Schülerbeförderung und Kosten für Lernmittel

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Schülerbeförderung und Kosten für Lernmittel
2 K 281/14 We
VERWALTUNGSGERICHT WEIMAR
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Verwaltungsstreitverfahren
des Herrn _____ K_____,
P_____, _____ W_____,
- Kläger Prozessbevollm.:
Rechtsanwälte Dr. Leese und Partner,
Alfred-Hess-Straße 23, 99094 Erfurt
gegen
die Stadt Weimar,
vertreten durch den Oberbürgermeister,
Schwanseestraße 17, 99423 Weimar,
- Beklagte wegen
Schülerbeförderung und Kosten für Lernmittel
hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Weimar durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Heisel als Einzelrichter
aufgrund der mündlichen Verhandlung am 9. Juli 2015 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig
vollstreckbar.
Der
Kläger
kann
die
Vollstreckung
durch
Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme von Schülerbeförderungskosten.
Der Sohn des Klägers, _____ N_____, besuchte im Schuljahr 2013/2014 die Klassenstufe 6
der Staatlichen Gemeinschaftsschule in Weimar. Sitz der Gemeinschaftsschule ist die
Gropiusstraße 1. Wegen Überschreitung der Kapazitätsgrenze aufgrund gestiegener
Schülerzahlen wurde ein Teil der Schüler in einem weiteren Gebäude „Am Hartwege“
untergebracht. Dazu gehört auch der Sohn des Klägers.
Mit Bescheid vom 15.10.2013 lehnte die Beklagte die Übernahme der Beförderungskosten ab.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Thüringer Landesverwaltungsamt mit
Bescheid vom 10.02.2014 zurück. Der Weg zur nächstgelegenen Regelschule bzw. zum
nächstgelegenen Gymnasium sei kürzer als 3 km.
Am 10.03.2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist im Wesentlichen der Auffassung, auf die
Entfernung zur nächstgelegenen Regelschule bzw. zum nächstgelegenen Gymnasium komme
es hier auf Grund der vorliegenden besonderen Umstände nicht an. Die entsprechende
Regelung im Thüringer Schulfinanzierungsgesetz sei hier nicht anwendbar. Im Übrigen
verhalte sich die Beklagte willkürlich und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
verstoßend.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 15.10.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
10.02.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Fahrtkosten bei der
Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel vom Wohnort zum Schulgebäude „Am
Hartwege“ zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Sie weist nochmals darauf hin, dass hier allein maßgeblich der Weg zur nächstgelegenen
Regelschule bzw. zum nächstgelegenen Gymnasium sei. Danach ergäbe sich kein
Erstattungsanspruch.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die
Gerichtsakte und die Behördenakte des Beklagten (ein Hefter).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Übernahme von Schülerbeförderungskosten ist § 4
Thüringer Schulfinanzierungsgesetz. Danach sind die Träger der Schülerbeförderung
(Landkreise und kreisfreie Städte) verpflichtet, unter anderem die Beförderung der Schüler
der allgemeinbildenden Schulen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 Thüringer Schulfinanzierungsgesetz) zu
übernehmen oder ihnen bzw. ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen
für den Schulweg zu erstatten, sofern diese Beförderung notwendig ist (§ 4 Abs. 3 Satz 1
Thüringer Schulfinanzierungsgesetz). Eine Beförderung ist in der Regel notwendig, wenn
unter anderem bei Schülern der vorgenannten Schulen ab der Klassenstufe 5 ein Schulweg
von
mindestens
drei
Kilometern
besteht
(§
4
Abs.
1
Nr.
2
Thüringer
Schulfinanzierungsgesetz). Eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht gemäß § 4
Abs. 5 Satz 1 Thüringer Schulfinanzierungsgesetz jedoch nur für den kürzesten Weg
zwischen der Wohnung der Schülers zur nächstgelegenen, aufnahmefähigen staatlichen
Schule, die den vom Schüler angestrebten Abschluss ermöglicht. Bei Schülern der
Gemeinschaftsschule ist ab der Klassenstufe 5 der Erstattungsanspruch auf die jeweils
höheren Aufwendungen, die für den Besuch der nächstgelegenen Regelschule oder des
nächstgelegenen Gymnasiums anfallen würden, beschränkt (§ 4 Abs. 6 Satz 2 Thüringer
Schulfinanzierungsgesetz).
Diese Voraussetzungen sind beim Sohn des Klägers nicht erfüllt. Unstreitig ist sowohl die
nächstgelegene Regelschule, als auch das nächstgelegene Gymnasium weniger als 3 km vom
Wohnort des Klägers bzw. seines Sohnes entfernt. Danach ist eine Beförderung nicht
notwendig und es besteht kein Erstattungsanspruch. Einzig und allein darauf kommt es an.
Die geschilderten besonderen Umstände an der Gemeinschaftsschule spielen dabei keine
Rolle.
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Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Normgeber bei der Gewährung freiwilliger
Leistungen einen sehr weitreichenden Gestaltungsspielraum bei der Reichweite seiner
Förderung hat und standardisieren und pauschalieren darf. Die nach Maßgabe des
Landesrechts für die Schülerbeförderung gewährte Leistung ist - verfassungsrechtlich gesehen
- eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand, ohne dass die staatliche Verpflichtung zum
besonderen Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz), das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1
Grundgesetz gewährleistete Elternrecht, das Grundrecht des Schülers auf Bildung (Art. 2 Abs.
1 Grundgesetz) sowie das in Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip einen
Anspruch darauf begründen, dass die öffentliche Hand die Kosten der Schülerbeförderung
übernimmt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.11.2012 - 2 ME 359/12 -). Im Grundsatz
tragen die Erziehungsberechtigten, solange Schülerinnen und Schüler minderjährig sind, die
Verantwortung für einen sicheren Schulweg und sind verpflichtet, die damit verbundenen
Kosten zu übernehmen. Entstehen hierfür Aufwendungen, handelt es sich dem Grunde nach
um typische Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung, die nicht beim Staat liquidiert
werden können. Der Schulweg steht in erster Linie nicht unter der Verantwortung der Schule,
des Schulträgers oder einer sonstigen staatlichen Stelle, sondern der Erziehungsberechtigten.
Die Regelungen zur Schülerbeförderung stellen - lediglich - sicher, dass unter den dort
genannten Bedingungen Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihren finanziellen und
sonstigen häuslichen Verhältnissen die „nächste Schule“ erreichen können, ohne hierfür
finanzielle Mittel aufwenden zu müssen. Davon abgesehen verbleibt es bei der
grundsätzlichen Verantwortlichkeit der Erziehungsberechtigten (vgl. OVG Lüneburg, Urteil
vom 02.12.2014 - 2 LB 353/12 -).
Vor diesem Hintergrund besteht für keinen Schüler ab der Klassenstufe 5 der staatlichen
Gemeinschaftsschule in Weimar ein Anspruch auf Übernahme der Beförderungskosten, wenn
die Entfernung zwischen seinem Wohnort und der nächstgelegenen Regelschule bzw. dem
nächstgelegenen Gymnasium weniger als drei Kilometern beträgt. Die Regelung in § 4 Abs. 6
Thüringer Schulfinanzierungsgesetz zur Übernahme der Beförderungskosten beim Besuch
einer Gemeinschaftsschule gilt in Thüringen für alle Schüler, die eine solche Schule
besuchen, gleichermaßen. Eine Ausnahme hiervon lässt das Gesetz nicht zu. Sollte die
Beklagte in der Vergangenheit dennoch Kosten erstattet haben, bestand hierauf kein Anspruch
und führt nicht dazu, dass der Kläger hieraus für sich weitere Ansprüche herleiten kann.
Ebenso wenig lässt sich daraus ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3
Grundgesetz ableiten.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zu, wenn sie von diesem zugelassen wird.
Die Zulassung der Berufung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils
beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Weimar zu stellen.
Der Zulassungsantrag ist innerhalb zweier Monate nach Zustellung des Urteils zu begründen.
Die Begründung ist - wenn sie nicht bereits mit dem Zulassungsantrag erfolgt - beim
Thüringer Oberverwaltungsgericht, Kaufstraße 2 - 4, 99423 Weimar einzureichen.
Hinweis: Für das Berufungsverfahren besteht Vertretungszwang nach Maßgabe des § 67
Abs. 2 und 4 VwGO; dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung.
Heisel
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 354,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen den Streitwertbeschluss steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zu.
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Weimar einzulegen.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird,
nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich
anderweitig erledigt hat.
Heisel
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