Monet, der bekannteste, "typischste" und zugleich eigenwilligste
Transcription
Monet, der bekannteste, "typischste" und zugleich eigenwilligste
Medienmitteilung, im Januar 2002 C L A U D E M O N E T . . . bis zum digitalen Impressionismus 28. März - 18. August 2002 Claude Monet und die moderne Malerei: Jean Bazaine - Pierre Bonnard - Alexander Calder - Jean Dubuffet - Sam Francis - Gotthard Graubner - Jasper Johns - Ellsworth Kelly - Anselm Kiefer - Yves Klein Willem de Kooning - Roy Lichtenstein - Morris Louis - Joseph Marioni - Joan Mitchell - Ernst Wilhelm Nay Barnett Newman - Jackson Pollock - Gerhard Richter - Jean-Paul Riopelle - Mark Rothko - Nicolas de Staël Clyfford Still - Antoni Tàpies - Mark Tobey - Cy Twombly - Andy Warhol - Wols Digitaler Impressionismus: Sabina Baumann - Jeremy Blake - Angela Bulloch - Shigeko Kubota - Norbert Meissner - Nam June Paik - Pipilotti Rist - Robert Ryman - Adrian Schiess - Keith Sonnier - Annelies Štrba Diana Thater - Woody Vasulka Installation im Monet-Saal: Olafur Eliasson "Your spiral view", 2002 Claude Monet, der bekannteste, "typischste" und zugleich eigenwilligste Vertreter des französischen Impressionismus, steht mit über vierzig Meisterwerken im Mittelpunkt einer umfassenden Ausstellung in der Fondation Beyeler. Die Ausstellung widmet sich insbesondere dem Spätwerk Monets und seinen Auswirkungen auf die Malerei der Nachkriegsmoderne. Die Präsentation Monets im Umfeld "seelenverwandter" Künstler, die vorwiegend in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts arbeiteten - wie Mark Rothko, Sam Francis und Gerhard Richter, versucht dem grossen Thema der "Modernität" Monets auf die Spur zu kommen. Ein spezieller Ausstellungsteil zeigt die malerischen Errungenschaften des Impressionismus im Medium der aktuellen Video- und Computerkunst und wagt damit den Schritt ins 21. Jahrhundert. Monets Schaffen war von der intensiven Auseinandersetzung mit den grundlegenden Fragen der Wahrnehmung und Darstellung der Natur geprägt. Der Künstler wollte sich der Natur über seine Malerei nicht nur nähern, sondern sich ihr als "scharfsinniger Führerin vollkommen hingeben und unterwerfen". Sein Lebensthema war die Erforschung der "Augenblicklichkeit", ihn interessierte die atmosphärische Einbettung der Dinge in ihrem jeweiligen Licht. In der malerischen Fixierung dieses jeweiligen Augenblicks suchte er sich seinem Verständnis von "Vollkommenheit" bzw. "Ewigkeit" zu nähern. Monet äusserte einmal, dass ihn in der Malerei vor allem die "Erscheinungsweisen der Welt in ihren Beziehungen zu unbekannten Wirklichkeiten" faszinieren. Die Simultaneität von Wirklichem und Gespiegeltem in seinen Seerosenbildern und seine horizont- und perspektivlosen Landschaften sprengten die traditionellen Raumvorstellungen und führten zu einer neuen Wahrnehmung von Raum und Gegenstand. Die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten bei der Wiedergabe seiner persönlichen Naturerfahrungen entwickelten sich ständig weiter, bis sie im Spätwerk über den Impressionismus hinausgehend in eine nahezu gegenstandslose Malerei führten. Die materielle, reale Erscheinung eines natürlichen Umfelds wie eines Seerosenteichs oder eines Heuschobers verliert sich in seinem Spätwerk zunehmend, sie scheint durch die Einwirkung der Lichtreflexe, durch Spiegelungen des Himmels oder Wassertropfen in ihrer Substanz aufgelöst, fast zerstäubt. Es entstehen schwebende horizontlose Bildräume mit durchaus abstrakten Qualitäten. Monet selbst sagte in diesem Zusammenhang, dass er in seinem späten Werk bis zum höchsten Grad der Abstraktion vorgedrungen sei, der sich noch auf die Wirklichkeit beziehe. Den letzten Schritt in die Gegenstandslosigkeit vollzog Monet also nicht. So scheinen die fast ornamental aufgesetzt wirkenden, im Bildraum schwimmenden Seerosen in manchen der späten Werke die Funktion zu übernehmen, Monet weiterhin in der Gegenständlichkeit zu "verankern". "Monet-Revival" - Monet und die Abstraktion Gleichwohl wurden Monets Haltung, sein Anspruch und nicht zuletzt seine Malerei selbst zur Inspiration für die nachfolgende "abstrakte" Künstlergeneration. Sein Spätwerk wurde zunächst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eher gering geschätzt, es galt neben radikalen künstlerischen Positionen wie dem Kubismus, Surrealismus oder Symbolismus als formlos und veraltet naturalistisch. Von der folgenden Generation wurde Monet regelrecht negiert, bis die Künstler der 50er Jahre schliesslich sein Spätwerk in seiner fast revolutionär zu nennenden Kraft und Bedeutung wiederentdeckten. Insbesondere die jungen amerikanischen Künstler fanden sich in Monets Spätwerk wieder, auch wenn sie weniger von der Natur ausgingen als vielmehr von der Vielfalt der Materialien, der Farbe, der freien Geste. Die Bewertung seines Spätwerks hat sich in der Folge durch den Einfluss der jungen Abstrakten regelrecht umgekehrt. Monets zwischen 1914 und 1926 entstandene Werke, insbesondere die abstrakteren unter den Seerosen-Bildern, galten nun als Meisterwerke seines Schaffens - obwohl Monet selbst sie zum Teil nur als Entwürfe oder Studien eingeschätzt hatte. Zur Anerkennung des Spätwerks trugen in den 50er Jahren auch erste grössere Einzelausstellungen bei. Wegbereitend war die Ausstellung in der Kunsthalle Basel (1949), die erstmals Werke der Seerosen-Serie in grösserem Umfang zeigen konnte. Als Gegenreaktion auf den geometrischen Formalismus wetteiferten alsbald Künstler des Informel, Tachisten und Nuagisten in der Rezeption der Seerosen-Bilder. Die Pariser Orangerie mit der "Grande Décoration" wurde zum Wallfahrtsort. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde deutlich, wie massiv Monet nicht nur die Entwicklung in die Abstraktion begleitet hatte, sondern auch, wie sehr er die Bildkonventionen seiner Zeit gesprengt hatte: die "Grande Décoration", das 8-teilige Wassergarten-Panorama in der Pariser Orangerie, wurde den abstrakten Expressionisten auch im Hinblick auf Bildformate und grossflächigen Wandmalereien zum Vorbild. Monet in der Fondation Beyeler Nach den grossen Rothko und Kiefer-Ausstellungen steht nun ein weiterer bedeutender Künstler der Sammlung von Ernst Beyeler im Mittelpunkt. Ausgehend vom inzwischen weithin berühmten Monet-Raum der Fondation mit seinem Seerosen-Teich vor der Fensterfront versucht die Monet-Ausstellung nun ebenfalls eine "ideale" Präsentationsform zu finden, indem sie das Werk Monets in den besonderen architektonischen, landschaftlichen wie atmosphärischen Zusammenhang der Fondation einbettet. In Riehen wird im Gegensatz zur Münchner Ausstellung "Claude Monet und die Moderne" (bis 10.3.2002) das Werk Monets "en bloc", also zusammenhängend präsentiert. Es gibt keine direkten Gegenüberstellungen von Monet und Werken des "Monet-Revivals". Diese unterschiedliche Präsentation ist weitgehend auf die unterschiedliche Bewertung der Rezeption Monets in der Münchner und Riehener Ausstellung zurückzuführen. Die Fondation Beyeler behandelt die Werke der von Monet inspirierten Künstler eher als eigenständige Schöpfungen. Die zeitliche Distanz Monets zu den Künstlern des sogenannten "Monet-Revivals" soll auch durch die räumliche Distanz spürbar werden. Die Ausstellung in der Fondation Beyeler stellt somit eher ein rezeptionsgeschichtliches Phänomen zur Diskussion und versucht dies auch mittels der Präsentation der Werke für den Besucher sinnlich erfahrbar und nachvollziehbar zu machen. Dem Besucher werden sich Verwandschaften in vielen Einzelaspekten oder sogar deutliche Parallelen in formaler und inhaltlicher Hinsicht erschliessen. Der Vergleich eines Monet mit beispielsweise einem Werk von Gerhard Richter kann zu einer ReInterpretation Monets, aber auch zu einer intensiveren Würdigung von Richters Werk führen - und viceversa. Die in der Riehener Ausstellung vertretenen Werke "geistesverwandter" Künstler sollen zwar keine historische Ahnenschaft Monets nahelegen oder gar belegen, sondern eine tieferliegende Verwandtschaft jenseits der formalen und ikonographischen Parallelen aufzeigen. Im grossen Saal des Erweiterungsbaus der Fondation werden sich im Sinne der "Grande Décoration" zwei Hauptwerke Monets, das Zürcher Diptychon und das Basler Triptychon begegnen. Zudem zeigt die Fondation Beyeler Ensembles und bedeutende Einzelwerke, so das berühmte Glyzinien-Bild aus dem Gemeentemuseum Den Haag, Kathedralen, Heuschober, Bilder der japanischen Brücke und der Rosenallee aus privaten wie auch öffentlichen Sammlungen, die zum Teil noch nie ausgestellt oder seit Jahrzehnten nicht mehr zu sehen waren. (B. Mette) Von der analytischen Malerei zum Digitalen Impressionismus Dieser für Riehen neue hinzugekommene Ausstellungsteil fragt nach dem Verhältnis zwischen den malerischen Errungenschaften des Impressionismus und der elektronischen Ästhetik in der Video- und Computerkunst: Welche "Wahlverwandschaft" besteht zwischen der Malerei Monets und den Innovationen in der elektronischen Bildtechnologie? Ein Prolog mit der Gegenüberstellung von MonetBildern mit der elementaren Malerei von Robert Ryman bildet den Ansatz für den Übergang vom analytischen, gemalten Tafelbild zum elektronischen, geschriebenen Bildschirmbild (electronical painting) der Videopioniere Nam June Paik, Shigeko Kubota und Keith Sonnier. Eine langgezogene Videogalerie verfolgt die Entwicklung weiter von den analytischen Untersuchungen des Videobildes in den siebziger und achtziger Jahren, mit dem weissen „Schnee-Bild“ (Norbert Meissner) über die Digitalisierung (Woody Vasulka) bis zur malerischen Hyperästhetik einer jungen Medien-Generation (Sabina Baumann, Jeremy Blake). Markant ist dann der Übergang vom Monitorbild zu den elektronischen Rauminstallationen und Ganzraumprojektionen (Angela Bulloch, Annelies Štrba, Adrian Schiess, Diana Thater). Die von Musikclip und Techno-Hip-Hop-Musik geprägte Künstlergeneration nutzen die elektronischen Möglichkeiten der Farbverzerrungen sowie die Beamertechnik für ihre empfindungserfüllten Ganzraumprojektionen, wie Pipilotti Rist, deren Videoarbeit Sip my Ocean von 1996den Besucher in einen unendlichen, ozeanischen Strom medialer Bilder ohne Anfang und Ende eintaucht. Findet Claude Monets späte Vision, wie er sie in seinen raumumgreifenden Rundbildern Nymphéas in der Pariser Orangerie 1927 erstmals ausbreitete, nicht überhaupt in den neuen elektronischen Bildmedien ihre Erfüllung? Die Verwandlung von Farbe in Licht, der Sinnenrausch des Farbgestöbers, die Seerosenbilder verwirklicht im environmentalen Totalbild der Videoprojektion? Der speziell für diese Projekt gewählte Begriff Digitale Impressionismus bietet im Blick zurück nicht nur eine neue Sicht auf Claude Monet, sondern transportiert auch die malerischen Visionen dieses „Erzvaters der modernen Kunst“ in das 21. Jahrhundert. (M. Brüderlin) Mit Olafur Eliasson, einem Künstler der jüngeren Generation, der in den 90er Jahren begann, die Grenzen zwischen Wissenschaft, Kunst und Wahrnehmung auszuloten, wird Monets Landschafts- und Naturbegriff wieder aufgenommen. Ausgehend von der Architektur der Fondation Beyeler, die sich in besonderer Weise mit der umgebenden Natur auseinandersetzt, wird Eliasson im Monet-Saal mit der Installation eines kaleidoskopartigen Tunnels reagieren. Wasser, Licht, Reflektion und Wahrnehmung sind die zentralen Themen seiner Installation. (V. Formanek) Der bei Prestel erscheinende Katalog wird die verschiedenen oben angesprochenen Phänomene aus der Sicht der aktuellen Forschung näher beleuchten. Der Katalog enthält Essays von Reinhold Hohl, Karin Sagner-Düchting, Hajo Düchting, Philippe Büttner, Michael Leja, Michael Lüthy, Markus Brüderlin und Verena Formanek; ca. 200 Seiten, ca.100 Farbabbildungen (CHF 59,--). Das Projekt ist nach einer Idee von Karin Sagner-Düchting und in Kooperation mit der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München entstanden. Als Projektleiterin zeichnet für die Ausstellung in Basel Verena Formanek verantwortlich. Den Ausstellungsteil Digitaler Impressionismus kuratierte Markus Brüderlin. Öffnungszeiten des Museums während der Monet-Sonderausstellung: täglich von 9 bis 20 Uhr Kontakt: Dr. Bettina Mette, Tel.: + 41 (0)61 645 97 21, Fax + 41 (0)61 645 97 39; presse@beyeler.com www.beyeler.com - Pressebilder zum download unter www.beyeler.com/press-images