mayerling im verlauf seiner geschichte - Karmel
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mayerling im verlauf seiner geschichte - Karmel
MAYERLING IM VERLAUF SEINER GESCHICHTE VON DER LAURENTIUS-KAPELLE ZUM KARMEL ST. JOSEF Diplomarbeit Eingereicht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Theologie der fachtheologischen Studienrichtung Betreuer: Univ.-Prof. DDr. Floridus Röhrig CanReg Peter Rückl 2002 INHALTSVERZEICHNIS VORWORT .............................................................................................. 5 I. VORGESCHICHTE ........................................................................... 6 1. Der Wienerwald ...................................................................................................... 6 2. Besiedelung .............................................................................................................. 6 3. Christianisierung ..................................................................................................... 7 4. Das Bistum Passau zur Zeit der Babenberger ................................................... 10 II. STIFT HEILIGENKREUZ ............................................................. 12 1. Die Erneuerung des monastischen Lebens ........................................................ 12 a) Die Situation der Kirche am Ende des ersten Jahrtausends ...................... 12 b) Die Reform der abendländischen Kirche ..................................................... 13 c) Der Zisterzienserorden ................................................................................... 15 2. Die Gründung von Heiligenkreuz ...................................................................... 18 a) Leopold III. – Stifter des Klosters .................................................................. 18 b) Die Zisterzienser in Heiligenkreuz ............................................................... 20 c) Das Schenkungsgebiet .................................................................................... 24 III. MAYERLING IM WIENERWALD ........................................... 29 1. Alland, die Urpfarre im Wienerwald ................................................................. 29 2. Mayerling ............................................................................................................... 31 a) Die Herren von Murlingen ............................................................................ 32 b) Das 13. und 14. Jahrhundert .......................................................................... 32 3. Die Seelsorge der Heiligenkreuzer Mönche ...................................................... 33 a) Die Entwicklung des Klosters Heiligenkreuz ............................................. 33 b) Übernahme der Pfarrseelsorge ...................................................................... 34 c) Die Pfarre Alland ............................................................................................. 35 2 4. Die Laurentius-Kapelle in Mayerling ................................................................. 37 a) Der Bau der Kapelle und die Zerstörung durch die Türken ..................... 37 b) Der Ausbau der Kapelle unter Abt Michael Schnabel ............................... 39 c) Die Gründung der Bruderschaft (1654) ........................................................ 43 d) Neubau der Kirche unter Abt Clemens Schäffer ........................................ 45 e) Zeit des Wiederaufbaus .................................................................................. 48 5. Religiöses Leben in Mayerling ............................................................................ 50 a) Meßstiftung ...................................................................................................... 50 b) Prozessionen ..................................................................................................... 51 c) Geistliche Berufungen ..................................................................................... 52 d) Die Seelsorger der Laurentius-Kirche .......................................................... 53 e) Die Zeit der Aufklärung ................................................................................. 54 IV. KRONPRINZ RUDOLF ............................................................... 56 1. Das Jagdschloß ....................................................................................................... 56 a) Ein Ort der Erholung ...................................................................................... 56 b) Kauf und Umbau zu einem Jagdschloß ....................................................... 56 2. Die Tragödie ........................................................................................................... 62 a) Die letzte Fahrt nach Mayerling .................................................................... 62 b) Das Ende zweier Menschen ........................................................................... 67 3. Die Suche nach der Wahrheit .............................................................................. 73 V. DAS KARMELITINNENKLOSTER ST. JOSEF ..................... 81 1. Stiftung des Klosters durch Kaiser Franz Joseph I. .......................................... 81 a) Ein Ort der Sühne ............................................................................................ 81 b) Der Karmelitenorden ...................................................................................... 84 c) Karmelitinnen in Österreich .......................................................................... 88 2. Der Umbau des Jagdschlosses in ein Kloster .................................................... 91 a) Das Kloster ....................................................................................................... 91 b) Der Bau der Kirche .......................................................................................... 93 c) Abriß der Laurentius-Kirche ......................................................................... 99 3 3. Der Beginn des Karmelitinnenklosters ............................................................ 103 a) Der Neuanfang ............................................................................................... 103 b) Einweihung der Kirche ................................................................................. 107 4. Das Leben hinter Klostermauern ...................................................................... 110 a) Das Leben im jungen Kloster ....................................................................... 110 b) Tochtergründungen ...................................................................................... 117 c) Schicksale in schwerer Zeit .......................................................................... 121 d) Der Wiederbeginn 1945 ................................................................................ 126 SCHLUSS .............................................................................................. 129 QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS ......................... 132 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ..................................................... 142 LEBENSLAUF ...................................................................................... 144 4 VORWORT Das winzige Mayerling gehört heute zum Fixprogramm der meisten historisch interessierten Österreich-Touristen. Hier endete am 30. Januar 1889 das Leben des Rudolf von Österreich und der Baronesse Mary Vetsera. Was die Besucher so anzieht, ist gewiß zum einen die spekulationsträchtige Intimgeschichte eines Kronprinzen und seiner Geliebten, vor allem aber die Tatsache, daß dieser kleine Ort am Rande der Weltgeschichte zum tragischen Schauplatz für die HabsburgerDynastie und in gewisser Weise sogar zum Wendepunkt einer ganzen Epoche geworden ist. Bis zum heutigen Tag beschäftigen sich Historiker und Forscher mit diesem Geschehen. Unzählige Bücher und Artikel wurden im Laufe der Jahrzehnte mit dem Anspruch veröffentlicht, nun endlich das Rätsel von Mayerling gelöst zu haben. Es wurde zwar schon vieles geklärt, doch eine absolut sichere Rekonstruktion der letzten Stunden des Thronfolgers konnte noch niemand erbringen. Die vorliegende Arbeit beabsichtigt nicht, die Liste der verschiedensten Hypothesen zu verlängern. Vielmehr soll auf dem Hintergrund des Ortes Mayerling (angefangen von der erstmaligen Nennung in der Stiftungsurkunde für Heiligenkreuz über das Schicksal der Mayerlinger Laurentius-Kirche, der Errichtung eines Jagdschlosses bis hin zum Umbau in ein Kloster und der Übernahme durch die Karmelitinnen von Wien-Baumgarten) die Entstehung und Geschichte des Karmels von Mayerling nachgezeichnet werden. Den Schwestern des Karmelitinnenklosters von Mayerling sei an dieser Stelle herzlich gedankt für die Einsichtnahme in historisch bedeutsame Unterlagen. Da in der Literatur speziell über das Kloster und seine Geschichte kaum etwas zu finden ist, möge diese Arbeit als eine kleine Ergänzung dienen zum großen Thema der „Causa Mayerling“. 5 I. VORGESCHICHTE 1. Der Wienerwald Seit mehr als 600 Jahren wird der Wald, der die Stadt Wien im Westen einschließt, als Wienerwald bezeichnet1. Trotz des Namens gehören aber etwa 90 Prozent dieses beliebten Erholungs- und Wandergebietes nicht zu Wien, sondern zum Bundesland Niederösterreich, das die Hauptstadt zur Gänze umschließt. An den Ausläufern der Ostalpen dehnt sich das Gebiet des Wienerwaldes auf einer Fläche von 1250 km² aus. Es erstreckt sich in der Ost-West-Dimension von der Randzone des Wiener Beckens bis zum Einschnitt des Traisentals südlich von St. Pölten und in der Nord-Süd-Richtung vom Donauknie bei Höflein bis zur Senke der Flüsse Gölsen und Triesting. 2. Besiedelung Im Jahre 15 v. Chr. eroberten die Römer unter Kaiser Augustus die Gebiete südlich der Donau und errichteten die Provinzen Noricum und Pannonien, wobei der Wienerwald vermutlich die Grenze zwischen ihnen darstellte.2 Pannonien, das riesige Gebiet vom Wienerwald und den oststeirischen Bergen bis zum Donauknie, wurde unter Kaiser Trajan (105-107) in einen oberen (Pannonia superior) und einen unteren Bereich (Pannonia inferior) aufgeteilt. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert kam die Provinz Pannonia prima, das heutige Viertel unter dem Wienerwald, an die vom Osten kommenden Hunnen. Als in der Provinz Noricum die Bedrohung durch die Ostgoten immer größer wurde, veranlaßte Odoaker im Jahre 488 die Räumung der romanischen Bevölkerung. Ein Teil blieb aber zurück und vermischte sich mit den zuwandernden Völkern. Im 6. Jahrhundert waren die Langobarden im Land. Sie zogen später nach Italien. Ihnen folgten die Awaren, eine adelige Oberschicht asiatischer 1 2 Vgl. Twerdy, Geschichte, 9. Vgl. Loidl, Wien, 11. 6 Herkunft, die über den Kaukasus bis an die untere Donau wanderten.3 In der Folgezeit dehnten sie ihren Herrschaftsbereich bis zum Wienerwald aus und stießen bald mit dem westgermanischen Stamm der Bajuwaren zusammen. Dieses Volk, aus verschiedenen Völkerschaften zusammengewachsen, hatte sich nach 500 zwischen Lech und Enns angesiedelt.4 Als sich die Bayern von der fränkischen Abhängigkeit lösen wollten und die Herzogsfamilie der Agilolfinger die Selbständigkeit anstrebte, kam es zum Konflikt, der Karl den Großen veranlaßte, den letzten Agilolfinger 788 abzusetzen und das bayrische Gebiet dem Frankenreich einzugliedern. Damit reichte das aufstrebende Frankenreich bis an die Enns. Einige Jahre später unternahm Karl der Große einen Feldzug gegen die Awaren, um sie schließlich im Jahre 803 endgültig zu unterwerfen.5 Als Schutz für sein Reich errichtete Karl der Große in dem eroberten Land das System der Markgrafschaften. Damit beginnt die Geburtsstunde der Geschichte Österreichs.6 3. Christianisierung Mit den Römern war das Christentum ins Land gekommen. Es ist interessant festzustellen, daß der Hauptmann Cornelius, der von Petrus getauft wurde, zur zweiten italischen Kohorte gehörte. Wie ein Grabstein aus Carnuntum nahelegt, wurde diese Truppe bereits um 69 n. Chr. von Palästina nach Carnuntum verlegt. Ob sich noch weitere Christen im Land aufhielten, kann allerdings nur vermutet werden.7 Die Anwesenheit von christlichen Legionären wird uns auch in einem Bericht über das sogenannte Regenwunder des Jahres 174 bezeugt. Während des Markomannenkrieges gerieten die Römer in einer Schlacht gegen die Quaden in große Not. Vom zahlenmäßig überlegenen Feind umzingelt, vermochten sie den Kampf wegen der glühenden Sonne nicht mehr fortzusetzen und drohten wegen Wassermangel zu verdursten. Da brachte ein plötzlich aufziehendes Gewitter mit 3 4 5 6 7 Vgl. Zöllner, Geschichte, 42. Vgl. Menke, Landschaften, 70ff. Vgl. Schragl, Geschichte, 23f. Vgl. Röhrig, Leopold III., 12. Vgl. Wodka, Kirche, 2. 7 ergiebigem Regen und Hagel den erschöpften Soldaten die heißersehnte Rettung. Die heidnischen Berichterstatter schrieben das Wunder dem Eingreifen einer ihrer Göttergestalten zu. Für die christlichen Schriftsteller, darunter Tertullian von Karthago, konnte die Hilfe nur von Gott stammen, der die Bittgebete der christlichen Soldaten erhörte. Das Ereignis ist übrigens auf der etwa 30 m hohen MarcAurel-Säule als Bildbericht dargestellt. Diese, zu Ehren des im Jahre 180 verstorbenen Kaisers Marc Aurelius errichteten Säule, steht heute noch auf der Piazza Colonna in Rom.8 Neben den Soldaten dürften wahrscheinlich auch Händler das Christentum in diesen Teil des römischen Reiches gebracht haben, wie das auch in anderen Ländern der Fall war. Die erste Christianisierung des nordwestlichen Pannonien war vermutlich von Sirmium (Mitrovica), Aquileia und Mailand ausgegangen. Als Severin um das Jahr 456 über Pannonien nach Ufernorikum kam, war dieses Land bereits von einer kirchlichen Organisation erfaßt.9 Durch die Lebensbeschreibung des Heiligen, die Vita Severini, die sein Schüler Eugippius verfaßte10, sind wir besonders gut über diesen Zeitabschnitt, etwa 453 bis 488, unterrichtet. So erfahren wir, daß es bereits bestehende Kirchen in Asturis (Zeiselmauer), Comagenis (Tulln) und Favianis (Mautern) gab. Über die Herkunft Severins können wir nichts Sicheres sagen. Es wird angenommen, daß er aus dem italischen Adel stammte und als Beamter tätig war. Durch ein Bekehrungserlebnis änderte er sein Leben und ging zu den Mönchen des „Ostens“. Nach dem Tod Attilas führte ihn sein Weg nach Norikum, wo er zwischen Lorch und Salzburg sehr segensreich wirkte. Er förderte das religiöse Leben, gründete Klöster und beschützte in der Zerfallszeit des Römischen Reiches die Zivilbevölkerung. Durch diesen „Mann Gottes“ erreichte das Christentum eine erste Blütezeit. Als Odoaker die Räumung der Provinz anordnete, zogen die meisten Römer im Sommer 488 ab. Dabei wurden auch die Gebeine des 482 verstorbenen Severin nach Neapel mitgenommen.11 8 9 10 11 Vgl. Ubl, Regenwunder, 16f. Vgl. Loidl, Wien, 11. Vgl. Knoell, Vita. Vgl. Schragl, Geschichte, 14f. 8 Durch die Völkerwanderung, in deren Verlauf der Wiener Raum im 6. und 7. Jahrhundert von den Awaren, Langobarden und Slawen besetzt wurde, kam das bisher entstandene christliche Leben fast gänzlich zum Erliegen.12 Das Gebiet zwischen Enns und Wienerwald hatte den Awaren als Schutzzone gegenüber den Bayern gedient und war für fast 300 Jahre weitgehend siedlungsleer geblieben. Awaren und Slawen waren Heiden, standen aber dem Christentum keineswegs feindlich gegenüber. Einer der ersten Missionare dürfte der aus Aquitanien stammende Amandus gewesen sein. Als weiterer Glaubensbote hatte der hl. Rupert von Salzburg um 700 die Slawenmission erfolgreich betrieben. Auch der hl. Emmeran wollte von Regensburg aus den Osten missionieren. Da aber die Awaren wieder im Raum Enns militärisch tätig waren, wurde er vom bayrischen Herzog Theoto zurückgehalten.13 Im Jahre 739 führte der hl. Bonifatius die Organisation der Diözesen im Herzogtum Bayern durch. Es wurden die Bistümer Freising, Regensburg, Salzburg und Passau gegründet.14 Unter Karl dem Großen erfolgte eine verstärkte Osterweiterung des Frankenreiches. Zuerst bekam diese Expansionspolitik Herzog Tassilo III. von Bayern zu spüren. Er wurde abgesetzt und in ein Kloster gesteckt. Die mit ihm verbündeten Awaren waren das nächste Ziel der bis zur Raabmündung vordringenden Franken.15 Durch die Eroberungen Karls des Großen konnte sich auch das Christentum ausbreiten. Anders als bei der Zwangsmission der Sachsen wollte man die Awaren durch Milde und Geduld für den christlichen Glauben gewinnen. Das neu eroberte Land wurde 830 zwischen den beiden Diözesen Salzburg und Passau aufgeteilt, wobei Salzburg die Steiermark und Passau das spätere Ober- und Niederösterreich erhielt.16 Dadurch, daß die Bischofssitze sehr weit entfernt waren, wurden sogenannte Chorbischöfe eingesetzt. Sie vertraten den Diözesanbischof bei Amtshandlungen, wobei ihr eigentliches Wirkungsfeld im Osten lag. Es wird vermutet, daß Lorch der Sitz eines solchen Hilfsbischofs war.17 12 13 14 15 16 17 Vgl. Loidl, Wien, 12. Vgl. Weißensteiner, Babenberger, 23. Vgl. Schragl, Geschichte, 23. Vgl. Weißensteiner, Babenberger, 24. Vgl. Loidl, Wien, 12. Vgl. Heuwieser, Passau, 199. 9 Um 900 drang das Nomadenvolk der Magyaren in die Ostmark ein. Das Gebiet ging für das fränkische Reich verloren, und die Enns bildete wieder die Grenze. Von der Pannonischen Ebene aus zogen sie Beute suchend weit ins bayrische Land hinein. Erst 955 siegte der spätere Kaiser Heinrich I. in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg über die Ungarn, und die Schreckensherrschaft hatte bald ein Ende.18 4. Das Bistum Passau zur Zeit der Babenberger Um die Grenzen des Reiches besser schützen zu können, wurde zwischen Enns und Wienerwald eine Mark errichtet. Diese wird in einer Schenkungsurkunde aus dem Jahre 996 erstmals Ostarrichi genannt.19 Zwanzig Jahre zuvor hatte mit Markgraf Leopold I. die Herrschaft der Babenberger in diesem Gebiet begonnen. Der Name „Babenberger“ geht auf Otto von Freising zurück, der selber dieser Familie entstammte. Er leitete diese Bezeichnung vom fränkischen Grafen Adalbert ab, der seinen Sitz auf dem Domberg zu Bamberg hatte. Vermutlich bestand ein gewisses verwandtschaftliches Verhältnis zwischen beiden Familien. Eine vollständige Klärung der Herkunft konnte man noch nicht gewinnen. Es darf aber angenommen werden, daß die Babenberger vom Herzogshaus der Luitpoldiger oder Arnulfinger abstammten.20 Der Passauer Bischof Pilgrim (971-991) bemühte sich erfolgreich, die Stellung seines Bistums in der Babenbergermark zu festigen und auszubauen. Er kümmerte sich auch intensiv um die Missionierung der Ungarn. Daher versuchte er Passau zur Metropole für die ungarischen und mährischen Bistümer erheben zu lassen. Der Versuch, mit Hilfe einer Urkundenfälschung, der bekannten Lorcher Fälschung, sein Ziel zu erreichen, scheiterte am Einspruch des Salzburger Erzbischofs. Doch kann diese Tat seine Leistungen für die Passauer Kirche nicht schmälern.21 18 19 20 21 Vgl. Zöllner, Geschichte, 60. Wandruszka, Ostarrichi, 7ff; MG DD OIII, Nr. 232. Vgl. Röhrig, Leopold III., 14. Vgl. Schragl, Geschichte, 32. 10 In der Karolingerzeit und der frühen Babenbergerzeit kann von einer Pfarrorganisation noch keine Rede sein. Wenn auch Urpfarren genannt werden, so waren diese bestenfalls Seelsorgestützpunkte. Pilgrims Nachfolger gingen nun daran, die kirchliche Organisation in Niederösterreich auszubauen. Ein entscheidender Schritt erfolgte unter Bischof Berengar (1013-1045). Nach dem damaligen Recht konnte eine Kirche bzw. Pfarrei nur derjenige stiften, der auch Grund und Boden besaß. Kaiser Heinrich II. schenkte im Jahre 1014 dem Passauer Bischof je eine Königshufe in Herzogenburg, Krems, Tulln, Altenwörth und Stockerau zur Errichtung einer Kirche. Als Kirchenpatron erhielten diese Orte den heiligen Stephanus, den Hauptpatron von Passau.22 Im weiteren Verlauf dieser Studie soll nun die Rede sein vom historischen Umfeld jenes Ortes, der das speziellen Thema der Arbeit darstellt. Die Geschichte Mayerlings ist untrennbar mit der Gründung und dem Schicksal des Zisterzienserstifts Heiligenkreuz verbunden. 22 Vgl. Schragl, Geschichte, 33. 11 II. STIFT HEILIGENKREUZ 1. Die Erneuerung des monastischen Lebens a) Die Situation der Kirche am Ende des ersten Jahrtausends Die germanische Auffassung vom Recht des Besitzers über Grund und Boden wirkte sich aus im sogenannten „Eigenkirchenwesen“, das wohl weniger eine Art der Seelsorgsorganisation als vielmehr ein Lehenssystem war und bald das ganze Abendland erfaßt hatte. Der Lehensherr, der auf seinem Grundstück eine Kirche errichtete, übergab diese einem Priester zu eigen, der damit sein Lehensmann wurde. Ebenso geschah es bei den Klöstern. Der Stifter gab das Eigenkloster dem Abt zu Lehen. Er konnte aber auch, da er Lehensherr blieb, das ganze Kloster oder einen Teil davon einem Weltpriester oder gar einem Laien als Lehen geben. Der Lehensherr behielt auch den Anspruch auf den Ertrag des Lehens, gewährte Rechte und setzte Pflichten fest. Die Ein- und Absetzung von Geistlichen oder Äbten konnte ohne Zustimmung des Diözesanbischofs erfolgen. Nach damals geltendem Recht war dieser Vorgang nichts Besonderes. Viel gravierender war die Tatsache, daß auch die Bistümer auf diese Art und Weise von den Herrschern vergeben wurden. Der König überreichte dem Auserwählten die Insignien Stab und Ring, worauf dieser den Treueeid leistete. Im Laufe der Zeit nannte man diesen Akt der Amtseinführung Investitur.23 Es kam auch vor, daß der König sogar Laien zu Bischöfen und Äbten ernannte. Dabei spielten oft politische und wirtschaftliche Interessen ein gewisse Rolle. Da die belehnten Geistlichen keine Erben hatten, fiel das Lehen nach deren Tod an den Grundherrn zurück. Ständige Erbstreitigkeiten wurden vermieden, was sich günstig für den Frieden und die Beständigkeit des Reiches auswirkte. Wie schon zur Zeit der Apostel (vgl. das Beispiel Simon des Magiers in Apg 8,924) scheuten sich manche nicht, solche geistlichen Güter mit Geld zu erkaufen. Die Investierten versuchten nun, ihre Auslagen wieder hereinzubekommen und forderten für rein geistliche Amtshandlungen Geld, wobei sie damit in den Sog 23 Vgl. Kempf, Bischofskirchen, 316. 12 echter Simonie gerieten. Das Kirchenrecht verbot zwar die Simonie, doch wurde sie immer wieder angewandt. Diese Abhängigkeit wirkte sich auf die gesamte kirchliche Organisation aus und beeinflußte das geistliche und kirchliche Leben stark. Die Kirche kam immer mehr in die Abhängigkeit der weltlichen Macht. Die Zahl der Eigenkirchen und Eigenklöster war bald größer als jene der anderen. Eine straffe Ordnung in den Diözesen war dadurch erschwert, da die verschiedenen, oft sehr komplizierten und verklauselten Lehensbeziehungen Ausnahmen und Sonderstellungen der Belehnten verlangten. Ein weiteres Übel war die Mißachtung des Zölibats, auch Nikolaismus genannt. Der Zölibat gehörte bereits zur kanonischen Ordnung der abendländischen Kirche, doch geriet er vielfach in Vergessenheit. Besonders auf dem Land war die Priesterehe weit verbreitet. Niedrige Herkunft, unzureichende theologische und spirituelle Ausbildung sowie eine nur begrenzte Aufsicht durch die Oberhirten führten dazu, daß gerade die Landpriester im Konkubinat oder in einer richtigen Ehe lebten. Selbst in den Klöstern kam es vor, daß Mönche Frauen und Kinder hatten.24 Als Folge dieser Verfehlungen vernachlässigten die Priester nicht nur ihre geistlichen Pflichten, sondern verschleuderten auch das Kirchengut, um die Versorgung ihrer Kinder zu gewährleisten. So war es kein Wunder, daß der Ausbau und die Organisation der Kirche bei diesen Zuständen stagnierte. b) Die Reform der abendländischen Kirche Diese Zustände machten es notwendig, eine Änderung herbeizuführen. Die Kirche mußte sich von der Umklammerung der weltlichen Macht lösen und ihre Selbständigkeit wieder erlangen. Abhilfe konnte nur ein an den ursprünglichen Idealen ausgerichtetes und erneuertes Priester- und Mönchstum bringen. Ihre Leitung mußten Bischöfe und Äbte übernehmen, die nicht von weltlichen Herren abhängig, sondern kanonisch frei gewählt waren. Die oberste Leitung der Kirche bedurfte eines Papstes, der den Willen und die Fähigkeit besaß, die kirchliche Ordnung wieder herzustellen. 24 Vgl. Kempf, Reformbewegungen, 390. 13 Als 909 das Benediktinerkloster Cluny gegründet wurde, ahnte noch niemand, daß von hier aus ein neues Aufblühen des klösterlichen Lebens erfolgen sollte. Gleich zu Beginn wurde die Abtei dem Schutz des Papstes unterstellt und so dem beliebigen Zugriff der weltlichen wie geistlichen Gewalt entzogen. Die erreichte Exemtion gewährleistete nun eine freie Abtwahl. Ferner gestatteten zahlreiche päpstliche Privilegien dem jeweiligen Abt, daß Bischöfe nur mit seiner Erlaubnis Weihen und sakrale Handlungen vornehmen durften. Mit dem Beginn unter Abt Berno (909-927) stieg die Zahl der Mitglieder kontinuierlich an und erreichte unter Petrus Venerabilis (1122-1157) eine Größe von fast 400.25 Das Programm zur Neuordnung und geistigen Erneuerung lautete: Unabhängigkeit von der weltlichen Macht, Treue zum Papst, straffe Disziplin, sittenstrenger und frommer Lebenswandel. Obwohl Cluny nicht als Reformkloster gegründet wurde, verbreitete sich dieser neue Geist sehr rasch auch in den Nachbarländern. In der Zeit, in der die cluniazensische Reform erste Auswirkungen zeigte, kamen auch Päpste auf den Stuhl Petri, die von der Notwendigkeit einer umfassenden Reform überzeugt waren. Ihr hervorragender Vertreter war Gregor VII. (10731085), dem der endgültige Durchbruch der Reformen gelang. Diese hatten die Entflechtung und relative Trennung von Kirche und Staat, von kirchlicher und weltlicher Gewalt, zum Ziel. Weitere Punkte waren die Beseitigung der Simonie sowie die strenge Einhaltung des Zölibats für Priester. Bei der Umsetzung dieser Punkte kam es zum Interessenskonflikt mit dem Kaiser, der seinen Einfluß auf die Kirche schwinden sah. Dabei stellte sich ein großer Teil der deutschen Geistlichkeit gegen Gregor. Der Investiturstreit konnte erst 60 Jahre später durch das Wormser Konkordat beigelegt werden. Die Ehelosigkeit und ein dem geistlichen Stand entsprechender Lebenswandel wurde durch das neunte und zehnte allgemeine Konzil (1. Laterankonzil 1123 und 2. Laterankonzil 1139) erneut festgelegt und eingeschärft. Die Päpste hatten nun die Kirche aus der Bevormundung geführt, und das Vorbild der Cluniazenser gab dem Klerus den Anstoß, sich auf seine wahre Berufung zu besinnen. 25 Vgl. Bulst, Cluny, 2173. 14 c) Der Zisterzienserorden Die machtvolle Entwicklung des benediktinischen Mönchtums, ausgehend vom Kloster Cluny, hatte die Kirche und das Papsttum aus einer tiefen Krise zu neuer Stärke herausgeführt. Das 12. Jh. bedeutete für Cluny und seine Töchterklöster die höchste Blüte, doch zugleich sollte es der Beginn des Niedergangs werden, so daß der Satz „ecclesia semper reformanda“ in dieser Zeit besonders für das benediktinische Mönchtum aktuell wurde. Zahlreiche Schenkungen hatten zu großem Besitz und Reichtum der Klöster geführt. Eine aufwendig gefeierte Liturgie, die oft übertrieben gepflegte Kultur, das Eintauchen in die Attraktion der Welt und der Verlust an Bescheidenheit und Einfachheit führten die Mönche zu einer geistigen Trägheit, die sich schließlich auszuwirken begann in einer unzureichenden Beobachtung der Ordensregel. Es schien, daß die Ideale ihres Vaters, des hl. Benedikt, in Vergessenheit geraten waren. Aber wie schon so oft im Leben der Kirche, wenn nach einer Reform der Verfall folgt und dieser wieder durch eine Reform überwunden wird, so sollte dieses Mal ein neuer grüner Zweig am Baum des Mönchtums zu wachsen beginnen. Im Jahre 1098 begann Robert von Molesme mit einigen Gefährten sich in der verlassenen und unwegsamen Gegend von Cîteaux26 niederzulassen. Ihre Absicht war, die ursprüngliche Regel des hl. Benedikt in Treue und Strenge zu leben und das Gleichgewicht zwischen Liturgie und Arbeit wieder anzustreben. Das Novum Monasterium27, so nannten es die Mönche, sollte nicht in Abhängigkeit von einer weltlichen Herrschaft geraten. Mit der Forderung nach wirtschaftlicher Selbständigkeit wollte man die eigenkirchlichen Strukturen überwinden. Außerdem verzichteten sie auf Einnahmen durch Verpachtungen und forderten von den Bauern keine Zehentabgaben.28 Daher bestellten sie ihre gerodeten Felder selbst und sicherten sich damit ihren Lebensunterhalt. Dieses System der Selbstversorgung war dadurch möglich geworden, weil der landwirtschaftliche Eigen- 26 27 28 Das neue Kloster erhielt den Namen „Cîteaux“ (lat. Cistercium). Nach diesem Ort wurden später alle Mönche des Reformordens „Zisterzienser“ genannt. Vgl. Bouton, Cîteaux, 2104. Vgl. Kempf, Orden, 524. 15 betrieb von den Konversen29 übernommen wurde, die sich nun deutlich von den Chorprofessen unterschieden. Das Armutsprinzip wirkte sich auch auf den Bau der Kirchen und deren Einrichtungen aus. Man versuchte alles so schlicht wie möglich zu gestalten. Nicht einmal ein Kirchturm war erlaubt, sondern nur ein Dachreiter erhob sich über dem Kirchendach. Ferner trug die abgeschiedene Lage dazu bei, den weltlichen Einflüssen zu entfliehen und sich ganz in den Dienst Gottes zu stellen. Neben der Selbstheiligung und der Handarbeit zählte die Feier der Liturgie zu den wichtigsten Aufgaben der Ordensleute. Doch die strenge Zucht und die strikte Einhaltung der Benediktus-Regel bewog in den ersten Jahren wenige zum Eintritt in den Orden. Zwar bemühten sich der erste Abt Robert und seine Nachfolger Alberich und Stephan Harding sehr, die Mönchsgemeinschaft zu vergrößern, doch ihr Nachwuchs blieb vorerst recht bescheiden. Erst mit dem Eintritt des hl. Bernhard und seiner Gefährten sollte es anders werden. Aus dem burgundischen Hochadel stammend, kam Bernhard 1090 in Fontaines zur Welt30. Seine Erziehung und wissenschaftliche Bildung erhielt er von den Stiftsherrn in Chatillon. Als seine Mutter starb, die einen großen Einfluß auf seine religiöse Begabung ausgeübt hatte, machte er sich auf die Suche nach dem rechten Weg. Mit der Absicht, ein klösterliches Leben zu führen, bat er 1112 mit 30 Verwandten31 und Freunden um Aufnahme in Cîteaux. Jetzt begann durch die überragende Persönlichkeit Bernhards ein schnelles Wachstum des Zisterzienserordens. Von Cîteaux aus wurde nun die zisterziensische Spiritualität in die Welt getragen. In rascher Folge entstanden neue Tochterklöster in La Ferte, Pontigny, Morimond und Clairvaux. Sie bildeten die Gruppe der sogenannten Primarabteien, von wo aus später alle Zisterzienserklöster ihren Ursprung nahmen.32 29 30 31 32 Die „Konversen“ lebten ohne klerikale Weihe in begrenzter Askese im Klosterverband. Als laikale Gruppe hatten sie ein einfaches Versprechen abgelegt und führten zur Entlastung der Ordensgeistlichen die praktischen Arbeiten aus. Eine wichtige Bedeutung gewannen die Konversen bei den Zisterziensern, wo sie an der Bewirtschaftung des Landbesitzes und am Handel der Stadthöfe großen Anteil hatten. Vgl. Rüther, Konversen, 1423f; Töpfer, Konversen, 27ff. Vgl. Winkler, Übersicht, 38. Allein von seinen Geschwistern waren 4 Brüder darunter. Vgl. Wolter, Reformorden, 20. 16 Die Einheit der vielen Neugründungen wurde dadurch gewahrt, daß die Ordensverfassung, die Charta Caritatis, für alle errichteten Klöster galt. Ein übertriebener Zentralismus wurde genauso abgelehnt wie die völlige Eigenständigkeit der einzelnen Klöster. Die Äbte der rechtlich selbständigen Abteien trafen sich jährlich zu Beratungen in Cîteaux. Dieses Generalkapitel übte die höchste Gewalt im Orden aus, beließ aber den Klöstern die volle finanzielle und innerklösterliche Verwaltungsautonomie. Jährliche Visitationen durch den Abt des jeweiligen Mutterklosters sorgten für die Einhaltung der Anweisungen des Generalkapitels.33 Die Abtei Clairvaux verdankte seine Gründung dem hl. Bernhard, der von seinem Abt Stephan 1115 dazu beauftragt wurde. Bernhard blieb bis zu seinem Tod Oberer dieses Klosters. Durch sein Beispiel und seine Predigten hatte er viele Menschen bekehrt und für den Orden gewonnen. Von Clairvaux aus, wo hunderte Mönche und Konversen lebten, wurden zahlreiche Filialgründungen34 vorgenommen. Daher gilt der hl. Bernhard nicht zu Unrecht als zweiter Gründer des Zisterzienserordens. Großen Einfluß übte er auch außerhalb der Klostermauern aus. In vielen Fällen mußte er zwischen streitenden Parteien vermitteln. Als Berater des Papstes und der Fürsten führte ihn der Weg in andere Länder, und als eifriger Prediger rief er zur Verteidigung des wahren Glaubens35 auf. Trotz seiner angeschlagenen Gesundheit schonte er seinen Körper nicht und war darauf bedacht, die Ordensvorschriften genau zu befolgen. Sein umfangreiches Schriftentum zeugt von einer tiefen Spiritualität. Obwohl schon ernstlich krank, begab er sich 1153 noch nach Lothringen, um zwischen dem dortigen Bischof und mehreren Feudalherren Frieden zu stiften.36 Im selben Jahr starb er in seinem geliebten Kloster Clairvaux. So hatte der hl. Bernhard sein Leben ganz in den Dienst der Kirche gestellt und dazu beigetragen, daß der Zisterzienserorden eine weite Verbreitung im 12. Jh. fand. Bis zu seinem Tode gründete er allein von Clairvaux aus 69 Klöster. 33 34 35 36 Vgl. Nimmervoll, Zisterzienser, 28. Als Bernhard starb, besaß Clairvaux 168 Tochterklöster von insgesamt 350 Zisterzen. 1830 wurde der hl. Bernhard von Papst Pius VII. zum Kirchenlehrer ernannt. Vgl. Wendelborn, Bernhard, 225. 17 Die Tatsache der baldigen Heiligsprechung am 18. Januar 1174 durch Papst Alexander III. zeigt die große Bedeutung und Beliebtheit beim Volk vor und auch nach seinem Tod. 2. Die Gründung von Heiligenkreuz a) Leopold III. – Stifter des Klosters Zu der Zeit, als sich der Zisterzienserorden auch über die Grenzen Frankreichs auszubreiten begann, wurde die Mark Österreich vom Markgrafen Leopold III. regiert. Er wurde um 1075 in Melk geboren und gehörte dem Geschlecht der Babenberger an. Als einziger Sohn Leopolds II. übernahm er nach dessen Tod 1095 die Herrschaft des Landes und galt sogar als Kandidat für die Kaiserkrone.37 Durch seine kluge und umsichtige Politik gelang es ihm, den kleinen Bereich seines Territoriums vor den innenpolitischen deutschen Kämpfen zu bewahren und somit eine ungestörte Entwicklung zu sichern. Seine zweite Frau Agnes, die Tochter des Kaisers Heinrich IV., schenkte ihm 17 Kinder.38 Nach dem Willen der Eltern waren die zwei jüngsten Söhne für den geistlichen Stand bestimmt. Konrad wurde zunächst Bischof von Passau und einige Jahre später zum Erzbischof von Salzburg gewählt. Seinen Sohn Otto setzte Markgraf Leopold zum Propst des Stiftes Neuburg ein. Da er aber erst 14 Jahre alt war, lag die Leitung zunächst in den Händen des Vikars Opold, der schon öfters die Geschäfte des Klosters geführt hatte. Mit der Ernennung zum Propst dürfte Leopold mit seinem Sohn weitreichende Pläne verfolgt haben. Zum einen konnte dadurch sein Einkommen gesichert und ein teures Studium finanziert werden. Zum anderen dachte der Markgraf wohl auch an die Schaffung eines von Passau unabhängigen Bischofsstuhls in Klosterneuburg mit Otto als dessen erstem 37 38 Vgl. Zöllner, Geschichte, 68. Vgl. Röhrig, Leopold III., 68f. 18 Bischof.39 Um eine gründliche theologische Ausbildung zu ermöglichen, schickte ihn sein Vater aber zunächst nach Paris.40 Nach Abschluß der etwa 5-jährigen Studienzeit in Paris und vielleicht auch in Chartres machte sich Otto 1132 mit 15 Gefährten auf den Weg zurück in die Heimat. Auf der Reise übernachteten sie im Zisterzienserkloster Morimond, das in der Diözese Langres lag. Diese Abtei war 1115 von Cîteaux aus gegründet worden und galt als vierte Primarabtei des Zisterzienserordens. Der Aufenthalt in der Zisterze machte auf Otto und seine Begleiter einen so großen Eindruck, daß sie sich entschlossen, in dieser Niederlassung der grauen Mönche zu bleiben.41 Nach einem Jahr der Vorbereitung legte Otto die Ordensgelübde ab. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfte sich sein Vater Leopold noch Hoffnungen gemacht haben, daß sein Sohn als Propst zurückkehrte, um die kirchenpolitischen Pläne des Vaters zu verwirklichen. Jetzt aber war diesen Erwartungen ein Ende gesetzt, und der Markgraf begann mit der Umgestaltung des Eigenstiftes Neuburg in ein AugustinerChorherrenstift.42 Nachdem Otto etwa 5 Jahre als Mönch in Morimond gelebt hatte, wählten ihn seine Mitbrüder als Nachfolger des am 6. Januar 1138 verstorbenen Abtes Walcher. Nur kurze Zeit war es ihm vergönnt dem Kloster vorzustehen. Bereits im selben Jahr wurde er zum Bischof von Freising berufen, wobei er bemüht war, die strengen Gewohnheiten seines Ordens, zu denen er sich ein Leben lang verpflichtet hatte, weiterzuführen.43 Mit großer Tatkraft ging er an die Erneuerung des Freisinger Bistums und an die Beilegung der anstehenden Probleme. Er verteidigte die Rechte der Kirche gegen die Übergriffe der Wittelsbacher Vögte, brachte 39 40 41 42 43 Vgl. Röhrig, Leopold III., 107. Frankreich galt im 12. Jahrhundert als das klassische Bildungsland, das zahlreiche hervorragende Kathedral- und Klosterschulen in Chartres, Reims, Tours, Orleans und Laon besaß. In Paris bestand zwar noch keine Universität, doch hatte das von Wilhelm von Champeaux gegründete Chorherrenstift St. Viktor einen ausgezeichneten Ruf. Zu seinen Lehrern zählte der berühmte Theologe Hugo von St. Viktor, der mit Bernhard von Clairvaux in Briefkontakt stand. Dieser Entschluß dürfte aber nicht spontan oder gar unüberlegt gewesen sein. Höchstwahrscheinlich hatte Otto in Paris das Gedankengut des Reformordens und das strenge Ordensleben der Zisterzienser kennengelernt. Von einer direkten Begegnung mit Bernhard von Clairvaux ist uns zwar nichts überliefert, sie darf aber auch nicht ganz ausgeschlossen werden. Vgl. Kirchner-Feyerabend, Freising, 28. Vgl. Kirchner-Feyerabend, Freising, 32. Vgl. Hausberger/Hubensteiner, Kirchengeschichte, 132. 19 entfremdeten Besitz wieder ein, reformierte das Domkapitel und die Domschule und fand noch Zeit, eine Weltgeschichte zu schreiben, die den Titel trägt „Chronica sive historia de duabus civitatibus“.44 Als er 1158 auf dem Weg zum Generalkapitel nach Cîteaux seine Profeßabtei in Morimond besuchen wollte, erkrankte er und starb in seinem Heimatkloster am 22. September 1158.45 b) Die Zisterzienser in Heiligenkreuz Bald nach seinem Klostereintritt in Morimond hatte sich Otto bemüht, die Ausbreitung seines Ordens auch in seiner Heimat zu erreichen. In einem Brief an seinen Vater bat er ihn um die Gründung eines Zisterzienserklosters in seinem Herrschaftsbereich. Leopold III. erfüllte diese Bitte und überließ Abt Gottschalk und seinen zwölf Mönchen46 ein Gebiet im südöstlichen Wienerwald. Fernab von jeglichem Verkehr, wie es die strengen Satzungen des Reformordens vorschrieben, ließen sich die Mönche in einer breiten Talmulde, am Zusammenfluß des Sattelbaches und des Dornbaches, nieder.47 Auf die Neuankömmlinge aus Burgund wartete nun eine harte und schwere Arbeit, denn das Waldgebiet mußte erst von ihnen gerodet werden. Als Gründungstag des Klosters Heiligenkreuz sind uns verschiedene Jahreszahlen überliefert. Es kommen der 11. September 113348, der 11. September 1135, und der 18. März oder 18. April 113649 als Termin in Frage, an welchem die Neugründung entstand. Zunächst einmal schickte der Abt von Morimond eine Gruppe von Mönchen mit ihrem neuen Abt Gottschalk an der Spitze, um einen geeigneten Platz zu 44 45 46 47 48 49 Dieses Werk, heute meist „Chronik“ genannt, stellt in acht Büchern eine allgemeine Geschichte von der Schöpfung bis zum Weltgericht dar. Vgl. Kirchner-Feyerabend, Freising, 298ff. Mit dem ersten Abt Gottschalk kamen folgende uns namentlich bekannte Mönche aus Morimond: Wilhelm, der dann zum ersten Prior in Heiligenkreuz gewählt wurde, und Friedrich, der mit Otto, dem Sohn des Markgrafen Leopold III., in Morimond eingetreten war und später dem zweiten Tochterkloster von Heiligenkreuz in Zwettl als Abt (1142-1156) vorstand. Vgl. Watzl, Cistercienser, 1f. Die ersten Mönche kamen wahrscheinlich im Sommer 1133 aus Morimond. Vgl. Watzl, Stift, 7. Vgl. Hradil, Zeichen, 61. Vgl. Frey, Stift, 4. 20 erkunden. Markgraf Leopold wies ihnen wahrscheinlich am 11. September 1133 den Ort „Satelbach“ zu. Das Gut befand sich in jenem Gebiet, das der deutsche König Heinrich II. (1002-1024) im Jahre 1002 dem Geschlecht der Babenberger geschenkt hatte.50 Neben dem Wald, der erst durch Rodung den Ackerbau ermöglichte, boten mehrere Bäche einen idealen Platz für Mühlen und Fischteiche. Nun beschlossen die Mönche, mit dem Bau einer vorläufigen Anlage aus Holz zu beginnen, wobei sie in der Zwischenzeit das schon bestehende markgräfliche Haus bewohnten. Als die provisorischen Gebäude, Kapelle, Kapitelsaal, Speisesaal und Schlafraum errichtet waren, konnten die „grauen Mönche“ mit der Vita regularis beginnen.51 Im Frühjahr des Jahres 1136, vielleicht am 18. März oder 18. April, legte der Diözesanbischof Reginmar von Passau, in Anwesenheit des Stifters Leopold und seiner Familie, den Grundstein für den Bau des Klosters aus Stein.52 Diese unterschiedlichen Jahreszahlen, die letztlich nicht ganz geklärt werden können, stellen aber für das Stift Heiligenkreuz markante Punkte ihrer Entstehung dar und haben auch für das heutige Leben des Klosters ihre Bedeutung.53 Wie alle Klöster der Zisterzienser wurde die Neugründung Maria, der Königin des Himmels und der Erde, geweiht, und aus Verehrung des heilbringenden Zeichens unserer Erlösung nannte Leopold seine Stiftung von Anfang an Heiligenkreuz. Diese Namensgebung steht im Zusammenhang mit einer Kreuzreliquie,54 die der Markgraf gleich zu Beginn dem Kloster als Geschenk überließ. Eine weitere und größere Kreuzreliquie brachte 1182 Herzog Leopold V. aus Jerusalem 50 51 52 53 54 Vgl. Lechner, Babenberger, 62. Vgl. Watzl, Cistercienser, 1. Vgl. Watzl, Stift, 4. Die Jubiläumsfeierlichkeiten der beiden letzten Jahrhunderte wurden in Heiligenkreuz an zwei unterschiedlichen Jahresterminen angesetzt. So begingen die Mönche die 700-Jahrfeier vom 14. bis 21. September 1834. Aber erst nach 101 Jahre feierte man vom 8. bis 15. September 1935 das 8. Jahrhundert seiner Gründung. Da man nun annimmt, daß die eigentliche Gründung 1133 stattgefunden hat, könnte das nächste Jubiläum schon im Jahre 2033 gefeiert werden. Nach dem Bericht des Chronikon paschale fand am 14. September 320 die Kaiserin Helena, Mutter Konstantin des Großen, in Jerusalem das Kreuz, an dem Christus starb. Nach der wunderbaren Auffindung wurden kleinere und größere Partikel als Reliquien an Kirchen und Einzelpersonen verteilt. Der größere Längsbalken blieb jedoch in Jerusalem und fiel bei der Eroberung der Heiligen Stadt 614 in die Hände der Perser. Das Heilige Kreuz konnte aber einige Jahre später durch den Sieg von Kaiser Herakleios über die Perser zurückgewonnen werden. Zum Andenken an dieses Ereignis feiert die Kirche am 14. September das Fest der 21 mit. Auf seiner ersten Pilgerreise in das Heilige Land erhielt er diese Kostbarkeit vom König von Jerusalem als Geschenk. Das handgroße Stück vom Kreuzesholz55 unseres Herrn Jesus Christus vermachte er am 31. Mai 1188 in einer feierlichen Schenkung im Taiding56 von Mautern dem Kloster Heiligenkreuz. Leopold V. liegt im Kapitelsaal des Klosters begraben, und eine Darstellung auf einem Glasfenster im Brunnenhof zeigt ihn mit der Kreuzreliquie in der Hand. Lange Zeit verehrten die Mönche diese kostbaren Stücke. Unbekannte entwendeten bei einem Einbruch am 1. Januar 1649 die erste und kleinere Reliquie aus der Kreuzkapelle. Die größere Kreuzpartikel blieb jedoch erhalten.57 Das Stift Heiligenkreuz im Wienerwald 55 56 57 „Erhöhung des Heiligen Kreuzes“. Am darauffolgenden Sonntag wird jährlich dieses Gedächtnis im Stift Heiligenkreuz als Hauptfest begangen. Vgl. Schaefers, Geschichte, 614f. „1182. Liupoldus dux Austrie Ierosolimam ivit. Eodem anno revertitur afferens portionem sancte crucis ad mensuram virilis manus.“ MG SS 9, 617. „Taiding“ war die geläufige Bezeichnung für eine Gerichtsversammlung. Vgl. Kroeschell, Taiding, 434f. Das Holz dieser Kreuzreliquie ist braunrot und in Form eines Doppelkreuzes mit zwei Querbalken zusammengestellt. Der Längsbalken mißt 24 cm, der untere Querbalken 11,5 cm, 22 Für Leopold III. dürften neben der Bitte seines Sohnes noch andere Gründe ausschlaggebend gewesen sein, ein Zisterzienserkloster zu stiften. Wie wir aus der Stiftungsurkunde entnehmen können, hat der Markgraf auf göttliche „Eingebung“ und auf „Rat“ seines Sohnes sich entschlossen, Brüder aus Morimond zu rufen. Er wollte ein Haus des Gebetes und des monastischen Lebens schaffen, wo Gott gelobt und verehrt werden sollte. Diese spirituelle Intention des Stifters kommt wiederholt zum Ausdruck, indem er z. B. wünscht, daß diese seine Schenkung „nicht nur Unserem Wohlsein und Frieden und Unserer Ruhe, sondern auch dem Heile und Seelenfrieden Unserer in Christo entschlafenen Eltern zum Nutzen gereichen“58. Trotz seines hohen Ansehens als Herrscher fühlte er sich unfähig, ein wirklich gutes und Gott wohlgefälliges Werk zu tun, und so bat er die Mönche, die ja durch ihren Stand dazu berufen waren, für ihn und seine Familie die Barmherzigkeit Gottes zu erflehen. Als Lohn dafür war er bereit, sie mit seiner Habe zu unterstützen, wie „die Ulme den Weinstock.“59 Noch heute werden Monat für Monat Totenmessen für die Stifter und Wohltäter des Klosters gefeiert.60 Durch ihre strenge Lebensweise sollten die Zisterzienser auch für die Mark Österreich Gnade und Frieden erflehen sowie für die Sünden der damaligen Zeit Abbitte leisten und Fürsprache erflehen. Zugleich verband Leopold mit dieser Stiftung auch die Möglichkeit einer geeigneten Grabstätte für seine Dynastie.61 Der Markgraf und seine Frau Agnes wurden jedoch im Kapitelsaal von Klosterneuburg bestattet, da sich das Kloster Heiligenkreuz zum Zeitpunkt ihres Todes erst im Aufbau befand.62 58 59 60 61 62 der obere 6,5 cm. Die Breite beträgt 1,7 cm und die Dicke 1,3 cm. Es ist die größte Kreuzreliquie nördlich der Alpen. Vgl. Hradil, Zeichen, 75. Hlawatsch, Stiftungsurkunde, 4. Hlawatsch, Stiftungsurkunde, 4. Damit diese Gebetsverpflichtung im Kloster nicht in Vergessenheit gerät, wurde eine alte handschriftliche Aufstellung der Stifteranniversarien mit den einzelnen Stiftungen am Eingang zur Sakristei angebracht. Im Kapitelsaal, der Anfang des 13. Jahrhunderts entstand, fanden mehrere Generationen der Babenberger ihre letzte Ruhestätte. Unter einfachen Steinplatten befinden sich die sterblichen Überreste der Markgrafen und Herzöge von Österreich aus dem Geschlecht der Babenberger. Vgl. Niemetz, Grablege, 7. Leopold III. starb unerwartet am 15. November 1136 und wurde am 6. Januar 1485 von Papst Innozenz VIII. heiliggesprochen. Seine Frau Agnes erreichte das damals sehr hohe Alter von 70 Jahren und starb am 24. September 1143. Vgl. Röhrig, Leopold III., 18; vgl. Dienst, Agnes, 2025. 23 Neben der religiösen Hauptabsicht wird wohl auch ein gewisses wirtschaftliches Interesse des Stifters mit eine Rolle gespielt haben. Die Zisterzienser – stets bestrebt, die in der Regel des heiligen Benedikt formulierten Ideale des Mönchtums ohne Einschränkung zu verwirklichen – legten neben dem Gebet auch großen Wert auf die Arbeit.63 Durch die von ihnen betriebene Selbstversorgung gelangten die Zisterzienser allmählich zu einer fortschrittlichen Agrartechnik. Aus sumpfigen Böden und ödem Land verstanden sie es, fruchtbare Äcker zu bereiten. Sie waren ausgezeichnet in Land- und Forstwirtschaft und Meister der Fischzucht und des Weinanbaus. Mit ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen konnten sie die wirtschaftliche Kraft des Landes stärken und ihr Wissen an andere weitergeben. Auch aus diesem Grund suchte der Markgraf jene fähigen Ordensmänner an die damalige Ostgrenze seiner Mark zu holen, um durch sie den Landaufbau zu fördern. Man kann also sagen, daß der vorrangige Grund für eine Klostergründung im Mittelalter gewiß zuallererst der war, einen Ort des Gebetes zu errichten. Doch muß auch der kolonisatorische, kulturelle und dynastische Aspekt im Auge behalten werden, wie er gerade am Beispiel von Heiligenkreuz deutlich sichtbar geworden ist. c) Das Schenkungsgebiet Am 1. November 1002 schenkte König Heinrich I. dem damaligen Markgrafen Heinrich II. ein Gut am Ostrand des Wienerwaldes und 20 Königshufe,64 die nördlich der Donau lagen. Die im Wienerwald gelegene Schenkung65 umfasste das Gebiet zwischen der „Durran Liezniccham“ (Dürren Liesing) und der 63 64 65 Wie es im Kapitel 48 der Benediktus-Regel über die Handarbeit lautet, ist Müßiggang der Feind der Seele. Deshalb sollen sich die Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden dagegen mit heiliger Lesung beschäftigen. Weiters heißt es, daß die Brüder nicht verdrossen sein dürfen, wenn sie Aufgrund ihrer Verhältnisse die Ernte selbst einbringen müssen. Denn erst dann sind sie wirkliche Mönche, wenn sie von der Arbeit ihrer Hände leben, wie es die Apostel schon taten. Vgl. Steidle, Regel, 145f. Die „Hufe“ war Ursprünglich ein bäuerlicher Wirtschaftsbetrieb (Hofstatt) mit dazugehörigem Kulturland. Im Hoch- und Spätmittelalter verstand man darunter zunehmend eine FlächenEinheit entsprechend einer (Voll-)Bauernstelle. Vgl. Hägermann/Hedwig, Hufe, 154-156. Vgl. BUB IV/I, Nr. 556. 24 „Triezniccham“ (Triesting), also den Raum des heutigen Gaaden, Heiligenkreuz, Alland und Kleinmariazell. Heinrich II. und seine Nachfolger waren bemüht, die Grenze zum Osten vor feindlichen Einfällen zu sichern und das Land auszubauen. Bei diesen Bemühungen setzte Leopold III. einen wichtigen Schritt in diese Richtung, als er den aus Morimond gerufenen Zisterziensern ein Gebiet aus dieser Königsschenkung überließ. In der Stiftungsurkunde66 von Heiligenkreuz aus dem Jahre 1136 wurde – neben den Beweggründen für die Schenkung – besonders genau die Grenze des Gründungsterrains angegeben. Noch vor der Herstellung der Stiftungsurkunde hatte Markgraf Leopold das Dorf Brumgesveld (Preinsfeld) von einem gewissen Anselm von Lachsendorf zur räumlichen Komplettierung der Stiftung erworben.67 Das Kloster Heiligenkreuz wurde somit nachweisbar, wie aus der im folgenden angeführten Stiftungsurkunde68 ersichtlich ist, von den Babenbergern auf eigenem Grund und Boden gegründet: „Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Allen Christgläubigen, den gegenwärtigen und zukünftigen, mehre sich Friede und Freude für und für! Auf daß die Werke der Fürsten und ihre Schenkungen den ehrwürdigen Stätten fest und unversehrt verbleiben, ist es angezeigt, sie urkundlich zu vermerken, ist es angezeigt, sie mit aller Vorsicht dem Gedächtnis der Nachkommen anzuvertrauen. Deshalb habe Ich Liupoldus, von Gottesgnaden Markgraf von Oesterreich in gegenwärtiger Urkunde niederlegen lassen, daß Ich auf Eingebung dessen, von dem alles Gute kommt, und auf Rat Meines lieben Sohnes Otto, der sich zu Morimund dem Zisterzienser-Orden angeschlossen 66 67 68 Wie bei anderen Urkunden stellt sich auch im Fall dieser Stiftungsurkunde die Frage, ob es sich hier um eine sogenannte diplomatische Fälschung handelt. Die inhaltliche Richtigkeit ist niemals bezweifelt worden. Oskar von Mitis nahm jedoch an, daß die Stiftungsurkunde auf Grund des Zehentstreites zwischen dem Stift Heiligenkreuz und dem Pfarrer Leopold von Alland angefertigt wurde. Um die Ansprüche des Stiftes nachzuweisen, erstellte man aus Mangel eines vorhanden Schriftstückes - mit Hilfe echter Vorlagen - diese Urkunde. Als Hauptargument führte Mitis den Charakter der Schrift an, der auf das 13. Jh. hinweist. Demgegenüber stellte P. Watzl fest, daß ganz ähnliche Schriftzüge in burgundischen Handschriften bereits Mitte des 12. Jh. vorkommen. Außerdem hob P. Watzl hervor, daß alle Landzuweisungen der Babenberger urkundlich verbrieft wurden, und daher hielt er auch an der Echtheit der Urkunde fest. Vgl. Watzl, Stiftsbrief, 42f; vgl. Mitis, Urkundenwesen, 270ff. Vgl. BUB II, Nr. 469. Das Original befindet sich im Stiftsarchiv Heiligenkreuz. Pergament, 700 x 500 mm, Siegel durchgedrückt. 25 hat, Brüder aus dem genannten Kloster Morimund berufen und ihnen an dem Orte, der bisher Sattelbach hieß, jetzt aber wegen des siegreichsten Zeichens unserer Erlösung zum heiligen Kreuze genannt wird, eine Stätte zur Niederlassung angewiesen habe. Aus Freude an ihrem Ordensleben und in Vorsorge um ihre Bedürftigkeit habe Ich aus eigener Machtvollkommenheit unter Beistimmung und auf Bitten Unserer Ehegemahlin Agnes und Unserer Söhne Albert, Heinrich, Liupold und Ernest Gott und der seligen immerwährenden Jungfrau Maria und den Brüdern, die sich im genannten Orte gesammelt haben oder sammeln werden, das ringsumliegende und Unserer Gerechtsame gehörige Land geschenkt mit Aeckern, Wiesen, Weiden, Gewässern, Wäldern – ob bebaut oder unbebaut – mit den Grenzen, die Wir gegeben haben und die Wir hier zu verzeichnen für dienlich erachten. Es sind aber folgende: Von dem Zusamfluß des Sattelbachs und der Schwechant bis Murligen (Mayerling); von da in der Richtung des sogenannten Mühlenweges bis zum Priventan und auf demselben Weg, der durch den Priventan zieht, bis zum Ort, der Husruch heißt, und von da wieder auf dem genannten Weg bis zum Sattelbach und von da in gerader Richtung bis zu einer Anhöhe, die gewöhnlich Hoheche (Hoheneck) heißt, und von da über ein Bächlein, das Dorinbach (Dornbach) genannt wird, auf die Schneide des Berges, der Keizeruche (Gaisruck) heißt, und von da auf dem Sichendorfer (Sittendorf) Waldweg und von da bis zu der Stelle, wo ein Bächlein mit Namen Marchbach entspringt, von da auf dem Wege, der zum Draschirchner (Traiskirchner) Weg führt, bis zur Vereinigungsstelle und von da bis zu einer Quelle, die in einem Ort, namens Muchersdorf entspringt, und von da auf einen Berg, dessen Name Ebenberch ist, und von da auf den Weg (Moggergraben), der zum Sattelbach hinabführt, und flußabwärts bis zum Zusammenfluß mit der Swechant. Wir wünschen, daß diese Unsere Schenkung und desselben Klosters Stiftung nicht nur Unserem Wohlsein und Frieden und Unserer Ruhe, sondern auch dem Heile und Seelenfrieden Unserer in Christo entschlafenen Eltern zum Nutzen gereichen, und hoffen, es werde Unserer Gebrechlichkeit bei der göttlichen Barmherzigkeit einigermaßen zuträglich sein, wenn Wir, da Wir selbst keine Frucht eines guten Werkes tun, wenigstens diejenigen, welche wahrhaft Gott Frucht bringen, von Unserer Habe stützen, wie die Ulme den Weinstock. Damit jedoch das, was Wir getan haben, umsomehr bekräftigt und verbürgt werde, so sollen der gegenwärtigen Urkunde die Zeugen und Unser Siegel beigefügt werden. Graf Chunradus de Pilstein (Peilstein), Otto de lengenbach, Rapoto de nezta (Nöstach), Sterfrit de becelinesdorf (Pötzleinsdorf), Otto de Leusdorf (Leesdorf), Ulricus de Gadmen 26 (Gaaden), Ulricus de Sigenvelde, Rudegerus und sein Bruder Rupertus de Sigchendorf (Sittendorf), Anshalmus de Sparwarsbach (Sparbach), Ebergerus de Adelahte (Alland), Hartungus de Ruhenegcke (Rauhenecke), Jubort de tribanswinchele (Tribuswinkel), Ozo und Otfridus de Murlingen, Hartwicus. So geschehen im Jahre 1136 nach des Herrn Menschwerdung unter Lothars Regierung im achten Jahre seines Königreiches, seines Kaisertums im dritten.“69 Die in der Urkunde angeführten Grenzen decken sich zum Teil mit jenen der heutigen Gemeinde Heiligenkreuz, mitunter gibt es auch gewisse Abweichungen. Als erster Markierungspunkt wird die Stelle bezeichnet, an der sich der Sattelbach mit der Schwechat vereinigt. Dieser Ort wird heute Sattelbach genannt. Die Grenze verläuft dann am linken Ufer der Schwechat entlang bis nach Mayerling, wo der aus Raisenmarkt kommende Raisenbach in die Schwechat fließt. Von dieser Bachmündung geht nun die Grenze in einem rechten Winkel zum Flußbett nach Norden folgend, dem Mühlweg entlang, der bergauf zur Allander Höhe führt. Anrainer dieses Wegstückes waren die in der Zeugenliste angeführten Ozo und Otfried von Murlingen. Der Verlauf dieses Feldweges wurde weitgehend zerstört und 1893 durch eine neu gebaute Straße ersetzt.70 Auf der Höhe angelangt, geht es auf dem Kamm nach Westen und über die 1848 neu angelegte Straße Heiligenkreuz – Alland. Dann zeigt der sogenannte Rennweg den weiteren Grenzverlauf. Dieser Waldweg führt zum Privathon, umkreist dessen Hochplateau und gelangt zum Sattelbach unweit des Ortes Grub. Auf der anderen Seite des Baches geht es aufwärts in nordöstlicher Richtung zum Kamm des Hochecks und von da über den Dornbach steil empor zum Gaisruck. Auf dem Sittendorfer Weg zieht sich die Grenze weiter bis zur Quelle des Marbaches und folgt dem Verlauf des Baches bis zum sogenannten Wienerbrückel. Von dort geht es in südlicher Richtung zum Weißen Kreuz, wobei vorher der Weg nach Traiskirchen gekreuzt wird. Die erwähnte Quelle beim Weißen Kreuz auf der Siegenfelder Höhe spendet auch heute noch Wasser. Die Grenzlinie führt nun durch das Heutal 69 70 Eine hochdeutsche Übersetzung der Gründungsurkunde durch P. Friedrich Hlawatsch wurde 1935 in der Jubiläumsausgabe der Sancta Crux S. 3 veröffentlicht. Vgl. Schachinger, Wienerwald, 490. 27 zum Sattelbach und an dessen rechtem Ufer hinab zur Schwechat und schließt so den Kreis des Fundationsgebietes.71 Die endgültige Übergabe dieses Gebietes an die Zisterzienser erfolgte durch einen Umritt der Grenzen. Dieser kirchliche und weltliche Brauch, Kirchen und Kapellen, Acker- und Dorffluren zu umreiten, war der sichtbare Ausdruck dafür, daß die Besitzergreifung auch rechtlich als vollzogen galt. Wie man annehmen darf, beteiligten sich daran Markgraf Leopold III., dessen Schwager Graf Konrad von Peilstein und die in der Gründungsurkunde namentlich angeführten Nachbarn, babenbergische Ministeriale.72 71 72 Vgl. Watzl, Stiftsbrief, 37ff. Vgl. Watzl, Babenberger, 12. 28 III. MAYERLING IM WIENERWALD 1. Alland, die Urpfarre im Wienerwald Über die Errichtung von Pfarren in der frühen Babenbergerzeit fehlen uns heute Gründungsurkunden oder andere Aufzeichnungen, welche uns darüber genaue Auskunft geben könnten. In vielen Fällen findet sich die Erstnennung einer Pfarre in Urkunden, die mit der Gründung kaum mehr etwas zu tun haben. So bezeugen diese Schriftstücke dann mehr die weitere Entwicklung dieser „Urpfarren“, wenn z. B. eine Grenzbeschreibung erfolgte oder der Besitz an ein Kloster übertragen wurde. Über den Zeitraum zwischen der eigentlichen Pfarrerrichtung und der ersten Erwähnung73 können heute oft nur Vermutungen angestellt werden. Der Begriff Pfarre wird in unserem Gebiet erst gegen Ende des 11. Jahrhunderts verwendet. In diese Zeit dürfte die Gründung der Pfarre Alland fallen. Sie war landesfürstlicher Besitz und Eigenpfarre der Babenberger, wie aus dem erhaltenen Zehentvertrag von Greifenstein vom September 1135 deutlich ersichtlich ist. In diesem Abkommen verzichtete Markgraf Leopold III. auf den Zehent seiner 13 Eigenpfarren und überließ sie dem Bischof Reginmar von Passau. Neben Alland sind folgende Pfarren angeführt: Klosterneuburg, Niederhollabrunn, Gars, Altpölla, Eggendorf im Thale, Groß-Rußbach, Mistelbach, Falkenstein, Oberleis, Meisling, Weitersfeld und Pulkau.74 Als Patron erhielt die Allander Pfarrkirche den hl. Georg.75 Die ursprünglich einschiffige Holzkirche wich im 11. Jahrhundert einem Bau aus festem Mauerwerk. Im Patronatsbuch des Stiftes Klosterneuburg wird das Gotteshaus 1115 erstmals erwähnt.76 Lange Zeit übernahmen weltliche Priester die seelsorgliche Betreuung der Bevölkerung. Ihr Pfarrgebiet dehnte sich – vor der Klostergründung von Heiligenkreuz – vom Tal der Triesting bis in das Tal der Liesing aus und umfaßte dabei einen Großteil des Wienerwaldes. Im Laufe der Jahrhunderte kam es zu 73 74 75 76 Vgl. Feigl, Babenberger, 52. Vgl. BUB IV/I, Nr. 674. Vgl. Zinnhobler, Bistumsmatrikeln, 195. Vgl. Dorffner, Alland, 35. 29 zahlreichen Veränderungen, welche die Großpfarre immer kleiner werden ließen. Einige neue Pfarren wurden errichtet und somit von der Mutterpfarre losgelöst, darunter schon frühzeitig die Orte Laab im Walde, Merkenstein und Gaaden. Andere wiederum erlangten zwar ihre Eigenständigkeit, vermochten jedoch den Wirren der Zeit nicht standzuhalten und ihr Sprengel fiel wieder an die Mutterpfarre zurück. Einen merklichen Eingriff für die weithin ausgedehnte Pfarre Alland brachte die Gründung des Klosters Heiligenkreuz. Die in unmittelbarer Nachbarschaft angesiedelten Zisterzienser zahlten nämlich aufgrund ihrer Ordensregel keinen Zehent. Üblicherweise war der Zehent dreigeteilt zwischen Bischof, Grundherr und Pfarrer. Durch ein Privileg von Papst Innozenz II. aus dem Jahre 1132 waren die Mönche von der Entrichtung dieser Abgabe befreit.77 Da der Pfarrzehent aber die Haupteinnahmequelle für den Pfarrherrn bildete, verlor er nun einen großen Teil seiner Einkünfte. Das führte natürlich zu Spannungen zwischen den beiden Parteien. Erst 1236 schlichtete ein von Bischof Rüdiger eingesetztes Komitee den langjährigen Streit. Der Vergleich sah vor, daß der Pfarrer von Alland auf den Zehent des Klosterlandes verzichtete und im Gegenzug das Stift der Pfarre 3 Mansen78 in Dornbach und die Einkünfte eines Talentes in Traiskirchen als Entschädigung übergab.79 Somit war endlich der Frieden zwischen dem Abt Egilof und Liupold, dem Pfarrer von Alland, hergestellt. Ohne große Schwierigkeiten verliefen die Verhandlungen um den Entfall des Zehents mit dem Passauer Bischof Reginmar. Auf Bitten des Markgrafen Leopold III., seiner Gemahlin Agnes und ihrer Söhne Adalbert, Leopold, Heinrich und Ernst verzichtete Reginmar auf den bischöflichen Anteil von Heiligenkreuz. Der Zehent umfaßte den gesamten, vom Konvent betriebenen Eigenbau sowie alle in Zukunft urbar zu machenden Neureute. Als Ersatz erhielt er 1136 vom Markgrafen zwei Mansen in Alland und Mayerling.80 Die Manse in Alland entsprach den heutigen Grundstücken mit den Häusern Alland Nr. 4, 6, 7, 8, 9, 10 und 11. 77 78 79 80 Vgl. Watzl, Babenberger, 13. „Mansus“ ist der lat. Ausdruck für Hufe. Vgl. BUB II, Nr. 323; FRA II/11, Nr. 80. Vgl. FRA II/11, Nr. 2. 30 Auf dem zweiten Gut in Mayerling befinden sich jetzt die Häuser Raisenmarkt Nr. 15 und Schwechatbach Nr. 25.81 Nicht nur der Zeitpunkt der Entstehung der Pfarre Alland wirft Fragen auf, sondern auch, warum die Bewohner ihrem Ort diesen Namen gaben. Im Laufe der Jahrhunderte machte der Ortsname Alland zahlreiche Wandlungen durch. In alten Urkunden findet man neben Adelathe, Alhait und Alecht auch Varianten wie Olecht, Oleth, Allacht und Alant. Daher gibt es verschiedene Deutungsversuche, woher der Name „Alland“ kommt. Zur Zeit der Babenberger, die das Gebiet um Alland besaßen, bedeutete „adelachte“ adeliger Besitz. Der Name könnte auch von „adel“ = Sumpf, Pfütze stammen, denn hier soll sumpfiges und mooriges Wasser in die Schwechat geflossen sein.82 Ein weiterer Erklärungsversuch des Ortsnamens „Allacht“ geht auf die acht Kirchen zurück, die einmal zur Pfarre gehörten: Alland, Merkenstein, Raisenmarkt, Schwarzensee, Sparbach, Sittendorf, Groisbach und Mayerling.83 Wie so vieles in der Geschichte des Wienerwaldes hat sich die Zusammengehörigkeit dieser acht Gotteshäuser im Laufe der Zeit grundlegend verändert. Heute befindet sich nur mehr Mayerling im Pfarrgebiet von Alland. 2. Mayerling Am Fuße einer Anhöhe des Wienerwaldes, die wegen der Kontur ihres aus dem Wald aufragenden zweizackigen Felsengipfels „Bischofsmütze“ genannt wird, liegt der Ort Mayerling. Zu welcher Zeit sich in Mayerling die ersten Menschen niederließen und mit ihnen eine bescheidene Siedlungstätigkeit entstand, läßt sich nicht mehr feststellen. Es bleibt uns aber die Möglichkeit, der Bedeutung des Ortsnamens nachzugehen bzw. nach seiner Herkunft zu fragen. Der ursprüngliche Name Murlingen oder Mowerlingen enthält das Wort Mure, welches Mauer bedeutete.84 So wäre es naheliegend, daß es sich bei den „Murlingern“ um Leute 81 82 83 84 Vgl. Dorffner, Alland, 34. Vgl. Dorffner, Alland, 25f. Vgl. KirchTop, 1. Lexer, Handwörterbuch, 2251. 31 handelte, die bei Steinmauern oder Mauerresten siedelten.85 Ob diese Mauern Überreste aus der Römerzeit oder aus einer anderen Epoche waren, bleibt jedoch unbeantwortet. a) Die Herren von Murlingen Erstmals historisch faßbar sind die Bewohner dieser Gegend ab dem 12. Jh.. In dieser Zeit lebten dort am linken Ufer der Schwechat die Herren von Murlingen. Ihre Namen kommen in der Stiftungsurkunde des nahegelegenen Klosters Heiligenkreuz vor. Als unmittelbare Nachbarn bezeugten Ozo und Otfridus de Murlingen 1136 die Schenkung des Markgrafen Leopold III. an die Zisterziensermönche aus Morimond. Wie aus der Urkunde weiter ersichtlich ist, wurde für die Grenzbestimmung des Fundationsgebietes eine „via molendini“ gewählt.86 Dieser Mühlenweg führte bei der Einmündung des Raisenbaches in die Schwechat bergauf zur Allander Höhe. Als Anrainer dieses Weges besaß Ozo und Otfrid ein Gut in der Nähe des heutigen Karmelitinnenklosters.87 Das Geschlecht der Herren von Murlingen scheint gegen Ende des 12. Jh. ausgestorben zu sein. Denn in einer Urkunde des Bischofs Wolfker von Passau um 1196 wurde ein Bernhardus von Murlingen ein letztes Mal genannt. Dieser bezeugte die Exemtion der von Frau Adelheid erbauten Kirche zu Sparbach von der Mutterpfarre Alland.88 Der einstige Edelsitz, der eher unbedeutend war, ist heute vollkommen verschwunden. b) Das 13. und 14. Jahrhundert In den folgenden Jahrhunderten dürfte Mayerling kaum bewohnt gewesen sein. Nur vereinzelt sind uns Hinweise über die Besitzverhältnisse im 13. und 14. Jahrhundert überliefert. Eine dieser spärlichen Erwähnungen findet sich im Gültenverzeichnis des Stiftes. Danach besaß Heiligenkreuz 1294 in Mayerling einen Hof 85 86 87 88 Vgl. Schuster, Ortsnamen, 511; Weigl, Ortsnamenbuch, 106. Vgl. FRA II/11, Nr. 1. Vgl. Watzl, Urbar, 83. Vgl. FRA II/11, Nr. 22. 32 und eine Mühle beim Steinhof,89 die Otto von Arnstein am 15. Mai 1276 auf seinem Totenbett dem Stift vermacht hatte.90 Sein Neffe, Hadmar von Arnstein, beurkundet 1277 einen Gütertausch mit dem Kloster unter dem Castrum Rauheneck, genannt auf der Leiten und verzichtete auf ein Bauland im Gebiet von Siegenfeld.91 Über hundert Jahre später verkauften am 6. März 1378 Lorenz der Hutter von Baden und seine Hausfrau Chunigunde an ihre Oheime Nicolaus und Lienhart Wedel den Berg zwischen Mayerling und Alland. Dieses herzogliche Lehen wurde „Chirichperkch“ (Kirchberg) genannt.92 Mitverkauft wurde auch eine am Fuße des Kirchberges gelegene Hofstatt.93 Nach Pater Hermann Watzl, der das Urbar der Waldmark der Cisterce Heiligenkreuz von 1431 herausgab, befand sich diese Hofstatt dort, wo jetzt das Haus Mayerling Nr. 4, das Franziskanerinnenkloster, steht.94 Am 11. November 1392 beurkundeten die Brüder Niklas und Lienhart Wedel, daß Abt und Konvent von Heiligenkreuz ihnen folgende Gründe zu „Mawrling pei der Swechent“ überlassen haben: „... ain gerawt, darnach ain Jeuch aker, die ist gelegen pei des vischern wisen, und awer ain Jeuch aker, die ist gelegen pei Fridreichs des pawern aker, und ain halb Jeuch aker und ain chlaines wisel und nicht mer.“95 Als Grundzins waren jährlich am Michaelstag 38 Pfennige zu entrichten und der Zehent vom Ertrag des Ackerboden zu leisten. 3. Die Seelsorge der Heiligenkreuzer Mönche a) Die Entwicklung des Klosters Heiligenkreuz Seit der Gründung des Klosters in Heiligenkreuz mühten sich die Mönche, die 89 90 91 92 93 94 95 Die jährlichen Abgaben an das Stift waren: zwei Hühner, eine Gans und neun Schilling am Michaelstag, vier Hühner zu Weihnachten, zwei Hühner zu Fastenbeginn, drei Käse und dreißig Eier zu Ostern und vier Käse. Vgl. Gsell, Gültenbuch, 27. Vgl. FRA II/11, Nr. 220; Kryspin, Steinhof, 158-165. Vgl. FRA II/11, Nr. 229. Ob zu diesem Zeitpunkt tatsächlich schon eine Kirche in Mayerling stand und der Berg davon seinen Namen erhielt, kann nicht nachgewiesen werden. Vgl. UboE, Nr. 323. Vgl. Watzl, Urbar, 83. FRA II/16, Nr. 326. 33 ihnen anvertrauten Aufgaben treu zu erfüllen. Manche Probleme mußten sie meistern, und es war nicht leicht, das Stift zu erhalten. Anscheinend herrschte großes Interesse, in dieses Kloster einzutreten, denn der rasch anwachsende Konvent umfaßte bald um die 300 Mönche und Laienbrüder. Da aber das Fundationsgebiet überwiegend aus Wald, Wiesen und Weiden bestand, fehlte der notwendige Ackerboden für das tägliche Brot. In dieser schwierigen Situation lud König Bela II. (1131-1141) den Konvent nach Ungarn ein, um sich dort niederzulassen. Damit schien für die Neugründung im Wienerwald die letzte Stunde gekommen zu sein. Um jedoch diese Not-Umsiedlung zu verhindern, bat Abt Gottschalk den Markgrafen Leopold IV., das ertragreiche Gut Trumau dem Kloster zu übereignen. Auf dem Landtaiding in Tulln 1138 kam der Sohn des Stifters der Bitte des Abtes nach96, und 3 Jahre später, am 17. Oktober 1141, vermachte er auf dem Sterbebett in Niederalteich dem Kloster auch die Grangie zu Thallern.97 Somit sicherte er die Existenz der jungen Gründung und die Mönche konnten mit dem Rhythmus von „Ora et labora“ fortfahren. Trotz dieser Sorge bemühte sich gleich der erste Abt von Heiligenkreuz, auch an anderen Orten Neugründungen vorzunehmen. Er sandte einige Mitbrüder nach Zwettl, Baumgartenberg und Czikador. Seine Nachfolger erweiterten die Liste der Tochtergründungen mit Marienberg, Lilienfeld, Goldenkron und Neuberg a. d. Mürz.98 Überall, wo sich die Mönche niederließen, erwarben sie sich bald den hervorragenden Ruf als Kulturträger des Landes. Ihre Tätigkeit erstreckte sich weit über das ihnen anvertraute Gebiet, doch eines taten sie nach alter Ordenstradition nicht: Sie übten in den ersten Jahrhunderten keine eigentliche Pfarrseelsorge aus. b) Übernahme der Pfarrseelsorge Da sich aber im Laufe der Zeit das Kloster Heiligenkreuz mehr und mehr zum geistigen und religiösen Zentrum für die Bewohner des Wienerwaldes entwickelte, war es fast unmöglich, sich auf Dauer einer geordneten Seelsorge zu entziehen. 96 97 98 Vgl. BUB II, Nr. 470. Vgl. Watzl, Quellen, 31f. Vgl. Schücker, Scheffer, 6f. 34 Wenn heute 17 Stiftspfarren99 von Ordensgeistlichen betreut werden, so stellt sich die Frage, welche Gründe zu dieser seelsorglichen Tätigkeit außerhalb der Klostermauern geführt haben. Als erster Faktor sind wohl die im 13. und 14. Jahrhundert vom Stift aus errichteten Grangien100 zu nennen. Diese Gutshöfe, die von Laienbrüdern bewirtschaftet wurden, wandelten sich in den späteren Jahrhunderten aus Mangel an Brüderberufen in Dorfgemeinschaften um. So entstanden aus den ehemaligen Grangienkapellen die jetzigen Pfarrkirchen, die dann auch weiterhin in den fürsorglichen Händen der Mönche blieben. Ein weiterer Faktor für die Übernahme der Pfarrseelsorge war die Schenkung von Pfarrkirchen an das Stift. Auf diese Weise gelangten die Pfarren Niedersulz und Alland in den Verantwortungsbereich des Klosters. c) Die Pfarre Alland Die einstige Urpfarre Alland war nach dem Tod des letzten Babenbergers, Friedrichs II., in den Besitz seiner Nichte Gertrud gekommen. Aus Freude über die Geburt ihres Sohnes Friedrich in Alland gewährte sie dem Ort eine Reihe von Privilegien und befreite die Bewohner von vielen Abgaben. Außerdem verlieh sie 1253 das Patronats- und Praesentationsrecht über die Kirche St. Georg dem Stift Heiligenkreuz.101 Ein Jahr später anerkannte König Ottokar von Böhmen als Herzog von Österreich und Steiermark diese Schenkung.102 1255 wurde die Übergabe durch den Diözesanbischof Otto von Passau und 1257 durch Papst Alexander IV. bestätigt. Mit der Einflußnahme auf die Besetzung des Pfarrbeneficiums in Alland kam ein wertvolles Recht in die Hände der Heiligenkreuzer. Ein weiterer Schritt erfolgte am 17. März 1380, als Bischof Albert von Passau die Pfarre dem Stift einverleibte, 99 100 101 102 Vgl. Österreichische Zisterzienserkongregation, Zisterzienser, 32f. „Grangien“ waren Hofanlagen, von denen aus die Laienbrüder einen Landkomplex bewirtschafteten. Viele Abteien besaßen bis zu 20 solcher Grangien, die in der Regel kranzförmig in weiterer Entfernung den zentralen Wirtschaftshof des Kloster umgaben. Neben den Ackerhöfen kannten die Zisterzienser auch spezielle Viehhöfe, Schafhöfe und Weinhöfe. Vgl. Schneider, Grangie, 1653f. Vgl. FRA II/16, Nr. 120. Vgl. FRA II/16, Nr. 123. 35 wodurch es nun auch über die Pfarrpfründe verfügen konnte.103 Aufgrund dieser Neuerwerbung kam es jedoch mit der bischöflichen Kanzlei in Passau zu Schwierigkeiten. Dort wurde die Inkorporation bestritten, weil sie zwar vollzogen, aber nicht ordnungsgemäß registriert worden sei. Erst durch die Vermittlung des Papstes Urban VI. 1386104 und einer nochmaligen Beurkundung durch Bischof Georg am 30. Oktober 1389 kam die endgültige Eingliederung zustande.105 Bereits 1381 hatte das Stift, nach Ableben des Pfarrers Johannes Fürstenau, mit Nikolaus von Weitra den ersten Heiligenkreuzer als Pfarrer von Alland eingesetzt. Im Auftrag des Bischofs von Passau führte der nicht namentlich genannte Pfarrer von Sittendorf den von Abt Colomann II. und Konvent präsentierten Mönch in den Besitz der Pfarre Alland ein. Zweifellos repräsentierte dieser Priestermönch sein Kloster in der neuen Pfarre, doch die Pastoration versah, entsprechend den diesbezüglich noch geltenden Ordensvorschriften, sein Vikar Heinrich Schusling. Mit Jakob von Bruck trat am 9. Oktober 1384 wieder ein Weltpriester den Seelsorgeposten in Alland an. Als aber dieser die Pfarre Haugsdorf übernahm, beauftragte Bischof Georg von Passau im Jahre 1411 den Pfarrer von Mödling, Frater Nikolaus in die Pfarre zu investieren.106 Es fand vielleicht noch öfter ein Wechsel von Weltpriestern und Stiftsgeistlichen in dieser Pfarre statt. Denn erst die wirtschaftliche Not und der Priestermangel gaben ab der Mitte des 16. Jahrhunderts den Anstoß, die inkorporierten Pfarren ausschließlich mit Konventualen zu besetzen.107 Viele Jahrhunderte hindurch blieben die Zisterzienser ihrer Tradition treu und verbrachten ihr Leben hinter Klostermauern. Als sie aber die Notwendigkeit sahen, die Seelsorge in den Pfarren zu übernehmen, versuchten sie ihr monastisches Leben mit den neuen Aufgaben in Einklang zu bringen. Bis auf den heutigen Tag gelang es ihnen, dieses segensreich zu verwirklichen. 103 104 105 106 107 Vgl. FRA II/16, Nr. 296. Vgl. FRA II/16, Nr. 318. Vgl. FRA II/16, Nr. 321. Vgl. Watzl, Quellen, 545ff. Dieser Prozeß begann mit Abt Ulrich Müller (1558-1584) und fand unter Abt Michael Schnabel (1637-1658) seinen Abschluß. 36 4. Die Laurentius-Kapelle in Mayerling a) Der Bau der Kapelle und die Zerstörung durch die Türken Nachdem die Zisterzienser mit großem Fleiß eine beeindruckende Klosteranlage in Heiligenkreuz errichtet hatten, gingen sie an die Arbeit, auch für die Bevölkerung Gotteshäuser zu schaffen. So bauten sie auf eigene Initiative Kapellen in Mayerling und in Siegenfeld, die für den öffentlichen Gottesdienst bestimmt waren.108 Den Anfang machte im Jahre 1412 Abt Albert (1402-1414), als er zu Ehren des hl. Laurentius eine Kapelle an einer günstig gelegenen Hügelstufe unweit des ehemaligen Herrensitzes des Ozo und Otfried von Murlingen errichten ließ. Noch im selben Jahr, am Sonntag nach Jakobi, konsekrierte sie Andreas, Suffragan des Passauer Bischofs.109 Nach einigen Jahrzehnten des Bestehens war sie offenbar nicht mehr zu benützen. Ob die Kapelle durch den habsburgischen Bruderkrieg, in dem 1463 Alland geplündert und verwüstet wurde, oder während des Ungarneinfalls unter König Matthias Corvinus110 bzw. durch einen sonstigen Unglücksfall entweiht wurde, wird aus den Dokumenten nicht ersichtlich. Jedenfalls stellte Abt Bernhard Medrizer (1516-1519) die Kapelle wieder her und am 15. September 1515 wurde sie von Bischof Bernardus, dem Mitarbeiter des Passauer Fürstbischofs Wiguläus, eingeweiht.111 Dieses Geschenk der Zisterzienser an die Bevölkerung sollte ihnen aber bald wieder genommen werden. Unter dem Zeichen des Halbmondes fielen im Jahre 1529 kriegerische Horden in Österreich ein. Über Ungarn drang das von Sultan Soliman II. angeführte türkische Heer gegen Wien vor und belagerte bereits Ende September die Stadt. Da die Hauptstadt erfolgreich verteidigt wurde, fielen die „Renner und Brenner“ in den Wienerwald ein. Bis zu 100.000 Menschen sollen getötet oder verschleppt worden sein. Heiligenkreuz und alle benachbarten Siedlungen wurden von der leichten 108 109 110 111 Vgl. Watzl, Alland, 100. Vgl. Memoriale des Abtes Klemens Schäffer, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7. Vgl. Gutkas, Corvinus, 19f. Vgl. Frey, Denkmale, 26. 37 Reiterei geplündert und zerstört, Alland „in grundt verprandt“ und Mayerling verwüstet. Mitsamt den Gehöften brannte die Laurentius-Kapelle bis auf die Grundmauern nieder.112 Ein neuerlicher Einfall erfolgte 3 Jahre später (1532), wobei die Klosterkirche zum zweiten Mal abbrannte. Das Urbarregister über das Ungeld zu Alland vom Jahre 1534 gibt uns einen Einblick in die Verwüstungstätigkeit der Türken in den um Heiligenkreuz liegenden Siedlungen. Der Zustand vieler Orte und Häuser wird als öde bezeichnet.113 Die durch türkische Scharen abermals heimgesuchten Mönche von Heiligenkreuz mußten zuvor einen erheblichen Teil ihrer Kirchenschätze an Kaiser Maximilian abliefern. Um die Verteidigung finanzieren zu können, erhielt Ferdinand I. vom Papst sogar die Erlaubnis, den vierten Teil des Kirchenvermögens einzuziehen. Klöster und Pfarren mußten bedeutende Summen aufbringen und verkauften daher Teile ihrer Güter.114 Nur sehr langsam erholten sich die Zisterzienser von dieser wirtschaftlichen Not und konzentrierten sich beim Wiederaufbau hauptsächlich auf ihr Kloster und auf die ihnen anvertrauten Pfarrkirchen. Auch die verminderte Bevölkerung trug dazu bei, daß man keine pastoralen Notwendigkeit darin erkannte, die Kapelle in Mayerling neuerlich aufzubauen. Über ein Jahrhundert lang gaben die Reste der Brandruine Zeugnis von dieser schrecklichen Zeit. Außerdem spiegelte das zerstörte Gotteshaus das Bild des im Zerfall befindlichen katholischen Glaubens wieder. Die Notwendigkeit einer Reform der Kirche war bei Päpsten und Bischöfen gewiß schon lange ein aktuelles Thema. Der Ernst der Lage aber und die Dringlichkeit einer Reform wurde von vielen unterschätzt. So konnte sich die von Martin Luther ausgelöste Reformation schnell ausbreiten. Gerade in den Städten und besonders unter den Adeligen fand sie zahlreiche Anhänger. Die Ideen Luthers hielten auch Einzug in die Pfarre Alland, besonders zu Schwarzensee und Raisenmarkt, wo mit Hilfe von Hans Christoph Freiherr von Wolzogen sogar ein protestantischer Pastor eindrang. Durch den klugen aus- 112 113 114 Vgl. Schachinger, Türkeneinfälle, 527. Vgl. Schachinger, Wienerwald, 252. Dabei ging ein Großteil der mittelalterlichen Kunstwerke verloren. Nur ein Kelch und eine Monstranz wurden an jedem Ort gelassen. Vgl. Frey, Denkmale, 26. 38 harrenden Eifer der Äbte von Heiligenkreuz und der Pfarrer von Alland wurde er aber nach einiger Zeit wieder verdrängt und die Bewohner zum katholischen Glauben zurückgeführt.115 Durch die Ausbreitung der neuen Lehre herrschte auch ein Mangel an Priesterund Ordensberufen. Um den Personalstand des Klosters zu heben, mußte Abt Konrad Schmid (1547-1558) aus seiner schwäbischen Heimat geeignete Postulanten herbeiziehen. So bestand der Konvent im 16. Jh. größtenteils aus Schwaben.116 b) Der Ausbau der Kapelle unter Abt Michael Schnabel Mit der Gegenreformation brach auch für Heiligenkreuz eine bessere Epoche an. Die Äbte Konrad und Udalrich (1558-1584) überwanden den finanziellen Tiefstand und setzten einen Neuanfang. Abt Konrad baute Kirche und Kloster wieder auf. Sein Nachfolger, Abt Udalrich, kümmerte sich um die inkorporierten Pfarren und setzte dort Konventualen als Pfarrer ein.117 Der Pfarrer von Alland, Jakob Bernhard Hitz (1558-1566), wohnte jedoch nicht im Pfarrhof, sondern weiterhin im Kloster.118 Eine neue Blüte und ein wirtschaftlicher Wohlstand begann unter Abt Michael Schnabel. Er wurde am 17. September 1607 in Pfaffstätten als Sohn verarmter Stiftsuntertanen geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters nahmen sich die Mönche seiner an und unterrichteten ihn in Musik und in den Wissenschaften. Am 1. Januar 1624 legte er die Profeß ab und wurde zur weiteren Ausbildung an die Wiener Universität geschickt. 1631 erhielt er die Priesterweihe, und einige Jahre später setzte ihn der Generalvikar, Abt Ignaz Krafft von Lilienfeld, als Subprior in Heiligenkreuz ein. Als Abt Christoph Schäffer im Sommer 1637 starb, wählten ihn seine Mitbrüder am 8. September 1637 zum Abt.119 Mit ihm erstarkte wieder der klösterliche Geist nach der Regel des hl. Benedikt. Er führte die rege Bautätigkeit seines Vorgängers fort. 115 116 117 118 119 Vgl. KirchTop, 5. Vgl. Watzl, Stift, 18. In Alland 1558, Münchendorf 1560, Niedersulz 1576, Winden, Mönchhof und Gaaden 1582, Podersdorf 1583, Trumau 1584. Vgl. Watzl, Stift, 19. Zu seiner Pfarre Alland gehörten folgende Filialkirchen: Sittendorf, Sparbach, Raisenmarkt, Schwarzensee, Mayerling und Siegenfeld. Vgl. Watzl, Quellen, 548. Vgl. Watzl, Cistercienser, 71f. 39 Nun begann auch für die über ein Jahrhundert lang in Schutt gelegene Kapelle in Mayerling eine neue Zeit. Der Abt faßte den Entschluß, das zerstörte Gotteshaus wieder aufzubauen und übertrug diese Aufgabe dem Provisor von Mayerling, Pater Edmund Flöhel.120 Sein großes Verdienst war die Wiedererrichtung der Laurentius-Kapelle in Mayerling im Jahre 1643. Nachdem er vom Abt den Auftrag erhalten hatte, machte sich Pater Edmund mit Hilfe zahlreicher Wohltäter an die Arbeit. Diese „Herrn und Christgläubigen“ wurden von seinem späteren Nachfolger, Pater Johannes Baptist Jurmann, in einer von ihm selbst verfaßten Handschrift121 namentlich festgehalten. Als ersten führt er seinen Abt Michael, der die Baumaterialien zur Verfügung stellte, an. Weiters folgen: Herr Bernardus Preill, Abt des Neuklosters in Wiener-Neustadt, der das notwendige Eisen hergab. Herr Mathias Palffy, Abt von Martinsberg in Ungarn steuerte 3 Gulden bei. Pater Robertus Mädl, Vikar in Niedersulz 2 fl. Herr Hyacinthus Kornathy, Kapellmeister des Erzherzog Leopold, stiftete das Bild des heiligen Laurentius für den Altar. Georg Schweizer malte ein Antependium, Sebastian Kirchmayr von Preinsfeld gab 14 fl., Vincentius Schroflechner 10 fl., Peter Sturm aus Sulz 5 fl., Mathias Stürkh aus Gaaden 3 fl., Georg Preys 3 fl., Hans Rappold, Richter zu Preinsfeld 2 fl. 30 kr., Hans Fellinger, Richter zu Siegenfeld 2 fl. 30 kr., Achaz Kirchmayr von Grub 2 fl., Ander Häller von Sulz 1 fl. 30 kr., Erhard Mährl, Stiftsförster in Grub und Veit Wagenhofer, Zöchmeister der Kirche in Mayerling, halfen bei der Arbeit. Richard Mild, Maurermeister aus St. Pölten, errichtete die Kapelle für einen geringen Lohn. Für den weiteren Unterhalt des Gotteshauses gab Abt Michael 1647 einen Weingarten in Kaltenberg bei Baden.122 120 121 122 Pater Edmund Flöhel, 1605 in Trumau geboren, hatte am 20. August 1631 die Profeß abgelegt und 1635 die Primiz gefeiert. Er war zuerst Sakristan im Kloster, dann wurde er Küchenmeister und vom 6. Januar 1640 bis zum 9. Januar 1646 Waldschaffer und Provisor in Mayerling. Vgl. Watzl, Cistercienser, 77. Vgl. Jurmann, Laurenty, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 13. Vgl. Jurmann, Laurenty, 6-9. 40 Obwohl die Kapelle auf dem Gebiet der Pfarre Alland123 errichtet wurde und somit zu den Filialen der St. Georgskirche zählte, besorgten fast ausschließlich Patres von Heiligenkreuz die Gottesdienste. Der Abt bestellte immer wieder ein Mitglied aus dem Konvent zum Provisor für Mayerling. Auch alle baulichen Neuund Umgestaltungen gingen stets von der Initiative des Stiftes aus. Das Gotteshaus hatte seine eigene Dotation, darunter auch einige Weingärten, und zahlreiche Wohltäter trugen mit ihren Spenden zum Unterhalt bei. So wurde diese Kapelle von den Zisterziensern treu behütet und umsorgt.124 Pater Edmund Flöhel war nach dieser segensreichen Aufbauarbeit in Mayerling noch ein Jahr als Verwalter in Thallern tätig, bevor ihn eine Krankheit ins Kloster zurückzwang, wo er im März 1648 starb. Pater Johannes Baptist Jurmann übernahm bereits zwei Jahre vorher am 8. Januar 1646 die Nachfolge als Provisor in Mayerling. Dieses Amt versah er bis zu seinem Tod am 28. April 1658.125 Wie sein Vorgänger erwarb auch er sich besondere Verdienste um Mayerling. So gestattete der Abt auf seine Bitte hin, daß nicht nur an Kirchweih und am Fest des hl. Diakons und Märtyrers Laurentius ein Gottesdienst gefeiert wurde, sondern auch an anderen Tagen ein Gottesdienst gehalten werden durfte. 1647 schenkten Bernhard Holler, Rektor der Universität Wien, Hans Suttinger von Thurnhof und Leonhard Denckl, einen silbernen Kelch mit Patene. Johannes Gritsch, Richter von Neuhaus, kaufte für die hl. Messe ein neues Missale und Jacob Weinrieder, Hof- und Grundschreiber zu Heiligenkreuz, gab ein kleines Glöcklein.126 Am 16. Mai 1648 wurde die noch fehlende Sakristei angebaut, für die Thoma Schein, Richter zu Grub, 1 fl. 30 kr., Johann Pacher, Pfaffstätten, 6 fl. und Johann Pösserer eine halbe Krone spendeten. Mit Hilfe der Ortsrichter, Gregor Hieringer von Sulz und Anton Ritter von Grub und seiner Gemeinde, erwarb P. Jurmann 123 124 125 126 Vgl. Schweikhardt, Oesterreich, 228. Vgl. „Maierling“, Laurentius-Kapelle, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 27. Johannes Baptist Jurmann wurde 1602 zu Laibach geboren, legte 1630 die Profeß ab und feierte 1632 seine Primiz. In den darauffolgenden Jahren war er Sakristan, Novizen- und Konversenmeister, Beichtvater der Konventualen, Kämmerer und Küchenmeister im Stift. Später kam die Aufgabe des Waldschaffers hinzu. Vgl. Watzl, Cistercienser, 75f. Vgl. Jurmann, Laurenty, 10. 41 eine Glocke, die zu Ehren Unserer Lieben Frau und Himmelskönigen Maria am 16. Juni 1648 geweiht wurde. Im selben Jahr begann man den ehemaligen „Freythof und Gottes Acker“ um die Kapelle neu anzulegen, und am 20. Juli 1649 wurde er fertiggestellt. Pater Augustinus Zelmer, Pfarrer von Alland, beteiligte sich mit 3 Gulden. Zur Verschönerung der Kapelle spendete Nikolaus Wohlmueth ein Muttergottesbild, Johann Wilhelm Managetta, Rektor der Wiener Universität, schenkte eine schwarz seidene Kasel, und Johann Baptist Suttinger von Thurnhof ließ durch seine Tochter Mariam ein schönes Antependium anfertigen.127 1650 erwarb Pater Jurmann vom Opfer- und Kirchengeld den dritten Weingarten. Am Fest des hl. Laurentius spendeten die Gläubigen 12 Pfund Kerzen und 12 fl. Frau Regina Schulz beauftragte ihren Maler, das Bild des hl. Laurentius zu restaurieren. Eine weitere andächtige Frau vermachte ein Christusbild und ein Muttergottesbild. Weil die Mayerlinger Bauern ihre Anbauflächen zu nahe an die Kapelle gelegt hatten, beauftragte Abt Michael den Pater Benedict Lambert, Grundbuchschreiber von Heiligenkreuz, er solle ein ausreichendes Stück für einen Kirchenanger ausweisen. Als Ersatz für den verlorenen Grund durfte der betroffene Bauer Stephan Knotzer seinen Acker in Richtung Wald ausweiten.128 Seit der Wiedererrichtung der Kapelle im Jahre 1643 war die Zahl der Gläubigen, die hier Zuflucht in ihren Nöten und Anliegen suchten, kontinuierlich gestiegen, und schon bald wurden wunderbare Gebetserhörungen gemeldet. Als Abt Michael davon erfuhr, beschloß er die Kapelle zu erweitern. So wurden 1650 und 1651 unter der Leitung von Pater Jurmann Steine gebrochen, nach Mayerling gebracht und damit die Kapelle um einen halben Teil erweitert. Die Bauern aus Sulz, Mayerling, Grub und Preinsfeld halfen tatkräftig mit, und andere Wohltäter unterstützten dieses Vorhaben mit finanziellen Mitteln.129 127 128 129 Vgl. Jurmann, Laurenty, 14-22. Vgl. Jurmann, Laurenty, 28-30. Vgl. Jurmann, Laurenty, 31f. 42 Weiters verfügte der Abt, daß nicht nur an Kirchweih, sondern auch am dritten Pfingstfeiertag, am Fest Johannes des Täufers und an Mariä Himmelfahrt ein feierlicher Gottesdienst gehalten werden soll.130 Die erste hl. Messe in der erweiterten Kapelle feierte der Provisor am Fest des hl. Laurentius im Jahre 1651. Vom reichlich eingegangenen Opfergeld kaufte er einen neuen Kelch und ein neues Missale. P. Theobald Hug, P. Rudolf Lehn und Herr Johann Garbero zierten das Gotteshaus mit schönen Bildern.131 Da es aber aus Mangel an Fenstern im Inneren der Kapelle noch sehr dunkel war, hatte P. Jurmann ein Jahr später die flache Holzdecke niederreißen und statt dessen ein Gewölbe mit einem Fenster errichten lassen. Außerdem ließ er eine mittlere Glocke zu Ehren des hl. Johannes des Täufers gießen und weihen. Der Wiener Bürger Hans Schlidt stiftete am 21. Juni 1652 eine St. Laurentius-Fahne. Auch wurde in diesem Jahr der mittlerweile vierte Weingarten angekauft. Nach 1 ½-jähriger Bautätigkeit war damit die Erweiterung abgeschlossen und am 11. August weihte Abt Michael Schnabel die Kapelle, den Hochaltar und – in der zum Tal hin gerichteten Seitenkapelle – den Marienaltar. Das dazugehörige Liebfrauenbild hatte Herr Georg Khielmann malen lassen. Die Bilder Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist wurden durch Hans Gritsch und Hans Rigler zu Ehren ihrer Patrone bereits 1650 in Auftrag gegeben.132 Die Erweiterung der Kapelle verlangte auch eine Erweiterung des umliegenden Grundstückes. Um den Kirchenanger zu vergrößern, erwarb daher der Provisor von den Mayerlinger Bauern Stephan Rappold, Gregor Schein und Marco Kirchmayr ein Stück Ackerland für den Preis von 11 fl. Der Kauf wurde in Beisein von P. Christoph Reichel und Viti Wagenhofer, Richter von Mayerling, am 28. April 1653 geschlossen.133 c) Die Gründung der Bruderschaft (1654) Europa wurde im Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit von einer Pest- 130 131 132 133 Vgl. Jurmann, Laurenty, 33. Vgl. Jurmann, Laurenty, 38. Vgl. Jurmann, Laurenty, 39-41. Vgl. Jurmann, Laurenty, 43f. 43 epidemie heimgesucht. Die Pest galt als eine besonders schreckliche und entsetzliche Krankheit, weil sie in kurzer Zeit den Tod brachte und andere rasch infizierte.134 Wenige Personen genügten, um eine ganze Stadt in große Bedrängnis zu bringen. Daher nahmen die Menschen Zuflucht bei den heiligen Rochus und Sebastian, welche sie bei auftretenden Heimsuchungen behüten und bewahren sollten. Im Jahre 1654 wurde das Fest des hl. Sebastian am 20. Januar in besonders feierlicher Form von vier Priestern gestaltet. Viele Gläubige hatten daran teilgenommen, gebeichtet und kommuniziert. Zu diesem Anlaß überreichten die Gläubigen durch die Patres Franz Eiserer und Johannes Jurmann eine schriftliche Petition an den Abt, worin sie ihn um die Errichtung einer Bruderschaft zu Ehren der hll. Rochus und Sebastian baten.135 Der Abt bewilligte die vom Stiftskämmerer Pater Franz Eiserer gegründete religiöse Vereinigung. In ihr verpflichteten sich die Mitglieder, besonders dafür zu beten, daß das Land von der Pest verschont bleiben möge. Am 9. Juli 1654 genehmigte auch Rom die Bruderschaft, und Papst Innozenz X. verlieh ihr zahlreiche Ablässe. So konnten alle Mitglieder einen vollkommenen Ablaß erlangen unter den gewöhnlichen Bedingungen: am Tag der Einschreibung, in der Sterbestunde nach dem Empfang der Wegzehrung, bei stiller Anrufung des Namens Jesu und beim Besuch der Kapelle oder des Bruderschaftsaltares am Fest des hl. Laurentius. Aus diesem Grund war ein weiterer Seitenaltar für die beiden hll. Rochus und Sebastian – auf der linken Seite der Kapelle zum Hügel hin – errichtet worden. Weiters gab es einen Ablaß von 7 Jahren und 40 Tagen für die Feste der Heiligen Sebastian, Rochus, Bernhard und am Fest Allerheiligen, schließlich noch einen Ablaß von 60 Tagen, sooft man den Bruderschafts-Versammlungen beiwohnte oder Werke der leiblichen bzw. geistlichen Barmherzigkeit vollzog.136 Als Beginn für die Tätigkeit bzw. Wirksamkeit der Bruderschaft wurde das Fest Allerheiligen gewählt, und zu diesem Anlaß zelebrierte Abt Michael Schnabel ein 134 135 136 Neben der Cholera war die Pest eine der furchterregendsten Seuchen, die, aus Zentralasien kommend, Europa von 1348 bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts immer wieder erschütterte. Vgl. Jurmann, Laurenty, 45ff. Vgl. Jurmann, Laurenty, 50ff. 44 feierliches Amt in Mayerling.137 Eine Mitgliederliste dieser Bruderschaft liegt zwar nicht mehr vor, doch darf man annehmen, daß sich viele Gläubige daran beteiligten, denn wie uns P. Jurmann berichtet, hatten bereits in der Zeit zwischen 16451651 so manche wunderbaren Gebetserhörungen auf die Fürbitte des hl. Laurentius stattgefunden. Im Jahre 1656 erhielt die Kapelle einen steinernen Kirchturm.138 Am 9. August des selben Jahres weihte Abt Michael Schnabel eine neue Glocke. Für den Abt dürfte dies die letzte größere Handlung in Mayerling gewesen sein, denn am 24. März 1658 starb er 51-jährig nach einem segensreichen Wirken. Einen Monat später, am 28. April, verschied auch P. Johannes Jurmann, der über zwölf Jahre in Mayerling verdienstvoll gewirkt hatte. Nach seinem Tod übernahm der Gründer der Bruderschaft, Pater Franz Eiserer, diese Aufgabe, die er aber nur mehr kurze Zeit wahrnehmen konnte. Denn bereits am 5. August mußte er – wahrscheinlich krankheitsbedingt – dieses Amt abgeben, und am 7. November starb auch er. So verschieden innerhalb eines einzigen Jahres jene drei Heiligenkreuzer, die sich in besonderer Weise um die Laurentius-Kapelle verdient gemacht hatten und ihr zu neuem Leben verhalfen. Die Bevölkerung war dafür stets dankbar gewesen, indem sie dieses Gotteshaus gerne besuchte, beim Umbau mithalf und sogar eine Bruderschaft gründete. Nun herrschte reges Leben in diesem Heiligtum, ein sichtbares Zeichen auch dafür, daß sich die Gegenreformation durchgesetzt hatte und das Glaubensleben wieder erstarkte.139 d) Neubau der Kirche unter Abt Clemens Schäffer Abt Clemens Schäffer140 war geborener Wiener. Er trat sehr jung in das Stift ein und wurde am 11. April 1658 zum 52. Abt von Heiligenkreuz gewählt. Abt 137 138 139 140 Vgl. Watzl, Alland, 138. Vgl. Memoriale des Abtes Klemens Schäffer, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7. Vgl. Watzl, Alland, 137. Abt Clemens Schäffer wurde am 27. Februar 1629 in Wien geboren, legte am 1. Januar 1648 die Gelübde ab, studierte danach Philosophie und Theologie in Wien und feierte am 26. Mai 1654 seine Primiz. Dann übernahm er für zwei Jahre die Aufgabe des äbtlichen Sekretärs, anschließend bekleidete er das Amt des Subpriors und später das des Priors. Vgl. Watzl, Cistercienser, 90. 45 Clemens – er war bei seiner Wahl erst 29 Jahre alt – zählt zu den großen Äbten der Neuzeit.141 Anscheinend zog es immer mehr Wallfahrer nach Mayerling, denn die erweiterte Kapelle bot bald zuwenig Platz. Aus Dankbarkeit, daß das Stift Heiligenkreuz die furchtbare Pest im Jahre 1679 glücklich überstanden hatte, beschloß Abt Clemens Schäffer, den alten Bau abzureißen und durch einen vollständigen Neubau zu ersetzen. Der von ihm angeordnete Neubau der Laurentius-Kirche mit zwei Seitenkapellen, zu Ehren der seligen Jungfrau Maria und der hll. Rochus und Sebastian, wurde in zweijähriger Bauzeit (1681-82) vollendet. Als Maurermeister war der Italiener Caroli Canoual tätig, und das Dach stellte der Zimmermeister Johannes Heri aus Traiskirchen her.142 Den Kirchturm krönte ein Kreuz, in dessen Knauf am 15. September 1681 ein Memoriale für die Nachwelt eingeschlossen wurde, das die bisherige Geschichte und die Namen aller Konventualen enthielt.143 Nachdem die Kirche errichtet und unter Dach gebracht war, konnte man sich um die Innenausstattung kümmern. Abt Clemens Schäffer betraute damit den Bildhauer Benedikt Sondermayr, der sich in einem Kontrakt verpflichtete, innerhalb von nur 3 Monaten, also bis Ende April, fünf Figuren zu liefern.144 Für die Malerei im Innenraum der Kirche war der Laienbruder Fr. Stephan Molitor145 verantwortlich. Die Ausführung des Hoch- 141 142 143 144 145 Trotz der Schrecken der Pest (1679) und des Türkenansturms (1683) konnte er das Kloster zusammenhalten und die Bautätigkeit seines Vorgängers Michael Schnabel fortsetzen. Vgl. Memoriale des Abtes Klemens Schäffer. StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7. Die Kopie dieses Schriftstückes befindest sich im Stiftsarchiv, und daraus ist ersichtlich, daß noch weitere Gegenstände in den Knauf gelegt wurden. Dabei handelte es sich um ein echtes Kreuz aus Spanien sowie um Reliquien der Märtyrer Paulinus, Olympus, Julianus, Antoninus, Crescentius, Vitus, Innocentius und ein heiliges Wachstäfelchen aus Flandern. Vgl. Memoriale des Abtes Klemens Schäffer. StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7. Der Auftrag wurde am 21. Januar 1682 erteilt und umfaßte folgende Figuren: Benedikt und Bernhard zu 7 Schuh, Clemens zu 5 Schuh, zwei nackte Engel sitzend, mit fliegenden Gewändern, nach der Proportion des Altares sowie etliche Engelsköpfe und Zierraten aus guten dürren Lindenholz, vom Meister selbst geschnitten. Als Preis wurden 124 fl. und ein Eimer Wein vereinbart und nach erfolgter Lieferung am 3. Juli 1682 bezahlt. Außerdem erhielt Benedikt Sondermayr vom Laienbruder Fr. Stephan Molitor für die Anfertigung zweier Seitenaltäre und für zwei geschnitzte Rahmen 67 fl. Vgl. Bildhauer-Rechnung, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 10. Fr. Stephan Molitor wurde am 29. September 1642 in Schlüchtern (Hessen-Nassau) geboren und legte als Laienbruder am 6. Januar 1670 die Profeß ab. Um sein Malertalent weiter auszubilden, schickte ihn Abt Clemens nach Venedig. Nach seiner Rückkehr arbeitete er eine gewisse 46 altarbildes und der beiden Seitenaltäre wurden dem Wiener Maler Franz Blumb übergeben, der damals auch im Stift zahlreiche Aufträge ausgeführt hatte. Die Gesamtkosten des Kirchenneubaus beliefen sich auf 5839 fl. 34 kr. 2 pf.146 Die so entstandene neue Kirchenanlage wurde noch vervollständigt und ergänzt durch ein nebenstehendes doppelstöckiges Herrenhaus.147 Die Freude über das schöne Gotteshaus sollte aber nicht lange dauern. Kaum hatte sich das Land von der schrecklichen Pestepidemie erholt, da drohte ein neues Unheil. Durch die politischen Verhältnisse in Ungarn und durch das ehrgeizige Streben des Großwesirs Kara Mustapha angespornt, rückten die Türken im Frühjahr 1683 auf Wien vor. In den Sommermonaten fielen Tatarenschwärme, die dem Hauptheer voran eilten, in das Gebiet südlich der Donau ein und verwüsteten wie schon 1529 das flache Land bis zur Enns.148 Zunächst suchten die Bewohner der umliegenden Dörfer von Heiligenkreuz Zuflucht hinter den schützenden Klostermauern. Als aber die Lage immer bedrohlicher wurde, veranlaßte Abt Clemens Schäffer seine Patres das Stift zu verlassen und stellte ihnen Geleitbriefe für Klöster in Oberösterreich, Bayern, Steiermark oder Böhmen aus. Kurz darauf durchstreiften am 14. Juli die Türken den Wienerwald und drangen nach Heiligenkreuz vor.149 Die im Stift Zurückgebliebenen versuchten, die gewaltige Übermacht des Feindes abzuwehren. Aber trotz heftigem Widerstand gelang es ihnen nicht, die Eindringlinge aufzuhalten. Wer nicht im Kampf umkam, fiel in die Hände der Tataren. Das Kloster selbst wurde geplündert und weitgehend zerstört. Ähnliche Szenen spielten sich in der Nachbarpfarre Alland ab. Dort äscherten sie die ganze Ortschaft samt dem Pfarrhof ein und metzelten viele Bewohner nieder. Der Turm und der Dachstuhl der Pfarrkirche wurden zerstört, doch das Kircheninnere mit den Altären blieb unversehrt. Am gleichen Tag fielen 146 147 148 149 Zeit im Atelier des Malers Bloem in Wien. Anschließend hielt er sich in Baumgartenberg, Heiligenkreuz und Wien auf, wo er am 12. Dezember 1695 starb. Vgl. Watzl, Cistercienser, 121. Die von Fr. Stephan Molitor erstellte Malerrechung betrug 933 fl. 57 kr. Vgl. Maler-Rechnung, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 9. Franz Blumb bekam für den Hochaltar samt dem oberen Blatt 150 fl. sowie für das untere und obere Blatt der beiden Seitenaltäre 120 fl. Vgl. NeubauRechnung 1681/82, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 6. Vgl. Friedrich, Mayerling, 120. Vgl. Schragl, Geschichte, 85. Vgl. Gutkas, Türkenjahr, 15. 47 die „Renner und Brenner“ über die Laurentius-Kirche in Mayerling her. Kirche und Herrenhaus wurden angezündet, Hoch- und Seitenaltar zertrümmert. Der Turm mit den Glocken stürzte ein, und die umgefallene Giebelmauer durchschlug das Gewölbe. Kostbare Kirchengeräte, davon zwei silberne Kelche und 11 Kaseln, wurden geraubt. Verschont blieb nur das hl. Grab Christi. Siebzig Menschen wurden von den Türken in Mayerling entweder getötet oder in die Sklaverei verschleppt.150 In der Zwischenzeit wurde die Situation der Verteidiger der Stadt Wien sehr bedrohlich. Nur langsam erhielten die Truppen des Herzogs von Lothringen Verstärkung aus den umliegenden Ländern. Am 12. September kam es dann zur entscheidenden Entsatzschlacht um Wien. Die Türken wurden vernichtend geschlagen und weit nach Ungarn zurückgedrängt, wo sie nun keine größere Gefahr mehr für das Abendland darstellten.151 e) Zeit des Wiederaufbaus Vier Jahre dauerte es, bis alle Mitglieder des Konvents, welche in den österreichischen und deutschen Zisterzienser-Abteien brüderliche Aufnahme gefunden hatten, wieder in Heiligenkreuz vereint waren. Obwohl der angerichtete Schaden größer war als im Jahre 1529, beseitigte man rascher die Spuren der Verwüstung. Die durch Seuchen und Türkeneinfall stark verminderte Bevölkerung vermehrte sich jedoch durch die Zuwanderung aus verschont gebliebenen Gegenden.152 Im Januar 1684 kehrte Abt Clemens Schäffer in sein schwer beschädigtes Kloster zurück. Aber nicht nur das Kloster war öde Brandstätte, sämtliche Wirtschaftshöfe und Untertanenhäuser in der Waldmark, auf der Wienerebene und um den Neusiedlersee waren ein Raub der Flammen geworden. Nun sah er auch mit Entsetzen, wie die von ihm aufgebaute Laurentius-Kirche verwüstet da lag. Mit Hilfe 150 151 152 Vgl. Watzl, Türken, 8 ff. Vgl. Broucek/Hillbrand/Vesely, Türkenbelagerung, 48f. In den folgenden Monaten wurde eine Bestandsaufnahme der Schäden erstellt. Demnach sollen die Türken etwa 30.000 Menschen getötet und etwa 87.000 in die Gefangenschaft geführt haben. Von den insgesamt 47.994 Häusern in Niederösterreich wurden 7757 durch Brand zerstört. Vgl. Gutkas, Türkenjahr, 28f. 48 von Künstlern, Handwerkern, Bauern und Holzhauern, die ins zerstörte Land kamen, ging Abt Klemens Schäffer an das Werk des Neuanfangs. Der seit dem 20. Mai 1671 zuständige Provisor, Pater Alberich Höffner, begann in den folgenden Jahren mit dem Wiederaufbau in Mayerling. Bereits 1685 bekam das Herrenhaus einen neuen Dachstuhl. Ein Jahr später brachte der Zimmermeister Martin Griesler aus Wilhelmsburg die Laurentius-Kirche unter Dach. Das beschädigte Gewölbe konnte zwar aus Mangel an Arbeitskräften und Baumaterial nicht renoviert werden, aber zumindest der Kirchturm ragte wieder in den Himmel empor, und am 7. August läutete die von Mathias Glaser gegossene Glocke zum ersten Mal den Engel des Herrn. Der Maler Adrian Bloem lieferte zwei Bilder, die die Heiligste Dreifaltigkeit und Maria mit dem Jesuskind darstellten.153 1692 konnte mit der Beschaffung von 1000 Ziegeln das Kirchengewölbe hergestellt und mit Stuckarbeiten verziert werden. Nun pilgerten die Gläubigen wieder zu diesem Ort und dankten Gott für seine Hilfe in den Jahren der Not. Abt Gerhard Weichselberger (1705-1728) ließ 1712 einen neuen Turm errichten und stattete die Kirche mit einem vergoldeten Hauptaltar sowie mit zwei Seitenaltären aus.154 Am 8. Juli 1725 weihte der Passauer Bischof, Joseph Dominikus Fürst von Lamberg, drei Altäre in Mayerling. Als Oberhirt des noch an Umfang größten Bistums des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ist Joseph Dominikus von Lamberg als bedeutender Seelsorge-Bischof anzusehen. Auf einer seiner vielen Visitationsreisen durch das Bistum kam er auch nach Heiligenkreuz. Vielleicht war es das letzte Mal, daß er in der Pfarre Alland als Diözesanbischof eine Amtshandlung vornahm, denn Kaiser Karl VI. versuchte das 1722 zum Erzbistum erhobene Wien auf Kosten des Bistums Passau zu vergrößern, ein Bemühen, das nach längeren Verhandlungen schließlich zum Erfolg führte. Am 15. März 1729 wurde das Viertel unter dem Wienerwald mit seinen 64 Pfarren in die Erzdiözese Wien einverleibt.155 153 154 155 Vgl. Neumann, Heiligenkreuz, 142. Vgl. Watzl, Alland, 139. Vgl. Leidl, Passau, 132f. 49 Wie aus einem im Turmknopf gefundenen Pergamentzettel ersichtlich ist, ließ der am 13. September 1728 zum Abt gewählte Robert Leeb 1730 die Kirche renovieren. Weiters wird in diesem Dokument von der Errichtung eines Turmes mit einem Kreuz berichtet. Da von einer turris major die Rede ist, nimmt Dr. Albert Ilg an, daß die Laurentius-Kirche eine gewisse Zeit zwei Türme besessen haben könnte.156 Abt Robert erbaute zwei Jahre später gegenüber dem Eingang der LaurentiusKirche eine kleine Kapelle des Heiligen Grabes, die der Form jener in Jerusalem entsprach. Den Anstoß dafür gab sicherlich seine in der Zeit vom 17. März 1719 bis 3. September 1720 durchgeführte Reise ins Heilige Land.157 5. Religiöses Leben in Mayerling a) Meßstiftung Welche Bedeutung hatte die Filialkirche in Mayerling für das Glaubensleben der Bewohner des Wienerwaldes im 18. und 19. Jahrhundert? Wie schon oben erwähnt, suchten die Menschen in Zeiten der Not immer wieder diese Kirche auf und erflehten den Schutz Gottes durch die Vermittlung der Pestpatrone Rochus und Sebastian. Dem hl. Laurentius, dem diese Kirche geweiht wurde, brachten die Gläubigen eine besondere Wertschätzung entgegen. Ein Seitenaltar mit dem Bild Unserer Lieben Frau zeugte davon, daß man die Muttergottes innig verehrte und sie um Hilfe anrief. Die Äbte von Heiligenkreuz stellten immer wieder die notwendigen finanziellen Mittel für die Neuerrichtung bzw. Erhaltung des Gotteshauses zur Verfügung. Was aber noch wichtiger war: Sie beauftragten kontinuierlich einen ihrer Patres als Provisor, der sich um die Gläubigen kümmerte. Die Laurentius-Kirche in Mayerling war zwar ein eher bescheidener, aber vom Volk sehr geschätzter Ort des Gebetes. Seit 1730 feierte der Provisor an allen Sonntagen die hl. Messe, ferner an den Festen der hll. Sebastian (20. Januar), 156 157 Vgl. Ilg, Mayerling, 170f. Vgl. Watzl, Cistercienser, 152f. 50 Laurentius (10. August) und Rochus (16. August) sowie am Kirchweihfest (9. Juli) und an den Quatembertagen im März, Mai, Oktober und Dezember.158 Nicht nur um das irdische Leben machten sich die Leute Gedanken, sondern auch um das Leben danach. So ließen sie für das eigene Seelenheil und das ihrer verstorbenen Verwandten hl. Messen zu gewünschten Zeiten lesen. Am 1. November 1738 stifteten Nikolaus Kronister, Lederer-Meister in Wien, und seine Ehefrau Rosina für den Hauptaltar der Filialkirche in Mayerling zur öffentlichen Verehrung ein Muttergottesbild in einem schwarzgebeizten Rahmen mit vergoldeten Leisten. Zur würdigen Feier der Gottesdienste übergaben sie einen vergoldeten silbernen Kelch mit Patene sowie Priester- und Kirchenornat. Zudem vermachten sie ein Stiftungskapital von 400 fl. für 13 hl. Messen. Das Kapital wurde am 1. Juli 1738 im Wiener Oberkammeramt gegen jährlich fünf Prozent angelegt. Die 20 Gulden erhielt das Kloster Heiligenkreuz, das auch dafür zu sorgen hatte, daß ein Ordensgeistlicher die hl. Messen in der Intention der Stifter persolvierte.159 Die Meßfeier sollte in der Zeit von Georgi bis Michaeli um 7 Uhr und von Michaeli bis Georgi erst um 8 Uhr gehalten werden.160 Abt Alberik Fritz (1755-1787) bestätigte am 30. Juli 1768 die von seinem Vorgänger angenommene Meßstiftung und erklärte sich bereit, sie nach dem Willen des Stifters zu erfüllen.161 Mit Erlaß des fürsterzbischöflichen Ordinariates Wien vom 5. Dezember 1899 wurde die Kronister-Stiftung auf sieben Messen reduziert und bestimmt, daß dieselbe in der Stiftskirche zu Heiligenkreuz gefeiert werden solle.162 b) Prozessionen Die Volksfrömmigkeit zeigte sich in dieser Zeit besonders in Andachten, Prozes158 159 160 161 162 Vgl. Watzl, Alland, 140. Folgende Tage waren dafür bestimmt: Weihnachtstag, Oster- und Pfingstdienstag, Dreifaltigkeitssonntag, Mariä Lichtmeß, Mariä Verkündigung, Mariä Heimsuchung, Mariä Himmelfahrt, Mariä Geburt, Mariä Opferung sowie an den Festen Johannes des Evangelisten, Nikolaus und Rosina. Vgl. Kopie des Stiftsbriefes NÖ Landesarchiv Geistliche-Stiftsbrief-Sammlung Karton 61, Nr. 39/533/186. Vgl. Meßstiftungsurkunde, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 11. Vgl. Kopie des Stiftsbriefes NÖ Landesarchiv Geistliche-Stiftsbrief-Sammlung Karton 61, Nr. 39/533/188. Vgl. Meßstiftungsurkunde, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 11. 51 sionen und Wallfahrten, die gleichsam der sichtbare Ausdruck für das bewegte Innenleben einer Pfarrgemeinde waren. In der Pfarre Alland gab es im 18. Jahrhundert zahlreiche solcher Aktivitäten. So unternahm man zu den einzelnen Filialkirchen sogenannte Kirchtagsprozessionen und feierte dort einen feierlichen Gottesdienst. Die Prozessionen zur LaurentiusKirche nach Mayerling fanden am Sonntag nach dem 2. Juli, am Tag der Kirchweihe und am 10. August, dem Fest des Kirchenpatrons Laurentius satt. Am 17. August machten die Holzhauer aus Klausenleopoldsdorf eine Votivprozession zu Ehren des hl. Rochus. Die St. Jakob-Kirche in Raisenmarkt wurde am Fest der Apostel Philippus und Jakobus (1. Mai), am Festtag des Kirchenpatrons Jakobus (25. Juli) und an St. Kathrein besucht. Auch nach Schwarzensee ging jährlich an bestimmten Tagen eine Gruppe, um dort zu beten, die Predigt zu hören und ein hl. Amt mitzufeiern. Ebenso unternahmen die Allander Pfarrkinder Wallfahrten in benachbarte Pfarren. Darunter waren Heiligenkreuz, Kleinmariazell, St. Pankraz, Altenmarkt, Hafnerberg, Dornau und Pottenstein. Mehrtägige Wallfahrten führten nach Mariazell und Gutenstein. Die insgesamt 23 Wallfahrten und Prozessionen lassen auf eine große Beliebtheit unter der Bevölkerung schließen.163 c) Geistliche Berufungen Ein gutes Vorbild kann mehr bewirken als eine gute Predigt. Dieser Satz gilt besonders für alle Bemühungen um einen guten Ordensnachwuchs. Damals wie heute stammten zahlreiche Patres aus den vom Stift betreuten Pfarren. Die jungen Burschen sahen die Zisterzienser, wie sie als gute Winzer im Weinberg Gottes arbeiteten und wollten ihnen nachfolgen. Auch aus dem kleinen Ort Mayerling164 gingen im Laufe der Zeit zwei Priesterberufe hervor: Ambros Schöny und Robert Lintner, die beide in Heiligenkreuz eintraten. 163 164 Vgl. Watzl, Alland, 104ff. Häuser- und Einwohnerzahlen: (1795) 10 Häuser; (1822) 10 Häuser; (1831) 12 Häuser, 115 Einw.; (1853) 116 Einw.; (1870) 13 Häuser, 108 Einw.; (1880) 14 Häuser, 104 Einw.; (1890) 14 Häuser, 114 Einw.; (1900) 14 Häuser, 136 Einw. Vgl. TopNÖ, 333; Schnürer, Topographie, 426. 52 Ambros Schöny war zunächst Kooperator in St. Gotthard (1810-1813) und in Heiligenkreuz (1813-1816), dann Pfarrverweser in Steinbruch (1816-1817) und in St. Gotthard (1817-1825), bis er schließlich – ins Stift zurückberufen – mit der Aufgabe als Frühprediger betraut wurde (1825-1840). Bei einem Spaziergang auf den Bodenberg am 7. November 1846 erlitt er einen tödlichen Schlaganfall. Er war als außerordentlicher Prediger geschätzt und war ein großer Förderer der musischen Künste.165 Der zweite Mayerlinger, der seinen Weg in das Stift Heiligenkreuz fand, war der am 16. Februar 1823 geborene Robert Lintner. Er wirkte zunächst als Kooperator in Niedersulz (1847-1850), war dann Frühprediger und Sakristan im Stift und wurde anschließend Pfarrverweser in Mönchhof. Vom 1. Oktober 1855 bis 1. August 1860 unterrichtete er als Professor am Gymnasium in Wiener Neustadt und übernahm dann für 5 Jahre das Amt des Pfarrverwesers in Pfaffstätten. Bis zu seinem Tod am 17. November 1868 versah er die Aufgabe des Konviktpräfekten.166 d) Die Seelsorger der Laurentius-Kirche Den Gottesdienst und die Leitung der 1654 von P. Franz Eiserer gegründeten Rochus und Sebastian-Bruderschaft übernahmen die vom jeweiligen Abt bestellten Provisoren.167 Diese übten zugleich das Amt des Priors oder Kämmerers im Stift aus. Es waren dies: P. Edmund Flöhel 6.01.1640 – 8.01.1646 Provisor P. Johannes Baptist Jurmann 8.01.1646 – 28.04.1658 Provisor 28.04.1658 – 5.08.1658 Provisor P. Leopold Fidelis 5.08.1658 – 31.12.1659 Provisor P. Caspar Asam 1.01.1660 – 31.03.1671 Provisor P. Franz Eiserer 165 166 167 Ambros Schöny wurde am 18. Januar 1785 in Mayerling geboren. Die Einkleidung fand am 22. Oktober 1804 statt, und nachdem er am 1. November 1807 die Profeß abgelegte hatte, erhielt er Ende 1808 die Priesterweihe. Vgl. Watzl, Cistercienser, 214f. Robert Lintner wurde am 17. September 1841 eingekleidet, legte am 9. November 1845 die Profeß ab und feierte am 2. August 1846 seine Primiz. Vgl. Watzl, Cistercienser, 234. Die Daten für die Liste der Seelsorger stammen aus dem Werk „Die Cistercienser von Heiligenkreuz“ von P. Florian Watzl. 53 P. Bernhard Piller 31.03.1671 – 20.05.1671 Provisor P. Alberik Höffner 20.05.1671 – 3.01.1693 Provisor P. Marian Schirmer 3.01.1693 – 5.10.1696 Provisor P. Rainard Ruetz 5.10.1696 – 16.11.1703 Provisor 16.11.1703 – 5.10.1709 Provisor P. Wolfgang Auinger 5.10.1709 – 8.02.1713 Provisor P. Laurenz Döltl 8.02.1713 – 28.01.1715 Provisor P. Raimund Vitali 8.03.1713 – 5.02.1715 Tempv. P. Felix Zitteräll 28.01.1715 – 30.05.1718 Provisor P. Petrus Nicolai 22.02.1715 – 18.06.1718 Tempv. P. Augustin Wiss 1774 – 1775 Benefiziat P. Paulus Köck 1775 – 1776 Benefiziat P. Benedikt Üblein e) Die Zeit der Aufklärung Einen merklichen Eingriff in das Leben der Kirche in Österreich brachte die josephinische Kirchenreform. Bereits unter Kaiserin Maria Theresia begann die staatliche Einmischung in kirchliche Angelegenheiten. Ihr Sohn Joseph II. führte diese Politik der tiefgreifenden Veränderungen im Kirchenwesen fort. Eines seiner Hauptanliegen, das in besonderer Weise auch das Stift Heiligenkreuz betraf, war die Verbesserung der Pfarrseelsorge und die Verringerung der Klöster.168 Dabei fielen die Tochterklöster Baumgartenberg, Goldenkron und Neuberg dem josephinischen Klostersturm zum Opfer.169 Selbst Heiligenkreuz rechnete mit der Aufhebung, die aber glücklicherweise doch nicht erfolgte. Das Stift war nämlich als einziges Kloster in dieser einsamen Waldgegend fähig, im Notfall seine Mitglieder zur Aushilfe in die umliegenden Weltpriesterpfarren zu senden. So erhielt zwar Heiligenkreuz nicht den Todesstoß durch eine Aufhebung, wodurch die Mitglieder heimatlos geworden wären, aber durch das 10-jährige Aufnahmeverbot für Novizen wurde die Klostergemeinschaft fast um die Hälfte 168 169 Vgl. Schragl, Geschichte, 99. Vgl. Pexa, Orden, 58. 54 verringert. Innerhalb dieser Sperrfrist sank die Zahl der Mitglieder von 80 im Jahre 1780 auf 48 im Jahre 1790.170 Mit Dekret vom 9. August 1783 war es zur Aufhebung aller religiösen Vereinigungen gekommen und zum Einzug ihres gesamten Vermögens. Damit war auch die im Jahre 1654 in Mayerling gegründete Rochus und Sebastian-Bruderschaft am Ende.171 In der gesamten Erzdiözese fielen damals über 200 Bruderschaften dieser Verordnung zum Opfer.172 Im selben Jahr erfolgte eine Neuorganisation der Pfarreinteilung. Zu den 13 bisher vom Stift aus seelsorglich betreuten Pfarren kamen noch 5 hinzu. Dabei wurde Raisenmarkt von der Pfarre Alland abgetrennt und zusammen mit Schwarzensee selbständig.173 Der Grund für diese Errichtung lag wohl an dem Umstand, daß der Weg zur Pfarrkirche über eine Stunde betrug und dies den Pfarrkindern nicht mehr zugemutet werden konnte. Der Geist des Josephinismus hatte im Leben des Klosters Heiligenkreuz seine Spuren hinterlassen, und davon war auch die Laurentius-Kirche nicht ausgenommen. Die Auflösung der Bruderschaft schwächte ihr Gefüge. Das Äußere unterlag den Einflüssen der Witterung. Dies alles veranlaßte den Abt Xaver Seidemann (1824–1841), die Kirche 1825 neu herzurichten.174 55 Jahre später wurde das Gotteshaus durch Abt Heinrich Grünbeck (1879–1902) abermals umfassend restauriert (1880–81).175 Zu dieser Zeit ahnte wohl niemand, daß es das letzte fürsorgliche Werk der Zisterzienser aus Heiligenkreuz für diese Kirche sein sollte. 170 171 172 173 174 175 Vgl. Watzl, Stift, 27f. Vgl. Koll, Heiligenkreuz, 162. Vgl. Loidl, Wien, 183. Vgl. KirchTop, 269. Vgl. Ilg, Mayerling, 171. Die am 3. Mai 1851 geweihten Glocken wurden abgenommen, und nachdem der Zimmermeister Karl Schwaiger den Turm neu eindeckte, wieder aufgezogen. Die Kapelle erhielt ein neues Dach, und eine Turmverschalung wurde angebracht. Der Spenglermeister Franz Karl Hofer reparierte das Turmkreuz; für die Maurerarbeiten war der Maurermeister Alexander Sandolik zuständig. Die Renovierungskosten beliefen sich auf insgesamt 3322 fl. 49 kr. Vgl. Rechnungen der Restaurierung 1880/81, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 8. 55 IV. KRONPRINZ RUDOLF 1. Das Jagdschloß a) Ein Ort der Erholung Nicht nur in unserer Zeit flüchten die Menschen aus dem hektischen Treiben der Städte hinaus in die unberührte Natur, sondern bereits in früheren Jahrhunderten wußten dies die Menschen zu schätzen. Ein erster Hinweis auf einen Erholungssuchenden in Mayerling ist die Überlieferung aus dem Jahre 1640, nach der ein in Wien beschäftigter italienischer Handelsmann namens Tonolino hier Genesung gefunden hat. Zum Dank dafür ließ er ein Steinrelief mit der Darstellung der armen Seelen im Fegefeuer in der Laurentius-Kirche anbringen.176 In der Zeit der Romantik, um 1800, wurde der Wienerwald als Ausflugsziel entdeckt. Kaiser Franz I. und sein Staatskanzler Metternich verbrachten den Sommer regelmäßig in der Kurstadt Baden. Dichter, Maler und Komponisten ließen sich von den sanftgewölbten Waldkuppen inspirieren und gestalteten danach ihre Kunstwerke. Ein oftmaliger Besucher von Mayerling war in seinen jüngeren Jahren der bekannte Liederkomponist Hugo Wolf. In einem kleinen Landhaus oberhalb des Ortes komponierte er nach einem Möricke-Text das Mausefallensprüchlein und das D-moll-Quartett.177 b) Kauf und Umbau zu einem Jagdschloß Zu allen Zeiten war der Wienerwald ein bevorzugtes Jagdgebiet. Zuerst den Babenbergern und dann besonders den Habsburgern war damit ein Revier gegeben, das unmittelbar vor den Toren ihrer Residenzstadt lag. Damit sie dieses Gebiet ausgiebig nutzen konnten, war der Wald mit seinem Wildbestand einem 176 177 Vgl. Ilg, Mayerling, 172. Vgl. Werner, Wolf, 19ff. 56 besonderen Schutz unterstellt. Schon der Babenberger Landesfürst Leopold V. (1177-1194) legte großen Wert auf den ungestörten Aufenthalt der Tiere.178 Auch Kronprinz Rudolf,179 der ein leidenschaftlicher Weidmann war, suchte gerne diese Gegend auf und schrieb sogar einen Aufsatz mit dem Titel „Der Wienerwald“. Darin hob er hervor, daß der Wienerwald in botanischer, landschaftlicher und auch in historischer Sicht zu den interessantesten Landstrichen Niederösterreichs zählt. Als begeisterter Naturforscher mußte er jedoch feststellen, daß verschiedene Tierarten im Laufe der Zeit aus den Wäldern verschwunden waren. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die letzten Bären und Luchse erlegt, und auch die Wildkatze mußte den Platz räumen. Nur selten tauchte in besonders strengen Wintern ein versprengter Wolf aus Ungarn auf. Dachs, Fuchs, Fischotter, Edelmarder und die gewöhnlichen kleinen Raubtiere waren in reichlicher Zahl vorhanden. Vom Nutzwild waren es Hochwild und Rehe, die noch im ganzen Gebiet, an manchen Stellen in recht bedeutender Menge, vorkamen. Mehrmals wurden in der Umgebung von Baden und Alland Gemsen erlegt, die vom nahen Schneeberg in die Vorgebirgslandschaft herabkamen.180 Zu den schönsten Gegenden des ganzen Gebietes zählte für Rudolf wohl der Lammerauer Forstbezirk. Dort ging er unter anderem am 19. Januar 1886 mit seinem Vater auf Hochwildjagd. Der die Jagd leitende Forstmeister Hornsteiner führte die erlauchte Jagdgesellschaft zu ihren Ständen. Anwesend waren auch Prinz Philipp von Coburg und Flügeladjutant Freiherr von Fliesser. Der leidenschaftliche und treffsichere Jäger Kaiser Franz Joseph I. brachte damals drei Hirsche zur Strecke.181 Mit den Einheimischen wechselte Kronprinz Rudolf immer wieder ein paar Worte und war sonst recht leutselig. In dem einfachen Forsthaus in Alland richtete er 178 179 180 181 Dies wird z. B. ersichtlich aus einigen Urkunden von 1177 und 1188, in denen Leopold dem Kloster Heiligenkreuz weitere Waldgebiete schenkte und die Mönche ausdrücklich darauf hinwies, zum Schutz des Wildes Waldrodungen zu unterlassen und keine Viehhürden und Waldbienenstöcke mehr aufzustellen. Vgl. BUB I, Nr. 51 und Nr. 73. Erzherzog Rudolf, Kronprinz von Österreich-Ungarn, war der einzige Sohn Kaiser Franz Josephs I. und seiner Gemahlin Kaiserin Elisabeth. Rudolf wurde am 21. August 1858 auf Schloß Laxenburg geboren. Vgl. Hamann, Kronprinz, 340ff. Vgl. Püchel, Kronprinz, 108ff. 57 sich eine bescheidene Unterkunft ein, und seine Jagdgäste wurden im Gasthof „Zum Löwen“ untergebracht.182 Mitte der 80er Jahre des 19. Jh. bestand Mayerling aus 14 Häusern. Schon von weitem sichtbar erhob sich rechts oberhalb der Straße Baden-Alland die Laurentius-Kirche. Etwas unterhalb befand sich das langgestreckte, einstöckige Gasthaus Eipeldauer mit Gastgarten. Parallel dazu stand das ebenfalls einstöckige Haus des Heiligenkreuzer Stiftsförsters Knapp mit eingerichteten Fremdenzimmern. Nach Osten bildeten einige kleine Gebäude mit den Dienstwohnungen für das Gesinde den Abschluß der im Besitz des Stiftes Heiligenkreuz befindlichen Objekte.183 Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag ein kleines ebenerdiges Gasthaus, in dem die Fuhrleute einkehrten und das heute den Namen „Zum alten Jagdschloß“ trägt.184 Wenige Meter nach der Abzweigung in Richtung Maria Raisenmarkt befand sich ein großer Gutsbesitz mit einer Villa nebst Gesindehaus und einem viereckigen Wirtschaftshof (Mayerlinger Hof), den der aus Wien stammende Michael Fischer 1880 erwarb. Er modernisierte und vergrößerte dieses stark abgewirtschaftete Gut. Es blieb jedoch nicht lange in seinem Besitz, denn Fischer verlor bei Börsenspekulationen sein Geld und verkaufte daher 1884 den Mayerlinger Hof an den Grafen Reinhard von Leinigen-Westerburg.185 Um bei den Jagdausflügen in der Gegend um Alland für sich und seine Gäste ein eigenes Quartier beziehen zu können, bemühte sich Kronprinz Rudolf, einige Gebäude in Mayerling zu erwerben und diese in ein Jagdschloß umzugestalten. Bereits 1886 erwarb Rudolf vom Grafen Leinigen den Mayerlinger Hof. Außerdem tauschte er im Oktober 1886 die im Besitz des Stiftes Heiligenkreuz befindlichen Gebäude neben der Laurentius-Kirche mit zwei Häusern in Mayerling.186 Nur 182 183 184 185 186 Vgl. Judtmann, Mayerling, 122. Vgl. Holler, Tragödie, 118. Damals war ein gewisser Gottwald und später ein Herr Gratzer Besitzer dieses Gasthauses. Michael Fischer, der 1873 an der Börse sehr viel Geld verlor, erwarb von seinem noch verbliebenen Vermögen den Mayerlinger Hof. Zu den bereits im Stall stehenden 44 Milchkühen kaufte er noch einen schottischen Zuchtstier, einen Zuchteber auch Yorkshire sowie Pferde und Ochsen und baute eine Geflügelfarm auf. Für diesen großen Viehbestand mußte er noch weitere Wiesen erwerben, so daß sein Besitz sich nach Südwesten bis zum Neißelstein erstreckte. Als er sich wieder nach oben gearbeitet hatte, verlor er abermals sein Geld an der Börse und mußte den Gutshof verkaufen. Verarmt zog er mit seiner Familie in ein altes Palais im Dreherpark in Wien-Meidling. Vgl. Holler, Mayerling, 100. Für das Forsthaus, das Gasthaus, das Zinshaus und die Gartenkellerei samt Grundstücken im Gesamtausmaß von 7 Joch 1433 Klafter erhielt das Stift Heiligenkreuz von Kronprinz Rudolf 58 schweren Herzens stimmten die Patres von Heiligenkreuz diesem Wunsch des Kronprinzen zu, da sie ihm aus Rücksicht gegenüber dem Kaiserhaus keine Absage erteilen wollten. Laurentius-Kirche mit Jagdschloß Rudolf war nun im Besitz eines stattlichen Gutes. Weil jedoch das Anwesen von der Verkehrsverbindung Baden-Alland durchschnitten wurde, verlegte die Niederösterreichische Landesregierung auf Ansuchen des Thronfolgers die Straße und führte sie in einem Bogen südlich um den Mayerlinger Hof herum. Im Laufe des Jahres 1887 ließ der Kronprinz größere bauliche Veränderungen durchführen. Die gesamte Anlage des Besitzes gliederte sich in einen oberen und einen unteren Teil. Der obere Teil bestand aus dem eigentlichen Jagdschloß, das hufeisenförmig angelegt war. Hier bildete das ehemalige Gasthaus Eipeldauer den Haupttrakt, in welchem die Privaträume des Kronprinzenpaares eingerichtet wurden. Nach Osten zu erstreckte sich ein ebenerdiger Dienertrakt, in den das Osttor integriert war. Für die kleine Erzherzogin Elisabeth wurde das frühere Forsthaus, das parallel zum Schloß stand, eingerichtet. Bis auf den heutigen Tag wird dieses Gebäude „Elisabethtrakt“ genannt. Den Abschluß bildete ein kleines Küchengebäude. Der Schloßhof war in einen Garten französischen Stils mit einem Springbrunnen umgestaltet worden. Unterhalb des Schlosses erstreckte sich ein die Häuser Nr. 1 und Nr. 2 in Mayerling samt Grundstücken im Gesamtausmaß von 38 Joch 301 Klafter. Der Preis der dem Kronprinz übergebenen Realitäten wurde mit 40.000 fl. und jener der vom Stift übernommenen Realitäten mit 15.000 fl. beiderseits vereinbart. Die dadurch entstandene Preisdifferenz von 25.000 fl. wurde dem Kloster bar ausbezahlt. Vgl. NÖ Landesarchiv, C Fasc. 6 Zl 56809/1886 und C Fasc. 4 Zl 3218/1887. 59 zweiter Garten mit einer überdachten Kegelbahn, die auch als Schießstand diente. Der gesamte Komplex war von einer Mauer umgeben, wobei man in den Innenhof des Jagdschlosses entweder durch das Haupttor im Osten oder durch das Südbzw. Nordtor gelangte. Gesamtansicht des Jagdschlosses Mayerling zur Zeit der Tragödie. Im unteren Teil des kronprinzlichen Besitzes wurde ein Telegrafenamt im Parterre der ehemaligen „Leinigen-Villa“, die nun „Coburger-Schlößchen“ hieß, untergebracht. Ebenso befand sich dort eine kleine Wohnung für die Hofdame der Kronprinzessin Stephanie. Im ersten Stock lagen die Räume für die Familie des Prinzen 60 von Coburg. Im Mayerlinger Hof waren Fremdenzimmer für Gäste eingerichtet, und der Schloßwart Zwerger sowie die Leibjäger und der Gärtner hatten dort ihre Wohnungen. Außerdem ließ Rudolf einen „Luxusstall“ für Pferde bauen.187 Lageplan des Jagdschlosses im Jahre 1889. Rekonstruktion: Fritz Judtmann. Bereits am 19. und 20. November 1887 konnte das kronprinzliche Jagdschloß eingeweiht werden. Als Gäste waren das Kaiserpaar, das Ehepaar Coburg und einige Jagdfreunde Rudolfs geladen.188 In der Zeit vom Einweihungstag bis zum 30. Januar 1889 fanden von Mayerling aus nur zehn Jagden satt. Auch entspricht es nicht der Tatsache, daß sich Rudolf mit seiner Familie hier öfters aufgehalten hätte. Im Laufe der 16 Monate kam seine Gemahlin Stephanie nur zweimal in diesen Wienerwaldort, und die dreijährige Tochter Elisabeth weilte hier aus Gesundheitsgründen, jedoch ohne ihre Eltern, vom 1. bis 17. Juni 1888. Dagegen lud der Kronprinz öfters den Grafen Josef Hoyos 187 188 Vgl. Judtmann, Mayerling, 124f. Die Jagdfreunde waren: Graf Potocki, Baron Kemenyi, Baron Bornemisza, Graf Bombelles und Major Graf Rosenberg. Die Tafelmusik besorgte die Zigeunerkapelle Pongracz aus Klausenburg, und das Udel-Quartett trug nach dem Diner schöne Lieder vor. Vgl. Mitis, Rudolf, 392. 61 und fast jedesmal seinen Schwager, den Prinzen Philipp von Coburg, zu seinen Jagdausflügen ein. Der Umgangston war eher leger, das steife Hofzeremoniell fiel weg und man ging im steirischen Lodenrock und in Kniebundhose. Die Zimmer waren schlicht und einfach eingerichtet. Anstatt der Lakaien besorgten ortsansässige Frauen die Bedienung und das Aufräumen.189 Scheinbar unberührt von diesen besitzlichen und baulichen Veränderungen blieb die Laurentius-Kirche. Sie war weiterhin Eigentum des Stiftes Heiligenkreuz. Ob und wie sich die neuen Besitzverhältnisse auf den Kirchenbesuch auswirkten, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Jedenfalls standen die um die Kirche gruppierten Gebäude den Patres und Wallfahrern nicht mehr zur Verfügung. 2. Die Tragödie a) Die letzte Fahrt nach Mayerling Die Männer in der Umgebung des Kronprinzen, besonders sein kaiserlicher Vater, pflegten die Jagd als eine ihrer liebsten Vergnügungen. Von frühester Kindheit an wurde Rudolf auf diesem Gebiet unterwiesen und systematisch gefördert. Je mehr Wild er erlegte, um so mehr Lob erntete er von seinem Vater. Bereits mit acht Jahren erlegte er seinen ersten Hirsch. Für den kleinen Kronprinzen erschlossen sich immer reizvollere Jagdmöglichkeiten. War es zuerst der Schönbrunner Schloßpark und der wildreiche Tiergarten zu Lainz, so folgten bald die Hochgebirgsjagden im Salzkammergut, in den steirischen und niederösterreichischen Voralpen. Die frühe Selbständigkeit des Thronfolgers, der Wildreichtum des kaiserlichen Besitzes sowie die zahlreichen Jagdeinladungen in die weitläufigen Reviere des Hochadels führten in den folgenden Jahren zu einer vermehrten Aktivität auf diesem Gebiet. Sein Jagdprogramm wurde immer dichter. Wie aus seinem Tagebuch hervorgeht, verbrachte Rudolf von den 365 Tagen des Jahres 1885 mehr als 189 Weitere Gäste, die Kronprinz Rudolf im Laufe der Zeit nach Mayerling einlud: Erzherzog Otto, Erzherzog Ludwig Viktor, Prinzessin Louise von Coburg, Sektionschef Szögyeny-Marich, Dr. Auchenthaler, Graf Bombelles und Tiermaler Pausinger. Vgl. Holler, Mayerling, 106. 62 200 Tage im Revier.190 Die Zeit war anscheinend vorbei, in der er sich nach seiner Frau Stephanie und seiner Tochter Elisabeth sehnte. Die Behauptung, daß die Jagdleidenschaft des Kronprinzen in den letzten Jahren seines Lebens wieder wesentlich abgenommen habe, trifft tatsächlich zu.191 In den ersten Wochen des Jahres 1889 jagte Rudolf noch in den Donauauen, im Hütteldorfer Tiergartenrevier und gemeinsam mit seinem Vater in Mürzsteg.192 Die Jagd im kaiserlichen Tiergarten im Revier Hütteldorf am 23. Januar sollte dann schließlich für den Kronprinzen die letzte sein.193 Bereits Tage zuvor hatte Rudolf bei der Jagd in Orth an der Donau am 20. und 21. Januar seinen Jagdfreund Graf Josef Hoyos zu einer Jagd nach Mayerling eingeladen; den genauen Termin wollte er aufgrund seiner vielfältigen Arbeit aber erst später festlegen.194 Am Samstagnachmittag, dem 26. Januar, teilte Rudolf seinem Leibjäger Püchel dann mit, daß er am kommenden Dienstag nach Mayerling fahren wolle, um dort auf Hochwildjagd zu gehen. Püchel erhielt den Auftrag, bereits am Montagvormittag nach Alland zu fahren und sich mit dem Forstmeister Hornsteiner in Verbindung zu setzten. Außerdem sollte er den Wirtschaftsinspektor informieren, daß dieser eine Wirtschaftsabteilung zur Fahrt nach Mayerling bereitstelle.195 Ferner ließ Rudolf dem Grafen Hoyos durch seinen kaiserlichen Hofleibjäger Wodiczka mitteilen, er möge sich für den 29. und 30. Januar zur Fahrt und Jagd nach Mayerling bereit halten.196 Anläßlich des Geburtstags von Kaiser Wilhelm II. fand in der deutschen Botschaft in Wien am Sonntagabend ein großer Empfang statt, bei dem Kaiser Franz Joseph, das Kronprinzenpaar und sämtliche Diplomaten erschienen. Es war der letzte Auftritt des Kronprinzen in der Öffentlichkeit. Hierbei beauftragte der Kronprinz 190 191 192 193 194 195 196 Vgl. Mitis, Rudolf, 63. Im Jagdjahr 1888 gingen sowohl die Tagesstrecken als auch die Gesamtstrecke merklich zurück. Das Oberst-Jägermeisteramt meldete für diesen Zeitraum lediglich einen Abschuß von über 1.180 Stück Wild durch den Kronprinzen in seinen Revieren. Vgl. Tomiczek, Kronprinz, 71f. Vgl. Bourgoing, Kaiser, 147. Dabei erlegte er fünf Stück Edelwild und zwei Edelmarder. Vgl. Judtmann, Mayerling, 39. Vgl. Mitis, Rudolf, 341. Vgl. Püchel, Kronprinz, 149. Vgl. Haman, Rudolf, 446. 63 den Grafen Hoyos, er möge sich mit Prinz Philipp von Coburg wegen der bevorstehenden Jagd in Mayerling in Verbindung setzen.197 Am nächsten Tag arbeitete der Kronprinz wie gewohnt an seinem Schreibtisch in der Hofburg und empfing den Oberstleutnant Albert Mayer, um mit ihm militärische Dienststücke zu bearbeiten. Auch die befreundeten Journalisten Moriz Szeps und Berthold Frischauer waren an diesem Vormittag beim Kronprinzen und legten die Resultate der französischen Wahlen vor, aus denen General Georges Boulanger siegreich hervorgegangen war. Außerdem stattete Alexander von Battenberg Rudolf einen Besuch ab.198 Als der Oberstleutnant nach 10 Uhr vormittags das Arbeitszimmer verlassen hatte, teilte Rudolf seinem Leibjäger Püchel mit, daß er in der vergangenen Nacht sein Programm bezüglich Mayerling geändert habe und heute schon hinaus fahre. Loschek, Vodicka und das Wirtschaftspersonal seien bereits dorthin unterwegs, und sein Wagen würde für 12 Uhr mittags bereitstehen. Bis dahin erwarte er jedoch noch einen dringenden Brief und ein Telegramm. Um 11 Uhr überbrachte Loscheck den angekündigten Brief und innerhalb der folgenden halben Stunde das mittlerweile eingetroffene Telegramm. Über die Verfasser und den Inhalt dieser beiden Schriftstücke ist nie etwas bekannt geworden.199 Ein weiterer Besuch, der jedoch für die Umgebung des Kronprinzen unbemerkt bleiben sollte, wurde von ihm erwartet. Nach Rudolfs Anweisungen brachte seine Cousine, Gräfin Marie Larisch, an diesem Vormittag die Baronesse Mary Vetsera in die Hofburg.200 Dieses 17-jährige Mädchen kam schon seit November letzten Jahres zum wiederholten Male auf einem inoffiziellen Weg in das Appartement des Kronprinzen. Als die beiden Frauen dort ankamen, wünschte Rudolf die Baronesse allein zu sprechen und ging mit ihr in ein Nebenzimmer. Die Gräfin sollte jedoch ihre Freundin nicht wiedersehen. Denn diese eilte in der Zwischenzeit auf demselben Weg zurück und stieg in den schon bereitstehenden Wagen des Leibfiakers Bratfisch, der sie zum Treffpunkt „Roter Stadl“, einem Ausflugs- 197 198 199 200 Vgl. Mitis, Rudolf, 341f. Vgl. Holler, Tragödie, 152. Vgl. Püchl, Kronprinz, 150. Vgl. Wallersee, Vergangenheit, 190f. 64 lokal im Wienerwald, brachte. Dort wartete sie auf den in Kürze nachkommenden Kronprinzen.201 Kurz vor Mittag war in der Hofburg der Kutschierwagen vorgefahren. Püchel meldete dies dem Kronprinzen, der gerade ins Vorzimmer heraustrat. Während beide die Säulenstiege zum Wagen hinabgingen, äußerte Rudolf seine Freude, endlich wieder Wald und hoffentlich auch Wild zu sehen. Unten angekommen sprang Rudolf auf den Einspänner, den er selbst kutschierte, und bei der Abreise rief ihm Püchel noch ein „Weidmannsheil, kaiserliche Hoheit“ nach.202 Zunächst führte die Fahrt durch den 5. Bezirk, die der Polizeiagent Karl Wiligut beobachtete und diese auch umgehend dem Polizeipräsidium in einem Telegramm mitteilte.203 Am Schloß Schönbrunn vorbei verließ Rudolf Wien und gelangte, indem er das letzte Stück zu Fuß zurücklegte, gegen 13 Uhr zum vereinbarten Treffpunkt. Gemeinsam mit Mary Vetsera fuhr er dann von dort aus auf einem recht umständlichen Weg weiter nach Mayerling, wo sie ungesehen im Schutze der Dämmerung eintrafen.204 Am nächsten Tag trafen Prinz Coburg und Graf Hoyos von Wien kommend ungefähr um 8 Uhr in Mayerling ein. Gemeinsam mit seinen geladenen Gästen nahm der Kronprinz das Frühstück zu sich und erzählte ihnen von der schwierigen Fahrt, die er am Vortag von Wien nach Mayerling erlebt hatte. Dabei hätten ihn die widrigen Straßenverhältnisse sogar gezwungen, beim Anschieben des Wagens am vereisten Gaadener Berg behilflich zu sein. Bei dieser Aktion habe er sich verkühlt und noch am Abend befürchtet, schwer krank zu werden. Daher würde er auf die geplante Jagd im Revier Glashütte verzichten und sich so gut wie möglich schonen. Die Gäste sollten die geplante Jagd ohne ihn unternehmen.205 Von der Anwesenheit Marys im Jagdschloß ahnten die Herren wohl nichts. 201 202 203 204 205 Vgl. Judtmann, Mayerling, 64f. Vgl. Püchl, Rudolf, 151. Vgl. Polizeibericht, Mayerling, 5f. Vgl. Judtmann, Rudolf, 98. Vgl. Mitis, Kronprinz, 342. 65 Jagdschloß zur Zeit des Kronprinzen Wie Rudolf und Mary ihren letzten Tag verbrachten, wissen wir nicht. Wir wissen nur, daß Prinz Coburg gegen 13.30 Uhr von der Jagd zurückkehrte, mit dem Kronprinzen noch Tee trank und dann wie vereinbart mit ihm nach Wien zurückfahren wollte, da beide zum Familiendiner um 18 Uhr in die Hofburg geladen waren. Rudolf erklärte jedoch, er beabsichtige wegen des starken Schnupfens noch in Mayerling zu bleiben und schickte ein Entschuldigungstelegramm an seine Frau Stephanie.206 Um 19 Uhr aß der Kronprinz mit Hoyos zu Abend. Die dabei geführte Unterhaltung bietet uns wenig Aufschlußreiches.207 Anschließend zog sich Rudolf zurück, und Hoyos begab sich in sein Quartier im Mayerlinger Hof. 206 207 Vgl. Haman, Rudolf, 465f. Es ging unter anderem um die am nächsten Tag geplante Jagd im Revier Schöpflgitter, den Instinkt verschiedener Vorsteherhunde, die Kochkünste der Köchin, über die Telegramme des Grafen Karolyi und um den sich zugezogenen Schnupfen. Vgl. Mitis, Kronprinz, 342f. 66 b) Das Ende zweier Menschen Was sich nun in der Nacht und am Morgen im Jagdschloß in Mayerling abspielte, hat nicht nur die österreichisch-ungarische Monarchie erschüttert, sondern bewegt bis heute Menschen auf der ganzen Welt. Unzählige Bücher wurden seither geschrieben, und verschiedenste Versionen des Geschehens fanden Verbreitung. Eine offizielle Untersuchung des Tathergangs wurde abgelehnt, und den vielen Gerüchten, die gleich unmittelbar danach durch die Zeitungen verbreitet wurden, konnte und wollte man gar nicht widersprechen. Die einzigen beiden schriftlichen Erinnerungen an das Ereignis des 30. Januar 1889 sind die Aufzeichnungen des Kammerdieners Loschek und des Grafen Hoyos. Die „Loschek-Denkschrift“ von 1928 208 Was war geschehen? Laut dem Bericht des Kammerdieners Johann Loschek kam Rudolf in der Frühe um 6.10 Uhr „vollständig angezogen zu mir in das Zimmer heraus und befahl mir, einspannen zu lassen. Ich war noch nicht im Hofe draußen als ich zwei Detonationen hörte, ich lief sofort zurück der Pulvergeruch kam mir entgegen, ich stürmte zum Schlafzimmer, doch es war entgegen der Gewohnheit Rudolfs abgesperrt sonst sperrte er das Zimmer nie ab. Was nun machen ich holte sofort Graf Hoyos und mit einem Hammer bewaffnet schlug ich die Türfüllung ein, daß ich gerade mit der Hand hinein konnte um die Türe von innen aufzusperren. Welch grauenhafter Anblick – Rudolf lag entseelt auf seinem Bette angezogen – Mary Vetsera ebenfalls auf Ihrem Bette vollständig angekleidet. Rudolfs Armeerevolver lag neben ihm. Beide hatten sich überhaupt nicht schlafen gelegt. Beiden hing der Kopf herunter. Gleich beim ersten Anblick konnte man sehen, daß Rudolf zuerst Mary Vetsera erschossen hatte und dann sich selbst entleibte. Es fielen nur zwei wohlgezielte Schüsse.“209 208 209 Johann Loschek diktierte 1928 im Alter von 83 Jahren seinem Sohn Johann Loschek junior seine Erinnerungen an die Tragödie von Mayerling. Nach seinem Tod im Jahr 1932 veröffentlichte das Neue Wiener Tagblatt und gleichzeitig die Berliner Illustierte Zeitung den Inhalt der „Loschek-Denkschrift“. Die Denkschrift seht im Widerspruch zu Loscheks Aussagen bei Hoyos. Vgl. Judtmann, Mayerling, 416. Vgl. Judtmann, Mayerling, 134. 67 Die „Hoyos-Denkschrift“ von 1889 210 Dieser Bericht steht in einem gewissen Widerspruch zu dem, was Graf Hoyos in seiner Denkschrift festhielt. Demnach sei er einige Minuten vor 8 Uhr vom Schloßwart Zwerger aufgesucht worden, der ihm im Auftrage des Kammerdieners Loschek meldete, „daß Se. kaiserliche Hoheit der Kronprinz nicht zu wecken sei. Auf meine Erwiderung, daß er eben sehr gut und fest schlafen werde, machte er weitere Mittheilungen, und zwar, der Kronprinz sei um 6 Uhr 30 auf gewesen, im Morgenanzug ins Vorzimmer gegangen, habe dort an Loschek, der im Nebenzimmer wohnte, den Auftrag gegeben, ihn um 7 Uhr 30 wieder zu wecken und für selbe Stunde ein Frühstück und den Fiaker Bratfisch mit seinem Wagen zu bestellen, und habe sich dann, vor sich hinpfeifend, wieder in das Schlafgemach zurückbegeben. Loschek klopfte nun seit 7 Uhr 30 ununterbrochen, erst mit dem Finger, dann mit einem Scheite Holz an die Thüre des Schlafzimmers, ohne daß irgend ein Lebenszeichen erfolgt. Die Thüre des Schlafzimmers gegen das Vorzimmer sei von Innen und ebenso die Thüre, welche von der Wendeltreppe vom ersten Stock in das Schlafgemacht führt, ebenfalls von Innen versperrt und stecken die Schlüssel. Nun war aller Grund vorhanden, Unheil zu ahnen, und eilte ich mit Schloßwarth Zwerger in das Schlößchen. Loschek wiederholte mir dort die bereits angeführte Aussage. Nachdem ich selbst geklopft und sehr laut den Kronprinzen gerufen hatte, frug ich noch rasch, ob mit Kohlen geheizt wurde, was verneint wurde. Da Loschek die Verantwortung wegen eventuellem Einbruch der Thüre nicht übernehmen wollte, gab ich den Befehl, die Thüre auf meine eigene Verantwortung sofort zu erbrechen. Nun erst erklärte Loschek, daß der Kronprinz nicht allein sei, und setzte hinzu, eine Baronesse Wecsera sei bei ihm. Diese Mittheilung brachte mich begreiflicher Weise in die größte Bestürzung, umsomehr, als ich weder eine Ahnung von der Anwesenheit der Baronesse in Mayerling noch überhaupt von Beziehung von ihr mit dem durchlauchtigsten Kronprinzen hatte, und für mich auch nicht der geringste Anlaß vorlag, irgend welche Beziehung auch nur entfernt zu vermuthen. Nun war das Schlimmste zu befürchten, bei der Todtenstille, die im Schlafgemache herrschte, war an die Möglichkeit einer erfolgreichen Hülfe kaum zu denken, da seit 6 Uhr 30 fast sieben Viertl Stunden 210 Graf Josef Hoyos schrieb seine eigenen Wahrnehmungen schon Anfang Februar 1889 nieder, um sich von dem Verdacht zu befreien, von der Anwesenheit Mary Vetseras in Mayerling gewußt zu haben. Diese „Hoyos-Denkschrift“ hinterlegte er versiegelt im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, wo sie von Dr. Mitis aufgefunden und 1928 in seinem Buch über Kronprinz Rudolf veröffentlicht wurde. Vgl. Mitis, Kronprinz, 345f. 68 vergangen waren, und die Verantwortung, die ich tragen sollte, eine Erdrückende. Meine Uhr zeigte 8 Uhr 9 Minuten, Prinz Coburg mußte beinahe schon da sein. Auf meine in der Vorhalle gestellte Frage eilte einer der Leute außer den Hof und meldete, der Prinz fahre soeben heran. In Kürze theilte ich dem Prinzen im Billardzimmer die Sachlage mit, und kamen wir nach kurzer Berathung zu dem Entschlusse, die Thüre auf unsere Verantwortung erbrechen zu lassen. Unter den so unendlich heiklen Umständen sollte Loschek allein sich von der Sachlage überzeugen und die Bestimmung weiterer Zeugenschaft, wenn nicht Gefahr im Verzuge ist, ausschließlich Sr. a. Majestät vorbehalten bleiben. Nachdem die Thüre gegen das Vorhaus abgeschlossen war, wurde, im Beisein des Prinzen Coburg und mir, durch Loschek mittelst einer Holzhacke das Schloß der Thüre zu sprengen versucht, doch erst das Einschlagen der Thürfüllung verschaffte Einlaß. Loschek, der in das Gemach blickte, erklärte, daß Beide als Leichen im Bette lägen. Unsere Bestürzung und unser Schmerz waren unaussprechlich. Es wurde die Frage erörtert, ob nicht ein Arzt herbeizurufen sein. Bei den gegebenen Umständen war dies, wenn alles Leben entflohen war, aber nicht rathsam. Es handelte sich vor Allem darum, zu constatieren, ob jede Hülfe vergeblich wäre. Loschek sollte sich davon überzeugen. Nachdem die Thüre, durch die eingeschlagene Füllung greifend, mit dem Schlüßl von Innen geöffnet war, trat Loschek ein, um nach wenig Augenblicken zu erklären, daß sich keine Spur von Leben in den Körpern befindet, der Kronprinz über den Bettrand gebeugt liege, eine große Blutlache vor sich, und der Tod voraussichtlich durch Vergiftung mit Cian Cali erfolgt sei, da hiebei solche Blutstürze vorkämen. Der Tod durch Schußwaffe wurde erst später constatirt.“211 Soweit die uns bekannten schriftlichen Berichte der beiden Zeugen Johann Loschek und Graf Hoyos, die erhebliche Differenzen aufweisen und in denen ein Widerspruch dem anderen folgt. Abgesehen von den unterschiedlichen Zeitangaben, will Loschek zwei Detonationen gehört und die Türfüllung mit einem Hammer eingeschlagen haben. Folgerichtig fand er auch die beiden Leichen mit Schußwunden vor, wobei er sofort erkannt haben will, daß Rudolf zuerst Mary und dann sich selbst erschossen habe. Außerdem sei die Tatwaffe neben dem Toten gelegen. Ganz anders will Graf Hoyos es erlebt haben. Demnach wurde die Tür, im Beisein des Prinzen Coburg, mit Hilfe einer Holzhacke gewaltsam geöffnet, und Loschek 211 Vgl. Mitis, Kronprinz, 345f. 69 hätte zunächst eine Vergiftung der beiden angenommen. Erst später habe man die eigentliche Todesursache, die durch eine Schußwaffe erfolgt sei, festgestellt. Übereinstimmend berichten beide vom morgendlichen Erscheinen Rudolfs und dessen Anweisungen an seinen Kammerdiener, sowie von der verschlossenen Tür und vom Aufbrechen derselben durch Loschek. Außerdem scheint es merkwürdig, daß Hoyos nie seine eigenen Beobachtungen kundtat, sondern sich nur auf die Aussagen des Kammerdieners Loschek berief, obwohl der Graf selber durch die offene Tür in das Sterbezimmer Rudolfs blicken konnte und dabei die beiden Leichen gesehen haben mußte. Ob die große Zeitspanne von nahezu 40 Jahren, die zwischen den einzelnen Abfassungen der Berichte lag, der Grund war, daß das Geschehen vom 30. Januar in Mayerling so unterschiedlich geschildert wurde oder ob beide eine bestimmte Aussageabsicht verfolgten, läßt sich heute kaum mehr eruieren. Nachdem Loschek festgestellt hatte, daß jede Hilfe vergeblich sei, wurde der kaiserliche Leibarzt Dr. Widerhofer von Wien telegraphisch herbeigerufen, ohne ihm jedoch die näheren Umstände mitzuteilen. Damit nicht ein Unbefugter das Sterbezimmer betreten konnte, wurde es zugesperrt und Prinz Coburg blieb zur Bewachung im Jagdschloß zurück. Währenddessen eilte Graf Hoyos nach Wien, um die Todesnachricht persönlich in die Hofburg zu bringen. Dabei wurde dem Kaiserpaar die Version von der Vergiftung ihres Sohnes durch Mary Vetsera berichtet. Die Majestäten blieben anscheinend den ganzen Tag über den eigentlichen Sachverhalt des furchtbaren Geschehens in Unkenntnis. Da Dr. Widerhofer spät abends von Mayerling in die Hofburg zurückkehrte, konnte er dem Kaiser erst am nächsten Morgen mitteilen, daß sich Rudolf erschossen habe.212 Am Vormittag des 30. Januar versuchte die sich um ihre Tochter Mary Sorgen machende Baronin Helene Vetsera bei der Kaiserin vorzusprechen und sie wegen dem Verhältnis ihrer Tochter mit Rudolf um Hilfe zu bitten. Leider konnte ihr die Kaiserin nur mehr den Tod der beiden mitteilen. Bestürzt über die Nachricht, daß ihre Tochter den Kronprinzen vergiftet habe, verließ die Baronin die Hofburg.213 212 213 Vgl. Bibl, Kronprinz, 104ff. Vgl. Hamann, Elisabeth, 557f. 70 In der Zwischenzeit war Dr. Widerhofer im Jagdschloß eingetroffen, wo er mit Prinz Philipp und Kammerdiener Loschek die Sachlage zu klären begann. Der Arzt fand den Thronfolger tot am Bettrand sitzend, jedoch Haupt und Oberkörper vornübergebeugt, wobei die herabgesunkene rechte Hand fast den Boden berührte. Durch diese gekrümmte Haltung des Körpers soll die Kopfwunde auf den ersten Blick gar nicht zu sehen gewesen sein.214 Während in Wien die ersten Zeitungen in Extraausgaben215 die erschütternde Meldung verbreiteten, der Kronprinz sei durch einen Jagdunfall, einen Schlaganfall bzw. einen Herzschlag zu Tode gekommen, machte sich die Hofkommission216 auf den Weg nach Mayerling. Ihre Aufgabe bestand darin, das Testament des Verstorbenen zu suchen. Als es schon dunkel war, kamen die Mitglieder der Kommission in Mayerling an und nahmen das erforderliche Protokoll auf. Danach brachte man die weibliche Leiche in ein anderes Zimmer, in dem sie erst am nächsten Tag von Dr. Auchenthaler untersucht wurde. Die sterbliche Hülle des Kronprinzen wurde in den mitgebrachten kupfernen Sarg gelegt. Ein Leichenwagen brachte den Sarg nach Baden, wo die Waggons eines Sonderzuges bereitstanden. Am Wiener Südbahnhof angekommen, wurde der Leichnam des Kronprinzen in die Hofburg gebracht und um 2 Uhr früh in seinem Schlafzimmer aufgebahrt.217 Der spätere Abt von Heiligenkreuz, Dr. Gregor Pöck, schilderte 40 Jahre danach, wie die Nachricht über das schreckliche Geschehen im benachbarten Mayerling das Kloster erreichte. Noch sehr lebendig hatte er in Erinnerung, daß am Abend des 30. Januar sein Zimmernachbar an seine Tür klopfte und, nachdem er eingetreten war, ihm mit ernster Miene den Tod des Kronprinzen Rudolf mitteilte. Diese Information stammte vom Stiftsorganisten, der sie von Wien mitgebracht hatte. Noch am Abend zelebrierte Abt Grünbeck in der neben dem Jagdschloß gelegenen Laurentius-Kirche eine Trauermesse. Danach wurde er in das Sterbe- 214 215 216 217 Vgl. Holler, Tragödie, 206f. Vgl. Wiener Abendpost 1889 Nr. 25; Wiener Zeitung 1889 Nr. 26. Der Hofkommission gehörten an: Dr. Rudolf Kubasek, Nikolaus Poliakovits, Karl Ritter Schultes von Felzdorf, Hofburgpfarrer Dr. Laurenz Mayer, Ferdinand Kirschner, Claudius von Klaudy, Dr. Heinrich Slatin, Carl Graf Bombelles, Prinz Philipp von Sachsen-Coburg und Prof. Dr. Hermann Widerhofer. Vgl. Judtmann, Mayerling, 398. Vgl. Judtmann, Mayerling, 146f. 71 zimmer Rudolfs geführt und verließ es tränenüberströmt, wie der damalige Ministrant Norbert Hofer, ein Schüler des Stiftsgymnasiums, berichtete. 218 Am nächsten Tag besprach Graf Bombelles, Obersthofmeister des Kronprinzen, mit dem Polizeipräsidenten Baron Krauß, auf welche Weise die Entfernung der Leiche von Mary Vetsera zu geschehen habe. Daraufhin schickte Baron Krauß die Polizeikommissare Habrda und Baron Gorup mit dem Auftrag nach Heiligenkreuz, dem dortigen Abt einen Brief von Graf Bombelles zu übergeben. Darin ersuchte dieser den Abt Grünbeck um die Beerdigung der verstorbenen Baronesse Mary Vetsera in Heiligenkreuz. Bombelles deutete in seinem Schreiben darauf hin, daß seiner Majestät dem Kaiser damit ein besonderer Dienst erwiesen werde.219 Nach kurzer Verhandlung gab der Abt die Zustimmung und erklärte sich bereit, den benötigten Sarg in der Stiftstischlerei anfertigen zu lassen.220 Am Abend gelangte Dr. Slatin mit Rudolfs Leibarzt Dr. Auchenthaler nach Mayerling, und letzterer erstellte das Totenbeschauprotokoll. Um jedoch eine zweite Leiche der Öffentlichkeit zu verschweigen und dennoch keine gesetzwidrige Handlung zu vollziehen, bescheinigte Dr. Auchenthalter, daß Mary Vetsera Selbstmord begangen hatte. Anschließend übernahmen Graf Stockau und Alexander Baltazzi den Leichnam ihrer Nichte. So heimlich wie nur möglich brachten sie ihre verstorbene Verwandte in der Nacht mit einem Wagen nach Heiligenkreuz.221 Dort fand dann am nächsten Tag um 9.15 Uhr die Beisetzung im Beisein von Graf Stockau und seinem Schwager Alexander Baltazzi sowie der Kommisäre Habrda und Gorup auf dem Ortsfriedhof statt. Die kirchliche Einsegnung nahm der Stiftsprior Pater Malachias Dedic vor. Wegen der widrigen Wetterverhältnisse mußten die Anwesenden bei der Beerdigung behilflich sein.222 Mary Vetsera wurde zunächst in einem provisorischen Grab beigesetzt und erst Mitte Mai in eine neuerbaute Gruft umgebettet.223 218 219 220 221 222 223 Vgl. Holler, Tragödie, 217. Brief des Grafen Bombelles an den Abt Grünbeck, StAHlkr., Mayerling, Rub. 22, Fac. 8. Vgl. Bibl, Kronprinz, 116f. Vgl. Planitz, Vetsera, 79f. Vgl. Judtmann, Mayerling, 173ff. Im selben Jahr wurde nach den Plänen von Prof. Avanzo an der Ostseite des Friedhofs eine romanische Gruftkapelle erbaut und am 31. Oktober 1889 vom Abt Grünbeck eingeweiht. Vgl. Holler, Tragödie, 295f. 72 Obwohl die Hofbehörden und der Polizeiapparat den Tod und die Beerdigung von Mary Vetsera so geheim wie nur möglich halten wollten, blieb dieser Versuch erfolglos, denn bereits einige Tage später berichteten schon die Zeitungen darüber. Der Hof schwieg beharrlich über irgend eine Verbindung Rudolfs mit der Baronesse Vetsera und gab nie zu, daß sie mit dem Thronfolger bzw. durch ihn gestorben sei. Im Gegensatz zu Mary Vetsera fand für den verstorbenen Kronprinzen Rudolf eine dem höfischen Protokoll entsprechende Beisetzung statt. Sein Leichnam wurde zunächst in seinem Appartement und später auch in der Hofburgkapelle aufgebahrt. Dort hatte das Volk für zwei Tage die Gelegenheit, sich von ihrem Thronfolger zu verabschieden. Am 5. Februar fand die Trauerfeier in der Kapuzinerkirche statt, und anschließend wurde der Sarg in die Kapuzinergruft gebracht.224 3. Die Suche nach der Wahrheit In der habsburgischen Familiengruft fand Rudolf zwar seine letzte Ruhestätte, doch über seinen und Mary Vetseras Tod wurden alle nur erdenklichen Gerüchte in Umlauf gebracht. Bis in unsere Tage werden die verschiedensten Versionen über das Geschehen in jener Januarnacht in Mayerling weltweit verbreitet. Dem Kaiser war allem Anschein nach daran gelegen, die volle Wahrheit zu verheimlichen. Die an dem Todesfall beteiligten Zeugen mußten sich mit einer Unterschrift verpflichten, über die Vorgänge der Tragödie Stillschweigen zu bewahren.225 Außerdem wurden Protokolle nicht wahrheitsgemäß erstellt und andere schriftliche Dokumente verschwanden oder wurden gleich ganz vernichtet. Der Obduktionsbefund erschien nur auszugsweise in der amtlichen Wiener Zeitung, wodurch in der Bevölkerung erneut das Mißtrauen stieg. Da nicht das gesamte Gutachten veröffentlicht wurde, vermutete man, daß wiederum etwas verheimlicht werden sollte.226 Graf Hoyos hielt in seiner Denkschrift fest, 224 225 226 Vgl. Judtmann, Mayerling, 313f. Vgl. Holler, Tragödie, 264. Vgl. Judtmann, Mayerling, 201. 73 daß ein für den 31. Januar anberaumtes Verhör verschiedener Zeugen in den Räumen des Obersthofmeisteramtes plötzlich abgesagt wurde und jede weitere Untersuchung unterblieb.227 Im Laufe der Zeit haben zwar die Historiker in mühevoller Arbeit wichtige Begebenheiten aufgedeckt und unauffindbare Unterlagen zu rekonstruieren versucht. Doch am Ende ihrer umfangreichen Forschungen mußten sie immer wieder eingestehen, daß das Geschehen vom 30. Januar 1889 in Mayerling noch nicht vollständig gelöst ist und verschiedene Fragen weiterhin offen bleiben. Oskar Freiherr von Mitis – „Das Leben des Kronprinzen Rudolf“, 1928 Einen ersten und bahnbrechenden Beitrag zur Aufhellung des Rätsels von Mayerling leistete Oskar Freiherr von Mitis, indem er im Jahre 1928 eine wissenschaftliche Biographie Rudolfs erstellte. Als Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs228 hatte er ungehinderten Zugang zu den dort deponierten Unterlagen. So war es ihm unter anderem möglich, die dort aufbewahrte Hoyos-Denkschrift zu sichten und erstmalig zu veröffentlichen. Dazu kamen zahlreiche Briefe und Schriften aus den Jahren 1875-1889, die einen Einblick in die politischen Ansichten Rudolfs bieten. Obwohl die österreich-ungarische Monarchie schon Jahre zuvor zerfallen war, nahm Mitis auf die noch lebenden Personen Rücksicht, die unmittelbar Zeugen der Geschehnisse gewesen oder höchst persönlich betroffen waren, vor allem die Witwe des Kronprinzen, Erzherzogin Stephanie. Wenn auch in der Folgezeit neue Quellen entdeckt und erschlossen wurden, so griffen die Autoren immer wieder auf das von Mitis geschaffene Standardwerk zurück. Mitis plante zunächst, seine Darstellung nur bis zum Vorabend des Geschehens zu führen. Das Unglück selbst mit allen seinen ungeklärten Fragen und Widersprüchen wollte er aber nicht mehr behandeln; ein Vorhaben, das sich dann doch nicht verwirklichen ließ. Mitis kam zu dem Ergebnis, daß die volle Wahrheit über Rudolfs Untergang nach wie vor unserer Kenntnis entzogen bleibt. Wie er endete, war für Mitis kaum mehr strittig. Er ging davon aus, daß Rudolf den Tod durch eigene Hand fand. Die 227 228 Vgl. Mitis, Kronprinz, 348. Mitis leitete das Haus-, Hof- und Staatsarchivs in den Jahren 1919 bis 1925. 74 Frage nach dem auslösenden Moment des Doppelselbstmordes ließ er jedoch unbeantwortet.229 Denn er stellte fest, daß der tiefer liegende Ausgangspunkt für Rudolfs Handlung nicht in einem einzelnen, bestimmten Motiv zu finden sei. „Eine Summe von Widrigkeiten persönlicher Art und tragische Verhältnisse höherer Ordnung haben, vielfach ineinandergreifend, eine Saat aufgehen lassen, die schon biologisch in sein Dasein gebettet gewesen. Die unerträgliche Last dieses Ganzen zog ihn in die Tiefen des Lebens hinab und ließ ihn den Willen zum Sterben fassen.“230 Nach Mitis kam es zu einer gewissen Stagnation in der Mayerling-Forschung. Auf Grund der Qualität und Quellennähe, die Mitis in seinem Buch vorzuweisen hat, wurden andere abgeschreckt, tiefer in das Geheimnis vorzudringen. Außerdem boten die politischen Wirren keine günstige Voraussetzung für eine objektive Beurteilung des Falles.231 Erst nach dem 2. Weltkrieg setzte wieder eine gezielte historische Forschung ein. Anlaß dazu gab unter anderem die 1955 in Berlin aufgefundene Geheimakte des Polizeipräsidenten Baron Franz Krauß. In der Folgezeit brachten zahlreiche Autoren eine Reihe ausgezeichneter Bücher heraus. Da diese Literaturliste sehr umfangreich ist, soll hier nur auf ein paar wenige Publikationen hinweisen werden. Fritz Judtmann – „Mayerling ohne Mythos“, 1968 232 Der bekannte Architekt und Ausstattungschef am Wiener Burgtheater, Dr. Fritz Judtmann, versuchte in mehr als 5-jähriger intensiver Arbeit die einzelnen Phasen der Katastrophe von Mayerling aufzudecken. Mit großer Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt bemühte er sich dabei, zahlreichen Details des so umfangreichen Fragenkomplexes nachzugehen. Dadurch gelang es ihm, nicht nur viele Berichte und 229 230 231 232 Vgl. Mitis, Kronprinz, 214. Mitis, Kronprinz, 204f. Der Antiliberalismus, vor allem des katholischen Ständestaates bis 1938, bot keine günstige Voraussetzung für eine objektive Beurteilung des liberal und antiklerikal denkenden Kronprinzen. Auch die Verwirklichung des von Rudolfs Erzfeind Schönerer herbeigesehnten Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich 1938 lief dem betont österreichischen Patriotismus Rudolfs gänzlich zuwider. Vgl. Hamann, Rudolf, 10. Die von Dr. Judtmann geleistete Forschungsarbeit dauerte von 1964–1968. Leider konnte Judtmann den Erfolg seines Buches nur mehr kurz erleben, denn bereits wenige Wochen nach Erscheinen seines Werkes verstarb er. Da ein großes Interesse für das bereits vergriffene Buch 75 Behauptungen als Erfindungen zu entlarven, sondern auch eine Reihe ungeklärter Probleme völlig zu lösen. Ferner mußte er auch feststellen, daß manche Fragen auf Grund fehlender Belege nicht mehr vollkommen beantwortet werden können. Judtmann durchforschte die Bestände zahlreicher in- und ausländischer Archive, außerdem suchte er Kontakt zu den Nachfahren der mit der Affäre in irgendeinem Zusammenhang stehenden Persönlichkeiten und konsultierte zahlreiche Speziallisten. Trotz des Verlustes aller Pläne war es ihm durch seine Fachkenntnisse als Architekt möglich, das Jagdschloß Mayerling in Grundriß und Einrichtung zu rekonstruieren. Judtmann vertritt auf Grund einiger Indizien die Auffassung, daß der gemeinsame Selbstmord des Kronprinzen Rudolf und der Baronesse Mary Vetsera schon vor der Fahrt nach Mayerling geplant war und daß der Thronfolger dieses Vorhaben mit einer Schußwaffe ausgeführt habe. Zwar erörtert Judtmann auch verschiedene Thesen, die auf einen Mord hinweisen, dennoch schenkt er den Zeugenaussagen mehr Glauben, die von Selbstmord sprechen.233 Adam Wandruszka – „Das Leben des Kronprinzen Rudolf“, 1971 234 Drei Jahre nach Judtmanns Erfolg kam es zu einer Neuauflage der klassischen Mitis-Biographie über Kronprinz Rudolf. Adam Wandruszka wurde mit der Aufgabe betraut, das Werk mit Hilfe der inzwischen publizierten Quellen und Darstellungen auf den neuesten Stand der Forschung zu bringen. Gleich in seiner Einleitung bietet er eine neue Version über die eventuellen Hintergründe des gemeinsamen Sterbens von Rudolf und Mary an. Nachdem eine Verschwörungstheorie aufgrund fehlender stichhaltiger Beweise für ihn nicht in Frage kommt, vertritt Wandruszka die Ansicht, daß das auslösende Moment für Rudolfs Handlung bei Mary Vetsera zu finden sei. Gewisse Anzeichen sprächen dafür, daß sie 233 234 bestand, kam es 1982 zur Neuauflage des Werkes, das von der Witwe des Autors, Margot Judtmann, und dem Baltazzi-Vetsera-Forscher, Hermann Swistan dafür leicht überarbeitet wurde. Hier ist vor allem die Denkschrift von Dr. Heinrich Slatin zu nennen. Als Hofsekretär im Obersthofmarschallamt tätig, verfaßte er als Mitglied der Hofkommission das Protokoll zur Feststellung des Tatbestandes am 30.1.1889 in Mayerling. Ebenso erstellte er am darauffolgenden Tag ein Protokoll über den Tod von Mary Vetsera. Vgl. Judtmann, Mayerling, 416. Im Zusammenhang mit der Neuauflage des von Oskar Freiherr von Mitis geschaffen Standardwerkes veröffentlichte Wandruszka im Anhang die Briefe, die Rudolf an Professor Billroth geschrieben hat. 76 sich eine Schwangerschaft eingebildet haben könnte. So sei dann für den ohnehin depressiven, längst mit dem Gedanken an Selbstmord spielenden Prinzen das Mädchen die eigentliche treibende Kraft für die Ausführung der Tat gewesen.235 Wandruszka meint, daß den Kronprinzen ein schweres Schuldgefühl gegenüber dem jungen Mädchen erfaßt habe, ein Selbstvorwurf, der in den Abschiedsbriefen mit den Worten „wie ein Gentlemen diese Welt zu verlassen“ zum Ausdruck gekommen wäre. Brigitte Hamann – „Rudolf“, 1978 Als die Historikerin Dr. Brigitte Hamann 1978 eine Kronprinzen-Biographie veröffentlichte, stand ihr schon bedeutend mehr Material zur Verfügung als seinerzeit für Mitis. Die Autorin zeigt die Hintergründe der Entwicklung zur Tragödie auf und bringt dabei viele belegte, doch bisher unbekannte Details aus den dreißig Lebensjahren des Thronfolgers. Hamann hat ihre umfangreiche und fundierte Forschungstätigkeit über Rudolf nicht nur auf wenige Woche vor bzw. nach seinem Tod beschränkt, sondern auch die einzelnen Lebensabschnitte beleuchtet. Aus ihrer Sicht hätte Rudolf wenig Chancen gehabt, seine liberalen Gedanken als Thronfolger umzusetzen, da sein Vater alles versucht hätte, um ihn auf politischer Ebene zu isolieren. Aufgrund seiner Ansichten bereits von den Antisemiten, den Deutschnationalen und der Hofpartei angefeindet, habe er in seiner Familie auch kein Verständnis gefunden für seine freundschaftlichen Beziehungen zu liberalen Kreisen und seine Vorliebe, sich bei Heurigenstimmung zu amüsieren. Zudem häuften sich in der anfangs glücklichen Ehe die Konflikte mit Stephanie. Dies alles hätte den nach Liebe und Geborgenheit suchenden Rudolf schließlich auf Abwege gebracht. Nicht zuletzt sei der auch durch seinen Lebenswandel physisch und psychisch erkrankte Kronprinz der Meinung gewesen, daß der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn nach dem Tod seines Vaters ohnedies auseinanderfallen würde. In Anbetracht all dieser Schwierigkeiten, die Rudolf bedrängten und in die er sich verstrickt hatte, kommt Hamann zu dem Ergebnis, daß der Kronprinz im Januar 1889 eindeutig als Selbstmordkandidat gelten mußte. Sie hält es daher für am wahrscheinlichsten, 235 Seine Lebensmüdigkeit äußerste Rudolf schon im Sommer 1888, als er seine Freundin Mizzi Caspar zu einem Doppelselbstmord im Husarentempel bei Mödling überreden wollte. Vgl. Hamann, Rudolf, 429f. 77 daß der Doppelselbstmord – im Einvernehmen mit Mary Vetsera – vom Kronprinzen ausgeführt wurde. Die Autorin räumt allerdings auch offen ein, daß das Geheimnis von Mayerling nach derzeitiger Quellenlage nicht zweifelsfrei aufzuklären ist. Erich Feigl – „Kaiser Karl“, 1984 Für ein gewisses Aufsehen sorgte Erich Feigl, als er in seinem Buch über Kaiser Karl von der Ermordung des Kronprinzen Rudolf sprach. Gestützt auf die Zeugenaussagen Kaiserin Zitas und ihres Bruders Prinz Xavier setzt sich Feigl mit den Ursachen und Folgen des angeblich gewaltsamen Todes auseinander. Demnach wurde Kronprinz Rudolf das Opfer der anti-österreichischen Politik Clemenceaus.236 Um das Motiv und die Hintermänner dieser furchtbaren Tat zu ergründen, holt Feigl in seiner Darstellung sehr weit aus. Auf die näheren Einzelheiten des Mordanschlages geht er nicht ein, sondern versucht, die politischen Zusammenhänge zu erläutern. Zunächst wendet er den Blick auf die bittere Niederlage Frankreichs gegen Deutschland im Jahre 1871. Dieser verlorene Krieg saß bei den Nationalisten sehr tief, und der politisch engagierte Georges Clemenceau schwor Vergeltung. Um an Deutschland Rache zu nehmen, habe Frankreich Verbündete benötigt, und so schien Österreich neben Rußland dafür ein geeigneter Partner zu sein. Da jedoch Kaiser Franz Joseph weiterhin am Bündnis mit Deutschland festhielt, habe man versucht seinen Sohn und Thronfolger für diese Sache zu gewinnen. Cornelius Herz, ein Vertrauensmann Clemenceaus, hätte sich nach Wien begeben, um dort Kronprinz Rudolf zu einem Staatsstreich zu überreden. Der Kronprinz, der sich nicht gegen seinen eigenen Vater auflehnen wollte, habe die ultimative Forderung aber strikt abgelehnt. Weil Cornelius Herz nun fürchten mußte, daß sein Plan an Bismarck verraten werden könnte, was möglicherweise unabsehbare außenpolitische Konsequenzen nach sich gezogen hätte, mußte Rudolf zum Schweigen gebracht werden. Wohl habe Rudolf nach seiner Ablehnung des Planes die auf ihn zukommende Gefahr erkannt und sich auch noch einige Wochen vor der Tat seinem Onkel, Erzherzog Karl Ludwig, anvertraut, doch konnte das Unheil dadurch nicht mehr 236 Georges Clemenceau, französischer Staatsmann, 1841-1929. 78 aufgehalten werden. Eine Gruppe von Berufsmördern habe sich mit Hilfe einer Leiter Zutritt in das Jagdschloß verschafft und nach einem heftigen Handgemenge den Kronprinzen getötet. Die selben Männer hätten dann auch Mary Vetsera, die in einem anderen Teil des Schlosses untergebracht war, ermordet und sie neben den toten Kronprinzen gelegt, um ihn vollends zu kompromittieren. Die Täter seien dann unerkannt entkommen. Auf eine Verfolgung hätte man anscheinend wegen der brisanten Umstände verzichtet.237 Gerd Holler – „Mayerling. Die Lösung des Rätsels“, 1980 238 Wieder eine andere Version vertritt Dr. Gerd Holler, Kurarzt in Baden bei Wien, in seinem 1980 erschienenen Buch „Mayerling. Die Lösung des Rätsels“. Er wendet zunächst seinen Blick auf Mary Vetsera und versucht ihre eigentliche Todesursache herauszufinden, um dann die Schlüsse über Rudolfs Ende zu ziehen. Holler ist überzeugt, daß aus den heute noch vorliegenden Zeugenaussagen und vorhandenen Berichten nirgends die tatsächliche Todesursache Marys einwandfrei belegt ist. Er geht davon aus, daß die Liebe des Thronfolgers zu Mary Vetsera nicht ohne Folgen geblieben wäre und bereits Mitte Januar 1889 eine Schwangerschaft des jungen Mädchen medizinisch erwiesen war. Innerhalb der nächsten 14 Tage wäre dann die Entscheidung gefallen. Nachdem beide in einer Abtreibung den einzigen Ausweg gesehen hätten, sei diese in absoluter Geheimhaltung durchgeführt worden. Alles wäre nach Wunsch gelungen, bis bei Mary Komplikationen aufgetreten seien, die ihren Leben ein Ende gesetzt hätten. Erst nach diesem furchtbaren Ereignis sei für Rudolf – angesichts der für ihn drohenden Folgen – ein Selbstmord zwingend geworden. Er sei, wie er selbst schrieb, „als Gentlemen“ aus dieser Welt geschieden. Für Rudolf, der nach Hollers Recherchen stets kerngesund gewesen sei, hätte es als Offizier und Ehrenmann nach dem damals geltenden Ehrenkodex eben nur noch eine Konsequenz gegeben: die Kugel. Neben diesen grundsätzlichen sechs Darstellungsversuchen gibt es eine Fülle von Hypothesen und Fragen, die in weiteren Werken zur Sprache kommen. Hat der 237 238 Vgl. Feigl, Kaiser, 7-65. 1988 kam es zu einer Neuauflage dieses Buches. 79 Kronprinz für sich keine Chance mehr gesehen, jemals den Thron besteigen und seine politischen Vorstellungen verwirklichen zu können, und deshalb einfach Schluß gemacht? War Rudolf in eine ungarische Verschwörung gegen seinen Vater verwickelt, und zog er aus Angst vor dem Mißlingen die letzte Konsequenz? War er Opfer eines politischen Attentates? War ein schwächlicher, von schweren Krankheiten gezeichneter Mann, nicht mehr imstande, das Leben zu ertragen? Hat ein alkoholsüchtiger Morphinist die schreckliche Tat im Rausch begangen? War die Ehe des Kronprinzen so zerrüttet, daß er in Liebeseuphorie bzw. in gemeinsamer letzter Verzweiflung mit einer kleinen Baronesse diese Welt verließ? Jede dieser Theorien hat ihre Verfechter gefunden, doch keine konnte das Wie und das Warum endgültig und mit absoluter Sicherheit klären. Die vorhandenen Dokumente reichen zur restlosen Aufklärung des Falles nicht aus, der nach wie vor die Historiker beschäftigt. Es werden auch weiterhin Autoren auftreten, die sich ihre ganz persönliche Mayerling-Theorie zusammenstellen und der Überzeugung sind, die richtige Lösung des Rätsels gefunden zu haben. Nicht zuletzt liegt in solch bleibender Offenheit des Rätsels Mayerling für viele ein Hauptmotiv, sich überhaupt mit der Geschichte dieses Ortes und dem tragischen Tod des Kronzprinzen und seiner Geliebten zu befassen. 80 V. DAS KARMELITINNENKLOSTER ST. JOSEF 1. Stiftung des Klosters durch Kaiser Franz Joseph I. a) Ein Ort der Sühne Schon wenige Tage nach dem Tod des Kronprinzen Rudolf wurden Überlegungen angestellt, was nun mit dem Jagdschloß in Mayerling geschehen sollte.239 Eine Fürstin v. Windisch-Graetz wandte sich mit der Bitte an ihren Beichtvater P. Mayr in Maria Schein, er möge ihr doch einen Rat geben bezüglich einer Sühnestiftung in Mayerling. In einem Brief antwortete dieser am 13. Februar 1889, daß es gut, echt katholisch und habsburgisch wäre, wenn dort „ein Kloster strengster Observanz errichtet würde, mit der Aufgabe Tag und Nacht für den Kaiser, für den Kronprinzen und für das Reich zu beten.“240 Unabhängig von dieser Anregung war bereits bei Hof eine ähnliche Idee entstanden. Die Kaiserin selbst unterstützte den Wunsch ihres Gemahls, der aus seiner katholischen Überzeugung heraus das Haus des Unheils in ein Haus des Segens umwandeln wollte. Die Intention des gläubigen Kaisers war, Gott für das Geschehene dauernd Abbitte zu leisten und durch Buße, Opfer und Gebet die Barmherzigkeit Gottes für die Seele seines verstorbenen Sohnes zu erflehen. Der Kaiser teilte seinen Entschluß dem Feldbischof Dr. Anton Gruscha mit und ersuchte ihn, eine geeignete Ordensgemeinschaft vorzuschlagen. Die Wahl des Bischofs viel auf den Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen, die in Baumgarten, einem westlichen Vorort von Wien, ein neues Kloster errichtet hatten. Im Auftrag des Kaisers begab sich der Bischof Anfang Februar nach Baumgarten und teilte der dortigen Priorin, Mutter Maria Euphrasia Kaufmann, das Anliegen des Kaisers mit. Obwohl der Karmel in Baumgarten selbst erst seit etwa zehn Jahren bestand und noch dazu eine Neugründung in Selo bei Laibach vorbereitete, nahm Mutter Maria Euphrasia den Vorschlag mit Begeisterung auf. Ein solches Werk 239 240 Nach einem Vorschlag sollten sämtliche Gebäude abgerissen und an ihrer Stelle ein Wald gepflanzt werden. Vgl. Judtmann, Mayerling, 339. Vgl. Judtmann, Mayerling, 339. 81 entsprach ja so ganz dem Geist des Ordens, und für Gottes Ehre war ihr kein Opfer und keine Schwierigkeit zu groß.241 Im Stiftbrief, der im Juli 1891 ausgefertigt wurde, gibt Kaiser Franz Joseph den Grund für die Errichtung des Klosters in Mayerling mit folgenden Worten an: „Nach dem namenlosen Unglücke, welches Mich durch das Hinscheiden meines innigstgeliebten Sohnes, des Kronprinzen Erzherzog Rudolf getroffen, habe Ich den Entschluß gefaßt, an dessen Sterbestelle ein Kloster erbauen zu lassen und dasselbe dem Orden der Karmelitinnen zu widmen.“242 Außerdem ließ der Kaiser genau festhalten, welchen Zweck er mit seine Stiftung beabsichtigte. Es ist „dem Orden der Karmelitinnen in dem in Mayerling gegründeten Kloster eine bleibende Heimstätte zu schaffen; sohin Karmelitinnen-Ordensschwestern in diesem Kloster Unterkunft und Unterhalt zu bieten. Dieselben haben in dem ihnen gewidmeten Kloster nach den Regeln ihres Ordens zu leben und die ihnen nach diesen Regeln obliegenden frommen Werke zu üben. Insbesondere haben sie alltäglich für das Seelenheil Weiland des Kronprinzen Erzherzogs Rudolf zu beten.“243 Die Schwestern fühlten, daß es sich hier nicht nur um eine fromme Stiftung handelte, sondern an erster Stelle um eine Stätte der Sühne, der Genugtuung und des Opfers. Dieses kommt bereits ganz deutlich auf den ersten Seiten ihrer Klosterchronik zum Ausdruck. „In zweifacher Weise wollen die ehrwürdigen Schwestern, welche der Wille und die Munifizenz des erlauchten Landesvaters zu ewiger Stiftung hier versammelt hat, Jesum Christum anbeten und ehren, dadurch, daß sie die Beleidigungen Gottes gut zu machen und zu sühnen suchen, welche hier geschehen sind. Dies ist der ausgesprochene Zweck der Stiftung.“244 Außerdem wollen die Schwestern „wie sonst überall, wo der heilige Carmel blüht, ununterbrochen Tag und Nacht das Lamm Gottes anbeten und benedeien.“245 Um sich ein eigenes Bild von seiner neuen Stiftung zu machen, besuchte der Kaiser am 2. November 1889 zum ersten Mal das Kloster in Mayerling. Nach der hl. Messe besichtigte er die verschiedenen Räumlichkeiten, und ehe er die 241 242 243 244 245 Vgl. Klosterchronik I, 10. Am 7. August 1890 schrieb der Kaiser in Ischl diese Zeilen, die dann im Stiftbrief aufgenommen wurden. Stiftbrief. Klosterchronik I, I. Klosterchronik I, I. 82 Schwestern verließ, wiederholte er mit von Tränen erstickter Stimme: „Ich kann Ihnen Allen nicht genug empfehlen für meinen armen Rudolf zu beten!“246 Am folgenden Tag schrieb er an Katharina Schratt und berichtete ihr, daß er ganz zufrieden von den Schwestern aus Mayerling zurückgekehrt sei, denn „beten werden sie viel, so daß die Absicht meiner Stiftung erfüllt werden wird.“247 Am 30. Januar 1890, dem ersten Jahrestag nach dem schrecklichen Unglück, besuchte der Kaiser erneut das Kloster in Mayerling. In seiner Begleitung war diesmal auch seine Gattin Elisabeth und die jüngste Tochter des Kaiserpaares, die 21-jährige Erzherzogin Marie Valerie. Die Klosterchronik vermerkt über diesen Besuch: “Die unglücklichen Eltern sowohl als die Erzherzogin waren tief ergriffen, aber dennoch gereichte es ihnen zu sanftem Troste, daß sie an dem schmerzlichen Jahrestag dem hl. Meßopfer an der selben Stelle beiwohnen konnten, wo Gott so schwer beleidigt worden war, und sie nun hoffen dürfen, daß durch die vielen Gebete, die fortan hier zum Herrn emporsteigen, ihrem beklagenswerthen Sohne Gottes Barmherzigkeit zugewendet werden wird.“248 Wenn auch die Schwestern von ihrem Stifter einen klaren Auftrag erhalten hatten, an der Unglücksstätte die Sühnegebete für Rudolf niemals verstummen zu lassen, so wollten sie sich nicht nur auf diese eine Intention beschränken. Nicht nur einer Person sollte ihr Beten und Leben nach den drei Gelübden zugute kommen, sondern auch für alle anderen, die der Barmherzigkeit Gottes bedürfen: „So oft das göttliche Lamm auf dem Altare hier sich darbringen will für das Heil der Welt und für die Ehre des himmlischen Vaters, so oft wollen auch sie dieses Lamm Gottes umgeben und begleiten und so mitzuhelfen die Früchte des welterlösenden Leidens und Sterbens des Gottes Sohnes recht vielen zuzuwenden, besonders dem erlauchten Stifter und seiner Familie, Lebende und Abgestorbene, ebenso seinen Untertanen und Völkern“.249 Jeden Tag nehmen die Schwestern in ihren Herzen die äußeren und noch mehr die großen inneren Nöte der Menschen mit und tragen sie vor Gott, auch heute noch. 246 247 248 249 Klosterchronik I, 31. Hamann, Freundin, 190. Klosterchronik I, 41. Klosterchronik I, II. 83 b) Der Karmelitenorden Als Kaiser Franz Joseph I. 1889 in Mayerling das Karmelitinnenkloster stiftete, konnte dieser Orden bereits auf eine lange und geschichtsträchtige Zeit zurückblicken. Von einer Gründung im eigentlichen Sinn kann man bei den Karmeliten nicht sprechen. Es muß vielmehr von einem Prozeß der Entstehung ausgegangen werden, dessen Anfänge und erste Entwicklungen weitgehend im Verborgenen liegen. Das Aufblühen des Eremitenlebens und die Kreuzzüge ins Heilige Land im 11. und 12. Jahrhundert müssen als Ereignisse genannt werden, die wesentlich mit der Entstehung des Karmelitenordens zu tun haben. Seinen Namen verdankt der Orden einem langgestrecktem Bergrücken an der Mittelmeerküste, der sich von Haifa weit in das Land Palästina hinein ausdehnt.250 Schon im Alten Testament hatte dieser Berg die Menschen zum stillen Verweilen und Gebet eingeladen. Hier lebte der Prophet Elija, der geistige Vater des Karmelitenordens. In dem berühmten Wettstreit mit den Baals-Propheten verteidigte er den Glauben an Jahwe gegen jede Entehrung und gegen jede Form von Synkretismus. Durch diese Aufsehen erregende Aktion führte er das wankelmütige Volk Israel wieder zu Jahwe zurück. Hier auf dem Karmel hat Elija Feuer vom Himmel herabgerufen, und von hier aus brach er zur letzten Reise nach Moab auf, wo nochmals Feuer vom Himmel fiel, um ihn zu entrücken. Elijas tiefe Gottverbundenheit und seinen ungestümen Eifer für die Sache Gottes nahm sein Schüler Elischa mit Begeisterung auf und hielt sie lebendig. Jahrhunderte hindurch haben sich immer wieder Gottsuchende in die Einsamkeit des Karmel zurückgezogen und ein Leben der Entsagung geführt.251 Zur Zeit der Kreuzzüge ließen sich Pilger und Kreuzfahrer aus dem Abendland an der Elijasquelle am Berg Karmel nieder und errichteten zu Ehren der Muttergottes eine kleine Kapelle. Als sich die Eremiten entschlossen, eine organisierte Lebensform anzunehmen, wandten sie sich an Albert, den Patriarchen von Jerusalem. Sie baten ihn, ihre Lebensweise in Form einer Regel aufzuschreiben und gutzuheißen. 250 251 Der Karmel (hebr. „Baumgarten“) ist das südlich der Bucht von Akko als Kap in die Küstenebene ragende Gebirge. Der in südöstliche Richtung verlaufende Bergrücken hat eine Länge von ungefähr 33 km und ist bis zu 546 m hoch. Vgl. Bohlen, Karmel, 1251. Vgl. Fornara, Elija, 19ff. 84 Irgendwann zwischen 1206 und 1214 gab Albert den Eremiten die gewünschte Lebensordnung (formula vitae).252 Einige Jahre später (1226) erhielten sie durch Papst Honorius III. auch höchste kirchliche Bestätigung, die nicht ganz selbstverständlich war. Das 4. Laterankonzil von 1215 hatte nämlich – um das Ausufern stets neuer Ordensgründungen einzudämmen – beschlossen und festgelegt, daß zukünftige neue Gemeinschaften auf eine bereits bestehende Regel zurückgreifen müßten. Für die Karmeliten hätte dies bedeutet, daß sie unter der allgemeinen Regel der Augustiner-Eremiten aufgegangen wären. In einem Schreiben an den Papst konnten die Karmeliten aber erfolgreich darauf verweisen, daß Patriarch Albert ihnen die Regel bereits vor dem Verbot des Laterankonzils übergeben hatte und sie somit kirchenrechtlich bereits bestanden hatten. Unter Papst Gregor IX. wurde das Gesetzeswerk Alberts als Regel bezeichnet, und in der Bulle vom 6. April 1229 verbot er den Eremiten, Ländereien oder Güter zu besitzen. In diesen und ähnlichen Schritten vollzieht sich mehr und mehr die faktische Anerkennung ihrer Eigenständigkeit.253 Allmählich wurden die Karmeleremiten als „Brüder Unserer Lieben Frau vom Berg Karmel“ bekannt, ein Titel, der dann 1252 zum ersten Mal in einem päpstlichen Schreiben auftaucht, und schließlich entwickelte sich daraus ihre offizielle Bezeichnung: „Orden der Brüder der Seligen Jungfrau Maria vom Berge Karmel“. Ihre Spiritualität war bestimmt von einer ausgeprägten Marienfrömmigkeit, verbunden mit der Verehrung des Propheten Elija. Im Gegensatz zu den Franziskanern oder Dominikanern konnten die Karmeliten keinen bestimmten Gründer, geschweige denn ein Gründungsdatum vorweisen. Es besteht jedoch eine Verbindung mit dem Propheten Elija, die erstmals von Jacques de Vitry (von 1216 bis 1228 Bischof von Akkon) bezeugt wurde. Dieser schrieb, daß „andere“ in Nachahmung des hl. Anachoreten, des Propheten Elija, am Berg Karmel ein Einsiedlerleben führen und in der Nähe der Elijasquelle in bescheidenen Zellen leben. Elija galt für die Eremiten als erster Einsiedler und Wüstenvater.254 1238 wurden die Karmeliten durch den Einfall der Sarazenen aus Palästina vertrieben und ließen sich im Abendland nieder. Erste Niederlassungen erfolgten 252 253 254 Vgl. Giordano, Karmel, 56f. Vgl. Smet/Dobhan, Karmeliten, 25f. Vgl. Platting, Elija, 188. 85 auf Zypern, Sizilien und in Südfrankreich. Anfangs versuchten die Karmeliten ihr Eremitenleben in Europa fortzuführen, aber es dauerte nur kurze Zeit, bis sie den Papst um eine Änderung ihrer Regel baten. Die Regel wurden den neuen Lebensverhältnissen angepaßt und 1247 von Papst Innozenz IV. bestätigt. Die Änderungen bewirkten sehr bald einen grundlegenden Wandel der Lebensweise der Karmeliten. Nun durften auch Klöster in Städten und Dörfern gegründet werden, was für den Orden selbst eine mehr zönobitische Lebensform zur Folge hatte. Anscheinend war es schwer, in einsamen Gegenden bewohnbare Plätze zu finden, die ihren Lebensunterhalt garantierten. Deshalb mußten sie sich in bewohnten Gegenden niederlassen, um dort von den Gläubigen die notwendigen Almosen zu erhalten. Durch die Anpassung an die städtischen Verhältnisse begannen die Karmeliten allmählich aktive Seelsorgearbeit zu übernehmen. In dem Maß, als die Gründungen in den Städten zunahmen, wurde aus der verborgenen Lebensweise mehr und mehr ein aktives Leben.255 Die Übernahme der Seelsorge führte fast zwangsläufig zu den neuentstandenen Mendikantenorden, die um diese Zeit in der Kirche aufblühten. In Nachahmung der Franziskaner und Dominikaner änderten einige heute noch bestehende Orden ihre Lebensweise und wurden Mendikanten, wie die Augustiner und Serviten. Zu ihnen gehörten auch die Karmeliten, die allmählich die päpstlichen Privilegien erhielten, die für die Ausübung des Apostolates notwendig waren. Trotz zahlreicher Vollmachten standen die Karmeliten noch nicht auf der gleichen Stufe mit den Franziskanern und Dominikanern, denn sie benötigten immer noch die Erlaubnis der zuständigen Diözesanbischöfe.256 Auf dem zweiten Konzil von Lyon (1274) wurde das 1215 erlassene Verbot neuer Ordensgründungen bekräftigt. Zahlreiche kleinere Bettelorden wurden aufgelöst, und der Karmelorden mußte abermals um seine Existenzberechtigung fürchten. Letztlich setzte das Konzil von Lyon die vier Bettelorden der Kirche fest: Franziskaner, Dominikaner, Karmeliten und Augustiner. In den folgenden Jahren erlangten die Karmeliten ihre volle Anerkennung als Mendikantenorden.257 255 256 257 Vgl. Platting, Elija, 189f. Vgl. Smet/Dobhan, Karmeliten, 31f. Vgl. Smet/Dobhan, Karmeliten, 34f. 86 Der allgemeine Niedergang des religiösen Lebens im 14. und 15. Jahrhundert führte dazu, daß die Karmeliten Papst Eugen IV. 1432 baten, ihre Ordensregel ein weiteres Mal zu mildern. Diese Milderung leistete jedoch Vorschub für die innere Spaltung des Ordens. Denn bereits Anfang des 15. Jahrhunderts breitete sich der Geist der Reform aus, der die Beseitigung der Mißstände im Orden anstrebte und sich um die Rückkehr zur ursprünglichen Regel von 1247 bemühte.258 Der weibliche Ordenszweig, die Karmelitinnen, entstand 1452 auf Initiative des Ordensgenerals Johannes Soreth (1394-1471). Dieser übergab die Karmelregel einer Gemeinschaft von „Beginen“, die zu Ten Elsen in Geldern (Holland) lebte. Die Gründung wurde von Papst Nikolaus V. mit der Bulle „Cum nulla“ vom 7. Oktober 1452 bestätigt, und somit war der Anfang für die Schwesterngemeinschaften der Karmelitinnen getan. Es folgten Niederlassungen in Florenz, Nieukerk, Dinant, Liege, Haarlem, Huy, Bondon, Namur, und Vilvoorde.259 In ein Kloster, in dem man nach der gemilderten Regel lebte, trat 1535 in Avila Teresa de Ahumada ein. Nach ihrer Bekehrung gründete sie – bewegt durch mystische Gnaden und durch die geistigen Nöte ihrer Zeit – 1562 unter erheblichen Schwierigkeiten in Avila das erste Frauenkloster nach dem ursprünglichen Geist des Ordens. Von diesem Kloster aus, das zu Ehren des hl. Josef errichtet wurde, machte sich Teresa auf den Weg und durchreiste unermüdlich die spanische Halbinsel. Sie gründete zahlreiche Klöster für Frauen und Männer, die zur strengen Observanz zurückkehren wollten. Ab dieser Zeit begann die Spaltung des Ordens in den Karmel Alter Observanz (OCarm) und in den Karmel der teresianischen Reform (OCD). Die hl. Teresa von Jesus (1515-1582)260 stellte ihren Töchtern als Hauptaufgabe die Pflege eines Lebens apostolischer Beschaulichkeit im Dienste der Kirche vor Augen. In Anspielung auf ihre strenge Lebensführung nannte man sie Unbeschuhte Karmelitinnen.261 Durch den hl. Johannes v. Kreuz (1542-1591) entstand im Jahr 1568 in Durvelo das erste männliche Reformkloster 258 259 260 261 Vgl. Schwaiger, Karmeliten, 275. Vgl. Smet/Dobhan, Karmeliten, 139ff. Bis zu ihrem Tod am 4. Oktober 1582 in Alba de Tormes gründete Teresa von Jesus insgesamt 17 Frauenklöster. Teresa wurde 1614 selig- und 1622 heiliggesprochen. 1965 wurde sie zur Patronin der spanischen Schriftsteller ernannt und 1970 erhielt sie den Titel einer Kirchenlehrerin. Vgl. Bruggraf, Teresa, 39ff. 87 der Unbeschuhten Karmeliten. Bald breitete sich der Orden in ganz Spanien aus und bildete seit 1581 eigene Provinzen.262 c) Karmelitinnen in Österreich Im Jahre 1590 schifften sich vier Schwestern aus Malagon in Barcelona ein, um die erste teresianische Gründung außerhalb Spaniens in Genua vorzunehmen. Von Genua aus kam es zur Gründung in Rom (1610) und später in Terni (1618). Durch die beiden Klöster in Genua und Terni sollte die Gründung in Wien-Salzgries erfolgen. Kaiser Ferdinand II. hatte als Dank für den Sieg am Weißen Berg bereits 1622 die ersten Karmeliten nach Wien geholt. Seither hegte seine zweite Gemahlin, Kaiserin Eleonora, den Wunsch, daß auch ein Karmelitinnenkonvent entstehe. 1629 waren dann alle Schwierigkeiten überwunden und die Kaiserin stiftete ein Kloster zu Ehren des hl. Josef, das sie vier Schwestern aus Italien übergab.263 Da an dem Gebäude ein Schild mit der Aufschrift „Zu den sieben Büchern“ hing, nannte man die Schwestern fortan „Siebenbücherinnen“.264 Das Karmelitinnenkloster in Wien wurde als Ausgangspunkt für weitere Gründungen im deutschsprachigen Raum genutzt. Daher achteten die Schwestern besonders sorgfältig auf die Auswahl der Kandidatinnen, die sich in großer Zahl bewarben. So kam es 1643 zur Gründung des Karmelitinnenklosters in Graz, welches Kaiser Ferdinand III. und die Kaiserin Eleonora zu Ehren der Mutter Gottes stifteten. Als Priorin wurde Mutter Maria Electa a Jesu und als Subpriorin Schwester Franziska Theresia bestimmt. Mutter Paula Maria a Jesu begleitete diese beiden Schwestern nach Graz, kehrte aber nach 6 Monaten wieder nach Wien zurück.265 1656 wurde die Gründung eines Klosters in Prag vorgenommen, dessen Stifter Kaiser Ferdinand III. und seine Gemahlin Maria Anna waren. Zur Priorin dieser 262 263 264 265 Die unvermeidlichen Spannungen mit dem Stammorden führten dazu, daß 1593 eine totale Abtrennung der „Unbeschuhten“ erfolgte. Vgl. Dobhan, Karmel, 1255. Die Gründerinnen waren: Mutter Paula Maria von Jesus, Mutter Marie Theresia a S. Onuphrio, Maria Catharina a S. Dominico und Maria Electa a Jesu. Vgl. Schwestern, Karmel, 27f. Vgl. Loidl, Wien, 102. Vgl. Schwestern, Karmel, 37. 88 Neugründung wurde Mutter Maria Electa erwählt, die in Begleitung von Schwester Theresia a Jesu von Graz nach Wien reiste. Von dort nahmen sie noch vier Schwestern mit und begaben sich gemeinsam nach Prag, wo der Konvent sehr rasch wuchs.266 Das Kloster in Wiener Neustadt verdankt seine Entstehung 1665 der jungen Witwe des Feldmarschalls Freiherr von Zaratek. Diese hochherzige Frau verwendete nicht nur ihr Vermögen für dieses Werk, sondern verbrachte selbst ihr weiteres Leben im Karmel. Mit Unterstützung der Fürstin Maria Antonia Josepha von Montecuccoli wurde 1706 von Wiener Neustadt aus ein Kloster in St. Pölten gestiftet.267 Eine weiteres Karmelitinnenkloster konnte 1710 in Linz gegründet werden.268 Die Schwestern im Kloster am Salzgries erlebten seit ihrer Gründung so manche freudige, aber auch leidvolle Zeit. Große Gefahr drohte ihnen 1683, als die Türken die Stadt Wien belagerten. Doch kurz vor der Eroberung wurden die Feinde von einem christlichen Heer geschlagen. Danach konnten die Schwestern ihr stilles und ruhiges Leben weiterführen. Dieses sollte sich aber unter Kaiser Josef II. wesentlich ändern. Im Verlauf der Säkularisation veranlaßte er 1782 die Aufhebung sämtlicher „unnötigen“ Klöster. Von der Aufhebungswelle waren auch die Karmelitinnenklöster in Wiener Neustadt, St. Pölten, Graz und Wien betroffen.269 Zu dieser Zeit befanden sich im Kloster St. Josef in Wien 18 Schwestern und eine Novizin. Die Schwestern verließen bis Ende Mai ihr Haus und schlossen sich den noch bestehenden Klöstern an. Als auch diese aufgelöst wurden, verlieren sich ihre Spuren. Das Kloster wurde in ein Polizeigefängnis umgewandelt und in den Jahren 1882-1885 demoliert.270 Die Schwestern in Prag durften das aufgelöste Zisterzienserinnenkloster Frauenthal außerhalb Prags übernehmen und dort ihr Klosterleben weiterführen. Nach zehnjährigem Exil ließ man sie nach Prag zurückkehren und in das einstige 266 267 268 269 270 Vgl. Schwestern, Karmel, 39f. Vgl. Prüller, Karmelitinnen, 32f. Vgl. Heimbucher, Orden, 86. Vgl. Winner, Klosteraufhebungen, 96. Vgl. Schwestern, Karmel, 64ff. 89 Barnabitenkloster auf dem Hradschin einziehen, da ihr ursprüngliches Kloster dem Orden der Englischen Fräulein übergeben worden war. Die Wiederbelebung der Karmelitinnen in Österreich im 19. Jahrhundert nahm von diesem Konvent ihren Ausgang.271 Vom Prager Karmel aus erfolgte zuerst eine Neugründung in Gmunden (1828) und ein Jahr darauf in Graz. Die Grazer Gründung wurde dann selbst wieder Stammkloster für vier weitere Klöster: Linz 1860, Wien 1879, Selo und Mayerling 1889. Die Gründungsgeschichte des Wiener Karmels St. Josef begann 1843, als sich die beiden Geschwister Juliana und Anna Kreutmayer mit einer kleinen Schar von Jungfrauen zusammentaten und sich bemühten, in einem von ihnen erworbenen Haus nach der Karmelregel zu leben. Immer wieder versuchten sie entweder die Gründung eines eigenen Konventes zu erwirken oder in einem anderen Kloster Aufnahme zu finden. Nach 28 Jahren geduldigen Ausharrens hatte die Priorin des Grazer Karmels, Mutter Maria Euphrasia, ihnen Hilfe zugesagt und nahm die Stiftung an. Nachdem die behördliche Erlaubnis erfolgt war, konnten sich vier Schwestern272 von Graz nach Wien-Baumgarten begeben. Als Voraussetzung für die Stiftung legte die Mutter Priorin fest, die Eignung der bereits dort lebenden neun Jungfrauen für das Ordensleben zu bestimmen. Dieses war eine schwere Aufgabe, denn es mußten bereits zu Beginn drei wegen großer Kränklichkeit entlassen werden. Die übrigen sechs begannen ihr Postulat, wobei sich aber bald zeigte, daß vier davon schon zu alt waren. Doch durften sie mit päpstlicher Erlaubnis als Tertiarinnen des Dritten Ordens in der Klausur leben.273 Nur die beiden Jüngsten wurden mit einer weiteren Kandidatin am 11. Mai eingekleidet. Relativ langsam konnte die herrschende Armut gemildert werde, wobei der Grazer Karmel und Graf Leopold von Lilienthal zu den großen Wohltätern zählten, die immer wieder für das Notwendigste sorgten. Im Jahre 1881 wurde mit der Planung eines neuen Klostergebäudes begonnen, und Baumeister Schmalz271 272 273 Vgl. Huttner, Karmelitinnen, 24. Die Gründungsschwestern waren: Mutter Maria Euphrasia von den hl. fünf Wunden, Schwester Maria Archangela vom hlst. Herzen Jesu, Schwester Maria Johann vom Kreuz und Schwester Maria Aloysia von der göttlichen Vorsehung. Als Schwestern in den Dritten Orden wurden aufgenommen: Die beiden Ältesten, Juliana und Anna Kreutmayer, sie hießen nun Schwester Beatrix von der hl. Theresia und Schwester Angela vom Leiden Christi, ferner Anna von der hl. Familie und Schwester Elia von der Unbefleckten Empfängnis. Vgl. Schwestern, Karmel, 80. 90 hofer führte die Arbeiten im Sinne von Mutter Euphrasia aus. Nach erheblichen Schwierigkeiten wurde die Bauerlaubnis gegeben, und am 15. Oktober 1882 erfolgte die Grundsteinlegung. Ein eigentümlicher Umstand führte dazu, daß am selben Tag das ehemalige Karmelitinnenkloster vom Salzgries – genau 100 Jahre nach der Aufhebung – der Demolierung übergeben wurde. Bereits nach einjähriger Bauzeit konnte den Schwestern am 14. Oktober 1883 ihr neues Kloster übergeben werden.274 In den folgenden Jahren fehlte es nicht an Kandidatinnen, und die Zahl der Schwestern wurde immer größer. Dieser Umstand führte dazu, daß man dem Wunsch von Christine Bernard nachkommen konnte, die in Selo bei Laibach ein Kloster errichten wollte. Inmitten der Vorbereitungsarbeiten für diese im Jahr 1889 geplante Neugründung kam die überraschende Anfrage einer weiteren Neugründung in Mayerling. 2. Der Umbau des Jagdschlosses in ein Kloster a) Das Kloster Nachdem die Karmelitinnen ihre Zusage für die Neugründung in Mayerling gegeben hatten, konnte mit der Umsetzung des Vorhabens begonnen werden. Ursprünglich sollte Friedrich von Schmidt, Dombaumeister von St. Stephan, den Umbau durchführen. Da jedoch Baumeister Josef Schmalzhofer mit vollster Zufriedenheit der Karmelitinnen das Kloster in Wien-Baumgarten errichtet hatte, entschied der Kaiser, ihm die Arbeiten zu übergeben. Ebenso übertrug er der Priorin Euphrasia Kaufmann, die schon gewisse Erfahrungen beim Bau ihres Klosters gesammelt hatte, die notwendigen Vollmachten. Im Laufe der Bauarbeiten wurde außerdem Hofsekretär Heinrich Schemfil als Architekt herangezogen.275 274 275 Vgl. Schwestern, Karmel, 81ff. An der Rückwand in der Kirche neben dem Eingangsportal ist eine Marmortafel angebracht mit der Inschrift: Erbaut im Jahre 1889 aus allerhöchsten Privatmitteln Seiner k. und k. Apostolischen Majestät Franz Joseph I., k. u. k. Hofsekretär H. Schemfil Architekt, J. Schmalzhofer Baumeister. 91 Damit das Jagdschloß in ein Kloster umgewandelt werden konnte, kaufte Kaiser Franz Joseph den gesamten Besitz (Jagdschloß, Villa und Mayerlinger Hof samt einigen Grundstücken) um 60.000 Gulden.276 Die Bauparzelle Nr. 5 mit der darauf erbauten Laurentius-Kirche, die noch im Besitz des Stiftes Heiligenkreuz war, erwarb der Kaiser um einen sehr niedrigen Kaufpreis von nur 1.000 Gulden.277 Außerdem verzichtete das Stift Heiligenkreuz zu Gunsten des Kaisers auf das Vorkaufsrecht bezüglich des Mayerlinger Hofes. Bevor ein Bauplan entworfen werden konnte, mußte der Baumeister, da keine Zeichnungen mehr vorhanden waren, das Schloß neu vermessen. Zu diesem Zweck fuhr er mit einem Maurerpolier nach Mayerling und ließ sich vom ortskundigen Schloßverwalter Zwerger dabei helfen.278 Um sich ein authentisches Bild der Räumlichkeiten zu machen, begab sich die Priorin in Begleitung der Subpriorin Johanna vom Kreuz, des Beichtvaters Caspar Foraschik, des Klostervaters Schuch und des Baumeisters Schmalzhofer am 3. April 1889 nach Mayerling.279 Die Laurentius-Kirche und das Jagdschloß mit den umliegenden Gebäuden wurden besichtigt. Dann wurde entschieden, welche Räumlichkeiten weiterhin genutzt werden konnten bzw. durch einfache bauliche Veränderungen den Bedürfnissen der Schwestern anzupassen waren. Bereits an Ostern 1889 begann man mit den Bauarbeiten. Zunächst mußte das Sterbezimmer Rudolfs sowie das Osttor und ein Teil des Dienertraktes abgerissen werden. Nun konnte das Kloster mit dem noch bestehenden Teil des alten Schlosses zu einem Quadratbau errichtet werden. Als Mittelpunkt teilt der Betchor der Schwestern den Gebäudekomplex in zwei Innenhöfe. Das Speisezimmer im Eichenholztreppe alten Jagdschloß wurde durch eine Wand in zwei Räume geteilt. Da in einem 276 277 278 279 Vgl. Judtmann, Mayerling, 328f. Vgl. Kaufvertrag der Laurentius-Kirche vom 25. Mai 1889, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 12. Vgl. Holler, Mayerling, 290. Vgl. Klosterchronik I, 11. 92 Karmelkloster die einzelnen Zellen der Schwestern ganz schlicht und einfach ausgestattet sind, wurden sämtliche Parkettböden, Holzlamperien und Kamine herausgerissen. Unverändert blieb bis auf den heutigen Tag das Stiegenhaus mit der Eichenholztreppe.280 Die Umbaumaßnahmen wurden durch unerwartete Vorkommnisse immer wieder gestört. So wollte man die vom Kaiser bereits genehmigten Pläne ändern und einen Prachtbau ausführen. Diese Idee war ganz gegen die Ordensregel und auch gegen den Willen der Karmelitinnen. In ihrer Not wandte sich die Priorin in einem Schreiben an den Kaiser und bat ihn um Hilfe. Unverzüglich verfügte dieser, daß der Bau gemäß den Angaben der Schwestern und nach deren Konstitutionen zu erfolgen habe. Nur die Kirche sollte mit mehr Pracht ausgestattet werden, als es sonst üblich sei.281 In Zukunft sollte der sogenannte „Elisabethtrakt“ dem Kaiserpaar bei seinen Besuchen in Mayerling als Absteigequartier dienen. Daher wurde das schadhafte Dach erneuert und die Zimmer mit dem nötigen Inventar eingerichtet. Im Dienertrakt entstand die Klosterküche und das Refektorium. Die ehemalige Kegelbahn wurde als gemütlicher Platz für die Rekreationsstunden der Schwestern umfunktioniert. Der Garten wurde wesentlich vergrößert und mit einer hohen Klausurmauer umgeben. Die kleine Parkanlage mit den beiden Springbrunnen mußte einem schlichten Klostergarten weichen. Ein Teil dieser Fläche wurde für Gemüse und Obstanbau genutzt.282 Am Teepavillon des Kronprinzen, der heute noch erhalten ist, nahm man keine Veränderungen vor.283 b) Der Bau der Kirche Nach dem Willen des Kaisers sollte Rudolfs Sterbezimmer in eine Kirche umgewandelt werden, damit dieser Raum nicht mehr zu profanen Zwecken verwendet werden konnte. Aus diesem Grund ließ Baumeister Schmalzhofer das besagte 280 281 282 283 Vgl. Judtmann, Mayerling, 343. Vgl. Klosterchronik I, 16. Vgl. Klosterchronik I, 47. Mittlerweile ist dieser Pavillon durch Witterungseinflüsse renovierungsbedürftig geworden. 93 Der Umbau des Jagdschlosses Mayerling in ein Karmelitinnenkloster. Grundriß des Erdgeschosses. Rekonstruktion: Fritz Judtmann. Zimmer mit dem darüberliegenden Schlafzimmer sowie die dahinter liegenden Räume (Vorraum mit schmaler Treppe, Badezimmer und Nebenräume) abtragen. Das quadratische Sterbezimmer wurde um die gleiche Länge aus dem Gebäude herausgezogen, so daß sich ein rechteckiger Grundriß im Ausmaß von 7,30 x 14 Meter für die zu errichtende Kirche ergab. Die in neugotischem Stil erbaute Kirche überragt die beiden seitlich anschließenden Klostertrakte. Das Presbyterium liegt um eine Stufe höher als das Kirchenschiff und ist von diesem durch ein geschmiedetes Kommuniongitter getrennt. Zwei Säulenreihen teilen das Längsschiff in einen breiten, freistehenden Mittelund in zwei schmälere Seitenteile, in denen jeweils 4 Kirchenbänke stehen. Insgesamt ruhen sechs Säulen aus hellgrauem griechischen Marmor auf viereckigen, 94 80 cm hohen Sockeln. Aus den Pfeilerschäften schwingen sich je vier Dreiviertelsäulen empor, die sich in den Rippen des Gewölbes verlieren. Von Säule zu Säule ranken sich Blumenornate. In der Mitte des Gewölbes wird das Rippenwerk durch Schlußsteine abgeschlossen. Der Schlußstein im Presbyterium zeigt das Lamm mit den sieben Siegeln. Die Wände sind mit einer 2 Meter hohen Holzvertäfelung versehen, die sich mit ihrer Verzierung stilgerecht in den Kirchenraum einfügt. Der Hochaltar wurde auf Wunsch des Stifters unmittelbar an der Unglücksstelle, wo Kronprinz Rudolf und Mary Vetsera tot aufgefunden wurden, errichtet. Zwei Steinstufen führen zu diesem in neugotischem Stil errichteten Altar empor. Die Mensa ruht hinten auf einem Marmoruntersatz und wird vorne von vier Säulen getragen. In den ausgemeißelten Nischen des Altaraufsatzes stehen die vier Evangelisten, ihr jeweiliges Symbol und eine Evangelienrolle in den Händen haltend. Zierliche Fialen bilden den Abschluß der Nischen. An beiden Seiten hält je ein Engel ein Spruchband mit den Worten: „Altare privilegiatum“. Der Tabernakel ist in seiner edlen Form und Ausführung dem Hochaltar angepaßt. Die mit feinstem Gold überzogenen Türen tragen symbolische Figuren in wertvoller Emailarbeit. Auf einem Flügel ist der Vogel Phönix dargestellt, der aus den Flammen verjüngt hervorgeht. Der Pelikan auf der anderen Seite nährt seine Jungen mit dem eigenen Herzblut. Auf dem Tabernakel ruht der Aussetzungsthron für das Allerheiligste, dessen dachförmiger Marmorbaldachin von vier zarten Säulen getragen wird. Seine Rückwand bildet ein Glasfenster, daß den Schwestern von ihrem dahinter liegenden Betchor aus den Blick auf das ausgesetzte Allerheiligste ermöglicht. Der Tabernakel selbst ist durchgehend gebaut und mit eine Glasscheibe abgeteilt. Zu bestimmten Anlässen können die Schwestern im Betchor die Tabernakeltür öffnen und so eine feierliche Anbetung vor dem Allerheiligsten halten. Über dem Aussetzungsthron erhebt sich an der Altarwand ein Kreuz mit dem Erlöser. Am Fuße des Kreuzes stehen seine Mutter Maria und der hl. Johannes. 95 Das große Fresko über dem Hochaltar wurde vom Historienmaler Josef Kastner für 6000 Gulden gemalt. Der bekannte Historienmaler begann seine Arbeit am 29. Mai 1891 und vollendete sie im Herbst des selben Jahres.284 In der Mitte dieses Bildes kniet der hl. Josef mit einer Lilie in der Hand. Ihm ist diese Kirche und das Kloster geweiht. Zudem ist er als Patron der Kaiserhauses dargestellt. Mit flehendem Blick zur Heiligsten Dreifaltigkeit gewandt, weist er auf die österreichisch-ungarischen Wappen hin, die zwei Engel ihm entgegenhalten. Im Gebet vereinigen sich mit ihm die Schutzheiligen Österreichs, des Kaiserhauses und herausragende Heilige des Karmeliterordens. Auf der linken Seite kniet mit bittend erhobenen Händen der hl. Stephan und neben ihm der Märtyrerknabe Rudolf. An diesen schließt sich der hl. Franz von Assisi an. Im Hintergrund wendet sich die hl. Elisabeth mit einem Mantel voll blühender Rosen nach oben. Rechts von ihr betet die hl. Sophie. In Richtung Mitte zu kniet der hl. Johannes vom Kreuz, der Vater und Lehrer des reformierten Karmels. In der Gruppe auf der linken Seite befinden sich der Patron Österreichs, der hl. Leopold, sowie die hl. Gisela, die hl. Valeria, der hl. Severin und Karl der Große. Weiters folgen die hl. Teresa, die Mutter des Karmelitinnenordens, und an ihrer Seite die hl. Euphrasia. Neben dem Altarkreuz, das in das Altarbild hineinragt, schweben zwei Engel und weisen tröstend auf die Erlösungstat Jesu hin. In lichter Höhe thront, von Engel umgeben, die Heiligste Dreifaltigkeit. Auf sie werfen alle dargestellten Personen ihren bittenden Blick. Vier vergitterte Fenster im Presbyterium verbinden das Innere des Klosters mit der Kirche. Die beiden Fenster an der Altarwand führen in den dahinter liegenden Betchor der Schwestern. Die beiden übereinanderliegenden Fenster auf der linken Seite gehörten zum Oratorium der Schwestern. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich das Sakristeifenster und darüber das Fenster des kaiserlichen Oratoriums. Vor dem Presbyterium führt links eine hohe gläserne Flügeltür in die 4 x 4 Meter große Seitenkapelle. Hier befand sich früher das Zimmer des Kammerdieners Loschek, und im ersten Stock hatte die Kronprinzessin Stephanie ein Schreibzim- 284 Vgl. Klosterchronik I, 63. 96 mer.285 Der mit reichem Goldschmuck und wertvollen Alabastersäulen verzierte Barockaltar trägt über dem Aussetzungsthron die Inschrift: „Salve Regina!“ An der Vorderseite des Altares, unterhalb der Mensa, ist ein kunstvolles Relief in Altsilber, welches die Geburt Jesu darstellt, angebracht. Der Altar ist eine Jubiläumsgabe des Künstlers Jarog an Kaiser Franz Joseph, der ihn seiner Tochter Erzherzogin Marie Valerie schenkte. Diese wiederum stiftete den Altar für die Seitenkapelle, die auf Wunsch ihres Vaters der Schmerzhaften Muttergottes geweiht ist. Außerdem wurde eine fast lebensgroße Statue der „Mater dolorosa“, ein Werk des Bildhauers Tilgner, neben dem Altar aufgestellt.286 Gegenüber der Seitenkapelle gelangt man durch eine massive Holztür in die äußere Sakristei. Im rückwärtigen Teil der Kirche führt auf der linken Seite eine kleine Wendeltreppe auf die Empore. Ein schmiedeeisernes Gitter trennt den Raum unter der Empore vom Kirchenschiff ab. Zwischen den seitlichen Strebepfeilern lassen bunte Glasfenster das Sonnenlicht in das Innere des Gotteshauses dringen. Diese sieben Fenster wurden von Freunden und Bekannten Rudolfs „mit dem Wunsch gestiftet, daß die Lichtstrahlen, welche durch diese Fenster dringen und die für Sein Seelenheil Betenden umfluthen, als leuchtende Sendboten Gottes, des ewigen Urquelles der unerschöpflichen Liebe und Barmherzigkeit, den trauernden Herzen Trost und Stärkung spenden mögen.“287 Die schön gemalten Fenster wurden im Atelier des Glasmalers Rudolf Geyling in Innsbruck angefertigt und in der zweiten Januarhälfte 1890 in der Kirche eingesetzt.288 Auf jedem dieser Fenster ist ein bestimmter Heiliger sowie eine Szene aus dessen Leben und dazu einzelne Wappen der Donaumonarchie abgebildet. Die auf der rechten Seite gelegenen Fenster zeigen den hl. Elias bei seinem geheimnisvollen Tod durch Entrückung auf einem feurigen Wagen und den hl. Joachim mit zwei Tauben. Im unteren Teil sind die Wappen von Oberösterreich, Salzburg, Nieder- 285 286 287 288 Vgl. Judtmann, Mayerling, 343. Vgl. Schneider, Mayerling, 28. Das Duplikat der Schenkungsurkunde trägt die Unterschrift von 43 Herren, die um den verstorbenen Kronprinzen trauerten. Das Schriftstück ist im Klosterarchiv aufbewahrt. Das Original wurde am 5. April 1891 im Beisein der Unterzeichneten in die Stirnseite der Kirche eingemauert. Vgl. Klosterchronik I, 39. 97 österreich, Istrien sowie von Schlesien, Kroatien, Steiermark und Dalmatien zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite findet man die Darstellungen der hl. Euphrasia und der hl. Anna, wie sie ihrem Kind Maria die Schrift erklärt. Dazu sind die Wappen von Bukowina, Görz/Gradiska, Triest, Galizien/Lodomerien und von Kärnten, Tirol, Krain, Vorarlberg eingefügt. An der Rückseite der Kirche über der Empore sind der hl. Hubertus und der hl. Rudolf sowie der Österreichische Doppeladler und das Wappen des Hauses Habsburg-Lothringen abgebildet. Oberhalb schwingt ein Engel die Palme des Sieges und des Friedens. Die beiden Fenster links und rechts davon zeigen den hl. Johannes Nepomuk und den hl. Josef. Ferner sind die Wappen von Böhmen, Mähren und Ungarn sowie von Siebenbürgen zu sehen. Ein aus Lindenholz geschnitzter Kreuzweg, dessen Rahmen aus Eichenholz gefertigt ist, ziert die Kirchenwände. Es ist ein Geschenk des Kanonikus Prinz Philipp Arenberg, der 1905 dieses wertvolle Kunstwerk vom Architekten Müller in München anfertigen ließ. Der Architekt kam am 4. September 1906 und befestigte selbst die 14 Stationen an den Wänden.289 Nach Fertigstellung des Dachreiters oberhalb des Einganges zum Schwesternchor konnte am Fest der hl. Teresa von Avila (15. Oktober) das Kreuz aufgerichtet werden. Kurze Zeit später wurden die zwei Glocken geliefert und hinaufgezogen. Zur Freude der Schwestern und der Bewohner von Mayerling erklangen sie am 31. Oktober 1889 zum abendlichen Angelus.290 Die größere, sogenannte historische Glocke wurde von Kaiser Franz Joseph gestiftet und 1889 bei der Firma Gößner in Wien in Auftrag gegeben. Diese Glocke trägt auf der einen Seite das Bild der hl. Teresa mit der Inschrift „St. Theresia, ora pro nobis“ und auf der anderen Seite das Bild des hl. Josef mit der Inschrift „St. Joseph, ora pro nobis“. Auf der kleineren Glocke, die von der ehemaligen Laurentius-Kirche stammte, sieht man eine Kreuzigungsgruppe und die Muttergottes mit dem Jesuskind. Sie wurde im Jahre 1851 in der Glockengießerei Ignaz Hilzer in Wiener Neustadt gegossen. 289 290 Vgl. Klosterchronik I, 200ff. Vgl. Klosterchronik I, 26f. 98 Zu dem quadratischen Vorbau des Kircheneinganges führen auf drei Seiten Steinstufen empor. Das Dach ruht auf vier Marmorsäulen und trägt auf dem vorderen Giebel eine große Herz-Jesu-Statue. Die mächtigen Flügel des Kirchentores sind aus Eichenholz geschnitzt und zeigen die Gestalten der zwölf Apostel. Zu beiden Seiten des Portals stehen auf Konsolen die Statuen der hl. Teresa von Avila und des hl. Johannes vom Kreuz. Sie werden von kleinen turmartigen Baldachinen überdacht. Die Giebelseite zieren Fialen und stufenartig aufsteigende Krabben. Das Kirchendach ist mit bunten Ziegeln gedeckt. Karmelitinnenkloster Mayerling Im Anschluß an die Kirche befindet sich hinter dem Hochaltar der Betchor der Schwestern. Nur ein schlichter Altar, der Rücken an Rücken mit dem Altar in der Kirche steht, eine Karmelmuttergottes mit dem Jesuskind und ein großes Kruzifix zieren diesen Raum. c) Abriß der Laurentius-Kirche Zunächst wollte man die Laurentius-Kirche in den Klosterkomplex integrieren und sie als Betchor der Schwestern verwenden. Doch es stellte sich heraus, daß dieses Vorhaben mit den Bauregeln des Ordens nicht in Einklang zu bringen war. 99 So entschied man sich für den Abbruch der alten Wallfahrtskirche, der im Frühjahr 1889 erfolgte.291 Die innerhalb einer Umfassungsmauer gelegene Kirche hatte an der Außenseite je drei Strebepfeiler, die bis unter das Dach reichten. Durch oben abgerundete Fenster konnten die Sonnenstrahlen in das Innere der Kirche gelangen. Das Presbyterium hatte einen geraden Chorabschluß und ziemlich hoch oben ein halbrundes Fenster. An der Südseite war die Sakristei angebaut und an der Ecke des Presbyteriums befand sich eine Sonnenuhr. Der Turm trug ein vierseitiges Pyramidendach.292 Auf einem Chronogramm mit großen Buchstaben über dem Triumphbogen war zu lesen, daß diese Kirche zu Ehren des hl. Laurentius 1682 neu gebaut, jedoch bei der Türkenbelagerung von Wien 1683 zerstört und wieder durch den Abt Clemens Schäffer 1692 errichtet wurde.293 Der Altarraum hatte zwei Joche, die Wände waren mit einfachen toscanischen Pilastern umstellt, auf deren Kapitellen doppelte verkröpfte Gesimse aufruhten, darüber stiegen Kreuzgewölbe in gedrücktem Korbbogen empor. Der Hochaltar stammte aus dem Jahr 1730, als Abt Robert eine Verschönerung der Kirche vornahm. Die mächtige Säulenarchitektur hatte neben der Mensa rechts und links einen bogenförmigen Eingang. Vier korinthische Säulen flankierten das große Altargemälde, das den Martertod des hl. Laurentius Hochaltar der Laurentius-Kirche darstellte. Zwischen den Säulen standen in Nischen die beiden Pestheiligen Rochus und Sebastian. Als Krönung folgte oben in der Mitte noch ein Aufbau mit einem ovalen Bild, das die Unbefleckte Empfängnis darstellte. Darüber schwebte der Heilige Geist, umgeben von einem Strahlenkranz. An den Gesimsen sowie 291 292 293 Vgl. Mitteilung über die begonnene Demolierung der Kirche, StAHlkr., Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 12. Vgl. Ilg, Mayerling, 171. Vgl. Ilg, Mayerling, 169f. 100 neben dem Aufbau schwebten Engel. Daneben befanden sich die Statuen des hl. Bernhard und des hl. Franziskus. Die reiche Ornamentik von hängenden Blumenketten schmückte den Altar.294 Das Stift Heiligenkreuz hatte das Gotteshaus gebaut und über Jahrhunderte betreut, und nun mußte es mit ansehen, wie es mit einem Schlag beseitigt wurde. Nicht einmal die zweimalige Zerstörung durch die Türken konnte dieser Kirche ein Ende bereiten, denn immer wieder wurde sie neu aufgebaut. Doch dieses Mal führte der Tod des Kronprinzen Rudolf zum endgültigem Aus dieser Kirche. Pfarrer Rath von Alland berichtete darüber, daß die ganze Gegend bittere Wehmut über den Verlust der schönen Laurentius-Kirche empfand.295 Der Abt von Heiligenkreuz Heinrich Grünbeck wurde von der k. und k. Generaldirektion der Privat- und Familien-Fonde ersucht, die Portatilien und geweihten Gegenstände zu übernehmen. Die Einrichtung kam teilweise nach Heiligenkreuz, darunter das Hochaltarbild, das jetzt im Dormitorium des Stiftes hängt. Auf Bitten des Priors folgten dann im Jahr 1947 noch zwei Statuen, die der Künstler Guiliani schuf.296 Die um 1700 gefertigte Kanzel mit Schalldeckel und zwei geschnitzte Kirchenbänke von 1683 sowie zwei Marienbilder fanden einen neuen Platz in der Pfarrkirche von Raisenmarkt.297 Mittlerweile ist eines dieser beiden Marienbilder in der im Pfarrhof errichteten Hauskapelle zu sehen. Der barocke Tabernakel wurde in der Sakristei der Pfarrkirche von Alland aufgestellt.298 Acht Steinskulpturen (Säulenfragment, Steinkapitel, zwei Wappen des Stiftes, das Wappen des Abtes Weixelberger, zwei Putti und ein Türkenkopf) übergab man dem Rollett-Museum in Baden.299 Die Holzstatuen des hl. Sebastian, des hl. Rochus, des hl. Johannes Nepomuk, der hl. Jungfrau Maria und des hl. Johannes sowie die Steinskulptur des hl. Laurentius verblieben im Karmelkloster.300 294 295 296 297 298 299 300 Vgl. Ilg, Mayerling, 171f. Vgl. Watzl, Alland, 141. Vgl. Klosterchronik II, 1947. Vgl. Gedenkbuch Raisenmarkt, 35. Vgl. Pfarrchronik Alland, 203. Vgl. Friedrich, Mayerling, 124. Vgl. Frey, Baden, 6. 101 An der Stelle des ehemaligen Eingangsbereichs der Laurentius-Kirche wurde eine Schwesterngruft errichtet. Da man sich in erster Linie um die Fertigstellung der Klosterräume bemühte, verzögerte sich die Adaptierung dieses Gebäudes bis in den Spätherbst des Jahres 1890, sodaß der Dechant von Baden erst am 19. November die letzte Ruhestätte der Schwestern einweihen konnte.301 Innenansicht der Gruft Das Mausoleum hat eine Größe von 6,90 x 11 Meter. Im Innern befinden sich links und rechts 4 Reihen mit jeweils 6 Mauernischen, in welche die Särge der verstorbenen Schwestern geschoben werden. Die Öffnungen werden mit Steinplatten verschlossen, auf denen die Namen der Schwestern eingraviert sind. Von den insgesamt 48 Sargnischen sind mittlerweile schon 40 belegt. Vorne befindet sich ein schlichter, gemauerter Altar mit 4 kleinen eingravierten Kreuzen. Oberhalb hängt ein Bild, auf dem der auferstandene Christus, von zwei Engeln flankiert, dargestellt ist. Links und rechts davon sind zwei Gedenktafeln mit den Namen jener Schwestern angebracht, die zwar zu diesem Konvent gehörten, jedoch nicht hier bestattet wurden. An der äußeren Rückwand befindet sich das aus der Laurentius301 Vgl. Klosterchronik I, 59. 102 Kirche stammende Steinrelief mit der Darstellung der Armen Seelen im Fegefeuer. In diesem Mausoleum, das nur für die Karmelitinnen vorgesehen ist, wurde ausnahmsweise ihr Hausgeistlicher Reinhold Winkler im Januar 1941 beigesetzt. 3. Der Beginn des Karmelitinnenklosters a) Der Neuanfang Während die Bauarbeiten in Mayerling in vollem Gange waren, mußte sich die Priorin, Mutter Maria Euphrasia, im Karmel von Baumgarten um die weiteren Schritte der Neugründung kümmern. Dabei schrieb sie nach Graz und bat dort ihre Mitschwestern um Hilfe; galt es doch nicht nur in Mayerling, sondern auch in Selo bei Laibach eine Neugründung vorzunehmen. Beide Klöster, Baumgarten und Graz, brachten schwere Opfer, nicht nur in materieller, sondern auch in personeller Hinsicht. Es wurde beschlossen, daß Sr. Alberta, die damalige Priorin in Graz, die Leitung des Baumgartner Karmels übernehmen sollte und ihre leibliche Schwester, Mutter Maria Euphrasia, jene in Mayerling. Für den Karmel in Laibach wurde Sr. Johanna vom Kreuz, bisher Subpriorin in Wien, bestimmt. Da Mutter Euphrasia mit den Vorbereitungen für beide Neugründungen sehr in Anspruch genommen war, kam Sr. Alberta bereits am 29. Mai 1889 nach Wien und übernahm sogleich das Amt der Priorin.302 Als bekannt wurde, daß in Mayerling und Selo ein Kloster entstehen sollte, meldeten sich zahlreiche Kandidatinnen. Das Kloster in Baumgarten konnte die um Aufnahme Bittenden kaum unterbringen. Da in einem Karmelkloster nur Platz für 21 Schwestern vorgesehen ist und mittlerweile die Zahl auf 31 gestiegen war, konnten sie sich nur durch Improvisieren weiterhelfen. Zu zweit oder zu dritt mußten sie in den Zellen wohnen, und der Chor und das Refektorium konnte die große Schar der Schwestern kaum fassen.303 Eine Erleichterung der schwierigen Lage trat ein, als am 7. Juni die für das Kloster in Selo bestimmten Schwestern in Begleitung von Mutter Euphrasia Baumgarten verließen. Nachdem sie die Pfingstfeiertage in Graz verbracht hatten, erfolgte 302 303 Vgl. Klosterchronik I,14. Vgl. Klosterchronik I, 15. 103 dann am 12. Juni 1889 die offizielle Errichtung in Selo. Diese Stiftung war der Wunsch von Fräulein Christine Bernard, die 1884 in Baumgarten eingetreten war, wegen ihrer Augenschwäche jedoch wieder entlassen wurde. Nach dem Tod ihres Vaters kam sie in den Besitz eines bedeutenden Vermögens, mit dem sie in Selo ein geeignetes Haus mit Garten kaufte und die Schwestern in Wien um die Übernahme einer Neugründung bat.304 Was die Neugründung in Mayerling betrifft, so wären die Schwestern schon gerne am 16. Juli 1889, dem Hochfest Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel, in ihr neues Kloster eingezogen. Doch verzögerten zahlreiche Schwierigkeiten und schlechtes Wetter den baldigen Umzug. Auch ein weiterer Termin, der 18. August, der Geburtstag des Kaisers, verstrich, ohne daß eine Übersiedlung möglich gewesen wäre. Es schien, als sollte das Klostergebäude erst im nächsten Jahr beziehbar sein. Deshalb kam man mit dem Architekten Schmalzhofer überein, den alten Schloßtrakt so weit fertigzustellen, daß er bewohnt werden konnte. Am 23. September kam Mutter Euphrasia in Begleitung mit Schwester Christina aus Selo zurück. Letztere bot sich an, die ersten Wochen in Mayerling behilflich zu sein und das Ganze dort zu ordnen. Daher fuhr sie am 30. September nach Mayerling und wollte die Zellen mit den ehemaligen kronprinzlichen Einrichtungsstücken bewohnbar machen. Groß war jedoch ihr Erstaunen, als sie nur leere Zimmer vorfand. Alle Gegenstände, die Mutter Euphrasia bei ihrem ersten Besuch angewiesen bekommen hatte, waren verschwunden. So mußte alles neu angeschafft werden. Diese und noch andere Schwierigkeiten brachten das Vorhaben, am 4. Oktober, dem Namenstag des Kaisers Franz Joseph, das Ordensleben in Mayerling zu beginnen, neuerlich zum Scheitern.305 Doch am 7. Oktober fand durch den Hofburgpfarrer Mayer die Einweihung des Klosters und der Seitenkapelle in Mayerling statt, es wurde die erste hl. Messe gefeiert, und am folgenden Tag fuhr Schwester Christina mit drei Kandidatinnen nach Mayerling.306 Damit war der so lange ersehnte Tag der Neugründung endlich gekommen. 304 305 306 Die Schwestern für die Neugründung in Selo waren: Mutter Maria Johann vom Kreuz, Sr. M. Theresia a Jesu, Sr. M. Josepha Theresia von der Muttergottes und noch drei weitere Schwestern aus dem Grazer Karmel. Vgl. Schwestern, Karmel, 89ff. Vgl. Klosterchronik I, 18. Vgl. Klosterchronik I, 19. 104 Originalbrief (Archiv der Schwestern) „An die ehrwürdige Frau Priorin der Karmelitinen M. Maria Eufrasia Kaufmann in Baumgarten. Nachdem von der k.k. Bezirkshauptmannschaft Baden der Bewohnungs-Consens für das Kloster in Mayerling bereits ertheilt wurde, ferner Baumeister H. Schmalzhofer im kurzen Wege erklärt hat, dass das Kloster theilweise bezogen werden kann, beehre ich mich die ehrwürdige Frau Priorin hievon mit dem diensthöflichen Ersuchen in Kenntniß zu setzen, die vollzogene Uibersiedlung seinerzeit gefälligst hierher bekannt geben zu wollen. Wien, am 8. October 1889 Mayr“ 105 Wie aus der Klosterchronik hervorgeht, vollzog sich der Abschied der Gründungsschwestern für Mayerling aus ihrem Kloster Baumgarten in Wien folgendermaßen: Am 9. Oktober 1889 wurde zeitig aufgestanden, die Horen gebetet, und bei der hl. Messe empfingen alle die hl. Kommunion. Nach der Danksagung packten die Schwestern ihre letzten Habseligkeiten zusammen und nahmen ein stärkendes Frühstück. Dann wurde im Betchor das kirchliche Reisegebet gesprochen, und die zurückbleibenden Schwestern gaben mit brennenden Kerzen das Geleit bis in die Sakristei. Dort erfolgte eine letzte Umarmung und gegen 10 Uhr verließen die Schwestern durch die Kirche das Karmelitinnenkloster Baumgarten. Vor dem Gebäude warteten schon vier Gespanne, welche die Schwestern nach Mayerling bringen sollten. Die Klosterfrauen, die sich als Gründungsschwestern nach Mayerling begaben, waren: Priorin Maria Euphrasia von den hl. fünf Wunden Christi (Theresia Kaufmann) Sub-Priorin Maria Gregoria von der hl. Mutter Teresia (Josepha Herken) Schwester Aloisia von der göttlichen Vorsehung (Hartl) Schwester Maria Magdalena vom allerheiligsten Sakrament (Zimmermann) Schwester Maria Beatrix vom hl. Rafael (Zehner) Schwester Maria Ignatia von den hlst. fünf Wunden Christi (Prinzessin Esterházy, geb. Prinzessin Polixena von Lobkowitz) Schwester Maria Theresia von Jesu (Maria Welly) Schwester Johanna vom Kreuz (Anna Braun) Laienschwester Maria Martha von der hl. Maria Magdalena (Cäcilia Wallner) Auf dieser Reise begleiteten sie ihr Beichtvater Foraschek, ihr neuer Spiritual Baron Josef Grimmenstein sowie Graf Nicolas Moritz Esterházy mit seiner Gemahlin und seine Schwester, Prinzessin Emil Öttingen Spielberg.307 Bei prachtvollem Wetter erreichten sie innerhalb von vier Stunden Mayerling. Dort wurden sie von Schwester Christina und den Kandidatinnen herzlich empfangen. Gemeinsam hielt Mutter Euphrasia mit den sechs anderen Schwestern Einzug in das neue Kloster. Ihr erster Weg führte sie in den provisorischen 307 Vgl. Klosterchronik I, 21. 106 Betchor, den Pater Grimmenstein segnete. Nach einem Gebet und dem Mittagsmahl wurde mit dem Auspacken begonnen. Am folgenden Tag feierte der neue Spiritual die hl. Messe und setzte anschließend das Allerheiligste im Tabernakel der Seitenkapelle ein. Die folgenden Tage wurden hauptsächlich dafür genutzt, in das Chaos von Schachteln und Kisten ein wenig Ordnung zu bringen und die Zellen so gut es ging einzurichten.308 b) Einweihung der Kirche Auf Anweisung des Kaisers mußte die Kirche bis zum 1. November 1889 so weit fertig gestellt sein, daß eine Benediktion vorgenommen werden konnte. Die feierliche Konsekration sollte auf spätere Zeiten verschoben werden. Nun wurde Tag und Nacht gearbeitet. Die verschiedenen Kirchengeräte trafen ein, und die Schwestern hatten alle Hände voll zu tun, den Altar und die Kirche herzurichten. Die leeren Wände wurden mit Vorhängen verdeckt, da sie erst im Frühjahr bemalt werden konnten. 308 Vgl. Klosterchronik I, 22. 107 Die feierliche Einweihung der Klosterkirche erfolgte am 1. November durch den Hofburgpfarrer Dr. Laurenz Mayer aus Wien, der um 9 Uhr eintraf und nach der Zeremonie der Benediktion die Festmesse hielt, bei der sein Sekretär und der Spiritual von Mayerling assistierten. Eine unaussprechliche Freude erfüllte die Schwestern, als das Allerheiligste Sakrament im Tabernakel eingesetzt wurde. Denn genau an der Stelle, wo vor neun Monaten das schreckliche Unglück geschah, thronte nun Christus, der von nun an das Opfer der Schwestern entgegen nehmen würde zur Sühne für das hier begangenen Geschehen.309 Als am Nachmittag die Priorin die offizielle Nachricht erhielt, daß der Kaiser am nächsten Tag das Kloster in Augenschein nehmen möchte, waren alle hoch erfreut. Schnell wurde noch so manches geordnet und schön hergerichtet, um dem Kaiser einen positiven Eindruck seiner Stiftung zu vermitteln. Am 2. November zwischen 8 und 9 Uhr traf Kaiser Franz Joseph I. in Begleitung seines Generaladjutanten Graf Eduard Paar in Mayerling ein. Am Kirchenportal wurde er von der Geistlichkeit empfangen und in die Kirche geleitet. Tief bewegt und unter Tränen nahm der Kaiser an der Messe teil, die Hofburgpfarrer Mayer zelebrierte. Anschließend ließ er sich das Kloster zeigen und erkundigte sich bei GüterDirektor Mayer und bei Hofbaumeister Schmalzhofer über den Baufortschritt. Nachdem jede einzelne Zelle begutachtet worden war, kam der Kaiser in den Betchor, wo sich alle Schwestern versammelt hatten. Dort richtete er sehr freundliche Worte an die Schwestern und bat sie dringend um das Gebet für seinen Sohn Rudolf.310 Es verging fast noch ein ganzes Jahr, bis die Kirche fertiggestellt war und die eigentliche Konsekration stattfinden konnte. Im Sommer 1890 fertigten die Schwestern noch die notwendigen Paramente und die Kirchenwäsche an. Als Festtag wurde der 20. Oktober bestimmt. Am Vorabend nahm die Priorin an der Sakristeipforte die Reliquien für den Altar entgegen und brachte sie in Begleitung von vier Schwestern, die brennende Kerzen trugen, in den Betchor. 309 310 Vgl. Klosterchronik I, 27f. Vgl. Klosterchronik I, 29ff. 108 Der Fürsterzbischof von Wien, Kardinal Dr. Anton Josef Gruscha, nahm selbst die feierliche Konsekration vor. Mit ihm kamen mehrere Prälaten, Domherren, der Spiritual von Baumgarten sowie der Dechant von Baden, alle Pfarrer der Umgebung, der Abt mit dem Prior und viele Patres aus Heiligenkreuz, im ganzen nahezu 40 Geistliche.311 Stiftungskelch Kurz vor 7 Uhr begann die feierliche Zeremonie und dauerte bis zirka 10 Uhr. Als die Weihe vollzogen war, traf der Kaiser in Mayerling ein und wurde von der Geistlichkeit am Portal der Kirche empfangen. Dann feierte Kardinal Gruscha den Festgottesdienst auf dem Altar, der zuvor zu Ehren des hl. Josef geweiht wurde. 311 Vgl. Klosterchronik I, 70. 109 Nachdem der Kaiser das Altarbild und die Seitenkapelle bewundert hatte, führte er den Kardinal mit seinem Gefolge in das Innere des Klosters. Dort zeigte er ihnen, auf welch einfache Weise die Karmelitinnen hier leben würden. Eher er das Kloster verließ, wiederholte er die Bitte an die Schwestern, sie sollten für seinen armen Rudolf beten. Sichtlich getröstet, daß er nun sein Werk vollendet und durch die kirchliche Weihe gekrönt sah, reiste er nach Wien zurück.312 4. Das Leben hinter Klostermauern a) Das Leben im jungen Kloster Mit der feierlichen Einweihung der Kirche war man zwar der Fertigstellung der Klosteranlage einen großen Schritt näher gekommen, dennoch mußten die Schwestern noch viel Geduld aufbringen. Immer wieder drängte die Priorin auf einen raschen Baufortschritt, und so wurden in den letzten Wochen des Jahres 1889 zumindest einige Zellen, das Refektorium und die Küche benutzbar.313 In dieser noch nicht abgeschlossenen Umbauphase vollzog sich die definitive Übergabe an die Schwestern. Am 15. Dezember 1889 kamen der Vertreter der Generaldirektion Dr. Geiter und Hofsekretär Schemfil nach Mayerling. Das von ihnen und von der Priorin Euphrasia unterschriebene Protokoll sah vor, daß sämtliche Gebäude (das zu einem Kloster umgebaute Jagdschloß, die Kapelle und der Elisabethtrakt) in den Besitz der Karmelitinnen übergingen, wobei die Schwestern die in Zukunft anfallenden Reparaturarbeiten selbst zu tragen hätten, jedoch zuvor die Generaldirektion in Kenntnis gesetzt werden müsse, „damit letztere noch in die Lage versetzt sei, weitere Dispositionen zu treffen“.314 Nun endlich konnten die Schwestern das Kloster ihr eigen nennen. 312 313 314 Vgl. Klosterchronik I, 73f. Ab dem ersten Adventsonntag versammelten sich die Schwestern regelmäßig zum Gebet im Betchor, obwohl er erst im Frühjahr mit Bildern und anderen Andachtsgegenständen ausgestattet und damit vollendet wurde. Vgl. Klosterchronik I, 33. Vgl. Klosterchronik I, 34f. 110 Stiftsbrief (Kopie im Archiv der Schwestern) Im Frühjahr des folgenden Jahres (am 2. März 1890) kamen die beiden Herren abermals nach Mayerling, um den Schwestern noch 9 ½ Joch Grund zu übergeben. Diese das Kloster umgebenden Wiesen und Äcker gelten als unveräußerliches Gut. Einige Jahrzehnte führten die Schwestern mit Hilfe ihres Dienstpersonals eine bescheidene Landwirtschaft und konnten so für ihre eigene Versorgung einen erheblichen Teil betragen.315 Die nach der Winterpause fortgesetzten Umbauarbeiten im Haus, in der Kirche, im Garten und an der Gruft dauerten noch bis Anfang Oktober. Dann konnte endlich die Priorin Euphrasia den Fürsterzbischof von Wien Anton Josef Gruscha 315 In einem eigens gebauten Stall standen drei Kühe und ein Pferd. Als sich die Ökonomie nicht mehr lohnte, wurden die landwirtschaftlichen Flächen im März 1932 an die Hartmannschwestern verpachtet. Vgl. Klosterchronik I, 43, 48, 454. 111 bitten, das Inkrafttreten der großen päpstlichen Klausur zu veranlassen. Am 4. Oktober traf die Bewilligung ein, und bereits am Nachmittag desselben Tages versammelten sich alle Schwestern im Betchor: sämtliche Klausurschlüssel wurden auf den Altar gelegt, und der Beichtvater Joseph Jäglinger hielt eine feierliche Andacht. Unter Glockengeläut und Gesang trat die Klausurregel in Kraft.316 Damit konnten die Schwestern ihr geregeltes Ordensleben beginnen, und es galt nun, die eigentlichen Aufgaben des Klosterlebens in den Blick zu nehmen und das Wachstum der Kommunität zu fördern. Bereits am 21. November 1889 wurden die ersten Kandidatinnen eingekleidet.317 Ein Jahr später legten Sr. M. Teresia, Sr. M. Johanna und Sr. M. Ignatia als erste Schwestern im neu errichteten Kloster die einfachen Gelübde ab, und drei Jahre später banden sie sich mit den ewigen Gelübden ganz an den Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen.318 Immer wieder kamen Bewerberinnen und baten um Aufnahme. Nach einer mehrmonatigen Probezeit bekamen sie das Ordenskleid und konnten nun in einer Art Lehrzeit (Noviziat) den Orden und seine Regeln genauer kennen lernen. Den Abschluß des Noviziats bildete das erste Versprechen (zeitliche Profeß). Nach einer weiteren dreijährigen Prüfung mußten sich die Schwestern dann entscheiden, ob sie bereit wären, sich endgültig Gott zu schenken und ihr Leben hinter diesen Klostermauern zu verbringen (ewige Profeß). Die Entscheidung dazu lag aber nicht nur bei der jeweiligen Schwester, sondern mußte auch von allen übrigen Konventualinnen in einer geheimen Abstimmung gutgeheißen werden. Dabei kam es auch manchmal vor, daß etwa aus gesundheitlichen Gründen die eine oder andere von ihnen abgelehnt werden mußte. Mit den ewigen Gelübden von Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam war nun die Schwester endgültig an den Orden gebunden. In den 15 Jahren ab der Neugründung (1889) bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs (1914) legten 21 Schwestern die ewige Profeß in Mayerling ab. Davon wurden zwei Schwestern zur Errichtung neuer Klöster ausgesandt, und eine Schwester, die aus einem anderen Karmelitinnenkloster nach Mayerling übergewechselt war, 316 317 318 Vgl. Klosterchronik I, 52. Die beiden Kandidatinnen waren: Sr. M. Theresia v. Jesu (Maria Welly) und Sr. M. Johann v. Kreuz. Vgl. Klosterchronik I, 31. Vgl. Klosterchronik I, 56f. 112 trat aus dem Orden aus. In der Zwischenkriegszeit wurden 8 Schwestern zur ewigen Profeß zugelassen. Von den 4 weiteren Schwestern, die erst die zeitliche Profeß abgelegt hatten, wurde eine in die Neugründung nach Kroatien geschickt, eine andere trat wieder aus, und die beiden übrigen mußten mit den gesamten Konvent aufgrund der Zwangsenteignung von 1940 das Karmelitinnenkloster in Mayerling verlassen. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg nahm die Zahl der Schwestern wieder kontinuierlich zu. Die Leitung eines Karmelitinnenklosters übernimmt die Priorin, die als „Erste unter Gleichen“ den Schwestern vorsteht. Sie wird von den Schwestern, die die ewigen Gelübde abgelegt haben, aus ihren Reihen auf eine Zeit von drei Jahren gewählt. Weiters werden je nach Größe eines Konvents drei oder vier Ratsschwestern gewählt, die der Priorin beratend zur Seite stehen. Als erste Priorin übernahm - dem Wunsch des Kaisers entsprechend - Sr. M. Euphrasia die Leitung in Mayerling. Die Schwestern mußten mit ihr als Vorgesetzte sehr zufrieden gewesen sein, denn nur so erklärt sich ihre mehrmalige Wiederwahl. Im folgenden sei die Liste der Priorinnen von der Gründung bis heute angegeben: 1889–1905 Maria Euphrasia Kaufmann 1905–1908 Maria Franziska Aichinger 1908–1914 Maria Theresia Welly 1914–1920 Maria Franziska Aichinger 1920–1923 Maria Theresia Seraphina Kaffer 1923–1932 Maria Theresia Welly 1932–1936 Maria Theresia Seraphina Kaffer 1936–1939 Maria Magdalena Sczensny 1939–1941 Maria Theresia Seraphina Kaffer 1945–1946 Maria Stanisla Kaufmann 1946–1949 Maria Regina Forster 1949–1952 Maria Magdalena Sczensny 1952–1961 Maria Johanna Högler 1961–1974 Maria Aloysia Fuchs 1974–1985 Maria Johanna Högler 1985–1994 Maria Immaculata Huemer 1994– Maria Barbara Spanyi 113 Die seelsorgliche Führung der Schwestern übernahmen Welt- oder Ordenspriester, die eine Wohnung außerhalb der Klausur bezogen. Manchmal waren es ältere oder kränkliche Priester, die sich durch eine Luftveränderung in Mayerling eine Genesung erhofften. Auch die Patres aus Heiligenkreuz betreuten fürsorglich die Schwestern und kamen sehr oft zur Aushilfe herüber. Die Erlaubnis, die Klausur zu betreten, war einem bestimmten Personenkreis vorbehalten.319 In Einzelfällen mußte eine Sondergenehmigung beim Erzbischof in Wien eingeholt werden. Für alle übrigen Besucher bestand die Möglichkeit, mit den Schwestern im eigens dafür vorgesehen Sprechzimmer in Kontakt zu treten. Das Sprechzimmer ist sowohl vom Pfortenbereich als auch vom Klausurbereich her zugänglich. Kaiser Franz Joseph besuchte insgesamt acht Mal die Schwestern320, davon vier Mal zusammen mit Kaiserin Elisabeth321. Die letzte Begegnung des Kaisers mit den Schwestern war am 2. April 1898. Nach der Ermordung seiner Gattin am 10. September 1898 kam Franz Joseph nicht mehr nach Mayerling. Ebenfalls acht Mal kam die Schwiegertochter des Kaisers, Erzherzogin Stephanie, um hier des tragischen Todes ihres Gatten Rudolf zu gedenken322. Noch viele weitere Besucher kamen nach Mayerling: Bischöfe, Ordensleute, Adelige oder ganz einfache Menschen; wann immer sie die Hausglocke betätigten, wurden sie von den Schwestern herzlich empfangen. 319 320 321 322 Folgenden Personen durfte die Priorin Eintritt in die Klausur gewähren: Auf Wunsch einer kranken Schwester dem Beichtvater zur Spendung der Sakramente; dem Klosterarzt; dem Dienstpersonal zur Verrichtung notwendiger Arbeiten; dem Klostervater zur Besichtigung möglicher Schäden an den Gebäuden; den Handwerkern zur Behebung von Baumängeln; den zur Leichenfeierlichkeit einer verstorbenen Schwester benötigten Personen (Priester, Ministranten, Leichenträger); den Postulantinnen; Mitgliedern des Kaiserhauses mit einer mäßigen Begleitung, und zwar dem Kaiserpaar mit Kindern, den österreichischen Erzherzögen und deren Frauen und Kindern, den österreichischen Erzherzoginnen und deren Gatten und Kindern. Besuche des Kaisers in Mayerling: 2.11.1889, 3.11.1890, 2.11.1892, 2.4.1898. Vgl. Klosterchronik I, 29, 54, 102, 144. Besuche des Kaiserpaares: 30.1.1890, 29.5.1891, 1.6.1892, 17.6.1894. Vgl. Klosterchronik I, 40, 63, 83, 108. Besuche der Erzherzogin Stephanie: 26.6.1890, 21.8.1890, 2.11.1891, 4.11.1892, 2.11.1893, 30.1.1894, 2.11.1896, 2.11.1897. Vgl. Klosterchronik I, 47, 50, 74, 102, 106, 108, 130, 135. 114 Originalbrief (Archiv der Schwestern) „Ehrwürdige Frau Oberin! Die General-Direction ersucht, zur Kenntnis zu nehmen, daß Seine Majestät der Kaiser am zweiten April dJ., anläßlich des Besuches der Heilanstalt in Alland, um zehn Uhr Vormittag in Mayerling eintreffen, zu kurzer Andacht in die Kapelle Sich begeben, sodann das Karmeliterinnen Kloster und das Asyl für erwerbsunfähige Forstleute besuchen werden. Wien, am 26. März 1898.“ Seit jeher war der Karmelitenorden bei der Gründung von neuen Klöstern auf die Gunst der Regenten und auf die Spendenfreudigkeit und Opferbereitschaft von privaten Wohltätern angewiesen. Nicht anders war es auch in Mayerling der Fall. Kaiser Franz Joseph hatte als Stifter des Klosters die Pflicht, nicht nur für die Bereitstellung der Gebäude zu sorgen, sondern er mußte auch für den notwendigen Unterhalt der Schwestern aufkommen. Dazu bestimmte er am 7. August 1890, daß zur Sicherstellung der Klosterbedürfnisse ein Kapital von 140.000 Gulden aus seiner Privatkasse entnommen und als Wertpapiere der k. u. k. Privat115 und Familien-Fonde-Cassa zu übergeben sei. Über die halbjährlich fällig werdenden Zinsen sollte die jeweilige Priorin nach der Vorgabe des Kaisers frei verfügen können. Es stellt sich aber bald heraus, daß die Höhe der bereitgestellten Mittel nicht ausreichte, und so beschoß der Kaiser am 9. April 1891 eine Aufstockung des Kapitals der „Kaiser Franz Joseph-Stiftung“ auf 180.000 Gulden.323 Im Stiftbrief vom Juli 1891 wurde genau festgelegt, für welche Zwecke die Geldmittel zu verwenden seien. Zunächst einmal für den Unterhalt von zehn Schwestern und für einen Hausgeistlichen, dann für die Besoldung des erforderlichen Dienstpersonals, für die Instandhaltung der Kirche und der Klostergebäude, für die Erhaltung und Anschaffung der Paramente und für den Kirchenschmuck, weiters für die zu entrichtenden Steuern, Gebühren und öffentlichen Abgaben jeder Art sowie für alle sonstigen Erfordernisse des Klosters. Als im Sommer 1903 der Priorin mitgeteilt wurde, daß sich infolge einer Konvertierung der Staatspapiere das jährliche Einkommen verringern werde, bat sie den Kaiser um Hilfe. Daraufhin verfügte er, daß das Kapital soweit zu ergänzen sei, daß den Schwestern weiterhin dieselbe Geldsumme wie zuvor als Zinsertrag ausbezahlt werden könne.324 Unterhalb des Karmelitinnenklosters hatte der Kaiser im Mayerlinger Hof, dem ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Jagdschlosses, noch ein „Asyl“ für zwölf im kaiserlichen Dienst erwerbsunfähig gewordene Forstleute gestiftet. Zur Pflege dieser im Volksmund „zwölf Apostel“ genannten Männer berief der Kaiser die Franziskanerinnen von der christlichen Liebe (Hartmannschwestern) aus Wien. Daraufhin schickte die Kongregation vom III. Orden des hl. Franziskus am 2. Juni 1890 die ersten drei Schwestern nach Mayerling, die den Liebesdienst der Altenpflege übernahmen. Drei Jahre später wurde dieser Ordensgemeinschaft das ganze Anwesen samt den Gründen zur Errichtung eines Klosters übergeben. Am 30. Mai 1895 nahm Weihbischof Angerer die feierliche Segnung des Hauses und die Weihe der Kapelle vor. Besonders in Zeiten großer Not halfen sich die beiden Schwesternklöster in Mayerling gegenseitig aus und unterstützten einander so gut sie nur konnten. 323 324 Vgl. Stiftbrief. Vgl. Klosterchronik I, 177f. 116 Franziskanerinnenkloster in Mayerling b) Tochtergründungen Wandorf 1892 Die Orden in der Kirche sind wie wachsende Bäume, es kommen immer neue Zweige dazu. Dieser Prozeß der Ausbreitung ist von zwei ernstzunehmenden Gefahren bedroht: durch den Verlust der geistigen Substanz (= innere Ausdünnung) oder durch den staatlichen Machtapparat (= gewaltsame Auflösung). Die weitere Ausbreitung der Karmelitinnen von Mayerling fand mit dem Verfall der österr.-ungarischen Monarchie und im weiteren Verlauf mit der Teilung Europas in einen westlichen und einen östlichen Block ein jähes Ende. Es waren noch keine drei Jahre vergangen, seit das Kloster in Mayerling bestand, da sollte es bereits Ausgangspunkt einer weiteren Neugründung werden. In Wandorf bei Ödenburg hatte der Bischof von Raab das ehemalige Paulinerkloster, das unter Kaiser Josef II. aufgehoben und seither weltlichen Zwecken dienstbar gewesen war, gekauft. Sein Wunsch war es, dieses Gotteshaus seiner ursprünglichen Bestimmung zurückzugeben, und er suchte daher einen geeigneten Orden, der dieses Vorhaben auch verwirklichen konnte. Da bekannt war, daß unter manchen Mayerlinger Schwestern der Wunsch nach einer eigenen ungarischen Gründung lebendig war (z.B. bei der aus Ungarn stammenden Sr. Ignatia), wurde der Priorin Euphrasia ein diesbezügliches Angebot unterbreitet. Auf ihre Zusage hin fanden erste Verhandlungen statt, und am 16. Mai 1892 fuhr die Priorin in Begleitung von Sr. Ignatia und des Pfarrers von Raisenmarkt, Pater Franz Nader 117 nach Wandorf, um sich alles anzusehen und die notwendigen Umbauarbeiten in Auftrag zu geben.325 Wieder nach Mayerling zurückgekehrt, galt es, das neue Kloster mit Einrichtungsgegenständen, Wäsche und Paramenten zu versorgen. Dabei erfuhren die Schwestern die Hilfe anderer Karmelitinnenklöster, wie besonders aus Baumgarten und Wilten bei Innsbruck. Schwieriger war es, die geeigneten Schwestern für das neue Kloster auszuwählen. Mit Unterstützung der anderen Klöster konnte auch diese Aufgabe bewältigt werden. Die Schwestern, die in die Neugründung nach Wandorf kamen, waren: als Priorin Sr. M. Aloisia v. d. göttlichen Vorsehung (ihre bisherige Stelle als Subpriorin in Mayerling übernahm die vom Kloster Baumgarten herbeigeholte Sr. M. Alberta v. hl. Josef) und als Subpriorin Sr. Johann v. Kreuz aus Wilten, weiters die Novizinnen Sr. M. Josefa v. Jesu, Sr. M. Alberta v. hl. Josef und Sr. M. Stephanie v. d. hl. Familie aus Mayerling sowie Sr. M. Johanna v. Kreuz, Sr. M. Magdalena v. hlst. Herzen Jesu und zwei Kandidatinnen aus Baumgarten.326 Am 3. Oktober 1892 konnte dann ein Teil der Schwestern in Begleitung der Mayerlinger Priorin Euphrasia und des neuen Spirituals Wohlmuth nach Wandorf reisen. Die übrigen Schwestern sollten noch die notwendige Erlaubnis aus Rom abwarten und später nachfolgen. Um 10 Uhr erreichten sie ihr Ziel und wurden vom zuständigen Ortspfarrer und einigen Geistlichen aus Ödenburg an der Klosterpforte empfangen. Am darauffolgenden Sonntag nahm Bischof Zalka die feierliche Einweihung der Kirche und des Klosters vor. Nachdem die Arbeiten im Innern des Klosters abgeschlossen waren, erfolgte am 26. November die kanonische Errichtung, und die päpstliche Klausur wurde in Kraft gesetzt.327 Die Kommunität in Wandorf hatte viele Berufungen. Vierzehn Jahre später waren sie in der Lage, mit ihren zahlreichen Schwestern nun ihrerseits eine Neugründung in Steinamanger zu wagen (1906) und dann 1936 noch einmal in Pécs. Die Klöster fielen 1950 dem Kommunismus zum Opfer. In der Nacht vom 11. auf 12. Juli wurden die insgesamt 23 Schwestern von der kommunistischen Polizei mit zwei Lastwägen in ein Konzentrationslager abtransportiert. Im darauffolgenden 325 326 327 Vgl. Klosterchronik I, 86ff. Vgl. Klosterchronik I, 96. Vgl. Schwestern, Karmel, 94f. 118 September zerstreuten sie sich. Einige kehrten in ihre Familien zurück und andere wurden von Freunden aufgenommen. Drei Schwestern fanden im Karmel Mayerling ein neues Zuhause. Die letzte Priorin starb 1976. Mit Dekret vom 26. Juni 2000 wurden schließlich die Klöster in Wandorf und in Steinamanger auch kanonisch endgültig aufgehoben.328 Aufkirchen 1896 Eine weitere von Mayerling ausgehende Neugründung (zusammen mit dem Kloster Baumgarten) war die Errichtung des Karmels in Aufkirchen am Starnberger See im Jahre 1896. In Mayerling und Baumgarten lebten nämlich auch mehrere bayerische Schwestern, die ebenfalls den Wunsch hatten, in ihrer Heimat einen weiteren neuen Karmel entstehen zu sehen. Diesen Wunsch hegte auch das Ehepaar Müller aus München, deren Tochter Sr. M. Bertholda v. Hl. Geist im Karmel Baumgarten lebte. Sie boten sich an, das ehemalige Augustiner-EremitenKloster in Aufkirchen zu erwerben und entsprechend den Erfordernissen herrichten zu lassen.329 Das Kloster war am 13. April 1688 gegründet und von Augustiner-Eremiten bewohnt worden, die in der Umgebung die Seelsorge ausübten. Im Verlauf der Säkularisation 1803 wurde jedoch das Kloster aufgehoben und diente seither nur mehr als Pfarrhof. Nachdem der Erzbischof von München und Freising, Antonius Ritter von Thoma, die Genehmigung zugesichert hatte, mußte die Frage geklärt werden, von welchem Kloster die Stiftung ausgehen sollte. Da die bayerische Gesetzgebung nur eine „inländische“ Gründung erlaubte, wurde das schon bestehende Karmelitinnenkloster Himmelspforten in Würzburg um Unterstützung gebeten. Nach anfänglichem Interesse lehnten die dortigen Schwestern wegen des anscheinend ungeeigneten Klostergebäudes ab. So entschied die Priorin Euphrasia, daß der Karmel zwar von Österreich aus, aber mit den bayerischen Schwestern entstehen sollte.330 328 329 330 Vgl. http://www.ocd.pcn.net/comm_d1.htm, (10.12.2002). Vgl. Klosterchronik I, 117. Vgl. Klosterchronik Aufkirchen, 5. 119 Nicht nur die Genehmigung einer Niederlassung eines kontemplativen Ordens durch die Regierung gestaltete sich sehr schwierig, sondern auch die Finanzierung. Erst mit der Unterstützung durch Wohltäter (wie der Familie Müller, des ehemaligen Beichtvaters von Baumgarten, Floßmann, und von Fräulein Josephine Huber aus München) konnte auch diese Hürde überwunden werden. Als am 29. Juli 1896 der Kaufvertrag geschlossen wurde, schickte Priorin Euphrasia den Wiener Baumeister Schmalzhofer (der bereits in Mayerling erfolgreich gearbeitet hatte) nach Aufkirchen, um für den notwendigen Umbau auch dort die nötigen Anweisungen zu geben.331 Nachdem das Kloster einigermaßen beziehbar war, gaben die zuständigen kirchlichen Stellen den Schwestern die Erlaubnis, nach Aufkirchen zu reisen. Für die Neugründung wurden folgende fünf Schwestern ausgewählt: Aus dem Konvent in Mayerling die zukünftige Priorin Sr. M. Alberta v. hl. Josef und dazu Sr. M. Elia v. d. Unbefleckten Empfängnis (Anna Liebl), aus dem Konvent in Baumgarten Sr. M. Leopoldina v. hl. Theresia, Sr. M. Theresia v. d. Liebe Gottes (Margarethe Thoma) und Sr. M. Magdalena v. hl. Joseph (Maria Bauer). Am 17. September 1896 begleitete die Priorin Euphrasia und Sr. Ignatia die Schwestern zunächst nach Baumgarten. Von dort ging die Fahrt mit dem Zug weiter nach München, wo sie vom Erzbischof in seinem Palais empfangen wurden. Nach kurzer Zwischenstation machten sie sich wieder auf den Weg und erreichten am frühen Nachmittag des 18. September Aufkirchen.332 Der dortige Pfarrer und sein Kaplan begrüßten die Schwestern am Kirchenportal und geleiteten sie unter Glockengeläute in die Kirche. Nach einer feierlichen Andacht führte sie der Pfarrer in Begleitung des zahlreich versammelten Volkes in ihr neues Heim. Nachdem die ersten schwierigen Wochen überstanden waren, konnten die Priorin Euphrasia und Sr. Ignatia am 5. Oktober ihre Rückreise nach Mayerling antreten.333 Im Gegensatz zu den ungarischen Tochtergründungen, hat Aufkirchen die Kriegswirren und politischen Umbrüche unbeschadet überlebt. Zur Zeit (September 331 332 333 Vgl. Klosterchronik Aufkirchen, 6. Vgl. Klosterchronik I, 123ff. Vgl. Klosterchronik I, 127f. 120 2001) leben dort 18 Schwestern und eine Postulantin. 1931 wurde von Aufkirchen ausgehend der Karmel Welden (Diözese Augsburg) gegründet. c) Schicksale in schwerer Zeit Durch die beiden Tochtergründungen (Wandorf in Ungarn und Aufkirchen in Bayern) war Mayerling personell zwar etwas geschwächt worden, hatte sich aber bald wieder zahlenmäßig erholt. Der Kaiser hatte als Stifter die wirtschaftliche Sorge übernommen und dem Kloster Sicherheit gewährt. Mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914 begann der 1. Weltkrieg. Bereits drei Tage später mußten die Schwestern ihr Pferd für Kriegszwecke abliefern.334 Zunächst ging das Leben im Kloster in gewohnter Weise weiter. Mit zunehmender Kriegsdauer wurde aber die Not immer spürbarer. In dieser schweren Zeit starb am 21. November 1916 Kaiser Franz Joseph I., der Stifter des Klosters. Die Schwestern schrieben seinem Nachfolger, Kaiser Karl I., und baten ihn um seinen kaiserlichen Schutz, den er gerne gewährte. Schon in den Jahren 1916 und 1917 hatte das Kriegselend weite Bevölkerungsschichten erfaßt, doch sollte es im darauffolgendem Jahr noch schlimmer kommen. Eine furchtbare Dürre im Sommer verursachte einen totalen Ausfall der Kartoffelernte, zudem fehlten jegliche Arten von Lebensmittel, besonders Mehl. Das wenige Getreide, das noch vorhanden war, mußte mit der Hand gemahlen werden. Tag für Tag standen die Schwestern an der Maschine, um für den notwendigen Bedarf zu sorgen. Diese Arbeit war nicht leicht, aber trotzdem waren die Schwestern heiter und froh.335 Für große Überraschung sorgte Kaiserin Zita, als sie am Karsamstag an der Klosterpforte zwei große Säcke Mehl, einen kleinen Sack Grieß und einen Korb mit Feigen abgeben ließ.336 Hunger und Elend trieb die Menschen zum Diebstahl. So hatten Unbekannte mehrmals versucht, in den Stall und den Wirtschaftshof der Schwestern einzubrechen. Die Schwestern schrieben es der Hilfe ihres Schutzpatrons, des hl. Josef, 334 335 336 Vgl. Klosterchronik I, 252. Vgl. Klosterchronik I, 276. Vgl. Klosterchronik I, 277. 121 und den nächtlichen Kontrollgängen des Spirituals mit dem Haushund zu, daß vieles verhindert werden konnte.337 Am 3. November wurde zwischen Österreich-Ungarn und den Mächten der Entente der Waffenstillstand geschlossen, und das Kaiserpaar mußte das Land verlassen. Der 1. Weltkrieg war zwar zu Ende, aber mit dem Zusammenbruch der Monarchie brachen für das Kloster erneut schwere Zeiten an. Durch die Entmachtung der Habsburger verloren sie nicht nur ihren weltlichen Protektor, sondern mit ihm auch ihre wirtschaftliche Absicherung, sodaß sie jetzt nur mit hochherziger Hilfe von Wohltätern, auch aus dem Ausland, die Not überwinden konnten. Anfang 1919 wurde bekannt, daß am 16. Februar politische Wahlen stattfinden würden, an denen sich auch Frauen beteiligen könnten. So wurden die Schwestern in klausurierten Klöstern von den zuständigen Ordinariaten angewiesen, entsprechend gekleidet und in Begleitung daran teilzunehmen. Mit bangen Herzen machten sich am Wahltag die Schwestern zusammen mit ihrem Spiritual auf den Weg nach Alland. Für die sonst hinter Klostermauern lebenden Schwestern war es ein besonderes Ereignis, nach so vielen Jahren wieder mit der „Welt“ draußen in Kontakt zu kommen. Ohne befürchtete Zwischenfälle kehrten sie sichtlich erleichtert wieder in ihr Kloster zurück.338 Erhebliche Sorge bereitete den Schwestern das Gerücht, daß am Tag nach der Wahl mit großen Plünderungen zu rechnen sei. Die Tatsache, daß das Kloster als kaiserliche Stiftung mit dem Herrscherhaus in enger Beziehung gestanden war, schürte die Angst eines Anschlages. Um sich davor zu schützen, begannen die Schwestern ihre wenigen Habseligkeiten zu verstecken. In einer dunklen Nische am inneren Eingang des Weinkellers wurde Petroleum, Wein, der kleine Fettvorrat und was sich sonst noch unterbringen ließ, verstaut und von Sr. Elekta zugemauert. In einem anderen Keller wurde das feine Geschirr, die Wäsche und andere Dinge untergebracht. Das Beichtzimmer diente für die Kirchenwäsche und Reliquienkästchen als Versteck. Die Altarparamente und die wertvollen Kirchengeräte waren schon zuvor an unterschiedlichen Orten in Sicherheit gebracht worden. Sogar in den obersten Nischen der Gruft wurden verschiedene Statuen und 337 338 Vgl. Klosterchronik I, 275. Vgl. Klosterchronik I, 288ff. 122 die Weihnachtskrippe verborgen. Außerdem hatte jede Schwester für den Fall einer plötzlichen Vertreibung ihre Papiere sowie ein Sparkassenbüchlein samt Bargeld ausgehändigt bekommen.339 In der Nacht vom 12. auf den 13. April 1919 wachten abwechselnd zwei Schwestern vor dem Allerheiligsten, um bei drohender Gefahr die Mitschwestern sofort wecken zu können.340 Aber auch diese stürmischen Zeiten gingen vorüber und ebenso die angstvolle Sorge über eine mögliche Klosteraufhebung. Die Zwischenkriegszeit verlief für das Kloster eher ruhig, unterbrochen nur von einigen außerordentlichen Gästen: 1921 kamen Erzbischof Piffl, 1924 Bundeskanzler Seipel, 1933 Kardinal Innitzer und mehrmals der Apostolische Nuntius zu Besuch. Das in der Nacht vom 25. auf den 26. Januar 1938 vielerorts gesehene Polarlicht am Himmel war auch in der Gegend um Mayerling deutlich zu sehen. Sollte dies ein drohendes Unheil ankündigen? Der 50. Stiftungstag am 9. Oktober 1939 war jedenfalls nur mit sehr gedämpfter Freude und eher im Stillen begangen worden, da einen Monat zuvor der 2. Weltkrieg ausgebrochen war. Die Schwestern ahnten wohl, daß dies mit noch größerem Leid als bisher verbunden sein würde. Ende Februar 1940 wurde den Schwestern von Provinzial P. Bernhard Lugmaier mitgeteilt, daß die Karmelitinnen in Linz ihr Kloster voraussichtlich bis zum 8. März verlassen müßten. Daraufhin versprachen die Mayerlinger Schwestern, ihnen im Falle ihrer Vertreibung Unterkunft zu gewähren. Zur Freude aller konnten die Schwestern aber in Linz bleiben, mußten jedoch einen Teil ihres Hauses an das Militär abtreten.341 Bereits am 26. April kam die nächste Hiobsbotschaft aus Graz. Der dortige Prior bat um Hilfe für die Grazer Karmelitinnen, die innerhalb von 14 Tagen ihr Kloster zu räumen hätten. Dieses Mal konnte die Sache nicht mehr rückgängig gemacht werden, und so kamen am 14. Mai elf vertriebene Schwestern in Mayerling an. Die restlichen wurden im Karmelitinnenkloster in Baumgarten aufgenommen.342 Nur wenige Monate später aber sollte das schwere Los der Vertreibung die Mayerlinger Karmelitinnen selbst treffen. Am 14. September 1940 erschienen 339 340 341 342 Vgl. Klosterchronik I, 291f. Vgl. Klosterchronik I, 293. Vgl. Bruderhofer, Niederlassungen, 106f. Vgl. Klosterchronik II, 10f. 123 Kreisamtsleiter Vogel, Bürgermeister Dostal, Gendarm Böckl und Lagerführer Ochs und verlangten die Pläne des Klosters zur Einsicht. Tags darauf teilte Gendarm Böckl den Schwestern mit, daß sie auf Anordnung der Kreisleitung Baden das Haus innerhalb von 24 Stunden zu räumen hätten. Auf diese Kunde hin bot sich die Oberin der Hartmannschwestern an, vorerst alle Schwestern im 300 m unterhalb gelegenen Asyl aufzunehmen.343 Am Montag nach der Frühmesse begann man mit der Umsiedlung. Der Hausgeistliche Reinhold Winkler brachte zunächst das Allerheiligste in die Hauskapelle der Hartmannschwestern im Asyl. Anschließend machten sich die Schwestern mit Unterstützung hilfsbereiter Leute an die Arbeit und räumten das Kloster, wobei sie jedoch die Karmelkirche zur Unterbringung ihres Inventars benützen durften. Inzwischen aber war eine Nachricht des Ordinariats eingetroffen mit der Anweisung, daß die Schwestern das Kloster nicht verlassen sollten. Daraufhin vereinbarte der Allander Bürgermeister mit einem Beamten der Kreisleitung, die Räumungsfrist um einen Tag zu verschieben und den Schwestern zusätzlich die Benützung des Betchors und der Sakristei zuzugestehen. Bis spät in die Nacht wurde gearbeitet, und am nächsten Morgen verließen die Schwestern schweren Herzens ihre Heimstätte. Bei den Hartmannschwestern fanden sie liebevoll Aufnahme, und alle bemühten sich sehr, die Not zu lindern.344 Zwei andere (Sr. M. Leonarda und Sr. M. Benedikta) fuhren zu ihren Verwandten. Für den 19. September war die offizielle Übernahme des beschlagnahmten Klosters vorgesehen. Zu diesem Zweck kamen Kreisamtsleiter Vogel, Bürgermeister Dostal, Kreismeister Eichholzer, ein Gendarm und eine Sekretärin nach Mayerling. Den Schwestern standen einige Patres aus Heiligenkreuz und der neue Hausgeistliche der Hartmannschwestern P. Johannes Längauer SVD zur Seite.345 Jetzt erst ließ Bürgermeister Dostal gleichsam die Maske fallen und die Schwestern erkannten, daß er ganz auf der Seite der Parteimänner stand.346 343 344 345 346 Vgl. Klosterchronik, II, 13f. Vgl. Klosterchronik, II, 17. Vgl. Klosterchronik, II, 19. Lange Jahre war Herr Dostal als Zahntechniker bei den Schwestern tätig und gab ihnen auch so manchen Rat bezüglich ihrer Imkerei. Er hatte ein Auge auf die Bienenstöcke geworfen und wollte verhindern, daß die Schwestern sie behalten durften. Vgl. Klosterchronik II, 20. 124 Um gegen das Vorgehen der örtlichen Organe zu protestieren und um die Freigabe der nötigen Wohnräume zu ersuchen, fuhr am nächsten Tag P. Längauer zur Organisationsleitung der Umsiedlung nach Wien. Daraufhin kam am 21. September der Stellvertretende Einsatzführer Bamberger nach Mayerling und bewilligte, daß die Kirche mit den dazugehörigen Räumen, der Elisabethtrakt und das Gartengebäude den Schwestern zur freien Benützung übergeben werden sollten. Auch die Bienenstöcke und den Gemüsegarten sollten sie weiterhin benützen dürfen. Außerdem wurde vereinbart, daß die Kreisleitung Baden die Kosten der Instandsetzungsarbeiten im nun wieder freigegebenen Teil des Klosters übernehmen würde. Entsprechend groß war die Erleichterung bei den Schwestern über diesen positiven Ausgang der Verhandlungen, und sie machten sich sogleich an die Aufräumungsarbeiten in der Kirche.347 Gleichzeitig wurde der Elisabethtrakt wohnlich eingerichtet, und schon bald konnten Sr. M. Beatrix, Sr. M. Anna, Sr. M. Zita, Sr. M. Kreszentia, Sr. Theresia Elia, Sr. M. Euphrasia und Sr. M. Leonarda dort einziehen.348 Die Freude des kleinen provisorischen Karmels dauerte jedoch nicht lange, denn bereits Anfang Januar 1941 wurde das Kloster vom nationalsozialistischen Regime bis auf die Kirche und die Sakristei komplett enteignet. Die Schwestern mußten in verschiedene Klöster, die noch nicht beschlagnahmt waren, verteilt werden. Die Konvente in Gmunden und Wendelborn bei Breslau nahmen etliche Schwestern auf.349 Nur Sr. M. Magdalena und Sr. M. Stanisla blieben in der Sakristei der Mayerlinger Karmelkirche zurück, um das Kloster wenigstens von außen bewachen zu können. Die beiden Schwestern hielten sich mehrere Jahre unter äußerst schwierigen Verhältnissen dort auf. Anstelle der Schwestern waren Umsiedler aus Bessarabien im Kloster einquartiert worden. Am 4. Juni 1941 wurde das Kloster in Wendelborn beschlagnahmt, und die dorthin geflüchteten Schwestern aus Mayerling hatten wieder kein Zuhause. Bei den Ursulinen in Breslau konnten sie nur eingeschränkt ihr Ordensleben weiterführen. Im Frühjahr 1942 wünschte Provinzial P. Heribert, daß die Schwestern wieder in 347 348 349 Vgl. Klosterchronik II, 20f. Vgl. Klosterchronik II, 23. Vgl. Huttner, Karmelitinnen, 62. 125 Karmelitinnenklöstern untergebracht würden, wo sie in strenger Klausur leben konnten. Einige Schwestern kamen nach Bayern, und zwei kehrten nach Österreich zurück.350 d) Der Wiederbeginn 1945 Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges sollten auch die Ortschaften des Wienerwaldes die Auswirkungen der Kampfhandlungen mit voller Härte zu spüren bekommen. Als die russische Arme österreichisches Gebiet erreicht hatte, beschloß die militärische Führung eine großräumige Einschließung Wiens. Zu diesem Zweck brach die sowjetische Armee Anfang April von Baden über Heiligenkreuz zur Westbahnstrecke und von dort über den Riederberg ins Donautal bei Tulln durch. Die deutschen Truppen verschanzten sich im hügeligen Gelände um Alland und leisteten fast drei Wochen erbitterten Widerstand. In Folge der Kampfhandlungen wurde Alland schwer getroffen und galt als die am schwersten zerstörte Gemeinde im Wienerwald. Die Kirche und die Volksschule brannten aus, und 32 Häuser wurden völlig zerstört.351 Auch in Mayerling gab es zahlreiche Kriegsschäden zu beklagen. So wurden durch Artilleriebeschuß die farbigen Glasfenster und das Dach der Kirche schwer beschädigt. Nachdem die russischen Truppen das Klostergebäude besetzt hatten, wurde es auf Befehl der Kommandantur den Schwestern zurückgegeben. Durch das Kloster zog sich jedoch eine Spur der Verwüstung. Teilweise war der Putz herunter geschlagen und die hölzernen Bodenbretter herausgerissen. Allmählich kehrten die Schwestern, die in den Jahren des Krieges in die verschiedenen Himmelsrichtungen verstreut wurden, nach Mayerling zurück. So kamen am 20. Juli 1946 Sr. M. Johanna Evangelista und Sr. Theresia Elia aus dem Karmel in Rödelmaier/Bayern, am 1. Oktober Sr. M. Beatrix und Sr. M. Benedikta aus Gmunden und am 31. Mai 1947 Sr. M. Zita aus Wilten/Innsbruck zurück.352 Unter großen Entbehrungen und Opfern begannen sie wieder ihr kontemplatives Leben hinter den eigenen Klostermauern zu führen. Zu ihren ersten Aufgaben 350 351 352 Vgl. Klosterchronik II, 1941-1944. Vgl. Dorffner, Alland, 57. Vgl. Klosterchronik II, 1947. 126 gehörte es, die einzelnen Zellen in Ordnung zu bringen und notdürftig einzurichten, denn nun galt es, auch anderen Schwestern Zuflucht zu gewähren. Durch die politischen Wirrnisse mußten am Ende des Krieges die deutschen Schwestern des Karmelitinnenklosters in Prag das Land verlassen. Nach dreimonatiger Internierung erfolgte die Ausweisung nach Österreich. Am 10. August 1945 kamen sie nach Baumgarten und fanden dort vorübergehend Zuflucht. Bereits am 22. August reisten die vertriebenen Schwestern (Priorin M. Nepomucea, Sr. M. Michaela, Sr. M. Anna, Sr. M. Dominika und Sr. M. Theresia) weiter nach Mayerling, wo sie Aufnahme fanden. Da die Priorin M. Nepomucea und Sr. M. Theresia unter Heimweh litten, versuchten sie so bald als möglich nach Prag zurückzukehren. Schon am 9. September 1945 erhielten sie vom Provinzial die Erlaubnis, nach Baumgarten zu reisen, und von dort ging es nach einer kurzen Verzögerung am 14. November heimwärts nach Prag.353 Am 18. Januar 1946 übersiedelten die Schwestern (Priorin M. Elia, Sr. M. Theresia, Sr. Josefa Elekta, Sr. M. Baptista, Sr. Paula Maria, Sr. M. Hildegard und Sr. M. Josefa) aus dem Grazer Konvent, die in den Jahren zuvor in Baumgarten Unterkunft gefunden hatten, in den Karmel von Mayerling. Die Wiedererrichtung der päpstlichen Klausur am 3. Mai 1946 trug zur Normalisierung des Ordenslebens bei. Im selben Monat erbat die bisherige Priorin, Mutter M. Stanisla, von ihrer Aufgabe als Vorsteherin des Klosters entbunden zu werden. Als Nachfolgerin wurde vom Karmel Baumgarten Sr. M. Regina gewählt und am 8. Juni in ihr neues Amt eingeführt.354 In den Jahren 1956/57 wurde die ehemalige Gärtnerwohnung nach den Plänen des Architekten Karl Högler in ein Gästehaus umgebaut. Die Kosten für dieses Projekt wurden größtenteils von Wohltätern und durch ein Darlehen gedeckt.355 Den Schwestern diente diese Fremdenpension als wichtige Einnahmequelle. Bis Ende der 80er Jahre fanden hier in den Sommermonaten viele Gäste Erholung und Ruhe. 353 354 355 Vgl. Klosterchronik II, 1945. Vgl. Klosterchronik II, 1946. Vgl. Klosterchronik II, 1956-1957. 127 Ortsansicht von Mayerling Noch heute nach über 110 Jahren zieht es die Menschen an den Ort des Geschehens vom 30. Januar 1889. Die vielen Besucher, die heute nach Mayerling kommen, können die neugotische Kirche des Klosters besichtigen. In der Sakristei und in einem Nebenraum sind auch einige Erinnerungsstücke und Fotografien aus der Kaiserzeit ausgestellt. Die Einnahmen dienen den Schwestern für ihren Lebensunterhalt und für die oft kostspieligen Renovierungen der Kirche und des Klosters. Der Besucherstrom nahm in den letzten Jahren merklich ab. Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, daß es die Touristen aus aller Welt nicht mehr in großen Scharen nach Mayerling zieht, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war. Den meisten Besuchern, die weiterhin nach Mayerling kommen und die Kirche besichtigen, wird nicht bewußt, daß sich Karmelitinnen auf der anderen Seite hinter dem Hochaltar in Stille und Einsamkeit vor Jesus im Tabernakel versammeln, um nach dem erhabenen Gedanken der hl. Teresa zu leben: „Gott allein genügt!“ 128 SCHLUSS Zum Abschluß dieser historischen Untersuchung über das kirchliche Leben im kleinen Ort Mayerling soll ein zusammenfassender Rückblick über die wichtigsten historischen Etappen gegeben werden. Wenn man auf die Geschichte von Mayerling zurückblickt findet man einerseits eine relativ ruhige Entwicklung, andererseits fand im Jahre 1889 ein markantes Ereignisse statt, das diesen kleinen unscheinbaren Ort im Wienerwald weltbekannt machte. Als die Römer ihr Imperium bis zur Donau ausbreiteten, brachten sie auch das Christentum erstmalig in diese Gegend um Wien. Nach dem Zerfall des römischen Reiches zogen sich die meisten der ehemaligen Bewohner nach Italien zurück und überließen das Land verschiedenen Völker. In der Folgezeit begann von Bayern aus eine rege Missionstätigkeit, wobei das Bistum Passau bis weit über die Enns nach Osten reichte. Um die Grenzen des fränkischen Reiches besser vor den Einfällen der Ungarn schützen zu können, errichtete man zwischen Enns und dem Wienerwald die Mark Ostarrichi. Das Gebiet wurde den Babenbergern übergeben, und diese bauten ihren Herrschaftsbereich ständig aus. Inzwischen hatte sich die abendländische Kirche zwar kontinuierlich ausgebreitet, geriet aber immer mehr in die Abhängigkeit weltlicher Macht. Durch eine tiefgreifende Erneuerung befreite sich die Kirche aus dieser Umklammerung, und es entwickelten sich zahlreiche neue Ordengemeinschaften, wie z. B. die Zisterzienser in Frankreich. In diesen Reformorden trat Otto, ein Sohn des Markgrafen Leopold III., ein. Auf Wunsch seines Sohnes holte Leopold im Jahre 1133 die Zisterzienser in sein Land und schenkte ihnen ein Gebiet im Wienerwald. Im 14. Jahrhundert wurden die Patres des Stiftes Heiligenkreuz auch mit der Seelsorge außerhalb ihres Kloster betraut und kamen somit in den Besitz der Urpfarre Alland. Um die Seelsorge effizienter ausüben zu können, errichteten sie in Mayerling eine Kapelle zu Ehren des hl. Laurentius. In den folgenden Jahren entwickelte sich dort ein bescheidenes Wallfahrtswesen, und es gelang auch eine Bruderschaft zu gründen. Von den Türken zweimal niedergebrannt, wurde das Gotteshaus auf 129 Initiative der Mönche immer wieder aufgebaut und vergrößert. Hierbei erwarben sich die Äbte Michael Schnabel und Clemens Schäffer große Verdienste. Für die regelmäßigen Gottesdienste waren nicht die jeweiligen Pfarrer von Alland zuständig, sondern die Äbte bestimmten hierfür eigene Provisoren. So vergingen fast vier Jahrhunderte, bis der jagdbegeisterte Kronprinz Rudolf (1858-1889) Interesse an den im Stiftsbesitz befindlichen Häusern um die Laurentius-Kirche zeigte. Nach dem Erwerb der Gebäude ließ er diese in ein kleines Jagdschloß umgestalten, und ab 1887 konnte er von hier aus mit seinen Freunden auf die Jagd gehen. Ende Januar 1889 begab er sich zum letzten Mal zu einem Jagdausflug nach Mayerling. Von dort sollte er nicht mehr lebend nach Wien zurückkehren. Denn am 30. Januar 1889 wurde er zusammen mit der Baronesse Vetsera tot in einem Zimmer des Jagdschlosses aufgefunden. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Todesnachricht Rudolfs verbreiteten sich die widersprüchlichsten Gerüchte über den Tathergang. Aufgrund verschiedenster Indizien und möglicher Motive deutet vieles auf Selbstmord hin, aber auch eine gewaltsamer Tod durch andere kann nicht völlig ausgeschlossen werden. Auf Wunsch des Kaisers sollte sich am Ort des Geschehens ein kontemplativer Orden niederlassen, um für das Seelenheil seines verstorbenen Sohnes zu beten. Nachdem die Karmelitinnen von Wien-Baumgarten einer diesbezüglichen Anfrage zugestimmt hatten, wurde das Jagdschloß in ein Kloster umgebaut. Bereits am 9. November 1889 konnten die ersten Schwestern in ihr neues, aber noch nicht ganz fertiggestelltes Kloster einziehen. Oft hatten sie unter den verschiedensten Schwierigkeiten zu leiden, und für sie wurde Mayerling ein Ort, der mit vielen Opfern verbunden war. Bei den mehrmaligen Besuchen in Mayerling äußerte sich der Kaisers stets zufrieden über seine gelungene Stiftung. Für die Laurentius-Kirche bedeutete die Errichtung des Karmelitinnenklosters jedoch das Ende. Da die Kirche nicht in die Klosteranlage integriert werden konnte, wurden sie abgerissen. An ihrer Stelle entstand ein Mausoleum, die Begräbnisstätte der Schwestern. Viele Jahrhunderte stand die Laurentius-Kirche oberhalb des Ortes und konnte schon von weitem gesehen werden. Mit Wehmut mußte die Bevölkerung zusehen, wie ihre kleine Wallfahrtskirche für immer verschwand. 130 In den ersten Jahren nach der Stiftung des neuen Karmelklosters entstanden von Mayerling aus zwei Tochtergründungen in Wandorf (1892) und Aufkirchen (1896). Bis zum 1. Weltkrieg konnten sich die Schwestern immer wieder auf das Wohlwollen und den Schutz des Kaisers verlassen. Als aber die Monarchie zerfiel, wurde ihnen die finanzielle Unterstützung entzogen. Zudem mußten sie in dieser Zeit des Umbruchs mit möglichen Übergriffen der Bevölkerung rechnen. Ohne jedoch irgend einen Schaden zu erleiden, vergingen diese angstvollen Wochen, und es konnten auch Wohltäter im Ausland gefunden werden. Schmerzlich entwickelte sich die Lange, als zu Beginn des 2. Weltkriegs das NSRegime Wohnraum für ausgesiedelte Volksdeutsche suchte. Ohne auf die Schwestern Rücksicht zu nehmen, wurde im September 1940 angeordnet, daß in kürzester Zeit das Kloster zu räumen sei, mit Ausnahme der Kirche und der Sakristei. Fürsorglich wurde die vertriebenen Karmelitinnen von den Hartmannschwestern im Asyl und in andern Klöstern aufgenommen. Nach dem 2. Weltkrieg kehrten die Schwestern allmählich nach Mayerling zurück, und begannen wieder ein gemeinsames Ordensleben. Vor den vielen Touristen verborgen, führen sie ein Leben des Gebetes und der Sühne. Bis zum heutigen Tag beten sie in besonderer Weise am 30. Januar für den verstorbenen Kronprinz Rudolf und lassen die hl. Messe für ihn feiern. In gleicher Weise gedenken sie jedes Jahr im November ihres 1916 verstorbenen Stifters Kaiser Franz Joseph. Die Schwestern freilich nehmen in ihr Gebet auch all jene Menschen mit hinein, die als Touristen nach Mayerling kommen, und sind überzeugt, auch auf diese Weise ihrer christlichen Berufung zum stellvertretenden Gebet für andere nachzukommen. Das 2. Vatikanische Konzil hat in seinem Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens „Perfectae caritatis“ in Nr. 7 über die sog. „beschaulichen“ (kontemplativen) Orden festgestellt, daß ihre Mitglieder durch ihre spezifische Berufung „in Einsamkeit und Schweigen, anhaltendem Gebet und hochherziger Buße für Gott allein da sind“ und zugleich in der Kirche Christi, seinem mystischen Leib, „immer eine hervorragende Stelle“ einnehmen. Eben dies wird exemplarisch an den Schwestern des Karmels St. Josef in Mayerling sichtbar und verwirklicht sich auch zu Beginn des 3. Jahrtausends nach Christus! 131 QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS Ungedruckte Quellen Stiftsarchiv Heiligenkreuz: - Stiftungsurkunde für Heiligenkreuz - Johannes Baptist Jurmann: Beschreibung der wider lobwürdig Erbauten und wider erhöbten Capellen des hl. Laurenty in Mayerling. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 13 - Memoriale des Abtes Clemens Schäffer für den Turmknopf der Laurentius-Kirche in Mayerling 1683. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 7 - Neubau-Rechnung 1681/82. In: Rub. 22, Fasc. 8., Nr. 6 - Maler-Rechnung. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 9 - Bildhauer-Rechnung. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 10 - Meßstiftungsurkunde. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 11 - Rechnungen der Restaurierung 1880/81. In: Rub. 22, Fasc. 8 - „Maierling“, eine handschriftliche Beschreibung der Laurentius-Kapelle, vermutlich aus dem 19. Jh. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 27 - Kaufvertrag für die Laurentius-Kirche. In: Rub. 22, Fasc. 8, Nr. 12 Klosterarchiv Mayerling: - Klosterchronik: Bd. I und II - Stiftbrief Klosterarchiv Aufkirchen: - Klosterchronik Pfarrarchiv Alland: - Pfarrchronik Pfarrarchiv Maria Raisenmarkt: - Gedenkbuch 1831-1959 Niederösterreichisches Landesarchiv: - Geistliche-Stiftsbrief-Sammlung, Karton 61, Nr. 39/533 132 Gedruckte Quellen Continuatio Claustroneoburgensis Secunda. In: MG SS, Bd. 9, Hannover 1851, 617, Nr. 1177-1184. 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KirchTop = Historische und topographische Darstellung der Pfarren, Stifte, Klöster, milden Stiftungen und Denkmäler im Erzherzogthume Österreich. Bd. 4. Wien 1825. LThK2 = Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Auflage, hg. von Josef Höfer u. Karl Rahner, 10 Bde. u. Reg.-Bd., Freiburg i. Br. 1957-67. LThK3 = Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, hg. von Walter Kasper u. a., 11 Bde., Freiburg i. Br. 1993-2001. TopNÖ = Topographie von Niederösterreich. Bd. 6. Wien 1909. UboE = Urkundenbuch des Landes ob der Enns. Bd. 9. Linz 1906. 143 LEBENSLAUF 1. Persönliches Name: Rückl Vorname: Peter geb.: 25.04.1965 in Rosenheim Staatsangehörigkeit: deutsch 2. Schulbildung 1971 - 1975 Grundschule Stephanskirchen 1975 - 1980 Hauptschule Stephanskirchen 3. Beruflicher Werdegang 1980 - 1983 Feinmechanikerlehre mit abgelegter Facharbeiterprüfung 1983 - 1985 Berufspraxis 1985 - 1986 Grundwehrdienst 1987 - 1988 Berufspraxis 4. Theologiestudium 1988 - 1989 Vorbereitungslehrgang (Phil.-Theol. Hochschule Heiligenkreuz) 1990 - 1992 I. Studienabschnitt (Phil.-Theol. Hochschule Heiligenkreuz) 1992 - 2002 I. u. II. Studienabschnitt (Phil.-Theol. Hochschule St. Pölten) Kleinhain, den 13.12.2002 144