fragestellung einer Untersuchung sollten Maßstab und Auflösung einander angemessen sein (MARZLOFF 1999). Von besonderer Bedeutung ist die Maßstabsfrage daher für den Einsatz von Geografischen Informationssystem (GIS). Bei der Analyse räumlicher Daten werden, wie auch im vorliegenden Fall, immer verschiedene Skalen betrachtet. Je größer das betrachtete Gebiet, desto höher ist meist auch die Anzahl der zu analysierenden Daten und räumlichen Phänomene. Der Maßstab und die Auflösung der verwendeten Daten spielen daher eine zentrale Rolle bei der Kombination und Interpretation von Daten, denn die analysierten Untersuchungsergebnisse hängen stark vom Betrachtungsmaßstab bzw. einer der Datenqualität der Ausgangsdaten entsprechend Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 82 gewählten Rastergröße ab (LAM & QUATTROCHI 1992). Je nach Auflösung und Aggregierungszustand weisen die hier verwendeten Datenquellen unterschiedliche Informationsgehalte auf (Kap. 5.1.2, 6.1.2.3), was laut FUCHS (2002) und BIAN (1997) die Analyse der Eignung der Standortparameter erst ermöglicht aber auch erschweren kann. Gleichzeitig wird mit dem hier gewählten Klassifikationsansatz der Vegetation in Form von Biotoptypen, wie auch FRANKLIN & WOODCOCK (1997) in ihren Arbeiten zeigen, implizit eine Skalenfestlegung getroffen. Das heißt, dass kleinräumige Vegetationsveränderungen z.B. Veränderungen auf Ebene von Pflanzenarten (Artzusammensetzung) nicht modelliert und betrachtet werden können. In der vorliegenden Untersuchung wird vielmehr der ganze Landschaftsraum Unterweservorland analysiert, wobei Daten verschiedener Maßstabsbereiche und Genauigkeiten miteinander verschnitten werden müssen. Dabei war die Kartierauflösung nicht immer höher oder identisch mit dem Betrachtungsmaßstab von 1:2.500, denn die zur Verfügung stehende Bodenkarte lag beispielsweise nur im Maßstab 1:50.000 vor (s. Kap. 6.1.2.3). Die Verschneidung verschiedener Maßstabsbereiche kann dazu führen, dass das zu beschreibende Phänomen, hier die Veränderung der Biotoptypenverteilung des Unterweservorlandes infolge einer Klimaänderung, nicht für alle Biotoptypen gleichermaßen gut modelliert werden kann. Dies zeigen auch die Ergebnisse der Modellierung für den Status quo und infolge einer Klimaänderung (Kap. 7.3.2, 7.4.2). Beispielsweise führt der Versuch, mit dem Modell das Vorkommen der Biotoptypen allein über den Standortparameter Bodentyp zu erklären, nur zu relativ geringen Trefferquoten (s. Kap. 6.1.2.1, 7.1.2.4). Im vorliegenden Fall wurde auf Grund der Notwendigkeit der Verwendung von unterschiedlichen Maßstabsebenen der Ausgangsdaten wie der Bodenkarte 1:50.000, der Biotoptypenkartierung 1:2.500 und der Höhendaten eine Rastergröße des DGM (Digitales Geländemodell) von 25 m x 25 m gewählt (s. Kap. 4.2.1). 7.2 Modellvalidierung Aufbauend auf den in Kap. 6.1 vorgestellten Häufigkeitsanalysen und der Bedeutung der im Kapitel 3.1 und 6.1 beschriebenen Standortparameter wird im Folgenden die räumliche Verbreitung der Biotoptypen für den Status quo validiert. Der Grad der Übereinstimmung dieser Modellierung mit der realen räumlichen Verteilung der Biotoptypen gilt laut MÜLLER (1999) und FISCHER (1990) als Indikation für die Güte der in Abbildung 16 schematisch dargestellten theoretischen Modellannahmen. Je genauer die Vegetationsverteilung anhand der ausgewählten Standortparameter modelliert werden kann, desto größer ist auch die Bedeutung der innerhalb der Analyse verwendeten Faktoren für die Biotoptypen des Unterweservorlandes. Die Validierung des Modells liefert dabei die Grundlage für die räumliche Modellierung der wahrscheinlich auftretenden Vegetationstypen unter den im Klimaszenario formulierten Bedingungen (Kap. 7.4). Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Modellergebnisse prinzipiell nur so gut sein können wie die Eignung, Qualität und Auflösung der Eingangsdaten (s. Kap. 7.1.2.4). Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7.2.1 83 Kreuzvalidierung Zur Validierung des Modells wird, mangels vergleichbarer Daten anderer Untersuchungsräume, nach MÜLLER (1999) ein symmetrischer Test mit Kreuzvalidation angewendet. In der Abbildung 17 ist das Schema zur Durchführung des symmetrischen Testes nach der Methode der Kreuzvalidierung dargestellt. Hierzu wurde in der vorliegenden Arbeit in dem Open Source-Programm „R“ der ETHZürich (Version 1.6.1, s. Kap. 5.2.3, R Development Core Team 2005) ein Datensatz von zufällig durchmischten Integer-Werten von 1 bis 6717 erzeugt und mit dem Ausgangsdatensatz verknüpft. Anschließend wurde der so durchmischte Ausgangsdatensatz in zwei gleich große Datensätze aufgeteilt, also halbiert. Auf der Grundlage der Verteilung der unabhängigen Variablen des ersten Datensatzes wurde die Biotoptypenverteilung bzw. die Verteilung der Nutzungstypen des zweiten Datensatzes vorhergesagt und umgekehrt. Mit dem CART-Verfahren werden für alle Flächen die Wahrscheinlichkeiten des Auftretens der abhängigen Variable bezogen auf die jeweiligen unabhängigen Variablen berechnet. Die jeweils höchste Wahrscheinlichkeit ist dann die Vorkommens-Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Biotoptyp oder Nutzungstyp auf einer Fläche. Geringere Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten anderer Biotoptypen oder Nutzungstypen auf der selben Fläche bleiben innerhalb des CART-Verfahrens automatisch unberücksichtigt. Die Validierung der erfolgte bezogen auf die Standortparameter Standorttyp, Nutzungstyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser. Testdatensatz: Datensatz D1 (50%) mit x unabhängigen erklärenden Variablen Datensatz D2 (50%) mit x unabhängigen erklärenden Variablen Kalibrierungsdatensatz: Prognose der Biotoptypen und Nutzungstypen für Datensatz D2 Prognose der Biotoptypen und Nutzungstypen für Datensatz D1 Abb. 17: Schema des symmetrischen Testes nach der Methode der Kreuzvalidierung Die Modellgüte wird anhand der Abweichungen der Modellergebnisse von den realen Werten abgeschätzt (MÜLLER 1999, BRECKLING & REICHE 1996, MÜLLER et al. 1996). Die Fehlklassifikationsrate ist dabei der Prozentsatz der Biotoptypen, die nicht korrekt modelliert wurden. Hierbei können, laut Hörsch (2001), Fehler 1. und 2. Art unterschieden werden. Wenn ein auf einer Fläche in tatsächlich vorhandener Biotoptyp nicht vom Modell erkannt wird, handelt es sich um einen Fehler 1. Art. In einem solchen Fall können entweder das verwendete Modell oder die ausgewählten Parameter für die Vorhersage ungeeignet sein. Wenn dagegen für eine Fläche ein Biotoptyp Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 84 vorhergesagt wird, der auf dieser in Wirklichkeit nicht vorkommt, spricht man von einem Fehler 1. Art. Hierbei kann das Ergebnis der Modellierung entweder wieder darauf zurückgeführt werden, dass das Modell oder die Parameter ungeeignet sind oder dass, wie HÖRSCH (2001) und FRANKLIN (1998) beschreiben, die betroffene Fläche ein potenzieller Standort für den nicht korrekt vorhergesagten Biotoptyp ist. Solche Flächen können durch Störungen im Sinne von GRIME (2001), beispielsweise durch landwirtschaftliche Nutzung, verändert sein. Dieser Aspekt ist besonders wichtig, denn die Unterweser und ihre Vorländer werden stark genutzt, so dass sich die berechneten Fehlklassifikationsraten zum Teil auch auf die Art der Nutzung zurückführen lassen können (Kap. 7.2.2, 7.3.2), die, wie in Kap. 7.1.2 in den Modellannahmen beschrieben, nur bedingt vorhersagbar ist. 7.2.2 Diskussion der Validierungsergebnisse Modelle, wie das hier mit dem CART-Verfahren umgesetzte VS-Modell, lassen sich nicht in dem Sinne verifizieren, dass überprüft werden könnte, ob das Modell die „Wirklichkeit“ exakt beschreibt. Bei der Modellierung von Landschaftsprozessen kann grundsätzlich nur falsifiziert werden, da es sich nicht um mathematische oder formal logische Modelle handelt. Dies geschieht im Rahmen der durchgeführten Validierung, bei der der Unterschied zwischen den Modellergebnissen und den realen Werten, also die Fehlerrate, getestet wird. Die Größe der tolerierten Fehlklassifikation wird dabei in der Regel vom Modellanwender selbst festgelegt (DUTTMANN 1999). Weitergehende Informationen zur Beurteilung der Modellgüte finden sich bei WHITMORE (1991). Auf der Grundlage der Verteilung der unabhängigen Variablen des ersten Datensatzes werden die Nutzungstypen (s. Kap. 5.1) bzw. die Biotoptypen (s. Kap. 6.1) des zweiten Datensatzes vorhergesagt und umgekehrt. Die Datensätze D1 und D2 umfassen 3358 bzw. 3359 Flächen von insgesamt 6717 Flächen. Es konnten bei der Validierung aufgrund unvollständiger Datensätze insgesamt 85 % der Ausgangsdaten verwendet werden, da unvollständige Datensätze innerhalb der Analyse von CART automatisch unberücksichtigt bleiben müssen. Die Ergebnisse der Validierung für die Nutzungstypen (Anzahl = 6), die kartierten Biotoptypen (Anzahl = 38) und die für die Modellierung aggregierten Biotoptypen (Anzahl = 21) sind in Tabelle 10 anhand der Fehlklassifikationsraten dargestellt. Für die Modellierung der aggregierten Biotoptypen wurden von den 38 kartierten Biotoptypen solche Biotoptypen zusammengefasst, die entweder an sich keine ökologische Relevanz haben und die wegen ihres sehr kleinräumigen Auftretens oder hinsichtlich ihrer Standortansprüche aufgrund der Datenlage (kleinmaßstäbige Bodendaten) kaum zu unterscheiden sind. Beispielsweise wurden die Biotoptypen Campingplatz, Parkanlage, Grünanlage und Obstgarten zur Kategorie „Freizeitanlage“ und die verschiedenen Bebauungen einer Fläche (z.B. landwirtschaftlicher Produktionsbetrieb, industrielle Anlage) zur Kategorie „Bebauung“ zusammengefasst. Ferner wurden beispielsweise die Biotoptypen Birken- und Zitterpappel-Pionierwald und Hybridpappelforst zur Kategorie Bäume/Gehölze zusammengefasst. In Tabelle A11 im Anhang sind die für die Modellierung der aggregierten Biotoptypen verwendeten Biotoptypen dargestellt. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 85 Tab. 10: Übersicht über die Ergebnisse der symmetrischen Kreuzvalidierung für die abhängigen Variablen Nutzungstyp, kartierte Biotoptypen und aggregierte Biotoptypen. Die Fehlklassifikationsrate und die korrekte Klassifikationsrate sind in % angegeben (Zahl der für die abhängigen Variablen berechneten Klassen in Klammern) Abhängige Variablen Nutzungstyp (6) kartierte Biotoptypen (38) aggregierte Biotoptypen (21) 7.2.2.1 FehlKorrekte FehlKorrekte klassifikationsrate Klassifikationsrate klassifikationsrate Klassifikationsrate [%] [%] [%] [%] D1 vorhergesagt D1 vorhergesagt D2 vorhergesagt D2 vorhergesagt mit D2 mit D2 mit D1 mit D1 30,06 69,94 29,55 70,45 33,09 66,91 34,39 65,61 19,50 80,50 19,20 80,80 Validierungsergebnisse für die Nutzungstypen Bei der Prognose der Nutzungstypen ergeben sich Vorhersagegenauigkeiten, die zwischen 69 % und 70 % liegen. Die Fehlklassifikationsraten von 30 % bzw. 29 % lassen sich erstens darauf zurückführen, dass die Art und Intensität der Flächennutzung von so genannten zufälligen Faktoren bestimmt wird, die nicht modelliert werden können (s. Kap. 7.1.2). Zweitens ähneln sich die verschiedenen Nutzungstypen auch im Hinblick auf ihre Standortansprüche: Beispielsweise können sich auf aufgegebenen Spülfeldflächen, die für eine intensive landwirtschaftliche Nutzung geeignet wären, auch Ruderalfluren (Typ: ungenutzt) entwickeln (Fehler 1. Art). 7.2.2.2 Validierungsergebnisse für die Biotoptypen Mit dem Modell werden für 65 % bis 66 % der Flächen die korrekten Biotoptypen vorhergesagt. Die Fehlklassifikationsraten von 33 % bzw. 34 % können darauf zurück geführt werden, dass sich nicht in allen Fällen Kriterien zur Unterscheidung aller Biotoptypen finden lassen. Beispielsweise sind die verschiedenen Röhrichttypen hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Standortansprüche nicht in allen Fällen zu differenzieren, weil dazu möglicherweise Parameter wie Strömungsgeschwindigkeit, Wellenschlag oder genaue Daten zu den Ufersubstraten verwendet werden müssten. Weiterhin zeigt sich hier auch der Einfluss der nur im Maßstab 1:50.000 zur Verfügung stehenden Bodenparameter: Kleine Reliefunterschiede der im Maßstab 1:2.500 kartierten Biotoptypen, die sich vor allem darin zeigen, dass in Senken Flutrasen (GFF) neben Mesophilem Grünland (GMF) anzutreffen ist, werden im Modell aufgrund der hierfür nicht in einem ausreichend genauen Maßstab zur Verfügung stehenden Bodendaten und der gewählten Rastergrößen für die Höhen- und Biotoptypendaten von 25 m x 25 m nicht berücksichtigt (s. Kap. 6.1.2.3, 7.1.2.4). Ein Zusammenhang zwischen der Höhe oder den Bodeneigenschaften und der Vegetation lässt sich wie HÖRSCH (2001) schreibt, nur für übereinstimmende Daten auf ausreichend kleinen Skalenniveaus feststellen. Räumliche Feinheiten, die sich im m²-Bereich abspielen, können in dieser Arbeit daher kaum simuliert werden (Fehler 2. Art). FISCHER (1990) sieht in einer groben Auflösung des Höhenmodells und der entsprechenden Umweltvariablen eine der hauptsächlichen Restriktionen gegenwärtiger Vegetationsmodelle. Trotz der dargestellten Unterschiede in der Auflösung der Vegetations-, Boden- Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 86 und Höhendaten ist die räumliche Verteilung der Biotoptypen für die gewählte Betrachtungsebene jedoch, wie anhand der hohen Trefferquoten bei der Validierung gezeigt werden kann, zuverlässig modellierbar (s. Kap. 7.2.2, 7.2.3). 7.2.2.3 Validierungsergebnisse für die aggregierten Biotoptypen Für die aggregierten Biotoptypen (s. Anhang Tab. A11) ergeben sich erwartungsgemäß höhere Modellgenauigkeiten als für die kartierten Biotoptypen selbst. Die Modellergebnisse liegen hier bei 81 %. Als Begründung für die berechnete Fehlklassifikationsrate von 19 % lassen sich ebenso wie bei den kartierten Biotoptypen die zum Teil ähnlichen Standortansprüche verschiedener aggregierter Biotoptypen anführen (Fehler 1. Art). Darüber hinaus fanden auch HÖRSCH (2001) und ZIMMERMANN & KIENAST (1999) für aggregierte Vegetationseinheiten höhere Trefferquoten als beispielsweise für einzelne Pflanzenarten. 7.2.3 Aussagekraft der Validierungsergebnisse Die Aussagegenauigkeit verschiedener, in der Literatur verwendeter statistischer Verfahren zur Modellierung von Vegetationsverteilungen wird in der Literatur kontrovers diskutiert (HÖRSCH 2001). Dabei werden je nach Untersuchung, verwendetem Verfahren und betrachtetem Vegetationstyp bzw. betrachteter Pflanzenart unterschiedliche Modellgenauigkeiten erzielt: Für einzelne Pflanzenarten im südlichen Kalifornien fand FRANKLIN (1998) mit dem Verfahren der Logistischen Regression beispielsweise zwischen 70 % und 95 % Übereinstimmung mit dem realen Vorkommen. Dagegen wurden für kalifornische Eichenwälder, ebenfalls mit dem Verfahren der Logistischen Regression, von DAVIS & GÖTZ (1990) nur Trefferquoten von ca. 40 % erreicht. Bei einem Vergleich der Performanz und Modellgüte zwischen CART und dem ML-Verfahren, angewendet auf Waldgesellschaften in Kalifornien, wurden mit CART bis zu 10 % höhere Trefferquoten als mit ML erzielt, nämlich bis zu 86 % (ROGAN et al. 2002, FRANKLIN 1998). HÖRSCH (2001) verglich die Modellgüte des Booleschen Verfahrens PPD (Trefferquote von 50 % bis 70 %) und des CART-Verfahrens (Trefferquote von 50 % bis 65 %) für die Vorhersage von Pflanzengesellschaften des alpinen Raumes und stellte trotz der niedrigeren Trefferquoten eine bessere Eignung des CART Verfahrens speziell für ökologisch komplexe Standorte fest. CAIRNS (2001) verglich die Trefferquote der Verfahren General Linear Models (GLM), Artificial Neural Networks (ANN) und CART und erzielte bei Verwendung von ANN mit 57 % Trefferquote die besten Resultate, mit CART wurde dagegen nur eine Trefferquote von 35 % erreicht. MCDONALD & URBAN (2006) modellierten Veränderungen des Baumbestandes städtscher Gebiete und stadtrandgebiete in einer in den vergangenen Jahrzehnten rasch gewachsenen Metropol Region in North Carolina. Bei der Vorhersage der Baumbestände erreichten sie mit dem CARTVerfahren eine Fehlklassifikationsrate von 15,2 % und erzielten damit ein deutlich besseres Ergebniss als mit GLM, mit dem eine Fehlklassifikationsrate von 33,1 % berechnet wurde. Offenbar ist die Vorhersagegenauigkeit der verschiedenen Verfahren stark von dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand und den Eigenschaften des untersuchten Gebietes abhängig. CAIRNS (2001) Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 87 empfiehlt daher unterschiedliche Ansätze parallel zu verfolgen, um optimale Resultate zu erzielen. Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt allerdings auf der Entwicklung eines anwendungsorientierten Verfahrens zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung und nicht auf dem methodischen Vergleich der Eignung verschiedener Verfahren. Für die vorliegende Modellierung wurde das CART-Verfahren gewählt, weil es folgende Vorteile bietet: Das CART-Verfahren ist auf verschiedenste Datenformate anwendbar. Die Ergebnisse sind leicht zu interpretieren und liefern darüber hinaus ein einfaches Erklärungsmodell zur Klassifizierung bzw. zur Vorhersage von Variablen oder Werten, die in Folgen logischer Wenn/Dann Abfragen ausgedrückt werden. Darüber hinaus wurden bei allen betrachteten Arbeiten die höchsten Vorhersagegenauigkeiten bei ökologischen Standortanalysen zur Vorhersage der räumlichen Verteilung der Vegetation unabhängig von der verwendeten Methode vor allem mit einer geeigneten Skalenkombination der verschiedenen Ausgangsdaten erzielt (HÖRSCH 2001). Der Vergleich der Ergebnisse der verschiedenen Studien, die unterschiedliche statistische Verfahren zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen angewendet haben, verdeutlicht, dass die Eignung eines Verfahrens von der Art der Fragestellung, der Zielsetzung, dem Grad der Zusammenfassung (Aggregationsgrad: Anzahl der betrachteten Klassen), der Heterogenität des Untersuchungsgebietes, dem Stichprobenumfang (N), dem Klassifikationsverfahren, das auf die Vegetation angewendet wird, und dem vorherzusagenden Parameter selbst abhängt. Die Arbeiten von ROGAN et al. (2002), VAYSSIERES et al. (2000), WATTS (1999) und ETTEN (1998) zeigen darüber hinaus, dass mit nichtparametrischen Modellen höhere Vorhersagegenauigkeiten erzielt werden können als mit parametrischen Verfahren (s. Kap. 5.2.2.1). MCDONALD & URBAN (2006) und HÖRSCH (2001) erzielten mit CART bessere Trefferquoten als mit vergleichbaren nicht-parametrischen Verfahren. Die innerhalb der vorliegenden Arbeit modellierten hohen Trefferquoten von 65 % bis 80 % bei der Validierung der Nutzungstypen und der Biotoptypen weisen eine ähnliche Güte wie die genannten Arbeiten auf. 7.3 Modellanwendung unter den Bedingungen des Status quo Im Folgenden wird für den gesamten vollständigen Ausgangsdatensatz (n = 5731 Datensätze) die räumliche Verteilung der Nutzungstypen und der Biotoptypen im Status quo simuliert. Die Anwendung des VS-Modell auf den Status quo dient einer Plausibilitätsprüfung des entwickelten Modells für die räumliche Verteilung der Nutzungstypen und der Biotoptypen. Es liegt auf der Hand, dass die hierbei erzielten Trefferquoten höher sind als für die Validierungsdatensätze (Kap. 7.2), da jeweils der komplette und nicht wie bei der Validierung ein aufgeteilter Datensatz für die Berechnung verwendet wird. Daher sagen die erzielten Trefferquoten wenig über die Modellgüte selbst aus. Weiterhin muss bei der Gegenüberstellung von den im Status quo vorkommenden und den im Modell erzielten Ergebnissen zwischen den berechneten Flächenbilanzen insgesamt und der tatsächlichen Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 88 räumlichen Übereinstimmung der Merkmalsausprägung für den jeweils einzigartigen Standort unterschieden werden (s. Tab. 11, Tab. 12). Die nachfolgende Analyse verdeutlicht die bereits im vorangegangenen Kapitel (7.2.1) beschriebenen Stärken und Schwächen des VS-Modells in Kombination mit dem Verfahren der Klassifikations- und Regressionsbäume (CART). 7.3.1 Modellierung der Nutzungstypen für den Status quo Die für die Nutzungstypen im Status quo berechneten Modellergebnisse (s. Tab. 11 und Kap. 5.1.2.4) stimmen zu 73 % mit der realen Verteilung der Nutzungstypen überein. Für 308 ha von insgesamt 6152 ha der Vorlandfläche konnte aufgrund nicht für alle Parameter flächendeckend vorliegenden Datensätze (Kap. 7.2) keine Prognose erstellt werden. Innerhalb der Modellierung mit dem CARTVerfahren mittels des Statistik-Programms „R“ (R Development Core Team 2005) werden nur vollständige Datensätze verwendet (s. Kap. 5.2.3.1). In Tabelle 11 sind die realen und modellierten Flächenanteile [ha, %] der Nutzungstypen in Status quo einander gegenüber gestellt. Anhand der in Tabelle 12 aufgelisteten Ergebnisse wird deutlich, dass das Modell vor allem zwischen starker bis sehr starker Nutzung schlecht differenzieren kann: Der Flächenanteil der „stark veränderten“ Bereiche wird deutlich überschätzt, da 468 ha der „sehr stark veränderten“ und 88 ha der „mäßig veränderten“ Standorte mit Wahrscheinlichkeiten von 0,49 und 0,59 fälschlicherweise den „stark veränderten“ zugeordnet werden (Fehler 1. Art). Das erklärt auch, weshalb der Anteil der „sehr stark veränderten“ Bereiche insgesamt unterschätzt wird. Dabei werden immerhin 81 % der im Status quo meist intensiv genutzten „stark veränderten“ Flächen mit Wahrscheinlichkeiten, die zwischen 0,49 und 1 liegen korrekt klassifiziert. Das Modellergebnis ist dadurch zu erklären, dass sich ein Großteil der als „stark verändert“ eingestuften Standorte sowohl für intensivere als auch für extensivere Nutzungen eignet, das heißt, sie wären ebenso gut als „sehr stark veränderte“ wie auch als „mäßig veränderte“, in der Regel extensiv genutzte Flächen zu klassifizieren (Fehler 1. Art). Naturnahe Standorte werden vom Modell mit ca. 90 % korrekt klassifiziert. Das gute Ergebnis ist darauf zurückzuführen, dass die Vegetation hier stark vom Faktor Überflutung geprägt wird, kaum so genannte „zufällige“ Nutzungsentscheidungen möglich sind und diese Bereiche mit dem Modell daher sehr zuverlässig erkannt werden. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 89 Tab. 11: Gegenüberstellung der Flächenanteile der für den Status quo abgeleiteten Nutzungstypen und der mit dem VS-Modell für den Status quo prognostizierten Flächenanteile der Nutzungstypen in ha und % Nutzungstypen naturnah Status quo [ha] VS-Modell VS-Modell VS-Modell Status quo Status quo Status quo Prognose [ha] korrekt klassifiziert [ha] korrekt klassifiziert [%] 2124 2186 1917 90 274 322 143 52 599 602 382 64 stark verändert 1770 2031 1443 81 sehr stark verändert 1016 499 377 37 212 204 146 69 5994 5844 4407 73 keine Angaben 158 308 308 - Summe gesamt 6152 6152 4716 - mäßig verändert bis naturnah mäßig verändert künstlich Summe 7.3.2 Modellierung der Biotoptypen für den Status quo Mit dem VS-Modell wird für die aggregierten Biotoptypen (s. Anhang Tab. A11) bezogen auf den gesamten Datensatz insgesamt eine Trefferquote von ca. 88 % erzielt. In Tabelle 12 sind die realen und modellierten Flächenanteile [ha, %] der Biotoptypen in Status quo einander gegenüber gestellt. Für Intensivgrünland liegt der korrekt klassifizierte Anteil bei 99 %. Den Flächen wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 der Biotoptyp Intensivgrünland zugeordnet. Der Biotoptyp Grasacker wird dagegen mit Wahrscheinlichkeiten zwischen 0,975 % und 0,47 % nur für 70 % der Flächen korrekt zugeordnet. Denn dort wo im Status Grasacker vorkommt, prognostiziert das Modell stattdessen die Biotoptypen Freizeitnutzung und Acker. Das Ergebnis ist darauf zurückzuführen, dass Grasacker auf äußerst selten überfluteten, landwirtschaftlich nutzbaren Bereichen zu finden ist, die ebenso der Acker- wie der Freizeitnutzung dienen könnten (Fehler 1. Art, s.a. Kap. 6.2.3). Die Trefferquote ist für oberhalb des MThw gelegene Landröhrichte mit 94 % hoch. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Röhrichten liegt für die vom Modell als Röhrichtstandorte ausgewiesenen Flächen zwischen 0,37 und 1. Röhrichte werden im Modell nur für 76 ha fälschlicherweise auch dort vorhergesagt, wo im Status quo Strand vorkommt. Dabei sind Röhrichte entlang der Unterweser in der Tat auch auf sandigen Ufern zu finden. Die Unterscheidung zwischen Röhricht und Strand gelingt im Modell wahrscheinlich deshalb nicht, weil keine Angaben zur Strömungsgeschwindigkeit oder nur kleinmaßstäbige Angaben zum anstehenden Bodentyp für die Modellierung zur Verfügung stehen (s. Kap. 6.1.2.3, 7.1.2.4, 7.4.2.1) Das Ergebnis ist daher wahrscheinlich auf einen Fehler 2. Art zurückzuführen. Röhrichte unterhalb des MThw werden für 82 % der Flächen korrekt klassifiziert. Nur ca. 20 ha der im Status quo als Landröhricht kartierten Standorte werden im Modell als Fluss- oder Brackwasserwattröhrichte vorhergesagt. Ca. 18 ha werden Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 90 darüber hinaus fälschlicherweise dem Biotoptyp Flusswatt zugeordnet und ca. 13 ha der modellierten Röhrichtstandorte sind im Status quo tatsächlich Strand. Der Biotoptyp Acker konnte mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,75 zu 69 % richtig zugeordnet werden. Das Ergebnis ist darin begründet, dass in der Modellierung ca. 57 ha der im Status quo als Acker eingestuften Bereiche vom VS-Modell als Grasacker (Intensivgrünland) klassifiziert werden. Die Trefferquote für Ruderalfluren liegt mit Auftretenswahrscheinlichkeiten von 0,65 bis 1 bei nur ca. 60 %, weil insgesamt ca. 50 ha fälschlicherweise als Baumstandorte berechnet werden. Ein Grund für dieses Ergebnis ist darin zu sehen, dass die berechneten Biotoptypen ähnliche Klassifikationsmerkmale aufweisen: Der größte Teil der Biotoptypen liegt überwiegend auf Spülfeldern, die zum Teil erst kürzlich aus der Nutzung genommenen wurden. Unter Bedingungen der dort einsetzenden „naturnahen“ Sukzession können sich hier neben Ruderalfluren langfristig auch Gehölze entwickeln (s. KURZ 1997). Es handelt sich daher um einen e (Kap. 7.2.1). Wattflächen sind in erster Linie durch ihre Lage zum MThw – also über den Parameter Überflutung – definiert. Die Trefferquote für diesen Biotoptyp liegt mit Wahrscheinlichkeiten von 0,98 bis 0,58 bei 93 %. Da für 68 ha, der real im Status quo mit einer Größe von insgesamt 1107 ha berechneten vegetationslosen Wattflächen, keine vollständigen Datensätze zur Verfügung stehen, konnten diese im Modell nicht berücksichtigt werden und fehlen daher in der Prognose für den Status quo. Insgesamt zeigt sich, dass das Vorkommen eines Biotoptyps dann nicht korrekt modelliert wird, wenn eine Fläche auch ein potenzieller Standort für andere Biotoptypen ist und ähnliche Standortklassifikationen aufweist (Fehler 1. Art, vgl. Kap 7.2.1). Dabei werden vom Modell sowohl naturnahe als auch Biotoptypen der landwirtschaftlichen Nutzung mit hohen Trefferquoten zuverlässig und korrekt vorhergesagt. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 91 Tab. 12: Gegenüberstellung der Flächenanteile der aggregierten Biotoptypen, s. Anhang Tab. A11 (für die tabellarische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst, s. Tab. 6) im Status quo und ihrer für den Status quo mit dem VS-Modell prognostizierten Flächenanteile in ha und % Biotoptypen Status quo [ha] VS-Modell VS-Modell VS-Modell Status quo Status quo Status quo Prognose [ha] korrekt klassifiziert [ha] korrekt klassifiziert [%] Acker 437 360 302 69 Bäume/Gehölze 103 151 90 87 Bebauung 204 169 169 83 Extensivgrünland 527 553 515 98 Feuchtgrünland 25 0 0 0 Flutrasen 53 40 22 41 Freizeitnutzung 377 360 335 89 Grasacker 202 294 141 70 1770 1757 1757 99 Röhricht über MThw 509 568 477 94 Röhricht unter MThw 410 377 334 82 Ruderalflur 145 113 87 60 8 42 7 93 Strand 99 0 0 0 Trockenrasen 19 0 0 0 Watt 1107 1060 1024 93 Summe Vorland 5994 5844 5258 88 keine Angaben 158 308 308 - Summe gesamt 6152 6152 5566 - Intensivgrünland Steinufer Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7.4 92 Modellanwendung unter den Bedingungen einer Klimaänderung Im Folgenden wird das VS-Modell zur Prognose der Biotoptypen und Nutzungstypen unter den Bedingungen des in Kap. 4.1.1 vorgestellten Klimaszenarios in Kombination mit zwei verschiedenen Nutzungsszenarien (Kap. 4.1.2) eingesetzt. In Tabelle 13 sind die für die Modellierung der Nutzungstypen und der Biotoptypen verwendeten Standortparameter aufgelistet (s. Kap. 5.1, 6.1 und 7.1.1). Tab. 13: Übersicht über die für die Modellierung der Nutzungstypen und Biotoptypen verwendeten Standortparameter Standortparameter Modellierte Veränderung Bodentyp Standorttyp Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw keine abhängig vom Nutzungsszenario (s. Kap. 5.1.2.3) Differenz standortabhängig MThw + 70 cm MTnw + 40 cm Änderung entsprechend des MThw, standortabhängig Änderung abhängig vom Nutzungsszenario und MThw +1 Winter und + 1 Frühjahr Änderung abhängig vom MThw, saisonal gemittelt, Verschiebung des Längengradienten Weser aufwärts Überflutungsdauer und -häufigkeit Nutzungstyp Bodenkundliche Feuchtestufe (BKF) Salzgehalt der Unterweser Nutzungsszenarien Der Unterweserraum ist stark durch die Art seiner Bewirtschaftung und Nutzung geprägt: Aktuell werden von den 4478 ha, die als Vorlandfläche ohne Flusswatt und Brackwasserwattröhricht sowie vegetationslose Wattflächen berechnet wurden, ca. 67 % landwirtschaftlich genutzt (s. Kap. 6.1). Im Status quo finden sich entlang der Unterweser Siedlungsflächen sowie Industrie- und Hafenanlagen; ca. 60 % der Ufer sind befestigt (CLAUS et al. 1994a und 1994b, s. Kap. 2.3.2). Aufgrund der intensiven Nutzung der Unterweser und ihrer Vorländer müssen daher bei der Analyse der Auswirkungen einer Klimaänderung unter dem Aspekt der Vorsorge neben den veränderten abiotischen Standortparametern auch gesellschaftliche Reaktionsstrategien für die Region, soweit im Rahmen der vorliegenden Arbeit möglich, berücksichtigt werden (s. Kap. 4.1.2, SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005 und 1999). Es werden zwei verschiedene Nutzungsszenarien betrachtet (s. Kap. 4.1.2): Im Nutzungsszenario 1 wird zunächst ein im Vergleich zu heute unverändertes Nutzungsinteresse der Vorländer bei gleichzeitiger Klimaänderung angenommen. Im Nutzungsszenario 2 wird ein deutlich geändertes Nutzungsinteresse gegenüber heute vorausgesetzt: Die Sommerpolder werden für den Tideeinfluss geöffnet. Anhand des Nutzungsszenarios 2 wird getestet, welche Bedeutung der Standortparameter „Nutzungsart und -intensität“ für die Prognose der Biotoptypenverteilung der Unterweservorländer innerhalb des VS-Modells hat. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7.4.1 93 Modellierung der Nutzungstypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung Die Abbildung 18 zeigt eine Gegenüberstellung der Modellierungsergebnisse der Flächenanteile der Nutzungstypen für den Status quo und infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 und Nutzungsszenario 2 (s. Kap. 4.1.2): Potenzielle Änderungen der Nutzungsmöglichkeiten ergeben sich aufgrund steigender Wasserstände vor allem für die tidebeeinflussten Vorlandbereiche der Strohauser Vorländer. Änderungen der bisherigen Nutzungsweisen sind aber auch auf den Sommerpoldern, beispielsweise auf dem Harrier Sand, dem Hammelwarder Sand und der Tegeler Plate, zu erwarten. Die für das Klimaszenario modellierten Nutzungstypen werden für die Modellierung der Biotoptypen unter Klimaänderungsbedingungen verwendet (Kap. 7.4.2, vgl. Abb. 14, Kap. 6.1.2.5, Anhang Tab. A8). 6500 keine Angaben 6000 5500 künstlich 5000 4500 sehr stark verändert Fläche [ha] 4000 3500 stark verändert 3000 2500 mäßig verändert 2000 mäßig verändert bis naturnah 1500 1000 naturnah 500 0 Status quo Abb. 18: Modell Modell Klimaszenario + Klimaszenario + Nutzungsszenario 1 Nutzungsszenario 2 Gegenüberstellung der anhand des VS-Modells modellierten Flächenanteile der Nutzungstypen des Untersuchungsgebietes in ha im Status quo und infolge einer Klimaänderung (Klimaszenario) mit Nutzungsszenario 1 und Nutzungsszenario 2 Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7.4.1.1 94 Modellierung der Nutzungstypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 Das Nutzungsszenario 1 geht von einem unveränderten Nutzungsinteresse gegenüber dem Status quo aus. Die Abbildung 19 zeigt die modellierte räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung und Nutzungsszenario 1. In Abbildung 20 sind die Bereiche der Unterweservorländer dargestellt, für die im Vergleich zum Status quo infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 mit veränderten Nutzungstypen zu rechnen wäre. Infolge einer Klimaänderung mit erhöhten Tidewasserständen und Bodenfeuchten kann, bezogen auf den Status quo, mit einer Abnahme der als „sehr stark verändert“ eingestuften Flächen um ca. 60 % gerechnet werden (Tab. 15, s. Kap. 7.3.1). Dagegen nimmt der Anteil „mäßig veränderter bis naturnaher“, also potenziell Röhricht bestandener Flächen um ca. 38 % zu. Ein wesentlicher Grund für diese Veränderung ist der klimabedingte Anstieg des MThw, wodurch der Anteil der regelmäßig überfluteten Flächen zu nimmt. Dadurch bedingt nimmt auch der Anteil der als „mäßig verändert“ einzustufenden, hauptsächlich als Extensivgrünland nutzbaren Bereiche, die im Status quo vorwiegend auf tidebeeinflussten Sänden und Platen zu finden sind, um insgesamt ca. 22 % ab. Auf durch Sommerpolder vor Überflutung geschützten Bereichen wird eine Zunahme der „stark veränderten“ Bereiche, die meist mit Intensivgrünland bestanden sind, um 18 % prognostiziert. Der deutliche Anstieg des Anteils „stark veränderter“ Bereiche kann damit erklärt werden, dass aufgrund der Möglichkeiten, die der modernen Landwirtschaft heute zur Verfügung stehen, auf im Status quo als Extensivgrünland genutzten Bereichen durch Einsaat auch für einige Vegetationsperioden Intensivgrünland entstehen kann (Kap. 6.1.2.4, 7.1.2.3). Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass die abiotischen Standortparameter für die Nutzungstypen „mäßig verändert“ und „stark verändert“ bis „sehr stark verändert“ vom CART-Verfahren nicht für alle Standortbedingungen gleich trennscharf erkannt werden. Schon bei der Analyse des Status quo (Kap. 6.1) zeigt sich, dass Nutzungsentscheidungen für eine Fläche stark von der Situation und den Planungen des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes abhängen, dem sie angehören (s. Kap. 6.1.2.4, 7.1.2.3). Auch werden die genannten Nutzungstypen bereits bei der Modellierung des Status quo mit Trefferquoten von 63 % für „mäßig veränderte“ und 37 % für „sehr stark veränderte“ Standorte korrekt klassifiziert (s. Kap. 7.3.1). Die prognostizierte Zunahme des Anteils der „stark veränderten“ Nutzungstypen lässt daher den Schluss zu, dass es sich bei dem Modellergebnis um einen so genannten Fehler 1. Art handelt (s. Kap. 7.2.1). Fehler 1. Art treten vor allem dann auf, wenn die betroffenen Flächen potenzielle Standorte für verschiedene Nutzungstypen sind (HÖRSCH 2001, FRANKLIN 1998) und sie, wie im vorliegenden Fall, durch Störungen, wie sie die menschliche Nutzung im Sinne von GRIME (2001) darstellt, verändert sind. Für „sehr stark veränderte“ Standorte, die oft auch als Ackerflächen genutzt werden, wird ein Rückgang von ca. 1000 ha auf ca. 400 ha vorhergesagt. Auch der Anteil der als „künstlich“ Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 95 eingestuften, meist bebauten Flächen, verringert sich von ca. 200 auf ca. 40 ha. Die Ursache für diesen deutlichen Rückgang ist auf die im Klimaszenario um eine Stufe erhöhte Bodenkundliche Feuchtestufe zurückzuführen. 7.4.1.2 Modellierung der Nutzungstypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 Im Nutzungsszenario 2 werden die Nutzungstypen unter der Annahme modelliert, dass die Sommerpolder wieder dem Tideeinfluss zugänglich gemacht werden und die dortige landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben wird. Die Abbildung 21 zeigt die modellierte räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung und Nutzungsszenario 2. In Abbildung 22 sind die Bereiche der Unterweservorländer dargestellt, für die im Vergleich zum Status quo infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 mit veränderten Nutzungstypen zu rechnen wäre. Werden die Sommerpolder künftig wieder regelmäßig überflutet, so steigt der Anteil der „naturnahen“ Nutzungstypen drastisch um 120 % von ca. 2100 ha auf ca. 4680 ha an. „Mäßig veränderte bis naturnahe“ Bereiche, auf denen häufig Brachen oder Gehölze vorzufinden sind, dehnen sich dagegen nur um wenige Hektar aus, von ca. 270 ha auf ca. 290 ha. Diese unter den genannten Vorrausetzungen als durchaus möglich anzusehende Entwicklung kann darauf zurückgeführt werden, dass „mäßig veränderte bis naturnahe“ Flächen auch potenzielle Standorte für naturnahe Nutzungstypen sind (Fehler 1. Art): In der Modellierung werden „naturnahe“ Nutzungstypen auch für im Status quo noch als „mäßig verändert“ eingestufte Bereiche vorhergesagt. Dadurch nimmt der Anteil „mäßig veränderter“ Nutzungstypen gegenüber dem Status quo von ca. 600 ha auf 470 ab. Entsprechend der Annahmen für das Nutzungsszenario 2 verringert sich der Flächenanteil sowohl der „stark veränderten“ als auch der „sehr stark veränderten“ und darüber hinaus auch der „künstlichen“ Bereiche deutlich von ca. 1770 ha auf nur ca. 80 ha bzw. von ca. 1000 ha auf ca. 280 ha, bzw. von ca. 200 ha auf lediglich ca. 30 ha. 7.4.1.3 Fazit: Modellierung der Nutzungstypen unter den Bedingungen einer Kimaänderung Infolge einer Klimaänderung kann vor allem aufgrund der dann um + 1 erhöhten Bodenkundlichen Feuchtstufe unter der Voraussetzung der Beibehaltung der Nutzungsintensität des Status quo (Nutzungsszenario 1), mit einer Abnahme der „mäßig veränderten“, der „sehr stark veränderten“ und der „künstlichen“ Nutzungstypen um insgesamt ca. 50 % gerechnet werden. Gleichzeitig nimmt der Anteil „naturnaher“ und „mäßig veränderter bis naturnaher“, also auch potenziell mit Röhricht bestandener Flächen, um ca. 19 % zu (vgl. Abb. 14, Kap. 6.1.2.5). Werden die Sommerpolder, wie für das Nutzungsszenario 2 angenommen, wieder dem Tideeinfluss zugänglich gemacht, so steigt der Anteil der „naturnahen“ Nutzungstypen sogar um insgesamt 120 % an. Das VS-Modell liefert unter den Bedingungen einer Klimaänderung für die Nutzungsszenarien 1 und 2 plausible und zuverlässige Ergebnisse für die Vorhersage der verschiedenen Nutzungstypen auf den betrachteten Vorlandstandorten der Unterweser. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 96 Bremerhaven Nordenham Einswarder Plate Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 künstlich sehr stark verändert stark verändert N 10 Kilometer mäßig verändert mäßig verändert bis naturnah naturnah keine Angaben Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 19: Modellierte räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 97 Bremerhaven Nordenham Einswarder Plate Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 10 Kilometer Änderung der Nutzungstypen zu erwarten keine Änderung der Nutzungstypen zu erwarten keine Angaben N Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 20: Übersicht über zu erwartende Veränderungen der Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 im Vergleich zum Status quo Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 98 Bremerhaven Nordenham Einswarder Plate Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 künstlich sehr stark verändert stark verändert N 10 Kilometer mäßig verändert mäßig verändert bis naturnah naturnah keine Angaben Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 21: Modellierte räumliche Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 99 Bremerhaven Nordenham Einswarder Plate Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 10 Kilometer Änderung der Nutzungstypen zu erwarten keine Änderung der Nutzungstypen zu erwarten keine Angaben N Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 22: Übersicht über zu erwartende Veränderungen der Verteilung der Nutzungstypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 im Vergleich zum Status quo Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7.4.2 100 Modellierung der Biotoptypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung Die Abbildung 23 zeigt eine Gegenüberstellung der Modellierungsergebnisse der Flächenanteile der aggregierten Biotoptypen (s. Anhang Tab. A11) für den Status quo und infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 und Nutzungsszenario 2 (s. Kap. 4.1.2). Die Ergebnisse der Modellierung für das Nutzungsszenario 1 zeigen, dass ähnlich wie im Status quo auch künftig weite Teile der Vorlandbereiche für die Landwirtschaft nutzbar sein werden: Denn der Anteil der auf eine landwirtschaftliche Nutzung zurückzuführenden Biotoptypen nimmt gegenüber dem Status quo von ca. 3000 ha nur auf ca. 2800 ha ab. Gleichzeitig vergrößert sich der Anteil der mit Röhrichten bestandenen Flächen von ca. 920 ha auf ca. 1140 ha, um ca. 24 %. Bei einer Aufgabe der Sommerpolder und Öffnung derselben für den Tideeinfluss (Nutzungsszenario 2) werden infolge einer Klimaänderung erwartungsgemäß künftig überwiegend naturnahe Biotoptypen auf den Vorlandstandorten modelliert (s. Kap. 7.4.1.2). Abhängig vom betrachteten Entwicklungszeitraum und der Geschwindigkeit einer Klimaänderung könnten sich auch auf den künftig ungenutzten und dem Tideeinfluss zugänglich gemachten Bereichen der ehemaligen Sommerpolder vegetationslose Wattflächen und Röhrichte einstellen. Langfristig könnten auf höher gelegenen Uferabschnitten auch Auwaldstrukturen entstehen (s. Kap. 7.5.3). Eine solche Entwicklung ist aber über das hier verwendete Modell in Kombination mit den zur Verfügung stehenden Parametern nicht nachzubilden (s. Kap. 7.1.2). In den folgenden Kapiteln werden die modellierten Veränderungen im Detail vorgestellt. In Kapitel 7.5 wird analog zu Kapitel 6.2 für den Status quo die räumliche Verteilung der Ufer- und potenziellen Auenvegetation infolge einer Klimaänderung auf der Ebene der Pflanzengesellschaften nachgezeichnet (vgl. Abb.7, Kap. 6.1, s. Anhang Tab. A9). Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 6500 101 keine Angaben 6000 Watt 5500 Trockenrasen Strand 5000 Steinufer 4500 Ruderalflur Röhricht > MThw Fläche [ha] 4000 Röhricht < MThw 3500 Intensivgrünland 3000 Grasacker 2500 Freizeit 2000 Flutrasen Feuchtgrünland 1500 Extensivgrünland 1000 Bebauung 500 Bäume/Gehölze Acker 0 Status quo Modell Modell Klimaszenario + Klimaszenario + Nutzungsszenario 1 Nutzungsszenario 2 Abb. 23: Gegenüberstellung der anhand des VS-Modells modellierten Flächenanteile der aggregierten Biotoptypen s. Anhang Tab. A11 (die für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst wurden) des Untersuchungsgebietes in ha im Status quo und infolge einer Klimaänderung (Klimaszenario) mit Nutzungsszenario 1 und Nutzungsszenario 2 (Röhricht > MThw = Röhricht über MThw, Röhricht < MThw = Röhricht unter MThw) 7.4.2.1 Modellierung der Biotoptypen unter den Bedingungen einer Kimaänderung mit Nutzungsszenario 1 Die Abbildung 24 stellt die modellierte räumliche Verteilung der Biotoptypen (aggregierte Biotoptypen, Kap. 7.2, die für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst wurden, Kap. 6.1) infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 im Detail für einen repräsentativen Ausschnitt des Untersuchungsgebietes dar. In Abbildung 26 sind die Ergebnisse der Modellierung (infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1) für das gesamte Untersuchungsgebiet im Überblick zu sehen. Abbildung 27 zeigt die Bereiche der Unterweservorländer, für die im Vergleich zum Status quo infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 Änderungen der Biotoptypenverteilung zu rechnen wäre. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) Status quo 102 Klimaszenario + Nutzungsszenario 1 Strohauser Plate Harrier Sand 5000 0 Acker Bäume/Gehölze Bebauung Freizeit 5000 Grasacker Intensivgrünland Extensivgrünland Flutrasen N 10000 Meter Feuchtgrünland Ruderalflur Röhrichte Watt Strand Trockenrasen Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 24: Repräsentativer Ausschnitt des Untersuchungsgebietes: Gegenüberstellung der Biotoptypenverteilung des Status quo und der Biotoptypenverteilung infolge einer Klimaänderung für Nutzungsszenario 1 für den nördlichen Teil des Harrier Sandes und die Strohauser Plate (aggregierte Biotoptypen s. Anhang Tab. A11) Bebaute und Freizeit genutzte Bereiche: Der Anteil bebauter Flächen nimmt von ca. 204 ha auf ca. 20 ha ab. Die starke Abnahme ist darauf zurückzuführen, dass auf Teilen der heute bebauten Bereiche aufgrund der geänderten Feuchteverhältnisse (Anstieg der Bodenkundlichen Feuchtstufe um + 1, S. Tab. 13) vom Modell entweder Intensivgrünländer, Röhrichte oder Bäume und Gehölze vorhergesagt werden. Allerdings wurde schon bei der Modellierung des Status quo der Anteil bebauter Flächen unterschätzt. Es kann also, anders als vom Modell vorhergesagt, eher davon ausgegangen werden, dass auch infolge einer Klimaänderung bislang bebaute Bereiche auch weiterhin als solche erhalten bleiben. Auch sinkt der Anteil der für Freizeitaktivitäten genutzten Bereiche von ca. 370 ha auf ca. 120 ha. Das Modell prognostiziert für diese Bereiche stattdessen Gehölze, Acker oder Extensivgrünland. Wie bereits in Kap. 7.1.2.3 erläutert, hängt die künftige Biotoptypenausstattung (Acker, Freizeitnutzung, Gehölze) solcher Flächen allein von der Nutzungsentscheidung der jeweiligen Eigentümer ab. Landwirtschaftlich nutzbare Bereiche: Unter den Bedingungen des Nutzungsszenarios 1 und bei einer Klimaänderung ist nur eine leichte Abnahme des landwirtschaftlich nutzbaren Fläche um ca. 6 % Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 103 von ca. 3000 ha auf ca. 2830 ha zu verzeichnen. Gründe für diese Ergebnis liegen vor allem im Rückgang des Biotoptyps Extensivgrünland durch die Besiedlung dieser Standorte mit Röhrichten. Gleichzeitig wird der Rückgang der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche durch eine Verschiebung und Neuzuordnung, beispielsweise von für Freizeitaktivitäten genutzten Bereichen zu Intensivgrünland, kompensiert. Äcker und Intensivgrünländer: Infolge einer Klimaänderung und Beibehaltung der Nutzung wie im Status quo wird für eine Fläche von 140 ha der Biotoptyp Acker vorhergesagt. Im Status quo wurden dagegen für 430 ha der Biotoptyp Acker kartiert. Die starke Abnahme des Flächenanteils ist darauf zurückzuführen, dass auf weiten Teilen der im Status quo als Acker genutzten Bereiche im Klimaszenario Intensivgrünländer prognostiziert werden. Dieses Ergebnis ist zum einen mit einer klimabedingten Zunahme der Bodenkundlichen Feuchtestufe (um + 1) zu erklären und zum anderen darauf zurückzuführen, dass, wie bereits in Kapitel 7.3.2 beschrieben, Äcker und Intensivgrünländer ähnliche Parameterkombinationen hinsichtlich ihrer Standortbedingungen aufweisen können (s.a. Kap. 7.1.2.3). Daher kann das Modell nicht in allen Fällen zwischen den verschiedenen in Frage kommenden Biotoptypen für einen Standort unterscheiden (Fehler 1. Art, Kap. 7.2.1). Die von diesen vorhergesagten Änderungen betroffenen Flächen liegen auf Sommerpoldern und auf hoch gelegenen Spülfeldern (z.B. auf der Kleinensieler Plate und der Tegeler Plate), sind also auch bei einer Klimaänderung dem direkten Tideeinfluss entzogen. Der Flächenanteil der Intensivgrünländer erhöht sich gegenüber dem Status quo um 18 %, weil das Modell für weite Teile der Ackerflächen im Klimaszenario Intensivgrünland vorhersagt. Auch der Flächenanteil des Biotoptyps Grasacker verringert sich zu Gunsten von Intensivgrünland von ca. 200 auf ca. 150 ha. Das Ergebnis ist einerseits darauf zurückzuführen, dass das Modell bereits im Status quo den Anteil der Intensivgrünländer eher überschätzt (Fehler 1. Art, Kap. 7.2.1, 7.3.2). Andererseits wird für das Klimaszenario auch ein Anstieg der Bodenkundlichen Feuchtestufe um + 1 vorhergesagt, was eine landwirtschaftliche Nutzung der Bereiche als Intensivgrünland prinzipiell plausibel erscheinen lässt, denn grundsätzlich stellen bebaute Flächen und Freizeitanlagen des Vorlandes potenzielle, da überflutungssichere Standorte für die Intensivgrünlandwirtschaft dar. Umgekehrt kann auch auf tidebeeinflussten Vorlandbereichen bei entsprechender Entwässerung durch Grüppen und regelmäßiger Einsaat von Hochleistungsgräsern, wie KURZ (1997) dies für die Elbe beschreibt, ohne weitere Pflegemaßnahmen allerdings nur für ein bis zwei Vegetationsperioden, Intensivgrünland etabliert werden. Prinzipiell können heute durch die technischen Möglichkeiten der Landwirtschaft auf einer Reihe von Standorten mit verschiedenen Standorteigenschaften die gleichen Biotoptypen hergestellt werden (s. Kap. 3.1.2.3, 6.1.2.2, 6.1.2.3, 6.1.2.4, 6.2.2.2, 6.2.3.1 und 6.2.3.2). Extensivgrünländer: Das Modell prognostiziert für die Unterweservorländer eine Abnahme des Anteils der Extensivgrünländer um 15 % von ca. 520 ha auf ca. 450 ha. Ein Rückgang der Extensivgrünländer wird vor allem für tidebeeinflusste Bereiche modelliert, wie zum Beispiel für die Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 104 Strohauser Plate, auf denen sich infolge einer Klimaänderung Röhrichte stark verbreiten können. Auch für den Biotoptyp Flutrasen wird bei gleichzeitiger Zunahme der Röhrichtflächen eine Abnahme des Flächenanteils von ca. 50 ha auf ca. 20 ha prognostiziert. Feuchtgrünland, Strand und Trockenrasen: Die Biotoptypen Strand und Trockenrasen werden weder unter den Bedingungen einer Klimaänderung noch bei der Modellierung des Status quo vorhergesagt. Statt der Strandbereiche werden die Biotoptypen Röhricht und vegetationsloses Watt, an Stelle des Biotoptyps Trockenrasen werden Ruderalflur und Extensivgrünland und für Feuchtgrünland werden Extensivgrünland und Röhrichte prognostiziert. Das Ergebnis ist damit zu erklären, dass die Flächenausdehnung und die Anzahl der Flächen der genannten Biotoptypen schon im Ausgangsdatenbestand relativ klein sind und daher bei der Modellierung des Status quo keine eindeutigen Zuordnungen der Standortparameter für die genannten Biotoptypen erfolgen konnte. Schwierigkeiten bei der Parameterzuordnung ergeben sich vor allem durch die Verschneidung von Standortparametern, die sich auf unterschiedliche Maßstabsbereiche beziehen: Die Standortparameter Bodenkundliche Feuchtestufe und Bodentyp standen nur im Maßstab 1:50.000 zur Verfügung und wurden mit der Karte der Biotoptypen, die im Maßstab 1:2.500 vorlag, verschnitten (s. Kap. 5.1.1, 5.1.2, 6.1.2.4, 7.1.2.4). Das Modell kann also aufgrund der einander nicht entsprechenden Maßstabsbereiche die kleinräumig in der Biotoptypenkartierung abgebildeten Unterschiede der Biotoptypenausprägung nicht mit den zur Verfügung stehenden Bodeninformationen erklären und entsprechend auch nicht vollständig nachbilden (s. Kap. 6.1.2.1, 6.1.2.2, 6.1.2.3, 6.1.2.4, 7.1.2.4). Für die Modellierung von Strandbereichen fehlen darüber hinaus weitergehende Informationen zur Korngrößenverteilung entlang der Ufer und Angaben zur Strömungsgeschwindigkeit für die verschiedenen Uferabschnitte der Unterweser (s. 6.1.2.4, 7.1.2.4, 7.2.2). Ruderalfluren: Der Flächenanteil der Ruderalfluren bleibt im Vergleich zum Status quo nahezu unverändert (Anstieg von 145 ha auf ca. 160 ha). Dabei werden Ruderalfluren, ebenso wie Gehölze, unter anderem auf Flächen vorhergesagt, auf denen im Status quo Intensivgrünlandwirtschaft betrieben wird. Das Ergebnis lässt sich neben der durch eine Klimaänderung bedingte erhöhte Bodenkundliche Feuchtestufe (um +1) wahrscheinlich auch darauf zurückführen, dass sich die Biotoptypen Intensivgrünland und Ruderalflur, wie in Kap. 6.2.2.3 und 6.2.4.1 bereits beschrieben, auf Bereichen mit ähnlichen Standortbedingungen entwickeln können (Fehler 1. Art). Tatsächlich finden sich nachweislich Ruderalfluren beispielsweise auf einem südlich der Einswarder Plate gelegenen Spülfeld genau dort, wo einige Jahre zuvor noch am Vorkommen typischer Grünlandarten erkennbar, Intensivgrünlandwirtschaft betrieben wurde. Bäume und Gehölze: Baumstandorte verdoppeln im Klimaszenario ihren Flächenanteil von ca. 100 ha auf ca. 200 ha. Sie werden vom Modell dort vorhergesagt, wo im Status quo Freizeitnutzung vorkommt. Bäume und Gehölze kommen bereits im Status quo auf vormals als Campingplatz und Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 105 heute als Grünland genutzten Bereichen sozusagen als Reste der ehemaligen Freizeitnutzung vor. Allerdings werden Baumstandorte auch schon bei der Modellierung des Status quo um ca. 50 % überschätzt (s. Kap. 7.3.2). Ob also der Flächenanteil der Bäume und Gehölze infolge einer Klimaänderung tatsächlich zunimmt, hängt wahrscheinlich weniger von der veränderten Bodenfeuchte, als von individuellen Nutzungsentscheidungen ab (s. Kap. 6.1.2.2, 7.1.2.3, 7.5.3). Röhrichte: Die Schilfbestände nehmen infolge einer Klimaänderung gegenüber dem Status quo um insgesamt 24 % von ca. 900 ha. auf ca. 1140 ha zu. Landröhrichte: Der Flächenanteil der Landröhrichte geht auf oberhalb des MThw gelegen Standorten von ca. 500 ha um ca. 340 ha zurück, weil das Modell aufgrund des Anstiegs des MThw stattdessen Brack- oder Flussmarschröhrichte oder vegetationsloses Watt prognostiziert. Die bei einer Klimaänderung regelmäßig überfluteten Standorte liegen im Bereich des Warflether Armes, des Rechten Nebenarms entlang des Harrier Sandes, auf der Einswarder Plate und auf der Strohauser Plate. Brackwasserwatt- und Flusswattröhrichte: Für diese unterhalb der MThw-Linie gelegenen Röhrichte berechnet das Modell insgesamt eine Verdopplung des Flächenanteils von ca. 400 ha auf ca. 800 ha. Die prognostizierte Zunahme ist dabei ausschließlich auf den Anstieg des Flächenanteils der Brackwasserwattröhrichte von ca. 195 ha auf ca. 685 ha zurückzuführen, denn Brackwasserröhrichte können sich auf den tidebeeinflussten Vorlandbereichen der Einswarder Plate und der Strohauser Plate weiter verbreiten. Dagegen wird für Flusswattröhrichte ein Rückgang um 46 % von ca. 215 ha auf ca. 115 ha vorhergesagt, weil für weite Teile dieser Standorte vegetationsloses Watt modelliert wird. Das Modell berechnet für die Bereiche Warflether Arm, Elsflether Sand, Rönnebecker Sand und den rechten Nebenarm am Harrier Sand statt der im Status quo vorkommenden Flusswattröhrichte vegetationsloses Flusswatt. Eine Erklärung für die Abnahme der Flusswattröhrichte ist darin zu sehen, dass diese aufgrund der knappen, höher gelegenen Ausweichflächen und zahlreichen Aufspülungen der Unterweser bei erhöhtem MThw tatsächlich durch vegetationsloses Süßwasserwatt ersetzt werden könnten (vgl. Kap. 7.4.3). Allerdings werden schon bei der Modellierung des Status quo die Flächenanteile der Flusswattröhrichte zu Gunsten des Süßwasserwatts unterschätzt, was auch auf einen Fehler 1. Art hindeuten könnte (s. Kap. 7.2.1, 7.3.2). Vegetationsloses Watt: Für vegetationslose Wattflächen wird eine Zunahme von insgesamt ca. 1100 ha auf ca. 1300 ha prognostiziert. Der Zuwachs der vegetationslosen Wattflächen ist dabei fast vollständig auf die Zunahme von Flusswatt im süßwasserbeeinflussten Bereich der Unterweser von ca. 500 auf ca. 700 ha zurückzuführen. Dagegen bleibt der Anteil des Brackwasserwatts gegenüber dem Status quo im Klimaszenario nahezu unverändert bei ca. 600 ha. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7.4.2.2 106 Modellierung der Biotoptypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 Die Abbildung 25 stellt die modellierte räumliche Verteilung der Biotoptypen (aggregierte Biotoptypen, Kap. 7.2, die für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst wurden, Kap. 6.1) infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 im Detail für einen repräsentativen Ausschnitt des Untersuchungsgebietes dar. In Abbildung 28 sind die Ergebnisse der Modellierung (infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2) für das gesamte Untersuchungsgebiet im Überblick zu sehen. Abbildung 29 zeigt die Bereiche der Unterweservorländer, für die im Vergleich zum Status quo infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 Änderungen der Biotoptypenverteilung zu rechnen wäre. Status quo Klimaszenario + Nutzungsszenario 2 Strohauser Plate Harrier Sand 5000 0 Acker Bäume/Gehölze Bebauung Freizeit 5000 Grasacker Intensivgrünland Extensivgrünland Flutrasen 10000 Meter Feuchtgrünland Ruderalflur Röhrichte Watt N Strand Trockenrasen Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 25: Repräsentativer Ausschnitt des Untersuchungsgebietes: Gegenüberstellung der Biotoptypenverteilung des Status quo und der Biotop-typenverteilung infolge einer Klimaänderung für Nutzungsszenario 2 für den nördlichen Teil des Harrier Sandes und die Strohauser Plate (aggregierte Biotoptypen s. Anhang Tab. A11) Bebaute und Freizeit genutzte Bereiche: Der Anteil bebauter Flächen nimmt, ganz ähnlich wie im Nutzungsszenario 1, von 204 ha auf 15 ha ab. Bebaute Bereiche werden allerdings nach wie vor trotz einer weitgehenden Aufgabe der menschlichen Nutzung (Nutzungsszenario 2) vom Modell vorhergesagt, weil es vor allem auf den hoch gelegenen Spülfeldern infolge einer Klimaänderung weiterhin Bereiche gibt, die nicht dem täglichen Tideeinfluss ausgesetzt sind. Die starke Abnahme erklärt sich dabei dadurch, dass auf Teilen der heute bebauten Bereiche aufgrund der geänderten Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 107 Feuchtverhältnisse vom Modell vor allem Röhrichte vorhergesagt werden. Freizeitgenutzte Bereiche gehen von ca. 370 ha auf 110 ha zurück. Hier prognostiziert das Modell stattdessen überwiegend Landröhrichte, Bäume und Gehölze sowie Extensivgrünland. Landwirtschaftlich nutzbare Bereiche: Unter den Bedingungen des Nutzungsszenarios 2 (s. Kap. 7.1, 7.4.1.2) geht der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Bereiche von ca. 3000 ha im Status quo auf ca. 700 ha stark zurück. Aufgrund der in dem Nutzungsszenario 2 angenommenen Öffnung der Sommerpolder für den Tideeinfluss prognostiziert das Modell einen deutlichen Rückgang der Flächenanteile der Biotoptypen Extensivgrünland, Intensivgrünland, Grasacker, Acker, für Freizeitaktivitäten genutzte und bebaute Bereiche. An Stelle der genannten Biotoptypen werden mit abnehmenden Flächenanteilen Brack- und Flusswattröhrichte, Landröhrichte, vegetationsloses Watt, Bäume und Gehölze sowie Ruderalfluren berechnet. Dieses Modellergebnis verdeutlicht die entscheidende Bedeutung der Parameter „Nutzungstyp“ und „Standorttyp“ für die Vorhersage der Biotoptypen entlang der Unterweser, die durch landwirtschaftliche und menschliche Nutzung hervorgebracht werden (s. Kap. 5.1.3, 6.1.2.4, 6.1.2.7, 7.1.2.3). Äcker und Intensivgrünländer: Der Anteil der Ackerflächen vermindert sich gegenüber dem Status quo drastisch von ca. 430 ha auf 27 ha. An Stelle von Äckern werden vom Modell vegetationsloses Watt, Flusswattröhrichte und Grasacker vorhergesagt. Auch der Flächenanteil des Biotoptyps Intensivgrünland geht stark von ca. 1770 ha auf ca. 80 ha zurück. Der weitaus größte Teil der ehemaligen Intensivgrünländer liegt auf Sommerpoldern und wird durch die modellierten Überflutungen entweder durch vegetationsloses Brackwasser- oder Flusswatt, Brackwasserwattröhrichte, Landröhrichte oder Bäume und Gehölze ersetzt. Die Flächenverluste für die Landwirtschaft sind dabei primär auf den direkten Tideeinfluss zurückzuführen. Der Flächenanteil des Biotoptyps Grasacker verringert sich nur von ca. 200 ha auf ca. 144 ha. An Stelle von Grasacker kommen Brackwasserwattröhrichte, Landröhrichte, Extensivgrünland oder für Freizeitaktivitäten genutzte Bereiche vor. Dieser vergleichsweise geringe Flächenrückgang erklärt sich vor allem durch eine Verschiebung in der Biotoptypenzuordnung der durch die landwirtschaftlich intensive Nutzung hervorgebrachten Biotoptypen: Für insgesamt ca. 96 ha von im Status quo als Extensivgrünland oder als Acker genutzten Flächen wird im Nutzungsszenario 2 Grasacker vorhergesagt (Fehler 1. Art). Extensivgrünländer: Ähnlich wie im Nutzungsszenario 1 verringert sich der Flächenanteil des Biotoptyps Extensivgrünland auch im Nutzungsszenario 2 von ca. 520 ha auf ca. 410 ha. Diese vergleichsweise geringe Abnahme ist damit zu erklären, dass auf höher gelegenen Vorlandstandorten, die nicht direkt tidebeeinflusst sind, auch infolge einer Klimaänderung weiterhin Extensivgrünlandwirtschaft betrieben werden kann. Der Flächenanteil für den Biotoptyp Flutrasen bleibt gegenüber dem Status quo sogar unverändert bei ca. 53 ha. Flutrasen und Extensivgrünland sind Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 108 im Status quo vor allem auf den tidebeeinflussten Vorlandstandorten wie der Einswarder Plate und der Strohauser Plate anzutreffen. Feuchtgrünland, Strand und Trockenrasen: Wie bereits im Nutzungsszenario 1 sagt das Modell auch im Nutzungsszenario 2 die Biotoptypen Feuchtgrünland, Strand und Trockenrasen nicht voraus (s. Kap. 7.4.2.1). Ruderalfluren: Durch die im Nutzungsszenario 2 postulierte Nutzungsaufgabe gehen Ruderalfluren bzw. Brachebereiche von ca. 145 ha auf ca. 90 ha zurück. Das Modell prognostiziert statt des Biotoptyps Ruderalfluren vegetationsloses Watt, Brackwasserwattröhrichte oder Landröhrichte sowie Bäume und Gehölze. Hierbei handelt es sich um einen Fehler 1. Art, denn mit Ruderalfluren bestandene Flächen sind prinzipiell auch Standorte für Bäume und Gehölze. Bäume und Gehölze: Ähnlich wie im Nutzungsszenario 1 verdoppelt sich der Flächenanteil der Bäume und Gehölze gegenüber dem Status quo von ca. 100 ha auf ca. 200 ha. Bäume und Gehölze werden u.a. auf Flächen prognostiziert, auf denen im Status quo für Freizeitaktivitäten genutzte Bereiche oder Intensivgrünland zu finden sind. Im Nutzungsszenario 1 ist der Flächenanteil der Bäume und Gehölze mit ca. 218 ha etwas höher als im Nutzungsszenario 2. Dieser für das Nutzungsszenario 2 modellierte geringfügige Rückgang des Flächenanteils kann damit begründet werden, dass hier anders als im Nutzungsszenario 1 einige Baumstandorte aufgrund regelmäßiger Überflutung durch Flusswattröhricht ersetzt werden. Das bedeutet, dass Bäume und Gehölze durch die Prämisse eines geänderten Nutzungsinteresses im Nutzungsszenario 2 nun direkt mit den Röhrichten konkurrieren. Die Analyse der Situation des Status quo hat gezeigt, dass Bäume und Gehölze bevorzugt auf solchen Bereichen zu finden sind, die ursprünglich genutzt wurden und brach gefallen sind. Vor allem für die Betrachtung der Entwicklung von Bäumen und Gehölzen ist wichtig anzumerken, dass das VS-Modell keine Entwicklungszeiträume von Vegetation berücksichtigt (s. Kap. 7.1.2 und 4.1.1). Daher kann eine längerfristig als wahrscheinlich geltende Entwicklung von Gehölzen und Auwaldstrukturen vor allem auf ungenutzten Vorlandbereichen nicht modelliert werden (s. Kap. 7.4.2.2). In einem Exkurs zur Auwaldentwicklung in Kapitel 7.5.3 werden daher die Bedingungen der Möglichkeiten der künftigen Entwicklung von Auwaldstrukturen diskutiert. Röhrichte: Bei einer Nutzungsaufgabe des Vorlandes dehnen sich Landröhrichte von ca. 500 ha auf ca. 730 ha aus, was einer Zunahme des Flächenanteils gegenüber dem Status quo von ca. 46 % entspricht. Landröhrichte finden sich bei einer Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung auf ehemals als Grünland genutzten Flächen. Noch deutlicher fallen die Zuwächse von 410 ha auf 1550 ha bei den unter MThw gelegenen Röhrichten aus (s. Kap. 7.4.2.1). Der enorme Flächenzuwachs ist vor allem auf die Besiedlung der infolge einer Klimaänderung in weiten Teilen unter MThw gelegenen ehemaligen Sommerpolder zurückzuführen. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 109 Vegetationsloses Watt: Der Anteil der vegetationslosen Wattflächen nimmt von ca. 1100 ha auf ca. 2390 ha stark zu. Die Zunahme der Wattflächen fällt so beträchtlich aus, weil im Nutzungsszenario 2 auch die deutlich unter MThw gelegenen Gebiete, auf den vormals durch Sommerpolder geschützten Bereichen (Harrier Sand, Tegeler Plate, Strohauser Plate), regelmäßig überflutet werden. 7.4.2.3 Fazit: Modellierung der Biotoptypen unter den Bedingungen einer Klimaänderung Mit dem VS-Modell kann die Biotoptypenverteilung der Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung modelliert und die eingangs gestellten Fragen beantwortet werden: Infolge einer Klimaänderung mit beschleunigtem Meeresspiegelanstieg sind bei unverändertem Nutzungsinteresse gegenüber dem Status quo (Nutzungsszenario 1) insgesamt nur relativ geringe Veränderungen der Vegetation und der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der Vorländer, insbesondere der durch Sommerpolder geschützten Bereiche, zu erwarten. Änderungen der Biotoptypenausprägung werden vor allem für die tidebeeinflussten Vorländer prognostiziert, wo sich aufgrund erhöhter Wasserstände Röhrichte ausdehnen und die Extensivgrünlandwirtschaft verdrängen. Werden dagegen die Sommerpolder für den Tideeinfluss geöffnet (Nutzungsszenario 2), ist mit drastischen Veränderungen der Biotoptypenausstattung der Unterweservorländer zu rechnen. Die Tidevorländer und die Sommerpolder werden von Röhrichten besiedelt und eine landwirtschaftliche Nutzung der Vorländer ist nur noch auf den hoch gelegenen Spülfeldern möglich. Das VS-Modell liefert unter den Bedingungen einer Klimaänderung für die auf dem Unterweservorland vorkommenden Biotoptypen realistische und plausible Prognoseergebnisse von hoher Aussagekraft. Die vorliegende Arbeit stellt damit ein anwendungsorientiertes Modell zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung und eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs zur Verfügung. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 110 Bremerhaven Nordenham Einswarder Plate Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 Acker Bäume/Gehölze Bebauung Freizeit N 10 Kilometer Grasacker Intensivgrünland Extensivgrünland Flutrasen Ruderalflur Röhrichte Watt Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 26: Modellierte räumliche Verteilung der Biotoptypen (aggregierte Biotoptypen s. Anhang Tab. A11, die für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst wurden) der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 111 Bremerhaven Einswarder Plate Nordenham Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen Änderung der Biotoptypen zu erwarten keine Änderung der Biotoptypen zu erwarten keine Angaben 10 0 Städte/Siedlungen Unterweser 10 Kilometer N Abb. 27: Übersicht über zu erwartende Veränderungen der Biotoptypenverteilung der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 im Vergleich zum Status quo Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 112 Bremerhaven Nordenham Einswarder Plate Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen 10 0 Acker Bäume/Gehölze Bebauung Freizeit N 10 Kilometer Grasacker Intensivgrünland Extensivgrünland Flutrasen Ruderalflur Röhrichte Watt Städte/Siedlungen Unterweser Abb. 28: Modellierte räumliche Verteilung der Biotoptypen (aggregierte Biotoptypen s. Anhang Tab. A11, die für die grafische Darstellung zu größeren Einheiten zusammengafasst wurden) der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 113 Bremerhaven Einswarder Plate Nordenham Tegeler Plate Kleinensieler Plate Strohauser Plate Strohauser Vorländer Brake Harrier Sand Hammelwarder Sand Elsfleth Elsflether Sand Rönnebecker Sand Tegeler Sand Julius Plate Warflether Sand Bremen Nord Bremen Änderung der Biotoptypen zu erwarten keine Änderung der Biotoptypen zu erwarten keine Angaben 10 0 Städte/Siedlungen Unterweser 10 Kilometer N Abb. 29: Übersicht über zu erwartende Veränderungen der Verteilung der Biotoptypen der Unterweservorländer zwischen Bremen und Bremerhaven infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 im Vergleich zum Status quo Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7.4.3 114 Bedeutung morphologischer Veränderungen des Unterweservorlandes infolge einer Klimaänderung Unter den genannten Modellvoraussetzungen und der Annahme, dass sich die Morphologie der Unterweservorländer nicht verändert (s. Kap. 7.1.2) erscheinen die Modellergebnisse zur Vorhersage der Biotoptypenverteilung infolge einer Klimaänderung insgesamt als sehr plausibel. Vor allem der Zuwachs der Wattflächen und der Brack- und Flusswattröhrichte und die leichte Abnahme der Landröhrichte, beispielsweise im Nutzungsszenario 1, sind durch den Anstieg des MThw einerseits und die landwirtschaftliche Nutzung der Vorländer andererseits schlüssig zu erklären. Dabei kann wie im Folgenden gezeigt wird davon ausgegangen werden, dass die Zunahme der Wattbereiche und eventuell auch der unter MThw gelegenen Flusswatt- und Brackwasserröhrichte für die stark strömungsberuhigten Bereiche der Unterweser vom VS-Modell vermutlich eher überschätzt wird: Die Arbeiten der KÜFOG (2005) und der BIOS (2005) zeigen, dass bei einer ausbaubedingten Erhöhung des MThw entlang der Unterweser für einige Bereiche von Zunahmen der Flusswatt-, Brackwasserröhrichtbestände sowie der Landröhrichte ausgegangen werden kann (s. Kap. 7.4.2.3). Durch die Analyse historischer Daten konnte dort qualitativ nachgewiesen werden, dass vor allem in strömungsberuhigten Bereichen die Vorlandflächen auflanden und mit dem durch den Ausbau der Unterweser bedingten Anstiegs des MThw Schritt halten könnten. Solche sehr wahrscheinlich auch bei einer klimabedingten Erhöhung des MThw stattfindenden Auflandungsprozesse können im Rahmen der vorliegenden Arbeit aufgrund fehlender Standortinformationen zur Morphodynamik nicht modelliert werden (s. Kap. 7.4.2.3, 7.1.2, 1.4). Die im Auftrag des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Bremerhaven im Rahmen der UVU zur Vertiefung der Unterweser durchgeführten Untersuchungen der KÜFOG (2005) und der BIOS (2005) zeigen für einige Standorte entlang der Unterweser, dass es dort im Falle eines ausbaubedingten Anstiegs des MThw nicht, wie vor den Ausbauten zum Teil von Experten angenommen, zu einem Rückgang der Röhrichtbestände kommt (KÜFOG 2005). Der historische Vergleich der Röhrichtentwicklung der letzten 50 Jahre zwischen Brake und Motzen beweist, dass es zwar im vergangenen Jahrhundert direkt am Hauptstrom zu einer Verringerung der Röhrichtflächen gekommen ist, dass diese Verringerung aber in erster Linie auf Maßnahmen der Ufersicherung und Sandaufschüttungen zur Verhinderung von Erosion zurückzuführen ist. Die Studie der BIOS (2005) weist darüber hinaus nach, dass in den vergangenen Jahren in dem strömungsberuhigten Bereichen des rechten Nebenarms entlang des Harrier Sandes, durch Auflandung und Sedimentation deutliche Zunahmen der Röhrichtflächen auf Kosten der ursprünglichen Flachwasserzonen zu verzeichnen sind. Berücksichtigt werden muss dabei allerdings, dass es wie in den vergangenen Jahrhunderten geschehen auch infolge einer Klimaänderung entlang der Ufer des Hauptstromes der Unterweser zur Entstehung eines Uferwalls kommen kann, der die Vernässung und Wattbildung auf den landeinwärts liegenden Flächen bedingt. Internationale Untersuchungen für Marschbereiche und Salzwiesen, dass diese mit einen klimabedingten Anstieg des MThw schritthalten könnten: THOM (1992), der Salzmarschen am Nordwestpazifik untersuchte, stellte Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 115 einen Zuwachs der Marschbereiche bei gleichzeitigem Anstieg des Meeresspiegels fest. Für das Wattenmeer wurden von VAN WIJNEN & BAKKER (2001) die Veränderungen der Geländehöhen für drei Salzmarschen in den letzten 100 Jahren untersucht. Die Vorhersagen gehen davon aus, dass Salzmarschen in den nächsten 100 Jahren mit einem klimabedingten Meeresspiegelanstieg Schritt halten können. Wird der Betrachtungszeitraum allerdings über die nächsten 100 Jahre hinaus ausgedehnt, wird vermutet, dass Marschen, vor allem solche mit bereits geringerer relativer Höhe, durchaus rückgangsgefährdet sind. NICHOLLS et al. (1999) prognostizieren sogar, dass ein Meeresspiegelanstieg dazu führen könnte, dass im Jahre 2080 ca. 22% der Küstenvorländer weltweit verloren gegangen sein könnten. Ob Marschbereiche oder tidebeeinflusste Vorlandbereiche entlang der Unterweser im Falle eines ansteigenden Meeresspiegels erhalten bleiben, verschwinden oder mitwachsen können, hängt von den herrschenden Strömungsverhältnissen, dem Wind, dem schiffsbedingten Wellenschlag der Uferform sowie den daraus resultierenden Erosionsprozessen und Sedimentationsmöglichkeiten ab. Während im Hauptstrom der Unterweser heute schon die Erosionsprozesse ausbaubedingt die Sedimentationsprozesse überlagern, bieten die strömungsberuhigten Seitenarme entlang der Inseln und Sände dagegen im Prinzip gute Auflandungsbedingungen. Die Wachstumsrate des tidebeeinflussten Vorlandes wird dabei entscheidend über die Menge des organischen Materials bestimmt, das beispielsweise über die Tide eingetragen wird und die Möglichkeit der Sedimentation, wie sie in strömungsberuhigten Zonen gegeben ist. Weiterhin ist auch die In-Situ-Produktion organischen Materials von Bedeutung, die je nach dominierendem Pflanzenbestand variiert. Auch die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs selbst ist ein wesentlicher Faktor, der die Wachstumsprozesse der Marschen und Vorländer überlagern kann (NICHOLLS et al. 1999). Daher hängt die Antwort auf die Frage nach einem Mitwachsen oder Verschwinden der tidebeeinflussten Vorland- und Marschbereiche auch vom betrachteten Zeitraum ab, in dem die beschriebenen Prozesse stattfinden können: Ist der Sedimentzuwachs abhängig vom Betrachtungszeitraum im Verhältnis zum Anstieg des Meeresspiegels gering, sind Erosion und damit der Verlust von Marschflächen die Folge und umgekehrt (VAN WIJNEN & BAKKER 2001). Vor dem Hintergrund der vorgestellten Studien kann bei einer Klimaänderung mit einem Zuwachs der vegetationslosen Wattflächen gerechnet werden. Allerdings wird dieser durch die mit hoher Wahrscheinlichkeit stattfindenden Auflandungsprozesse in strömungsberuhigten Zonen nicht so hoch ausfallen wie vom VS-Modell prognostiziert. Die Ergebnisse der KÜFOG (2005) und der BIOS (2005) deuten nämlich darauf hin, dass vor allem für strömungsberuhigte Süßwasserbereiche des Warflether Armes und des Rechten Nebenarmes (Harrier Sand) auch bei einem klimabedingten Anstieg des MThw deutliche Zuwächse der Röhrichtflächen zu erwarten wären. Auch für die im Brackwasserbereich liegende Schweiburg entlang der Strohauser Plate könnte bei einer Klimaänderung mit einem erhöhten MThw damit gerechnet werden, dass es zu Auflandungsprozessen und zu einer Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 116 Zunahme der Röhrichtflächen in den tidebeeinflussten Zonen kommt. Das VS-Modell prognostiziert für diese Bereiche in weiten Teilen dagegen konsequenterweise vegetationsloses Flusswatt, weil aufgrund fehlender Daten keine Morphodynamik berücksichtigt werden kann. Stünden modellierte Informationen zur Morphodynamik flächendeckend zur Verfügung, könnten mit dem VS-Modell durchaus Voraussagen über potenzielle Wachstumsprozesse der Vorländer und der damit einhergehenden Ausbreitung von Röhrichten für die Unterweservorländer modelliert werden (s. Kap. 7.1.2, 1.4). 7.5 Zonierung und räumliche Verteilung der Vegetation der Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung Die Modellergebnisse (Kap. 7.4) zeigen, dass sich infolge einer Klimaänderung die Flächenanteile der Biotoptypen der Unterweservorländer stark verändern können. In den nachfolgenden Kapiteln wird analog zu Kapitel 6.2 (Status quo) die räumliche Verteilung der Ufer- und potenziellen Auenvegetation infolge einer Klimaänderung auf der Ebene der Pflanzengesellschaften (s. Anhang Tab. A6 und A7) dargestellt. 7.5.1 7.5.1.1 Veränderung der Vegetation infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 Tidebeeinflusstes Vorland Etwa 78 % der heute über MThw gelegenen Tidevorländer (1395 ha) werden nach Erhöhung des MThw um 70 cm infolge einer Klimaänderung regelmäßig überflutet. Am stärksten betroffen sind die vorwiegend als Mähwiesen genutzten Grünlandbereiche mit einer Fläche von insgesamt ca. 545 ha. 51 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen gehen infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 auf den tidebeeinflussten Vorländern verloren. Die betroffenen Gebiete liegen im Bereich der Julius Plate, wo sich mesophile Schachbrettblumenwiesen finden, im Bereich des rechten Nebenarms beim Harrier Sand, im Bereich der Strohauser Vorländer nördlich der Stadt Brake und im Bereich der Einswarder Plate und des Neues Pfands südlich der Stadt Bremerhaven. Vermehrte Überflutungen fördern auf diesen unter den Voraussetzungen einer Klimaänderung nicht mehr landwirtschaftlich nutzbaren Tidevorländern sauerstoffmangeltolerante Pflanzenarten (vgl. CRAWFORD 1993) wie Acorus calamus, Glyceria maxima, Glyceria fluitans, Schoenoplectus lacustris ssp tabernaemontani, Typha latifolia und Phragmites australis, die auch jetzt schon in weiten Bereichen bestandsbildend sind (GFL 1992, KURZ & KÜVER 1991, KÖHLER 1988, HEINRICH & MÜHLNER 1981). Anstelle der heutigen mesophilen Grünländer und Intensivgrünländer, auf denen neben typischen Graslandarten wie Lolium perenne, L. multiflorum und Poa trivialis auch Flutrasenarten wie Agrostis stolonifera vorkommen, etablieren sich großräumig Röhrichte und Stromtalvegetation mit Hochstauden. Es ist insgesamt mit einer Zunahme der Röhrichtflächen um 24 % von insgesamt ca. 920 ha auf ca. 1140 ha zu rechnen. Dabei ist der Zuwachs vor allem auf die unter MThw gelegenen Brackwasserröhrichte zurückzuführen. Gleichzeitig kommt es abhängig von der Steilheit der Ufer, Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 117 aufgrund der Verschiebung der Röhrichtstandorte mit dem MThw und der „Konkurrenz“ mit der Grünlandwirtschaft vor allem im Süßwasserbereich der Unterweser zu einer Verringerung der Landröhrichtflächen. Eine klare Unterscheidung zwischen unter MThw und oberhalb des MThw wachsenden Röhrichten ist allerdings nicht immer sinnvoll. Zum einen, weil die MThw-Linie eine künstliche Grenze bildet (s. Kap. 6.1.1.2). Und zum anderen, weil innerhalb eines Röhrichtbestandes floristisch nicht immer klar zwischen Land- und Wattröhrichten unterschieden werden kann (KURZ 1997), denn Röhrichte kennzeichnen Übergangsbereiche zwischen dem aquatischen und dem terrestrischen Bereich (s. Kap. 3.2). Insgesamt ist eine gesteigerte Biomasseproduktion auf den nicht wasserlimitierten, tidebeeinflussten Vorlandstandorten zu erwarten, denn erhöhte CO2-Gehalte, höhere Temperaturen und eine verlängerte Vegetationsperiode wirken sich direkt auf die Nettophotosynthese aus (SPARKS & CAREY 1995, s. Kap. 3.13). Höhere Temperaturen und Bodenfeuchten aufgrund von mehr Niederschlägen führen allerdings zur Steigerung der Bodenaktivität und Nährstoffverfügbarkeit und in Folge dessen zu weiterer CO2- und CH4-Freisetzung (LEIROS et al. 1999, MOISER 1998). Bei einer kurzfristigen Bilanzierung dieser Freisetzungsprozesse sind Röhrichtstandorte Quellen für diese Treibhausgase. Langfristig gesehen stellen Röhrichtstandorte allerdings aufgrund ihrer hohen Produktivität und Photosyntheseraten eher Senken für CO2 dar (BRIX et al. 2001). Auf oberhalb des MThw landwirtschaftlich nutzbaren Flächen ist infolge einer Klimaänderung mit Ertragssteigerungen der Mesophilen Grünländer und der Intensivgrünländer zu rechnen. Nach COLLAZT et al. (1998) werden durch die CO2-Erhöhung bevorzugt C3-Gräser gefördert. Untersuchungen von KATTGE et al. (1997) an verschiedenen Wildkräutern ergaben bei erhöhten CO2Konzentrationen Wachstumssteigerungen zwischen 10 % und 24 %. Experimente mit Weizen führten beispielsweise bei Varianten mit und ohne zusätzlicher Stickstoffdüngung sogar zu Biomassezunahmen zwischen 31 % und 41 % (GRÜTERS et al. 1997). Darüber hinaus kann es auch zu Veränderungen der Artenzusammensetzung innerhalb der Grünländer selbst kommen. KESEL (2000) geht davon aus, dass sich vor allem Arten der Glatthaferwiesen auf genutzten Standorten weiter ausbreiten könnten. 7.5.1.2 Sommerbedeichte Vorlandbereiche Bei einer Verschiebung hin zu warmtemperiertem Klima ist mit häufigeren Starkregenereignissen und kurzzeitig humiderem Klima zu rechnen (BLISS & ZEDLER 1998). Der Parameter Bodenkundliche Feuchtestufe zeigt als Indikator für die landwirtschaftliche Nutzbarkeit (Kap. 6.1) innerhalb der Sommerpolder einen Übergang zu größtenteils nasseren Verhältnissen (Kap. 4.2.4, Teilprojekt Grundwasser, MEINKEN & HOFFMANN 1999 und Teilprojekt Wasserwirtschaft MANIAK et al. 1999). Konkret kann eine Erhöhung der Bodenkundlichen Feuchtestufe um ca. +1 erwartet werden (vgl. Tab. 13, Kap. 7.4). Es ist allerdings nur saisonal mit ansteigenden Grabenwasserständen und lediglich lokal mit Nutzungseinschränkungen zu rechnen. Auf einzelnen tiefer gelegenen Bereichen kann es vor allem im Frühjahr zu einer späteren ersten Mahd kommen. Es sind keine dauerhaften großflächigen Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 118 Vernässungen zu erwarten, weil der örtlich begrenzte Spitzenwert des Grabenwasserstandsanstiegs insgesamt gering ist und die anfallenden Wassermengen zu späteren Zeitpunkten im freien Sielzug wieder über das Siel abgeführt werden können. Technische Maßnahmen, die eine Erhaltung der vollen landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der Sommerpolder gewährleisten könnten, sind möglicherweise die Installation von mit Pumpen ausgestatteten Schöpfwerken, die Vergrößerung der Grabenquerschnitte oder theoretisch eine Erhöhung der Grabennetzdichte (MANIAK et al. 1999, MEENKEN 1999). Auf tiefer gelegenen Bereichen ist eine Entwicklung der Vegetation von einer Poo-Rumicetum obtusifoliiGesellschaft (GIMw, s. Kap. 6.2) zu einer feuchteren Rumici-Alopecuretum-Gesellschaft (GFF) wahrscheinlich (SCHRÖDER & GEHLKEN 1999). Ein Meeresspiegelanstieg und damit einhergehende veränderte Grundwasserverhältnisse fördern prinzipiell die Ausbreitung von Feuchte liebenden Arten (CRAWFORD 1993, MEISEL 1977). Auf schlecht entwässerbaren Flächen kann es lokal zur Ausbreitung von Nassbiotop-Arten wie Sauerstoffmangel ertragenden Röhrichtarten z.B. Glyceria fluitans und Flutrasenarten sowie zur Ausbreitung von kühltemperierten Seggenriedern (NSG) kommen (KESEL 2000, MEENKEN 1999). Insgesamt ist auf den nährstoffreichen und meist gut wasserversorgten Böden der Sommerpolder von einer Steigerung der Produktivität und einer Zunahme der Biomasse auszugehen. C3-Gräser (Bromus vulpia, Arrhenatherum elatior, Festuca, Agrostis, auch Hybriden) werden durch die im Klimaszenario angenommene Verdopplung der CO2-Konzentrationen und die künftig insgesamt längere Vegetationsperiode (s. Kap. 3.1.3, 4.1.1) gefördert (COLLATZ et al. 1998). Unter Beibehaltung der heutigen Wirtschaftsweise als intensiv genutzte Mähweiden (GIMw, GA) und Kohläcker (AT) sind größtenteils kaum Veränderungen der Biotopausstattung auf den Sommerpoldern zu erwarten. Der Standortparameter Nutzungstyp dominiert hier großflächig den Standortparameter Bodenkundliche Feuchtestufe (s. Kap. 6.1, 6.1.2.2, 7.1.2). Möglicherweise stattfindende kleinere Flächenveränderungen durch Artverschiebungen oder Dominanzveränderungen innerhalb der Artenzusammensetzung sind durch die im Maßstab 1:50.000 zur Verfügung stehende digitale Bodenkarte auf der Bearbeitungsebene der Biotoptypen nicht näher zu differenzieren. Die Probleme bei der Verschneidung unterschiedlicher Maßstabsbereiche und die daraus resultierenden Folgen für die Datenanalyse wurden in Kapitel 6.1.2.3, 7.1.2 und 7.4.2.1 diskutiert und sind bei HÖRSCH (2001), MARZLOFF (1999) und BIAN (1997) eingehend beschrieben. 7.5.1.3 Aufgespülte Vorlandbereiche Auf Bracheflächen, die heute bereits im Bereich der Ausgleichs- und Ersatzflächen (Tegeler Plate, Neues Pfand, Kleinensieler Plate) oder auf künftig möglicherweise aufgelassenen Spülfeldern liegen, können durch die klimabedingte verstärkte Mineralisation nährstoffliebende Arten der Gräser, Brennnesseln, Knöteriche und Ampfer gefördert werden (KURZ 1997). Es entstehen bevorzugt Biotoptypen der Ruderalfluren (UHF, UHM). Ungenutzte Spülfeldbereiche, auf denen die der Entwässerung dienenden Grüppen nicht mehr in Stand gehalten werden, neigen aufgrund der Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 119 schlechten Leitfähigkeit der Substrate zu Staunässe. Dadurch können sich auf Teilbereichen auch hier Röhrichte mit Dominanzbeständen aus Phragmites australis etablieren. Landwirtschaftlich genutzte Wiesen (z.B. Intensivgrünländer) können bei nicht ausreichender Düngung auf schlecht versorgten oder aufgespülten Böden aufgrund der CO2–bedingten Anreicherung mit Kohlehydraten bei gleichzeitiger Reduzierung des Eiweißgehaltes strohiger werden und an Futterwert verlieren. Hier wäre mit entsprechenden Ertragseinbußen zu rechnen. Trockenere Sommer, wie sie im Klimaszenario beschrieben sind, führen darüber hinaus zur Förderung von Wärme-, Trocken- und Luftfeuchtekeimern zu Ungunsten von Kälte- und Frostkeimern. Feldexperimente in britischen Wiesen (STERNBERG et al. 1999) zeigten, dass warme Winter und höhere Sommerregen zur Zunahme von Deckung und Artenzahl führen und einen schnellen Abbau von Streu fördern, während warme Winter und trockene Sommer zu verstärkter Streubildung und Bildung von Dominanzbeständen von Rhizompflanzen führen. 7.5.1.4 Befestigte Uferabschnitte Auf befestigten Ufern breiten sich möglicherweise, bedingt durch die höheren sommerlichen Temperaturen, wärmeliebende Neophyten wie Polygonum cuspidatum und P. sachalinense, Heracleum mantegazzianum, Angelica archangelica, verschiedene Pestwurz-Arten (Petasites) und Impatiens glandulifera vor allem in stadtnahen Bereichen weiter aus (s. Kap 7.5.4). 7.5.2 Veränderung der Vegetationszusammensetzung infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 2 Bei einer Öffnung der Sommerpolder (Nutzungsszenario 2) ist mit einer Zunahme der Röhrichtflächen von ca. 920 ha (Status quo) auf ca. 2287 ha zu rechnen. Durch die Nutzungsaufgabe der Sommerpolder und Öffnung der Sommerdeiche entwickeln sich hier unter naturnahen Sukzessionsbedingungen vor allem tidebeeinflusste Röhrichte. Neben Phragmites australis treten Acorus calamus, Glyceria maxima, G. fluitans, Schoenoplectus lacustris ssp tabernaemontani, Typha latifolia und auf weniger staunassen Bereichen auch Phalaris arundinacea auf. Abhängig vom Entwicklungszeitraum breiten sich auf nicht permanent tidebeeinflussten ehemals landwirtschaftlich genutzten Bereichen Arten der Stromtal- und Ruderalvegetation aus. Für die vegetationslosen Wattbereiche wird im Klimaszenario bei Aufgabe der Sommerpolder ein Flächenzuwachs von insgesamt ca. 1100 ha auf ca. 2390 ha prognostiziert. Das ist darauf zurückzuführen, dass weite Teile der im Nutzungsszenario 2 tidebeeinflussten Sommerpolder nur geringe Höhen aufweisen und infolge einer Klimaänderung mit einer Wasserstandserhöhung von im Mittel 70 cm unterhalb des modellierten MThw liegen. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 7.5.3 120 Exkurs I: Auwaldentwicklung Mit dem CART-Verfahren kann keine Prognose der künftigen Auwaldentwicklung durchgeführt werden, weil das Verfahren keine Entwicklungszeiträume berücksichtigt und im Ausgangsdatenbestand keine echten Auwälder vorkommen (s. Kap. 7.1.2 und 7.4.2). Mit dem Modell können nur Biotoptypen vorhergesagt werden, die bereits im Ausgangsdatensatz vorhanden sind (s. Kap. 7.1.2). Darüber hinaus ist noch wenig über die genauen Entwicklungszeiträume und Standortbedingungen für die Etablierung von Auwald bekannt. Im Status quo sind entlang der Unterweser ursprüngliche Auwälder und Auengebüsche nicht mehr zu finden. Ähnliches gilt für die Unterelbe, wo typische Weiden-Auwälder vielerorts durch angepflanzten Tiden-Auwald mit Pappeln ersetzt wurden. Dabei ist aufgrund von Literaturrecherchen gut vorstellbar, dass sich auf den Unterweservorländern auf ungenutzten oder Bracheflächen unter naturnahen Sukzessionsbedingungen ab ca. 0,5 m über MThw neben Röhrichten langfristig auch artenreiche Auengebüsche und Auwälder entwickeln könnten (KESEL 1999). Historischer Zustand und Etablierungszeiträume FOCKE (1915) beschreibt, dass um die Mitte des 19. Jahrhunderts noch hochwaldartige Baumweidenbestände entlang der Unterweser vorkamen. Damals traten stromab am Weserufer zusammenhängende Weidengebüsche und Auwaldstrukturen bis in die Gegend von Brake auf. Auf der Strecke von Brake bis Dedesdorf bzw. Kleinensiel kamen dagegen nur noch größere Weidengebüsche vor. Auf Sandschüttungen bei Kleinensiel (heute vielleicht auf der Kleinensieler Plate) beispielsweise fand er ein fast nur aus Salix alba bestehendes kleines Wäldchen. Einzelne Bäume und Sträucher wuchsen allerdings auch noch mehrere Kilometer weiter nördlich (hier fehlen genaue Ortsangaben). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzten sich die Weidengebüsche überwiegend aus Salix alba, Salix viminalis und Salix amygdalina und verschiedenen Mischformen zusammen. Schon damals wurden die Weidengebüsche ebenso wie die Röhrichtbestände durch die Tätigkeit des Menschen zur Gewinnung von Wiesen und Weideflächen beträchtlich verkleinert (CLAUS et al. 1994a, FOCKE 1915). Die Etablierungszeiträume für Auwald oder auwaldähnliche Strukturen betragen mehrere Jahrzehnte und sind verglichen mit denen des Röhrichts oder der Ruderal- und Stromtalvegetation sehr lang (CLAUS 1994a). Darüber hinaus können Röhricht und Ruderalflurbestände, die sich innerhalb weniger Jahre auf ungenutzten Vorlandstandorten ansiedeln, auch langfristig sehr stabile Populationen bilden (ROSENTHAL 1992). Das gelingt ihnen, weil sie durch starke Streubildung die Etablierung anderer Arten hemmen (Lichtkonkurrenz). Darüber hinaus verfügen sie mit ihren Rhizomen über große Nährstoffspeicher, die ein rasches Aufwachsen im Frühjahr erlauben. Weidengebüsche können allerdings auch gemeinsam mit Röhrichten nahe der Wattgrenze auftreten, indem sie die Röhrichte und Hochstauden im Laufe der Zeit langsam überwachsen und so verdrängen. Vermutlich könnten sich Auwaldstrukturen oder Auwälder, ähnlich wie von KURZ (1997) für die Unterelbe dargestellt, an der Unterweser vor allem über Initialpflanzungen etablieren. Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 121 Standortparameter und Abschätzung potenzieller Gehölz- und Auwaldstandorte Echte Weichholzauwälder können mehrmals monatlich oder nur wenige Male im Jahr bei Sturmfluten überschwemmt werden. Der untere Bereich eines solchen Bestandes kann dabei während eines SpringNipptidezyklus mehrfach überflutet werden. An der Elbe haben sich schon kurz oberhalb der MThwLinie Weidengebüschsäume angesiedelt, die häufigen Überflutungen ausgesetzt sind, während höher gelegene Bereiche am Übergang zum sich anschließenden Grünland nur etwa ein Dutzend Mal im Jahr unter Wasser stehen (KURZ 1997). Hohe Frühjahrsfeuchten und –temperaturen, wie sie im Klimaszenario erwartet werden (Kap. 3.1.3, 4.1.1), fördern die Frühjahrs- und Feuchtekeimer wie z.B. Salix alba und andere Auengehölze. Auf den heutigen Gehölzstandorten können sich künftig neben den Gehölzen auch bunte Hochstaudenfluren bzw. Arten der Ruderalstandorte durchsetzt mit Neophyten (s. Kap. 7.5.4), wie beispielsweise dem Eschenahorn Acer negundo, ansiedeln (KESEL 2000). Eine sich möglicherweise entwickelnde Weichholzaue könnte sich entlang der Unterweser aufgrund des Salzeinflusses (GRABEMANN et al. 1999) vermutlich nur bis Brake (ca. Uw-km 40) und auf den dem Tideeinfluss entzogenen Spülfeldern noch bis zur Tegeler Plate und Kleinensieler Plate (ca. Uwkm 50) etablieren (vgl. FOCKE 1915) und sich aus Silber- und Fahlweiden und Pappeln zusammensetzen. Dabei könnten nördlich von Brake vor allem hochgelegene Standorte wie Spülfelder besiedelt werden, die dem Einfluss des in diesem Unterweserabschnitt salzhaltigen Brackwassers entzogen sind, denn Gehölzkeimlinge vertragen keinerlei Salz (KESEL 1999). Ähnlich wie schon von FOCKE (1915) für die Unterweser beschrieben, wurden entlang der Elbe Weiden-Auengebüsche auch im Brackwasserbereich, allerdings überwiegend auf sandigen Standorten kartiert. Die Etablierung erfolgte dort dabei nicht über Keimlinge, sondern über abgebrochene Zweigstücke. Obwohl diese Bereiche regelmäßig überschwemmt wurden, gelang die Ansiedlung, da das Salz auf dem überwiegend sandigen Substrat leicht ausgewaschen wird (KURZ 1997). Ab ca. 2 m oberhalb des MThw könnten sich auf aufgelassenen, ungenutzten Flächen bei entsprechend vorhandenem Samenpotential und nach sehr langen Spukzessionszeiträumen (> 100 Jahren) entlang der Unterweser möglicherweise auch Arten der Hartholzaue ansiedeln (KESEL 1999, KURZ 1997). 7.5.4 Exkurs II: Neophyten GRIME (2001, 1979) weist darauf hin, dass im Klimageschehen die Ausbildung neuer Ökotypen eine wichtige Rolle spielt. Eine Klimaänderung (Erhöhung von Temperatur, CO2 und Nährstoffumsatz) beeinflusst die sexuelle Fitness (Samen- und Pollenbildung) vieler Pflanzen und kann einen Selektionsdruck erzeugen, unter dem sich die Struktur und Zusammensetzung von Populationen verändern kann (CAREY et al. 1995, FIRBANK et al. 1995). Durch Temperatur- und Niederschlagserhöhungen können infolge einer Klimaänderung auch die Keim- und Etablierungsbedingungen sowie das Ausbreitungspotenzial nicht nur für Neophyten verbessert werden. Als Neophyten werden in der wissenschaftlichen Literatur Pflanzen bezeichnet, die meist durch den Menschen in ein Gebiet eingebracht wurden, in dem sie zuvor nicht vorkamen. In der Teil III - Ergebnisse und Diskussion: Modellierung der Vegetation mit dem Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) 122 deutschsprachigen Geobotanik werden alle seit dem 15. Jahrhundert beispielsweise aus dem mediterranen Raum, Nordamerika und Ostasien auf unterschiedlichen Wegen nach Deutschland gekommene Pflanzen als Neophyten bezeichnet. Manche wurden als landwirtschaftliche Nutzpflanze, als Forstpflanze, als Heilpflanze oder als Kuriosität und Zierpflanze für Gärten eingeführt. Andere wurden unbeabsichtigt gemeinsam mit Handelsgütern und anderen Pflanzen importiert. Das Kennzeichen vieler dieser Arten ist eine hohe Samenproduktion, die Bildung unterirdischer Ausläufer und ein hohes Regenerations- und Vermehrungspotential. Störungen im Sinne von GRIME (2001), die wie Bebauungen, Grabungen oder Erosion offene Flächen schaffen und die ursprüngliche Artenzusammensetzung verändern können, schaffen für so genannte Neophyten optimale Ansiedlungsmöglichkeiten. Flussufer sind aufgrund der hier herrschenden Wasserstandsdynamik daher ein Hauptverbreitungsgebiet für Neophyten. So fanden BRANDES & SANDER (1995) in ihrer Untersuchung von 600 Elbe-Kilometern zwischen Böhmen und Lauenburg (Mittelelbe) insgesamt 86 Neophyten. Am häufigsten waren Xanthium albinum, Bidens frondosa, Conyza canadensis, Atriplex sagittata, Galinsoga ciliata, Galinsoga parviflora, Amaranthus powellii und Eragrostis pilosa. 43 % der Neophyten waren sogenannte Gartenflüchtlinge, darunter ein hoher Anteil an C4 Arten (Kap. 3.1.3). OPPERMANN (1996) entdeckte entlang der Ufer der Unterweser im gleichen Zeitraum folgende sechs sehr häufig auftretende Neophytenarten: Bidens frondosa, Xanthium albinum, Armoracia rusticana, Aster lanceolatus, Conyza canadensis und Senecio inaequidens. Auch KUNDEL & KESEL (1997) stellten in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Auftreten wärmeliebender Grasarten im Bremer Raum fest, die sie auf die gehäuften warmen Jahre zurückführten. Vulpia bromoides, die ursprünglich mit Saatgut eingebracht wurde, breitete sich ebenso auf Wegrändern und Böschungen aus wie Arrhenatherum elatior und wie die Deschampsia flexuosa auf vielen Heideflächen und Sandtrockenrasen. Weitere Arten, die von einem warmtemperiertem Klima profitieren, sind Polygonum cuspidatum und P. sachalinense, bestimmte SauerkleeArten (z.B. Oxalis dillenii und Oxalis decaphylla, oder Vulpia ciliata spp. ambigua, ein winterannuelles Gras, das sich in England bereits nordwärts verbreitet (CAREY et al. 1995, FIRBANK et al. 1995, CAREY & WATKINSON 1993). Es enthält zudem Substanzen, die auf die Keimung und das Wurzelwachstum z.B. von Weizen verzögernd wirken. Durch erhöhte Mineralisationsraten und Nährstoffverfügbarkeit bei warm-feuchtem Wetter werden die Wettbewerbsvorteile von neophytischen Gräsern wie beispielsweise für die Grasart Bromus sterilis gefördert (REW et al. 1995). Entlang der Unterweser sind bei einer Klimaänderung auf befestigten Ufern und für Feuchtgebiete starke Veränderungen der Wasserstandsdynamik und der Grundwasserstände sowie der Temperaturund Verdunstungsverhältnisse zu erwarten. Störungen wie Ufererosion und Sturmfluten schaffen hier möglicherweise günstigere Ansiedlungsbedingungen vor allem für wärmeliebende Neophyten. Dadurch können die Artzusammensetzung und die Populationsstruktur der naturnahen und ungenutzten Standorte entlang der Unterweser deutlich verändert werden (KESEL 2000). Veränderungen der Pflanzengesellschaften haben bislang noch unbekannte Auswirkungen auf Nährstoffkreisläufe und die Bodenbeschaffenheit mit allen Konsequenzen für Fauna und Flora. Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 8 123 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION UND AUSBLICK Von den Auswirkungen einer Klimaänderung und eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs (CHURCH 2001) sind Küstenregionen und Ästuare unmittelbar betroffen (VAN WIJNEN & BAKKER 2001), denn ein Meeresspiegelanstieg mit einem erhöhten Mittleren Tidehochwasser (MThw) wirkt sich direkt auf die Flora und Fauna sowie die Nutzbarkeit der Ästuare und Küstenzonen aus. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die möglichen Effekte einer Klimaänderung auf die Vorlandvegetation von Ästuaren des norddeutschen Raumes am Beispiel der Unterweser vorherzusagen. Die grundsätzliche Frage lautet dabei: Was würde geschehen, wenn eine Klimaänderung mit einem um 70 cm erhöhten MThw (GRABEMANN et al. 1999), wie in dem hier verwendeten Klimaszenario (SCHIRMER 2005) formuliert, auf die heutigen Gegebenheiten und Bedingungen des Unterweserraumes träfe? Dazu wurde ein anwendungsorientiertes Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) entwickelt, mit dem auf der Basis des CART-Verfahrens (Classification and Regression Trees) und eines GIS Vegetations- und Nutzungsveränderungen flächendeckend für große bis mittlere Maßstabsbereiche vorhergesagt werden können. Im Hinblick auf die Prävention möglicher Gefahren ergänzt die vorliegende Arbeit damit die nationale und internationale Klimafolgenforschung (SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005, KRAFT 2004, DASCHKEIT & SCHOTTES 2002, VAN WIJNEN & BAKKER 2001, SIMAS et al. 2001, VAGTS 2000, HULME & CARTER 2000, NICHOLLS 2000, MORTSCH 1998, OLIVO DE-LOURDES 1997, USGCRP: http://www.usgcrp.gov/usgcrp/nacc/default.htm, TITUS & NARAYANAN 1996, JELGERSMA et al. 1993, EPA: http://yosemite.epa.gov/oar/globalwarming.nsf/content/index.html, NOEST 1991). Darüber hinaus können mit dem in dieser Arbeit vorgelegten VS-Modell auch die möglichen Folgen einer Klimaänderung bei Raumplanungsvorhaben, wie der geplanten Unterweservertiefung oder für Naturschutzprojekte berücksichtigt oder regionale Gegenmaßnahmen im Rahmen eines integrierten Küstenzonenmanagements (v. LIEBERMAN et al. 2005, SCHUCHARDT et al. 2005) erarbeitet werden. Die Arbeit ist aus dem interdisziplinären Forschungsprojekt „Klimaänderung und Unterweserregion“ (KLIMU), das im Rahmen des Klimafolgenforschungsprogramms der Bundesregierung „Klimaänderung und Küste“ in den Jahren 1997 bis 2000 vom BMBF und der Freien Hansestadt Bremen gefördert wurde, hervorgegangen (SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005). Die Datenbasis des KLIMU-Projektes und der vorliegenden Arbeit umfasst die Jahre 1988 bis 1994, der Bezugszeitraum ist das Jahr 2050 (SCHIRMER 2005). 8.1 Zusammenfassende Diskussion Mit dem in dieser Arbeit Vegetationsveränderungen entwickelten infolge einer Vegetation-Standort-Modell Klimaänderung und (VS-Modell) eines können beschleunigten Meeresspiegelanstiegs zuverlässig prognostiziert werden. Darüber hinaus können mit dem Modell die eingangs postulierten Zusammenhänge zwischen Vegetationsausprägung und Standort validiert werden Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 124 (Kap. 7.1, 7.2, 7.3, 7.4). Das VS-Modell bezieht sich auf Elemente der Modellvorstellung der Gradiententheorie, die bei MÜLLER (1998) näher beschrieben ist. Die Gradiententheorie betrachtet ökologische Systeme als raumzeitliche Abfolgen von Konzentrationsgradienten, die sich in räumlichen Verteilungsmustern wie beispielsweise der Vegetation widerspiegeln. Das VS-Modell zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen beruht auf der Integration von Information über die räumliche Verteilung der Vegetationseinheiten (Biotoptypen nach v. DRACHENFELS 1994) und den entscheidenden Standortparametern mit dem parameterfreien, statistischen Verfahren der Klassifikations- und Regressionsanalyse (CART, Kap 5.2.3). Im Vordergrund der Arbeit steht die Entwicklung eines anwendungsorientierten Verfahrens, nicht ein methodischer Vergleich der Eignung verschiedener Modellierungsverfahren. Das daher für die Modellierung ausgewählte CART-Verfahren bietet gegenüber anderen Prognoseverfahren zudem folgende Vorteile: Es ist leicht auf verschiedenste Datenformate anwendbar und es liefert ein Erklärungsmodell zur Vorhersage von Variablen in Form logischer Wenn/Dann-Abfragen. Es konnte gezeigt werden, dass mit dem CART-Verfahren die Abhängigkeiten zwischen mehreren Standortparametern, den so genannten Einflussgrößen und den Zielgrößen der Vegetation, analysiert und plausibel modelliert werden können. 8.1.1 Gültigkeitsbereich des VS-Modells Mit Hilfe des VS-Modells werden Biotoptypen vorhergesagt, die bereits im Ausgangsdatenbestand vorhanden sind, also solche, für die dem Modell Daten von Klassifikationsmerkmalen zur Modellierung vorliegen (Kap. 5.2). Neue Biotoptypen können weder mit dem hier verwendeten Modellansatz noch mit vergleichbaren anderen parameterfreien Verfahren oder mit Verfahren der multivariaten Statistik bestimmt werden. Die grundsätzliche Annahme innerhalb des VS-Modells ist, dass Pflanzen sich auf solchen Standorten ansiedeln, an die sie angepasst sind. Das bedeutet, dass unter naturnahen Bedingungen (Kap. 3.1) bestimmte Biotoptypen auf Standorten mit bestimmten Standortparameterkombinationen häufiger vorkommen als andere. Für die Modellierung der Vegetation werden Standortparameter verwendet (Kap. 4, Kap. 5.1), die auf der Grundlage von Literaturrecherchen und Datenanalysen für den Lebensraum Vorland als ökologisch wichtig eingestuft worden sind (Kap. 3.1, 6.1). Es wird vereinfacht angenommen, dass sich die Auswirkungen einer Klimaänderung auf die Vegetation anhand von Abweichungen der modellierten Biotoptypenverteilung im Vergleich zum Ausgangsdatensatz zeigen: Wird für eine bestimmte Fläche ein Biotoptyp vorhergesagt, der dort nicht zuvor auch kartiert wurde, kann dieses Ergebnis im Prinzip als eine Veränderung der Vegetation unter Klimaänderungsbedingungen verstanden werden. Um in der Lage zu sein, Abweichungen der Modellergebnisse vom Ausgangsdatenbestand plausibel auf eine Klimaänderung und nicht auf ein zufälliges Ergebnis zurück führen zu können, wurde die Modellgüte und die Vorhersagegenauigkeit des Modells erfolgreich validiert (Kap. 7.2, 8.1.4). Mögliche morphologische Veränderungen der Unterweser und ihrer Vorländer konnten, da hierzu die entsprechenden Daten fehlten, in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt werden (Kap. 8.1.8). Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 8.1.2 125 Eignung der verwendeten Klassifikationsverfahren und Maßstabsbereiche Auf der Basis des entwickelten VS-Modells kann die Vegetation des ganzen Landschaftsraumes Unterweservorland, der sich über ein Gebiet von ca. 50 km² erstreckt, flächendeckend modelliert werden. Der Fokus der Arbeit liegt auf der Modellierung von Vegetationsveränderungen für große bis mittlere Maßstabsbereiche. Entscheidend für die Beurteilung der Güte der Modellergebnisse sind dabei das für die Vegetation gewählte Klassifikationsverfahren und die Maßstabsebenen der in die Analyse eingehenden abiotischen Standortparameter sowie deren Qualität. Für die Klassifikation der Vegetation der Unterweservorländer wurde das Biotoptypenkonzept nach v. DRACHENFELS (1994) verwendet. Unter einem Biotoptyp werden dabei solche Biotope zusammengefasst, die hinsichtlich wesentlicher Eigenschaften übereinstimmen. Der Vorteil dieser Klassifikationsmethode liegt darin, dass die Vegetation großer Gebiete auf einheitlicher Basis erfasst und qualitativ beschrieben werden kann. Kleinräumige Vegetationsveränderungen unterhalb der Klassifikationsebene der Biotoptypen, also Veränderungen auf Ebene von Pflanzenarten oder Pflanzengesellschaften, können und sollen in der vorliegenden Arbeit nicht modelliert werden. Mit dem hier gewählten Klassifikationsansatz der Biotoptypen für die Vegetation wurde also explizit eine Skalenfestlegung für eine Modellierung von Vegetationsveränderung für große Gebiete getroffen und erfolgreich angewendet. Auch der Maßstab und die Auflösung der für eine Modellierung verwendeten Geodaten spielen, wie LAM & QUATTROCHI (1992) zeigen, eine zentrale Rolle für die Qualität und die Art der Bewertung der Untersuchungsergebnisse (Kap. 6.1, 7.3, 7.4). In der vorliegenden Arbeit wurden Datenquellen mit unterschiedlichen Maßstäben und Informationsgehalten verwendet (Kap. 6.1, 7.1): Die Biotoptypenkartierung lag im Maßstab 1:2.500 vor. Die Höhendaten wurden u.a. aus der DGK 5 (Deutsche Grundkarte 1:5.000) extrahiert (Kap. 4.2, 5.1). Die Bodenkarte stand im Maßstab 1:50.000 zur Verfügung (Kap. 6.1.2.3). Auf Grund der Notwendigkeit der Verwendung von unterschiedlichen Maßstabsbereichen der Ausgangsdaten wurde für die Verschneidung der Geodaten und des DGM (Digitales Geländemodell) zur Herstellung des Analysedatensatzes eine einheitliche Rastergröße von 25 m x 25 m gewählt (Kap. 4.2.3). Das bedeutet, dass in der Modellierung Strukturen unter 25 m x 25 m-Auflösung nicht repräsentiert werden können. Da Boden- und Höhendaten nicht in einem ausreichend genauen Maßstab zur Verfügung stehen (Kap. 6.1.2.3), werden also kleinräumig vorkommende Biotoptypen, wie beispielsweise Flutrasen (GFF), der neben Mesophilem Grünland (GMF) vor allem in Senken anzutreffen ist, vom VS-Modell nicht vorhergesagt. FISCHER (1990) sieht in einer groben Auflösung des Höhenmodells und der entsprechenden Umweltvariablen eine der hauptsächlichen Restriktionen gegenwärtiger Vegetationsmodelle. Dabei zeigen die hier ermittelten Validierungsergebnisse (Kap 7.2, 8.1.4) und die Ergebnisse der Modellierung für den Status quo (Kap. 8.1.6, 7.3), dass die Verschneidung der verschiedenen Maßstabsbereiche und Standortparameter für das zu beschreibende Phänomen, nämlich die Vorhersage der Veränderung der Biotoptypenverteilung des Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 126 Unterweservorlandes infolge einer Klimaänderung (Kap. 7.4.2), zuverlässig und plausibel zu hohen Trefferquoten führt (Kap. 8.1.4, 7.2). 8.1.3 Auswahl der wesentlichen für die Modellierung geeigneten Standortparameter Innerhalb des VS-Modells werden zur Vorhersage der räumlichen Verteilung der Biotoptypen des Unterweservorlandes die Standortparameter Standorttyp, Nutzungstyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser verwendet (Kap. 5.1, 7.1). Anhand von Literaturrecherchen (Kap. 3.1) und eigenen Datenanalysen (Kap. 6.1) konnte nachgewiesen werden, dass die Biotoptypenausprägung der Unterweservorländer entscheidend von diesen flächendeckend vorliegenden Parametern bestimmt wird. Zur Prüfung der Eignung der Standortparameter für die Vorhersage der Biotoptypen wurde in Einzeltests die Fehlklassifikationsrate für jeden Standortparameter berechnet (s. Anhang Tab. A10) und anschließend der Pool der verwendeten Variablen iterativ erweitert. Die Biotoptypen bzw. Nutzungstypen (s.u.) werden innerhalb des Modells als abhängige Variablen, die genannten Standortparameter als unabhängige Variablen oder auch als Prediktoren bezeichnet. Laut DIERSCHKE (1997) spielt neben den abiotischen Standortparametern, vor allem die Art und Intensität der Nutzung eine entscheidende Rolle für die Merkmalsausprägung der Vegetation. Die Nutzungsinformation der verschiedenen Nutzungstypen ist im Prinzip bereits im Biotoptypenkonzept selbst enthalten (v. DRACHENFELS 1994). Die vorgenommene Klassifikation der Nutzungsintensität als Standortparameter Nutzungstyp liegt hier somit scheinbar redundant vor. Aber da die moderne Landwirtschaft, wie auch GEHLKEN (1995) zeigt, in der Lage ist nahezu unabhängig von den ursprünglich prägenden Standortparametern eine für den jeweiligen Betrieb optimale Vegetation herzustellen (Kap. 5.2, 6.2, 7.1.2), stellt der hier flächendeckend modellierte Parameter Nutzungstyp für das VS-Modell ein wichtiges Unterscheidungskriterium für die von der Landwirtschaft geprägten Vorlandbereiche dar. Der komplexe Zusammenhang zwischen der Merkmalsausprägung der Vegetation und den Standortparametern wird innerhalb des VS-Modells zur Vorhersage der Biotoptypen mit folgender Funktion vereinfacht beschrieben: Biotoptyp = f (Standorttyp, Nutzungstyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser) Die Nutzungstypen können mit folgender Funktion modelliert werden: Nutzungstyp = f (Standorttyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser) Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 127 Die Modellierungsergebnisse der Nutzungstypenverteilung dienen für die weitere Modellierung der Klimafolgen als Inputgröße zur Vorhersage der Biotoptypenverteilung (Kap. 7.1.1, 7.4.1, 7.4.2, 8.1.4, 8.1.7). Neben den oben genannten flächendeckend vorliegenden Standortparametern prägen das Wetter, die Nutzungsgeschichte und die aktuelle Nutzungsart die Vegetation (Kap. 2.1 und 3.1). Eine Entscheidung über Art und Intensität der Bewirtschaftung wird von den Nutzern einer Fläche u.a. abhängig von ihrer Lage, der Uferform, dem Schutzstatus und den agrarpolitischen Rahmenbedingungen oder von persönlichen Lebensumständen gefällt. Innerhalb der hier entwickelten Modellvorstellung werden solche Nutzungsentscheidungen daher als zufällig betrachtet und können somit nicht modelliert werden. Weitere nicht berücksichtigte Standortparameter sind das Samenpotenzial des Bodens, das ökophysiologische Entwicklungspotenzial der Biotoptypen, vorherrschende Strömungsgeschwindigkeiten und damit einhergehende Erosionseffekte sowie die Substrattypen der Ufer. Die genannten Faktoren können für die Modellierung von Vegetationsveränderungen nicht berücksichtigt werden, da hierfür keine flächendeckenden Daten zur Verfügung stehen. Darüber hinaus kann auch der zeitliche Aspekt der Vorlandentwicklung unter den Bedingungen einer freien Sukzession mit all ihren möglichen zufälligen Entwicklungen und Zwischenstadien nicht modelliert werden (Kap. 3.1.2.3, 6.1.2.4, 6.2.2.2, 6.2.3.1, 6.2.3.2, 7.3.1, 7.3.2). Es wurde daher für die Prognose der Biotoptypen und der Nutzungstypen eine statische Betrachtungsweise auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Standortparameter gewählt, die die dynamische Wirklichkeit modellhaft abbildet (Kap. 7.1.1). 8.1.4 Das Aussagekraft des VS-Modells: Modellvalidierung VS-Modell beschreibt den Zusammenhang zwischen Standortparametern und Vegetationsausprägung. Zur Validierung des Modells wird ein symmetrischer Test mit Kreuzvalidation angewendet (MÜLLER 1999). Die Validierung erfolgt mit dem CART-Verfahren für den maximal vollständigen Datensatz des Untersuchungsgebietes, der 5731 von 6717 Flächen umfasst, also 85 % der Ausgangsdaten berücksichtigt, da unvollständige Datensätze nicht analysiert werden können. Anhand der Abweichungen der Modellergebnisse von den realen Werten wird laut MÜLLER (1999), BRECKLING & REICHE (1996) und MÜLLER et al. (1996) die Modellgüte abgeschätzt. Die Fehlklassifikationsrate bezeichnet dabei den Prozentsatz der realen Vegetation, der nicht korrekt modelliert wurde. Je genauer die Vegetationsverteilung anhand der ausgewählten Standortparameter modelliert werden kann, desto größer ist auch die Bedeutung der innerhalb der Analyse verwendeten Standortparameter für die Ausprägung der Biotoptypen bzw. Nutzungstypen des Unterweservorlandes. Nutzungstypen: Bei der Prognose der Nutzungstypen werden hohe Trefferquoten erzielt, die bei 70 % liegen. Die sich daraus ergebende Fehlklassifikationsrate von 30 % lässt sich erstens darauf zurückführen, dass die Unterweservorländer weitgehend landwirtschaftlich genutzt werden und die Art und Intensität der Flächennutzung auch von den oben beschriebenen, so Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 128 genannten zufälligen Nutzungsentscheidungen der Landwirte bestimmt wird, die nicht modelliert werden können (Kap. 7.1.2, 8.1.3). Zweitens verringert sich die Trefferquote dadurch, dass verschiedene Nutzungstypen potenziell auch auf ein und dem selben Standort vorkommen können: Beispielsweise eignen sich aufgegebene Spülfeldflächen (Nutzungstyp: „mäßig verändert bis naturnah“) ebenso für eine intensive landwirtschaftliche Nutzung (Nutzungstyp: „stark verändert“, Kap. 5.1.2.4, 7.2 und 8.1.3). Das bedeutet, dass das Modell in vielen Fällen plausible Nutzungstypen voraussagt, die allerdings im Ausgangsdatensatz auf der betreffenden Fläche nicht vorkommen und deshalb als Fehlklassifikation gewertet werden müssen. Kartierte Biotoptypen: Mit dem Modell werden für ca. 65 % der Flächen die kartierten Biotoptypen korrekt und zuverlässig vorhergesagt. Die daraus resultierende so genannte Fehlklassifikationsrate von ca. 35 % kann in erster Linie darauf zurück geführt werden, dass beispielsweise die verschiedenen Grünlandtypen, die auf weiten Teilen der Unterweservorländer vorkommen, nicht immer trennscharf differenziert werden können, weil die zufällige Art und Intensität der Nutzung die eigentlichen Standortparameter überlagert. Darüber hinaus können kleinräumige Ausprägungen wie beispielsweise der vielen unterschiedlichen Röhrichttypen zum Teil deshalb nicht modelliert werden, weil hierzu weitere Standortparameter wie Strömungsgeschwindigkeit, Wellenschlag oder genaue Daten zur Art der Ufersubstrate verwendet werden müssten, die nicht zur Verfügung stehen (Kap. 8.1.3). Aggregierte Biotoptypen: Für die Modellierung wurden Biotoptypen mit sehr ähnlichen Standort- oder Nutzungsansprüchen, wie z.B. verschiedene Biotoptypen der Freizeitnutzung, Bebauung oder Röhrichte, zu etwas größeren Einheiten zusammengefasst (Kap. 7.2). Für die aggregierten Biotoptypen ergeben sich erwartungsgemäß höhere Modellgenauigkeiten als für die kartierten Biotoptypen selbst. Auch HÖRSCH (2001) und ZIMMERMANN & KIENAST (1999) fanden für aggregierte Vegetationseinheiten höhere Trefferquoten als beispielsweise für einzelne Pflanzenarten. In der vorliegenden Arbeit werden für die aggregierten Biotoptypen sehr hohe Trefferquoten von 81 % erzielt. Als Begründung für die berechnete Fehlklassifikationsrate von noch 19 % lassen sich u.a. die ähnlichen Standortansprüche der verschiedenen Grünlandtypen und der nicht mehr genutzten Brachen (Ruderalstandorte) anführen, deren Vorkommen auf die oben beschriebenen so genannten zufälligen Nutzungsentscheidungen zurückzuführen sind (Kap. 7.3.2, 8.1.3). In der vorliegenden Arbeit wird bei der Modellvalidierung eine sehr hohe Trefferquoten von bis zu 81 % erzielt. Die hohe Modellgüte bestätigt die innerhalb des VS-Modells postulierten Zusammenhänge zwischen Vegetationsausprägung und den ausgewählten Standortparametern (Kap. 6.1, 7.1, 7.2, 7.3, 7.4, 8.1.3). Das VS-Modell stellt demnach ein zuverlässiges Instrument zur Vorhersage von Vegetation dar. Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 8.1.5 129 Eignung des CART-Verfahrens: Einstufung der Validierungsergebnisse In der ökologischen Forschung werden zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen verschiedene Modellierungsverfahren verwendet und unterschiedliche Modellgenauigkeiten erzielt. Zur Einordnung der Validierungsergebnisse der vorliegenden Arbeit werden daher neben CART auch die Ergebnisse verschiedener weiterer Modellierungsverfahren wie der Logistischen Regression, des Maximum Likelihood-Verfahrens, des General Linear Models oder der Artificial Neural Networks herangezogen (Kap 7.2 und 5.3). Die Arbeiten von MUNOZ & FELICISMO (2004), ROGAN et al. (2002), VAYSSIERES et al. (2000), ETTEN (1998) und WATTS (1999) und zeigen dabei, dass mit nicht-parametrischen Modellen, wie beispielsweise dem hier verwendeten CART-Verfahren, prinzipiell höhere Vorhersagegenauigkeiten erzielt werden können als mit parametrischen Verfahren (Kap. 5.2.2.1). Der Vergleich der Studien von MCDONALD & URBAN (2006), CAIRNS (2001), HÖRSCH (2001), FRANKLIN (1998) und DAVIS & GÖTZ (1990), die unterschiedliche statistische Verfahren zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen angewendet haben, ergab, dass die Eignung des jeweiligen Vorhersageverfahrens grundsätzlich von der Art der Fragestellung, der Zielsetzung, dem Aggregationsgrad (Anzahl der betrachteten Klassen), dem Stichprobenumfang (N), der Heterogenität des untersuchten Gebietes und dem Klassifikationsverfahren, das auf die Vegetation angewendet wird, abhängt (Kap. 7.1.2). Unabhängig vom verwendeten Verfahren wurden die höchsten Vorhersagegenauigkeiten vor allem mit einer geeigneten Skalenkombination der verschiedenen Ausgangsdaten erreicht (Kap. 7.2.3 und HÖRSCH 2001). Innerhalb der genannten Studien werden Trefferquoten berechnet, die zwischen 35 % und 86 % liegen. Für die Vorhersage von Pflanzengesellschaften des alpinen Raumes erzielte beispielsweise HÖRSCH (2001) mit dem CART-Verfahren Trefferquoten von 50 % bis 65 %. MCDONALD & URBAN (2006), die Veränderungen des Baumbestandes in einer in den vergangenen Jahrzehnten rasch gewachsenen Metropol Region in Nord Carolina modellierten, erreichten mit dem CART-Verfahren sogar eine Fehlklassifikationsrate von nur 15,2 %. Mit dem in der vorliegenden Arbeit verwendeten CART-Verfahren werden bei der Validierung der Biotoptypen und der Nutzungstypen des Unterweservorlandes ebenfalls hohe Trefferquoten berechnet, die mit 65 % bis 81 % als sehr zuverlässig angesehen werden müssen und in vergleichbaren Größenordnungen liegen. Das in dieser Arbeit eingesetzte CART-Verfahren stellt somit eine einfache und anwendungsorientierte Methode zur Prognose von Vegetation dar, mit der hohe Vorhersagegenauigkeiten erzielt werden. 8.1.6 Plausibilitätsprüfung des VS-Modells: Modellierung des Status quo Die Anwendung des VS-Modells auf den Status quo dient der Plausibilitätsprüfung des Modells für die räumliche Verteilung der Nutzungstypen und der Biotoptypen. Bei der Modellierung der räumlichen Verteilung der Nutzungstypen und der Biotoptypen für den Status quo werden höhere Trefferquoten erzielt als für die Validierungsdatensätze (Kap. 7.2), da jeweils der komplette Datensatz und nicht wie bei der Validierung der aufgeteilte Datensatz für die Berechnung verwendet wird (Kap. 7.3). Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 130 Ergebnisse der Plausibilitätsprüfung: Nutzungstypen: Die im Status quo berechneten Modellergebnisse stimmen zu 73 % mit der realen Verteilung der Nutzungstypen (Kap. 5.1.2.4) überein (Kap. 7.3.1). Da die tatsächliche Art der Nutzung für weite Bereiche der Unterweservorländer von so genannten zufälligen Nutzungsentscheidungen der Landwirte abhängt (Kap. 8.1.3), kann das VS-Modell beispielsweise zwischen starker bis sehr starker Nutzungsintensität kaum differenzieren. Das führt dazu, dass der Flächenanteil der „stark veränderten“ Bereiche überschätzt wird, und ist damit zu erklären, dass sich ein Großteil der als „stark verändert“ eingestuften Standorte sowohl für intensivere als auch für extensivere Nutzung eignet. Das heißt, die Flächen wären ebenso gut als „sehr stark veränderte“ wie auch als „mäßig veränderte“, in der Regel extensiv genutzte Standorte zu klassifizieren. Naturnahe Standorte hingegen werden vom VS-Modell zu ca. 90 % korrekt klassifiziert. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Art und Intensität der Nutzung hier ausschließlich vom Faktor Überflutung geprägt wird und diese Bereiche daher zuverlässig vorhergesagt werden können (Kap. 7.3.1). Aggregierte Biotoptypen: Mit dem VS-Modell wird für die aggregierten Biotoptypen (Kap. 7.2, 7.3.2) für den Status quo insgesamt eine hohe Trefferquote von ca. 88 % erzielt. Der Prozentsatz der korrekt klassifizierten Biotoptypen ist immer dann besonders hoch, wenn eine Fläche ein potenzieller Standort für nur einen oder wenige Biotoptypen ist. Insgesamt werden für naturnahe Standorte höhere Trefferquoten erzielt als für Flächen, die durch eine bestimmte Nutzungsart oder –intensität verändert sind und nach GRIME (2001) gestörte Standorte darstellen (Kap. 7.1.2). Beispielsweise kann der Biotoptyp Grasacker nur für 70 % der Flächen korrekt zugeordnet werden, weil Grasacker auf Bereichen hergestellt wird, die ebenso der Acker- wie der Freizeitnutzung dienen könnten (Kap. 6.2.3, 7.3.1). Gleichzeitig zeigen sich anhand der Ergebnisse auch die Auswirkungen der Verschneidung von Daten verschiedener Maßstabsbereiche (Kap. 7.1.2, 8.1.2): Zum Beispiel wird an Stelle des Biotoptyps Strand stets Röhricht vorhergesagt. Das verdeutlicht, dass es dem Modell nicht gelingt, zwischen den Biotoptypen Röhricht und Strand zu differenzieren, weil für die Modellierung keine Angaben zur Strömungsgeschwindigkeit und nur kleinmaßstäbige Angaben zum anstehenden Substrattyp (Bodenkarte, 1:50.000) zur Verfügung stehen (Kap. 6.1.2.3, 7.1.2, 7.4.2.1, 8.1.2). Insgesamt werden mit dem VS-Modell die Nutzungstypen sowie naturnahe Biotoptypen und Biotoptypen der landwirtschaftlichen Nutzung mit hohen Trefferquoten von bis zu 88 % korrekt und plausibel vorhergesagt. Die guten Ergebnisse der Plausibilitätsprüfung bestätigen die Ergebnisse der Validierung und zeigen die Eignung des VS-Modells für die Prognose von Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung mit beschleunigtem Meeresspiegelanstieg. Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 8.1.7 131 Bewertung der Modellergebnisse: Auswirkungen einer Klimaänderung auf die Vorlandvegetation der Unterweser Unter dem Aspekt der Vorsorge wurden bei der Analyse der Auswirkungen einer Klimaänderung auf die Vegetation auch gesellschaftliche Anpassungsreaktionen und mögliche künftige Entwicklungen für die Region berücksichtigt (BAHRENBERG & KÖNIG 2005, v. LIEBERMAN et al. 2005, SCHUCHARDT et al. 2005, SCHUCHARDT & SCHIRMER 1999). In der vorliegenden Arbeit wurden exemplarisch folgende zwei Nutzungsszenarien (Kap. 4.1.2, 7.4) näher untersucht und für das VS-Modell angewendet: Nutzungsszenario 1 - gleiches Nutzungsinteresse wie im Status quo: Infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 (Kap. 4.1, 7.4) ergibt sich aufgrund steigender Tidewasserstände vor allem für tidebeeinflusste Bereiche wie der Strohauser Vorländer eine deutliche Änderung der Nutzungsmöglichkeiten und damit der Nutzungstypen (Kap. 5.1.2.3). Auch auf den Sommerpoldern, wie beispielsweise auf dem Harrier Sand, dem Hammelwarder Sand und der Tegeler Plate sind durch die um eine Stufe erhöhten Bodenfeuchten leichte Veränderungen der bisherigen Nutzungsweisen zu erwarten. Dabei nimmt der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Biotoptypen gegenüber dem Status quo insgesamt nur von ca. 3000 ha auf ca. 2800 ha ab. Gleichzeitig vergrößert sich der Flächenanteil der mit Röhrichten bestandenen Bereiche von ca. 900 ha auf ca. 1100 ha, um ca. 22 %, vor allem auf Kosten des Flächenanteils der Extensivgrünländer. Der Zuwachs ist in erster Linie auf eine Zunahme der Brackwasserröhrichte auf den tidebeeinflussten Vorlandbereichen der Einswarder Plate und Strohauser Plate von ca. 195 ha auf ca. 685 ha zurückzuführen. Dagegen geht der Flächenanteil der Flusswattröhrichte für die Bereiche Warflether Arm, Elsflether Sand, Rönnebecker Sand und rechter Nebenarm am Harrier Sand um 54 % zurück, weil hier stattdessen vegetationsloses Watt modelliert wird. Auch der Flächenanteil der Landröhrichte verringert sich, vor allem im Bereich des Warflether Armes, des Rechten Nebenarms entlang des Harrier Sandes, auf der Einswarder Plate und der Strohauser Plate um insgesamt 32 %, weil in diesem Bereich der Unterweser durch Uferbefestigungsmaßnahmen und Deichbau keine Fläche für die Verlagerung der Vegetation in höher gelegene Vorlandbereiche vorhanden ist. Hier prognostiziert das Modell aufgrund des Anstiegs des MThw Brack- oder Flussmarschröhricht oder vegetationsloses Watt. Nutzungsszenario 2 - verändertes Nutzungsinteresse gegenüber dem Status quo - die Sommerpolder werden für den Tideeinfluss geöffnet: Für das Nutzungsszenario 2 ergeben sich gravierende Veränderungen. Insgesamt steigt der Anteil der „naturnahen“ Nutzungstypen um ca. 120 % an (Kap. 7.4.1.2). Gleichzeitig nimmt der Anteil der als „mäßig verändert“ einzustufenden Nutzungstypen gegenüber dem Status quo um ca. 21 % ab. Entsprechend der Annahmen für das Nutzungsszenario 2 verringert sich der Flächenanteil sowohl der „stark“ als auch der „sehr stark veränderten“ und darüber hinaus auch der „künstlichen“ Bereiche erheblich um insgesamt 87 % (Kap. 7.4.1.2). Der Anteil der durch eine landwirtschaftliche Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 132 Nutzung geprägten Biotoptypen und der für Freizeitaktivitäten genutzten sowie der bebauten Bereiche geht bei einer Öffnung der Sommerpolder für den Tideeinfluss von ca. 3000 ha im Status quo auf ca. 700 ha drastisch zurück. (Kap. 7.4.2.2). An Stelle der genannten Biotoptypen werden naturnahe Röhrichte, vegetationsloses Watt, Bäume und Gehölze sowie Ruderalfluren berechnet. Dieses Modellergebnis verdeutlicht die entscheidende Bedeutung der Parameter „Nutzungstyp“ und „Standorttyp“ (Tidebeeinflusstes Vorland, Sommerpolder, Spülfeld) für die Vorhersage der Biotoptypen der Unterweser, die durch landwirtschaftliche und menschliche Nutzung hervorgebracht werden (Kap. 5.1.3, 6.1.2.4, 7.1.2). Landröhrichte dehnen sich gegenüber dem Status quo auf ehemals als Grünland genutzten Flächen um ca. 43 % aus. Der Flächenanteil der unter MThw gelegenen Röhrichte nimmt aufgrund der starken Überflutung von 410 ha auf 1550 ha zu (Kap. 7.4.2.1). Dieser enorme Flächenzuwachs ist vor allem auf die Röhricht-Besiedlung der infolge einer Klimaänderung in weiten Teilen unter MThw gelegenen ehemaligen Sommerpolder wie dem Harrier Sand, der Tegeler Plate und der Strohauser Plate zurückzuführen. Die Modellierung der möglichen Auswirkungen einer Klimaänderung auf die Biotoptypen und die Nutzungstypen zeigt, dass mit dem VS-Modell sehr plausible Prognoseergebnisse erzielt werden (Kap. 7.4). Es erfüllt damit die eingangs formulierten Anforderungen an ein anwendungsorientiertes und zuverlässiges Modell. Das VS-Modell ist in Kombination mit dem CART-Verfahren hochgradig geeignet, Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung für große Gebiete vorherzusagen und mit einem GIS darzustellen. Dabei sind infolge einer Klimaänderung mit beschleunigtem Meeresspiegelanstieg und unverändertem Nutzungsinteresse gegenüber dem Status quo (Nutzungsszenario 1) insgesamt nur relativ geringe Veränderungen der Vegetation und der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der Vorländer, insbesondere der durch Sommerpolder geschützten Bereiche, zu erwarten. Änderungen der Biotoptypenausprägung werden vor allem für die tidebeeinflussten Vorländer (Strohauser Vorländer, Einswarder Plate) prognostiziert, wo sich aufgrund erhöhter Wasserstände Röhrichte ausdehnen und die Extensivgrünlandwirtschaft verdrängen können. Werden dagegen die Sommerpolder für den Tideeinfluss geöffnet (Nutzungsszenario 2) ist mit drastischen Veränderungen der Biotoptypenausstattung der Unterweservorländer zu rechnen. Die Tidevorländer und die Sommerpolder werden in weiten Teilen von Röhrichten besiedelt und eine landwirtschaftliche Nutzung der Vorländer ist nur noch auf den hoch gelegenen Spülfeldern möglich. 8.1.8 Relevanz der Modellergebnisse: Bedeutung morphologischer Veränderungen des Unterweservorlandes infolge einer Klimaänderung Die Modellierung der Biotoptypenverteilung erfolgte unter der Prämisse, dass sich die Morphologie des Vorlandes und der Wattbereiche im Vergleich zu heute auch infolge einer Klimaänderung nicht verändert (s. Kap. 1.4). Unter den genannten Modellvoraussetzungen (Kap. 7.1.2) erscheinen die Modellergebnisse zur Vorhersage der Biotoptypenverteilung infolge einer Klimaänderung plausibel und nachvollziehbar. Vor allem der Zuwachs der Wattflächen und der Brack- und Flusswattröhrichte Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 133 und die leichte Abnahme der Landröhrichte, beispielsweise im Nutzungsszenario 1, sind durch den Anstieg des MThw einerseits und stetiger landwirtschaftlicher Nutzung der Vorländer andererseits schlüssig zu erklären (Kap. 7.4.3, 8.1.7). Dabei könnte bei Betrachtung der Ergebnisse der KÜFOG (2005) und der BIOS (2005) möglicherweise auch davon ausgegangen werden, dass die Zunahme der Wattbereiche und eventuell auch der unter MThw gelegenen Flusswatt- und Brackwasserröhrichte vom VS-Modell für strömungsberuhigte Bereiche eher überschätzt wird: Durch den Vergleich historischer Daten und Kartierungen konnte dort nachgewiesen werden, dass in dem strömungsberuhigten rechten Nebenarm entlang des Harrier Sandes, die vormals überfluteten Vorlandbereiche auflanden und die dortige Röhrichtentwicklung in der Vergangenheit mit dem durch den Ausbau der Unterweser bedingten Anstieg des MThw Schritt halten konnte. Solche wahrscheinlich auch bei einer klimabedingten Erhöhung des MThw stattfindenden Auflandungsprozesse konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit aufgrund bislang fehlender Modelle zur Morphodynamik und entsprechender Höheninformationen nicht modelliert werden (Kap. 7.4.2.3, 7.1.2, 1.4). Auch internationale Untersuchungen lassen die Möglichkeit des Auflandens strömungsberuhigter Bereiche der Unterweser bei einer klimabedingten Erhöhung des MThw plausibel erscheinen: THOM (1992), der Salzmarschen am Nordwestpazifik untersuchte, stellte einen Zuwachs der Marschbereiche bei gleichzeitigem Anstieg des Meeresspiegels fest. VAN WIJNEN & BAKKER (2001), die Veränderungen der Geländehöhen für drei Salzmarschen des Wattenmeeres in den letzten 100 Jahren untersucht haben, gehen davon aus, dass diese in den nächsten 100 Jahren mit einem klimabedingten Meeresspiegelanstieg Schritt halten können. Ob Marschgebiete oder tidebeeinflusste Vorlandbereiche entlang der Unterweser im Falle eines ansteigenden Meeresspiegels infolge einer Klimaänderung erhalten bleiben, verschwinden oder mitwachsen können, hängt von den örtlichen Strömungsverhältnissen, den herrschenden Erosionsprozessen, den Sedimentationsmöglichkeiten und vom betrachteten Zeitraum ab, in dem diese Prozesse stattfinden können. Während im Hauptstrom der Unterweser heute schon die Erosionsprozesse ausbaubedingt die Sedimentationsprozesse überlagern, bieten die strömungsberuhigten Seitenarme entlang der Inseln und Sände im Prinzip offenbar gute Auflandungsbedingungen (KÜFOG 2005, BIOS 2005). Vor dem Hintergrund der vorgestellten Studien könnte für die Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung zwar, wie vom VS-Modell prognostiziert, tatsächlich mit einem Zuwachs der vegetationslosen Wattflächen gerechnet werden, jedoch wird dieser durch die wahrscheinlich gleichzeitig stattfindenden Auflandungsprozesse in strömungsberuhigten Zonen nicht so hoch ausfallen, wie vom VS-Modell vorhergesagt: Statt der modellierten Wattflächen könnten sich in erster Linie in den Seitenarmen der Unterweser, wie dem Harrier Sand, möglicherweise großräumig Flusswatt- und Brackwasserwattröhrichte sowie künftig auch Landröhrichte weiter ausdehnen. Berücksichtigt werden muss dabei allerdings, dass es wie in den Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 134 vergangenen Jahrhunderten geschehen auch infolge einer Klimaänderung entlang der Ufer des Hauptstromes der Unterweser zur Entstehung eines Uferwalls kommen kann, der wiederum die Vernässung und Wattbildung auf den landeinwärts liegenden Flächen bedingt. Stünden modellierte Informationen zur Morphodynamik flächendeckend zur Verfügung, könnten mit dem VS-Modell durchaus Voraussagen über potenzielle Wachstumsprozesse der Vorländer und der damit einhergehenden Ausbreitung von Röhrichten für die Unterweservorländer modelliert werden (s. Kap. 1.4, 7.1.2, 7.4). 8.1.9 Bewertung und Übertragbarkeit des VS-Modells Mit dem in der vorliegenden Arbeit entwickelten VS-Modell können auf der Basis der zur Verfügung stehenden Standortparameter und des CART-Verfahrens sowie mit Hilfe eines GIS flächendeckende Vorhersagen zu Art und Ausmaß der Biotoptypveränderung der gesamten Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung vorgenommen werden. Bisherige Ansätze zur Abschätzung von Vegetationsveränderungen in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigen entweder kleinere Untersuchungsräume von wenigen Hektar, wie z.B. einzelne Vorland- oder Vordeichsabschnitte von Flussläufen (BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 2003, SCHILLINGER 2002, VAGTS 2000, BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 1998) oder beziehen sich innerhalb Europas regional überwiegend auf die Analyse des Vorkommens und die Gefährdung einzelner Pflanzenarten besonderer Lebensräume, wie beispielsweise der Salzmarschen oder Mangroven (SIMAS et al. 2001, PRIMACK 2000, SANCHEZ et al. 1996) oder stellen grobe Abschätzungen für ganze Küstenregionen dar (NAJJAR et al. 2000, MICHENER et al. 1997). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit tragen zur Verbesserung der Kenntnis der StandortWirkungszusammenhänge für die Vorlandvegetation von Ästuaren Norddeutschlands bei. Der Vergleich der Modellergebnisse mit verschiedenen Studien zur Vorhersage von Vegetation zeigt (CAIRNS 2001, HÖRSCH 2001, FRANKLIN 1998, DAVIS & GÖTZ 1990), dass mit dem VS-Modell zuverlässig hohe Trefferquoten zwischen 65 % bis 81 % erzielt werden und dass die modellierten Ergebnisse eine hohe Aussagekraft besitzen. Die Übertragung der Modellergebnisse und Methoden auf andere Ästuare ist daher in dem hier vorgegebenen und definierten Gültigkeitsbereich (Kap. 7.1.2, 8.1.2) möglich und wünschenswert. Darüber hinaus kann das VS-Modell für unterschiedliche Fragestellungen und Anwendungsfelder sinnvoll eingesetzt werden: Bei der Untersuchung von Klimafolgen dient es als ein Instrument des vorsorgenden Handelns, indem auf der Grundlage der erstellten Prognosen potenzielle Nutzungskonflikte analysiert und bewertet werden können (Kap. 8.2). Darüber hinaus kann es innerhalb der Raumplanung, wie beispielsweise bei der geplanten Unterweservertiefung, oder als ein Instrument für ein integriertes Küstenzonenmanagement (SCHUCHARDT et al. 2005, ZIMMERMANN et al. 2005) zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen eingesetzt werden. Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 8.2 135 Ausblick: Das VS-Modell als ein Instrument des vorsorgenden Handelns Vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden Klimaänderung und unter dem Aspekt der Vorsorge ist eine Abschätzung potenzieller Auswirkungen, Folgen und Konflikte für die Land- und Flächennutzung bei allen längerfristigen Planungen geboten (SCHUCHARDT et al. 2005, KRAFT 2003). Die mit Hilfe des VS-Modells erstellten Ergebnisse zur Vorhersage der Vegetationsverteilung infolge einer Klimaänderung können daher für weiterführende Konfliktanalysen hinsichtlich Fragestellungen der Raumplanung oder des Naturschutzes verwendet werden. Im Folgenden sind die Einsatzmöglichkeiten des VS-Modells am Beispiel des Natur- und Wiesenvogelschutzes skizziert. Eine Veränderung der Vegetation infolge einer Klimaänderung betrifft nicht nur die Landwirtschaft, sondern berührt auch die Interessen des Natur-, Grünland- und Wiesenvogelschutzes. Von den in der vorliegenden Arbeit prognostizierten klimabedingten Überflutungen der Tidevorländer und der damit einhergehenden Veränderung der Biotoptypenverteilung wären heute gesetzlich geschützte Flächen, wie Landschafts- und Naturschutzgebiete sowie Naturschutzplanungen betroffen. Die hier beschriebenen möglichen klimabedingten Veränderungen der räumlichen Verteilung der Biotoptypen (Kap. 7.4) und die vom BUND (1996) angestoßene Diskussion um eine völlige Aufgabe der Nutzung und großflächige Renaturierung der Vorländer könnte die aktuell bereits bestehenden Konflikte nicht nur zwischen Landwirtschaft und Naturschutz, sondern auch innerhalb der verschiedenen Interessengruppen des Naturschutzes künftig weiter zuspitzen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung auf den binnen- und außendeichs gelegenen Marsch- und Auenflächen weiter vorangetrieben (SEITZ & DALLMANN 1992). Im Elbe-Weser-Raum ist daher seit Jahren ein Rückgang zahlreicher Grünlandtypen vor allem auf feuchten bis nassen Standorten zu verzeichnen (ROSENTHAL et al. 1996, MEISEL & HÜBSCHMANN 1976). Neben anderen überregionalen Faktoren wird diese Entwicklung auch als Ursache für den starken Rückgang verschiedener Wiesenvogelpopulationen in der Unterweserregion gesehen (SCHRÖDER 2000, MEENKEN 1999, CLAUS 1998, CLAUS et al. 1994a). Um diesem Trend entgegenzuwirken und wieder Brut- und Aufzuchtflächen für die Wiesenvögel zu schaffen, sind daher in der Vergangenheit Teile der Grünländer des Vorlandes unter Schutz- und Bewirtschaftungsauflagen gestellt worden (HECKENROTH & LASKE 1997, SCHOPPENHORST 1996, SEITZ & DALLMANN 1992, POHL 1992). Da auch Brachfallen seltene Grünlandbestände gefährdet (ROSENTHAL 1992), werden auf Teilbereichen der Marsch und der Vorländer unter strengen Bewirtschaftungsauflagen die unter Natur- oder Landschaftsschutz stehenden Pflanzengesellschaften gepflegt, wie die Dauco Arrhenatheretum-Gesellschaft und die Lathyrus palustris-Gesellschaft und die auf der Julius Plate vorkommenden Bestände der Fritillaria meleagris-Wiesen sowie die Festuca rubraAgrostis tenuis–Gesellschaft. Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 136 Die mit dem VS-Modell erzielten Ergebnisse ermöglichen eine Analyse und Bewertung der durch eine Klimaänderung in besonderem Maße betroffenen Landschaftsschutz- und Naturschutzgebiete und Naturschutzplanungen. Beispielsweise können mittels des VS-Modells Vorlandbereiche identifiziert werden, für die eine qualitative Änderung der Biotoptypenausprägung prognostiziert wird und für die es in der Folge zu einer Veränderung ihrer ökologischen Funktion (STERR 1998, HEJNY & SEGAL 1998, LOZÁN et al. 1994) im Sinne des Natur- und Landschaftsschutzes kommt. Den so identifizierten Bereichen kann auf einer ordinalen Skala ein entsprechendes Konfliktpotenzial zugeordnet werden. Die Zuordnung kann beispielsweise abhängig davon erfolgen, ob sowohl die Interessen der Landwirtschaft als auch die des Naturschutzes von den prognostizierten Veränderungen berührt würden. Im Sinne eines vorsorgenden und nachhaltigen Handelns und der optimalen Ausschöpfung der knappen öffentlichen Mittel sollten bei Naturschutz- und Raumplanungen auch die möglichen Folgen einer Klimaänderung mit einbezogen werden. Dabei ist es für eine Bewertung der Klimafolgen auf Naturschutzplanungen notwendig zu analysieren, ob planungsrelevante Bereiche infolge einer Klimaänderung auch künftig noch die gewünschte ökologische Funktion, wie beispielsweise die des Wiesenvogel- und Grünlandschutzes erfüllen können. 8.3 Resümee Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die möglichen Effekte einer Klimaänderung auf die Vorlandvegetation der Unterweser zu modellieren. Mit dem hier entwickelten VS-Modell können die eingangs gestellten Fragen beantwortet und die postulierten Zusammenhänge zwischen Vegetationsausprägung und Standortparametern verifiziert werden. Mittels des VS-Modells wurde in Kombination mit dem CART-Verfahren die Veränderung der Vegetationsverteilung der Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung für verschiedene Nutzungsszenarien erfolgreich prognostiziert und bewertet. Darüber hinaus wurde ein methodisches Konzept zur Datenauswahl, Datenaufbereitung und Datenintegration vorgelegt. Das VS-Modell liefert plausible Prognoseergebnisse von hoher Aussagekraft (Kap. 7.1.2, 7.2.1, 7.3.2): Bei der Validierung des VS-Modells wurden zuverlässig hohe Trefferquoten zwischen 65 % und 81 % erzielt. Die vorliegende Arbeit stellt damit ein validiertes und anwendungsorientiertes Modell zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung und eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs zur Verfügung. Das VS-Modell ist skalierbar und erweiterbar und in Kombination mit dem CART-Verfahren hochgradig geeignet, Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung für große Gebiete vorherzusagen und mit einem GIS darzustellen. Die für die Unterweservorländer erarbeiteten Zusammenhänge und Methoden des VS-Modells können für den hier verwendeten und definierten Gültigkeitsbereich auch auf weitere Ästuare Norddeutschlands Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 137 übertragen und zur Prognose der dortigen Biotoptypenverteilung angewendet werden. Darüber hinaus kann das VS-Modell bei der Untersuchung von Klimafolgen auch als ein Instrument des vorsorgenden Handelns bei Raumplanungen und zur Analyse potenzieller Nutzungskonflikte dienen oder im Rahmen eines integrierten Küstenzonenmanagements zur Prognose der Biotoptypenverteilung angewendet werden. Infolge einer Klimaänderung mit beschleunigtem Meeresspiegelanstieg sind bei unverändertem Nutzungsinteresse gegenüber dem Status quo (Nutzungsszenario 1) insgesamt nur relativ geringe Veränderungen der Vegetation und der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der Vorländer, insbesondere der durch Sommerpolder geschützten Bereiche, zu erwarten. Änderungen der Biotoptypenausprägung werden vor allem für die tidebeeinflussten Vorländer prognostiziert, wo sich aufgrund erhöhter Wasserstände Röhrichte ausdehnen und die Extensivgrünlandwirtschaft verdrängen. Werden dagegen die Sommerpolder für den Tideeinfluss geöffnet (Nutzungsszenario 2), ist mit drastischen Veränderungen der Biotoptypenausstattung der Unterweservorländer zu rechnen. Die Tidevorländer und die Sommerpolder werden von Röhrichten besiedelt und eine landwirtschaftliche Nutzung der Vorländer ist nur noch auf den hoch gelegenen Spülfeldern möglich. Die vorliegende Untersuchung ergänzt die nationale und die internationale Klimafolgenforschung (SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005, KRAFT 2004, DASCHKEIT & SCHOTTES 2002, VAN WIJNEN & BAKKER 2001, SIMAS et al. 2001, VAGTS 2000, HULME & CARTER 2000, NICHOLLS 2000, MORTSCH 1998, OLIVO DE-LOURDES 1997, TITUS & NARAYANAN 1996, JELGERSMA et al. 1993, NOEST 1991), indem eine flächendeckende Abschätzung möglicher Klimafolgen für die Vorlandvegetation des Lebensraumes Ästuar am Beispiel der Unterweser vorgenommen wird. Arbeiten zur Abschätzung von Vegetationsveränderungen in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigen entweder kleinere Untersuchungsräume von wenigen Hektar, wie z.B. einzelne Vorland- oder Vordeichsabschnitte von Flussläufen (SCHILLINGER 2002, BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 2003, VAGTS 2000, BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 1998), oder beziehen sich innerhalb Europas regional überwiegend auf die Analyse des Vorkommens und die Gefährdung einzelner Pflanzenarten besonderer Lebensräume (SIMAS et al. 2001, PRIMACK 2000, SANCHEZ et al. 1996). In den Vereinigten Staaten und in Kanada (MORTSCH 1998) liegen dagegen bereits Studien vor, die die Klimasensitivität der Vegetation verschiedener Ästuare und der Großen Seen auf breiter Basis analysieren, um zu qualitativ und quantitativ flächendeckenden Aussagen möglicher zu erwartender Veränderungen der Vorlandvegetation zu kommen. Teil III - Zusammenfassende Diskussion und Ausblick 138 Auf der Grundlage der im Rahmen dieser Arbeit gesammelten Erfahrungen können folgende Empfehlungen zur Anwendung des VS-Modells für weitere Fragestellungen oder Untersuchungsgebiete gegeben werden: Zur Vorhersage von Auswirkungen einer Klimaänderung oder von Baumaßnahmen (z.B. Unterweservertiefung) auf die Vegetation sollten entsprechend modellierte flächendeckende Standortparameter und zeitnah erstellte Vegetationskartierungen zur Verfügung stehen. Die verwendeten Daten der abhängigen und der unabhängigen Variablen sollten der Fragestellung angemessene, ähnliche Maßstabsbereiche aufweisen. Zur Vorhersage der Vegetationsverteilung sollte das gewählte Klassifikationsverfahren für die Vegetation auf die Fragestellung und den Maßstab abgestimmt sein. Darüber hinaus wünschenswert für eine Modellierung von Vegetationsveränderungen sind: flächendeckende und qualitativ hochwertige Höheninformationen des Untersuchungsgebietes. Bodeninformationen in einem für die Fragestellung angemessenen Maßstab. In Abhängigkeit von der Fragestellung und dem Ziel der Untersuchung sollte bezüglich der Vegetationstypen ein möglichst heterogenes Untersuchungsgebiet ausgewählt werden, da das VS-Modell nur solche Vegetationstypen prognostizieren kann, die auch im Ausgangsdatensatz vorkommen. Teil III - Zusammenfassung 9 139 ZUSAMMENFASSUNG Von den Folgen einer Klimaänderung und eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs sind Küstenregionen und Ästuare direkt betroffen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die möglichen Effekte einer Klimaänderung auf die Vorlandvegetation von Ästuaren des norddeutschen Raumes am Beispiel der Unterweser vorherzusagen. Die grundsätzliche Frage lautet dabei: Was würde geschehen, wenn eine Klimaänderung unmittelbar auf die heutigen Gegebenheiten und Bedingungen träfe? Dazu wurde in einem ersten Schritt ein Vegetation-Standort-Modell (VS-Modell) erarbeitet, das die komplexen Zusammenhänge zwischen der Vegetation (Biotoptypen nach v. DRACHENFELS 1994) und den wichtigsten Standortparametern (Kap. 3.1, 5.1, 6.1) für große bis mittlere Maßstabsbereiche vereinfacht darstellen kann (Kap. 7.1). In einem zweiten Schritt wurden die Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung auf der Basis der zur Verfügung stehenden Standortdaten mit dem VSModell validiert und flächendeckend modelliert (Kap. 7.2, 7.3, 7.4). Die vorliegende Arbeit ergänzt die nationale und die internationale Klimafolgenforschung, indem ein anwendungsorientiertes Modell entwickelt wurde, mit dem Vegetations- und Nutzungsveränderungen vorhergesagt und mit einem GIS (Geografisches Informationssystem) dargestellt werden können. Die Modellierung erfolgte mit Hilfe des parameterfreien statistischen Verfahrens der Klassifikations- und Regressionsbäume (Classification and Regression Trees = CART, s. Kap. 5.2.3). Innerhalb des VS-Modells werden zur Vorhersage der räumlichen Verteilung der Biotoptypen die Standortparameter Standorttyp, Nutzungstyp, Bodentyp, Bodenkundliche Feuchtestufe, Differenz aus Höhe über NN und standörtlichem MThw bzw. MTnw, Überflutungsdauer, Überflutungshäufigkeit und Salzgehalt der Unterweser verwendet (Kap. 5.1). Die Arbeit ist aus dem interdisziplinären Forschungsprojekt „Klimaänderung und Unterweserregion“ (KLIMU) hervorgegangen, das im Rahmen des Klimafolgenforschungsprogramms der Bundesregierung „Klimaänderung und Küste“ in den Jahren 1997 bis 2000 vom BMBF und der Freien Hansestadt Bremen gefördert wurde (SCHUCHARDT & SCHIRMER 2005). Die Datenbasis der Studie umfasst die Jahre 1988 bis 1994, der Bezugszeitraum für das Klimaszenario ist das Jahr 2050 (SCHIRMER 2005). Ergebnisse der Status quo-Analyse Die Vorländer der Unterweser nehmen eine Gesamtfläche von über 50 km² ein. Sie sind, wie auch die binnendeichs gelegene Marsch, stark von der Landwirtschaft geprägt, die 67 % der Vorlandflächen dominiert. Nur 20 % der Vorländer sind mit naturnahen Röhrichten besiedelt. Der übrige Teil wird von bebauten Flächen, Freizeitanlagen, Brachebereichen, Strand, Trockenrasen, Gehölzen und Baumgruppen eingenommen. Teil III - Zusammenfassung 140 Nutzungsszenarien Aufgrund der intensiven Nutzung der Vorländer durch die Landwirtschaft wurden für die Modellierung unter dem Aspekt der Vorsorge zwei Nutzungsszenarien betrachtet (Kap. 4.1.2): Nutzungsszenario 1: ein mit dem Status quo vergleichbares Nutzungsinteresse (Nutzungsart und –intensität) der Vorländer. Nutzungsszenario 2: ein gegenüber dem Status quo deutlich verändertes Nutzungsinteresse mit einer Öffnung der Sommerpolder für den Tideeinfluss. Die Entwicklung der Vorländer orientiert sich hier an der Prämisse der Nachhaltigkeit und des Ressourcenschutzes. Anhand dieses Szenarios wird die Bedeutung des Standortparameters „Nutzungsart und -intensität“ innerhalb des VS-Modells getestet. Aussagekraft des VS-Modells und Eignung des CART-Verfahrens Zur Validierung des VS-Modells wird ein symmetrischer Test mit Kreuzvalidation angewendet. Bei der Modellvalidierung werden für die Vorhersage der Nutzungstypen und der Biotoptypen sehr hohe Trefferquoten zwischen 65 % und 81 % erzielt (Kap. 7.2). Die hohen Trefferquoten zeigen, dass Maßstab und Auflösung der verwendeten Daten im Hinblick auf die Fragestellung der vorliegenden Untersuchung einander angemessen sind. Darüber hinaus bestätigt die hohe Modellgüte die innerhalb des VS-Modells postulierten Zusammenhänge zwischen Vegetationsausprägung und ausgewählten Standortparametern. Der Vergleich der mit dem CART-Verfahren erreichten Validierungsergebnisse mit Ergebnissen relevanter Studien zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen verdeutlicht, dass mit dem VS-Modell sehr hohe Trefferquoten erzielt werden, die in vergleichbaren Größenordnungen liegen. Das VS-Modell stellt auf der Basis des CART-Verfahrens ein einfaches, zuverlässiges und anwendungsorientiertes Instrument zur Prognose von Vegetation dar, mit dem hohe Vorhersagegenauigkeiten erzielt werden. Plausibilitätsprüfung des VS-Modells und Modellierung des Status quo Die Anwendung des VS-Modells auf den Status quo dient der Plausibilitätsprüfung des entwickelten Modells für die räumliche Verteilung der Nutzungstypen und der Biotoptypen. Die für die Nutzungstypen (Kap. 5.1.2.3) im Status quo berechneten Modellergebnisse stimmen zu 73 % mit der realen Verteilung der Nutzungstypen überein. Die Ergebnisse zeigen, dass das Modell vor allem zwischen starker bis sehr starker Nutzungsintensität weniger gut differenzieren kann. Naturnahe Standorte werden vom Modell dagegen zu ca. 90 % korrekt klassifiziert. Mit dem VS-Modell wird für die aggregierten Biotoptypen des Status quo insgesamt eine hohe Trefferquote von ca. 88 % erzielt. Dabei ist der Prozentsatz der korrekt klassifizierten Biotoptypen in der Regel dann hoch, wenn eine Fläche potenzieller Standort für nur einen oder wenige Biotoptypen ist (Kap. 7.1.2, 8.1.6). Teil III - Zusammenfassung 141 Prognose der Auswirkungen einer Klimaänderung Potenzielle Änderungen der Nutzungsmöglichkeiten und damit der Nutzungstypen (Kap. 5.1.2.3) ergeben sich infolge einer Klimaänderung und Nutzungsszenario 1 sowohl für die tidebeeinflussten Vorlandbereiche wie die Strohauser Vorländer als auch durch die um eine Stufe (+1) erhöhten Bodenfeuchten für die Sommerpolder, wie beispielsweise für den Harrier Sand (Kap. 4.1, 7.4). Es kann mit einer Abnahme der „mäßig veränderten“, der „sehr stark veränderten“ und der „künstlichen“ Nutzungstypen um insgesamt 50 % gerechnet werden. Gleichzeitig nimmt der Anteil „naturnaher“ und „mäßig veränderter bis naturnaher“ Nutzungstypen um ca. 19 % zu (Kap. 7.4.1.1). Werden die Sommerpolder, wie für das Nutzungsszenario 2 angenommen, wieder dem Tideeinfluss zugänglich gemacht, so steigt der Anteil der „naturnahen“ Nutzungstypen um insgesamt 120 % an. Der Flächenanteil der „stark veränderten“ als auch der „sehr stark veränderten“ und darüber hinaus auch der „künstlichen“ Bereiche verringert sich deutlich um insgesamt 87 % (s. Kap. 7.4.1.2). Die Ergebnisse der Modellierung der Biotoptypen infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 zeigen, dass auch künftig weite Teile der Vorlandbereiche landwirtschaftlich nutzbar sein werden. Die von Änderungen betroffenen Flächen liegen auf Sommerpoldern (z.B. auf der Kleinensieler Plate und der Tegeler Plate). Gleichzeitig vergrößert sich der Anteil der mit Röhrichten bestandenen Flächen auf Kosten des Flächenanteils der Extensivgrünländer um ca. 24 %. Der Anteil der durch eine landwirtschaftliche oder anthropogene Nutzung geprägten Biotoptypen geht aufgrund der im Nutzungsszenario 2 angenommenen Öffnung der Sommerpolder für den Tideeinfluss von ca. 3000 ha im Status quo auf ca. 700 ha stark zurück. (Kap. 7.4.2.2). An Stelle der genannten Biotoptypen werden naturnahe Röhrichte, vegetationsloses Watt, Bäume und Gehölze sowie Ruderalfluren berechnet. Relevanz der Modellergebnisse: Bedeutung morphologischer Veränderungen des Unterweservorlandes infolge einer Klimaänderung Die Modellierung der Biotoptypenverteilung erfolgte unter der Prämisse, dass sich die Morphologie des Vorlandes und der Wattbereiche im Vergleich zu heute bei einer Klimaänderung nicht verändert (s. Kap. 1.4). Der Vergleich historischer Unterweserdaten (BIOS 2005, KÜFOG 2005) zeigt allerdings, dass die Röhrichtentwicklung vor allem im rechten Nebenarm der Unterweser, anders als mit dem VSModell vorhergesagt, vermutlich auch bei einer Klimaänderung mit dem ansteigenden MThw Schritt halten kann. Entlang des Hauptstroms ist bei einer Klimaänderung dagegen tatsächlich mit einer Abnahme der Röhrichtflächen zu rechnen. Stünden modellierte Informationen zur Morphodynamik flächendeckend zur Verfügung, könnten mit dem VS-Modell durchaus Voraussagen über potenzielle Wachstumsprozesse der Vorländer und der damit einhergehenden Ausbreitung von Röhrichten für die strömungsberuhigten Bereiche der Unterweservorländer modelliert werden (Kap. 1.4, 7.1.2, 8.1.8). Teil III - Zusammenfassung 142 Wissenschaftlicher Fortschritt Die vorliegende Arbeit stellt ein validiertes und anwendungsorientiertes Modell zur Vorhersage von Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung und eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs für große bis mittlere Maßstabsbereiche zur Verfügung. Die dargestellten Ergebnisse tragen zur Verbesserung der Kenntnis der Standort-Wirkungszusammenhänge für die Vorlandvegetation von Ästuaren Norddeutschlands bei und auch liefert einen wichtigen Beitrag zum Klimafolgenforschungsprogramm des BMBF. Arbeiten zur Abschätzung von Vegetationsveränderungen in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigen entweder kleinere Untersuchungsräume von wenigen Hektar, wie z.B. einzelne Vorland- oder Vordeichsabschnitte von Flussläufen (BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 2003, SCHILLINGER 2002, VAGTS 2000, BUNDESANSTALT FÜR GEWÄSSERKUNDE 1998), oder beziehen sich innerhalb Europas regional überwiegend auf die Analyse des Vorkommens und die Gefährdung einzelner Pflanzenarten besonderer Lebensräume (SIMAS et al. 2001, PRIMACK 2000, SANCHEZ et al. 1996). In den Vereinigten Staaten und in Kanada (MORTSCH 1998) liegen dagegen bereits Studien vor, die die Klimasensitivität der Vegetation verschiedener Ästuare und der Großen Seen auf breiter Basis analysieren, um zu qualitativ und quantitativ flächendeckenden Aussagen möglicher zu erwartender Veränderungen der Vorlandvegetation zu kommen. Die vorliegende Untersuchung ergänzt die nationale und internationale Forschung (SCHIRMER & SCHUCHARDT 2005, KRAFT 2004, DASCHKEIT & SCHOTTES 2002, VAN WIJNEN & BAKKER 2001, SIMAS et al. 2001, HULME & CARTER 2000, NICHOLLS 2000, VAGTS et al. 2000, MORTSCH 1998, OLIVO DE-LOURDES 1997, TITUS & NARAYANAN 1996, JELGERSMA et al. 1993, NOEST 1991), indem eine flächendeckende Modellierung möglicher Klimafolgen für die Vorlandvegetation des Lebensraumes Ästuar am Beispiel der Unterweser vorgenommen wird. Übertragbarkeit des VS-Modells Mit dem hier entwickelten VS-Modell können auf der Grundlage des CART-Verfahrens und mit Hilfe eines GIS flächendeckende Vorhersagen zu Art und Ausmaß der Biotoptypveränderung der Unterweservorländer infolge einer Klimaänderung vorgenommen werden. Das VS-Modell ist in Kombination mit dem CART-Verfahren hochgradig geeignet, Vegetationsveränderungen infolge einer Klimaänderung für große Gebiete vorherzusagen und mit einem GIS darzustellen. Das VS-Modell liefert zuverlässige und plausible Prognoseergebnisse von hoher Aussagekraft (Kap. 7.1.2, 7.2.1, 7.3.2). Die für die Unterweservorländer erarbeiteten Zusammenhänge und Methoden des VS-Modells können für den hier verwendeten und definierten Gültigkeitsbereich somit auf weitere Ästuare Norddeutschlands übertragen und zur Prognose der dortigen Biotoptypenverteilung angewendet werden. Das VS-Modell dient daher für die Unterweser oder andere Ästuare Norddeutschlands als Instrument zur Untersuchung von möglichen Klimafolgen. Darüber hinaus kann es auch bei Raumplanungsvorhaben, wie der geplanten Unterweservertiefung oder im Rahmen eines integrierten Küstenzonenmanagements zur Vorhersage von Vegetationsveränderung sowie zur Analyse potenzieller Nutzungskonflikte im Sinne eines vorsorgenden Handelns eingesetzt werden. Teil IV - Literatur 10 143 LITERATUR Ali, A. (1996): Vulnerability of Bangladesh to climate change and sea level rise through tropical cyclones and storm surges. 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Springer, Berlin: 139-148 I Teil IV - Anhang 11 ANHANG GEMESSENE UND MODELLIERTE PEGELSTÄNDE ENTLANG DER UNTERWESER Im Rahmen des KLIMU-Projektes stellte das TP Unterwesersimulation gemessene und modellierte Pegelstände für die Unterweser zur Verfügung (GRABEMANN et al. 1999): Im langjährigen Mittel beträgt der Oberwasserabfluss (MQ) bei Intschede (etwa 30 km flussauf des Bremer Wehres) 323 m3/s. Das langfristige Mittel der jährlichen Maxima (MHQ) liegt bei 1250 m3/s, das langfristige Mittel der jährlichen Minima (MNQ) bei 124 m3/s. 1991 betrug der mittlere Abfluss nur 214 m3/s, 1994 dagegen 503 m3/s, wobei sich das 1. Quartal 1994 durch drei aufeinander folgende Hochwasser mit Abflüssen größer 1400 m3/s auszeichnete. Die Mittleren Hoch- (MHw) und Niedrigwasser (MNw) lagen 1991 und 1994 in der Größenordnung der mittleren Werte für die 10-Jahresreihe 1985 bis 1994, wobei die 1991er Werte etwa 10 cm niedriger und die 1994er Werte etwa 10 cm höher lagen als die 10jährigen Mittel. Die Datenausgaben erfolgten als Zeitreihen (Ausgabeintervall: 15 min) auf der Grundlage der real gemessenen Pegel Große Weserbrücke, Vegesack, Farge, Brake und Bremerhaven (GRABEMANN et al. 1999). Tab. A1: Lage der Pegel zur Wasserstandsmessung entlang der Unterweser Unterweser-Kilometer (UW km) UW km 0 UW km 17,9 UW km 26,3 UW km 39,2 UW km 66,7 Namen der Pegel Große Weserbrücke Vegesack Farge Brake Bremerhaven In der Tabelle A2 sind die Ergebnisse der Modellierung des TP Unterwesersimulation von GRABEMANN et al. (1999) für 8 weitere virtuelle Pegel der Unterweser für die Parameter MThw und MTnw als Mittelwerte der Jahre 1991 und 1994 unter heutigen Bedingungen (Status quo = SQ) und unter den Bedingungen einer Klimaänderung (KS) dargestellt. Die Pegeldaten sind zur Übertragung in ein Geografisches Informationssystem (GIS) auf 11 etwa gleich große Unterweserabschnitte aufgeteilt worden. II Teil IV - Anhang Tab. A2: Lage, Nummer und Namen der Unterweserabschnitte und Pegel und zugeordnete Höhe des MThw und des MTnw (Mittleren Tidehoch- und Niedrigwassers über NN in cm) im Status quo (SQ) und im Klimaszenario (KS) im Längsverlauf der Unterweser zwischen dem Weserwehr und Bremerhaven (verändert nach GRABEMANN et al. 1999) Lage der Unterweserabschnitte [UnterweserKilometer] -4,5 bis 0 0 bis 8,5 8,5 bis 17,9 17,9 bis 26,3 26,3 bis 33,3 33,3 bis 39,2 39,2 bis 49,2 49,2 bis 55,8 55,8 bis 60,2 60,2 bis 66,7 66,7 bis 80,0 Unterweser Namen der Pegel MThw SQ abschnitt und in cm über Nr. Unterweserabschnitte NN 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Weserwehr Große Weserbrücke Oslebshausen Vegesack Farge Elsfleth Brake Strohauser Plate Nordenham Blexen Bremerhaven 243 230 224 216 205 197 192 186 182 178 175 MThw KS in cm über NN 308 295 289 281 271 263 259 255 252 248 245 MTnw SQ in cm über NN MTnw KS in cm über NN -112 -156 -166 -163 -165 -176 -190 -201 -205 -203 -196 -70 -116 -125 -122 -124 -134 -149 -160 -166 -163 -156 Aufgrund der „hydraulischen Glätte“ des Weserästuars setzen sich die anhand des Klimaszenarios ermittelten Wasserstandserhöhungen am seeseitigen Modellrand (Hochwasser + 70 cm, Niedrigwasser + 40 cm) mit kleinen Abweichungen bis Bremen fort. Für feste Oberwasser verlängern sich dabei die Verweilzeiten von Wasserkörpern in der Unterweser. Die Brackwasserzone dringt im Mittel etwa 2 km weiter stromaufwärts vor (GRABEMANN et al. 1999). ÜBERFLUTUNGSDAUER Zur Berechnung der Überflutungsdauern wurden von Dr. Iris Grabemann (Teilprojekt Unterwesersimulation) zwei repräsentative Tidezyklen auf Basis gemessener Pegeldaten des 08.06.1994 und 09.06.1994 zur Verfügung gestellt. Anhand der Zuordnung der gemessenen Pegelstände zu den jeweiligen Tageszeiten wurden die Überflutungsdauern für die 11 Unterweserabschnitte ermittelt. Auf Basis der Unterweserabschnitte wurde für die ermittelten Überflutungsdauern der Flächenbezug im GIS hergestellt. In Tab. A3 sind die täglichen Überflutungsdauern in Stunden für die 11 Unterweserabschnitte (Pegel) bezogen auf Höhen über NN in 20 cm Schritten dargestellt. III Teil IV - Anhang Tab. A3: Tägliche Überflutungsdauern in Stunden für die 11 Unterweserabschnitte, bezogen auf die Unterweser-Kilometer 0 bis 80 für verschiedene Vorlandhöhen über NN in 20 cm Schritten für einen repräsentativen Tidezyklus vom 08. und 09.06.1994. Die Rohdaten wurden von Dr. Grabemann vom Teilprojekt Unterwesersimulation ausgewählt und dem KLIMU-Projekt zur Verfügung gestellt Höhe in cm Unterweser- Unterweser- Unterweser- Unterweser- Unterweser- Unterweser- Unterweser- Unterweser- Unterweser- Unterweser- Unterweserüber NN abschnitt abschnitt abschnitt abschnitt abschnitt abschnitt abschnitt abschnitt abschnitt abschnitt abschnitt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 >320 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 320 bis 300 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 1,0 1,5 300 bis 280 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,5 1,9 2,4 2,9 280 bis 260 0,0 0,0 0,0 0,5 1,5 1,9 1,9 2,9 3,4 3,9 4,4 260 bis 240 1,5 1,9 2,9 2,9 3,4 2,9 3,9 3,9 4,8 4,8 5,3 240 bis 220 3,4 3,9 4,4 4,8 4,8 4,8 4,8 5,8 5,3 6,3 6,8 220 bis 200 4,8 5,3 5,3 5,8 5,8 5,8 6,3 6,8 7,3 7,3 7,7 200 bis 180 6,8 6,8 6,8 6,8 6,8 7,3 7,7 7,7 8,2 8,7 8,7 180 bis 160 7,7 7,7 8,2 8,2 8,2 8,2 8,7 8,7 9,2 9,7 9,7 160 bis 140 9,2 8,7 9,2 9,2 9,2 9,2 9,7 9,7 10,2 10,6 10,6 140 bis 120 13,5 9,7 10,2 10,2 10,6 10,2 10,6 10,6 10,6 11,1 11,6 120 bis 100 11,1 10,6 11,1 11,1 11,6 11,1 11,6 11,6 11,6 12,1 12,1 100 bis 80 12,1 12,1 12,1 12,1 12,6 12,1 12,1 12,6 12,6 13,1 13,1 80 bis 60 12,6 12,6 13,1 13,1 13,5 13,1 13,1 13,5 13,5 14,0 14,0 60 bis 40 13,5 13,5 14,0 14,0 14,5 14,0 14,5 14,0 14,5 15,0 15,0 40 bis 20 14,0 14,5 15,0 14,5 15,0 15,0 15,5 15,0 15,5 15,5 16,4 20 bis 0 15,0 15,5 15,5 15,5 15,5 16,0 16,4 16,0 16,4 16,9 16,9 0 bis –20 16,0 16,4 16,4 16,4 16,4 16,9 17,4 17,4 17,4 17,9 18,4 -20 bis –40 16,9 17,4 16,9 17,4 17,4 17,9 18,4 18,9 18,4 18,4 18,9 -40 bis –60 17,4 18,4 17,9 17,9 18,4 18,9 19,3 19,8 19,8 8,7 20,3 -60 bis –80 18,4 18,9 18,9 18,9 18,9 19,8 20,8 21,3 20,8 20,8 21,3 -80 bis -100 19,8 19,8 19,3 19,8 19,8 20,8 21,3 22,2 22,2 22,2 22,2 -100 bis -120 20,8 20,8 20,3 20,3 21,3 21,3 22,7 23,7 24,2 23,2 24,2 -120 bis -140 22,2 21,8 21,8 21,3 21,8 22,7 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 -140 bis -160 24,2 24,2 23,7 23,2 24,2 24,2 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 -160 bis -180 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 24,2 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 -180 bis -200 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 24,2 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 -200 bis -220 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 24,2 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 -220 bis -240 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 24,2 24,2 24,2 24,7 24,2 24,2 IV Teil IV - Anhang ÜBERFLUTUNGSHÄUFIGKEITEN Zur Berechnung der Überflutungshäufigkeiten mittels eines GIS wurden von Prof. Dr. von Lieberman vom Teilprojekt Küstenschutz für die Pegel Weserbrücke, Vegesack, Farge, Brake und Bremerhaven für die Jahre 1991 und 1994 die Unterschreitungshäufigkeiten (wie oft fällt ein Bereich trocken) und Überschreitungshäufigkeiten (wie oft wird ein Bereich überflutet) für die verschiedenen Vorlandhöhen in m über NN in 20 cm-Schritten modelliert und im Rahmen des KLIMU-Projektes zur Verfügung gestellt. Tab. A4: Modellierte Unterschreitungshäufigkeiten (wie oft fällt ein Bereich trocken) und Überschreitungshäufigkeiten (wie oft wird ein Bereich überflutet) pro Jahr bezogen auf die Tidewasserstände der Jahre 1991 und 1994 für die Pegel Weserbrücke, Vegesack, Farge, Brake und Bremerhaven (Daten zur Verfügung gestellt von Prof. Dr. von Lieberman, Teilprojekt Küstenschutz, Uw-km = Unterweser-Kilometer) Pegelname, Weserbrücke UnterweserKilometer Uw-km 0 Höhe [m] Unterüber NN schreitungshäufigkeit/ Jahr WeserVegesack brücke Uw-km 0 Uw-km 17,9 ÜberUnterschreitungs- schreitungshäufigkeit/ häufigkeit/ Jahr Jahr Vegesack Farge Farge Brake Brake Bremerhaven Uw-km 17,9 Uw-km 26,3 Uw-km 26,3 Uw-km 39,2 Uw-km 39,2 Uw-km 66,7 ÜberUnterÜberUnterÜberUnterschreitungs- schreitungs- schreitungs- schreitungs- schreitungs- schreitungshäufigkeit/ häufigkeit/ häufigkeit/ häufigkeit/ häufigkeit/ häufigkeit/ Jahr Jahr Jahr Jahr Jahr Jahr Bremerhaven Uw-km 66,7 Überschreitungshäufigkeit/ Jahr -0,7 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 -0,5 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 -0,3 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,2 705,8 -0,1 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,2 705,8 0,4 705,6 0,1 0,1 705,9 0,2 705,8 0,1 705,9 0,5 705,5 0,7 705,3 0,3 0,3 705,7 0,4 705,6 0,3 705,7 0,7 705,3 1,5 704,5 0,5 0,4 705,6 0,6 705,4 0,5 705,5 1,2 704,8 3,2 702,8 0,7 0,7 705,3 1,2 704,8 0,8 705,2 2,4 703,6 6,2 699,8 0,9 1,7 704,3 2,2 703,8 1,7 704,3 5,0 701,0 13,2 692,8 1,1 3,0 703,0 4,6 701,4 3,3 702,7 10,4 695,6 28,5 677,5 1,3 5,6 700,4 8,7 697,3 6,0 700,0 22,4 683,6 63,4 642,6 1,5 11,3 694,7 19,6 686,4 13,0 693,0 47,1 658,9 141,0 565,0 1,7 24,2 681,8 42,9 663,1 28,4 677,6 104,5 601,5 274,0 432,0 1,9 51,5 654,5 95,7 610,3 62,4 643,6 211,9 494,1 439,8 266,2 2,1 106,6 599,4 193,0 513,0 140,6 565,4 368,4 337,6 568,4 137,6 2,3 201,8 504,2 336,6 369,4 272,8 433,2 525,2 180,8 643,8 62,2 2,5 340,8 365,2 485,7 220,3 438,1 267,9 622,4 83,6 676,1 29,9 2,7 481,4 224,6 592,4 113,6 567,7 138,3 667,1 38,9 690,2 15,8 2,9 591,1 114,9 647,1 58,9 636,4 69,6 686,3 19,7 696,6 9,4 3,1 644,9 61,1 675,3 30,7 669,9 36,1 693,4 12,6 700,1 5,9 3,3 673,6 32,4 688,7 17,3 686,9 19,1 698,4 7,6 702,7 3,3 V Teil IV - Anhang Tab. A4, Fortsetzung: Modellierte Unterschreitungshäufigkeiten (wie oft fällt ein Bereich trocken) und Überschreitungshäufigkeiten (wie oft wird ein Bereich überflutet) pro Jahr bezogen auf die Tidewasserstände der Jahre 1991 und 1994 für die Pegel Weserbrücke, Vegesack, Farge, Brake und Bremerhaven (Daten zur Verfügung gestellt von Prof. Dr. von Lieberman, Teilprojekt Küstenschutz, Uw-km = Unterweser-Kilometer) Pegelname, Weserbrücke UnterweserKilometer Uw-km 0 Höhe [m] Unterüber NN schreitungshäufigkeit/ Jahr WeserVegesack brücke Uw-km 0 Uw-km 17,9 ÜberUnterschreitungs- schreitungshäufigkeit/ häufigkeit/ Jahr Jahr Vegesack Farge Farge Brake Brake Bremerhaven Uw-km 17,9 Uw-km 26,3 Uw-km 26,3 Uw-km 39,2 Uw-km 39,2 Uw-km 66,7 ÜberUnterÜberUnterÜberUnterschreitungs- schreitungs- schreitungs- schreitungs- schreitungs- schreitungshäufigkeit/ häufigkeit/ häufigkeit/ häufigkeit/ häufigkeit/ häufigkeit/ Jahr Jahr Jahr Jahr Jahr Jahr Bremerhaven Uw-km 66,7 Überschreitungshäufigkeit/ Jahr 3,5 688,2 17,8 695,5 10,5 694,2 11,8 701,4 4,6 703,9 2,1 3,7 695,5 10,5 699,7 6,3 698,9 7,1 703,1 2,9 704,9 1,1 3,9 699,6 6,4 701,9 4,1 701,5 4,5 704,4 1,6 705,3 0,7 4,1 702,1 3,9 703,8 2,2 703,5 2,5 705,2 0,8 705,6 0,4 4,3 703,7 2,3 704,6 1,4 704,6 1,4 705,5 0,5 705,7 0,3 4,5 704,6 1,4 705,3 0,7 705,3 0,7 705,6 0,4 705,8 0,2 4,7 705,4 0,6 705,6 0,4 705,5 0,5 705,8 0,2 705,9 0,1 4,9 705,7 0,3 705,8 0,2 705,7 0,3 705,9 0,1 705,9 0,1 5,1 705,9 0,1 705,9 0,1 705,9 0,1 705,9 0,1 706,0 0,0 5,3 705,9 0,1 705,9 0,1 705,9 0,1 706,0 0,0 706,0 0,0 5,5 706,0 0,0 706,0 0,0 705,9 0,1 706,0 0,0 706,0 0,0 5,7 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 706,0 0,0 VI Teil IV - Anhang ÜBERSETZUNGSTABELLE FÜR DIE BIOTOPTYPENKARTIERUNG NACH KURZ & KÜVER (1991) IN DIE BIOTOPTYPEN NACH DER DEFINITION NACH DRACHENFELS (1994) Tab. A5: Übersetzungstabelle für die Biotoptypenkartierung von KURZ & KÜVER (1991) in alphabetischer Reihenfolge in die Biotoptypen nach der Definition von v. DRACHENFELS (1994) Abkürzung Biotoptypen KURZ & KÜVER (1991) Ai Bf Bp Definition Biotoptypen KURZ & KÜVER (1991) Intensivacker, in der Regel auf Spülfeldern Forsten aus Pappeln, Weiden, Ahornbäumen Pionierwald auf sandigen Brachen Einzelbäume, in der Regel Weiden Grasacker Fettwiese Abkürzung Biotoptypen v. DRACHENFELS (1994) AT Definition Biotoptypen v. DRACHENFELS (1994) Basenreicher Lehm/Tonacker WXP Hybridpappelforst WPB PSC PZA PHO OGI KX Obst- und Gemüsegarten Industrielle Anlage Küstenschutzbauwerk KX KHF KX Küstenschutzbauwerk Salzwiese Ästuare Küstenschutzbauwerk Rb Campingplätze Grünanlagen mit Rasen und Rosen Gärten von Siedlungen Industrie- und Lagerflächen Hochgelegene Steinpflasterböschungen Deichweg Salz-Pioniervegetation Ritzenvegetation zwischen Steinen Strandsimsenröhricht Birken- und Zitterpappel Pionierwald Birken- und Zitterpappel Pionierwald Grünlandeinsaat Mesophiles Grünland mäßig feuchter Standorte Flutrasen Intensivgrünland der Marschen Seggen-, binsen-, hochstaudenreicher Flutrasen Mesophiles Grünland mäßig feuchter Standorte Nährstoffreiche Nasswiese Sonstiger Sand-Magerrasen Sonstiges Mesophiles Grünland Halbruderale Gras- Staudenflur mittlerer Standorte Campingplätze Grünanlage ohne Altbäume KBR, FWR, KRS, NRT Rr Rohrkolbenröhricht KBRt, FWRt, NRR Rs Schilfröhricht KBRs, FWRs, KRP, NRS Strandsimsen-Röhricht: Brackwasserwatt-, Flusswatt-, Brackmarsch oder Landröhricht Rohrkolbenröhricht: Brackwasserwatt-, Flusswatt-, oder Landröhricht Schilf-Röhricht: Brackwasserwatt-, Flusswatt- , Brackmarsch-, oder Landröhricht Bw Ga Gd Gf Gi Gn Gr Gs Gt Gw Hb Hc Hg Hh Hi Kb Kd Kp Kr WPB GA GMF Flutrasen Intensivierte Fettwiese Nährstoffreiche Feuchtweide Rotschwingelrasen GFF GIM GNF Seggengrünland Ruderalisierte Trockenrasen Weidelgras-WeißkleeWeiden Kleingartenbrachen GNR RSZ GMZ GMF UHM VII Teil IV - Anhang Tab. A5, Fortsetzung: Übersetzungstabelle für die Biotoptypenkartierung von KURZ & KÜVER (1991) in die Biotoptypen nach der Definition von v. DRACHENFELS (1994). Abkürzung Biotoptypen, KURZ & KÜVER (1991) Rt Definition Biotoptypen, KURZ & KÜVER (1991) Teichsimsenröhricht Abkürzung Biotoptypen, v. DRACHENFELS (1994) FWR, NRT Sd Ruderalflur auf Spülfelddämmen Halbruderale Wildstaudenflur auf Gartenbrachen Ruderalflur auf Spülsäumen mit Treibsel Trockene Staudenfluren auf Ufersand Wiesenkerbelsäume an Prielen und Gräben Fischteiche UHM Gräben mit gefährdeten Arten Laichkrautgräben Schilfgraben Kleine Tümpel in Dauerweiden Uferseggengräben Wasserschwadengräben FGM Sh Ss St Sw Wf Wg Wl Ws Wt Wu Ww UHM URF KSN GFF SEZ FGM FGM SEZ FGM FGM Definition Biotoptypen, v. DRACHENFELS (1994) Teichsimsen-Röhricht: Flusswatt- oder Landröhricht Halbruderale Gras- Staudenflur mittlerer Standorte Halbruderale Gras- Staudenflur mittlerer Standorte Ruderalflur frischer bis feuchter Standorte Naturnaher Sandstrand mit Röhricht Flutrasen Sonstiges naturnahes, nährstoffreiches Kleingewässer Marschgraben Marschgraben Marschgraben Sonstiges naturnahes, nährstoffreiches Kleingewässer Marschgraben Marschgraben VIII Teil IV - Anhang ERGEBNISSE DER PFLANZENSOZIOLOGISCHEN KARTIERUNG AUSGEWÄHLTER TEILFLÄCHEN DER UNTERWESERVORLÄNDER VON SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) Tab. A6: Die kartierten Pflanzengesellschaften auf den ausgewählten Standorten mit Einschätzungen der Nutzungsart und –intensität und des Wasserhaushaltes (aus SCHRÖDER & GEHLKEN 1999) Standorttyp Tidebeeinflusstes Vorland Tidebeeinflusstes Vorland Tidebeeinflusstes Vorland Tidebeeinflusstes Vorland Sommerpolder Standortname Strohauser Vorländer Vorkommende Pflanzengesellschaft Ranunculus repens-/ Alopecurus pratensis Strohauser Vereinzelt Vorländer Rumici-Alopecuretum, selten Poo-Rumicetum und Urtica Brachen Neues Rumici-Alopecuretum Pfand geniculati - Phragmites australisAusbildung Neues Rumici-Alopecuretum Pfand geniculati -Lolium multiflorumAusbildung Harrier Poo-Rumicetum Sand obtusifolii -Poa annuaAusbildung Sommerpolder Harrier Sand CynosurionGesellschaften Tanacetum vulgareAusb. Sommerpolder Harrier Sand z.T. Lolium multiflorum Ansaat Nutzungsart und Nutzungsintensität zweischürige Mahd geringe Düngung zweischürige Mahd geringe Düngung Wasserhaushalt regelmäßig überflutet, z.T. sommertrocken regelmäßig überflutet, frisch Brache, vormals: regelmäßig Mähweide oder Wiese überflutet, ganzjährig feucht Brache, vormals: Mähweide/Wiese regelmäßig überflutet, wechselfeucht Mähweiden mit hohen Besatzdichten, ca. 200 kgN/ha/J, Grünlandnachsaaten, Herbizideinsatz intensive Beweidung keine Mahd, geringe Düngung, keine Nachsaat, kein Herbizideinsatz *grundwasserunabhängig, gelegentlich überflutet *grundwasserunabhängig, gelegentlich überflutet *grundwasserunabhängig bedeutet, dass die Gesellschaft keines speziellen Wasserstandes bedarf, lokal sind die Standorte jedoch in der Regel „frisch“ IX Teil IV - Anhang Tab. A6, Fortsetzung: Die kartierten Pflanzengesellschaften auf den ausgewählten Standorten mit Einschätzungen der Nutzungsart und –intensität und des Wasserhaushaltes (aus SCHRÖDER & GEHLKEN 1999) Standorttyp Standortname Hammelwarder Sand Vorkommende Pflanzengesellschaft Poo-Rumicetum obtusifolii Anthriscus sylvestrisAusbildung Sommerpolder Hammelwarder Sand Lolio-Cynosuretum typicum Spülfeld Neues Pfand Festuca rubraCrepis biennis-Brachen Sommerpolder Hammelwarder Sand Kleinensieler Plate Kleinensieler Plate Kleinensieler Plate Bremen (Osterdeich) Urtica dioica-Brachen -Stellaria media-Ausb. keine Nutzung Poo-Rumicetum obtusifolii -Poa annua-Ausb. Festuca rubraArrhenatherum elatiusBrachen z.T. RumiciAlopecuretum und Urtica-Brachen Convolvulo-Angelicetum archangelicae Mähweiden mit hohen *grundwasserBesatzdichten unabhängig Sommerpolder Spülfeld Spülfeld Spülfeld Befestigtes Ufer Nutzungsart und – intensität Vielschnittgrasland: 3-4 Schnitte, kaum Beweidung, ca. 200 kgN/ha/J, Nachsaat, Herbizideinsatz Standweiden Viehdichte: (ca. 1 GVE/ha), kaum Düngung Brache, vormals: Mähweide oder Wiese Brache Wasserhaushalt *grundwasserunabhängig, gelegentlich überflutet *grundwasserunabhängig, gelegentlich überflutet Gelegentlich überflutet, wechselfeucht *grundwasserunabhängig *grundwasserunabhängig Brache keine Nutzung Regelmäßig überflutet, wechselfeucht *grundwasserunabhängig bedeutet, dass die Gesellschaft keines speziellen Wasserstandes bedarf, lokal sind die Standorte jedoch in der Regel „frisch“ X Teil IV - Anhang ZUORDNUNG DER IM UNTERSUCHUNGSGEBIET KARTIERTEN PFLANZENGESELLSCHAFTEN ZU DEN BIOTOPTYPEN (NACH V. DRACHENFELS 1994). Tab. A7: Zuordnung der durch SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) kartierten Pflanzengesellschaften (fett gedruckt) und der von KURZ & KÜVER 1991, sowie der GFL (1992) kartierten Pflanzengesellschaften (nicht fett gedruckt) in alphabetischer Reihenfolge, zu den Biotoptypen nach v. DRACHENFELS (1994) Name der kartierten Pflanzengesellschaften SCHRÖDER & GEHLKEN (1999) Abk. Biotoptypen Definition Biotoptypen Bezeichnung der für die grafische Darstellung zusammengefassten Biotoptypen Nährstoffreiche Nasswiese, seggenreich Feuchtgrünland Calthion (Carex disticha Ges.) GNR Convolvulo-Angelicetum archangelicae UHF Corynephoretum canescantis, Carex arenariaGes. Dauco-Arrhenatheretea Fragment RSZ Halbruderale Gras-Staudenflur feuchter Ruderalflur Standorte Sonstiger Sand-Magerrasen Trockenrasen GIM Intensivgrünland der Marschen Intensivgrünland Flutrasen Festuco-arundinacea Potentilla anseriana GFF Flutrasen Festuca-rubra Crepis biennis GIM Ehemals Intensivgrünland, jetzt Brache Ruderalflur Festuca rubra-Arrhenatherum elatius GIM Ehemals Intensivgrünland, jetzt Brache Ruderalflur Lolio-Cynusuretum/Cynosurion GMF Mesophiles Grünland, mäßig feucht Extensivgrünland Lolio-Cynusuretum GMZ Sonstiges Mesophiles Grünland Extensivgrünland Lolio-Multiflorum Ansaat GA Grünlandeinsaat oder Grasacker Grasacker Mais- Kohlacker AT Basenreicher Lehm und Tonacker Acker Molinio Arrhenatheretea Klassengesellschaft /Fragment Molinio Arrhenatheretea Übergang zu Artemisia -Tanaceto Arrhenateretum Phalaridetum arundinaceae GIM Intensivgrünland der Marschen Intensivgrünland UHM Ruderalflur NRG Halbruderale Gras-Staudenflur mittlerer Standorte Landröhricht mit Rohrglanzgras Poo Rumici obtusifolii Anthriscus sylvestris-/Poa annua- Ausbildung Ranunculus repens-Alopecurus pratensis Gesellschaft Rumici Alopecuretum geniculati GIMw Intensivgrünland der Marschen Intensivgrünland GMF Mesophiles Grünland, mäßig feucht Extensivgrünland GNF Feuchtgrünland Rumici-Alopecuretum geniculati GFF Flutrasen, seggen- binsenhochstaudenreich Flutrasen Scirpetum maritimi, Scirpetum triquetrimaritimi Scirpetum maritimi, Scirpetum triquetrimaritimi, Scirpetum lacustris Scirpetum maritimi, Scirpetum triquetrimaritimi, Scirpetum lacustris Scirpetum maritimus KRS Röhricht über MThw FWR Strandsimsen-Röhricht der Brackmarsch Flusswatt-Röhricht KBR Röhricht des Brackwasserwatts Röhricht unter MThw KSN Naturnaher Sandstrand Strand Scirpo-Phragmitetum FWRs Flusswatt-Röhricht mit Schilf Röhricht unter MThw Scirpo-Phragmitetum KBRs Brackwasserwatt-Röhricht mit Schilf Röhricht unter MThw Scirpo-Phragmitetum KRP Schilf Röhricht der Brackmarsch Röhricht unter MThw Scirpo-Phragmitetum NRS Landröhricht mit Schilf Röhricht über MThw Scirpo-Phragmitetum Var. Typha latifolia FWRt Flusswatt-Röhricht mit Strandsimse Röhricht unter MThw Scirpo-Phragmitetum Var. Typha latifolia KBRt Röhricht unter MThw Sisymbrietalia, Arction, Polygono-Poetalia annuae URF Brackwasserwatt-Röhricht mit Rohrkolben Ruderalflur frisch- feuchter Standorte Röhricht über MThw Flutrasen Röhrich unter MThw Ruderalflur Teil IV - Anhang XI SKRIPTE ZUR MODELLIERUNG DER BIOTOPTYEN UND DER NUTZUNGSTYPEN MIT DEM PROGRAMM R UND DEM CART-VERFAHREN Die folgenden beiden Skripte zum Einlesen und Modellieren der Daten in „R“ wurden von Herrn W. Wosniok, FB 03 Mathematik/Informatik, Universität Bremen für diese Arbeit zur Verfügung gestellt. Das Statistik-Programm „R“ (R Development Core Team 2005, Version 1.6.1, http://www.rproject.org) und das Statistik-Modul Classification and Regression Trees (tree) können unter http://pangora.org/cran/ aus dem Internet geladen werden. Mit folgendem Skript können ASCII-Dateien mit den entsprechenden Zielgrößen und Variablen in das Programm „R“ eingelesen werden: # source("lesen1.ssc") lesen <- function(infile) { # lesen1.ssc 13.08.04 # - Einlesen einer ASCII-Datei # - daraus Herstellen eines data frame # infile: Name der ASCII-Datei # (voller Pfad, doppelter backslash(\\) nötig) # outframe: Name des Ausgabe-data-frame # Bedienung auf der command-line-Ebene: # 1) source("c:\\lesen.ssc") oder # Benutzen von 'run' im pulldown-Menü # um die Funktion zu übersetzen # # 2) <Ziel-Frame> <- lesen(<Eingabedatei>) # um Daten zu lesen # # Beispiel: # 2) roh.fra <- lesen("c:\\DatensatzA.csv") # # Warnung: Vorsicht mit Leerstellen in der ASCII-Datei - können bewirken, # dass numerische Werte als character -> factor angesehen werden, # außerdem werden eventuell mv nicht erkannt. Müssen im output als # NA erscheinen! # ------------ alten data frame gleichen Namens löschen ------------- # #if (exists(deparse(substitute(outframe)),where=1)) #{ cat(paste("\n==> alter data frame ", # deparse(substitute(outframe))," wird geloescht\n")) # cat(dos(paste("dir .Data\\",deparse(substitute(outframe)),sep="")),fill=T) # remove(paste(deparse(substitute(outframe))),where=1) #} # ------------ ASCII-Datei lesen ------------------------------------ # local.fra <- read.table(file=infile, header=T, row.names="ID", sep =';', as.is=T, na.strings=".") cat("Eingelesene Variablen:\n") print(names(local.fra)) cat("mode(local): \n") print(mode(local.fra)) cat("dim(local.fra): \n") print(dim(local.fra)) cat("Ersten 10 Faelle eingelesen \n") Teil IV - Anhang XII print(local.fra [1:10, ]) # den lokalen data frame auf Ebene 1 verschieben, dabei auf gewünschten # Namen umbenennen # assign(deparse(substitute(outframe)),local.fra,where=1) ##assign(deparse(substitute(outframe)),local.fra) ##cat(paste("\n==> Daten aus ",infile," gelesen und als")) ##cat(paste("\n==> data frame ",deparse(substitute(outframe))," gespeichert\n")) ##cat(paste("dir .Data\\",deparse(substitute(outframe)),sep=""),fill=T) return(local.fra) message<- "----------- function lesen beendet ------------------ " } Mit folgendem Skript kann unter R das Statistik Modul CART (Package „tree“) aufgerufen und verwendet werden: ### source("c:\\Cart.ssc") #### ----------- Beginn klassiv -----------------------------------# klassiv bestimmt den Namen der maximalen Komponente in vekt # bei mehrfachen Maxima wird der erste Name mitgeteilt # geeignet zur Anwendung auf die Zeilen einer Matrix mit apply # Beispiel siehe unten # x <- matrix(c(1,2,3,2,3,1,3,2,1,3,3,2),nrow=4,byrow=T) # dimnames(x) <- list(c("Z1","Z2","Z3","Z4"),c("A","B","C")) # print(x) # print(matrix(apply(x,1,klassiv,dimnames(x)[[2]]),ncol=1)) klassiv <- function(vekt,namen) # vekt: Vektor, in dem gesucht wird # namen: Vektor derselben Länge wie vekt mit den Bezeichnungen # der Komponenten # WW, 28.06.02 { prognose <- namen[(1:length(vekt))[vekt==max(vekt)]] return(prognose[1])} #### ----------- Beginn rowpct -----------------------------------rowpct <- function(vekt) { return(100*vekt/sum(vekt))} #### ----------- Beginn blowup -----------------------------------blowup <- function(ct) # pumpt eine eventuell nicht symmetrische Kontingenztafel zu einer # symmetrischen auf { xnam <- dimnames(ct)[[1]] ynam <- dimnames(ct)[[2]] nam <- unique(c(xnam,ynam)) # print(nam) length.nam <- length(nam) fct <- matrix(0,nrow=length.nam,ncol=length.nam) dimnames(fct)<- list(nam,nam) # print(fct) # print(ct) for (i in 1:length(xnam)) { for (j in 1:length(ynam)) { i1 <- dimnames(ct)[[1]][i] == dimnames(fct)[[1]] j1 <- dimnames(ct)[[2]][j] == dimnames(fct)[[2]] fct[i1,j1] <- ct[i,j] } } # print(fct) return(fct) } #### ----------- Beginn cartSO2 ------------------------------------cartSO2 <- function(utitel,outfile) { Teil IV - Anhang # # # # # # # # # # 05.05.03, WW Auswertung von "roh.fra" und "test.fra" (beide mit lesenSO.ssc zu lesen): Erzeugen eines Klassifikationsbaums (CART) auf Basis von roh.fra Vorhersage der Zielvariablen für test.fra mit dem zuvor erzeugten Baum Benutzung: cartWW.ssc -> per Menü übersetzen !rm cart.out als Vorbereitung für sink sink("cart.out") Output nach cart.out kfin <- 50 # k für finalen Baum # HIER muss entschieden werden! # cart("Versuch1","ausgabe-datei") # im kommando-Fenster # cart("Versuch1","c:\\Ergebnis.txt") # z.B. # cart("Versuch1","c:\\Ergebnis.txt") # Ausführen # sink() schaltet Ausgabe zurück auf Bildschirm # Parameter beim Aufruf: # utitel - (Unter)titel, gelegentlich beim Plotten benutzt # outfile - Ausgabedatei für die entstehende Prognose: pro Eingabe-Satz # der Vektor mit allen Klassenwahrscheinlichkeiten + # Angabe der Klasse mit der höchsten Wahrscheinlichkeit (= die # eigentliche Schätzung) # # - Plotten # - des maximalen Baums # - der Zuordnung # - der Pruning-Sequenz mit Entwicklung Deviance, Anz. Endknoten, # Fehlklassifikationsrate # - Verteilung der Zielgröße in Ausgangsdaten, Testdaten, nach Schätzung # # ----------- Text zur Identifikation --------------------------------- # zielvar <<- "BTTYP" zvtext <<- "Biotoptyp" progname <<- "cart.ssc" cat( "\n") cat( "================== Beginn cartSO ==========================",fill=T) cat(paste(progname,": CART fuer Zielgröße '",zvtext,"'",sep=""),fill=T) cat( "Variablenname der Zielgroesse: BTTYP",fill=T) cat( "Erklaerende Variablen (Kandidaten fuer Aufnahme in den Baum)",fill=T) cat( "-----------------------------------------------------------",fill=T) cat(paste( "\n BTTYP", "\n TYPNRSQ NUTZNRSQ BODENTYP" , "\n MTHWSQ MTNWSQ UEBERASQ" , "\n UEFLSQ DMTHSQ DMTNSQ SFEUCHSQ" , "\n SALZSQ"), fill=T) cat(paste("Kennung fuer diese Auswertung:",utitel),fill=T) plottext <- paste("ZV:",zvtext, "\n Auswahl aus:", "\n " , "\n TYPNRSQ NUTZNRSQ BODENTYP" , "\n MTHWSQ MTNWSQ UEBERASQ" , "\n UEFLSQ DMTHSQ DMTNSQ SFEUCHSQ", "\n SALZSQ"), # ------------ Maximalen Baum erzeugen -------------------------------- # # Daten für die Baum-Herstellung einlesen und in frame analyse.fra packen attach(roh.fra) cat("cart: Namen in roh.fra",fill=T) print(names(roh.fra)) temp.fra <<- data.frame( XIII Teil IV - Anhang BTTYP, TYPNRSQ , NUTZNRSQ , BODENTYP , MTHWSQ , MTNWSQ , UEBERASQ , UEFLSQ, DMTHSQ , DMTNSQ , SFEUCHSQ , SALZSQ, row.names=row.names(roh.fra) ) # Variablen in roh.fra wegen # attach() jetzt bekannt # hoffentlich nicht anderswo vorhanden # VORSICHT: nicht alle Var in temp.fra übernommen! # mv's entfernen mv <- 1 * is.na(temp.fra) # erzwingt Darstellung in 0/1 mvsum <- mv %*% matrix(1,ncol(mv),1) # Zeilensumme, mühsam analyse.fra <<- temp.fra[mvsum==0, ] # alle mv's sollten raus sein n.ok <- length(analyse.fra[ ,1]) cat(paste("Brauchbare Fälle in analyse.fra:",n.ok),fill=T) plottext <- paste(plottext,"\n Brauchbare Faelle in analyse.fra:",n.ok) detach(roh.fra) cat("cart: Namen in analyse.fra",fill=T) print(names(analyse.fra)) # ---------------------# Daten für den Baum-Test einlesen und in frame cvtest.fra packen attach(test.fra) cat("cart: Namen in test.fra",fill=T) print(names(test.fra)) temp.fra <<- data.frame( BTTYP, TYPNRSQ , NUTZNRSQ , BODENTYP, MTHWSQ , MTNWSQ , UEBERASQ , UEFLSQ, DMTHSQ , DMTNSQ , SFEUCHSQ , GWHO , GWNIED , GWSSQ , SALZSQ , row.names=row.names(test.fra) ) # VORSICHT: nicht alle Var in temp.fra übernommen! # mv's entfernen mv <- 1 * is.na(temp.fra) # erzwingt Darstellung in 0/1 mvsum <- mv %*% matrix(1,ncol(mv),1) # Zeilensumme, mühsam cat("\n mvsum \n") print(mvsum[1:10]) cvtest.fra <<- temp.fra[mvsum==0, ] # alle mv's sollten raus sein ncv.ok <- length(cvtest.fra[ ,1]) cat(paste("Brauchbare Fälle in cvtest.fra:",ncv.ok),fill=T) plottext <- paste(plottext,"\n Brauchbare Faelle in cvtest.fra:",ncv.ok) detach(test.fra) cat("cart: Namen in cvtest.fra",fill=T) print(names(cvtest.fra)) # ---------------------attach(analyse.fra) cat("\n BTTYP:\n") ##print(table(analyse.fra$BTTYP)) cat("\n DMTHSQ:\n") ##print(table(analyse.fra$DMTHSQ)) baum.max <- tree(BTTYP~ TYPNRSQ+ NUTZNRSQ+ BODENTYP+ UEBERASQ+ UEFLSQ+ DMTHSQ+ DMTNSQ+ SFEUCHSQ+ XIV Teil IV - Anhang SALZSQ , data=analyse.fra, na.action=na.omit,# minsize=2, mindev=0) # Standardbaum erzeugen, # maximale Größe # baum.max <- tree(BTTYP~ # DMTHSQ # , # data=analyse.fra, # na.action=na.omit,# # minsize=2, # mindev=0) # Standardbaum erzeugen, # maximale Größe cat("\n ----------- MAXIMALER Baum\n") # print(baum.max) # Baum ausgeben cat("Zusammenfassung\n") print(summary(baum.max)) # Zusammenfassende Beschreibung # Merke : # Deviance in Knoten i = - 2 * Summe_j n_{ij} * log p_{ij} # # Splits werden so gewählt, daß Deviance maximal verringert #cat("Namen in baum.max\n") #print(names(baum.max)) # Namen in der Liste baum.max # cat("Inhalt des frames baum.max\n") # print(baum.max$frame) # Inhalt des frames graphics.off() # vorhandene Graphik weg win.graph() # neues Graphik-Fenster # tree.screens() # Bildschirm in 2 Teile plot(baum.max) # Titel paßt nicht mehr, mit # locator einbauen # Knoten-Beschriftung # col: Farbe, # cex: Größe, # crt: Winkel #srt:rotation for text # pretty=0: volle Namen text(baum.max,pretty=0,col=3,cex=0.4,srt=90) cat("Position fuer Titel-Text anklicken",fill=T) text(locator(1),paste(plottext,"\n Maximaler Baum"),col=4,cex=0.6,srt=90) # Titel zu Fuß plazieren cat("ok, angekommen",fill=T) # tile.tree(baum.max,zielvar) # Häufigkeitsverteilung von # klasse in unteren Bildteil # ------------------- Baum reduzieren ----------------------------cat("Pruning laeuft - kann dauern ...\n") baum.pru <- prune.tree(baum.max) # Baum beschneiden #print(baum.pru) # Pruning-Sequenz ausgeben # Merke : Pruning berechnet für Pruning-Parameter k (alpha im Buch) # für jeden Teilbaum T' die Größe # D_alpha(T') = D(T') + alpha * size(T') # und entfernt den Teilbaum mit minimalem D_alpha (D = Deviance). # # Wird beim Pruning-Aufruf kein k (bzw. alpha) vorgegeben, so # wird eine Sequenz von k's erzeugt und für jedes Sequenz-Element # geprunt (mitgeteilt wird nur die resultierende Deviance und die # Anzahl Endknoten). # Wird beim Aufruf ein k vorgegeben, so wird für dieses k der # optimale Baum bestimmt (und mitgeteilt). win.graph() # und noch ein Fenster, für 3 Plots, par(mfcol=c(3,1)) plot(baum.pru$k,baum.pru$dev, XV Teil IV - Anhang main="Pruning-Sequenz", sub=paste(zvtext," Ausgangsbaum: max., Modell : ",utitel), xlab="Pruning-Parameter k",ylab="Deviance")# plot(baum.pru$size,baum.pru$dev, main="Pruning-Sequenz", sub=paste(zvtext," Ausgangsbaum: max., Modell : ",utitel), xlab="Tree-Groesse",ylab="Deviance") # ------------------ optimalen Baum im Detail ------------------# ------------------ hier muß entschieden werden ! -------------# ----------------- Grundlage: Missklassifikationsrate ---------### kfin <- 1 wird im Kopf gesetzt baum.fin <- prune.tree(baum.max,k=kfin) # Baum plotten win.graph() # neues Graphik-Fenster # tree.screens() # Bildschirm in 2 Teile plot(baum.fin) # Titel paßt nicht mehr, mit # locator einbauen # Knoten-Beschriftung text(baum.fin,pretty=0,col=3,cex=0.6,srt=90) cat("Position fuer Titel-Text anklicken",fill=T) # text(locator(1),paste(plottext,"\n Finaler Baum, k = ",kfin),cex=0.5,col=5,srt=90) # Titel zu Fuß plazieren cat("ok, angekommen",fill=T) # tile.tree(baum.fin,zielvar) # Häufigkeitsverteilung der # Zielvariable - geht nicht ####### Schätzungen der Zielvariable aus dem finalen Baum cat("\n ----------------------------------------------------------") cat("\n Finaler Baum nach pruning\n") cat(paste("\n Auswertung:",utitel)) cat(paste("\n pruning-parameter kfin =",kfin,"\n")) # cat("Finaler Baum: Inhalt von baum.fin \n ") # print(baum.fin) # ausgeben # cat("Namen in baum.fin \n" ) # Namen in baum.fin # print(names(baum.fin)) cat("Zusammenfassung\n") print(summary(baum.fin)) # Zusammenfassende Beschreibung ### Schätzung Zielvariable für die Daten, aus dem der Baum stammt baum.fin.pred <- predict(baum.fin,analyse.fra) #cat("Schätzung Zielvariable mit finalem Baum - angewendet auf analyse.fra",fill=T) #print(baum.fin.pred[1:10, ]) # S+ liefert den Vektor aller Klassenwahrscheinlichkeiten, # daraus die eigentlich Schätzung bestimmen # (=Klasse mit max. Wahrscheinlichkeit) pred <- matrix(apply(baum.fin.pred, 1, klassiv,dimnames(baum.fin.pred)[[2]]), ncol=1) cat("Schätzungen [1:5] durch finalen Baum fuer Kalibrierungs-Datensatz\n") ##print(cbind(pred[1:5],baum.fin.pred[1:5, ])) cat("\n ----------------------------------------------------------") cat("\n Vorhersageguete innerhalb des Kalibrierungs-Datensatzes\n") cat(paste("\n Auswertung:",utitel)) cat(paste("\n pruning-parameter kfin =",kfin,"\n")) cat("\n beobachteter Wert der Zielgroesse in den Daten (Zeile)") cat("\n durch finalen Baum geschaetzter Wert (Spalte)\n") cat("\n 1) Anzahlen\n") ct <- table(as.factor(analyse.fra$BTTYP),as.factor(pred)) # Vorsicht, ct ist unter Umständen nicht symmetrisch! classicount <- blowup(ct) # aber classicount ist es print(classicount) cat("\n 2) Prozente (Summe pro Zeile = 100%)\n") XVI Teil IV - Anhang classipct <- t(apply(classicount,1,rowpct)) classipct <- 100*classicount/sum(classicount) ##print(classipct) errrate <- 100*(sum(classicount)-sum(diag(classicount)))/sum(classicount) cat(paste("\nFehlerrate fuer Kalibrierungs-Datensatz:",errrate,"%\n")) ### Kreuzvalidierung: Schätzung Zielvariable für unabhängige Test-Daten baum.fin.predcv <- predict(baum.fin,cvtest.fra) # baum.fin.predcv ist eine Matrix, Spaltennamen stehen in dimnames(...)[[2]] #cat("Vorhersage Zielvariable gemaess finalem Baum - angewendet auf cvtest.fra",fill=T) #print(baum.fin.predcv[1:5, ]) # Schätzung auf Datei schreiben estimate <- data.frame(baum.fin.predcv) cat("Inhalt von estimate\n") ##print(estimate) write.table(estimate,sep=";",file=outfile,col.names=NA) # S+ liefert den Vektor aller Klassenwahrscheinlichkeiten, # daraus die eigentlich Schätzung bestimmen # (=Klasse mit max. Wahrscheinlichkeit) predcv <- matrix(apply(baum.fin.predcv, 1, klassiv,dimnames(baum.fin.predcv)[[2]]), ncol=1) cat("Schätzungen [1:5] durch finalen Baum fuer Kreuzvalidierung-Datensatz\n") ##print(cbind(predcv[1:5],baum.fin.predcv[1:5, ])) cat("\n ----------------------------------------------------------") cat("\n Vorhersageguete innerhalb des Kreuzvalidierung-Datensatzes\n") cat(paste("\n Auswertung:",utitel)) cat(paste("\n pruning-parameter kfin =",kfin,"\n")) cat("\n beobachteter Wert der Zielgroesse in den Daten (Zeile)") cat("\n durch finalen Baum geschaetzter Wert (Spalte)\n") cat("\n 1) Anzahlen\n") ct <- table(as.factor(cvtest.fra$BTTYP),as.factor(predcv)) classicount <- blowup(ct) #print(classicount) cat("\n 2) Prozente (Summe pro Zeile = 100%)\n") classipct <- t(apply(classicount,1,rowpct)) #classipct <- 100*classicount/sum(classicount) ##print(classipct) errrate.cv <- 100*(sum(classicount)-sum(diag(classicount)))/sum(classicount) cat(paste("\nFehlerrate fuer Kreuzvalidierung-Datensatz:",errrate.cv,"%\n")) ### bis hier durchgegangen #win.graph() #par(mfcol=c(2,2)) #tab1 <- table(analyse.fra$BTTYP) #barplot(tab1,names=dimnames(tab1)[[1]], # main=paste("wahre Verteilung",zielvar,"Kali.-Datensatz"),cex=0.4,col=2) #tab2 <- table(cvtest.fra$BTTYP) #barplot(tab2,names=dimnames(tab2)[[1]], # main=paste("wahre Verteilung",zielvar," CV-Datensatz"),cex=0.4,col=3,srt=90) #tab3 <- table(pred) #barplot(tab3,names=dimnames(tab3)[[1]], # main=paste("geschaetzte Verteilung",zielvar," Kali-Datensatz"),cex=0.4,col=4) #tab4 <- table(predcv) #barplot(tab4,names=dimnames(tab4)[[1]], # main=paste("geschaetzte Verteilung",zielvar," CV-Datensatz"),cex=0.4,col=5) # ----------------- Schluss ------------------------------------cat("==================== Ende von cartS0 ===================",fill=T) # Funktions-Ende in nächster Zeile } Beispiel für das Einlesen einer ASCII-Datei in R (R Development Core Team 2005, Version 1.6.1, http://www.r-project.org) und die Modellierung mit dem CART-Verfahren (Classification and Regression Trees): > source("c:\\ lesen.ssc") XVII XVIII Teil IV - Anhang > source("c:\\ cart.ssc") > roh.fra<- lesen("c:\ \Datensatz_A.csv") > test.fra<- lesen("c: \\Datensatz_B.csv") > cart("Ergebnis","c:\\Ergebnis.txt") ERGEBNISSE DER MODELLIERUNG DER NUTZUNGSTYPEN MIT DEM VSMODELL Tab. A8: Gegenüberstellung der Modellergebnisse in ha und % für die Biotoptypen im Status quo und infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 und Nutzungsszenario 2 Nutzungstyp Naturnah mäßig verändert bis naturnah mäßig verändert stark verändert sehr stark verändert Künstlich keine Angaben Summe Vorlandfläche gesamt Status Modell Modell quo Klimaszenario + Klimaszenario + [ha] Nutzungsszenario 1 Nutzungsszenario 2 [ha] [ha] 2124 274 599 1770 1016 212 158 6152 2469 377 467 2082 410 38 308 6152 Veränderung Veränderung gesamt gesamt Modell Modell Klimaszenario + Klimaszenario + Nutzungsszenario 1 Nutzungsszenario 2 [%] [%] 4683 6 42 291 2 0 470 -2 -2 80 5 -27 285 -10 -12 34 -3 -3 308 2 2 6152 0 0 XIX Teil IV - Anhang ERGEBNISSE DER MODELLIERUNG DER BIOTOPTYPEN MIT DEM VS-MODELL INFOLGE EINER KLIMAÄNDERUNG MIT NUTZUNGSSZENARIO 1 UND 2 Tab. A9: Gegenüberstellung der Modellergebnisse in ha und % für die Biotoptypen im Status quo und infolge einer Klimaänderung mit Nutzungsszenario 1 und Nutzungsszenario 2 (MThw = Mittleres Tidehochwasser, MTnw = Mittleres Tideniedrigwasser) Biotoptyp Acker Bäume/ Gehölze Bebauung Strandsimsenröhricht Brackwasserwatt Strandsimsenröhricht Brackmarsch Schilfröhricht Brackmarsch Schilfröhricht Brackwasserwatt Brackwasserwatt Extensivgrünland Feuchtgrünland Flutrasen Teichsimsenröhricht Flusswatt Freizeit Flusswatt Grasacker Intensivgrünland Ruderalflur Schilfröhricht Steinufer Strand Trockenrasen Keine Angaben Röhricht gesamt Röhricht über MThw Röhrichte unter MThw Landwirtschaftlich genutzte Fläche Watt gesamt Summe Vorlandfläche gesamt Status Modell Modell quo Klimaszenario + Klimaszenario + [ha] Nutzungsszenario 1 Nutzungsszenario 2 [ha] [ha] 437 103 204 140 218 20 Veränderung Veränderung gesamt gesamt Modell Modell Klimaszenario + Klimaszenario + Nutzungsszenario 1 Nutzungsszenario 2 [%] [%] 27 -5 -7 201 2 2 15 -3 -3 24 171 252 2 4 387 10 171 610 527 25 53 215 377 497 202 1770 145 112 8 99 19 158 918 509 410 246 0 514 619 449 0 18 115 120 708 150 2082 159 96 19 0 0 308 1142 342 800 278 0 677 619 417 0 53 629 114 1777 144 80 91 452 19 0 0 308 2287 730 1558 -2 0 6 0 -1 0 -1 -2 -4 3 -1 5 0 0 0 -2 0 2 4 -3 6 -2 0 8 0 -2 0 0 7 -4 21 -1 -27 -1 6 0 -2 0 2 22 4 19 3014 1107 6152 2839 1327 6152 721 2396 6152 -3 4 0 -37 21 0 XX Teil IV - Anhang ERGEBNISSE DER EINZELTESTS ZUR AUSWAHL DER FÜR DIE MODELLIERUNG MIT DEM VS-MODELL VERWENDETEN STANDORTPARAMETER Die Vorhersagegenauigkeit des VS-Modells wurde zunächst für jeden Standortparameter in Einzeltests für die Zielvariable „Biotoptyp“ getestet. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die mit dem VS-Modell und dem CART-Verfahren mit jeweils einem Standortparameter erzielten Fehlklassifikationsraten und Trefferquoten zur Vorhersage der Zielvariable „Biotoptyp“. Die Einzeltests dienten der Vorauswahl der Standortparameter. Tab. A10: Übersicht über die Fehlklassifikationsraten und Trefferquoten der Modellierung der Zielvariable „Biotoptyp“ für jeweils einen Standortparameter Unabhängige Variablen, Standortparameter Abkürzung Nutzungstyp Überflutungshäufigkeit / Jahr Differenz zum MThw Differenz zum MTnw Mittlere Salzkonzentration Überflutungsdauer / Tag Standorttyp Bodentyp Bodenkundliche Feuchtstufe Durchwurzelungstiefe Grundwasserstufe hoch Grundwasserstufe niedrig Grundwasserstufe Grundnässestufe Kapillarwasser Mittleres hohes Grundwasser Mittleres niedriges Grundwasser NUTZNR UEBERA DMTH DMTN SALZ UEFL TYPNR BODENTYP SFEUCH WURZEL MHGW MNGW GWS GNS KAPI MHGW MNGW FehlTrefferklassifikationsrate quote 56,5 63,8 70,3 73,1 Abhängige Variable, Zielvariable 43,5 Biotoptyp 36,3 Biotoptyp 29,7 Biotoptyp 16,9 Biotoptyp 29,1 Biotoptyp 70,9 78,2 21,8 Biotoptyp 80,5 19,6 Biotoptyp 83,9 16,1 Biotoptyp 85,9 14,1 Biotoptyp 86,0 14,0 Biotoptyp 86,6 13,4 Biotoptyp 86,6 13,4 Biotoptyp 86,7 13,3 Biotoptyp keine Ergebnisse keine Ergebnisse Biotoptyp keine Ergebnisse keine Ergebnisse Biotoptyp keine Ergebnisse keine Ergebnisse Biotoptyp keine Ergebnisse keine Ergebnisse Biotoptyp XXI Teil IV - Anhang Tab. A11: Übersicht über die 21 für die Modellierung aggregierten Biotoptypen, deren Abkürzung und deren Beschreibung Für die Modellierung aggregierte Biotoptypen Kartierte Beschreibung Biotoptypen Acker Bäume/Gehölze Bäume/Gehölze Bebauung Bebauung Bebauung Extensivgrünland Extensivgrünland Feuchtgrünland Feuchtgrünland Flutrasen Flutrasen Freizeitanlage Freizeitanlage Freizeitanlage Freizeitanlage Grasacker Intensivgrünland Intensivgrünland Schilfröhricht der Brackmarsch Strandsimsenröhricht der Brackmarsch Landröhricht Landröhricht Landröhricht Flusswatt-Röhricht Flusswatt-Röhricht Flusswatt-Röhricht Brackwasserwatt-Röhricht (Strand- od. Teichsimse) Brackwasserwatt-Röhricht mit Schilf Brackwasserwatt-Röhricht (Strand- od. Teichsimse) Ruderalflur Ruderalflur Ruderalflur Steinufer Strand Trockenrasen Flusswatt ohne Vegetation höherer Pflanzen Brackwasserwattt ohne Vegetation höherer Pflanzen (Abkürzung) AT WPB WXP ODP OGI OI GMF KHF GNR NSG GFF GNF PA PHO PSC PZA GA GIM GIMw* KRP KRS NRR NRS NRT FWR FWRs FWRt KBR KBRs KBRt UHF UHM URF KX KSN RSZ FWO KBO Basenreicher Lehm/Tonacker Birken- und Zitterpappel-Pionierwald Hybridpappelforst Landwirtschaftliche Produktionsanlage Industrielle Anlage Innenstadtbereich Mesophiles Grünland mäßig feuchter Standorte Salzwiese der Ästuare Nährstoffreiche Nasswiese Seggenried, nährstoffreicher Standorte Flutrasen Seggen-, binsen-, hochstaudenreicher Flutrasen Parkanlage Obst- und Gemüsegarten Campingplatz Grünanlage ohne Altbäume Grünland-Einsaat (Grasacker) Intensivgrünland der Marschen Intensivgrünland der Marschen (Mähweide)* Schilfröhricht der Brackmarsch Strandsimsenröhricht der Brackmarsch Rohrkolben-Landröhricht Schilf-Landröhricht Teichsimsen-Landröhricht Flusswatt-Röhricht mit Strandsimsen Flusswatt-Röhricht mit Schilf Flusswatt-Röhricht mit Rohrkolben Brackwasserwatt-Röhricht mit Strandsimse Brackwasserwatt-Röhricht mit Schilf Brackwasserwatt-Röhricht mit Teichsimse Halbruderale Gras-und Staudenflur feuchter Standorte Halbruderale Gras-und Staudenflur mittlerer Standorte Ruderalflur frischer bis feuchter Standorte Küstenschutzbauwerk, Steinschüttung Naturnaher Sandstrand, Sandwatt* mit Röhricht* Sonstiger Sand-Magerrasen Flusswatt ohne Vegetation höherer Pflanzen Brackwasserwattt ohne Vegetation höherer Pflanzen