Band V
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Band V
JOSEF GABRIEL RFIEINBERGER BRIEFE UND DOKUMENTE SEINES LEBENS V Herausgegeben von Harald Wanger und Hans-Josef Irmen PRISCA VERLAG, VADUZ 1984 © 1984 by PRISCA VERLAG, VADUZ (Prisca Verlag, Vaduz, Fürst Johannesstrasse 25, FL-9494 Schaan) Alle Rechte vorbehalten / Printed in Liechtenstein 4''T 44.;4p,;,.r,r.''.r.' Odeonsplatz in Miinchen (links das Königlichc Odeon) Zeitgenössischer Stahistich Vorwort Der vorliegende 5. Band der Dokwnente zu Leben und Werk Josef Gabriel Rheinbergers behandelt die Zeitspanne zwi- schen 1874 und 1884. Es ist die Zeit der Etablierung des zu Berüh.mtheit gelangten Komponisten und Lehrers. Schein- bar ohne bedeutende Höhen und Tief en läuft das Leben in München ab zwischen koinpositorischen Erfolgen, Lehrtätigkeit im Cxleon, gesundheitlichen Schwierigkeiten und bürgerlicher Häuslichkeit. Die Gattin Fanny von Hoffnaass be- tätigt sich weitgehend als spiritus rector, gibt Anregun- gen, pflegt den Kontakt mit Freunden und Bekannten und sammelt und ordnet den Schriftverkehr ihres Gatten. Aufenthalte in Wildbad Kreuth und im heimatlichen Vaduz bringen Abwechslung und Erholung in das von Arbeit gekennzeichnete Leben Rheinbergers. Abgesehen von einer erneuten schweren Erkrankung der rechten Hand des Komponisten scheint al- les zum Besten bestellt zu sein. Er kann es sich leisten, eine Berufung nach Frankfurt am Main nur unter der Voraussetzung abzulehnen, dass in München für sein Verbleiben an der Königlichen Musikschule gewisse Bedingungen erfüllt werden. Trotz dieser àusseren Erfolge zeigt sich, wenn auch vorerst nur andeutungsweise, die allmählich beginnende Vereinsamung: Rheinberger scheut sich mit zunehmendem Alter, in semen geliebten Heimatort Vaduz zu fahren, wo der Tod grosse Lücken in seine Familie gerissen hat. Nur bei äusseren Anlässen reist er dahin, etwa wenn er zu den Trauerfeierlichkeiten seines verstorbenen Vaters die von ibm entworfene neue Orgel der Pfarrkirche erstmals spielt. EditionstechniSch ergaben sich für diesen Band vermehrte Schwierigkeiten. Durch die grosse Zahl der für die behandelte Zeitspanne vorliegenden Dokumente war eine strenge Auslese erforderlich. In den Briefsaminlungen Fanny Rheinbergers (in der Bayerischefl Staatsbibliothek München) und der Familie Rheinberger (im Josef Rheinberger-Archiv Vaduz) findet sich manches für die Biographie Unwichtige: belanglose Brief e von Schülezn, Korrespondenzen mit Verlegern, Bitten urn Empfehlungen usw. Um der besseren Lesbarkeit und ITL Uebersichtlichkeiit willen wurde Nebensächliches und Unbedeutendes weggelassen; in einigen wenigen Fallen rnussten auch Briefe gekürzt werden, wobei Weglassungen jedesmal ekennzeichnet sind (/. .1). . Auch die Veräffentlichung dieses 5. Bandes ware nicht znöglich gewesen ohne die Mitarbeit der Familien Rheinberger in Vaduz, der Bayerischen Staatsbibliothek München und des Josef Rheinberger-Archivs Vaduz, sowie die finanzielle Unterstützung durch die Fürstliche Regierung Vaduz, der Gemeinden Vaduz und Schaan wie auch em weiteresmal durch die "Stiftung fürstl. Kommerzienrat Guido Feger". Ihnen ist wiederum herzlich zu danken. Schaan (Liechtenstein), im Herbst 1984 Die Herausgeber BRIEFE UND DOKUMENTE 5. Teil: 1.1.1874 - 28.10.1884 ANHANG: Musikalischer Brief "Lieber Johnnie" vom 11.1. 1874 Fanny Rheinberger "Wagenfahrt Uber den Arlberg" (Entstehung unserer Legende Christophorus) Bericht Uber die Gesundheitsverhältnisse von Josef Rheinberger /T.B.3,12/ 1./Januar 1874/. Eben kommen wir vom Hoftheater zurück, wo die sieben Raben mit groBem Enthusiasmus aufgenornmen wurden. Das Haus war gedrängt you. Curt hatte grol3e Freude, daB sein alter Gönner, Prof.v.Schafhäutl ausnahmsweise auch irn Theater war. Wüllner hatte die Direktion. Die Stehie war eminent bei Stimme. Die Kerkerscene erschütterte uns wieder sehr. Die schluchzende Viola ist Curt's Lieblingsstelle. Vormittag hatte Curt in der Hofkirche sein Tui. stint coeli gehört. /T.B.3, 15/ 4./Januar 1874/. Curt hat Catarrh und versagt er sich der morgigen, erstmaligen Aufführung von Thürmers Töchterlein in Graz beizuwohnen. Josepf Rheinberger schreibt folgenden Neujahrsbrief an Franz von Holstein: den 4. Januar 1874 Sehr geehrter Freund! Es ist em guter alter Brauch, sich das neue Jahr anzuwUnschen, wie sehr man auth in unsrer aufgeklärten Zeit dagegen mit Neujahrswunschenthebungskarten ankämpft - man denkt unwillkürlich zurück an All das, was sich seit dem letzten Neujahr ereignet; man schaut in sich, urn sich, hinter sich - und gewahrt mancherlei, das zu Freud oder Leid, oder Beherzigung oder Warnung dient. Indem ich nun urn mich schaute, entdeckte ich mit Entsetzen unter meinen Briefschulden die gräulichste - die Briefschuld an Sie, verehrtester Freund. Wenn ich auch nun em paar Tage zu spat kornine, so hoffe ich doch, daI3 Sie meine besten GiLickwünsche für Sie und Ihre geehrte Frau nicht weniger herziich aufnehrnen werden. Wie steht es denn eigentlich mit Ihrern "Erben von Morley"? Da die "Genoveva" nun glUckiich Uberwunden 1st, so soilte ich meinen, daf keine weiteren Hindernisse rnehr wären. Indessen kommt em land und fllhrt uns setzlicher Verlust für München). Fri. tUckischer Freiherr aus Norddeutschdie Stehle weg - em geradezu uner(nicht für Norddeutschland, sondern Stehie singt nämlich in jeder 2 Vorstellung besser als das vorige Mal - ich glaube, sie thut es uns zum Trotz; sie bleibt übrigens hier - singt also vielleicht hie und da in einem Concert. Unser Heldentenor Nachbaur 1st aus Cholerafurcht durchgebrannt. Nichts als die Erinnerung an em hohes ye! hinterlassend. Meine bessere Hälfte und meine schiech- tere (letztere bin ich selbst) arbeiten jetzt an einer Chor- und Soloballade. Sonst schreibe ich gem lustige Sachen, da ich das musikalische Bauchweh, Weltschmerz genannt, nicht ausstehen kann, so beharrlich dessen Apostel es uns vorzeigen lassen und lobpreisen - kommt nun auf eininal so em bezopfter (kommt von Zopf mit einem F) ilberwundener Komponist, namens Haydn, (em "grol3er" Mann hat ihn elnmal elnen Lakalen geheif3en) und fUhrt uns am Christkmndtag seine Jahreszeiten vor - "geistreich wars zwar nicht, hat auch niernand Kopfweh oder KrHmpfe bekornmen, aber em Jubel war in dern Publikum, dai3 sich fast niemand dem gewaltigen Eindruck entziehen konnte ... sah ich sogar em Mitglied "eines Komponistenvereins" verschEmt hinter einer SHule applaudieren (der Arme wird kuriose Bu2e tun). I --- ---- r'--.; M g',: ;1.#TZ -- __- V - 7 -- :.e,_ ..-.-.- -- - - i w K-- rr .-. - -- - -7 I 4 '% , - fif Bum Dieses kleine geniale Impromtu 1st mit unsaglich verschämtem Ausdruck zu begmnnen, mit titanenhaf tern Crescendo bis zum grof3en Bum durchzukHmpfen, bei welchem drei grof3e Trommein mit elnern "welterlösenden" (germ- ger können wir's nimmer tun, die Nachf rage ist zu stark) Krach das endlose, aligerneine "Nichts" in nebel(nibel)- -3haftes Crauen und woiltistiges Dämmern auflösen. So etwas bringt em "Lakai" nicht zustande. Im Heruntersteigen Uber die Treppe des Odeons äuf3erte sich em genialisch aussehender junger Mann (bleich und langhaarig, die ungeloste Wonnedifferenz sichtlich im Busen tragend) zu seiner ihm angeschmiegten Begleiterin: "Das 1st alles nichts als Musik - wir aber wolien Ideen, grofe, weltbeherrschende Ideen" - und wie ähnliches Geschwafei lautete. Der arme Tropf! Was wUrde er zu meiner Ideentrilogie sagen, womit ich (wenn das Zeitalter erst reif genug ist ) die Welt in Erstaunen zu setzen gedenke! Meine Ideentrilogie hei6t: I. "Der Urschlamm", II. "Die schreckiichen Folgen der nattirlichen Zuchtwahi", III. "Der Affe". Die dern Ganzen vorangehende Ouverture dauert 2 1/2 Stunden und schildert "den Kampf urns Dasein". Sie beginnt mit dem Wahnsinnsmotiv. 7tc 0 It I Eriassen Sie mir, geliebter Freund, die weitere Schilderung, es greift rnich zu sehr an. Nur eines erlaube ich mir anzudeuten: die zerschmetternde Wirkung im 7611. Takt, wo sichgenanntesWahnslnnsrnotiv mit dem Cholerarnotiv kreuzt! Diese Modulation werden wenige tiberieben! I. Abend. Vorhang auf - Biihne leer - nichts ais Urschlamm, soweit das Auge reicht. - Der Dirigent klopft, er beginnt mit einer General- pause von genau 15 Minuten, weiche er mit dem Chrono- meter in der Hand gewissenhaft auszutaktieren hat man strengt sich an zu hören und hört doch nichts es 1st eben das groBe, gewaltige Nichts, aus dem erst alles werden soil; - nach diesen 365 Takten Generalpause 5/4 Adagio beginnen die KontrabEsse mit dem tie f en 0 0 0 -4- durch 212 Takte; weitere Generalpause von 119 Takten, dann antwortete eine Flöte mit ,9. Q. - durch ebenfalls 212 Takte - der Hörer fängt an nervös zu werden; - er sieht starr auf den Urschlamm, derselbe teilt sich in Tausende von Molekillen, weiche immer festere Gestalt annehmen und sich whrend der folgenden' Musik berelts zu "Muscheln" gestalten: Flöte Contrabass . r_ ._ -- -mn p. . ai 'A - S ;_ __ - q .. I b -£ W ._ Bemerken Sie, wie bier das Werden aus dem Nichts geschieht? Graut Ihnen schon? Mir auch! Sie können sich den Reichtum an Ideen des II. Satzes denken, wenn die Muschel und die Muschelin allein 500 Metamorphosen durchzumachen haben, bis wir beim III. Tell angelangt -5- sind. Die Introduktion zu demselben malt das werdende SelbstbewuBtsein des Darwinschen Starnmvaters, dessen Kummer Uber semen letzten RUckenwirbel, der ihm das bequeme Sitzen unmoglich rnacht - seine Seelenkämpfe, dieses UberflUssige los zu werden urn sich dadurch zurn Menschen aufzuschwingen. Glauben Sie mir, die 24 Tonarten reichen nicht bin, urn alle diese titanischen Kämpfe zu malen. Erlassen Sie mir das Ubrige. Ich habe bewiesen, daa es nicht an riesigen Ideen fehit. Wie harmios nehmen sich dagegen die Haydn'schen Versuche aus - wie kindisch ist nicht diese sogenannte absolute Musik, so ungefähr träumte mir nach Auffiihrung der Jabreszeiten. Wie em Alp rang es sich mir von der Brust - ich wurde wach und empfand mit Entzücken, dal3 ich nicht an der Schwelle des Jahres 1974, sondern 1874 war. /T.B.3, 17/ 5./Januar 1874/ Auf Brahms' Verlangen (durch Levi) die Partitur der Quverture der 7 Raben nach Wien geschickt. Johannes Brahms beabsichtigte, Rheinbergers Ouverture im Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien am 25. Januar 1874 aufzuführen,und schrieb an den Hofkapelimeister Hermann Levi in München: Januar 1874 Lieber Freund, Das 7 Raben-Vorspiel mugte ich den l9ten hier haben und könnte es den 26ten zurückschicken. Ich bin nun durchaus nicht für das Ausleihen von Novitäten. Aber du hast keine Vorstellung, wie es hier jetzt aussieht. Der Krach hangt immer dunkler und schwerer über unsern Häuptern. Nun babe ich den Winter fast alles für die Konzerte neu anzuschaffen gehabt. M/eine/ Dlrektion tut mir wirklich leid. Ich möchte die Ouvertüre so gem machen und müf3te doch mit einer andern fürlieb nehmen, wenn ich sie nicht leihen könnte. Falls ich sie im nächsten Winter nicht wiederhole, tut dies jedenfalls Dessoff, der Rheinbergers Musik sehr liebt. Wir sind überhaupt höchst Uppig im Anschaffeñ! -6 ,f ESELLSCHAFT DER JMUSIKFREUNDE. onntag, ben 25. ãaner 1874: Drittes (krr115rbaft-(fuurrrt miter der Leitung des artistiseben Directors, Herrit JOHANNES BRAHMSX Mitwirkende: Frau Caroline Gomperz.Bettelheim, k. k. Kammersthigerin, Frau Marie Wilt, k k. Hofopernsngerin, Herr Gustav Walter, k. k. Kammer- und Hofopern. siinger, Herr Josef Helimeaberger, k. k. Concertrneister, (Viollndirigent), Singverein' PROGIRAMM: 1. Ujeinøerer Vorspiel zur Oper: ,,Die sieben Raben". 2. otbmarft .,FrUhlingshymne", dicIn. 1-n Maibetraclitungen ;tus dern Schwe- Geijer, fiji Aitsolo, Clior iiiiilk )rchester. Neu. (rte Auffillirung. - Solo : 1au Bettelheim. Gomperz- Untr pei-sunlicher Leitung des Corn- j)fliSt('1i. 3. Uot ,,Davidde penitente", Cantat& tiir Suli, Clior und Orchester. Soli: Frau Wilt, Frau Gomperz-Bettelheim, Herr Walter. Streichinsti-unente: Lemböck. - Texts umatehend. Viertes Gesellschafts-Concert: ounta, ben 19. prif 1874, *15 1 r flittae. -7- Vielleicht tut R/heinberger/ selbst in Anbetracht unsrer höchst betrUbten Börsenzustände em Ubriges und legt seine Stimmen noch dazu./. . .1 Levi antwortet Brahms u.a.: München, 13.1.74 Lieber Freund! Wir sind durch einen fortwährend grofen Krankenstand am Theater dermal3en reduciert, data für Freitag oder Sonntag die "7 Raben" unsere einzige Hoffnung sitid. Die Stimmen k6nnen also nicht entbehrt werden. Da ich aber die Lieferung einmal übernommen, habe ich dafür gesorgt, daf sie Dir auf anderem Wege Freitag, aller- spätestens Smstag zukommen. Du darfst Dich ganz sicher darauf verlassen. I...' Uber die Auffuhrung von Rheinbergers Oper in Graz berichtet der Direktor des Landestheaters in Graz in einem Schreiben an Rheinberger: Graz, 6.1.74 Euer Wohlgeboren! Es gereicht rair zum besonderen VergnUgen, die Hit theilung machen zu können, dass Ihre Oper: Des ThUrmers Töchterlein gestern mit gutem Erfolg zur AuffUhrung kam. Mein ister Kapeilmeister Herr Stolz hat die Oper mit besonderer Vorliebe einstudirt, und die Snger haben mit Lust und Liebe ihre Parthien exekutirt. Ich habe das Orchester verstärkt und das Moglichste für die Ausstattung gethan, somit war der Erfoig em sehr günstiger! Bei öfterer Wiederholung, bis dem Publikum die Musik besser ins Gehör geht, wird sich der Beifall steigern, weil die Instrumentierung eine hbchst vorzügliche ist. Donnerstag werde ich die Oper repetiren und hoffe auf guten Erfoig. Ich fUhie mich verpflichtet, Ihnen meinen besonderen Dank für die Ueberlassung der Oper auszusprechen und werde nicht ermangein, selbe dem Direktor unseres Hofoperntheaters zu empfehlen und hoffe, dass dieselbe dort zur AuffUhrung kommen wird. 8 Mich Ihrem freundlichen Wohiwollen anempfehiend, verharre ich mit besonderer Hochachtung ergebenster Ed. Kreibig, Th. Direktor. /T.B.3, 19/ 9./Januar 1874/ Josef Rheinberger an Verleger Cranz in Bremen: Montag, den 5. ging Thilrmers Töchterlein in Graz mit sehr gUnstigem Erfolg in Scene und wurde gestern wiederholt. Wie weit ist der Clavierauszug gediehen? Wie ich höre, sind meine Clavierstiicke op. 67 längst erschienen; ich habe sie aber noch nicht zu Gesicht bekommen, bitte mir dieselben zu schicken. Jos. Rheinberger. Curt hat heute das Frauenterzett, an weiches sich der Chor schlief3t zu Frau Itha (Traumgesicht) fertig compoflirt und ausgeschrieben. Er las in Wiener Zeitung gunstige Berichte über die Aufführung seines Töchterleins in Graz. An den guten Schwiegervater in Vaduz einen grol3en Theaterzettel geschickt, der ihn jedenfalls freuen wird. Franz von Holstein schreibt an Josef Rheinberger: Leipzig, 21. Januar 1874 Verehrtester Freund Meine Frau schreibt eben der Ihrigen, und da nehme ich die Gelegenheit wahr, em Biättchen in das Couvert gleiten zu lassen, weiches Ihnen meinen Dank aussprechen soll für Ihre freundliche Zuschrift. So dick dieseibe mit Urschlamm überzogen war, sah doch genug von Ihrer künstlerischen und freundschaftlichen Gesinnung daraus hervor, um vom Empfänger mit Freude begrül3t zu werden. Sie sind uns künstlerisch in ietzter Zeit mehrfach nahe gewesen, ohne recht eine Ahnung davon gehabt zu haben. Fri. Menter (juniora) spieite Ihr schdnes Clavierquartett im Deutschen Musikerverein recht bray, und die lieben Walchen-See-Lieder haben wir ohnlängst schlecht und recht Abends in unserem Kränzchen gesungen und uns weidlich daran ergotzt. Vom besten Erfolg -9 Ihres Töchterleins in Cratz meldeten ja die Zeitungen, und sage ich dazu meinen herzlichen Gltickwunsch. Nächste Woche wird Brahms hier erwartet. Er war lange nichthierund wird beferen Empfang finden als fri.iher und als Mancher ihm vielleicht wünscht. Das Publikum ist jetzt mehr an seine Sachen gewöhnt, das Requiem, die Walzer und Magellonen-Romanzen haben das ihrige dazu gethan. Die meisten Kritiker hingegen stehen auf dem absoluten Brahms-Schwärmerei-Standpunkt, was ibm zu Gute kommen wird. In demselben Konzert, wird das neue sächsische Königspaar sich dem Leipziger Publikum zum ersten Male zeigen, also das InTteresse wohl etwas getheilt sein. Nit den besten Wtinschen für Ihr Wohiergehen und herzllchen GrUl3en an Ihre liebe Frau ganz der Ihrige F.v. Holstein. /T.B.3, 35/ 30. /Januar 1874/ Eben komme ich vom Theater heim, wo ich Wallensteins Lager sah und den ersten Satz der Wallensteinsinfonie zum Einzug der beiden Piccolomini hörte. Curt war nicht im Theater. Er fürchtete sich, es nicht qenügend aufführen zu hören, und da er von Stuttgart aus die Bitte erhalten, einen Männerchor zu schreiben, socomponirteer mittlerweile einen Chor zu Reinick's "Feuriger Liebe". /T.B.3, 37/ 6./Februar 1874/ Curt componirte für den Pfälzer Sängerbund Robert Reinick's "Künstlergrul3 an die Frauen" zu 4 Stimmen für Manner und schickte denselben heute noch ab. 7. /Februar 18 74/ Schöner musikalischer Abend bei uns. Wüllners, Marie Schmidtlein, Prof. Berneis und Bruckner. Curt schwelgte mit Bruckner in Mozart'schen Violinsonaten. Curt war dabei ganz selig. Ja, mein Herzens-Mozart, du hast doch das tiefste Gemüth. Curt rie.f ganz begeistert aus: 0 Wonne in dieser Musik, zum Teufel mit aller reizender Abend, schopenhauerschen Musik. Es war em - 10 - /T.B.3, 38/ 8. Februar 1874/ Curt war so angeregt durch die gestrigen Sona ten von Mozart, daB er heute Skizzen entwarf zu einer Violinsonate und dieselbe auch ausführen will. Es hat stets EinfluJ3 auf ihn, wenn er etwas Schönes hart. So entstand das Duo und das Quartett unmittelbar nach Gehörtem. 9. /Februar 18 74/ Curt hat heute wieder einige Takte weiter an seiner Violinsonate componirt. 11. /Februar 1874/ Heute liegt Curt in Banden einer zu entstehenden Violinsonate. Ich durfte im Zimmer bleiben, während er sich seine Ideen niederspielte - es sprudelte, irnrner wieder sah er mich leuchtend an, und wenn ich mit dern Kopf nickte, dann quoll es reicher und begeisterter. Wunderbar ist solch em Schaffen. Alle Themas lassen sich verrenden, rief er, und wenn er sich an den Schreibtisch setzte, dann vibrirte er die Finger, als ob der Geist in ibm zapple - und Alles ohne Affektation - aber aufreibend ist's - er darf gut dabei ge- nährt werden! 19. /Februar 1874/ Die Violinsonate 1st nicht nur bereits componirt, sondern sic liogt schon in vollendeter Reinschrift da. Franziska Rheinberger schreibt an ihren Schwager: Lieber David! 19. 2. 1874 Curt ist gegenwärtig durch eine Noten-Arbeit so hingeBrief zu danken, was ich nun statt seiner thue und mich umso mehr beeile, als es uns drängt, sogleich eine kleine Gabe für die armen Schaaner zu schicken. 20 Mark von Curt und 20 Mark von inir. Vielleicht kdnnte man urn die Hälfte Kleidungsstucke kaufen - doch wie Du es am besten glaubst. nommen, daB er nicht dazu kornrnt, Dir selbst für Deinen Curt: hat schon vor einigen Tagen das Feldkircher Telegramm vom Brande Schaans in einer österreichischen ZeiLung gelesen und war sehr ergriffen davon. Immer wieder sprach er die Besorgnis aus, oh auch der guten Tante kein Leids geschehen. In der gestrigen Zeitung steht auch, daB em Orgelkonzert auf der neuen Vaduzer Orgel stattgefunden. Wie .freuen wir uns, wenn Curt einmal darauf.spielen wird. Ginge nur auch mein sehnsüchtiger Wunsch wegen des Geburtshauses in Erfüllung. Rheinberger dachte in dieser Zeit daran - von seiner Frau unterstUtzt - sein Elternhaus in Vaduz käuflich zu erwerben. Da dieser Plan zunächst nicht zu verwirklichen war, beauftragte er semen Bruder David, nach einern anderen passenden Objekt Ausschau zu halten. David schiug vor, die Villa Salome, die nach dem Tode ihrer Besitzer zum Verkauf stand, zu ersteigern. Da sich aber mehrere Interessenten meldeten, net David Rheinberger von diesem Projekt ab. Darauf wurde die Villa Salorne am 30.8.1875 von Walser aus Schaan urn 10. 100 fi. ersteigert. Den Wunsch, in seiner Heimat em Haus zu erwerben, gab der Komponist dennoch lange Jahre nicht auf. Obwohl sich Rheinberger bereits seit mehr als zwanzig Jahren in MUnchen aufhält, ist seine lebhafte Anteilnahrne an den Ereignissen in Liechtenstein und dem Schicksal seiner von fortwährenden Krankheiten heimgesuchten Familienangehorigen unverändert. Als im Mrz 1874 Rheinbergers Vater sich auf das Sterbebett legt, entschlie6t sich der Komponist spontan, nach Vaduz zu reisen und schreibt an semen Bruder: Lieber David! Dein heutiger Brief gibt uns wieder etwas Hoffnung für Vaters Leben; möge die Besserung anhalten! Nächsten Freitag komme ich (mit dern Nachmittagszug) nach Vaduz; Herrn Landesverweser habe ich die Orgelübernahrne telegraphisch für Samstag, den 28. März zugesagt. - 12 - Mit den herzlichsten WUnschen für Vaters Genesung und Crüfen an Maly Dein Dich liebender Bruder Curt MUnchen d. 22.3.74 Fanny schliel3t sich meinen WUnschen und GrUBen an. Am 25. Mirz 1874 starb in Vaduz der Fürstl. Liechtensteinische Rentmeister Johann Peter Rheinberger. /T.B.3, 73/ Curt war vorn schmerzhaften Freitag d. 27.März bis 31. März in seiner Heirnath Vaduz, urn die Trauerfeierlichkeiten für semen geliebten Vater beizuwohnen. Die neue, herrliche dreimanualige Orgel spielte er zum ersten Male für das Requiem des Vaters. Der Landesverweser hatte ihn dringend gebeten, auch den Liechtensteinern vorzuspielen und so spielte Curt über eine Stunde lang sich selbst in tiefste Entzückung hinein. Es sel das herrlichste Orgeiwerk, das er kenne. DaB gerade Curt 's Geburtsort soich eine Prachtorgel hat, ist em schönes Zusarnrnentreffen. Die Liechtensteinische Wochenzeitung vom 3. April 1874 schreibt: Vaduz, 31. März. (Eingesendet.) Das einforrnige Stillleben unseres Dorfes wurde in den letzten Tagen auf eine angenehme Weise unterbrochen, indem uns musikalische Genüsse sich boten, urn die uns rnanche Stadt beneiden würde. Es ist nämlich die für unsere neuerbaute herrliche Kirche von unserern Fürsten bestithmte längst ersehnte Orgel fertig geworden und f and am letzten Sarnstag die Uebernahrne derselben durch den eigens hierzu berufenen Hrn. Professor Rheinberger am Konservatorium zu München, elnengeborenen Vaduzer, statt. Dieses wirkliche Kunstwerk entstammt dem Ateher der Herren Steinmeyer und Comp. in Dettingen in Baiern und ist deren 120. Werk, das den Erbauern wirklich Ehre macht; die Aufstehlung durch einen Compagnon und 2 Mitarbeiter, tuchtige, fleil3ige, bescheidene Manner, die nur em gutes Andenken bei uns hinterliei3en, nahrn über 4 Wochen in Anspruch. - 13 - Auf den Tag, wo das prachtvolle Werk durch die Meister- hand Rheinbergers seine Tone alle solite erklingen las- sen, warteten Viele mit Spannung und fanden gewif3 ihre Erwartung iibertroffen sowohi beziiglich des vollendeten Spiels als auch des ausgezeichneten Werkes selbst. Hr. Rheinberger, der uns nur Klassisches eigener Kompositionen und anderer beriihmter Meister zu hOren gab, setz- te uns bald in Erstaunen durch die Majestät des vollen Werkes mit seiner Ftille und Aligewalt, seinem Clanz und semen donnernden, gigantischen Bssen, bald versetzte er uns in andächtige Stimmung durch die zarten Register, die wie Tone aus einer Uberirdischen Welt herniederkiangen, zum Ohre der Zuhörer. Das war em Genulfl Auch der als sehr guter Organist an der Stadtpfarrkirche zu Feldkirch bekannte Hr. Briem fand Gelegenheit, seine Kunstfertigkeit auf der neuen Orgel zu bekunden. Am Palmsonntag diente das Instrument zum erstenmale zur Begleitung des Kirchengesanges, wo Rheinberger ebenfalls die Orgelbegleitung zu einer von ihm schon 1856 componirtën Messe Ubernahm und wo Componist und Sängerperso- nal mit aller Hingebung sich die gute Durchführung dieser Composition angelegen sein liel3en. Die Orgel und das kunstvolle Spiel derselben befriedigten die versammelte Gemeinde, deren meiste Glieder sie zum erstenmale hörten, im hOchsten Grade. Am Montag, Nachmittag 4 Uhr, erfreute uns der KUnstler noch durch em Uber eine Stunde dauerndes Orgelkonzert, wobei er seine Virtuosität und die ganzliche Beherrschung des Instrumentes in glänzender Weise wieder zu zeigen Gelegenheit hatte, und wobei viele Bewohner Liechtensteins und der benachbarten Schweiz sich eingefunden hatten. MOge der gefeierte Componist undKtinstler, den seine Berufsgeschäfte heute wieder nach MUnchen riefen, seinenHeimatsort bald wieder besuchen und uns bei längerer Dauer seines Aufenthaltes noch Of ter soiche Kunstgentisse bereiten! Uns tiber das Orgeiwerk des Weiteren auszusprechen, 1st unsere Aufgabe nicht; vielleicht findet der hierüber erstattete Bericht der dazu Berufenen auch den Weg in die Oeffentlichkeit; aber die Gemeinde Vaduz mag sich zu erneuter Dankbarkeit gegen unsern edlen Landesfür- - 14 - sten, der in wahrhaft fürstlicher Weise auch diese Orgel ihr zum Geschenke machte, verpflichtet fUhien und sich freuen, em soiches Kunstwerk zu besitzen. /T.B.3, 75, 6. April 1874/ Curt schickte das Gutachten über die neue Orgel nach Vaduz. /T.B.3, 74/ 13. April /1874/ Curt probirte heute zum ersten Male im Oratorien-Verein Cherubini's grol3e Messe in D moll. 15. /April 1874/ Im englischen Garten spazieren. Hofcapellmeister Maier begegnet. Er sagte, zwei Sorten von Menschen fürchtet er: Tenoristen & Hornbläser. "Seh'n Se, wenn so'n Kerl anfängt, Horn zu blasen, stöi3t er Dähne aus, die unbe- schreiblich sind. Sieht er dann später em, wie er eigentlich blasen solite, denn verläl3t'n die Courage und denn blast er noch unbeschreiblichere Tone". /T.B.3, 74/ 18./April 1874/ Eben kommen wir vom Odeonsconcert nach Hause, wo unter anderem zum erstenmale als Concertstücjç Curt's Quverture zur Zähmung der Widerspänstigen gegeben wurde. Levi war krank geworden, so übernahm Wüllner schnell und machte es sehr zu Dank. /T.B.3, 100/ 29./Mai 1874/ Curt hat begonnen, em Quintett für Streichinstrumente zu componiren. Der erste Satz ist schon fertig, doch läf3t ihn das bevorstehende Oratorienvereinsconcert mit Cherubini 's D-moll Messe, die bier zum ersten Male zur Aufführung kommt, keine Rube zurn Arbeiten. Von Haus kamen wieder melancholische Berichte über die nunmehr krànkelnde, äuf3erst melancholische Schwester Maly. Curt rief ganz bitter aus, als er den Brief gelesen: Ich werde mir von nun an alle Briefe aus der Heima th verbi tten. - 15 - /T.B.3, 100/ 4./Juni 1874/ Curt ist nahezu mit dem Adagio des Quintetts fertig, obgleich er sich die Zeit dazu stehien muJ3. Wenn wir ausgehen, ruft er plötzlich aus: "Mein Quintettl schreit, ich muI3 helm." /T.B.3, 102/ 25. Juni /1874/ ileute beendete Curt sein Streichquintett. Der letzte Satz hatte ibm viel zu schaf.fen gemacht. Morgens hatte er noch keinen Schlui3, als sein junger Copist, Mediziner Bühler aus Chur, ihm die 3 Sátze und einen Theil des 4. brachte. "Kommen Sie abends urn 6 Uhr wieder, dann können Sie den Rest holen", sagte ibm Curt und zwang sich so selbst, den letzten Satz zu beenden. Ich vrhielt mich still am Nähtisch und hörte ihn nur am Clavier kämpfen - da rief er mich hinaus, schob dann noch 2 Takte em und machte den definitiven Schluf3. Er war froh. Gestern besuchte uns Bülow, der mit ungeheurer Achtung von Curt sprach. Er nennt ihn den ersten Contrapunktisten und Lehrer Deutschlands. Wir wären fast em bischen in Streit gekommen wegen Wagner, aber Curt's Rube brachte es in's Gleichgewicht. /T.B.3, 102/ 13./Juli 1874/ Herrliches Zusammensein mit Ambros aus Wien. Beseligend, wenn die eigenen Kunstanschauungen, mit denen man einsam im modernen Strome steht, von einem gelehrten braven Manne vollständig bestätigt werden. Ambros brauchte sogar Curt's eigene Worte: "Der Teufel hole die 'geistreiche' Musik, wenn sie nicht zugleich schön ist." (Jber Wagners Walküre ist er ebenso empört wie wir, vom sittl. Standpunkt. Curt hat sein Streichquintett für 200 Thir. verkauft. /T.B.3, 113. Ende Juli 1874/ In Curt's Cantate, die er als junger Mensch componirte (Jephta's Tochter) ist em 3-st. Frauenchor, den ich sehr liebe; ihn ausgeschrieben, em Regina coeli drunter geschrieben und Curt componirte eine neue Orgelbegleitung zu. Nun wird es zunächst in das Kioster der ewigen Anbetung nach Innsbruck wandern. - 16 - /T.B.3, 114/ Heute hat er an das Ministerium die Eingabe qemacht, daJ3 seine Stellung eine definitive mit pragmatischen Rechten werde, was nach elner fünfzehnjährigen Thätigkeit an einer Anstalt in Wahrheit nicht mehr zu früh ist. /Oktober 18 74/ Am 20.8., da sich Curt Morgens in Kreuth entschloi3, nach Florenz zu gehen, erhielt er eine Einladung von der Società d'orchestra, eine Sinfonie für Florenz zu componi eren. Die Società Orchestrale Fiorentina schrieb an Josef Rheinberger in Kreuth folgenden Brief in etwas gekUnsteltem, bisweilen fehierhaf ten Französisch: Florenze, 10 via Nenezia 20 Aot 1874. Monsieur, Je n'ai pas 1'honneur de vous connaltre personnelement, mais le bruit de votre brillante renomme, justifiêe par les belles oeuvres arrives jusqu± n.is,- m'encouragent a vous adresser ces quelques lignes qui ont pour but de vous demander une bien grande faveur et de vous exprimer par la mme circonstanse mes profonds sentiments de veritable admiration! Directeur d'une SociêtC orchestrale, composêe de 70 membres tous professeurs assortissants des premiers artistes florentines dont le seul intert, l'unique pense, est le bien, le progrês de l'Art, j'ose venir en son nom et au mien interceder aupras de vous, Monsieur, et vous reclamer l'appui de votre puissant concours en vous priant de vouloir bien nous faire l'Honneur de composer pour la dite Societe un morceau quelconque! Un andante, une Symphonie, en un mot quoique ce soit Nous serons en ne peut plus flattes de cette marque de bienvieillance! Dêjà plusieurs cêlbres compositeurs ont bien voulu cooperer a cette grande oeuvre, et nous sommes bien convainquus que notre demande sera bien accueillie. Dans cet espoir, veuillez agrêer, Monsieur, mes remer! - 17 - ciments anticips et croere ma vive reconnaissance! Votre serviteur! Jefte Stolci. Aus Mailand schreibt Rheinberger von seiner Oberitalienreise an semen Bruder in Vaduz: Mein lieber David! ehrenfester, fUrsichtiger und frumber Bruder! Da ich Dir in meinem ganzen Leben (Das thut voile 35 Jahre) noch keinen Brief von Mailand (Milan heigens die Weischen) aus geschrieben habe, so geschieht das nun hiemit in ailem Vorbedacht. Em wohiweiser Dichter, Ciaudius der "Wandsbecker" sang vor bald 100 Jahren: "wenn Einer elne Reise that" usw. darum that ich auch für heuer das Reisen wähien, nahm meinen Stock und Hut und schiug den Weg gen Weischiand em, Uber den sonnigen Brenner, bei dem konzilsberUhmten Trient vorUber, hinten bei der Veroneser Clause (wo weiland Otto von Witteisbach die Weischen so ins Gebet nahm) herum ins italienische Etschland, so man zur Nibelungenzeit "Bern" nannte, d.h. Verona. Die romantische Stadt Romeos und Julias ist bei Weitem charakteristischer als Maiiand, das modernste universale Gro2stadt 1st; wenn Einer in Verona fUnf Schritte auf der Stral3e maclit, ohne dreimal angebettelt zu werden, so soil man diesen Mann als em Phänomen bewundern - man könnte aile Tage elnen Centner Kupfer loswerden. Auf weit elegantere Art aber könnte man in Mailand im Hotel Cavour, vor weichem ich Freund und Feind warne, dieselbe Gewichtsmasse Silber los werden, weshaib wir, meine tapfere GefHhrtin und ich, daseibst schon nach einer Nacht Reisaus nahmen, uns in das Hotel S. Marco fiUchteten, wo uns em Wirth, Names Conrad im anheimeinden Churer-Deutsch ansprach; im dritten Stock genannten Haus befindet sich die behagliche Zelle, von weicher aus dieser Schreibebrief semen Flug gen Vaduz beginnt. Die Schönste in Verona 1st die Gegend, und dabei wieder der Giardino Giusti mit der Aussicht auf die Felder von Santa Lucia, Somma Campagna und Custozza, was eine ei- - 18 - gene Stimmung hervorruft. Mailand hingegen liegt youstandig in der lombardischen Ebene, aus weicher sich der Dom wie em Eisgletscher hervorhebt. Letzterer 1st Uber alle Beschreibung und lä2t Alles, was ich in dieser Art gesehen, weit hinter sich. Von der Höhe des Daches aus hat man einen fast unbegrenzten Fernblick, zugleich natürlich auch em unvergleichliches Panorama der Stadt selbst. Nach Tisch besuchten wir heute die Pinacoteca, die nebst den berühmtesten und schönsten alten Bildern noch einemoderne Exposition enthielt, die uns aber einen weniger gUnstigen Eindruck der neuitalienischen Malerei machte. Sodann besuchten wir das ehemalige Refektorium mit dem weltberUhmten Abendmahl Leonardo da Vincis, das in seiner jetzigen, verwitterten Gestalt noch einen tiefen Eindruck zu machen vermag. Wir gehen von hier nach Bologna, Florenz und Venedig, um gegen Ende September über den Brenner zurückzukehren. Bisher hat mir Italien sehr gut gefallen, auch von den andern genannten Städten verspreche ich mir sehrviel. Mein Frau spricht italienisch wie eine Emgeborene und das hilft denn doch Uber Vieles hinweg. Wie hat dir Dein Aufenthalt in Disentis bekommen? Es mut3 Dich doch gefreut haben, nach circa 34 Jahren das alte Nest wieder zu sehen. Wenn Du mir allenfalls nach Italien noch schreiben wilist, so merke Dir, da2 ich post restant - Briefe (mit der Bemerkung: "ferma in posta") vom 13. - 18. in Florenz, oder vom 19. 23. in Venedig bekomnien kann. GrUI3 mir Maly und Peter's Alle; lebewohl und bleibe gesund. Meine Frau schliel3t sich meinen GrUlen an. Dein alter Bruder Kurt. Milano, d. 6.9.74 - 19 - Nach seiner RUckkehr sendet Rheinberger folgenden Reisebericht nach Vaduz: Lieber Bruder David! Deinen letzten Brief erhielt ich in Venedig, da ich die allenfalls noch nachträglich nach Florenz kommenden Briefe nach Venedig senden liel3; als ich zum erstenmal per Gondel unter der SeufzerbrUcke durch nach der Post fuhr, wartete Dein Brief schon auf mich. Von Mailand fuhren wir nach Bologna, elner Stadt, die noch einen gewiBen ehrbar-mittelalterlichen Eindruck macht. Das Sehenswtirdigste dort ist die Gemäldegalene, und in dieser wiederum die Sta. Cäcilica von Rafael, dieselbe, weiche Fanny auf die Vaduzer Kirchenfahne sticken 1ief. Ferner hochinteressant ist das alte Universitätsgebaude mit semen Sammiungen, semen wjssenschaftljchen historischen Räumlichkejten - z.B. das Zirnmer, in welchem Galvani den Galvanismus entdeckte usw. - von Kirchen, geraden und schiefen ThUrmen nicht zu reden. Sodann ist Bologna die Stadt der Barbiere und Friseure; jeder andere Laden dient diesen herrlichen Geschäf ten; da meine Mähne für das italienische Klima zu lang und dicht war, so lieB ich mich dort auch scheren. Im Bahnhof kaufte ich mir die Ailgememne Zeitung, (da mir das politische "Trumm" ausgegangen war) für 1/2 Franc (was eine schwere Hand voll Kupfergeld ausmacht) und so dampf ten wir durch die 6 Tunnels der Apeninnen-Bahn, weiche durch ihre KUhnheit die Brennerbahn Ubertrifft. In den Apeninnen sieht es stellenweis doch recht "fradiavolisch" aus, da in ziemlich derselben Gegend im August eine Socialdemokratenbande den Eisenbahnzug tiberfiel und plUnderte, so waren alle Stationen militärisch besetzt. Auf der Hdhe des Gebirges hat man, aus elnem halbstUndigen Tunell kommend, einen unbeschreiblich hernlichen Buck Uber Pistoja, das ganze Arnothal, Florenz in der Ferne, - gerade so, wie man's manchmal träumt. In Florenz blieben wir 5 Tage. Die Gemäldegalerien in den Uff izien und im Palazzo Pitti sind die schtinsten, die ich bis dahin gesehen, trotz Dresden und Wien - sowas läI3t - 20 - sich gar nicht beschreiben; hingegen enttäuschte uns der Dom grundlich: In der Kirche Santa Croce wird einem wunderlich zu Nuth, wenn man so die Grabmäler von Michelangelo, Dante, Machiavelli, Galilei, Cherubini usw. nebeneinander sieht - sowas haben wir in Deutschland gar nicht. Am meisten Eindruck machte mir aber die Zelle Savonarolas im (aufgehobenen) Kloster San Marco - dort sind seine Reliquien, auch noch em Stuck von dem halbverbrannten Kreuz, das er bei seiner Verbrennung in der Hand hielt! Von dieser engen Zelle aus beherrschte dieser seitsame arme Mönch das reiche, machtige und aufgeklarte Florenz fast 4 Jahre lang! Die Zellen (22 an der Zahl) sind von Fra Angelico Fiesole, der auch dort Mönch war, ausgemalt - wunderbar! Ebenso herrlich 1st em Blick von den Höhen von San Niniato, (3/4 Stunde von Florenz) wo Michelangelo Befestigungswerke anlegte, die noch vorhanden sind; man sieht von da, wenn man an eiflem so herrlichen Abend, wie wir ihn batten, oben 1st, die Apeninnen sich gegen Rom bin verlieren und hat dabei ganz Florenz mit dem Arnothal zu Fti1en! Wir fuhren dann nach Bologna zuriick und ohne Aufent- halt nach Venedig, wo wir noch eine Woche blieben. Wenn man das adriatische Meer sehen will, so fährt man mit dem Dampfschiff noch eine halbe Stunde auf dem Lido - wir batten immer prachtvolles Wetter - und so war auch dieser Anblick wunderschön. Die Fischer zogen eben em viertelstund-langes Netz zusammen, in dem tausende von Sardellen, gr5ere Fische und andere Meerungeheuer waren - während man von unabsehbarer Ferne die Orientdampfer daherkommen sah. Der Dom San Mar- co, der Dogenpalast, die Academie - Alles ist herrlicb, aber Armuth und Gebettel ganz entsetzlich. Auf der Rückfahrt hielten wir einen Tag in Botzen und einen in Innsbruck - das Wetter war anhaltend prachtvoll und so batten wir in 23 Tagen des.Schönen und Herr- lichen fast zu viel gesehen! Nun bin ich wieder im Geschirr. Sage Maly, die ich herzlichst grue, dal3 die junge Frau Monten, die ich heute condoliren besuchte, sich sehr nach ihr erkundigteundsie grUl3en läl3t. Wir sind wohi und gesund - 21 - was wir auch von Euch und Peter's hoffen und grtil3en Euch aufs Beste. Gott befohien! Dein Dich liebender Bruder Kurt. München, d. 13.10.74 Die Reorganisation der Kgl. Musikschule betrifft Rheinbergers Steliung unmittelbar. Aus dem Kgl. Bayer. Ministerium des Inneren erhält er folgenden Erlass: Euer Hochwohlgeboren Nachdem durch das Allerhöchst sanktionirte Budget der XII-ten Finanz-Periode zur Umwandlung der bisher aus der k. Cabinetskasse dotirten k. Musikschule in em Staats-Institut die erforderlichen Geidmittel bewil- ligt worden sind, soil nunmehr diese Umwandlung in's Werk gesetzt werden. Wenn es sich auch empfehlen wird, die bisherige Organisation der Anstalt in Bezug auf Lehrer, Schiiler und Unterrichtsertheilung, weiche nach den hieriiber gemachten Erfahrungen sich im Ganzen bewhrt haben soil, vorerst im Wesentiichen beizubehalten, so ist es doch geboten, schon jetzt diejenigen Modificationen in der Organisat ion der Musikschule eintreten zu lassen, welche durch den veränderten Character des In- stituts bedingt erscheinen. Seine Excellenz der k. Staatsminister des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten haben mir den Auf- trag ertheilt, diese Modification mit den geehrten Herren, weiche bisher mit der Verwaltung und artistischen Leitung der k. Musikschule betraut waren, zu berathen und festzustellen. Demgemäl3 erlaube ich mir, an Euer Hochwohlgeboren das ergebenste Ansuchen zu richten, zu den erwähnten Zwecken Montag, den 19. Oktober laufenden Jahres Nachmittags 5 Uhr Sich in meinem Geschäftslocale, Zimmer No 119, gefälligst einfinden zu wollen. Euer Hochwohlgeboren ergebenster MUnchen den 15. Oktober 1874. Dr. Huller Ministerialrath. - 22 - In die Verhandlungen urn Rheinbergers Dienststellung an der Kgl. Musikschule in Milnchen brachte der Betroffene selbst unmi1verständ1ich seine Forderungen em, wie aus nachfolgendem Entwurf eines Schreibens an den Freiherrn von Perfall hervorgeht. Eure Excellenz In den unter dem Vorsitz Ew. Excellenz abgehaltenen Sitzungen irn kgl. Staatsministeriurn des Innern für Kirchen- & Schulangelegenheiten wurde unter anderrn festgestelit, daf zwei Inspektoren der kgl. Musikschule ernannt werden soilten, der eine für die artist. Controle der Gesang- und Instrumentalkiassen ( wornit die Leitung der Concerte verbunden), der andere für die artistische Controle der Clavier- & Theoriekiassen. Ich erlaube mir hier auf den §5 der neuen Organisation der Anstalt hinzuweisen. Es 1st wohi selbstverstHndlich, da1 diese Stellen nur coordinirt zu denken sind. In der jUngst ergangenen Ministeria1entsch1ie1ung bin ich nun ohne weitere Bezeichnung zu einern zweiten Inspektor ernannt , was die Bedeutung einer subordinirten Stellung dern ersten gegenUber nicht nur zuläf3t, sondern fast voraussetzt. Urn nun in keine falsche Stellung zu gerathen, bitte ich Ew. Excellenz beirn kgl. Ninisterium die geeigneten Schritte zu thun, dal3 die Ernennung korrigirt werde. Euer Exc. ghst. erg. Rhbg. den 14.12.74 Den nachfolgenden Erlaf3 des Kgl. Bayer. Ministeriurns des Inneren kann Rheinberger als Erfoig seiner Bernühhung für sich buchen: Verehrtester Herr Professor Ich beeile mich, Ihnen die erfreuliche Mittheilung zu machen, daB Seine Majestät der König Allergnädigst geruht haben, Sie zum Inspector der Musiktheorie- und Clavierciasse, sowie zurn Professor des Contrapuncts und des Orgeispiels mit einem Anfangsgehalt von jährlich 1600 f 1. und bis zum Einrücken in eine höhere Gehaltsclasse mit einem jährlichen Functionsbezug von - 23 - 300 f 1. an der k. Musikschule vom 1. October angefangen zu ernennen. Es gereicht mir zum besonderen VergnUgen, Ihnen zur Erfüllung des langst von Ihnen gehegten Wunsches nach pragmatischer Staatsanstellung meinen herzlichen Gitickwunsch auszudrticken. Mit der Versicherung ausgezeichneter Hochachtung bin ich Ihr ergebener Dr. Huller Minist. Rath. Als Erinnerung an den Besuch am Juli 1874 in Mün- chen widmet Rheinberger August Wilhelm Ambros (1816 - 1876) 12. in Wien, dem bedeutendsten deutschen Musikhisto- riker des 19. Jahrhunderts, sein Streichquintett in a-moll, op 82, mit folgenden Zeilen: Wie Sie an beiliegendem Notenheft ersehen, habe ich mir erlaubt, das Titelblatt meines neuen Quintetts mit Ihrem allverehrten Namen zu schmticken, sowohl in Er- innerung an den mit Ihnen verlebten Abend, als auch urn meinen Dank, den mir Ihre belehrenden und genu8reichen Schrif ten erweckten, Ausdruck zu geben. Indem ich lebhaft wUnsche, da8 Ihnen das Werk gefallen möge, gestehe ich eben so of fen, da1 ich mir dabei Muhe gab, etwas Ihrem Namen nicht Unwerthes zu schaffen. Mbchte es Ihnen Freude machen Seit Lhrem Hiersein hatten wir die unvorhergesehene Freude, in Kreuth Frau Bärenreither begrtif3en zu dtirfen; sie war zwei Wochen mit ihrem jtingsten Sohn täglich in unserer Gesellschaft, da war viel von Ihnen die Rede. Es war mir und meiner Frau sehr leid, daB die Badesaison so geschwind zu Ende ging; denn wir verehren Frau Bärenreither ganz au6erordentlich. Den Monat Septem- ber brachten wir in Italien zu, d.h. Oberitalien; fUr Rom und Neapel reichte die Zeit wohi nicht bin. Wir machten die Rundreise: Verona, Mailand, Bologna, Florenz, Venedig & Verona zurtick und sahen so viel des Schönen, daB wir Beide noch jetzt ganz erfUllt davon sind. Car oft dachte ich an das von Ihnen im zweiten Band der bunten Bltter Gesagte Gegenwärtig schreibe ! - 24 - ich an einer Sinfonie, weiche zu meiner Uberraschung die Societâ orchestrale di Firenze bei mir bestelite; hat doch noch keine deutsche Geseiischaft je etwas bei mir bestelit. Gestern Abend sah ich zum erstenmale die von Ihnen erwihnte Oper Le Roi i'a dit von Delibes; sie wurde nicht schiecht gegeben ( die Tempi hätten hie und da etwas ieichter beschwingt sein dflrf en) und gefiel dem Publikum, d.h. jenem Theil des Publikums, das noch andres goutiren kann, ais Wagner'sche Orchester- & Vocal-Eruptionen. Ich selbst finde den musikal. Theii der Oper geistreich witzig und pikant im guten Sinne. Schade, daB nicht zur Abwechseiung hie und da eine gefühiswarme, tiefere Melodie auftaucht. Leidenschaft ist eben doch die Seele der Musik und solite auch in der komischen Oper nicht ganz verbannt sein. Die CantatenEpisode "Furien" wirkte ganz kostiich; übrigens darf jeder Componist seinem Librettisten für soiche Situationen dankbar sein. Von guter Wirkung war auch das groBe Duett von Jonath und Benoit. Wie haben Sie, hochverehrter Herr, den Nachsommer zugebracht? Der "wunderthätige Magus" ist nicht eingetroffen. Sie verzeihen die kieine Mahnung! Wohi weiB ich, wie sehr [hre Zeit in Anspruch genommen 1st, trotzdem hoffe ich auf einen recht baidigen Brief. Von meiner Frau herziichste Empfehiung; auch bei mir ist es nicht bios Redensart, wenn ich mich nenne Ihr hochachtungsvoil und herziichst ergebener Jos. Rheinberger München, 10.10.1874 Ambros sendet Rheinberger foigenden Dankesbrief: Theurer Freund Hart vor dem Einsteigen in den Reisewagen, oder richtiger in den Eisenbahnwaggon, erhieit ich Ihr Quintett; und, nachdem ich gestern wieder aus dem Eisenbahnwaggon ausgestiegen bin, benUtze ich den ersten - 25 - ruhigen Moment, urn Ihnen von ganzem Herzen für die grofe Freude und Uberraschung zu danken, weiche Sie rnir bereitet haben. Die Composition selbst habe ich trotz allem Reisezwanges sofort durchgesehen - geistreiche, interessante Zllge funkelten mir gleich in Menge entgegen. Sie haben der Welt und der Kunst wieder em edles Werk geschenkt, wie wir es von Ihnen eben gewöhnt sind. In's Detail werde ich jetzt erst eingehen konnen; ich schreibe Ihnen dann ausführlicher. Nicht als ob ich mir einbildete, da1 rneine Beurtheilung des Werks einen besonderen Werth für Sie haben könnte - em echter KUnstler muf ( wie der Tugendhafte) den besten Lohn in sich selbst finden - aber ich weiI, wie gerne man einern soichen Echo aus Freundes Mund lauscht, sei es auch nur, urn zu sehen, ob man verstanden worden. "ThUrmer's Töchterlein" find ich allerliebst, em romantisch gefarbtes Opern-Lustspiel mit bedeutendem historischen Hintergrund. Uber die Kraft der Kornik, welche in der Figur des Stadtschreibers und seiner alten Amalia Sie zu entwickeln verstanden haben, bin ich erstaunt; ungeachtet ich nach der "Kapuziner-Predigt" Ihrer Wallenstein-Symphonie das Beste erwarten konnte. Die edel-sentirnentalen Sachen sind zurn Theil von gröfter Schönheit - das Ganze ist em so farbenfrisches und farbenreiches Lied, daf ich höchst begierig bin, dessen Wirkung von der Bühne aus zu erfahren. Da unsere unselige entschlafende komische Oper kürzlich wieder ihre fröhliche Urstnde gefeiert hat, so werden wir ja wohi "Thürrner's Töchterlein" zu hören bekommen. Ich habe kürzlich mit dem musikalischen Director des Institutes, Sucher, eindringlich Uber die Sache gesprochen. Der "Wunderthätige Magus" hat bloI deswegen auf sich warten lassen, well ichwuBte, dal3 Sie nicht in MUnchen sind. In wenigen Tagen wird er, begleitet von einer Missa und einigen (gedruckten) Liederhef ten seine Aufwartung machen. Ich werde der Sendung einen dicken Band (sämrntliche Messen Josquins in Partitur) beilegen, mit der Bitte, letzteren an Herren Bibliothekar Julius Mayer zu übergeben, der davon (glaube ich) eine Abschrift für die kön. Bibliothek nehmen lassen will. - 26 - gutes StUck Italien gesehen, freut mich sehr. Sie haben wohi gethan, sich auf Florenz zu beschränken - ich bewundere jene Eilreisenden, weiche Data Sie em von Mailand bis Palermo fliegen und zu Hause dann mitreden wollen. Den Gedanken an Rom und Neapel dUrf en Sie aber ja nicht zu den abgethanen Dingen legen. Ich selbst babe etwa vor 2 Monaten meine italienischen EindrUcke wenigstens durch Venedig und das ibm nahe Padua aufgefrischt. Und jetzt eben komme ich von Coin, Frankfurt, Nürnberg helm. Ware ich nicht gar so sehr durch tausend Rücksichten und Pflichten gebunden, wUrde ich den RUckweg von letzterer Stadt über München genoimnen haben, urn Sie zu sehen. Aber Coin insbesondere hielt mich mit semen architektonischen Denkmalen und semen Schätzen bildender Kunst länger auf, als im Reiseprograiningestandenhatte, und ebenso das mir besonders werthe NUrnberg, und schlieBlich muIte ich sehen, wieder nach Wien zu komrnen. Sehr reich an EindrUcken war die ganze Reise, den Rhein sah ich bei herrlichstem Wetter. Hiller in COin hat eben em neues Pianoforte-Concert fertig gemacht. In NUrnberg wollte Pauline Fichtner-Erdmannsdörfer Beethoven's Esdur-Concert spielen - es war eine grol3e Noth urn einen zweiten Fagottisten, der, glaube ich, aus Bamberg verschrieben werden muBte. Idyllische Musikzustände! Mit der Bitte, Ihre liebe verehrte Frau von mir auf's herzlichste zu grül3en, schliei3e ich und bleibe Ihr treuer A.W. Ambros Franz von Holstein hatte die Miinchener Auffuhrung seiner Oper "Der Erbe von Morley" besucht und schreibt an Rheinberger: Leipzig, d.1. Dez. 1874 Lieber verehrter Freund! Recht sehr leid that es mir, MUnchen verlassen zu mUssen, ohne Ihnen noch einmal die Hand driicken und Lebe- wohi sagen zu kOnnen. Wir haben uns zu rneinem Bëdauern seltener gesehen, als mir lieb war. Mich beschHftigten die Proben. Ihnen die kostbare Zeit zu stehlen, trug - 27 - ich ohnehin Scheu. Für die schönen Nachmittagsstunden, die wir bei Ihnen verleben durften, lassen Sie sich nachtragiich noch recht herzlich danken, sowie Ihnen die Freude Uber Ihre "Wasserfee" auszusprechen, deren vorzllgiiche VorfUhrung irn Konzert der Vokalkapeile mich entzückte. Eben kommt em Briefchen mit CluckwUnschen von Ihrer lieben Frau. Ja, wir sind mit frohem, dankbaren Herzen heimgereist und fanden auch die Mama recht hUbsch munter. Jetzt, nach dern guten Erfoig meines "Erben" kornmt es Ihnen vielieicht unbegreiflich vor, daf wir mit der Besetzung unzufrieden, urn das Ausfalien der Vorsteilung besorgt waren. Htten Sie die Generaiprobe gehört, wo kaum em StUck ohne mehrfaches Abkiopfen vortiber ging, und Ktinig und Fri. Cott- iieb fast aiie Einsätze verfehite, Sie würden unsere Sorge begreifen. Die Persönlichkeiten der beiden jungen Sänger paI3ten ja im Grunde vortrefflich zu den Rollen, nur ihre Zaghaftigkeit, SchUchternheit und die durch das Einreden von allen Seiten erzeugte musikaiische Unsicherheit machten uns bange. Dann auch die Stimmung des Pubilkums namentlich gegen Herrn KU- fig. Da1 auch Andere unsere Sorge theliten, merkte ich in Mllnchen, und hier nach unserer Rückkehr, wo Lachner die Besetzung als sehr bedenklich erklärt hatte, und unsere Freunde voller Besorgnil3 der Entscheidung harrten. Wohi wird ihrem feinen Ohr nicht entgangen sein, data Fri. Cottlieb am Ende des Quiritetts mit ihrern Athern zu Ende war und Fri. Radecke den SchluI3 überlassen muI3te, daf3 sie die Schiu1takte des Wiedersehens-Duetts verfehlte, beim Aktschlul3 ganz fortblieb, irn letzten Finale urn 8 Takte zu spat auftrat etc. Auch KUnig hu- delte einige Male gehorig. Aber das thut ja nichts. Die beiden lieben jungen KUnstler stürzten sich mit einem wahren Todesmuth in ihre Aufgaben und waren besser im Spiel ais nur annähernd in den Proben. Man lernt in Theaterdingen eben nicht aus. Schminke, KostUm und das GefUhl "Es gilt" verrnögen gar viel. Das bewies rnir vor allern die Schefzky, weiche in den Proben voliständig kalt und iangweilig, am Abend der Aufführung vorzUglich war. Dal der Parthie des Charles der helle, freudige Tenorklang fehite, den namentlich das Duett im ersten Akt fordert, das hUrt freilich riur heraus, wer die - 28 - Musikkenntund schorr hörte - vor allem aber der Komponist. So wirkten denn auch Uberhaupt die von Levi mit feinster Nuancierung studierten Ensembles mehr als die Solostücke. Da13 es so gut ging, da1 Fri. Gottiieb und König gefielen, freut mich fast eben so urn diese Beiden, als meinetwegen. Sie waren geradezu rUhrend in den Proben in jhrem Eifer und dem Bekenntnis ihrer elgenen Unzulängiichkeit, was mir eben keinen Muth machte, so sehr ich die Bescheidenhejt zu schätzen wu1te, die es ihnen diktierte. Bruiiiot hat wieder mit semen feinsinnigen Arrangements Gro2es geieistet. So dankbar ich für die Aufführung alien Betheiiigten bin, muI3 ich im Stiilen (ganz unter uns gesagt) doch Levi darin Recht geben, da1 Leute wie Kindermann, yogi und die Stehle noch ganz andern Eindruck gemacht haben wUrden. Die Gottijebhatteaber etwas so RUhrendes, weii sie sich seibst spielte. König that das Möglichste, aus sich herauszugehen, und das Ensemble war schön, da1 ich, wie gesagt, sehr giUckiich darflber bin. Nur darin muB ich Perfail unrecht geben, daB wir die jungen Leute eingeschüchtert hatten. Wir haben sie nur ermuthigt, wenn Andere sie einschUchterten. Nun Addio für heute Nochmals tausend Dank für alies Freundliche, was uns von Ihnen widerfahren, und herzlichste GrUBe Ihrer lieben Frau Aufrichtigst der Ihrige F. v. Hoist em. Am 21. Dezember 1874 brachte Rheinberger im Münchener Oratorienverein Händeis "L'Aliegro, ii Pensieroso ed ii Moderato" zur Aufführung, eine Partitur, die Robert Franz (1815 - 1892) bearbeitet hatte. Begeistert schreibt Franz an Rheinberger: Mein theuerer, hochverehrter Herr Nicht beschreiben iäBt' sich's, weiche Weihnachtsfreude Sie mir mit Ihrem lieben Briefe gemacht haben! Wenn ich Ihnen die Versicherung gebe, daB Sie der Erste unter den vielen KUnstlern Deutschiands sind, weicher aus freien Stücken eine meiner Bearbeitungen nicht nur - 29 - der Beachtung gewürdigt, sondern ihr auch em of fenba- res Interesse entgegengebracht hat, so warden Sie obi- gen Ausruf begreifen. Lief en doch kurz nach seinern Erscheinen über den Allegro von den einflul3reichsten Seiten her sehr bedenkliche Referate bei dem Verleger em, die dem Werke alien künstlerischen Werth absprachen und es für absolut langweilig erklärten. So wenig mich auch dergleichen Phrasen in meinen Uberzeugungen beirren konnten, übten sie doch einen sehr nachtheiligen EinfluB auf Handel und Wandel aus, was denn weiter zur Foige hatte, dat3 mir die Verleger Engstlich aus dem Wege gingen. Allerdings lieI3 sich das Gewandhaus mit Ach und Krach dazu bewegen, den Allegro vor circa 3 Jahren nach meiner Bearbeitung aufzuführen, leider jedoch in einer so castrirten Form, daB diese Leistung der Ausgabe rnehr Schaden als Nutzen gebracht hat. Wurde doch, urn nur em Beispiel anzugeben, das zweite Fagott aus sHmmtlichen Solonummern geworf en, angeblich im In- teresse der Erleichterung des Basses!!! Wie wenig bei derartigen Mif3griffen und RUcksichtlosigkeiten von einer den lyrischen Absichten Handel's entsprechenden Wiedergabe die Rede sein konnte, liegt auf der Hand: das Werk ist, unter uns gesagt, damals geradezu todtgegähnt worden. Sie haben es nun wieder lebendig gemacht - dafür sage ich Ihnen aus Herzensgrunde meinen Dank. Ihren tiefen Einsichten in das Wesen der contrapunktisch-polyphonen Schreibart dürfte es schweriich entgangen sein, daB es keine ganz leichte Aufgabe ist, mit dergleichen strengen Mittein einen stimrnungsvollen Tonsatz herzustellen, daB as sogar seine Schwierigkeiten hat, die gegenwartigen OrchesterkrEfte zu einer ausdrucksvollen Wiedergabe desselben zu bewegen. Daher kann ich mich denn nicht glücklich genug schätzen, in Ihnen einen gesinnungstUchtigen Interpreten solcher Bestrebungen gefunden zu haben. Ganz besonders werthvoll ist mir aber Ihre AusfUhrung angesichts der hämischen Hetzereien unserer historischen Schule, die doch im Grunde genommen froh sein solite, wenn man heutzutage überhaupt amer retrospektiven Richtung huldigt, ohne dabei bis auf's TUpfelchen ihre sogenannten "historisch - correkten Darstellungen" zu beabsichtigen. NatUrlich behalten diese ledernen Burschen so lange Recht, - 30 - als sich unsere Musikdirektoren durch jener Machtspruche einschüchtern lassen. Hoffentljch wird sich das mit der Zeit auch ändern und verspreche ich mir besonders guten Erfoig von einer nächstens erscheinenden Broschtire, weiche diese Materie en passant recht grUndlich behandelt. Der Tite]. derselben 1st: "Rob. Franz und das deutsche Volks- und Kirchenijed von A. Saran", Leipzig bei F.E.C. Leuckart. In den ersten Abschnitten weist der Autor meine engen Beziehungen zum deutschen Volks-undKirchenljede nach, im letzten werden die Bearbeitungen besprochen. Dem Text sind 6 altdeutsche Lieder und 6 Chorale in elner Bearbeitung von mir beigegeben, die em merkwürdiges Licht auf die Vergangenheit, wie auf die Gegenwart werf en. Wenn ich hier Ihre Aufmerksamkeit auf das Buch lenken suche, geschieht es nicht aus eltien Absichten, sondern nur des höchst interessanten Gegenstandes wegen. Ihrem Wunsche, Handel's "Acis und Galathea" zu bearbeiten, werde ich leider nicht mehr nachkommen können. Es wird Ihnen wohi nicht unbekannt geblieben sein, dal3 ich vom Schicksal schwer heimgesucht worden bin. Der Zustand meines Gehörs macht es mir ganz unmoglich, dergleichen Aufgaben jetzt noch mit Aussicht auf Erfoig zu lösen. Das für Bach's und Handel's Vokalwerke herzustellende Accompagnement fordert eine materielle Controlle des Tonsatzes - eine solche ist für mich nicht tnehr vorhanden! So viel ich weil3, existirt ja aber von Mozart eine Bearbeitung dieser Idylle - soilte sie Ihnen in Nünchen nicht zugänglich sein? Dabei fällt mir em anderer Vorschlag em, für dessen Accept ich Ihnen ungemeiri dankbar sein würde. In Halle bei H. Karmrodt ist nähmlich Handel's Jubilate in einer Bearbeitung von mir erschienen, auf die ich einigen Werth legen darf. Stünde Ihnen bei den AuffUhrungen des Oratorienvereins eine Orgel zur Verfflgung, so kann ich für einen colossalen Effekt bUrgen. In Betreffs derBesetzungist nur für die erste Chornummer em tUchtig geschulter Contra-Alt notwendig - die später im Ensemble mitwirkenden Tenorund Ba13-Soli sind kinderleicht. Doch muB ich fürchen, Ihnen mit dieser langen Epistel beschwerlich zu fallen. Vielleicht finden Sie sich durch - 31 - die oben erwähnte Hülflosigkeit ineiner Lage veranlaBt, die von mir herausgegebenen älteren Tonwerke einer Prüfung zu unterziehen: was zuerst als persönliche Theilnahme gelten könnte, wird sich rasch in eine sachliche verwandein; die hier gebotenen Stoffe sind ja so wundervoller Art, dal3 man sich selbst der höchsten Ehren durch deren Verbreitung werth macht. Mit den herzlichsten GrUf3en Halle, d. 27. Dec. 74. Ihr ergebener Rob. Franz. Im Januar und Februar 1875 komponierte Rheinberger seine tiFlorentiner Sinfonie", op. 87, deren Partitur am 23.2. 1875 beendet wurde. Dassch6ngebundene Autograph in der Bayerischen Staatsbibliothek 1st mit einer programmatischen Dichtung von Rheinbergers Gattin als Prolog emgeleitet und jedem der vier Sätze wurde em groBes zeitgenössisches Foto von Florenz vorangestelit. Die Uraufführung des Werkes f and am Ostersonntag (28.3.) 1875 1n MUnchner Odeon unter Leitung des Komponisten statt: Der Bayerische Kurier vom 1. April 1875 schreibt Uber das letzte ttpastenkonzert der Musikalischen Akademie": Die Eröffnungsnummer dieses Conzertes 1st em beredtes Zeugnhl3 für den Ruf der MUnchener Kunst im Ausland. Wir möchten die Sinfonie Rheinbergers, weiche bier zum ersten Male aufgefUhrt wurde, als den Boten einer neuen Zeit betrachten, der Herrschaft des deutschen Geistes auf dem Gebiet der Instrumentalmusik in dem Land, das als die Wiege der abendländischen Musik gilt, eine neue Wohnstätte gewinnen hilft. Durch den ehrenvollen Auftrag der So- cietâ orchestrale in Florenz 1st nicht allein Josef Rheinberger, den wir mit Stolz den unsern nennen, geehrt, auch die Gesamnitheit der deutschen KUnstler empfangt damit einen Impuls zu neuem, kräftigen Aufschwung. - 32 - Die Augsburger Abendzeitung vom 3. April 1875 schreibt: Das letzte Abonnementskonzert der musikalischen Akademie am Ostersonntag brachte fast ausschlielllich grötere Orchesterwerke und zwar stand an der Spitze des Programmes eine neue Symphonie von Jos. Rheinberger in f-dur mit vier Sätzen: Allegro con fuoco, Adagio; Menuetto pastorale; Finale, geschrieben im Auftrage - nicht etwa eines hiesigen oder sonstigen deutschen Konzert-Vereines, sondern der società orchestrale in Florenz, wo unseres heimischen Meisters Werk durch Hans v. Billow und G. Buonamici mit dem glticklichsten Erfolge eingebUrgert wurde. Mehr als acht Jahre sind verfiossen, seit Rheinbergers "Wallenstein"- Symphonie in den Räumen des kgl. Odeons zum ersten Male aufgefiihrt worden. Der gediegene KUnstier ist seit dieser Zeit mit zwei gröi3eren musikalischen Werken und einer reichhaltigen, bunten Reihe kleiner Kompositionenvordas Publikum getreten und hat sich wohl mit jedem Werke dessen steigende Achtung als em die Technik volikommen beherrschender, origineller, feinsinniger und geschmackvoller Meister errungen. Em neues symphonisches WerkdesKomponisten durfte also im Voraus eines sympathischen Interesses sicher sein und die musikalische Akademie hat demselben einen wohlthuenden Ausdruck gegeben, indem Sie das Pult des Dirigenten - der Komponist leitete die AuffUhrung seines Werkes persönlich - mit einem Lorbeerkranze schmUckte. Rheinberger hat diesmal darauf verzichtet, seinem Werke durch Benennung des Ganzen und Ueberschrif ten zu den einzelnen Theilen einen bestiminten, die Vorstellung des Hörers Uber das rein Musikalische hinausweisenden Charakter zu geben. Gleichwohl legten manche Stellen den Verdacht nahe, als seien dem Komponistenauchhier wieder konkrete Gestalten während des musikalischen Schaff ens vorgeschwebt, welche derselbe diesmal nur dem Hörer zu bezeichnen UnterlieB. Ware, wenn dem so ist, nicht vielleicht die ausdrUckliche Benennung doch vorzuziehen gewesen? Namentlich im letzten Satze entbehrte man einen derartigen Anhaltspunkt; ohne einen solchen scheint bier, wenigstens beim erstmaligen Hören, der streng einheitliche Zusammenhalt in Form und Gedanken einer Reihe von tnusikalischen - 33 - Einfällen geopfert zu sein, die, obwohl an sich geist- reich und mit glnzender Geschicklichkeit verbunden, den H6rer doch nicht recht zur Rube und das Werk trotz der groi3en aufgewandten Mittel nicht zur höchsten Steigerungkommen lassen. Der erste Satz der Symphonie ist in der That em bedeutender Wurf: das lebensvoll spriihende, in scharf markirtem Rhythmus sich bewegende, zuweilen fast an eine Tanzweise edeisten Styles aufklingende Hauptthema und das diesem festlichen Gepränge gegenUber- gestelite, urn die Hlfte langsamer auftretende, ernste und mahnende Gegenthema sind gliicklich erfunden und mit vollendeter Kunst durchgeftihrt und verarbeitet. Mächtig ergreifend wirkt auch das breite, reichgestaltete Adagio. Thema und Rhytmus des dritten Satzes sind etwa die einer frei behandelten Mazurka und der pastorale Charakter tritt dem Hörer zunächst im Trio entgegen. Glänzend ist an dem ganzen Werke, weiches einer vorwiegend heiteren Stimmung Ausdruck gibt, die Tonwirkung; gerade bier zeigt sich so manchen Werken moderner Komponisten gegen- iiber der feine, ktinstlerische Sinn Rheinbergers: er kennt alle verfiigbaren Mittel, aber er weil3 damit Ma13 zu halten. Frei von Schwulst und Ueberladung wirkt er aber ebensosehr mit seiner Orchester-Behandlung als mit einer einfachen, reichen und immer wohllautenderi Harmonie nicht selten wahrhaft groartig. Das Publikurn hat denn auch die vielfachen Vorztige des Werkes bereitwillig anerkannt, dem Komponisten nach jedem Satze reichlichen Beifall gespendet und denselben am Schiusse verdientermafen zweimal gerufen. Das Orchester, dem ob seiner vortrefflichen AusfUhrung der keineswegs leichten Aufgabe gewit em guter Antheil an dem schönen Erfolge gebuhrt, verdiente in der That bel dieser und den tibrigen Nummern alle Anerkennung. Der Verleger Johann Andre bestätigt den Erhalt des Ma- nuskriptes am 21. Mai 1875, macht jedoch Einwendungen und bittet urn Anderung der beiden letzten Sätze der Sinfonie. Der Komponist antwortet ihrn: Da Ihnen meine Sinfonie in ihrer jetzigen Gestalt nicht convenirt, ich aber durchaus keine Veranlassung habe, etwas an derselben zu ändern, da ich ihre Wirkung auf - 34 - das Publikum kennengelernt habe, ersuche ich Sie, mir dieselbe wieder umgehend zurückzusenden zu wollen. Josef Rheinberger. 22. Mal 1875. /T.B.4, 60/ Einige Tage später schickte André 1000 Mark für die Sinfonie, die er nun doch behält. - Clavierauszug nachqesandt. Josef Pembaur (1848-1923), seit 1875 Direktor der Musikschule des Musikverelns Innsbruck, schreibt an semen ehemaligen Lehrer Rheinberger: Innsbruck, 13. MHrz 1875. Geehrtester Herr Professor! Meine Geschäftssorgen und Arbeiten lassen mich erst heute zur Erfullung der angenehmen Pflicht kommen, Ihnen und Ihrer geschatzten Frau Gemahlin für deren freundliche Zuschrift zu danken. Am 16. habe ich mein 3. Abonnementsconcert und de1haib gerade jetzt viel zu thun. Nach Ostern, 26. April, gehen mehrere Musiker von hier fort. Da es im Theater für sie den Sominer über kein Verdienst gibt, so wird natürlich auch mein Orchester ganz unvollstandig. Aus diesem Anlasse und in Anbetracht, daB der hiesige Chor zahlreich und gut, zu allem recht verwendbar ist, kam ich auf die Idee, auch mit dem Chor allein em Concert zu geben, für welches mir elne Ihrer Compositionen gerade doppelt erwünscht 1st. Doch da hier eine Bach'sche Motette nie gehort wurde und in em derartiges Programm doch derartig altklassisches aufgenommen werden soilte, so erlaubte ich mir die Bitte an Herrn Professor urn allenfalsige Entlehnung eines solchen Stückes aus dem Archiv des Oratorienvereins. Die Bach-Ausgabe 1st derart theuer, daB wir sie nicht kaufen können und ich weil3 wirk1ich nicht, wo sonst derartiges etwa einzeln erschienen ist. - 35 - Wenn ich nur in Partitur etwas leihweise bekärne, ich wiirde schnellstens und sorgfältig kopieren und zurUckgeben. Ich nehme mir die Freiheit, von Herrn Professor vielleicht durch meinen Freund Glötzle elne diesbezUgliche Antwort auszubitten. Ich möchte für den Fall eines Vokalconcertes das Programrn nach Art der dortigen Vokalkapelle einrichten; freilich dUrfte dasselbe erst in Mal stattfinden, da unsre Studjen nicht so rasch sich abthun lassen. Nochmals herzljchen Dank für das Ubersendete, mit der Bitte, uns die Stinijr,en so lange zu llberlassen, als sich unsre AuffUhrung etwa verzögern dürfte. Hochachtungsvoll ergebenst zeichnet sich Josef Pembaur. Zu Pfingsten 1875 komponierte Rheinberger seine dritte Orgelsonate in G-dur, die sogenannte "Pastoralsonate" Am 7. Juni fUhrte er im MUnchener Oratorjenverein Ferdinand Hillers (1811-1885) Oratorium "Die Zerstörung Jerusalems" auf. Hiller schreibt an Rheinbergers Cattin: Stockholm, 19.6. 75. Verehrteste Frau Ihr sehr lieber Brief hat elne Vergnügungsreise Uber Coin und - Christiania gemacht, urn mich gestern Abend hier zu erreichen, in letzterer Stadt hat er sich sogar eine Weile aufgehalten. Aber sein verspätetes Emtreffen hat es zu keinem weniger erfreulichen gemacht und ich danke Ihnen auf's herzlichste für Ihre Mittheilungen, Ihrem Gernahi für seine aufopfernde Tätigkeit. Da ich gar keine Ahnung von einer auch nur projektirten AuffUhrung meiner ZerstOrung bei Ihnen hatte, so war Ihre Botschaft zugleich die angenehmste Uberraschung. Am Abend der AuffUhrung war ich mit meiner Tochter und Gades von Copenhagen aus nach dem hUbschen Bade Schlangenberg gefahren und wir gingen dort in einem prachtvollen Buchenwald spatzieren. In Christiana waren wir aber garnicht, es wurde uns - 36 - zu viel für die gegebene Zeit und wir haben uns mit Dänemark und Schweden begnügt. Hoffentljch sehe ich Sie beide recht bald einmai wieder. A propos, gerade gestern Nachmittag bezeichnete ich dem hiesigen Gesangs-Chor-Professor Gunther mehrere Werke Ihres Gemahies, da er nach Chorkompositionen mit Piano-begleitung besonderes Verlangen trug. Mit freundschaftlichstem hochachtungsvollsten Gru( Ihr altergebener Ferd. Hiller. Im Juli 1875 komponierte Rheinberger für das Florentinerquartett Jean Becker sein Streichquartett in c-moll, op. 89, das am 1.2.1876 in Amsterdam "in de groote Zaai" der Societät Amicitia zur Uraufführung kam. Die Sommerferien verbrachte Rheinberger zusammen mit seiner Frau wieder in Kreuth. Im Herbst des Jahres widmet er sich den von F.A. Muth zugesandten Gedichten, die er für Männerchor setzt und unter den Titeln "AmRhein", op. 90 und "Johannisnacht" op. 91 herausgibt. Ende November/Anfang Dezember 1875 schreibt er eine Sonate für Kiavier und Violoncello, die der Cellist Josef Werner und der Pianist Hans Bu1meyer uraufführen. Den krönenden AbschiuB der Kompositionstätigkeit dieses Jahres bildet em Variationenwerk für Streichquartett: Thema mit (50) Variationen op. 93, das er am 13. Dezember 1875 beendet. An semen Bruder richtet er foigende Zeilen: 10.Dezember 1875 Lieber David! Da es draufen noch immer schneestöbertund ich jetzt vor Tisch em haib Stündchen frei habe, so muB ich, wenn der Briefwechsel mit Vaduz nicht total eingefrieren soil, denn doch meine Briefbogen aus der Schreibmappe herauslangen. Dein ietzter Brief empfahl mir einen Herrn Gautner; derselbe war vor ungefähr 20 Tagen da - 37 - urn 20 Mark zu leihen und heute wieder zu demselben Zwecke. Er sagte, er erwartevonVaduz täglich em Stipendiumsgeld und sei, da dasselbe noch nicht angekommen in der bittersten Noth. So gab ich ibm denn nochmals 20 Mark.- Vielleicht kannst du mittreiben, da er sein Stipendium bekornmt - andererseits ware es ja die pure Grausamkeit, einen jungen Menschen mittellos in eine wildfremde Stadt zum tStudirenut zu schicken, wo er in soicher Lage geistig und körperlich verkommen mug. Ich kann eben für elnen Polytechniker, dessen Wirkungskreis nothwendig dern melnigen fernsteht, nicht viel tuen, zudern sind wir sehr von alien Seiten in Anspruch genommen, von alten kranken Leuten, Studenten, Wohltätigkeitsanstalten, Sammiungen etc. etc. ohne Ende. Seit wir von Vaduz fort sind, war fast ununterbrochen schlecht Wetter; nun ist schneereicher kalter Winter. Wir sind gottiob ge- sund und hoffen von euch desgleichen. Das Maly noch nicht ganz.besser ist, tut mir sehr leid; Fanny will ihr em homäopatisches Mittel schicken, das jedenfalis wenigstens unschädlich 1st.- Ihr seid gewiss auch recht eingeschneit! Grii1e mir Maly und Peter mit gesammter Farnilie und bringe die kommenden Feiertage froh und helter zu und hiemit Gott gefoblen! Die Suppe steht auf dem Tisch - ich woilte, du könntest mithalten! Dein Bruder Josef Rheinberger MUnchen den 10.12. 1875. Zu Weihnachten übersendet Rheinberger seinem alten Lehrer Sebastian Pöhly seine III. Orgelsonate, die er ibm widmete. Pöhly bedankt sich in rllhrender Weise mit folgenden Zeilen: Euer Wohigeboren Mit weicher Empfindung und Herzensfreude ich Ihre mir gesendete "Fotografie" und die mir gewidmete "Pastoral-Sonate" mit dem verbundenen schörien Motto: "Sel- nern lieben Lehrer Pöhiy in Schianders in freundlicher Erinnerung an die Lehrzeit in Vaduz in den Jahren 1845-49" entgegennahrn, finde ich kelne Worte, es aus- - 38 - drUcken zu können. Ich lege dafUr nur meinen herzlichen und aufrichtigen Dank mit freudig perlender Thräne gem nieder, mit der Bitte, gedenken Sie stets an Ihren alten Jugendiehrer! Ich schätze es für mich als "Ladlehr" von groBer Ehre, daIs sich em so vorragender Kflnstler in der Gegenwart noch an semen alten Lehrer erinnert. In den Zeitungsblättern hatte ich oft Gelegenheit, Ihr "gepriesenes Lob" zu lesen, was meinem Herzen immer recht wohi und stoiz berührte. Ichdachte wohi fast täglich an meinen lieben "Peppi"! Uberraschend war mir daher, daB Sie sich noch nach Umflui3 von nahe 30 Jahren auf mich erinnerten. Mein einziger Wunsch wâre nur noch in meinen alten Tagen, wenn ich Sie und Ihre werthe gnädige Frau Gemahiin sehen könnte und (mir) einmal der Kunstgenui3 bereitet würde, diese mir gewidmete schöne aber für uns zu schwierige und unausführbare "Sonate" von H. Meister selbst spielen und h3ren zu kdnnen, - so wie andere Werke von Ihnen. Allein was will em armer "Landschullehrer" von "Tirol" machen, welcher in pekuniärer Hinsicht kaum sein Auskommen findet? Weshalb ihm nie das Glück zu Theil wird und kann einen soichen KunstgenuB hören. Zufällig erfuhr ich durch die Familie "Edle von Plaven" von hier, daB Sie recht glUcklich mit einer werthen Anverwandten von derselben verehelicht sind, und dieseibe auch eine groBe berUhmte Tonkünstlerin sein soil. Ich kann nur meine Gratulation deshalb ausdrflcken, und ich wUnsche von Herzen, daB es Ihnen und Ihrer werthen gnâdigen Frau Gemahlin immer recht gut ergeht. Zum Schiusse wUnsche ich Ihnen zum herannahenden Namens- feste "all das Beste". Bei dieser Gelegenheit kann ich die Randglosse beizusetzen nicht unterlassen, wenn Sie sich noch erinnern dürf ten, daB Sie an diesem Tage ais 9-jahriger Knabe die groBe Messe von Voigt unter meiner Leitung zu Hause spielten, wo ich Ihnen in den Zwischenspielen die Akkorde ins Ohr flUsterte. 0 weiche Freude hatte nicht Ihr werther Vater und ich dazumal. Erinnern Sie sich noch auf das Wort, was Sie mir wEhrend des Spieles sagten: "Heute haben wir gewif3 a Kalbl bekouimen". Ich erzählte es dem lieben Herrn Vater, und dieser sagte: "Sehen Sie das Kind!" Leben Sie recht wohl, und ich danke - 39 - Ihnen nochmals mit thränenvollem Auge für die mich auszeichnende Bescheerung. Eine schöne Empfehiung an Ihre werthe gnädige Frau Gemahiin und mit tausend CrüBen mit dem wahren Wunsche, Ihnen noch einmai sehen und sprechen zu können; dief wird wohi nicht mehr in Erfllhlung gehen. (Eine Fotografie werde ich Ihnen gewissenhaft bei nächster Gelegenheit senden). Zeichne ich mich mit gröl3ter Hochachtung Euer Wohigeboren ergebener Seb. Pohly Lehrer. Schianders, am 14.2.1876. Rheinberger sandte darauf seinem in Schianders/Tirol lebendem Lehrer elne finanzielle Beihilfe, für die sich Sebastian Pöhly mit folgenden Zeilen bedankt: Hochverehrtester Herr! Nehmen Sie vor aliem die Versicherung hin, dass ich Ihr letztes so herzliches Schreiben mit der so grossmUtigen Beilage zu Tränen rührte. Ich finde nicht genug Worte des innigen Dankes für die grosse Ehre, die Sie durch Ihr freundliches herablassendes Schreibensowohl als durch die reichliche Unterstlltzung Ihren einstigen nun greisen Lehrer angedeihen liessen. Gott, der Vergelter soicher edler Herzen, wird es Ihnen und Ihrer hochverehrten lieben gnHdigen Frau Gemahlin bier und jenseits lohnen. Traurig berührten mich die Todesnachrichten von Ihren höchst ehrenvollen mir unvergesslichen lieben Eltern und Geschwistern. Auch mein Vater 1st vor 3 Wochen in seinem 95-ten Jahre gestorben, weichen ich trotz meinem kieinen Lehrergehalte seit 12 Jahren gänzlich erhalten habe. Jedoch, Gott sei Dank, so lange ich gesund bin, lebe ich bei meinen kieinen BedUrfnissen doch, und das aite Sprichwort: Gott verlässt keinen ehriichen Menschen, erwahrt sich vail bei mir, da ich nun durch Ihre hochherzige Gabe die Krankheit und Todfailkosten van meinem seibigen Vater mehr als bestreiten konnte. Nur diesen Wunsch hätte ich noch var meinem Tode, dass ich das ClUck hätte, Sie meinen edien Freund und so grossen - 40 - Wohltäter meinen ehemaligen Schüler, und nun so grossen KUnstler, meinen lieben Peppi noch einmal zu sehen und jene guten alten Zeiten wachzuruf en. Ich kann Sie versichern, mir steht jeder, auch noch so unbedeutende Vorgang, weicher in Ihrem mir unvergesslichen elterlichen Hause, indem ich so viele Wohitaten genossen, ja wie mir Ihr nun seliger Vater oft sagte als Mitglied seiner. Famule betrachtet wurde, so kiar vor meinen Augen als wenn alles erst gestern gewesen ware. Ich sehe ihn oft jm Traume wie er mit seiner lieben lächelnden menschenfreundlichen Miene hinter dem Tische unter dem Spiegel sitzt, und uns zuhorcht, wie wir miteinander verkehren, und Ihnen zuruft: Peppe noch hundert mal ohne Unterbrechung, dann gebe ich dir einen Zwanziger, und noch 100 mal dann 2 Zwanziger und so fort. 0, Ihr guter Vater! Mein Schritt, dass ich mich durch grosse Versprechen, die aber bis heute nicht erfüllt wurden von Liechtenstein weglocken hess, babe ich oft und bitter bereut. Ich wurde von einer Partei unverschuldet aufs Korn genommen, well ich meinem Charakter zuwider weder den Heuchier noch den Betbruder spielen konnte, und zwar so, dass ich schon im Jahre 1851 Schianders verlassen, 1/2 Stunden von Schianders entfernten Pfarrund in der gemeinde Latsch als Suplent des Lebrers mit 85 fi. Jahresgehalt angestehit wurde. Ich hatte genug zu arbeiten, aber wenig zu geniessen; dass ich untersolchenUmständen, viel und oft nach Vaduz dachte, lasst sich leicht vorstehlen. Seit dem Jahre 1865 bin ich wieder in Schianders als Unterlehrer angestehit. Habe mich noch in meinem 60. Lebensjahre mit einer Person von 50Jahren verheiratet, weiche zwarkein Vermögen, aber daftir em gutes redliches Herz hat. Als ich Ihre Sonate samt Portrait erhielt, war ich etwas unpässlich, daher ich melnen Dank nur diktieren konnte. Von mir und meiner Gattin ahles nur erdenkhich Cute zu Ihrem hohen Namensfeste, samt untertänigstem Handkuss an Ihre hochverehrte gnädige Frau Gemahhin. Ich schhiesse nun mit Wiederholung melnes innigsten Dankes und rufe Ihnen noch mit aufrichtigstem Tiroler Herzen aus der Ferne zu: Gott lohn es Ihnen und Ihre hochherzigen und edlen Frau 1 - 41 - Gemahlin. Mit grol3ter Hochachtung Ihr dankbarer alter Lehrer Schianders Seb. Pöhly. 13.3.76. Franziska Rheinberger lieI sich in der Folge Pöhlys Erinnerungen an Rheinbergers Kindheit mitteilen. (Vgl. Bd.I, S. 26 - 37.) Rheinberger berichtet seinem Bruder in Vaduz: 27. Februar 1876 Mein lieber David! I.. .1 Nachdem das gedruckte, Pöhly gewidmete Heft ankam, über- sande ich es ibm mit einer Photographie, worauf er mir mit einem sehr ijeben Brief aus Schianders antwortete. Ich werde ihm dieser Tage wieder schreiben. Ich hatte dieser Tage immer Angst, von Uberschwemmungen in Liech- tenstein zu lesen, da allerwärts die Wasser so stiegen - es scheint aber merkwiirdigerweise der Rhein diesmal zur "gemäfigten Partei" zu gehören. - Wir waren Gottlob diesen Winter, Kleinigkeiten abge- rechnet, trotz der so anhaltenden Kälte, recht wohi. Wir gehen wenig aus, haben aber von Zeit zu Zejt einen kleinen Künstlerkreisbeiuns. Julius Meier seh ich hie und da auf der Hofbibliothek - Schafhutel. alle Sonntag auf dem Chore der Michaelskirche, und im iibrigen bin ich ziemlich fleif3ig. Maly's Photographien werden dir nachge- liefert, so wie sie fertig sind - Es mUssen nämlich noch weiche nachbestellt werden. Mit herzlichstem Grul3 an Dich, Peter und dessen Familie Dein treuer Bruder Josef Rheinberger MUnchen den 27.2.1876. - 42 - Jean Becker (1834-1884), Violinvirtuose und Gründer des ttFlorentiner Quartetts", schreibt an Joseph Rheinberger: Amsterdam, 2. Feb.1876. Hochverehrter Meister! Ich hatte mich verpflichtet, Ihnen Meldung von der ersten Aufführung Ihres (meines) Quartetts op.89 zu machen. Aus beiliegendem Programm ersehen Sie Ort und Tag. (Amersfort 1.2.1876). Das Publikum applaudirte jedem Satz sehr warm. Die nächsten StEdte, wo Ihr Werk zur AuffUhrung konimt, werden Luxemburg am lOten und Frankfurt am l7ten d.M. sein. Wohi werde ich es noch diese Saison nach Berlin, Dresden, Leibzig, vielleichtaudhnoch nach Wien bringen. Jetzt eine Bitte! Wenn Sie em Ubriges Exemplar eines Ihrer BUcher Uber Composition, Theorie, Contrapunkt oder dergleichen haben, so spenden Sie es freundlichst meiner angehenden Bibliothek. Es muss aber em nettes Wort Ihrer Hand tragen. Am 15.d.M. bin ich einen Tag zu Hause, Mannheim, Neckargär ten. Mit aufrichtiger Gratulation, Dank und Gruss Ihr Jean Becker. Meinen Respekt Ihrer liebenswUrdigen Hausfrau. Jean Becker gramme, aus op.89 am 10.2. in am 17.2. in am 2.3. in am 4.3. in am 7.3. in am 9.3. in aufführte. Ubersendet am 9. März 1876 einen Stapel Prodenen hervorgeht, dal3 er das Streichquartett Luxemburg, Frankfurt a. M., LUbeck, Bremen, Hamburg und Berlin Er kommentiert seine Sendung mit folgenden Zeilen: - 43 - Berlin, 9.März 76. Lieber Meister! Ich beschliesse heute meine Zusendung mit der Bemer- kung, dass ich Ihnen bereits von Frankfurt aus Pro- gramme, worauf Ihr Name prankte, zusandte. Ihr Werk gefäiit sehr, und erwirbt sich Uberali Freunde. Es ist nun, wie Sie sehen, meinem Repertoire einverieibt,und sehne ich mich danach, es auch Ihnen in Mtinchen vorzuspielen. Seien Sie und die verehrte Cattin herzlichst gegrUsst Ihr Jean Becker. Fanny erfährt von ihrem Schwager David aus Vaduz, daf3 Rheinbergers Wiener Stehfiiigel einen Interessenten in Vaduz gefunden habe. Rheinberger aber erklrt mit Nachdruck, "er gäbe sein aites Kiavier aber urn keinen Preis her", und Fanny schärft David em: "Es soil ganz unverändert so bleiben wie es darnais war", (1.4.1876) Franz von Holstein schreibt an Franziska Rheinberger: Hochverehrte Freundin! Leipzig, den 10. April 1876 Recht lange hat es gewährt, ehe ich dazu kam, Ihnen für Ihre letzte freundliche Zuschrift zu danken und für ailes Liebe und Cute und Schmerziiche und Freudige, was darin stand, und an dem Sie durch Ihre Schilderung die fernen Freunde theilnehmen lassen. Ich habe Ihnen diI3mal nur Freudiges zu melden, wir haben jetzt eine wahre Rheinberger-Woche. Vorigen Mittwoch spielten die Florentiner Ihres Mannes prächtiges C-moll-Quartett, dasvonErfindung und Frische strotzt. Gestern am Palmsonntag führten die Thornaner Nachmittags in ihrem Concert das Requiem auf, das mir vom Lesen und Durchspielen längst lieb und werth war. Da6 das Quartett grol3en Erfoig hatte, brauche ich kaum zu sagen. Nach dem Requiem fragten die Herrn Musiker sich untereinander, - 44 - wie es komme, daIs das Gewandhaus, da1 Riedel em solches Werk nicht längst aufgefUhrt habe. Nächsten Winter mUsse es das Gewandhaus bringen u.s.w. u.s.w. Ich freutemichund triumphirte im Stillen - - alles Reden vorher war im Winde verhalit. Diese Herren mUssen, wenn auch nicht sehen, doch hören, urn zu glauben. Nach dem Thomaner-Conzert machten wir es noch rnöglich in die Nicolai-Kirche in das Riedel-Conzert zu gehen, urn Rheinbergers Orgel-Sonate zu hören, die Preitz em SchUler von Papperitz und Richter - sehr schön spielte. Nur die gar zu zarte Registrirung des Andante wolite rnir nicht zusagen und war wohi kaum im Sinne des Komponisten. Der junge, äuferst begabte Mann schwelgte wohl zu sehr in den Contrasten, welche die herrliche Orgel mit ihren mannigfachen Registern ihm bot. .Heute Abend endlich fUhrt die Sing-Akademie die Toggenburg-Ballade auf. Es 1st jetzt hier - wie auch sonst wo - kaum em Gesangs- oder Instrumental-Concert, wo der Name Ihres Gatten nicht im Programm zu finden ware, und eine solche Popularitat rnu1 ihn doch sehr erfreuen. Aus Ihrem Brief ersah ich, daI3 Manches Neue im Entstehen oder schonfertig ist. ClUck auf!, - I...! Mit den schönsten GriiI3en an Ihren Mann und Ihre verehrte Frau Mama Ihr aufrichtigst ergebener Franz v. Holstein. - 45 - Vom 21. Mai bis 10. Juni komponierte Rheinberger die Baliade ItClärchen auf Eberstein't nach einem Text, den seine Frau nach einer Rheinsage von Simrock verfaIt hatte. Das Werk wurde vomKomponisten im foigenden Jahr für Orchester instrumentiert und am 2.4.1879 vom MUnchOratorienverein unter der Leitung von Max Zenger ner aufgeführt. Am 12. Juni 1876 hatte im Oratorien-Verein in MUnchen eine Aufführung von Rheinbergers "Das Thai des Espingo" stattgefunden. Der Textdichter Paul Heyse (1830-1914) schrieb an J. Rheinberger unter dern 14. Juni 1876: Ich habe Ungiück mit Ihnen, verehrter Freund. Im vongen Jahr kam ich um die Fiorentiner Symphonie und jetzt urn unsere Ballade. Ais ich aus der "Einsiedelei" in Tutzing, in die ich mich einer drangenden Arbeit wegen geflüchtet, gestern zurUckkehre, höre ich, daf inzwischen Grol3mutter und Enkelin statt meiner sich an Ihrem Werke erbaut hatten. Peccato! Seit einiger Zeit will mir nichts rnehr glucken. Schönsten Grul3 und Dank für Ihre freundliche Absicht Ihr Paul Heyse. Vorn 14. Juni bis 2. Juli 1876 schreibt Rheinberger seine 4. Orgelsonate, op 98 in a-moli, und widmet sie seinem neuen SchUler Seymour Egerton, der em wichtiger Propagandist für Rheinberger in England wurde. Egerton war Anfang des Jahres mit folgendem Schreiben von A.v. HUgel, der Tochter des namhaf ten Kapeilrneisters und Kornponisten Julius Benedict (1804-1885), an Franziska Rheinberger vorgesteilt worden: 2, Manchester Square, W.London ednesday Evening Juny 26th 1876. Dear Mrs. Rheinberger, You will be astonished to hear from me, still more to - 46 - see where I am writing from, which I am now doing in dear Papa's name, who is as usual overworked. I have come over for a couple of months to try and help him. I ought to write to you in German, but you are such a good English scholar and I such a bad German one that you must excuse me. After this introduction "zur Sache": Mr. Seymour Egerton who wishes to place himself quite under the Professors tuition is the second son of the Earl of Wilton, one of the most distinguished English families. He is already a very accomplished musician, having had some lessons from the late Hauptmann at Leipzig. He plays the violin, double bass, french horn and cornet, composes and has for many years conducted the best amateur Society here, the "Wandring Ministrels". He has not been fortunate of late with his financial affairs and has just returned from Australia. You will see, by the onclosed, the suggestions dear Papa gave him concerning Professor Rheinberger, who is lending a helping hand to a stranger in Munich will confer a great favour on him. He comes alone, his friend has telegraphed to say he could not accompany him. Der schönen "Kreuther" Tage gedenkend grüsst aufs herzlichste Sie, liebste Frau, und Herrn Professor, mein lieber Vater und Ihre innig ergebene A.v. HUgel. Nachschrift an den 4 Briefrändern von der Hand Julius Benedicts: Verehrtester Herr Professor, Halle hat Wallensteins Lager schon mit sehr günstigem Erfolg gegeben. Die Herren vom Liverpooler Comitê gehen langsam voran - dass die englische Ktinstler- und Liebhaber Landwehr auch nachkommen kann. 1st Ihre vortreffliche neue Sinfonie schon erschienen und kann man sie mit Partitur und Stimmen aus Deutschland beziehen? Stets Ihr treu ergebenster Julius Benedict. - 47 - Seymour J.G. Egerton (1839-1898), spater Earl of Wilton, schrieb unter dem 24. Mai 1876 an Franziska Rheinberger: May 24th, 1876. Balham Hill House Dear Madame Rheinberger. Probably you have heard that the performance of your husband's Symphony is postponed, on account of the Band parts arriving too late. I confess I am not sorry; for, as I told your husband, though the Orchestra of the New Philharmonic Society is composed of the best materials, the Conductor is not. And I think the Symphony will appear in England to much greater advantage when played by the Orchestra of the Chrystal Palace under August Manns who is frustrate (first rate?). So I hope Dr. Wylde will not attempt it this season. I should have been, as I hoped, back in Munich by this time. But I have been very far from well, and for the last fortnight quite laid up. However, I hope to get to my old quarters in the Karis's Strasse in about 3 weeks; where I shall proceed to study the German language and try to make myself a little more at home in both speaking and writing before the winter, where I am looking forward to hard studies under Professor Rheinberger. I have also to write some quite light music for a kind or operetta which some friends of mine want to do in September. After that, no more composition till studies are finished! David Rheinberger hatte als ältester Sohn biographische "Notizen iiber den Vater Josef Rheinbergers" (Vgl. Bd. I S. 1-25) verfatt und seinem Bruder nach Bad Kreuth Ubersandt. Der Komponist bedankt sich mit folgenden Zeilen: - 48 - Mein lieber David! Du hast uns durch die Aufzeichnungen aus dern Leben unseres lieben Vaters viel Freude gemacht. Ich habe dieselben zwar noch nicht ganz gelesen, da man bei dem bestndig wunderschönen Wetter fast nur im Freien lebt meine Frau aber hat sie in einem Zuge gleich durchgelesen. Sie hat sich auch von Pöhly in Schianders Einiges aufzeichnen lassen. Wir sind nun seit 18 Tagen in Kreuth und wollen wahrscheinlich nach Tirol gehen. Erst hatten wir uns Paris vorgenommen - ich fühle aber doch, da1 ich die wenigen Wochen der Ferien zu ländlicher Ruhe nothwendig brauche. - Es ist hier in Kreuth ziemlich still und trotzdem da8 in dem HauptgebEude gegen 200 GEste wohnen, die sich eigentlich nur zur Table d'hte sehen, auch sehr ruhig. Da ringsherum eine Anzahl waldiger Spazierwege sind, verschwindet die Menschenmenge sogleich. Der kleine Hofhalt der neapolitanischen Kdnigsfamilie ist auch klein beieinander und rnacht wenig LErm und Aufsehen. Ich gebrauche (nun zurn elftenmal) die Molkenkur und bin den ganzen Tag im Freien, da bier, in der Höhe von 3000' die Hitze nie zu arg ist; in der Nacht fällt immer so reichlich Thau, da8 er den Regen vollständig ersetzt. Leider aber ist Kreuth durch den Wechsel des Besitzers unddenWechsel der Geldart em sehr teurer Ort geworden; doch jUdelt es bier noch nicht so stark als in dem benachbarten Tegernsee, wo längst eine Synagoge nothig wEre, wenn die Reforrnjuden nicbt so sehr überwiegten. Wie steht denn in Vaduz die Angelegenheit mit dem österreichischen Gelde? Ich habe etwas von einer Deputation gelesen, die zu seiner Durchlaucht antichambriren gegangen sei. - In München ist nun eine ganz prachtvolle Ausstellung, von Kunst- u. KunstgewerbegegenstEnden. Es war noch nie etwas Ehnliches da; besonders in herrlicher Weise ist das Kunstgewerbe des Mittelalters vertreten - man kann darin geradezu Studien machen. Von allen Seiten kommen Frernde, urn sich diese Ausstellung anzusehen; S. MajestEt der König von Bayern hat dieselbe aber nicht besucht, da gegenwErtig em Bayreuther wohi soviel wert ist als 1000 Münchener. I.. .1 - 49 - Und nun, alter Goiiathbezwinger, lebewohi, regiere nicht so scharf, bleibe gesund und schreibe von Zeit zu Zeit Deinern Dich liebenden Bruder Josef Rheinberger Bad Kreuth 18.7.76 Irn August 1876 fanden in Bayreuth die ersten drei Gesamtaufführungen von Wagners "Ring des Nibelungen" statt, em Ereignis von kulturhistorischern Rang, zu dem nicht nur Kaiser und Könige pilgerten, sondern das auch die fUhrenden Musiker aus ganz Europa in semen Bann schiug. In Franziska Rheinbergers Briefsammlung findet sich dazu nur foigenderAbschnitt aus elnern Brief von Hedwig von Holstein, die doch tatsächlich schwarz auf WeiI3, am 17. Juli 1876 an Rheinbergers Gattin schreibt: Höchst erstaunt waren wir, als wir durch Andre erfuhren, daB dein Kurt auch nach Bayreuth geht. Mein Mann hat sich fast haib & haib in einer falschen Steliung gefühlt, den Schwindei rnitzumachen - d.h. natürlich hat er nicht vor, mit den Wölfen zu heulen, aber seine Gegenwart 1st doch schon em gewisses Zugeständni6. Urn wie viel mehr wird es Deinern Gatten kosten, semen Abscheu zu verbergen. Denn das mul3 er doch, wenn er die Freunde Wagners & Enthusiasten nicht grausam stdren will. Franziskas Entrllstung Uber solch unfaBbar schweren Insuit iEf3t sich Ihrer Marginalie zum ersten Satz entnehmen:"LUGE" prangt da entriistet am Rand des Briefes und tiber der ganzen Breite des Absatzes "LACHERLICH" ais Stabreim. - 50 - Hedwig von Holstein berichtet Franziska Rheinberger über die Eindrticke, die ihr Gatte bei den ersten Bay- reuther Auffuhrungen der Wagnerschen "Ring-Tetralogie" hatte. Liebste Fanny! Gastein, den 9.9.1876 Wie glUckselig war mein Franzi, als er in die reine Bergiuft zu mir nach Aussee kam! Einige Tage lang ging er ganz verdummt umher, er sprach wenig, und immer wie- der sagte er: Ach wie dank' ich Gott, dal3 ich nicht mehr in Bayreuth bin! Er konnte & wolite die 4. Oper nicht mehr hören, hatte er doch vom Siegfried auch nur einen Act noch ertragen können und ist krank und elend in sein Bett gefallen. Die Generalproben hatte er alle angehört und mir täglich darUber geschrieben. Das Zusammensein mit semen alten Freunden und Bekannten, die er seit vielen Jahren nicht gesehen, mit den Sängern und Sängerinnen seines Haideschachts, die Bekanntschaft mit interessanten neuen Menschen regte ihn an und stachelte ihn auf, die iibermenschlichen Anstrengungen zu ertragen. Auch war ibm ja das neue Theater mit all' den erfinderischen Einrichtungen sehr interessant, und die ersten Wagnerschen Klänge Uben ja zuweilen einen gewissen Zauber aus. So schrieb er einmal in einer Art von Begeisterung Uber die GötterdEmmerung, welches Werk ihm den gr51ten Eindruck machte in den Proben. Wie es dann aber zu den AuffUhrungen kam und die AnsprUche sich steigerten, so schwand der Zauber völlig. Franz f and alle Mtinchner Auffllhrungen bei weitem schöner, was SEn- ger, Decorationen und Regie betrifft, ja, unvergleich- lich geschickter und wirksamer. Warurn also dieser ungeheure Aufwand an Geld und Kraft und Ktinstlerdasein? Am meisten leid haben ibm die armen Orchesterleute gethan. Wilhelmi und Alle haben in HemdErmeln da unten in der Höhle gesessen, und Schwei8 ist ihnenvonder Stickluft sichtbarlich von der Stirn geflossen. Was ist doch das Alles für eine Unnatur! - Sehr bald 1st meinem lieben Herzensmann die Wagnersche Sinnlichkeit zum Ekel geworden, data er eben nicht mehr konnte, und - er lief davon! Gewit sehr zu seinem GlUck, denn er hat solchen wahnsinnigen Druck auf seinem armen Gehirn ge- - 51 - Konigliche Musikschule in MUnchen. (un grossen Odeonssaale, Aufgaug zum Saal und zur Galerie brelte Steintreppe.i Sam stag, den 29. Juli 1870. Abfuds 7 Uhr. Zweitcs und letzths t.oiicert-Ouverure fur Orchestr 1)er 130. Psalm für Mt-Solo, Ulior, Oiclietr und thgel l'i iiiJ''ii f:li..i1.. ii Exter. rgrl : Ilorr .los'f Becht. (oiie.rt für (lavier (op. 89 H-m"lh. L*r}ietto und Finali Victor (üuth. Elias ('eclisler. J. N. Hummel. Friulein .1 osetiiie Eckerler. Coiiei t (A-mull) für die Violine (1. atz herr Max Kaestl. ,,1'liurme.liau" für Sopraii - ulo, Cluor uuud Orchester Solo: Fräulein Johanna Irringer. Concert (Au.dur)für Clavier (Manuscript) . . . . iilcri'Ludwig Rittet' von Duniecki.y'.,,y// C. B. Viotti. . . £.sCrftI êereel.Ugt P.r.eiw.sp d.1 ,. . MI/: Finale au der unvollendeten Oper ,,oreley" Leonore: Fräulein Mathilde Goertz. Z..s., Theodor Podbert.slcy. . wr fur ci.. e Pen... i1H. Josef Rheinberger. F. Mendelssohn-Bartholdy. ..Md if eb. .ote.e. 52 B e m e r k u n g e n. Lu Nrc. 1. iclor GIidh aui Pilen, Snlialer den Rrn. Profeors Rh e iiiberger. 2. Hr. Eliius Oeohster aus Spielberg bei Seib, SchUler de firn. Professors Rh ci is berger. Fri. Ehisssbeth Exter aus MSncbesi, Schhlerin des Rerrn Julius Hey. hr. Jcanl Becht can Bucbloe, Schuler des Herrn Professora Rh e in her g Cr. 3, Fri. Josefine Eokerler ens Neu-UIm, SchSierin des Nm. C. 11 ae rm ann jun. Hr. Max Kae*tI ecu Mflnchen, SchiAler des Hrn. Hotmusikera B mfl c k ncr. !. Hr. Theodor Podbertaky uus MOnchee, Schhier de8 fire. Professors Rho in be rge r. Fri. Johanna trrIuger cue Aidenbech, Schftierin den lire. Julius hey. Hr. Ludwig Ritter a. Dunleoki sun Lemberg (Oulizicu), Schfller des Hrn. C. Beerniano jun. 7. FrI. Mathilde Goertz sun MUnchen, SchSlerin des firn. Julius Hey. - 53 - ftihlt und wurde von so starkem Nasenbiuten befallen, daB Crieg, sein Norweger Nachbar, ihn durchaus nicht allein hat abreisen lassen wollen, weil er an Nervenfieber oder Schiaganfall gedacht hat. Wie war ich froh, als die ersten Tage vorüber waren und der Rausch ausgeschlafen, der liebe alte Franz in seiner Frische und Ganzheit wieder mit mir im Gebirge herumwandelte! Es ist kein Spritzchen Schmutz an ihm hängen geblieben, rein 1st er wieder, wie er war, Gott sei Dank! I...! Zu BeginndesJahres 1876 hatte Rheinberger in der Zeit vom 5. Januar bis zum 12. Februar eines seiner schönsten Werke geschrieben: das Klavierkonzert in As-dur, op. 94, das von seinem Schiller Ludwig Ritter von Duniecki am 29. Juli 1876 uraufgeführt wurde. Die Augsburger Abendzeitung vom 3.8. 1876 schreibt dazu: Das gestern Abend abgehaltene zweite und letzte Prüfungskonzert der kgl. Musikschule bietet uns reiches Material zur Besprechung. Drei SchUler des Hrn. Prof. Rheinberger ward die Ehre zu Theil, selbst komponirte Werke dirigieren zu dUrfen. Die Instrumentation haben wir noch bei allen SchUlern Rheinbergers's lobend erwähnen miissen. - EineNovitätdes Letzteren, em Klavierkonzert in As-dur, trat uns wieder als ganzes und volles Meisterwerk entgegen; an Kraft, Originalität und Reichthum der Gedanken wird es heutzutage wenige seinesgleichen f inden. Die neuere Form für derartige Kompositionen hat Beethoven in den G-dur und Es-dur Konzerten mustergUltig bestimmt und hienach sich Rheinberger im Ailgemeinen gehalten. Sein Kiavierpart ist nicht dominirendes oder begleitendes Passagengeklingel oder Paraphrase des Themas, sondern Theil eines symphonischen Canzen, welches im Ganzen den Charakter männlicher WUrde und erhabener Majestät trägt. Manche Partien sind von fast Beethoven'scher KUhnheit und Grösse der Konzeption, alle von trefflicher Klangwirkung. Wir erachten Rhein- - 54 - berger's neues Klavierkonzert für eines seiner bedeutendsten und genialsten Werke. Ganz so hess es aber auch der Vortrag durch Hrn. Ludwig von Duniecki erscheinen. Dieser junge Künstler verspricht einer der besten zu werden, weicher noch aus der hiesigen Musikschule hervorgegangen, - wenn er nicht schon der Beste ist; er spielt mit soicher Bravour, mit so feiner und selbständiger Auffassung, mit so viel Feuer, dass er sofort sein Auditorium fesselt, kurzum, wir wUssten kaurn, was ihm zum fertigen Künstler noch fehit. Wilhelm Treiber (1838-1899), Pianist, Kapelimeister am Landestheater in Graz; ab September 1876 Konzertdirigent der 'tEuterpe" in Leipzig wendet sich mit folgenden Zeilen an Rheinberger: Sehr geehrter Herr Professor, Einen hochachtungsvollen Gruss. Die nächsten Leipziger musik. Fachblätter dürf ten Ihnen die Nachricht bringen, dass ich abermals zum Dirigenten der dortigen Euterpe gewählt wurde - nachdem ich bereits im vorigen Winter bedauernd ablehnen musste - diesmal jedoch acceptirte. So werde ich nun ab Ende September in meinem lieben Leipzig wohnen, für das ich seit Jahren eine nachgerade unerklärliche Sympathie empfinde. Hoffentlich habe ich es nicht zu bereuen. Bei dern Urnstande, dass ich nur jede 2te Woche em Conzert habe, bleibt mir viel Zeit, urn auswrts zu spielen. Vielleicht gelingt es Ihrem mächtigen Einfluss bei Levi und Wüllner, einen der Herren zu bestimmen, dass ich im Herbst auch in München zu spielen aufgefordert werde ich glaube die erste Saisonhälfte hat Wüllner. Würde ich aber im Stande sein schon bewusstes Concert in as spielen zu können? Bis zur Stunde rechnete ich zuversichtlich darauf und dachte garnicht daran, eine andere Novität für den nächsten Winterfeldzug in Angriff zu nehmen. Wie lebhaft wUrde ich bedauern, wenn Sie bisher nicht Gelegenheit gehabt oder genommen haben würden, an die Ausführung dieses Projectes zu denken. ,. - 55 - Freilich mtissten Sie im Stande sein, das Manuscript der Clavierstimme, wenn auch theilweise noch unausgefeilt, mir baldigst einsenden zu kdnnen. Aber em Orchesterwerk haben Sie gewiss im Pulte liegen, weiches Sie mir zur ersten Auffiihrung überlassen wollen - sei es OuvertUre oder Sinfonie - wollen Sie selbst nach Leipzig kommen, urn ev. zu dirigiren, so seien Sie mit offenen Armen empfangen. Das Orchester der Euterpe hat sich iiberraschend herausgernacht und wird nur noch immer vom Gewandhaus gedrUckt. Ware dies nicht der Fall, würde es die Concurrenz mit den mei- sten Stadtorchestern bestehen können. Dennoch können Sie auf eine wohivorbereitete, aufmerksame AusfUhrung Ihres Werkes rechnen. 1st Ihnen bekannt geworden, dass auf der diesjährigen Tonkiinstlerversammlung in Altenburg ich mit grossem Erfoig mit Volkmanns KonzertstUck debutirte? Wie gut ware es gewesen, wenn wir mit as hätten erscheinen können. So blieben Sie bedauerlicherweise unvertreten. Die "Ferienzeit" ftihrt Sie wohi auch dieses Jahr nicht durch die grUne - heuer sehr nasse - Steiermark? Sehen Sie sich doch mal in Ihrer gewärtigen Ausstellung den Fli.igel Ehrbar's aus Wien mit dessen Neuerung Prolongement an. Auf mich machte selber einen gUnstigen Eindruck, wenngleich nicht zu verhehlen, dass noch manches daran verbesserungsfähig. Nun ich Ihnen sattsam vorgeschwätzt, muss ich schliessen, aber nicht ohne den Wunsch auszusprechen, dass Sie bald mit einigen Zeilen erfreuen Ihren ergebenen Wilhelm Treiber. Graz, 11.Juli 76. Franz von Holstein (1826-1878) berichtet Franziska Rheinberger unter dem 7. November 1876: Hochverehrte Freundin! Leipzig, den 7.Nov. Herzlichsten Dank für Ihre so werthen Zeilen von 21. v.Mts. und das so freundliche Anerbieten, das ich - 56 - vieiieicht einmai so unbescheiden bin anzunehmen, wenn die Frage wegen der Morgenhymne mir wieder näher tritt, die leider augenbiickiich durch manches Nöthigere und weniger Erfreuiiche verdrangt wird. Hedwig hätte Ihnen iängst geschrieben und für den schönen Abend gedankt, den wir bei Ihnen verieben durf ten, und dessen wir beide uns noch mit Freuden erirnern - besonders aber wegen der interessanten Geseiischaft B. Marcelios, dessen Leben Ihre Dichtung uns nacherieben iief. Hedwig ist aber so von geschäftiichen Dingen nach unserer Rückkehr geradezu überfalien worden, daf sie sich die Freude, Ihnen zu schreiben, auf eine gUnstigere Zeit versparen mul3te. Nun aber zum eigentiichen Zweck dieser Zeilen! Gestern Abend spielte Treiber das As-dur Conzert sehr glänzend und mit grotem Erfoig. Er hatte nach jedem Satz, besonders am Schiuf, reichen Applaus und Hervorruf, den er wirklich verdiente, so weit er ihm gait, schweriich aber ohne das Conzert in dem Grade erhaiten hätte, das sichtiich sehr gefiel. Manches in den Passagen war eben nur glänzend, briiiant wiedergegeben und hätte vielieicht können etwas mehr vergeistigt und bedeutender genommen werden. Das ware aber die einzige Aussteiiung, die - wenn sie gerecht ist - ich zu machen wüBte. Das Orchester hieit sich bray und war sorgfäitig eingeübt. Die ersten Geigen in der Hdhe wilrden freiiich im Gewandhaus edier und reiner gekiungen haben. Das erste Horn blies vortreffiich in der Gesangsteiie des ersten Satzes. Die erste Oboe iiet3 zu wUnschen übrig, Fiöten und Ciarinetten waren gut. Nachdem so manches Werk Ihres Gatten, das Stabat Mater, Requiem, CiavierQuartett, Thai v. Espingo etc. hier so grof3en Beifail ärndtete, wEre es gewiI dem hiesigen musikiiebenden Pubiikum zu gönnen, seine persöniiche Bekanntschaft zu erneuern oder zu machen. Noch immer hoffe ich, die Sinfonie werde dazu die Vermittierin sein. Reinecke hat, wie er mir sagte, aus freiem Antrieb an Andr wegen der Partitur diesen Herbst geschrieben und von diesem die seitsame Antwort erhaiten: "Die erste Aufiage von 14 (H) Exempiaren sei vergriffen, wEre die neue fertig, woiie er sie schicken.t' Ich hatte gerade an Andr& - 57 - zu schreiben, und habe ihm eine ernsthafte Mahnung geschrieben. Es ware aber gewit3 gut, wenn Ihr Gemahi auch etwas Feuer dahinter machte. Eine soiche 1-landlungsweise ist doch zu toll von eirlem Verleger! Grüien Sie Ihren lieben verehrten Mann herzlichst von mir! Meine Schwester lä1t sich Ihnen bestens empfehlen. Wie trilbe die ersten Eindrticke waren trotz dem Behagen wieder in den lieben, aninutenden Räumen unseres Hauses zu sein, können Sie sich denken - da wachte der alte Schmerz noch einmal recht auf. In aufrichtigster Ergebenheit der Ihrige Franz von Holstein. Auch in Frankreich interessiert man sich inzwischen für Rheinbergers Kompositionen. 3. Maho, Editeur de Musique aus Paris schreibt an Joseph Rheiriberger: Paris, 21.9.1876 Sehr geehrter Herr Jos. Rheinberger! I... I Ich bin em grol3er Verehrer Ihrer Compositionen und hatte gem einen Versuch gemacht, solche auch in Frankreich unter das Publicum (ich spreche natUrlich von dem echt musikalischen Publicum, welches leider hier noch an Zahl ziemlich beschränkt) zu bringen. Für Gesangscompositionen ware die Sache vorlaufig beynahe unmöglich, sowie auch Orchester-Sachen; am liebsten beschränkte ich meine'rsten Versuche auf Clavier-Nummern-Musik und auch Clavier allein. Wären Sie geneigt, mit mir in Verbindung zu treten und wtirden Sie mir von oben besprochenen Werken das Verlagsrecht für Frankreich und Belgien gegen den hiesigen Verhältnissen angemessene Honorare abtreten? Deutschland, England , etc.etc. bleibt natürlich zu Ihrer anderweitigen Verfügung. Von Hrn. Fritsch habe ich das Verlags-Recht in oben besprochener Art von Ihrem op.38 Clavier-Quartett für 200 Mark übernommen. Kann ich Ihnen em ähnliches Honorar für em Trio, eine Violin-Sonate und Violoncell-Sonate, also 600 Mark - 58 - bieten? oderkönnen Sie von den bereits erschienenen noch für Frankreich-Belgien disponiren? Ich brauche Ihnen wohi nicht zu sagen, dal3 ich der Erste bin, der Ihre so werthvollen Productionen in Frankreich einzuführen versucht, was Sie vielleicht bewegen könnte, mir in etwas aufmunternder Form entgegen zu kominen. Anliegend sende ich Ihnen den Catalog meiner Kammer- musik-Verlags-Artikel, was Ihnen beweisen soil, da1 Sie nicht in unwürdiger Geselischaft sein würden. Lasseri Sie mir eine gflnstige Antwort zukommen und genehmigen Sie ünterdessen die Versicherung der ausgezeichneten Hochachtung Ihres ganz ergebenen J. Maho. Franziska Rheinberger verfa1te damals einen Beitrag über Benedetto Marcelio für den Cäcilienkalender, den der Regensburger Domkapeilmeister und GrUnder der dortigen berühmten Kirchenmusikschule Franz Xaver Haben (1840-1910) seit 1876 herausgab. Haberl dankte für die Ubersendung des Manuskripts mit foigenden Zeilen: Regensburg, 23. Nov.1876 Sehr geehrte gnHdige Frau! Aus beiliegendem Programm unseres Câciiienfestes werden gnHdige Frau meine freudige Uberraschung nach Er- öffnung Ihres Briefes und Einsicht der poetisch biographischen Studie begreifen. Wir führten eine tief innigeKompositiondes "princeps Musicae jener Epoche" auf, und Sie bieten uns eine gemiithvoile Geist- und Lebensgeschichte. Sie beehren mich mit einem Gru1e Ihres von mir so hoch geschHtzten Gemahies und wir singen eine seiner herrlichen Kompositionen. Wie sehr wtirde es mich freuen, wenn H. Professor Uber das leicht zu entziffernde Thema im CEcilien Kalender pro 1877 Seite 95 eine Fugette als Beitrag pro 1878 schrei- ben möchte! Was Ihre Einsendung anlangt, so nehme ich dieselbe für - 59 - 1878 sehr gerne an und werde sie auch mit passenden Bildern über Venezia la bella und dem Portrait des Gefeierten schmUcken laIen, wenn Sie mir erlauben, einige Kiirzungen zu machen, sowie em paar störende Verse durch schwungvollere zu ersetzen, so z.B. den Vers "Die Partitur lag von A bis Z in kiaren ZUgen" u.A. Ich bitte urn Entscheidung, ob Sie meine Anderung vor Drucklegg. nochmal untersuchen wollen, und wieviel Honorar Sie für die Kolumne Druck in Anspruch nehmen. ç Unter den respectvollsten Empfehlungen an H.Prof. Rheinberger, mit wiederholtem Danke für ihre Aufmerksamkeit und Freundschaft und unter herzlichen Crüen zeichnet Ew. Hochwohlgeboren ergebenster Fr.X. Haberl Domkapellmeister Am 6. Februar 1877 wendet sich Haberl erstmals unmittelbar an Rheinberger urn ihm für die Ubersendung des Requiems op.84 zu danken: Regensburg, 6.2.1877. Sehr geehrter Herr! Ihre freundliche Zusendung hat mich herzlich erfreut, und ich bin beschämt von Ihrer unverdienten Aufmerk- samkeit. Ihre Schöpfungenhabeich stets mit der aufrichtigsten Bewunderung gelesen oder aufgeführt, und es ist mir doppelt angenehm, Ihre Sendung als em Zeichen Ihrer Freundschaft ansehen zu dUrf en. Durch Ihre hochgeschatzte Frau Gernahlin - ich bitte Sie, ihr meine Hochachtung zu entbieten - habe ich Sie bitten lafen, mich für den Cäcilienkalender pro 1878 mit elner kleinen Orgelkomposition über das Thema - 60 - zu erfreuen, und nun nehrne ich mir die Freiheit, Sie auch bei dieser Gel-egenheit urn elnen werthvollen Beitrag aus Ihrer Meisterhand zu ersuchen. Unsere Bestrebungen zur Hebung der kathol. K.M. sind ernstlich und von bester Absicht erfüllt, wenn auch sehr oft die materiellen Mittel und geistigen Kräfte fehien, urn denselben den wUnschenswerthen Erfoig zu verschaffen. Ich bitte Sie, hochgeehrter Herr, mich Ihrer Gewogenheit auch für die Zukunft zu wlirdigen, und zeichne Ew. Hochwohlgeboren ergebenster Fr.X. Haberl Dornkapellrneister Haberl schreibt weiterhin: Am 3. März (1876) habe ich das Vokairequiem von Rheinberger rnit meinen Sängern aufgeführt, und bei alien Anwesenden einen tiefen, erschütternden Eindruck hervorgeruf en. F.X. Haberl Dorukapelirneister. Zu Beginn ds Jahres 1877 wurde Rheinberger die Leitung des soeben gegrUndeten Hochschen Konservatoriurns in Frankfurt arn Main angetragen. Rheinberger war nicht wenig geneigt, diesem ehrenvollen Ruf zu folgen. Der Frankfurter Oberbtirgerrneister hatte Dr. Hartmann als Unterhändler zu Rheinberger nach MUnchen gesandt, urn erste Kontakte zu knupfen. Hartmann schrieb an Rheinberger: Frankfurt, 14.1.1877. Sehr geehrter Herr! Ich hatte bei meinem dortigen Aufenthait mit Ihnen ausgernacht, daI3 Ihnen der Zeitpunkt des nächsten Câcilien-Vereins-Concertes und des darauf folgenden Museumsconcert mitgetheilt werden soilte, damit Sie hiernach - 61 - die projectirte Reise nach Frankfurt einrichten könnten. Nun findet aber das Concert des Cäcilien-Vereins (mit Paradies und Pen) schon nächsten Mittwoch den 17. statt, und am 19. folgt em Museumsconcert, in welchem Sie unsere einheimischen KUnstler Fälten und Heermann hören könnten. Einestheilsmag nun aber höchstwahrscheinlich die Zeit dieser Concerte zu nahe gerUckt sein, und anderntheils wünscht unser Oberbiirgermeister, der ja an der Spitze der Administration der Hoch'schen Stiftung steht, Sie bei Ihrer demnächstigen hiesigen Anwesenheit kennen zu lernen. Derselbe reist jedoch zu Anfang dieser Woche auf 14 Tage nach Berlin, urn den Sitzungen des Herrenhauses beizuwohnen. Ich schiage Ihnen deBhalb vor, Ihre Reise hierher bis zum Februar zu verschieben, in weichem Monat wir auch interessante musikalische AuffUhrungen haben werden. Ich behalte mir vor, Ihnen Uber den Zeitpunkt und die Programme dieser Concerte weitere Mittheilung zu machen. Inzwischen empfehle ich mich Ihrer hochverehrten Frau, und empfangen SieSelbst die Versicherung meiner grö1ten Hochschätzung Ihr ergebener Dr. Hartmann. Franziska war offensichtlich gegen den Plan. Sie mobilisierte Rheinbergers Freunde. Otto von Bever schreibt: Mtinchen, 14.1.1877 Hochverehrte gnadige Frau! Im GefUhi des Dankes, den wir Ihnen für Ihre vertrauensvolle Mittheilung schulden, und unter dem stets wachsenden Eindruck derselben kann ich nicht mehr fürchten, daB Sie es als unser eigenes Interesse betrachten, weiches aus mir spricht, wenn ich mir erlaube, nochmals auf die Sache zurllck zu kommen, son- - 62 - dern ich darf hoffen, Sie werden meiner Versicherung aufrichtig glauben, da1 nunmehr Alles, was wir im Aligemeinen, und was meine Tochter an Ihnen persönlich und an Ihrem Herrn Gemahl verliert, vollständig in den Hintergrund tritt gegen die Sorge für die Zukunft Ih- res Herrn Gemahls, falls jenes Project sich realisiren würde. Ich will nicht mehr von dem'ungewohnten Klima, also von Gesundheitsrücksichten, auch nicht van den Forderungen sprechen, welche die Gesell'schaft dort an Sie beide stellen wird, also von Aufgebung Ihrer gewohnten, angenehmen Lebensweise, sondern nur das neue Verhältnil3 ins Auge fassen. Von dem Capital, so groi3artig es sich anschaut, sind die Zinsen, zumal sollten sie noch den Wittwengenul3 in sich schlieIen, absolut für Gründung elnes Institutes nicht hinreichend, welches des Namens Ihres Herrn Gemahls würdig ware. Wenn der Herr Professor das Budget der Musikschule zur Hand nimmt und erwägt, daB hier das Haus, die Instrumente, Musikalien, Mitbenutzung von am Theater angestellten Lehrkräften etc. etc. geboten sind, und dort noch garnichts vorhanden 1st, so zeigt sich schon dabei, in welcher Weise jene Zinsen in Anspruch genommen werden. Die beizuziehenden Lehr- krHfte gehen gleich in die Tausende von Mark. Der Auf- enthalt dort 1st sehr theuer, auch für Schüler. Wie viele Eltern können Ihre Söhne dahin senden? Vor allem aber, weiche Stellung verläl3t Ihr Herr Gemahl und welche tauscht er dagegen em? Hier eine Staatsanstellung, dort vielleicht einem Massen-Curatorium oder dergl. unterstellt, welches das Geld bewilligt; also keinesfalls freie Hand behaltend. EnçIlich die personliche Stellung! Neben zahllosen Sorgen, MUhen, Arger, geistigen und körperlichen Anstrengungen und Aufreibungen eine vielleicht unzureichende Besol- dung. Die Zahien, die ich hörte, muf3 ich geradezu für jene Stadt als jüdische Anerbietungen bezeichnen. Und die Sicherung der Zukunft, die doppelt zu berücksichtigen ist, wenn man die Staatsstellung aufgibt. Wenn aber hier wirklich, was so leicht möglich, unlautere Elemente mit ins Spiel kommen soilten, so könnte - 63 - es sein, data Herr Professor am Ende hier einem Brahms Platz macht, und dort keine bleibende Stätte findet. All' diese Möglichkeiten bewegen mich so sehr, daB ich den Tag nicht schlief3en kann, ohne meine gröf3ten Sorgen für die Zukunft eines Mannes Ausdruck zu geben, den ich und wir hoch achten und lieben lernten, und für die edle Frau, die sein Schicksal zu dem Ihrigen gernacht hat. Ich schlieBe und erlaube mir, meine Gedanken nun in Folgendern Zusamrnenzufassen: Möchte Ihr Herr Gemahi seiner vorgesetzten Behbrde sagen, es sei ihm eine glänzende Stellung angeboten, er habe sie ausgeschla- gen, man möge ihm aber diejenige Erleichterung gewäh- ren, weiche etc. etc. etc. Und den Frankfurtern rnöge er rathen, Brahms zu nehmen! Damit habe ich alles gesagt. Nehmen Sie, gnädigste Frau, nehme Ihr Herr Gemahi mir meine Freimüthigkeit nicht übel; sie kommt aus ehrlichern Herzen. Gott lenke Ihre beiderseitigen Entschliel3ungen. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster Otto Bever Rheinberger lHBt sich von diesen Vorstellungen nicht beirren. Bevor er seine Entscheidung fällt, bittet er urn Angabe der Details: Euer Hochwohlgeboren! Im Beginne Januar war Herr Dr. Hartmann in Ihrem geehrten Auftrage bei mir urn eine Vorbesprechung wegen iibernahme der Direktionsstelle an dem in Frankfurt zu errichtenden Conservatorium der Dr. Hoch'schen Stif- tung abzuhalten. Es war mir natUrlich nicht möglich bei dem nur provisorischen Charakter der Besprechung alle jene Ansichtspunkte zu gewinnen, weiche zu einer Entscheidung meinerseits unumgänglich nöthig sind; urn mir nun dieselbe möglich zu machen, wende ich mich vertrauensvoll an Euer Hochwohlgeboren als den Vorsitzenden der Stiftungsverwaltung mit der Bitte urn - 64 - gefällige Formulirung der Pflichten und Rechte der mir zu ubertragenden Stellung, und zwar: Weiche Pflichten sind im Aligemeinen, abgesehen von der artistischen Aufsicht und Leitung, mit der Direktionsstelle zu übernehmen, z.B. in administrativer Hinsicht? Wieviel Ansprüche werden an meine persönliche Unterrichtsertheilung, weiche ich mit als Hauptaufgabe betrachten würde, gemacht? In wiefern ware ich bei Anstellung des Lehrpersonals gebunden? Welcher Gehalt ware mir geboten? Wie wird meine Stellung für die Zukunft gesichert, Beziehe ich Pension und weiche, z.B. im Krankheits- fall - hat event. meine Wittwe Pensionsanspruch? Erst wenn mir genauer Bescheid über diese Punkte geworden, kann ich zu einer entscheidenden Vergleichung mit meiner hiesigen Position in artistischer und materieller Hinsicht gelangen. Euer Hochwohlgeboren werden es begreiflich finden, daI3 ich nur auf eine provisorische mündliche Besprechung hin nicht meine Entlassung von einer ehrenvollen und definitiven Staatsanstellung, wie meine hiesige ist, nehmen kann, und bitte ich deBhalb um gefEllige und so viel als thunlich bestimmte Fixirung obengenannter Punkte. Soilte Ihre Antwort eine in meinem Sinne gUnstige sein, wie ich wUnsche, so werde ich die Ehre haben, mich Ihnen persönhich vorzustellen; ohne dieselbe die Reise nach Frankfurt zu unternehmen, ware mir schon aus dem Grunde unthunlich, weil an unserer Anstalt jeder Urlaub von mehr als drei Tagen von Direktion und Ministerium genehmigt und gehong schriftlich motovirt sein mui. Ich laugne nicht, daf ich mit Sehnsucht Ihrer baldigen gefälligen Antwort entgegensehe die wahrscheinlicherweise Uber meine 'Zukunft entscheiden .wird und zeichne in der angenehmen Hoffnung, da1 sich die Angelegenheit zum besten Gedeihen der Hoch'schen Stiftung gestalten mOge - als Euer Hochwohlgeboren gehorsam ergebener Josef Rheinberger kgl. Prof. u. Inspektor der kgl. Musikschule München den 5. Febr. 1877. - 65 - In MUnchen fiihrt Rheinberger Verhandlungen über sein sein Verbleiben. Die Direktion eröffnet ihm darauf: Direction der Königlichen Musikschule Betreff: Die Berufung des k. Professors und Inspektors Josef Rheinberger nach Frankfurt. Vorn k. Staatsministerium des Innern für Kirchen- urid Schulangelegenheiten ist der unterfertigten Direction der angenehme Auftrag geworden, Ihnen betr. Ihrer Berufung nach Frankfurt zu eröffnen, dat es beschlossen habe, den Bedingungen, unter weichen Sie die Ihnen angetragene Directionsstelle an der neu zu grUndenden Musikschule in Frankfurt a.M. ablehnen wUrden, stattzugeben, Ihnensonach den Unterricht im Orgeispiel für die untere Abtheilung abzunehmen und nur mit dem in der oberen Abtheilung mit 2 Wochenstunden zu belassen. Sie werden von diesem ministeriellen Erlasse mit dem BeifUgen in Kenntnif3 gesetzt, baldgefälligst aus den Lehrern der Anstalt diejenige Persönlichkeit zu bezeichnen, weiche geeignet ware, den Orgelunterricht in der unteren Abtheilung zu übernehmen, desgleichen Ihre Ansicht darüber äufern, ob es nicht angezeigt ware, dem fraglichen Unterrichte, der mit 3 Stunden ziemlich dürftig bedacht ist, noch eine 4. Stunde anzureihen. Die unterfertigte Directionbenütztmit Vergnügen diesen Anlat3, ihrer grol3en Freude dartiber, da6 Sie der k. Musikschule erhalten bleiben, Ausdruck zu geben und verbindet damit den Wunsch, Sie noch länger in Ihrer der Schule bisher so segensreich gewesenen Thätigkeit wirken zu sehen. von Perfall Die "Augsburger Abendzeitung" macht Rheinbergers Entscheidung am 23. Februar 1877 bekannt: MUnchen, 21. Febr. Mit lebhafter Freude begrü6en wir - 66 - die angenehme Nachricht, daf Hr. Professor Rheinberger, Dank der entgegenkommenden einsichtsvollen WUr- digung des k. Kultusministeriums, weiches dem vielbeschäftigten Lehrer eine Funktionserleichterung gewährte,Mtinchenund der hiesigen kgl. Musikschule erhalten bleibt. Rheinberger, weicher als Komponist sein Opus 100 bereits vollendet und im frischesten Mannesalter steht, wird nun Mule haben, neben den anstrengenden Berufsgeschäften seiner erfoigreichen und ebenso.erfreulichen als bedeutsamen Kompositionsthätigkeit nach wie vor zu obliegen. MUnchen darf stolz darauf seyn, ihn fortan zu den Seinigen zu zHhlen. Dr. Hartmann in Frankfurt a.M. schreibt an Joseph Rheinberger: Frankfurt a.M. 26.2.1877 Sehr geehrter Herr Professor! Ich komme erst heute dazu, Ihnen zu sagen, wie sehr Ihr rascher Entsch1uf, unsern Antrag abzulehnen, Unser aufrichtiges Bedauern erregt hat. Obwohl ich Ihnen in Bezug auf Ihre Motive ganz und garnicht Unrecht geben kann, so hätte ich doch lebhaft gewtinscht, da1 Sie vor einer definitiven Entscheidung Ihre frUhere Absicht ausgefUhrt hätten und uns auf einige Tage besucht batten. Vielleicht wiirde doch der Eindruck an Ort und Stelle em günstiger gewesen sein und hätte Sie dadurch bestimmt, unsern Antrag noch etwas ernstlicher in Erwägung zu ziehen. DaB man Sie in MUnchen nicht gerne ziehen läBt, davon war ich von vornherein Uberzeugt; uns bleibt jetzt nichts weiter Ubrig, als die Mtinchener und die Musikschule zu beglückwünschen, daB ihr eine so aligemein anerkannte, ausgezeichnete Lehrkraft erhalten bleibt. Indem ich mich Ihnen und Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin empfehle, zeichne ich mit herzlichen Grül3en Ihr ganz ergebener Dr. Hartmann. - 67 - In einem Brief an semen Bruder nennt der Komponist Grunde für seine Absage. Mein lieber David! Wenn ich Dir sehr lange nicht geschrieben habe, so mul3t Du ja nicht glauben, daf ich Dich vergessen hätte - ich schreibe aut3er den nöthigsteri geschäftlichen Briefen eigentlich fast nur Noten. Uber die sonstigen Vorkommnil3e seid Ihr, Du u. Vater, doch immer durch Fanny im Laufenden erhalten. Wenn ich von dem Speziell- musikalischen, was ja für Dich wenig Interesse haben kann, absehe, so habe ich auch dief3mal wenig zu berichten. DaB ich nahe daran war, nach Frankfurt Uberzusiedein, weif3t Du wohl; doch glaube ich, wenigstens als Komponist besser gethan zu haben, hier zu bleiben, obschon die Frankfurter his zu 10000 M. Gehalt geboten htten. Dafür ist Frankfurt viel theurer als München und das Leben für einen Künstler dort unter den ton- angebenden Geldmenschen aus dem "Landgericht Jerusalem" eben speziel nicht angenehm. Und schlieBlich ist mir die freie Zeit, die ich für künstlerische Produktion verwende, tiberhaupt für Geld nicht feil! - urid so bin ich geblieben. Die Geldwirren in Liechtenstein scheinen sich nun gelegt zu haben; ich stelle mir dergleichen recht ungemüthlich vor, wenn man so mitten in diesen kleinlich egoistischen und unerquicklichen Kirchthurms- interessen ausharren und mitmachen mulL Wie Peter frtiher berichtete, hast Du Dich ganz in Deine Einsiedlerrolle eingelebt - ich kann mich heuer noch nicht entschlieBen nach Vaduz zu kommen. Die Leere weiche unsere unvergel3- liche Maly /hinterlief3/ ist mir noch zu neu. Ohne abergläubisch zu sein, möchte man es aber fast werden, wenn man bedenkt, daB nach jedem unserer Besuche der Tod in unserer Familie einkehrte. Ihr dtirft es mir nicht Ubel nehmen, wenn ich dief3mal nicht komme,- aber das elterliche Haus in seiner jetzigen Vereinsamung würde mir einen geradezu ziemlich melancholischen Eindruck machen. - 68 - Glaube ja nicht, lieber David, dat es mir nicht eine grofe Freude ware, Dich und Peter zu sehen und daf ich Dir nicht die Theilnahrne und Liebe eines herzlich ergebenen Bruders bewahre; aber ich kann Dir gar nicht sagen wie entsetzlich traurig es mir vor 2 Jahren, die lieben Eltern nicht mehr, und Maly in so leidendem Zustand zu finden. Darüber hilft Gottlob die Zeit hinweg, aber sie hat noch nicht hinweg geholfen. Pöhly aus Sdhlanders schreibt von Zeit zu Zeit und hat mir auch seine Photografie geschickt.In diesen Ferien will einer meiner Schiiler, em Hr. von Welz, die Vaduzer Orgel besuchen, wenn Du oder Peter ihm freundlich sein k6nnt, so bitte ich darum; er wird in keiner Art lEstig sein.Unsere Ferien sind heuer vorn 15/7 - 15/9, also urn zwei Wochen vorgerückt; zunächst gebrauche ich wie immer in Kreuth die Molkenkur (und meine Frau die Luf tkur") und sodann möchten wir wieder em StUck Welt kennenlernen, das heift elne Reise thun. Den nachsten Brief erhältst Du also aus Kreuth. In der Hoffnung, daf Du, Peter und Familie, Euch in bester Gesundheit befindet, verbleibe ich Dein Dich herzlich liebender Bruder J. Rheinberger. MUnchen den 19.5.77. Meine Frau grUBt bestens. Gerne möchte ich Dir für Deine Bibliothek em schönes Buch geben; sei so freundlich mir Deine WUnsche mitzutheilen D.O. - 69 - Franz WUilners nachfolgender Brief von 18. Mai 1877 eröffnet Rheinberger die Moglichkeit, zusätzlich zu seiner bisherigen Aufgabe Hofkapellmeister für Kirchenmusik in München zu werden: Verehrter Herr Professor! Den ganzen Tag habe ich heute zu Ihnen kommen wollen, aber nicht eine freie Minute gefunden. Ich habe Ihnen mittheilen wollen, was Sie wahrscheinlich schon wissen, dafnämlicheine M6glichkeit vorhanden ist, dal3 ich München verlasse, urn nach Dresden zu gehen. Ich hätte gewllnscht, Sie hätten es zunächst von mir selbst erfahren. Aber auf eine mir unerklärliche Art ist das GerUcht in die öffentlichkeit gelangt, ehe ich selbst den offiziellen Antrag, den ich vorgestern bekam, erhalten hatte. Wie schwer es mir werden wUrde, meinen hiesigen Wirkungskreis aufzugeben, so viele gute Freunde und Collegen zu verlassen, brauche ich Ihnen wohi nicht zu sagen. Noch kann es sich ja auch wenden, daB ich hier bleibe, obwohl - wie die Sachen augenblicklich liegen - die Wahrscheinlichkeit meines Fortgehens die gröBere 1st. Seien Sie mit Ihrer Frau Gemahlin herzlichst gegriiBt von Ihrem treulichst ergebenen F. Wüllner München, den 18.5.77 Nach Wüllners definitivem Ausscheiden als Erster Hofkapelirneister in München tritt Rheinberger in Verhandlungen urn seine Nachfolge. Der General-Intendant der Königlichen Theater und der Hofmusik, Carl von Perfall, schreibt an Rheinberger: Sehr geehrter Herr Professor! Da es nöthig ist, vor meiner officiellen Berichterstattung an S.M. den König Herrn Hofrath v. DUfflipp Uber unsere Verhandlungen und schlieBliche Elnigung Mittheilung zu machen, urn von seiner Seite als Referenten bei der seinerzeitigenVorlage an den König des volikommensten Einverständnil3es sicher zu sein, er- - 70 - laube ich mir zur Ergänzung unserer bisherigen gepflogenen Besprechungen Ihnen mitzutheilen, dal3 die Dienste in der Allerheiligenhofkirche stets erst mit Weihnachten beginnen und mit dem 10. Mai enden, daIs hierzu nur noch der Dienst in der Fronleichnamsoktav und fernerst die Gedächtni1feierfUr weiland Kdnig Max II. in der Theatinerkirche kommt, so da8 sich Ihre Thätigkeit im Jahr auf circa 50 Dienste erstrecken wtirde, zu denen sich die hiezu nöthigen Proben gesellen. Wären Sie nun einverstanden, wenn Sie mit der Ernerinung zum K. Hofkapellmeister und als soicher mit der Direktion der smmtlichen könlgilchen Kirchendienste einen Gehalt von 1600 Mark erhielten, aus weichem Ihnen selbstverständlich seiner Zeit wie jedem Hofdiener die in analoger Anwendung der Staatsdienerpraginatik Ihnen zukommende Pension zugesprochen werde? Mich Ihrer Frau Geinahlin auf das Beste empfehlend, zeichne ich mit der Versicherung vorztiglicher Hochachtung als Ihr Sie hochschätzender Höhenried, 26. Juli B. v. Perfall 1877 Briefentwurf J. Rheinbergers an Carl Baron von Per- fall: Bad Kreuth, 29.7.77 Ew. Excellenz gefälliges Schreiben vom 26. d. M. traf mich bier in Kreuth und beehre ich mich vor definitiver Beantwortung um Kiarstellung einiger Punkte zu bitten - und zwar: ist der Gehalt von 1600 Mark em Antrittsgehalt, d.h. mit den Jahren steigend und hat auch Hofkapellmeister WUilner unter denselben pekuniären Bedingungen die Stelle dereinst angetreten? Nach detaillirter Berech- nung scheinen sich mir die Anzahl der Dienste auf circa 70 zu belaufen; doch 1st es weniger dies als die Ehre der Stellung und des Titels, die die damit verbundene Gehaltssumme (die ich mir als auf minde- - 71 - stens 1200 fi. normirt dachte) als sehr m.t3ig erscheinen lassen. Ferners bitte ich urn Auskunft, ob das Personal der Kgl. Hofcapelle zur Probe verpflichtet 1st, so oft es der Capeilmeister für nothig erachtet und wie es im event. Krankheitsfall des Letztern zu halten ist. Ew. Excellenz werden mir diese Fragen freundlichst zu Cute halten und mich durch deren gUtige Beantwortung zu stetern Danke verpflichten. Kirchendienste = Allerheiligenkirche Allerheiligen Messe Allerheiligen Vesper Weihnachtsrnette 1. Tag = Arnt 1. Tag = Vesper 2. Tag = Amt Sylvester Abendandacht Neujahr Amt Neujahr Vesper 10-13) Januar 1.-4. Sonntag 14) Lichtmess 15-18) Februar 1.-4. Sonntag 19-22) Maerz 1.-4. Sonntag 23-26) April 1.-4. Sonntag Fasten: Ascherrnittwoch Freitag - 1. Woche Samstag Montag - 2. Woche Mittwoch Freitag Samstag Montag - 3. Woche Mittwoch Freitag Sarnstag 4. Fastenwoche - 72 - Montag Mittwoch Freitag Samstag 5. Fastenwoche Montag Mittwoch Freitag Samstag Charwoche 45) Mittwoch Matutin Donnerstag Amt Matutin Miserere Freitag Mit & Ceremonien Matutin Miserere Amt & Ceremonien Auferstehung St. Josefstag Mariae VerkUndigung Ostermontag Frohnleichnam 59-60) Frohnleichnam-Vesper 61-67) Frohnleichnam-Octav Requiem f. König Max Georgi Ritterfest Sonntag im Mai Sonntag im Mai Christi Himmelfahrt. Hiezu die nöthigen Proben. - 73 - Von Perfall antwortet Rheinberger: Geehrter Herr Professor! Ihre Zeilen von 29. v. Mts. erwidernd erlaube ich mir, Ihnen folgendes mitzutheilen: Der Gehalt vorn 1. Cap.M. ist in so ferne kein definitiver zu nerinen, als auf Antrag der Intendanz S.M. der Konig schon so und so oft Gehalt erhöht hat und es keinem Zweifel unterliegt, daf, wenn Sie em oder zwei Jahre Hofkapellmeister waren, auch Ihr Gehalt erh6ht werden wird, wenn Sie sich entschlieten soliten, mit 1600 Mark die Stelle zu Ubernehrnen. Bei Ihnen eine Steigerung des Gehaltes z.B. von fünf auf fUnf Jahre auszusprechen dürfte nicht wohi geschehen könne, weil es sich beilhnenja nicht urn einen Vertrag, sondern urn eine Anstellung handelt, bei Anstellung aber soiche zugesagte Cehaltssteigerungen niemals usus waren. Was Wtillner hatte, als er angestelit wurde, weif ich nicht genau, weil ich den Etat hier nicht bei Händen habe, aber jedenfalls hatte er mehr, weil auch seine Verpflichtungen danials weiter reichten wie die Ihrigen; er hatte nämlich auch die Verpflichtung, die Hofconcerte mit zu dirigiren und späterhin wurde er auch zur Lektion irn Theater verpflichtet, ohne hieftir mit rnehr als einem Funktionsbezug von etwas über 500 Mark bedacht zu werden. Die Hofconzerte sind nun aber als vdllig tiberwunden zu betrachten, so daB thr Wirkungskreis /geringer 1st! als es seiner Zeit bei Whiner der Fall gewesen. Obrigens stehe ich nicht an, Ihren Gehalt auf 2000 Mark zu beantragen, urn Ihren WUnschen soweit wie mög- lich gerecht zu werden. Ihre Berechnung der Dienste auf 70 ist zu hoch, viel mehr als 50 khnnen es unmtiglich sein. Was die Proben anbeiangt, so sind die Mitgiieder der Hofkapeile selbstverständlich dazu sehr verpfiichtet und khnnen Sie unbeschränktest nach Ihrem GutdUnken schalten und walten. elgentlich Ailerhtichst bestimmter Ersatz.ftir den Em Kapelimeister in KrankheitsfHilen bestand niemals, war - 74 - Wüllner verhindert, so Ubernahm Chordirektor Schwab oder Hofkapellmeister Meyer die Funktion mit Genehmigung der Intendanz. Indem ich hiermit alle Ihre Fragen beantwortet zu haben glaube, hoffe ich zugleich alles geebnet zu haben, urn von Ihnen die mir so hoch freudige Zusage zu erhalten, weiche mir nothwendig, urn berichtlich vorsprechen zu können. So wie Ihre Frau Gemahlin bestens grU6end, zeichne ich als Ihr Sie hochschätzender Carl von Perfall Hdhenried bei Bernried am 1. August 1877. Rheinberger teilt Perfall seine Entscheidung in folgendem Schreiben mit: Euer Excellenz giltigen Brief habe ich heute erhalten und beeile mich Ihnen meinen ergebensten Dank für die frdl. Beantwortung meiner Fragen auszusprechen. Ich nehme die mir proponirte Hofkapellmeisterstelle, so wie E. Exc. mir dieselbe angeboten haben, an, in der Voraussetzung, daB der Gehalt von 1600 Mark nach einem oder längstens zwei Jahren auf 2000 Mark fixiert werden möge und vertraue hierin vollständig Ihrem wohlwollenden Entgegenkommen. DaB ich, wenn mir die Stellung anvertraut ist, bestrebt sein werde, dieselbe nach bestem Wissen und Können auszufüllen, ist selbstverständlich, umsomehr, als die in derselben zu pflegende, ernste Kunstrichtung mir von je her in hohem MaBe sympathisch war. Indem ich nochmals die Gelegenheit ergreife, Ihnen für das mir in dieser Sache bewiesene Vertrauen meinen tiefsten Dank auszusprechen, verbleibe ich wie immer E.E. gehorsamst ergebener Josef Rheinberger Bad Kreuth 4.8. 1877. Meine Frau dankt vielmals für Ihre gütige Erinnerung und 1st sehr erfreut Uber diese Wendung der Angelegenheit. - 75 - Der General-Intendant der koniglichen Theater und der Hofmusik bekundet seine Zufriedenheit über das Verhandlungsergebnis mit folgendem Brief: Sehr geehrter Herr Professor! Der Inhalt Ihres Briefes d.d. 4. hat mir unsägliche Freude gemacht, da er mir die GewiIheit gibt, Sie und damit - nach meiner volisten Uberzeugung sei es gesagt - den Besten unter Allen für die fragliche Stelle errungen zu haben. Jetzt ist es doppelt zu preisen, daf es dereinst mit Frankfurt nichts geworden. Sobald das Entlassungsgesuch WUllners von S.M. dem Kdnig verabschieden sein wird, werde ich umgehend den Bericht an S.M. wegen Ihrer Ernennung gelangen lassen. In diesem Bericht werde ich selbstverständlich auch anführen, da2 ich Ihnen die Zusicherung einer Gehaltserhohung auf 2000 Mark innerhaib der ersten zwei Dienstjahre gegeben habe, so da8 alsdann eo ipso mit der Genehmigung Ihrer Anstellung auch diese derartige Zulage als genehmigt zu betrachten ist. Sie und Ihre Frau Gemahlin bestens grUfend Ihr Baron von Perf all Höhenried am 8. August 1877 Die Augsburger Abendzeitung vom 21.9.1877 meldet: Nichtpolitische Zeitung. München, 20.Sept. Mit grof3er Freude wird in musikalischen Kreisen die erfolgte Ernennung des kgl. Professors Josef Rheinberger zum Hofkapellmeister für Kirchenmusik an Stelle Wüllners aufgenommen. Man sagt mit Recht, daf eine glucklichere Wahi nicht wohi getroffen werden konnte. 1st ja doch Rheinberger's ernste und gediegene klassische Richtung, sein theoretisches Wissen und sein praktisches Können hinlänglich bekannt und wurde durch ihn der hiesige Oratorienverein seit Jahren so trefflich geleitet, daB hierdurch auch sein Chordirektionstalent zweifellos fest- - 76 - steht! Mit Bestimmtheit steht nun wohi auch die Fortsetzung jener herrlichen musikalischen GenUsse zu erwarten, weiche in den Soiren der kgl. Vokalkapelle unter Wüllner's Leitung so reichlich erfreuten. Möge letzterer in der k. Musikschule einen ebenso tüchtigen Nachfolger finden, wie in der k. Hofkapelle. Hermann Levi (1839-1900), Hofkapellmeister an der kgl. Oper in MUnchen gratuliert Joseph Rheinberger: Alexanderbad, 20.9. 1877. Verehrter Herr College! Soeben lese ich in der tiAligemeinenit was ich längst erwartet und - gehofft hatte. Nehmen Sie meine aufrichtigen und herzlichen GlückwUnsche freundlich an! Lassen Sie uns gute Collegen sein, und gute Freunde! Von ganzem Herzen reiche ich Ihnen die Hand zu emträchtigem Zusammenwirken und hoffe, da8 Sie emschiagen und daI3 aus unserem Bunde nicht nur für uns selbst, sondern auch für die musikalischen Verhältnisse MUnchen's Gutes erblühen möge! Als ich bei meinem letzten Besuche von Ihrer Ernennung als etwas Selbstverständlichem sprach, waren Sie so still, ja ablehnend, daf ich fast glaubte, Sie wünschten die Stellung nicht, was mich einigerma1en wunderte, da sie mich elne der begehrenswerthesten dUnkt. Nun freue ich mich, da1 ich mich getäuscht habe. Also nochmals meinen GlUckwunsch und - auf gute Cameradschaft! Ich habe schwere, trostlose Zeiten durchgemacht, eine nicht unbedenkliche Krankheit, von der ich mich noch immer nicht ganz erholt habe. Doch bin ich soweit, nächster Tage von hier abreisen zu kdnnen. Der Arzt wünscht, daIs ich nicht direkt von hier aus nach München zurückgehe; von der hiesigen Einsamkeit zu dem Gerusche des Stadtlebens und den Anstrengungen des Berufs ware em gar zu jäher Wechsel, der mich leicht wieder zurückwerf en könnte. Ich will nun nächsten Sonntag im Nürnberger oder Regensburger Theater probiren, wie ich Musik und Hitze und MenschengewUhl ertrage, und hoffe mich dann Ende dieses Monats zum - 77 - Dienst melden zu können. Grof3e Freude hatte ich durch das Zusammensein mit Hoisteins, die 14 Tage hier Waren. Leider war er immer recht unwohi; wir haben manches Klageduett zusammen gesungen! Mit der Bitte, mich Ihrer Frau Cemahlin zu empfehlen, und mit freundschaftlichem Grul3e Ihr ganz ergebener Hermann Levi. Alexanderbad, 29 .9. 77 Eine Cehaltserhöhung krönt das Avancement; die Direction der Königlichen Musikschule teilt mit: MUnchen, den 21.9. 1877 Betreff: Die Cehalte der Staatsdiener. Seine Majestaet der Koenig haben im Nachgange zur allerhöchsten Verordnung vom 12. v. Mts., die Gehalte der Staatsdiener betr., durch allerhöchstes Signat /unter dem/22. August 1. J. Ihre Beztige vom 1. Januar 1. J. an auf 3360 Mark Gehalt und 180 Mark Functionsbezug allergnädigst festzusetzen geruht. Die Cassaverwaltung ist angewiesen, die mit der neuen Festsetzung verbundenen Mehrungen unter Beachtung der bestehenden Zahlungsnormen und unter Abnehmung der seit 1. Januar 1. J. bereits bezahiten Raten, sowie der sich erhöhende Wittwen- und Waisenfondsbeitrâge und der in der Ubersicht berechneten Taxen und Gebilhren, weiche dieselbe nach Ablauf des Quartals an die K. Centralstaatscassa abzuliefern hat, an Sie auszuzahien. Baron Perfall Mit dem Antritt des Amtes als Hofkapellmeister für Kirchenmusik hatte Rheinberger 1877 den Zenit seiner Karriere erreicht. Er tritt von der Leitung des Oratorienvereins zurUck und der neue Wirkungskreis f indet Niederschlag inseinenKompositionen. Unvermittelt erscheint die A-cappella-Satztechnik im Interessenfeld des Komponisten und der Kulminationspunkt - 78 - dieser Entwicklung ist zu Beginn des neuen Jahres mit der groBen doppelchörigen Nesse in Es-dur, op. 109 erreicht, einem Werk, das zu den bedeutendsten Schöpfungen seiner Gattung im 19. Jahrhundert zählt. DaB auch weitblickende Cäcilianer, wie etwa F.X. Haben in Regensburg, Rheinberger als Autonität you akzeptierten, geht aus folgender Bitte hervor: Regensburg, 23.7. 1877. Sehr geehrter Herr Professor! Sie werden meine Bitte, mit der ich Sie auf einige Minuten belastige, nicht als Zudninglichkeit auffassen. Die Räthsellösung des C.K.1877 hat mir eine Fluth von "Fugetten" eingetragen; eine davon habe ich mit 20 Mark zu honoriren, und darum gilt es, unter vorliegenden 7 von mir zur Concurrenz zugelal3enen Arbeiten die beste auszuwhlen. Es war eine Fugette venlangt Uber das Thema ABBACH - bitte helfen Sie richten! Zwei hiesige Musiker haben bereits ihre Ansicht ausgesprochen, ich erbitte mir auch Ihr maBgebendes Urtheil, urn aus meinen Zweifeln zu kommen. Wenn rnöglich, so wEre mir eine Entscheidung bis lEngstens 8. August sehr erwUnscht. Unter hochachtungsvollen GntiBen an Ihre Frau Gemahlin zeichnet Ew. Wohlgeboren ergebenster Fr. X. Haberl, Dornkapellmeister Franziska Rheinberger bedankt sich für die GlUckwünsche aus Vaduz mit folgenden Zeilen: - 79 - München 21. Sept. 1877. Lieber Schwa ger David! Curt hat grol3e Freude an Deinern Teiegramm gehabt, welches Abends 1/2 8 Uhr ankarn, als wir gemütlich bei Tee sal3en. Schon des Morgens, ais wir diese Mitteilung in der ailgemeinen Zeitung lasen, sagte Curt: "Da wird David schauen", und richtig scheint es Dich angenehm überrascht zu haben. Gebe Gott semen Segen dazu. Irn übrigen ist Curt gewiss der rechte Mann für diese Stelie und sie wurde ihm ehrenvoli angetragen, ohne daB er den leisesten Schritt getan, urn sie zu erhalten. Möge er em rechter Jünger der hi. Cäciiia sein. Es war recht lieb, daB dieses freudig teiinehmende Telegrarnrn aus Vaduz kam, und tat Curt wohi. Er wili diesen Zeilen seibst noch einige beifügen. Peter wird Dir rnitgeteiit haben wie wir diese 9 wöchentlichen Ferien zubrachten, Curt hat sehr ausgeruht, keine Note geschrieben - mit Ausnahme eines Zlibumblattes für Prinz Heinrich IV. Reuss, urn weiches ihn dieser aus Wien bat und da dessen Motto: "Ich bau auf Gott" gerade die Schiussworte der Oper "Die sieben Raben" sind, so schrieb er ihm einige Takte des Finaies em. Diese Hofkapeilmeistersteile hat das Gute, daB sie mit dern Theater nichts zu tuen hat. Sonst hätte er sie gar nicht angenommen. Der eigentliche Dienst dauert nur von Dezember bis Mitte Mai und wenn Curt heute nicht rnehr Lust hätte, an der Musikschuie zu bleiben, so hätte er doch noch diese schöne ehrenvolle Steile. Wie würde sich Maly darüber gefreut haben. Giaubst Du!?/. . . / Der Komponist schreibt an David Rheinberger in Vaduz: - 80 - Mein lieber Bruder! Vor allem meinen herzlichen Dank für deinen telegr. GlUckwunsch; ich hätte Euch die Nachricht lieber selber mitgetheilt und woilte erst das Dekret abwarten, (das noch nicht ausgefertigt ist) als die Zeitungen mir vorkamen. Da dieser Dienst mit dem Theater nichts zu thun hat, so wird er sich hoffentlich als angenehm erweisen; Du bist durch Fanny au fait, wo wir überall in der Ferienzeit waren - das Wetter war überall gleich schlecht. Bei Zell am See sahen wir auch das herrliche Schlo8 Fischhorn, das unserem Fürsten gehört. So solite er Vaduz ausbauen'. Herr von Hausen war so freundi. mir zu gratuliren; ich werde ihm heute noch danken.- 1st für Hrn. Landrichter Ke6ler schon Ersatz da? Bitte, grü8e Peter u. Familie aufs Beste und nimm mit den wenigen Zeilen vorlieb, da ich jetzt viel zu thun habe. Mit herzl. Gru8e Dein Bruder Josef Rheinberger Am 1. Oktober 1877 übernahm Rheinberger als kgl. Hofkapeilmeister die Leitung der kgl. Kirchendienste. Uber semen ersten Auftritt berichtet er seinem Bruder David am 8. 12.1877: Heute (Maria Empfangnis) traf es mich zum erstenmale in Galauniform zu amtiren. Damit Du wei8t, wie schön ich dabei war, so will ich Dir em getreulich Bud derselben mit Worten abconterfeien. Es war nemlich heute in der alten Hofkapelle der Residenz der St. "Georgiritterordensfestgottesdienstt' und da dirigirte ich das Hochamt im grünen Frack mit reich goldgesticktem Kragen und SchöBen, wei8em langen Gile mit gro8en Goldknöpf en, den Degen an der Seite und Schiffhut mit Goldquaste und Kokarde etc. kurz und gut, so wie man es eben im vorigen Jahrhundert trug,- da war ich gar arg schön, so daB es schier nicht zu sagen; kostete der Anzug 370 Mark. Alles his zum letzten Knopf vorgeschrieben - daB da die Musik schön klingen muB, ist selbstverstHndlich.- - 81 - Mit dem Antritt seines neuen Amtes als Hofkapellmeister legte Rheinberger die Leitung des Oratorienvereins nieder, die er 1864 nach der Ernennung von Karl Freiherr von Perfall Ubernommen hatte. Die erfoigreiche Fortsetzung der Konzerttatigkeit war damals allein Rheinberger zu verdanken. Anläf3lich seines 25jährigen Bestehens stelit die Vereinschronik des Oratorienvereins fest: "Da13 der Oratorienverein die 1864 durch Perfalls Ausscheiden hereingebrochene Krisis gliicklich überwand, ist im Wesentlichen das persönliche Verdlenst seines neuen Dirigenten, Joseph Rheinberger gewesen. Dieser ausgezeichnete Musiker war schon in jugendlichen Jahren unmittelbar nach GrUndung des Vereins mit dem Letzteren in Beziehung getreten, .und hatte seitdem den Dirigenten durch Uebernahme der Klavierbegleitung in den Uebungen und AuffUhrungen in der dankenswerthesten Weise untersttitzt. Seit dem Jahre 1859 UberdieB zum Ersatz-Dirigenten des Vereins gewählt, hatte er bei vorUbergehender Verhinderung des Baron Perfall Gelegenheit gehabt, diesen in der Leitung des zweiten Concerts für 1863/64 zu vertreten. Der Erfoig des Direktionsdebuts war em derartiger, dais der Wunsch, so bewährten Händen das Schicksal des Vereins dauernd anvertrauen zu können, als selbstverständlich erscheinen muf3te. Es erfolgte denn auch nach Wiedereroffnung der Proben im neuen Vereinsjahre die definitive Wahi Rheinbergers und zwar durch einstimmigen Beschlul3 der Generalversammiung. Das erste Concert, in weichem der neugewählte Dirigent sich den aut3erordentlichen Mitgliedern präsentirte, f and am 5. Dezember 1864 statt. Es zeichnete sich durch em besonders anziehendes Programm aus und erhielt in der Pressedasschwerwiegende Lob, dat3 es 'zu den schönsten Leistungen des Vereins' gehörte. Hiemit war dergedeihliche Fortbestand des Unternehmens auch in der Oeffentlichkeit zur Anerkennung gebracht. Die zwölf Jahre, in weichem der neue Dirigent seines Amtes waltete, waren in der That Jahre fortwährender erfreulicher Entfaltung. Sie sind durch wenige bemerkenswerthe äut3ere Ereignisse bezeichnet. Ihr reicher Inhalt ist in den Concertprogrammen niedergelegt und diese beweisen, da8 die PersonalEnderung den kUnstlerischen Cha- - 82 - rakter des Vereins nicht tangirt hat, sondern daB derselbe fortfuhr, nach wie vor semen Schwerpunkt in der Pflege der klassischen Oratoriumsmusik zu finden, ohne eine angemessene Rücksichtnahme auf die zeitgenössischen Compositionen aus dem Auge zu verlieren. Im April 1867 war dem Vereine die Freude beschieden, semen Dirigenten zum Hochzeitsfeste beglUckwunschen zu können. Es geschah dieses mit urn so gröBerer Wärme, als auch die Gemahlin desselben zu den verdientesten und verehrtesten Veremnsmitgliedern gehört, die in frUherer Zeit manche AuffUhrung durch ihren künstlerisch gediegenen, poesievollen Sologesang (unter dem Namen v. Hof fnaa8) verschönt hatte. Professor Rhemnberger erwiderte die Festgabe des Vereins durch Dedikation seiner schönsten Chorlieder op. 2. Eine hartnHckige Erkrankung nöthigte im FrUhjahr 1870 den Dirigenten, dem Vereine fern zu bleiben und schlieBlich die Leitung interirnistisch dem gewEhiten ErsatzDirigenten, Professor Heinrich Schönchen, abzutreten, weicher am 23. Mai den Chor zum erstenmale in einem Concerte dirigirte und hiebei das Oratorium "Samson" von Handel mit Begleitung des Orchesters unter bestem Erfolge zur Auffuhrung brachte. Das statutenmä6ige dritte Concert dieses Jahres muBte wegen vorgerückter Zeit unterbleiben. Das Jahr 1871 verzeichnete, abgesehen von einer Revision der Statuten, den nicht unwichtigen BeschluB, den Vereins-Concerten kUnftig eine gröl3ere PublizitEt zu verleihen. Mit fast Hngstlicher Sorgfalt war anfHnglich das nicht zum Kreise der aul3erordentlichen Mitglieder gehörende Publikum von den Aufführungen ferne gehalten worden. Die Generalversammlung vom 18. November 1854 hatte festgesetzt, daB nur ausnahmsweise fremden Musikfreunden auf speziellen Antrag eines ordentlichen Vereinsmitgliedes und durch Beschluss der Vorstandschaft die ErlaubniB zum Besuche einer Produktion ertheilt werden dürfe. SpEter war das Antragsrecht auf die auBerordentlichen Mitglieder ausgedehnt worden. Eine so strenge ZurUckhaltung konnte bei der zweifellosen ktinstlerischen Erstarkung des Vereins und nach jahrelanger Gewöhnung der Mitglieder an em Auftreten im Concertsaale nicht mehr zeitgemal3 erscheinen. Es wurde daher - 83 - beschlossen, den Zutritt Fremder zu den Vereinsproduktionen kUnftig von der Erftillung bestimmter Formalitäten unabhängig zu stellen. Diese Maf3regel bewährte sich in der Praxis auf's Trefflichste. Sie trug die Wirksamkeit des Vereins in weitere bis dahin von ihr unberührt gebliebene Kreise, und steigerte die Zahi der Zuhörer in dem Maf3e, data bei AuffUhrung besonders beliebter Tonwerke die gewohnten Räumlichkeiten of tmals kaum mehr ausreichend schienen, ohne dai3 jedoch der durch die Organisation bestiminte Charakter des Vereins, weicher die Concertirenden zunächst auf em, verhältnil3mäf3ig geringen Schwankungen unterliegendes, Stammpublikum anweist, hiedurch beeintrachtigt worden ware. Immer noch konnte der Gesammtverein sich als eine innerlich verbundene Gesell- schaft betrachten; nur hatte die Gesellschaft aufgehört, sich in ungastlich abgeschlossenen Räumen zu bewegen. Zu den Kriterien des unverändert fortdauernden Gesell- schaftcharakters 1st in erster Linie das Bestreben des Vereins zu zählen, die zur Auffuhrung gewählten Werke moglichst auch in ihren Solopartien durch Vereinsmit- glieder zu besetzen. Es ist zwar aus den verfiossenen 25 Jahren eine stattliche Reihe hervorragender Beruf s- Sänger und Sängerinnen zu verzeichnen, weiche nicht verschmaht haben, ihr künstlerisches Vermogen mit den Leistungen eines Dilettantenkreises zu vereinen. Auch weitberUhmte Namen finden sich darunter, wie z.B. Caroline v. Mangstl, die Ehepaare Diez und Vogl, die Damen Wekerlin, Förster und N.C. Serger. Allein das Auftreten so auserlesender Künstler bildet doch nur die Ausnahme, und der Mehrzahl nach konnten die Solopartien auch in Tonstiicken, welche ungewohnliche Anforderungen an die Gesangsbildung stellen, Mitgliedern des Vereins selbst anvertraut werden, em Umstand, auf den der Letztere mit berechtigtem Stoize zurUckblickt. In einer Richtung war der Verein naturgemE8 gänzlich auf die Cooperation fremder Kräfte angewiesen, nämlich so oft die Verwendung von Orchester-Massen nothwendig wurde. Hiebei ist es für das schon seit Baron Perfalls Zeiten eingebürgerte ernste Streben, den Aufführungen die möglichste Vollkontmenheit zu verleihen, bezeichnend, daf3 die Vereinsleitung sich niemals um die Mitwirkung eines andern als des besten Orchesters - 84 - in MUnchen beworben hat. Da nun fast alle auf den Programmen verzeichneten Oratorien und gro1eren Werke, mit dem vollen orchestralen Schmucke versehen, vorgéführt wurden, karn es, daIs zwischen dern Oratorien-Vereine und einem groten Theile der hiesigen Hoftheatermusik sich dauernde Beziehungen entspannen, die den betheiligten KUnstlern gerechten Anspruch auf die dankbare Anerkennung des Vereins erworben haben. Im Zusammenhange hiemit darf eine grundsätzliche Bereicherung, welche die Concertprogramme durch den zweiten Dirigenten des Vereins, Professor Rheinberger, erfahren haben, nicht unberUhrt bleiben. In der ersten Direktionsperiode war es unausgesprochen für selbstverständlich gehalten worden, daB die Concerte sich ausschlieBlich auf Chorleitungen zu beschränken hätten, und daB Solisten nur in dem MaBe, als die aufzuführenden grösseren Chorwerke es erheischten, herangezogen werden soilten. Nur dreimal irn Laufe von 10 Jahren wurde hievon eine Ausnahme gemacht, indem verehrte Caste Einzelgesänge, die des choralen Hintergrundes entbehrten, zu Gehör brachten. Instrumentale Soli waren gänzlich ausgeschlossen. Auch in der zweiten Direktionsperiode traten anfänglich Solonummern nur äu2erst sparlich in den Programmen auf, und erst dem laufenden Jahrzehnt war die häufigere AusschmUckung der Letzteren mit soichen vorbehalten. Nach vielen Jahren ruhigen Gedeihens und genuBreicher Arbeit soilte dern Vereine schlieBlich auch em tief schmerzliches EreigniB nicht erspart bleiben. Das sichere Gefühl dauernden Verbundenseins mit dem treubewährten Dirigenten gerieth Anfangs des Jahres 1877 zum ersten Male in's Schwanken, als eine auswärtige grof3e Musiklehranstalt sich urn die Ehre bewarb,JosephRheinberger an ihre Spitze stellen zu k6nnen. Der Oratorien-Verein, der wenige Jahre vorher das zehnjährige Wirken seines Dirigenten voll freudiger, dankerfüllter Antheilnahme gefeiert hatte, muBte durch die während lHngerer Zeit sich hinziehenden Verhandlungen auf das lebhafteste erregt werden. Urn so gröBer war die Befriedigung, als es den Bemühungen der betheiligten Faktoren gelang, den drohenden Verlust ab- - 85 - zuwenden. Der heimathiichenKunstpfiegeblieb der tref fliche Meister erhaiten; die Vereinsgenossen soilten ihn nur noch eine kurze Frist hindurch den Ihren nennen können. Im Herbste desselben Jahres entsagte Rheinberger, zum k. Hofkapeilmeister ernannte, der ferneren Leitung des Vereins, dem er voile 23 Jahre hindurch, zuerst am Kia- vier, dann vorn Dirigentenpuite aus, mit stets gleich- bleibender Aufopferung seine besten Kräfte gewidmet hatte. Die mit dem neuen Amte verbundenen Obliegenheiten liefen aile Bestrebungen, den gefal3ten Entschlul3 zu er- schüttern, als aussichtslos erscheinen, und so sah sich der Chor angesichts eines eben beginnenden neuen Vereinsjahrs nicht bios des gewohnten Freundes und Leiters, sondern Uberhaupt jeder musikalischen Ftihrung beraubt. Das Kritische der Lage wurde noch erhöht durch den zeitlich mit dern Verluste des Dirigenten zusammenfailenden Austritt einer Anzahi besonders geschätzter und zum Theil urn die administrative Leitung des Vereins hochverdienter Mitglieder. Em energisches Handein war dringend Gebot. Da13 es dem Vereine in wenigen, miihevoilen Wochen gelang, sich aus sich seibst heraus neu zu constituieren, ist em yougtiitiges Zeichen seiner gesunden Lebenskraft. Durch einstimmige Wahi wurde in der Generaiversanimiung vom 26. Oktober 1877 die Vorstandschaft compietirt und an die Spitze des musikaiischen Theils der Geschäfte em dem Vereine schon seit den Tagen seiner Griindung befreundeter Kiinstier, Max Zenger, der Componist des ttKainht berufen. Am 6. 10.1877 erklärte Rheinberger mit foigendem Schreiben semen Rticktritt als Dirigent des MUnchner Oratorien-Vereins: An die sehr geehrte Vorstandschaft des Oratorienvereins in MUnchen Durch Ubernahme einer neuen Steilung und den damit verbundenen musikaiischen Verpfiichtungen bin ich leider genöthigt, die rnusikaiische Direction des - 86 - Oratorienvereins niederzulegen. Wie schwer es mir wird, dadurch em Band zu lösen, das seit nahezu 23 Jahren bestand,- indem ich zehn Jahre als Repetitor und drelzehn Jahre als Dirigent dem Verein im buchstäblichen Sinne angehörte,- kann ich gar nicht sagen; und doch drängt es mich, hier auszusprechen, wie mir die Freundschaft der geehrten Vorstände - und die so oft bewiesene Anhänglichkeit der Vereinsmitglieder immer eine theure und treue Erinnerung sein wird. Wenn auch mit meinein RUcktritt vielleicht eine momentane Störung in der Wirksamkeit des Vereins eintreten solite, bin ich doch fest uberzeugt, da8 dieselbe mit der Einsicht und der Energie des neuzuwählenden Dirigenten glucklich Uberwunden wird. Und nun bitte ich, dem gesamten Vereine mit melnem Lebewohi meinen tiefsten Dank für sein langjähriges, in so manchem Concerte bewährtes Vertrauen aussprechen zu wollen und die Uberzeugung zu fassen, da1 ich, wo es immer möglich ist, gem bereit bin, den Interessen des Vereins förderlich zu sein. In voilkominener Hochachtung Einer geehrten Vorstandschaft ganz ergebener Josef Rheinberger München den 6.10.1877 Fanny Rheinberger trat am 17.10.1877 aus dem OratorienVerein aus. Am 26. 10. 1877 wurde Rheinberger zum Ehrenmitglled ernannt. Folgende Werke von Josef Rheinberger wurden in der Zeit von 1857 bis 1877 in den Konzerten des Oratorien-Vereins zur AuffUhrung gebracht: 29. 12.1857 Jephtas Tochter, JWV 61 3. 1.1860 "Lockung", Chor mit Kiavier JWV 93 15. 5.1861 "Heimweh","Wanderlied" JWV 126 bzw. op.2 23. 3.1863 "Bleib bei uns" JWV 55 5.12.1864 "Stabat mater" op. 16 26. 2.1866 "Wie lieblich sind Deine Wohnungen" op.35 21. 3.1868 "Das Schlof3 am Meer" op.17 Nr. "Die Schäferin vom Lande" op.l7 Nr. 2 12. 12. 1870 "Requiem" op. 60 1 - 87 - 27. 10. 26. 10. 15. 28. 12. 9. 5.1872 3.1873 5.1873 3.1874 3.1875 3.1876 6.1876 4.1877 "Die Wasserfee" op. 21 "Bleib bei uns" JWV 55 op. 64 "Maitag" "Konig Erich" op. 71 op. 76 "Toggenburg" op. 77 Violinsonate "Das Tal des Espingo" op. 50 Klavierquartett op. 38 Mitgliederzahl des Oratorien-Vereins München zu Josef Rheinbergers Dirigentenzeit (1864-1877): Jahr 1864/65 1865/66 1866/67 1867/68 1868/69 1869/70 1870/71 1871/72 1872/73 1873/74 1874/75 1875/76 1876/77 Sänger 143 135 110 110 140 123 107 114 137 166 159 153 135 ao.Mitglieder 307 218 310 291 291 258 233 219 241 228 207 201 185 Summa 450 353 420 401 431 381 340 343 378 394 366 354 320 Bemerkenswert ist, daf kein Geringerer als der berflhmte Physiker Max Planck als Conservator seit 1875 unter Rheinberger im Mllnchner Oratorien- verein ttig war. - 88 - Die Augsburger Abendzeitung vom 29.12.1877 schreibt Uber Rheinbergers erstes Konzert mit seinem neuen Chor, in dem er Werke von Gabrieli, Perti, Vogler, Meyerbeer, M. Haydn, Ett und Gade neben eigenen Werken ("Jung Nikias" und "Diebstahi" aus op. 75) aufführte: Am 17. 12.1877 veranstaltete im Odeonssaale die Kgl. Vokalkapelle wieder eines ihrer stets so hervorragenden genussreichen Konzerte. I...! Das Konzert leitete zum ersten Male der neuernannte k. Hofkapelimeister Rheinberger. Möge der erfahrene und urnsichtige Dirigent, welcher die k. Vokalkapelle zu ebenso ausgezeichneten Leistungen zu führen versteht, wie sein unvergessener Vorgänger Wüllner, aus dem oftmaligen lebhaften Beifall entnehmen, wie sehr er sich auch in seiner neuen Stellung bereits die Sympathien des grösseren Publikums erworben hat, weiches ihn bisher nur als hochbegabten Komponisten schätzen lernen konnte. Rheinbergers Gattin erkrankte im Herbst 1877 an Diphtherie. Im Winter litt sie fortwährend an Gelenkrheumatismus. Da sich ihr Zustand nicht wesentlich besserte, plante sie für den Sommer 1878 eine Kur in Wildbad. - 89 - Rheinberger selbst entfaltete in seinem neuen Wirkungskreis, der seinem speziellen Interesse für Kirchenmusik besonders entsprach, eine reiche kompositorische Wirksamkeit. Schon im Oktober 1877 hatten ihn bei Dienstantritt bereits erste Gedanken einer Instrumentalmesse beschäftigt, wie die nachfolgenden Skizzen (Bayr. Staatsbibliothek Mus. Ms. 4739 b/2 A. 1) beweisen: c V. l. %V "A.. ______________ I - .-I-I I - - -- t-- --- --. -----W_--b ' -.-=-======. -l_ -. w_ - - 90 - Cre - ._-- --.,__ -do in unuin Deum __,_____ _w - - Am 1. Januar 1878 teilt er dann seinem Bruder mit, da1 ihn der König in einer Form auszeichnete, die ihn offensichtlich tief berUhrte. Rheinberger schreibt nach Vaduz: Lieber David! Eben erhielt ich vom Minister v. Lutz einen Brief, dessen Abschrift ich Dir mittheile: "Ew. Hochwohlgeboren! Seine Majestät der König haben sich allergnädigst bewogen gefunden, Ihnen das Ritterkreuz I. Classe des Verdienstordens vom hell. Michael allergnädigst zu verleihen. Indem ich mich beehre, Sie hievon in KenntniB zu setzen, spreche ich zugleich meine lebhafte Freude Uber die Ihnen zu Theil gewordene Allerh5chste Auszeichnung und Anerkennung aus und benutze mit Vergnugen diese Gelegenheit zu der Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung, mit der ich die Ehre habe zu sein Ew. Hochwohigeboren ergebenster Dr. v. Lutz." Da ich selbst nun auch glaube, daB Euch dieses Freude machen wird, so setze ich Dich sogleich in KenntniB.Fanny geht es etwas besser, sie war heute zum erstenmal zu Tisch auBer Bett. Mit herzlichem GruB an Alle Dein Bruder Josef Rheinberger München den 1.1.1878 Nachdem Rheinberger bereits in den beiden ersten Monaten seit Ubernahme der Leitung der kgl. Vokalkapelle sich der A-cappella-Komposition weitlicher wie geistlicher Texte gewidmet hatte, spannte er nun zu Beginn des Jahres 1878 seine Kräfte zu einer in jeder Hinsicht auBergew6hnlichen - 91 - Arbeit: der Messe in Es-dur zu zwei Chören a cappella, op. 109, die er in einem Zeitraum von sechs (!) Tagen (13. - 18.1.1878) komponierte, wobei er Credo, Sanctus und Benedictus an einem Tag, dem 17. Januar, verfafte. Dieses Werk setzt nicht nur angesichts dieser unfal3bar kurzen Entstehungszeit Ma6stbe, es ist zweifellos die schdnste achtstimmige A-cappella-Messe des 19. Jahrhunderts. Der Komponist dedizierte sie mit folgender lateinischer Widmung dem soeberi (am 20. Februar 1878) gewählten Papst Leo XIII.: Cantus Missae/ ex octo modulatione vocum concinnatus/ a! Josepho Rheinberger/ Opus auctoris centesimum norium./ Editio haec relata in tabularium musicum/ sola legitima et authentica haberi debet./ Monachii/ sumtibus Josephi Aibl/ Pretium:/ Partitionis M. 6/ Vocum M. 8/ Leoni. XIII.! Antistiti Sacrorum Maximo/ Divini Cultus Amplificatori/ Patrono Artium Bonarum/ Josephus Rheinberger/ Grati et Obsequentis Animi Ergo/ Opellam Hanc Offert Dedicat/ Quam Parens Sanctissimus/ Singulari Dignatione Benignitatis/ Nomini Suo Inscribi/ Passus Est. Franziska Rheinberger sonnt sich in den Erfolgen ihres Gatten und hat wenig Verständnis für seine ZurLickhaltung in der Dokumentation der sich geradezu Uberstürzenden Ereignisse, die Rheinbergers Karriere in Jahresfrist zur Position des fUhrenden katholischen Kirchenmusikers im süddeutschen Raum führten. Sie schreibt unter dem 21.2.1878 nach Vaduz an ihren Schwager David: Der bose Curt hat sich nicht in Uniform photographiren lassen, wie ich's zum SpaB woilte, sondern semen dicken, schwarzen Liebling, und den schicke ich Dir nun, damit Du siehst, wie das Ungethüm, das schon bald 11 Jahre mit uns lebt, aussieht. /.. . / Curt's Uniform ist dunkelgrün, hat an Kragen, irmel und Taschen goidne Laubstickerei und am Kragen eine Lyra. Der Degen ist fein und spitz - so daB man schon einen Wagnerianer daran spiel3en könnte, wenn's nicht schade urn die Klinge ware. Er wird nicht am Gürtel getragen, sondern durch - 92 - den Frack gesteckt. Der Hut ist em Schiffhut mit blauweii3er Cocarde. So, nun lache. Auf dem Orden stehen die Worte, die dem Erzengel Michael zukommen: Quis sicut Deus, die mir gerade in der Jetztzeit, da sich manche zu Gättern aufblasen, für einen Künstler eine sehr geeignete Mahnung scheinen - nicht? Wenn er nur die Charwoche gut übersteht! Die ist anstrengend. Das musikalische Programm, das Rheinberger mit der kgl. Vokalkapelle in der Allerheiligen-Hofkapelle in der Karwoche 1878 in München zur Aufführung brachte, umfal3te folgende Werke: Palmsonntag, 14 April 10.30 Uhr Messe in F, 4 stimmig Graduale: 0 vos omnes 4 stimmig Passio mit Responsorien Offertorium: Improperium 5 stim. Mittwoch, 17. A pril. 16. Uhr Matutin mit Responsorien Benedictus 5 stimmig Gründonners tag, 18. April Messe (Papae Marc.) 6 stimmig Grad.: Christus factus est 4st. Off.: Tenebrae 4 stimmig nachmittags, 16.TJhr Matutin mit Responsorien Benedictus 4 stimmig abends 19.30 Uhr Miserere 5 stimmig Karfreitag: 19. April Passio mit Responsorien Adoramus (a-moll) Adoramus 4 stimmig Popule meus 4 stimmig Vexilla regis 5 stimmig nachmittags 16. Uhr Matutin mit Responsorien Benedictus 4 stimmig abends 19.30 Uhr Stabat mater (zweichorig) Lot t i Valotti Vittoria Aib linger Palestrina Lachner Palestrina Ane rio Mich. Haydn Palestrina Callus, Jak. Orlando Vittoria Perti Aichinger Vittoria Aib linger Palestrina Palestrina Palestrina - 93 - Karsams tag nachmit tags Kyrie (choraliter) Gloria, Sanctus u. Benedictus 4 st. Laudate u. Magnificat 16. Uhr Complet M. Haydn Pit on i abends Auferstehungs-Procession mit Pange lingua Ostersonntag, 21. April Messe in A zu 8 Stimmen Grad.: Hoec dies, 6 stimmig Off.: Christus resurgens 8 stimmig nachmittags 16. Uhr Vesper mit Psalmen Ostermontag, 22. April Messe in F (instr.) Grad.: Mane nobiscum 6 stimmig Of f. : Christus resurgens Et t Ett Palestrina An e rio Aib linger Mozart Rheinberger Anerio Uber die mit derartigen AuffUhrungen verbundenen Anstrengungen und Nöten berichtet Fanny: MUnchen, Osterrnontag 22.April 1878 Mein lieber Schwa ger David! Heute bei Tische sagte ich Curt, daB nachdem nun die Charwoche vorüber 1st, ich euch wieder einmal schreiben wolle, worein er freudig stimmte. Du fragst vielleicht, warum ich gerade die Charwoche abwarten wollte? Nun - ich gestehe, sie lag wie eine Brücke über einem Abgrund, die man nicht ohne BesorgniB passiert, vor mir. Es 1st zum erstenrnal, daI3 Curt diesen strengen Dienst hatte - an drei Tagen hatte er sechs Stunden lang in der Kirche zu amtiren und da war ich besorgt, es möchte ihn Kopf, Brust oder Hand angreifen; aber mit Gottes Hilfe 1st er sehr glücklich und zu seiner innigsten Befriedigung über die schwerste Zeit des Dienstes hinüber gekommen. Der Dienst selbst machte ihm so viele Freude und Interesse, daB er mehr als em- - 94 - mal sagte, er würde sich in seinem Leben nach keiner andern Stelle sehnen. Und wenn em Künstler zu solcher Befriedigung mit dem Erreichten kommt, so kann man gewil3 von Glück sagen. Die Theilnahme von Seite des Hofes und der Betenden an diesen Gottesdiensten war eine ganz ausserordentliche und am Charfreitag Abend als Palestrina's wunderbares 8 stimmiges Stabat Mater gesungen wurde, flüchtete ich auf den Chor, weil es zum erdrücken you war. Curt hat jetzt, urn semen Kopf recht ruhen zu lassen, rnehrere Wochen nichts mehr componirt - aber - auf meinen Wunsch desto fleii3iger gegessen, urn die Nerven nicht herabkommen zu lassen. Am 24. muJ3 er in Uniform das Georgiritteramt dirigiren, dann noch zwei Georgiritter-Requiem's. Am 1O.Mai ist sein Dienst bis zu Allerheiligen mit Ausnahme der Frohnleichnahmsoctav gethan. Am 14. April 1878 berichten die NUnchner Neuesten Nachrichten Uber die letzte Vokalkapelle-Soire Eines der schönsten Concerte in dieser Saison, wenn nicht das schönste, war das am Freitag (12.4.1878) im grossen Odeonssaale unter dem bescheidenen Namen "Soiree" gegebene Vocal- und Instrumentalconcert der k. Vocalcapelle. Urn die an diesern Abend so reichlich gespendeten Genüsse nur einigermass'en würdig zu beschreiben, mUssten wir dern unseren Bericht gegönnten Raum weit überschreiten. Wir beschränken uns daher zunächst darauf, hervorzuheben, dass der neue Dingent, Hofcapellmeister Jos. Rheinberger die Traditionen seines Vorgängers Franz WUliner I...! vollkommen aufrecht zu erhalten vermochte. Ganz besonders war aber Rheinberger diesmal in der Wahi und Aneinanderreihung seiner Programmnummern aus alter und neuer Zeit I...!. Auf diese Weise dUrf ten die Concerte der Vocalkapelle bald jene Popularität erreichen, welche sie längst verdienten I. . .1 Von den vorgeführten Chorwerken alter Meist'er (Caldara, Lotti, Jos. Haydn, J.Seb. Bach und Handel) ist nur zu sagen, dass sie alle den Stempel unvergänglicher - 95 - Genialität trugen; fast ebenbiirtig reihten sich die neuen Meister, insbesondere Fr. Schubert und Rob. Schumann, an, und in solcher Gesellschaft noch gefallen zu haben, gereicht unseren einheimischen Tonsetzern Rheinberger und Max Zenger zu nicht geringer Ehre. Mit der AusfUhrung der Lieder der letzteren schienen sich der Dirigent und die Sänger besonders liebevoil befasst zu haben. Ais Reaktion auf die Erfolge im kirchlichen Dienst präsentierte Hermann Levi seinem Kollegen Rheinberger die Wiederaufnahme von dessen Oper "Die sieben Raben", die am 8. und 19. MErz (Rheinbergers Namenstag)stattfanden. Levi beteiligt Rheinberger bei der Neueinstudierung und schreibt ihm: Verehrter Herr College! Ich war die ganze Woche nlcht wohl, konnte nur das Allerdringendste im Theater erledigen; deshaib habe ich Sie bisher nicht zu einer Probe mit Fri. W/ekeriin/ bitten lassen. Aber hEtten Sie morgen Abend 6 Uhr Zeit? Ich habe eine volistEndige Klavierprobe angesetzt; vielleicht begleiten Sie am Klavier, und ich lese in der Partitur nach? Woileri Sie dann noch einmal mit Fri. W/ekerlin/ allein proben, so könnte dies Donnerstag zu irgend einer Ihnen passenden Stunde geschehen. Die Probe ist oben im Intendanz-Zimmer, da die unteren LocalitEten (wegen der Jungfrau von Orlans) nicht frei sind. Wenn ich keine Antwort erhalte, erwarte ich Sie um 6 Uhr. Ihr ganz ergebener Hermann Levi. Dienstag, 19.2.1878. Nach der ersten AuffUhrung in diesem Jahr ergeben sich Besetzungsschwierigkejten. Levi berichtet Rheinberger: - 96 - Verehrter Herr College! Frl. Meysenheyn ist - wie es scheint, nicht unbedenklich - erkrankt. Wenn wir die 7 Raben am 19. (JosephsTag) halten wollen, mUssen wir die Fee Frl. Irringer. übertragen; wir haben keine zweite zu entsenden. Möchten Sie die GUte haben, die Parthie mit Frl.Irringer durchzunehmen? Ich habe so sehr viel zu thun - Siegfried-Conzert - Sollten Sie keine Zeit haben, so werde ich Flerrn Rüber beauftragen, sich mit Frl. Irringer zu beschäftigen. Mit bestem Gru1e Ihr ergebenster College Levi. Der Bayerische Kurier berichtet Uber die zweite AuffUhrung: Dienstag den 19. fand nach Beseitigung mancherlei Hindernisse die erste Wiederholung der neueinstudirten Oper "Die sieben Raben" von Rheinberger statt. Franz Bonn hat das ansprüchslose Märchen unter dem freundlichen Beistand der Musen trefflich zum vorliegenden Zweck zurecht gelegt und in leicht in Musik zu fassende Verse gekleidet. Ob der Stoff für das Theater passend und wirksam, wollen wir heute nicht mehr untersuchen; da1 die Oper aber immer regem Interesse begegnet, dafür spricht der Umstand, dal3 sie nach 2-jähriger Ruhe wieder zur AuffUhrung hervorgesucht wurde. Dadurch, daf die Romantik nicht so blühend und anziehend, wie etwa in Kind's Text zum "Freischütz", erwuchs dem Componisten die Aufgabe, mit seiner Musik den Stoff zu ergänzen und Rheinberger gab sich redliche MUhe; an dem ganzen Styl der Oper ist em Nachwuchs der Spohrschen Schule zu erkennen, die em ernstes, aufmerksames und verständni1volles Auditorium verlangt, denn Rheinberger zwingt den Musiker, mit voller Aufinerksamkeit zuzuhören, um allen Details zu folgen. Ob es für die Oper nicht dienlicher gewesen ware, wenn der Compofist sich nach den Kleinen umgesehen, wie sie mit wenigen Strichen Effektvolles für das Rampenlicht erreichten oder wie etwa bei dem Italiener und dem kleinen deut- - 97 - schen Singspiei, wie wir sie von den Wiener Componisten empfingen, möchten wir nicht endgilltig entscheiden; wir glauben, daf kilhnerer Aufschwung und gröf3ere Freiheit bei minder complicirter und gelehrter Schreibart das grote Publikum für das noch immer eine Oper geschaffen wird, sicherer gewonnen und dern Werk eine aligerneine Verbreitung gesichert hätte. Urn die Aufführung machten sich vor ailem Fri. Wekerlin, Hr. yogi und Herr Hindermann verdient; Frau yogi erreichte im Ausdruck der zur Versöhnung geneigten Mutter ihre Vorgangerin, Frau Diez, nicht. Die dankenswerthe Aushilfe desFri. Irringer ais Fee finde gebührende Anerkennung, doch ist ihre zarte, wohlklingende Stimme für den groen Raum des Hauses nicht ergiebig genug. Nachdem nun wieder einmal em einheimischer Componist Berücksichtigung gefunden, dUrfte der Vorschlag nicht unbiilig erscheinen, Max Zenger's "Ruy Bias" und Franz Lachner's "Catarina Cornaro" wieder ins Repertoire aufzunehmen. Franz von Hoisteins Krankheit trat unterdessen in das Endstadium. Seine Frau Hedwig schreibt an Fanny unter dem 10. April 1878: Leid haben wir zu tragen - die Krankheit ist bei uns nicht ailein eingekehrt, sie scheint ständiges Quartier bei uns machen zu woilen. Mein herziieber Mann hat, seitdem ich Euch schrieb, nicht einen, sondern vielieicht fünf Rückfäiie gehabt, sodat man es eigentlich garnicht so nennen kann, es ist em unaufh6riiches auf- & abwärts gehen, und man weit nicht, weiches den Sieg davontragen wird! - Der Arzt hat Gott sei Dank immer gute Zuversicht, sprach im Winter von einer Milchkur im ersten Frühiing hier auf dem Lande, dann von einer Badereise vor Oberstorf - von ali' dem ist nicht mehr die Rede, denn Franz kann nicht einmal mehr in den Garten, wo er Anfang Mrz fünf Mai war, wenn auch die Treppen von Hausmann und Gartner getragen. Liebste Fanny, was für GefUhie und Gedanken ziehen oft durch meirie Seeie. DaB ich meine Gebete stets mit der Bitte des Herrn schiieBe: nicht mein, sondern Dein - 98 - Wille geschehe, kannst Du von mir mit Recht erwarten. Doch ist es etwas andres, im Gebet sich Gottes Willen unterwerfen, als wie mitten im Leben, im Moment der Drangsale, dieselbe Ergebenheit zu bewahren. Ich weine mich oft in den Schiaf, habe auch schon ganze Nächte durchgeweint. - Franz selbst 1st wechselvoll in seiner Anschauung tiber den Zustand. Oft spricht er mit grol3er Unbefangenheit von Dingen, die für ihn in der Zukunft liegen, und die er dann zu thun, zu genie8en gedenkt. Zuweilen ist er hoffnungslos für diese Welt. Welch em Trost es mir ist, daI3 er auf eine andre hofft und an sie glaubt, daB er willig und gem täglich mit mir zu Gott betet, Du wirst das ermessen kdnnen! Einige Wochen lang hat er mit Leidenschaft componirt. Die Gedanken, d.h. die rnusikalische Erfindung, quält ihn Nacht und Tag, bis der Arzt ihm erlaubt, sie liegend aufzuschreiben, urn ihm Ruhe zu verschaffen. Er muB noch lumier liegen, weil das Sitzen ihm Schmerzen macht. Sonst ist er mit den Freunden helter und angeregt, sieht aber durchsichtig und zerbrechlich aus. Unsre Näherin sagte: Der Herr 1st wie em gekittetes GefäB, brauchen kann man's nicht mehr, nur hinstellen. Franz von Holstein starb sechs Wochen spater, am 22. Mai 1878. Seine Frau berichtet Uber sein Testament: Leipzig, den 5. Juli 78 Er äuBerte den Wunsch, für unbemittelte Musiker eine Stiftung zu machen, und als ich darauf mit Wonne emging, erfreute Ich seine letzten Tage. Diese Stiftung rufe ich jetzt in's Leben - baue em Häuschen in unserm Garten dazu, und suche das Ganze durch mein Testament so bedeutsarn und zeitdauernd wie möglich zu machen. Da muBte ich Architekten, Advocaten und Musiker zu Rathe ziehen und habe manche Nacht durchwacht. Dazu tausende von Condolenzbriefen, die ich noch zu beantworten habe, und all' die lieben Andenken, die er auswärtIen Freunden durch mich schicken läBt. Es ist wohl Gottes Fügung, da8 ich durch diese unabsehbare Geschichte nicht einmal zum Genief3en des Schmerzes - 99 - kommen kann, nur em können. paar Nächte habe ich durchweinen Ende Mai schreibt Rheinberger an semen Bruder in Va- duz: Mein lieber David! Wenn ich Dir so lange nicht geschrieben habe, so ist nicht etwa Mangel an Zeit Schuid, sondern das em- fache technische Hindernil3 durch meine kranke Hand. Dieseibe wurde nemlich anfang Mai so entzUndet und geschwolien, da6 ich einmal Nachts 3 Uhr den Arzt holen lassen muf3te. Unter dessen Behandiung brach die Geschwuist auf und em Knochensplitter eiterte heraus, wodurch Besserung auftrat und gegenwärtig Hoff- nung ist, da8 sich die Wunde gänzlich schiiel3t - da die Hand seit 1870 krank 1st, ware es nicht zu frUhe! So hat eben jeder sein Packchen Elend zu tragen. Gegenwärtig kann ich, wie du siehst, wenigstens schreiben, aber nur mit Anstrengung, da die Hand sehr leicht ermüdet. Mein Arzt, Dr. Ludwig Mayer, ist em eminenter Chirurg, und da er gleich nebenan wohnt, so bin ich in dieser Hinsicht gut versorgt. Meine Frau 1st seit 8 Tagen in Wildbad. I... / Peter war so liebenswUrdig, tins mit einem FäBchen Va- duzer zu iiberraschen - dasseibe soil bei Rtickkehr Fanny's (etwa in 18 Tagen) angezapft werden. Meine Hofkirche hat wegen Abwesentheit des Königs vom 10. Mai bis Qktober Ferien, nur die Frohnleichnamsoctave ausgenommen, was sich wenigstens meiner Hand wegen heuer gut trifft. Die Charwoche hingegen war sehr streng. I...! Die politischen Tagesfragen konzentriren sich jetzt nur auf die Socialdemocraten, die man Gottlob in Liechtenstein nur dem Namen nach kennt. In der Nähe wird die Sache mit Aileni was drum und dran hängt mm- mer ungemiitlicher; wenn man die Literatur dieser Sek- ten verfolgt, und die Früchte derselben tägiich vor Augen hat, so möchten einem die Haare zu Berg stehen. Es 1st so weit gekommen, dal3 Leute, die vor einem - 100 - Jahr zu den vorgeschrittensten Liberalen zhlten, heute sich die starrste Reaction herbeiwünschen, ja, als Gliick herbeisehnen! In Sachsen und Preu1en ist's noch viel schlimmer. Die Aufhebung der Zünfte, Freigebung der Gewerbe, weiche man vor em paar Jahren als tterlösende Grolthat" pries, haben sich als wahrer Fluch erwiesen. Bankrott auf Bankrott erfolgt. Die guten alten Handwerksmeister sind in Verzweif lung Uber das arrogante, nichtskönnende, emanzipirte Gesindel ihrer Gesellen und Lehrlinge; die Gewerke gehen in ihrer Leistung unglaublich zurUck; es 1st em wahrer Jammer, das Alles mit anzusehen und anzuhören! Der Schwindel, durch die Aufhebung der Wuchergesetze unglaublich befördert, nimmt auf!s Schamloseste Uberhand; in em paar Wochen entstehen ganze neue Stra8en - und doch stehen viel hundert Wohnungen leer. Es 1st em unglaubliches Getriebe! - Gelt! Da ist's in Vaduz schön still. Wie geht es Euch Allen? Hoffentlich ist Alles gesund und frohgemuth. GrUf3e Peter mit Familie auf's herzlichste und schreibe bald Deinem Dich liebenden Bruder Josef Rheinberger München den 25.5.78 Abends Vom 25.-31. Mai komponierte Rhemnberger seine 5. Orgelsonate, op. 111 in Fis-dur, und widmet sie Theodor Gouvy (1833-1898) in Paris. Dieser bedanktsichmit folgendem Schreiben: 11.12.78 Sehr geehrter Herr und verehrtester College! Auf melner Durchreise nach Deutschland finde ich hier Ihre mir freundlichst zugesandte Orgelsonate mit einer Dedication, die mir viel Freude und Ehre macht, und wollte ich Ihnen hiermit für die angenehme Uberraschung meinen herzlichen Dank aussprechen. Dieser Beweis der Sympathie von Seiten elnes Mannes, der so hoch in der allgemeinen Achtung steht, hat für mich ganz besonderen Werth und wUrde mich stolz machen, wenn Stolz llberhaupt etwas erlaubtes ware. - 101 - Ihre schöne Sonate habe ich schon mehrmals allein, auch vierhndig mit meiner Schwägerin durchgespielt und sie hat uns sehr gefallen. Das Werk ist seines Verfassers wUrdig, bekundet in seiner edleri Haltung den Meister in jedem Zug und lä3t in mir Wunsch und Hoffnung aufkommen, auch den Corn- ponisten einst noch kennenzulernen. Einstweilen aber nochmals meinen verbindlichsten Dank dafUr, daIs Sie meiner auf so freundliche Weise gedacht, und mit der Bitte, mich unbekannter Weise Ihrer geehrten Frau Gemahlin ernpfehlen zu wollen, bleibe ich in aufrichtiger Collegialitat Ihr ganz ergebener Tb. Gouvy. Vom 1.-15. Juni schreibt Rheinberger dann seine Ouverture zu Schillers "Demetrius" für grofes Orchester, deren Eröffnungsthema dern russischen Voikslied "Der falsche Dimitri" entnomrnen 1st. Niels W. Gade, dem das Werk gewidmet ist, schrieb im folgenden Jahr: Copenhagen, 20.10.1879 Herrn Hofcapellrneister Jos. Rheinberger! Meinen wärrnsten Dank für die freundliche Widmung. Mit Interesse und Freude habe ich die Ouverture durchgelesen und werde in unserm Winterconcerte die Ouverture zur Aufführung bringen. Die Composition ist kiar und schön gefat3t und mut3 sehr schön klingen - Eigenschaf ten, auf die ich sehr viel halte - darum nochmals meinen Dank für Ihre schöne Gabe. Ubrigens haben wir hier in Copenhagen öfter Compositionen von Ihnen gehört, sowohl Orchester- als auch Kamme rmus 1k. Ihr freundlich ergebener Niels. W. Gade Uber seine Unternehmungen im Sommer 1878 berichtet Rheinberger seinern Bruder in Vaduz: - 102 - Eben aus den Feien zurUckgekehrt, halte ich es für nothwendig, Dir wieder em Lebenszeichen in Gestalt eines Briefes zukommen zu lassen. Wir waren von Halfte Juli bis Ende August (wie alie Jahre) in Bad Kreuth, wo ich strenge Molkenkur gegen meinen chronischen Husten brauchte. I...! Sodann gingen wir über Töiz, wo wir drei Tage zubrachten, nach Starnberg. Töiz liegt reizend im Isarthale - so nahe es bei MUnchenliegt (in 1/2 Stunden per Bahn zu erreichen) war ich doch zum ersten Male dort. I... / Unser tHgiicher Zimmer- und Tischnachbar war der Ministerpräsident v. Pfretzschner, em äul3erst liebenswilrdiger feiner Mann. Von unserm Zimmerbalkon aus hatten wir die voile Längeaussicht des Sees, mit dem iebhaf ten Eisenbahn- und Dâmpfschiffverkehr zu FUi3en, was bei schiechtem Wetter immerhin die Langeweiie verscheuchte. Seit 14. d.M. sind wir wieder hier und von Morgen an geht es wieder ins Geschirr. I.. .1 1 Durch die fortwährende Erkrankung seiner rechten Hand in diesen Jahren nicht nur beim Schreiben sondern mehr noch beim Kiavierspielen behindert, kam der Komponist damais auf die Idee, sechs Pianoforte-Studien für die linke Hand allein zu schreiben (op. 113). Weiterhin komponierte er vom 30. September bis zum 13. Oktober 1878 em Kiaviertrio (Nr. 2 in A-dur, op. 112), das er dem engiischen Pianisten und Dirigenten Charles Ha1l (1819-1895) widmete. Hail bedankt sich mit folgenden Zeilen: Manchester, 18.4.79 Sehr geehrter Herr! Ibre sehr freundlichen Zeilen vom 12. d.M. haben mich erst heute erreicht und höchst freudig Uberrascht. Nehmen Sie meinen innigsten Dank an für die Auszeichnung, mit der Sie mich durch Widmung Ihres neuen Trios beehrt haben und die ich sehr hoch schEtze. Das Werk seibst werde ich hoffentiichbej meinér Rllckkehr nach London in wenigen Tagen vorfinden, wo ich auch ohne Zweifel sehr bald Gelegenheit finden werde, es dem Publikum - 103 - vorzuführen. Da13 es mir gefallen wird, darUber bin ich ohneSorgen, bitte aber urn die Erlaubnit, nach Kenntnil3nahme Ihnen noch einige Worte iiber dasselbe schreiben zu dUrfen. Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr ganz ergebener Charles Hallê Von Clarence Eddy (1851-1937), Orgelvirtuose und Generaldirector der Hershey School of Musical Art1 erhElt Rheinberger folgende Anf rage: Hochverehrter Herr Professor! Durch heutige Post erlaube ich mir, Ihnen einige Programme meiner gegenwErtigen Reihe "Orgel-Concerte" zuzusenden. Es wird jede Woche em neues Programm gespielt, und die ganze Reihe wird aus einhundert Concerten bestehen. - Das letzte Concert wird am 14. Juni 1879 stattfinden. - Es ist meine Absicht, die bedeutendsten Orgelcompositionen und Arrangements Elterer und moderner Zeit vorzutragen. Nach Beendigung derselben werden die Programme nebst Lebensgeschichten der Componisten, deren Werke gespielt werden, in Buchformat herausgegeben. Dasselbe wird als volistEndiger Catalogue von nicht geringem Werthe für Organisten und Orgelstudenten dienen. Als Climax dieser Reihenfolge von Auffllhrungen, und zwar für das 100. Concert hege ich den dringenden Wunsch, em Programm aus lauter neuen Compositionen bestehend zu haben, und womöglich solche, die speciel für diese Gelegenheit von den bedeutendsten Authoren geschrieben. Es wUrde mich sehr freuen, und ich wUrde es als eine grosse Ehre annehmen, wenn Sie elne Ihrer werthvollen Compositionen, die noch nicht erschienen, zusenden würden, oder wenn Sie etwas Besonderes dafUr schreiben möchten, wilrde es mir noch viel lieber sein. Sollten Sie gefElligst dazu geneigt sein, so bitte ich Sie, mich so bald wie möglich davon zu benachrichtigen, damit ich vollig Zeit haben werde, mich vorzubereiten. Erlauben Sie mir, geehrter Herr Professor Rheinberger, - 104 - mit gr6sster Hochachtung mich ganz ergebenst zu unterzeichen H. Clarence Eddy. 20. October 1878. Rheinberger fibersendet seine Orgel-Sonate Nr. 5 in Fis-dur. Ignaz Math, Lehrer in St. Johann in Tirol schreibt unter dem 16.11.1878 an Rheinberger: Euer Hochwohlgeboren, Hochzuverehrender Herr Rheinberger! Der Zweck meines Schreibens 1st wohi zunächst der, Ihnen und Ihrer edlen Frau meinen herzlichsten Dank darzubringen für Ihre wahrhaft grossmüthige Liebe, die Sie meinem Sohne Ignaz Mathe bis dato erwiesen haben. Möge Ihnen der Lenker unserer Schicksale alles in reichlichstem Masse vergelten, was Sie bis dato an meinem Sohne gethan haben; es ist für mich wirklich der grösste Trost, sehen zu können, dass man in MUnchen, in dieser auserlesenen Musikschule ganz uneigennUtzig handelt, und ich möchte fast sagen, mit Ausländern vollig noch solider verfährt; denn mein Sohn kann Sic, Ihre liebe Frau, die ganze Lehranstalt, und schliesslich München nicht genug loben, und würde wohl urn keinen Preis, ungeachtet seiner gegenwärtigen kargen Stellung, zu bewegen sein, auszutreten. Da ich Sic aber von vielen Seiten sowohl als KUnstler, äusserst human und liebevoll bezeichnen hörte, so glaube ich keine Fehlbitte zu thun, wenn ich Sic recht inständig ersuche, meinem Sohne, wenn es möglich ware, Gelegenheit verschaffen zu wollen, sich auf einer Orgel üben zu können. Sic werden mir vergeben, wenn ich Ihnen nun sage, dass em Tiroler Lehrer sehr schlecht dotiert 1st, daher seine Zuflucht nur zu Gönnern nehrnen muss; es ist mir wirklich unmöglich, Ausgaben machen zu rnUssen, da ich noch 4 Kinder zu versorgen habe. Wenn es mir möglich - 105 - 1st, hoffe ich, Sie im kommenden Sommer besuchen zu kdnnen; besonders werde ich mir angelegen sein lassen, eine oder die andere Komposition von Ihnen, vom 1. KUnstler Deutschlands, zu erhalten. Schliesslich erlaube ich mir, Ihnen und Ihrer lieben Frau meinen herzlichsten Gruss zu entbieten, und zeichne auch in ausgezeichneter Hochachtung Euer Wohigeboren ganz ergebener Ignaz Math Seymour J.G. Egerton, späterer Earl of Wilton und Dirigent in London, schreibt an semen Lehrer Josef Rheinberger: Dear Herr Hofkapellmeister, It is not easy to express to you the pain with I write to inform you that I must relinquish my studies at any rate for this Semester; the fact is I find that my temperament is not equal to the confinement in doors without which I can produce no work. If I found that I could suffer in health and yet do good work, I should be the last person to give in; but as I find that working injures my health and at the same time renders me incapable of producing anything fit for your inspection, the case seems quite hopeless. I have for some days completely regained my physical strength; and have been labouring conscientously at the Canons; the only result being headache upon headache. At the age of most of your pupils I should have treated all this with supreme contempt; and have persevered night and day until either "death or victory" arrived; and indeed in early life I rather overdid those extreme measures; I have in fact learned some degree of caution from experience. Today I determined to take a long walk and make my decision before the evening; and this decision I have now written to you. To anyone but yourself I should have been content to write that I regretted that circimstandes prevented me from availing myself for the present of your - 106 - instruction; but to you, who have always treated me more as a friend that a pupil, I feel I owe these explanations. - There is much that requires my presence in England for a longer portion of the year than I have given during these three years; and it may be that an "arrire panse" of home has something to do with the difficulty I find in giving my whole mind to the theoretical studies in music. This difficulty I propose to meet by coming :to Munich perhaps twice a year for six weeks, during which periods, and with an absolutely free mind, I feel that I might derive infinite benefit for many years from your advice; and I make so free as to assure myself that you would be so kind as to give me that advice under those circumstances. As matters stand, it must be as annoying to you to have me as a pupil, as it is for me to have to prove so unsatisfactory to my teacher. - Therefore I had forced myself to write you this letter, the contents of which pray communicate to Frau Rheinberger, who has, as well as yourself, always shown me such invariable kindness and syinathy. I have forced myself to write, lest I should hesitate tomorrow; but now the matter is settled, and I send my letter by hand. Tomorrow I go early for a few days tramp on foot in the mountains; and on my return I hope to have composed myself into tranquillity; when I will of course come and call upon you. - Light as the matter may seem to you, I assure you that it is one that causes me a very "unangenehmes Gefühl". Believe me Every yours sincerely Seymour J.G. Egerton. An den Weihnachtstagen 1878 fUhrt Rheinberger mit der kgl. Vokalkapelle in München folgendes Programm auf: - 107 - Christnacht 1878: Te Deum für Frauenstimmen Messe in Es für Frauenstimmen, Harfe, Violoncello, Contraba8 und Orgel Graduale: Tecum principum für Ett Aiblinger Frauenstinimen Lachner Frauenstimmen Lachner Offertorium: Laetentur coeli für Christtag 1878: Missa Papae Marcelli, 6 stimmig Craduale: Resonet, 5 stimmig Offertorium: Jubilate Deo, 5 stimmig Palestrina Stephanstag 1878: Messe in d-Moll, 5 stimmig Graduale: Sepelierunt Stephanum 4st. Offertorium: Exultandi, Sstiuimig Lachner Marenzio Sale Sonntag, den 29. Dez. 1878: Messe in A, 8stimmig Graduale: Diffusa Offertorium: Resonet, 5 stimmig Ett Neujahrstag 1879: Messe, 8stiuimig Graduale, 0 bone Jesu, 4stimmig Rheinberger Offertorium: Tui sunt coeli, 4st. Eccard Aiblinger Lachner Eccard Palestrina Rheinberger Am Jahresende sendet er folgende Zeilen an semen Bruder In Vaduz: Mein lieber David! Gleichzeitig mit diesem Brieflein wirst Du em neumodisches Barometer erhalten, das ich Dir zur Feier Deines Namenstages feierlich tibersende. Hoffentlich geht es Dir in Deiner stillen Haushaltung gut; wir sind auch zufrieden und froh, daB nun Weihnachten abgemacht ist, indem ich gerade über diese Zeit viel zu thun habe. - - 108 - Letzthin bin ich durch Spanisches Diplom Ehrenmitglied einer Philharmonischen Gesellschaft in Buenos-Ayres geworden; seit dieser Zeit pflege ich sehr stblz zu sein, wie nattirlich! Don Jose Rheinberger. Zu Beginn des Jahres 1879 begann Rheinberger mit einer Arbeit, die selbst seiner Frau überraschend neu erschien. "Curt studirt mit eigenthtimlicher Energie die englische Sprache", schreibt Fanny an David Rheinberger. Der Grund für diese Studien liegt in Rheinbergers Plan, eine Biographie von Luigi Cherubini aus dem Englischen zu tibersetzen und zu edieren. DasinAussicht genommene Werk stammte von Edward Bella- sis. Die englische Erstausgabe erschien im Jahre 1874 unter dem Titel: CHERUBINI. MEMORIALS ILLUSTRATIVE OF HIS LIFE by Edward Bellasis Barrister-at-low. London: Burns and Oates Portman Street and Paternoster Row 1874, und umfa1te einschliel3lich eines umfassenden chronologischen Werkverzeichnisses 444 Seiten. Diese erste Biographie Cherubinis von einer derartigen Breite der Darstellung geht beinahe ausschliel3lich auf Zeugnisse, Urteile und Stellungnahmen der Zeitgenossen des Florentiner Meisters zurück, mehr noch, sie ist durchwegs nichts anderes als eine chronologische Reihung sämtlicher verfugbarer Literatur unter biogra- phischem Aspekt. Indem Bellasis sich möglichst jeden Kommentars enthält, gewinnt seine Arbeit dokumentarischen Wert. Ludwig Schemann, dessen "Cherubini" (Stuttgart, Berlin und Leipzig, Deutsche Verlags-Anstalt, 1925) neben Richard Hohenemsers Biographie (L. Cherubini. Sein Leben und seine Werke, Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1913) das bedeutendste Werk der deutschen Cherubini-Literatur ist, wtirdigt in seinem Vorwort Bellasis Leistung mit folgenden Worten: "Als erster hat Edward Bellasis in seinem Buch: cheru- bini, Memorials Illustrative of his Life, unseren KUnstler in gröl3erem Rahmen behandelt. Beschränkt sich dieses Werk auch zum grol3en fast tiberwiegenden Teil auf - 109 - eine Wiedergabe fremder Urteile, so ist sein Verdienst doch darum nicht gering anzuschlagen. Abgesehen davon, dat in dem nicht Alizuvielen, das der Verfasser aus dem Eigenen hinzugetan, sich manche treffende Bemerkung und Beobachtung findet, hat dieser, vom Wesen Cherubinis warm durchdrungen, nicht allein durch eine soiche flei8ige Zusammenstellung dem Meister viele neue Freunde gewonnen, sondern auch den älteren einen wesentlichen Dienst dadurch geleistet, da8 er aus der damals bekannten Literatur namentlich auch Sachen, die in Deutschland schwer zugänglich sind, - ich nenne u.a. Girod, De la musique religieuse, Namur, 1855 - heranzog und ihnen so mancherlei, das ihnen sonst entgehen wUrde, ersetzt, von spezifisch englischen Stimmen, aus Zeitschriften zumal, ganz zu schweigen. Das eigentliche dokumentarische Material freilich, die Urquellen, findet sich nur spärlich vertreten - em paar Theaterzettel sind nach den Originalen abgedruckt, zwei Grabreden Cherubinis wiedergegeben - dies konnte sich naturgemä8 nur in Frankreich erschliel3en. Eine besondere Zierde des Buches bildet das hier erstmalig wiedergegebene berUhmte Bildnis Cherubinis von Ingres." Im Josef Rheinberger-Archiv, Vaduz, finden sich drei selbstgebundene Hefte in Quartformat, die auf 244 engbeschriebenen Seiten die deutsche iibertragung des Werkes von Bellasis von der Hand Josef Rheinbergers enthalten. Elne genaue GegenUberstellung der fJbersetzung mit dem Original ergab, da8 Rheinberger das Werk bis auf die letzten 37 Seiten vollständig übertragen, urn umfangreiche Darstellung aus der Feder Ferdinand Hillers und La Mara erweitert und durch einige personliche Bemerkungen ergänzt und teilweisebearbeitet hatte. Das Manuskript 1st durchgehend mit Notenbeispielen versehen und sorgfältig korrigiert, das erste Heft tragt das Datum des 8. Februar 1879. fiber die näheren Umstände dieser umfangreichen Arbeit f and sich aus dem Nachlat3 Josef Rheinbergers in der Handschriftensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek in MUnchen (Rheinbergeriana, ehernalsCm6338, Nr. 6, S. 194, 214, 223) folgender Briefwechsel: - 110 - Edward Be1lasi an Josef Rheinberge: H.N.College of 4rrns London E.C. Fri: 17. Jan. 1879 Dear Sir, th In reply to your letter of the 11 instant, I beg to state that it would give me great satisfaction to have the work translated into German, and no one before you has proposed this task. I do not know what arrangement with me you would deem equitable, perhaps you may have an idea which I shd. be glad to learn, and acquiesce in. But I think thus much that since I shd. like to make some alterations in the work besides some additions, I had better send you the work thus amended and augmented for you to translate it in the improved form (now that 5 years have elapsed since it's first publication) rather than as it originally appeared; and in your preface you might mention that this had been done. I trust to hear further from you. In the meanwhile I will communicate with my publishers; and thanking you for your esteemed communication which is very gratifying to me, I am, dear sir, yours respectfully Edward Bellasis (Bluemant le) Herr Josef Peireinberger (sic) etc. etc. Auf den beiden freigebliebenen Seiten des vorstehenden Brief es findet sich von Hand Fanny Rheinbergers folgender Entwurf einer Antwort. Josef Rheinberger an Bellasis: Dear Sir! In reply to your letter from the 17. Jan. I have the pleasure of telling you that I have already begun the translation of Cherubini's biography being just at leisure to do so. Allow me to state that I undertake to do so out of pure interest to the great corn- poser whom I admire since my boy's-days and whosecharacter is very sympathizing to me - particularly in the way your skilful hand has drawn it. Should your Editors have any objections to my translating the book, pray let me know so before I got to it. I see that I did not write my name clearly, nevertheless your letter came into my hands - maybe that you found it printed in your musical reports as Charles Hall played my works during the last piano-concert and quartett several times in England. Bellasis antwortet hierauf mit folgendem Brief an Rheinbergers Adresse: H.M. Herald's College London E.C. 17. Feb. 1879 Dear Sir, I have the exclusive copyright of "Cherubini", and I make no conditions. I am only too glad you shd. undertake it. I know your name now well, and I am much honoured, and you write English well! I want and I mean to send you a copy with M.S. corrections and additions. Some of the authorities being German you will only have to turn to them. Herr von Billow has called my attention to the work of the Florence Cherubini Society, and I must have something more to say about it to do justice to Mine. Laussot, the foundress, whom I do not even name. Herr Hiller has written an interesting notice of Cherubini of which I am now availing myself in the copy I mean to send you. The little Leipsic life (anonymous) of Cherubini which, you see, I mistook for Arnold's work, has partly disappeared, and I have only a few pages (which I enclose with Arnold's life, since discovered after my book was printed). I do not know German and I had to be very imperfectly helped, so you might get the Leipsic life again and look at it. I wished to make my life as - 112 - complete as possible, so I ommited nothing, at the cost of what may look like repetition now and then. Now, shd. this Arnold's life (which please return when done with) contain any new things omitted, will you kindly put them in the book? I am not a scientific musician, and think very little of my few criticisms which must appear shallow to deep Germans, but my love, admiration and enthusiasm for this noble man and genius is unbounded. I have had some correspondence with his daughter Mm. Rosselini at Pisa, but she added little to what is known of her father already. Alas! there are so few letters and not much to show the "man", as he lived, but I suppose there is no help for it. Count d'Orczy is here now. He seems a profound musician, but his theories are too advanced? He will have nothing much to say for Bach, HEndel, Mozart, Meyerbeer, orMendelssohn. Is it not strange? or am I wrong, and behind the age?! Liszt and Wagner are his gods (and perhaps himself!). The copy will come soon. With much esteem and thanks, I am, dear sir, Yours truly, Edward Bellasis (Bluemantle) Herr Rheinberger etc. etc. P.S. Lamara's life was corrected by Mme Rosselini. It is in German. You might see it, but I have an Italian copy here, and I will inspect it before I send the additions and book. Meanwhile you can go on without delaying, as the mass of the text remains unaltered. Some sentences I would have you put in notes instead of in the text, as you will see when my copy comes. Die weitere Korrespondenz scheint Rheinbergers Gattin geftihrt zu haben, denn unter dem 26. März 1879 finden sich folgende Zeilen von Bellasis an Fanny Rheinberger: Dear Madam wed: 26 March 79. Thankyouforyourkindlynote.Ina few days my added to and - 113 - amended copy of "Cherubini" will b.e sent off together with a photograph of your humble servant and always very truly yours Edward Bellasis (Bluemantle) Mm. Rheinberger Als letzter Hinweis, der sich in diesem Zusanimenhang als aufschlulheich erweist, sei der nachstehende Brief von Bellasis an Rheinberger angeftihrt. College of Arms London E.C. 9. April 1879. Dear Sir, I send you a copy of "Cherubini" with various additions and corrections for yr. consideration. Where I quote La Mara please compare with the German account, to see that I am correct! You will not have to translate anything here, or where I have quoted Dr. Hiller, etc., but only to correct me; and look to the German onginales themselves. Whether you will repeat all I have said from Dr. Hiller's German works I must leave to you, but his new facts, apart from opinions, are interesting. I have quoted a deal because I am diffident I have done scanty justice to the Coronation Mass in G so little known. With respect to my photograph I will send you one when those I have ordered come. Please thank Mme. Rheinberger for her very kind note and believe me, yours very truly, Edward Bellasis (Bluemantle) Herr Rheinberger Weitere Briefe sind nicht aufgetaucht; da Schicksal des geplanten Unternehmens bleibt somit rätselhaft, vor allem die befremdliche Tatsache, daf Rheinberger seine Arbeit unmittelbar vor dem letzten Kapitel, - 114 - geradezu mitten im Satz, abbrach und auf diese Weise umfangreiche Vorarbeiten im Gegensatz zu seiner gewohnten Arbeitsweise urn den Abschlul3 und sich selbst urn das Verdienst brachte, die erste umfassende Cherubini-Biographie in deutscher Sprache veröffentlicht zu haben. Motive dafür, dai3 das Werk Fragment blieb, scheinen in der Problematik der Ubersetzung einer Quellen- und Rezensionssammlung zu liegen und sind bereits in Bellasis' eigenen Briefbemerkungen gegeben. Deutsche Originaiquellen, Brief e Mendelssohns, Moscheles', Spohrs oder gar Beethovens aus dem Englischen zu retransponiern, widerspricht dern dokumentarischen Charakter des Werkes und rnufte Rheinberger unbefriedigend erscheinen. Der notwenige Rückgriff auf authentisches Material machte 1879 mehr noch als heute Schwierigkeiten und war teilweise unmöglich, jedenfalls mit erheblichem Zeitaufwand verbunden. Der Kgl. Professor für Kontrapunkt, Harmonielehre und Orgeispiel, Inspektor der Theorie-, Orgel- und Kiavierklassen der Kgl. Musikschule in München, der gefragteundgefeierte Komponist Josef Rheinberger, der als Kgl. Hofkapellmeister für Kirchenmusik am Neujahrstag 1879 soeben mit der Hofkapelle seine Papst Leo XIII. gewidmete Messe für 8 Singstimmen a cappella in Es-dur, op. 109, uraufgefUhrt und zur gleichen Zeit nach seinern Klavierquintett in C-dur, op. 114, die Toccata in c-moll für Klavier, op. 115, beendet hatte, konnte auf der sich als unurngänglich erweisenden Grundlage des Quellenstudiurns die begonnene Aufgabe wohl schwerlich fortsetzen. Seinem zu Kompromissen wenig geneigten Naturell gemäf3 verzichtete er auf einen Erfoig, der ihm nach dem Stand der Dinge nur halb verdient erscheinen mu8te, und liel3 sein Werk unvollendet. Für den nachgeborenen Betrachter bleibt zu registrieren, daB Rheinberger als einer der bedeutensten Kontrapunktiker des 19. Jahrhunderts nicht nur Cherubinis Kontrapunktlehre studiert und seinem Unterricht zugrundelegte, vielmehr auch unternahm, den Florentiner Meister, der ihm von Jugend auf bis zur Disposition des Münchener Konservatoriums zum Vorbild ge- - 115 - dient, als historischen Kontrapost zu der verhal3ten Hypertrophie der Wagnerverherrlichung literarisch aufzurichten, und damit zugleich der historistischen Haltung Raphael-kopierenden Nazarenertums in der musikalischen Ausprägung des CEcilianismus die ununterbrochen tradierte Palestrinaschule eines Sarti und Martini in der durch Cherubini vollendeten Form der modernen orchestralen Kirchenmusik entgegenstellte. Die Wahlverwandschaft Rheinbergers mit Cherubini jedoch prägte sein Wesen derart, da Ludwig Schiedermair ihn den "deutschen Cherubini" nannte. Am 30. Januar 1879 schreibt Rheinberger In einem Brief an semen Bruder David In Vaduz: Vorgesternwarich zum erstenmal als Zeuge in einer öffentl. GerichtssItzung geladen. Es hatte nämlich em junger, mir unbekannter Mensch unter andern Schwindeleien auch durch Fälschung von Briefen auf meinen Namen Waaren von 4 Kaufleuten erhoben. Da mir urn Neujahr nun die Rechnungen zugestelit wurden, kam der Betrug zwar auf, des Thäters wurde man aber erst vor wenigen Tagen habhaft. Der talentvolle junge Mann, der mit meinem Namen unterzeichnete Briefe so flott geschrieben, bekarn 1/2 Jahr "Einsamkeit" verordnet.Die schlechten Zeiten machen sich eben in jeder Art bemerklIch, besonders darin, daI3 man vlele schlecht gekleidete, arbeitsiose junge Leute sieht; sodann eine Art von Gaunerthum, die man frUher hier nicht kannte, doch ist das wohi mehr Folge des Grofwerdens der Stadt. Nur die Juden gedeihen und vermehren sich, als mtisse aus Isar-Athen em Isar-Jerusalem werden; man mag hingehen wo man will, ilberall hörtman"niauscheln". Davon witt Ihr in Vaduz halt doch noch nichts; um so eine Krumrnnasezusehen, mUft Ihr bis nach Hohenembs fahren hier hat man's billiger.So ungefahr alle 4 Wochen 1st bei uns grot3er Musiksonntagnachmlttag; wir haben da vlele Gste; auch der Hr. Nuntius Msgnor. Masella, em sehr liebenswtirdiger 1 - 116 - Mann, war schon zweimal da. Es wird da sehr fein concertmä8ig musizirt. Die Caste werden nur mit Cafe bewirthet, der aber so vortrefflich bereitet 1st, daB man in der Stadt sagt: bei Rheinberger hört man die beste Musik in München und - trinkt den besten Cafe dazu, was besonders meiner Frau viel Spa8 machte. Habt Ihr auch so viel Nebel? Wir wissen kaum mehr wie die Sonne aussieht. Im lOOjährigen Kalender steht: Nebel im Januar gibt viel Pestilenz; dazu kommt, daB heuer die ganze Faschingszeit hindurch (wie alle 7 Jahr) der öffentl. Schäfflertanz zur Erinnerung an die grol3e Pest im Jahre 1517 stattfindet - so komint nicht hinaus. man aus deii'i Memento mon Nun adieu! Wir sind vor der Hand noch wohigemuth. I.. .1 Josef Rheinberger. Dein Dich lieb. Bruder Ware doch jammerschad, wenn die Schlo8wirtschaft aufhörte! Dagegen soilte man wUhlen /An dieser Stelle Text lUcke/. Philipp Wolfrum (1854-1918), der bei Rheinberger in München 1876-1878 studiert hatte und anschlieBend eine Stelle als Seminarlehrer in Bamberg angetreten hatte, schreibt an semen ehemaligen Lehrer: Bamberg, am 6.MHrz 1879. Hochverehrter Herr Professor! Jetzt erst 1st es mir vergönnt, meinen Gefühlen der Dankbarkeit gegen Sie Ausdruck zu geben. Nachdem mir Fritzsch und Forberg abschlägige Antwort gaben, hat sich Aibl in München über meinen Erstgeborenen erbarmt; daB sich nun auch recht Käufer fänden! Gem hHtte ich mir erlaubt, Ihnen Proben meiner bisherigen Thatigkeit zur gütigen Beurteilung zu Ubersenden; allein ich habe hier em gröBeres Werk, wie die c-moll Symphonie oder mein Klavierquintett noch nicht zum AbschluB bringen können. Einerseits lebe ich hier in Verhältnissen, die elnem jede Lust zum Schaffen nehmen, wie z.B., daB ich in meiner Seminar- - 117 - Dienstwohnung beständig mit Orgel- und C1vierUbungen b.elastigt werde, da nämlich in dem Zimmer rechts von meiner Wohnung em Harmonium mit Pedal, in dern links em Clavier, in dem tiber meiner Wohnung ebenfalls em Clavier in oft schaudererregender Weise traktirt werden - für gute Fortpflanzung der Tone sorgen die auch in mein Zimmer einmllndenden Luftheizungskanäle; an- drerseits wurde ich durch eine Gelegenheitscomposition vom Vollenden meiner gröIern Sachen abgehalten, indem ich nämlich mit einem Lied und einem Streichquartettsatz der Bewerbung urn das Mozartstipendium in Frankfurt beitrat; Herr Prof. Dr. Herzog in Erlangen war so freundlich, die Arbeiten anzusehen und an ihre Adresse zu Oberrnitteln. Er sprach sich im hOchsten Grade lobend Uber meine Arbeiten aus und gab mir die besten Hoffnungen. Will sehen, ob ich ClUck habe, noch em Jahr bei Ihnen und em weiteres Jahr bei Johannes Brahms studiren zu können! Ferner bin ich auch von unsrer Anstalt sehr in Anspruch genommen, und besonders 1st es der Musiktheorie-Unterricht, der einer eingehenden Vorbereitung bedarf, wenn man ihn nicht systemlos und schablonenhaft geben will. Ich habe Hauptmann's Harmonik und Metrik zu wiederholten Malen durchstudirt und gefunden, da1 es zwar ent- wickelt, wo andere BUcher wie Richter etc. dogmatisiren, und somit erst eigentlich dem Unterricht elne gesunde Basis gibt, daf es aber doch in vielen Punkten den praktischen Zweck gariz Nebensache sein läf3t, ja der Praxis zuwider theoretisirt. Von den bisher eingefiihrten Lehrbiichern wie Hohmann, Helm etc. schweige ich am besten. Was Chorgesang betrifft, der sich auch in meinen Händen befindet, so hatte ich elnige MUhe, im Seminar eine Schule (Wiillner) einzufUhren; von einer solchen war frUher nämlich nicht die Rede, und liegt auch der Unterricht an den Prparandenschulen noch sehr im Argen. Ich bin bis jetzt von den Leistungen meiner 100 Barden nicht erbaut, wenn auch die Fastnachtsproduction (bei weichen u.a. 2 Lieder aus Ihrem op. 74 gesungen wurden) zur aliseitigen und besonderen Zufriedenheit des Seminar-Inspektors von Statten ging. Von unseren Orgeln kann ich keine zur Ubung brauchen, da die Pedale viel zu lange Mensur haben; doch wird Stein- - 118 - meyer an Ostern die grö2te der 5 Orgein so abändern, da6 er eines yQfl semen Pedalen anbringen kann. In den Herbstferien des vorigen Jahres spielte ich n meiner Heimat fast tägiich 2 Stunden, oft noch langer, Orgei und auch während der Weihnachtsferien habe ich mich fleil3ig geübt, sodaB mir die schwierigeren Bach'schen Sachen in ihrem technischen Teile ganz wol gelangen. Verhäitnisrnäl3ig am fleil3igsten war ich im Clavierspiel; ich hatte bier auch schonmaleinen anständigen Erfoig. Ich spielte im II. Abonnementsconcert Beethovens op. 57 volistEndig, dann 3 kleinere Sachen von Chopin, Schumann etc., und mit dem Concertmeister Bruck aus Wien die Sonate op. 21 von Niels Wiih. Gade; sodannbegleitete ich sEmmtiiche Lieder etc., die Fri. Friedländer aus Leipzig sang; meine SolostUcke spielte ich aus dem Kopfe. Noch mm Laufe dieses Monats will ich bier mit Fri. Krieger em seibstEndiges Concert" geben, in weichem ich die ganze g-moli-Suite von S. Bach, Ihr op. 8 und Chopins Ballade op. 47 (engi.) spielen will; den Schlul3 des Concerts soil Brahm's op. 53 - Rhapsodie für Aitsolo und Manncherchor (25 Seminaristen) bilden. Sonst stehe ich dem hiesigen Musikieben voilständig ferne und gebe nur dem Arrangeur der Künstierconcerte Dr. Boveri Untrricht in Harmonielehre und Contrapunkt. Entschuidigen Sie gUtigst, daB ich Sie mit diesen vielen Details beiästige; ich glaubte eben, Ihnen, ais neinem damaligen Lehrer, genaue Rechenschaft von meinem Thun und Treiben zu schulden. Indem ich mich Ihnen vieimais empfehle, zeichne ich in groBter Hochachtung Ihr ( dankbar ergebener Ph. Woifrum. Uber Rheinbergers beste SchUierin berichten die Bayer. Literatur-Biätter (Beiiage der "SUddeutschen Presse), 1. Jahrgang, Nr.1 vom 5.1.1879, 5. 7/8: Das Konzert, weiches die Pianistin Louise Adoipha Le - 119 - Beau zum Besten des Stipendienfonds der kgl. Musikschule im Museumssaale veranstaltete, ward von einem gewählten Publikum besucht. I.. .1 Wir lernten in Fri. Le Beau eine aus tUchtlger Schule hervorgegangene Künstlerin auf dem Piano, sowie eine begabte und fruchtbare Komponistin kennen, die ihrem hochverdienten Lehrer, Hrn Prof. Rheinberger, k. Hofkapeilmeister, alle Ehre macht. Unverkennbar 1st auch desseri gewissenhafte Schulung von nicht geringem Emfluss auf das Schaffenstalent der Komponistin, denn in ihren Werken erkennen wir überall die formgerechte Durcharbeitung der musikalischen Sätze zu einem wohi- gefailigen, harmonischen Ganzen. I...! Ihr Trio für Kiavier, Violine und Cello ist durchaus geschickt gemacht. I... / Als Pianistin konnten wir Fri. Le Beau in mehreren Stiicken bewundern. Sie spielte elne kunstvoll gearbeltete Toccata von Rheinberger mit grosser Sicherheit und geschmackvollem Vortrag./.. . / Fanny schreibt u.a. am 26.März 1879 an ihreri Schwager David: Im vorigen Jahre war der arme /Max/ Zen ger am verhungern und wer ihn näher kannte, fürchtete, er könnte sich emLeides anthun. Curt hat sich sehr bemüht, daI3 er an der Kgl. Musikschule als Chorgesanglehrer angestelit wurde, da er ihn für diese Stelle als empfehlenswerth kannte, und Zenger ist nun sehr fleit3ig und so glücklich, als es sein brennender Ehrgeiz - (diese Reblaus der Kunst) zuläI3t. Gott sel Dank, daB Curt von dieser Krankheit nie zu leiden hatte. Er 1st o zufrieden, und Zufriedenheit 1st em so seltenes, kostbares Gut! mal em Deine Erzählungen über Gutenberg und die Mädchen dort haben mich sehr gefreut. Da Du schreibst, sie hätten l4angel Gesangsmusik, sende Ich Dir hier em an Werk Curt's, weiches vIel in Instituten gesungen wird und sich wegen Einfachheit des Textes und der Composition trefflich für Kinder eignet. Vielleicht bringst Du es einmal mit meinen besten Empfehlungen der Frau Oberin. In den Klöstern der Salesi- - 120 - anerinnen ist dieses Heft sehr beliebt - Curt hat es auch für em "Kioster der Heimsuchung" geschrieben. Im Kgi. Erziehungs-Institute wurde es hier mit "lebenden Bilderri" zwischen den einzeinen Stücken aufgeführt. Mit seinem Urteil über C. Eichelers Klavierschule gibt Rheinberger interessante Perspektiven seines eigenen Standpunktes kund. Das nur im Entwurf erhaltene Schreiben ist an Otto Hieber gerichtet, der Lehrer für Kiavier- und Orgeispiel an der Kgl. Musikschule in Mtinchen war: I.. 'I Sätze sind recht gut und dem Schüler gewiss von Nutzen; nur dllrfte die Kontrapunktik der Stimmen hie und da sorgfältiger ausgearbeitet sein; Die zweistimmigen man wird bei zweistimmigen Sachen denn doch immer die Konkurrenz der zweistirnmigen Inventionen von Bach zu bestehen haben, und das ist immerhin "em Umstand". Auch die Triolenschule enthält Manches, das beherzigt werden mag; aber - wo nähme man die Zeit her (zu lehren und zu lernen), wenri jeder musikalische Zweig, und die Triolenbildung 1st nur em ganz untergeordneter, in dieser Ausführlichkeit behandelt wUrde! Unsere ganze Clavierpädagogik wird viel zu breit behandelt; es gibt Schulen des Stakkato's, des Legato's, der Rhythmik, des Anschlags, des singenden Anschlags, der Ge- läufigkeit, der Virtuositt, der Polyphonien, der Akkordarpeggien, der Skalen, der chromatischen Skalen, der harmonisirten Skalen etc. etc. wenn man jeden dieser Zweige als Hauptsache hinstellen woilte, wird die zur reinen Nebensache. Man kann alle diese "Schulen" absolvirt haben, und doch einen Haydn'schen Menuett schlecht spielen. Der arge Missstand bei unse- rem Clavierunterricht ist ja nicht etwa der Mangel an gutem Unterrichtsmaterial, an dem wir ja Ueberfluss haben, sondern die sehr kleine Zahi gut musikalisch gebildeter und gewissenhafter Klavierlehrer. Ueber das, "was" wir beim Klavierunterricht anzuwenden haben, sind - 121 - wir ja im Reinen (man wird hierin keine neuen Entdeckungen macheñ), aber auf das "wie" kommt es an! Theilen Sie dies gefälligst G. Eicheler mit. Am 18. April 1879. Isidor Seiss (1840-1905), Dirigent der Musikalischen Gesellschaft in Köln schreibt: Köln, 16. Mai 1879. Hochgeehrter Herr Rheinberger! An meinen herzlichsten Dank für das schöne, wertvolle Geschenk, das Sie mir mit der Partitur zu Ihrem Kiavierconcerte zu machen so liebenswürdig waren, knüpfe ich heute die Mittheilung, dass Ihr Concert am letzten AuffUhrungsabend der von mir gefUhrten "Musikalisehen Gesellschaft" am 3. Mai hier gespielt wurde, und zwar in ganz vortrefflicher Weise durch den Elberfelder Musikdirigenten Kayser - dieser sehr gelungene Vortrag, sowie Ihre wirklich prEchtige Schopfung an sich, verschafften dem Concert den lebhaftesten allseitigsten Beifall -; ich darf wohi daran noch persönlich die Mittheilung fflgen, dass die hohe aufrichtige Verehrung, die ich bereits für Sie, verehrter Herr Hofcapellmeister, empfunden habe, dadurch neuen Zuwachs erhalten hat. Mit besten Grüssen ergebenst Isidor Seiss. Nach dem Tode der Eltern und vieler seiner Geschwister konnte sich Rheinberger lange nicht entsch1ie1en, seine liechtensteinische Heimat zu besuchen. Fanny schreibt am 14. Juli 1879 an David: Meine verschiedenen Anstrengungen wegen Vaduz haben bei Curt immer nur em Kopfschütteln hervorgebracht er geht auch heuer nicht hin! Leider! - Wenn nur das "erstemal" überstanden ware, dann ginge es schon wieder. Wir gehen wieder nach Kreuth und werden dort - 122 - schnattern vor Kälte; nun .... man kann ja einheizen und die Molke ist so gut, daB sie fiir Vieles entschdigt, auch soil bereits das Bad schon ranz you sein. Einer der bekanntesten Schüler J. Rheinbergers war Engelbert Humperdinck (1854-1921), der mit seiner MErchenoper 'Hänse1 und Gretel" Weltruhrn erlangte. Am 9. Oktober 1877 saB Humperdinck urn 8 Uhr in der FrUh zurn erstenmal unter Rheinbergers Schiilern im Münchner Odeon. "Humperdinck nimmt an der Stunde teil", 1st unter diesem Datum in Rheinbergers Inspektionstagebuch zu lesen und dieser lakonische Satz besagt, da8 Rheinberger Humperdincks Fahigkeiten so hoch einschätzte, daf3 er ihn in den Kurs für Fortgeschrittene einreihte, der dienstagsundfreitags von 8 bis 10 Uhr stattfand. Rheinbergergliedertenamlich den Kreis der musiktheoretischen Aufgabenstellung in der Musikschule in drei Kiassen, die in drel Jahren zu bewaltigen waren: 1. Kiasse Vorstufe Harmonielehre und einfacher Kontrapunkt 2. K1asse Musikali- Kontrapunkt, Fuge und Canon sche Theo3. Kiasse) ne als Formenlehre, Instrumentation, Spezial- Variation und Vielstimmiger fach Satz Der Unterricht in der Kiasse begann mit kontrapunktischen Choralbearbeitungen. Em phrygischer Cantus firrnus, "Straf mich nicht Herr mit Eifermut" aus Ulenbergs "Psalmen Davids" des Jahres 1582, wurde vierstimrnig gesetzt und wanderte dann aus dem Sopran in den Alt, von dort in den Tenor und wurde schlie8lich in einer vierten Ubungsaufgabe zum BaBfundament gemacht. Ebenso verfuhr man bei stetem Wechsel der Ton- und Taktart mit weiteren Chorälen aus dern 17. Jahrhundert, die jeweils als Cantus firrnus in den verschiedenen Stimmen mit Text bearbeitet werden mul3ten. Es schiossen sich Ubungen im - 123 - Canon an, und an diesem Beispiel mag einmal die ganze Systematik dieser Schulung aufgezeigt werden. Der Unterricht begann mit 2stimmigen Ubungen im Canon der Unteroktavundder Oberoktav. Dann ging Rheinberger zum dreistimrnigen Satz Uber, zunächst mit einem Kanon der unteren Doppeloktav mit freier Mitteistimine, dann folgte die obere Oktavimitation mit freier Oberstimme. Hierauf tibte erdenKanonsatz in der oberen Sekund und unteren Sept mit freiem,Ba13 bzw. freier Oberstimme, es foigten analoge Ubungen im Kanon der Oberterz und Untersext, der Unterquart und Oberquint. Schlielllich kamen die strengen Formen des dreistimmig und vierstimmig durchgeführten Kanons an die Reihe, gefolgt von einem Doppelkanon zu 4 Stimmen,und gekrönt wurde diese musikalische Steinmetzarbejt mit einem dreifachen Kanon zu 6 Stimrnen von Josef Rheinberger selbst, den die KontrapunktschUler säuberlich in ihr tibungsheft einzutragen hatten. Parallel zu den genannten Ubungen im Kanon verlief der Kurs im Fugenschreiben, der in Thniicher Weise von der Beantwortung einfacher Theinen ausgehend die ganze Problematik der Fugenlehre bis zu den kompliziertesten Formen des doppelten Kontrapunktes und der Doppel-, Tripel- und Quadrupelfuge im fUnf- und sechsstimmigen Satz enthielt. Anschlie!3end an diese Ubungen ging Rheinberger im zweiten Jahr seiner Unterweisung zu Formeniehre und Instrumentation Uber. Er verzichtete dabei in alien Einzeidisziplinen auf tiberfitissige theoretische Erörterungen, wies vielmehr die handwerkliche Fertigkeit als Voraussetzung kUnstlerischen Tuns bei den Meistern von Bach bis Beethoven, von Palestrina bis Cherubini am Beispiel nach und iieI in seiner systematischen Schulung nicht eher locker, bis die zwanglose Logik der musikalischen GedankenfUhrung dem Schlller zur SelbstverstEndlichkeit geworden war. Das war eine harte Schule für Humperdinck und eine nützliche; und wer je die mit gröt3ter Akkuratesse geschriebenen Ubungshefte aus dem Frankfurter Nach1a1 Engeibert Humperdincks in der Hand gehabt hat, die in Rheinbergers Schule entstanden sind und die in dieser Form einzigartige Zeugnisse systematischer musik- - 124 - padagogischer Arheit in der zweLten Hälfte des 19, Jahrhunderts darstellen, der wird die frage, wo Humperdinck de später vielbewunderte Meisterschaft des musikalischen Satzes erworben hat, zu beantworten wissen. Neben der regelrechten Lösung kornpositorischer Aufgabenstellungen 1ie1 Rheinberger auch Raurn für freie Arbeiten seiner SchUler, 'die er korrigierte und in den Konzerten der Musikschule aufführen 1ie1. Humperdinck komponierte zunächst em Lied zu vier Stimmén mit Kiavierbegleitung. Weitere Versuche in dieser Gattung folgten. Zuweilen fehit aber auch einern hochbegabten Schüler die rechte Arbeitsiust, wie sich aus folgendem Entschuldigungsbrief entnehmen läI3t: MUnchen, 29. Juni 1878. Herrn Hofkapellmeister RheinhergeT, Wohigeboren. Da es heute zu spat sein dUrfte, zu Ihnen zu kommen, so m6chte ich Sie auf diesern Wege bitten, mit RUcksicht auf meinen in den letzten Tagen angegriffenen gesundheitlichen Zustand, der sich durch Brustschmerzen und Blutandrang zurn Kopfe bemerklich machte, von der Fertigstellung einer contrapunktischen Arbeit, die unter anderen Umständen mir gewi1 keine besonderen Urnstände bereiten wtirde, für jetzt bei mir abzusehen. Das beiliegende BruchstUck rnöchte ich nicht als eine zu beurtheilende Prüfungsarbeit betrachtet wissen, sondern nur als Beleg, da1 ich wirklich, wenn auch ohne Erfoig versucht habe, die physische Abgespanntheit, die bei fortgesetzter geistiger ThEtigkeit sich in bedenklicher Weise verschlinimern würde, zu Uberwinden. In der Hoffnung, bei Gelegenheit Ihnen einige contrapunktische Arbeiten vorlegen zu dUrfen, bittet für diesmal urn freundliche Nachsicht Ihr ergebenster Hurnperdinck. - 125 - Nach einem halben Unterric.htsjahr heil3t es in Rheinbergers Musikschultagebuch: "Humperdinckbringteine Ballade 'Wallfahrt nach Keylaar' für Chor und Qrchester, vier Wochen später bringt Humperdinck die Fortsetzung der Ballade. Das Werk wurde am 15. Juli 1878 von der Musikschule aufgefUhrt und ansch1ietend fUr die Bewerbung urn den Mendelssohnpreis eingereicht. Nachdem Humperdinck im Herbst 1879 seine Studien bei Rheinberger beendet hatte, schreibt er am 15. Oktober 1879 aus Xanten: Hochgeehrter Herr Hofkapellmeister! Laut soeben eingetroffener Benachrlchtigung seitens des Herrn. Prof. Dr. Joachim in Berlin wurde mir von der dortigen Mendelssohn-Stiftung für die unter Ihrer Anleitung gefertigten Arbeiten: ttHumoreskelt und "Wallfahrt nach Kevlaar" der Preis verliehen, bestehend in einem Reisestipendium von 1500 Mark. Diese Ihnen gew113 erfreuliche Mitteilung nebst achtungsvollen Grllfen von lhrem dankbar ergebenen SchUler E. Humperdinck. Rheinberger Ubersendet Humperdinck darauf am 16.10. 1879 seine Visitenkarte mit folgenden Zeilen: "Lieber Herr Humperdinck! Ich wUnsche Ihnen herzlich ClUck iiber Ihren Erfoig. Nur rUstig weiter gearbeitet! Lassen Sie von Zeit zu Zeit wieder von sich hören. Mit freundi. GruI3e" /Josef Rheinberger/ Weitere Dokumente Uber das Verhältnis von Lehrer und SchUler fehien in diesem Fall. Humperdinck geriet in Wagners Fahrwasser und diesen "Abfall" konnte ihm Rheinberger nicht verzeihen. Bei der MUnchner Erstauffuhrung von "Hansel und Gretel" erst begegneten sich beide wieder. - 126 - Die UrauffUhrung vn Rheinberges op. 110, Quveture zu Schillers "Demetrius" für gro1es Qrchete, fand am 30. Qktober 1879 im Gewandhaus zu Leipzig statt. Carl Reinecke schreibt an Rheinberger: Leipzig, 4. November 1879. Sehr geehrter Freund und College! Verzeihen Sie mir, daIs ich nicht der Erste war, der Ihnen die Mittheilung von der AuffUhrung Ihrer Deme- trius-Ouverture gemacht! Nur übermige Beschäftigung hielt inich davon ab. Es freut mich, Ihnen berichten zu können, data die Ouverture eine sehr warme Aufnahme fand und namentlich auch alien Musikern sehr gefiel und von dem Orchester mit grol3er Liebe und Hingebung gespielt wurde. Wenigstens haben wir uns die ehrlichste Mühe gegeben, das Werk würdig darzustellen. Mit hochachtungsvollem GruBe Ihr sehr ergebener Carl Reinecke. Hugo Riemann (1849-1919), von 1878-1880 Privatdozent der Musik an der Universität Leipzig, schreibt an Rheinberger: Leipzig, 11. November 1879. Hochgeehrter Herr Hofkapellmeister! Verzeihen Sie mir, daB ich mich Ihnen nicht noch vor melner Abreise aus MUnchen empfohlen habe. Der EntschluB zur Abreise und die Abreise selbst lagen nur wenige Stunden auseinander, sodaB ich genöthigt war, alle Verabschiedungsbesuche aufzugeben. Die Aufnahine, welche ich bei Excellenz von Perfall gefunden, wa eine sehr freundliche und Hoffnung erweckende, sodaB ich es nicht für geboten halten konnte, die Frage nieiner tibersiedlung nach Mllnchen ruhen zu lassen, vielmehr mich bemühen werde, dieselbe nach Möglichkeit lebendig zu erhalten. Gestatten Sie mir daher, auch Ihre Fürsprache für mich in Anspruchzunehmen, für den Fall, daB die Idee greifbare Gestalt gewinnen solite, mich an der Königlichen Musikschule zu beschEftigen. Die Fächer, für weiche ich - 127 - mich glaube qualificirt halten zu dUrfen, sind aul3er der Ceschichte und Astetik der Musik; Harrnonielehre und Clavierspiel. Wenn es sich darum handein soilte, durch Zeugnisse meine Qualification nachzuweisen, so wUrde vor allem gewil3 Herr Capeilmeister Reinecke hier gem llber mich berichten. Für meine Leistungsfähigkeiten auf historischem und musikwissenschaftlichem Gebiet,wUrdenfreilich wohi oie von mir herausgegebenen BUcher selbst sprechen mtissen, wenn es mir auch nicht an anerkennenden Urtheilen der Fachschrif ten fehit. Gleichzeitig mit diesen Zeilen erlaube ich mir eine kleine Composition von mir an Ihre Adresse abgehen zu lassen, weiche nichts weiter soil als Ihnen zeigen, ich nicht nur Bllchermensch, sondern wirkiich auch practischer Musiker bin. Vieileicht nehmen Sie an dem daf Streichquartett soviei Interesse, da1 Sie Sich es em- mal von Schlllern der Musikschule vorspielen lassen; die Partitur ist leider nlcht gestochen. Grö6ere Werke habe ich noch nicht herausgegeben; diesen Winter hoffe ich eine in Stimmen soeben vorn Copisten zurUckkommende Symphonie herauszubringen. Da es sich darum handelt, mich Ihnen zu empfehlen, so werden Sie mir verzeihen, dat3 ich von meinen Leistungen spreche; angesichts dieses Zweckes rnü6ten Sie mich für einen niedrigen Schrneichler halten, woilte ich Ihre Verdienste rflhmen. Deshaib schiiel3e ich mit der wiederholten Bitte urn Ihr Wohiwollen und zeichne mit vorzüglicher Hochachtung ganz ergebenst Dr. Hugo Riernann /T.B.7, 57. Handschriftliche Eintragung über die ganze Seite/: München 3. D e z 1 8 79 K.Odeon Concert Mi t two c h , . der musikalischen Akademie W A L L E N S T E I N Sinfonie von Rheinberger dirigirt vom Componisten. "Das Orchester ganz vortrefflich!" - 128 - Die Augsburger Abendzeitung vom 6.12.1879 berichtet: Das gestrige dritte Abonnements-Konzert der Musikalischen Akademie brachte in seinem ersten Theil Josef Rhéinbergers interessante "Wallenstein-Sinfonie" von weicher wir von vorneherein bemerken wollen, daf sie ungleich bedeutender ist, als die vor längeren Jahren gehörte F-dur Sinfonie (op.87) desselben Komponisten. Wir haben imailgemeinen keine Vorliebe für die sogenannte Programmusik, und in seinem Charakter als solche, d.h. in der AnkUndigung undurchfUhrbarer Intentionen erblicken wir auch die schwache Seite des aufgeführten Werkes.Konnte es genialen Tondichtern gelingen, uns in Kompositionen wie "Szene am Bach", "Meeresstille", "Gang nach dem Hochgericht" oder "Walkürenritt" em den Titel rechtfertigendes Bud zu entwerfen, so ist die Aufgabe, die sich Rheinberger in seinem Wallenstein gesteilt, eine enorm viel schwierigere, der musikalischen Durchführung in hohem Grade widerstrebende; so dürfte es denn auch selbst der wohlwollendsten Phantasie schwer werden, hier - das ebenso hUbsche als originelle Scherzo "Wallensteins Lager" und "Kapuzinerpredigt" ausgenommeneinen Zusammenhang mit den durch Herzog Friedland dargesteilten historischen Fakten und mit der Schiller'schen Dichtung herauszufinden. Diese in der Natur der Sache begründete Schwäche abgerechnet, haben wir es mit einer sehr tüchtigen, stellenweise wirklich schönen Komposition zu thun, deren Hauptvorzug als Ganzes auf einer von Satz zu Satz zunehmenden Steigerung des musikalischen Werthes beruht. Es hat auch das Finale unbeschadet seiner Ueberschrift ("Wallensteins Tod") und trotz einiger Lngen uns den bedeutendsten Eindruck hinterlassen. Das Werk gelangte unter des Komponisten eigener Leitung in trefflicher Weise zur AuffUhrung und wurde von dem zahireichen Auditorium durch lebhaf ten Beifall und wiederholte Hervorrufe ausgezeichnet. Nachdem ihn im Oktober 1879 seine beiden BrUder David und Peter aus Liechtenstein in München besucht hatten, schreibt Rheinberger zu Weihnachten nach Vaduz: - 129 - Mein lieber David! Ehe das Jahr neunundsiebzig in die Rumpelkammer der Geschichte gesteilt wird, mul3 ich Dir doch noch einmal schreiben, was ich in dem bewuBten Jahre allerdings nicht oft gethan habe. Es geschah dies jedenfalls nicht aus "Bosheit", sondern eher aus Stoffmangel; zu dein hatten wir die Freude, Euch hier zu sehen, wobei ich nur bekiagen kann, dat3 Du Deines Riesenschnupfens wegen so wenig Cebrauch von Augen und Beinen gemacht, und so we- nig von München genossen hast. Gleich bei Eurer Abreise wurde das Wetter wunderschön, was von jetziger Zeit insofern nicht gesagt werden kann, als wir wiederholt 22 - 23° R. in der Stadt - d.h. 24 -25° au8erhalb derselben hatten. Diese Kälte soil seit 1829, wo es allerdings 30° R. hatte, nicht mehr gewesen sein.Deinein ietzten Briefe nach scheint Ihr Ubrigens auch in Vaduz ttichtig zu frieren; mdge dies einen guten kommenden Sommer bedeuten! 1st die von Jul. Maier Dir Ubersandte Chronik für Liechtenstein interessant? Mir hat er sie sonderbarerweise nie gezeigt.- In seiner letzten Nummer droht Herr Hofcaplan Fetz, die Beilage (der liechtenst. Zeitung) Schiol3 "Fad-uz" eingehen zu lassen, wenn man nicht "hef tiger" darauf abonnire - - - scheint also wenig Anklang zu finden. Meiner Ansicht nach wird die neue Schreibart auch nicht von einem Menschen adoptirt werden; ich glaube, daB es wirklich wichtigeres zu thun gEbe! In dem politischen Leben ist hier grol3e Stille; man gibt sich höchstens mit neuen Erfindungen ab, aber alierdings nur auf dem Gebiete der Besteuerungen; hierin scheint das neue Dezennium der Achtziger recht gemUthiich zu werden. Nun, - wir werden es auch nicht Endern.Die Folgen der abnormen Kälte äuBern sich auch in unserer Familie: Fanny leidet am HexenschuB, ich am "Durch- fall"(glücklicherweise bin ich kein Student) und der . Jetzt muB ich, ohne eigentlich etwas Gescheidtes geschrieben zu haben, zum Schiuf3 ellen, da em SchUler sich you "Wissensdurst" einsteiien wird-ejn Landsmann Dante's, ohne die geringste Geistesverwandschaft mit diesem, was man aber billigerweise auch nicht verlangen kann. getreue Hund Scarii am Keuchhusten - 130 - Nun, Gott befohien, mein lieber David! grüie Peter und seine lieben Angehörigen herzlichst von mir - bleibe gesund und ohne Schnupfen! Dies wiinscht Dir für's alte, wie auch für's neue Jahr Dein Bruder Josef Rheinberger München, den 19.12.79. In einem Brief vom 12. Januar 1880 schreibt Rheinberger an semen Bruder David u.a. I...! Ich war Uber Weihnachten und Neujahr recht unwohi - jetztbinich aber wieder wohlauf - es war die Kälte eben ganz abnorm, und wenn es jetzt nur etwa 6 - 8° unter Null hat, so meint man, és sel ordentlich warm! Ich möchte doch wieder einmal Vaduz im Schnee sehen - da es schon dreil3ig Jahre her ist, seit dies das letz.temal der Fall war, so kann ich mir es gar nicht mehr vorstellen! Wie halt sich die Vaduzer Orgel? Man solite dieses kostbare Werk doch etwa alle 2 Jahre nachsehen lassen.1st das Palais Schiegel schon fertig und bezogen? I.. .1 Niels Gade machte sein Versprechen wahr und teilte Rhemnberger mit, da1 er die Ouverture zu Schillers Demetrius, op. 110, dirigiert habe: Copenhagen, 16. Januar 1880 Hochgeehrter Herr Rheinberger! Es freut mich sehr, Ihnen mittheilen zu können, daI3 wir gestern Abend Ihre charakteristische und schöne Ouverture zum 2te Male aufgeführt haben (lste Auf- führung im Abonnementsconcerte und 2te im grot3en Concert). Musiker und Publicum waren beide Male hoch erfreut und gaben durch reichen Beifall ihr Interesse für das Werk kund. Mit Hochachtung Ihr ergebener Niels W. Gade. - 131 - Johann Georg Herzog (1822-1909), Universitätsmusikdirektor in Erlangen schrelbt am 13. Februar 1880 an Josef Rheinberger: Hochverehrter Freund! Für das Ubersandte Programm danke ich herzlich. Thut einem versauerten Musikanten in einer kielnen Landstadt doch wohi, wenn auch in der Residenzstadt was von ihm gesungen wird, wenn er auch weif3, dal3 es in der Welt Besseres gibt. Dem Publikum im Aligemeinen gef11t freilich oft das Bedeutendste weniger als Mittelgut. Es 1st mir in der letzten Zeit nicht gut gegangen. 8 Tage vor Weihnachten erkrankte ich an Diphteritis und hatte damit voile 6 Wochen zu thun; nun ist meine 17-jährige einzige Tochter an Lungenschwindsucht hoffnungslos erkrankt, sodaB also wieder emmal im Leben Kummer und Sorge schwer auf mir lasten. Hoffentlich steht in Deinem 1-lause Alles gut. Das gebe Gott! Mit den besten GrUi3en an Deine verehrte Frau Gemahiin Dein alter treuer Freund Herzog. Ferdinand Hiller (1811-1885) fragt an: 7.3. 80 Werther Herr Rheinberger, Haben Sie vieiieicht em kurzes, wirksames ChorstUck mit Orchester (ohne Soli), weiches wir am 3. Tage des Musikfestes machen könnten? Ich möchte sehr gem Ihren Namen und Ihre Musik vertreten sehen. Mit den besten Empfehlungen an ihre Frau Gemahlin Ihr ergebener Ferd. Hilier. Fanny bemerkt dazu: Nicht ernst gemeint, denn andern Tags stand bereits in der Didaskalia Frankfurt das festgestellte Prograrnm des III. Concertes-Cöln. - 132 - Rheinberger macht Hiller foigendes Angebot: München, 30.3.80. Hochgeehrter Herr! Au.f Veraniassung Ihres geehrten Briefes habe ich meine Kindlein gemustert. Vielieicht entspricht Ihnen die Männerchor-Ballade "Das Thai des Espingo" (Leipzig, Fritsch) oder "Wittekind" (bei Forberg), beide ohne Soii mit Orchester. - Meine kleinen Chorsachen für gem/ischten/ Chor sind alie entweder mit Ciavier oder a capelia. Vieiieicht entspräche em Satz meines Requiem op. 60 (Schott), z.B. das Agnus. Die Ballade op. 97 "Clärchen auf Eberstein" (Leipzig bel Kistner) hat Orchesterbegl/eitung/, aber auch Soli. Soilten Sie unter den Werken nichts Entsprechendes finden, so werde ich die Chorbailade "König Erich" (op. 71 Forberg) instrumentiren. Bei genauer Durchsicht finde ich aber ietztgenanntes Werk für groen Raum weniger geeignet. Mit herzllcher Empfehlung (auch von meiner Frau) Ihr hochachtungsvoil ergebener Josef Rheinberger Fanny ergänzt: "Die Frau" empfiehlt Ihnen das Dies irae (das ganze) aus dem Requiem und grüJ3t bestens. Hiller antwortet: 4.4.80. Werthester Herr College, Es thut mir schrecklich leid, da meine gute Absicht, Ihren Namen auf unserm Musikfestprogramm vertreten zu sehen, sich wohl nicht verwirklichen lassen wird. Für MHnnerchor wird auf unseren Festen (wie in unseren Konzerten) nichts aufgeführt, das besorgen die Vereine hier. Von allem, was em Requiem enthält, ist ebenfalls zu Pfingsten abzusehen - nicht einmal am ersten, viel weniger am 3. Tage (wo es schon etwas heiter zugeht) wUrde man dazu die Einwilligung geben. Nun ist das StUck, welches Sie instrumentiren wollen, und welches ich gleich von Forberg verlangt, nicht bei demselben - 133 - gestochen, wie er mir sagt, und, da es nicht in meinen Händen, aber auch nicht in der Weise, wie es nöthig, gegeben worden, kann ich es auch in der nächsten Sitzung nicht vorschiagen. Erlauben Sie mir nun, Sie zu bitten, in Betracht der Bedllrfnisse unserer rheinischen Konzerte, in weichen jedesmal Chor (gemischter) mitwirkt, sich einmai dieser Form zu bemächtigen und em kUrzeres, nicht alizu schweres StUck ohne Soil zu schreiben (wie, in Bezug auf die Lange, etwa mein "Gesang der Geister Uber den Wassern" oder Brahms "Schicksalsiled" und dergleichen) - sie soilen von uns gegeben werden und uberhaupt in den Rheinianden sicher eine gute Wirkung davon verspUren. Verzeihen Sie mir, dal3 ich Sie beiastigt - ernpfehlen Sie mich der verehrten Gattin, deren Rath ich diesmal leider nicht befoigen kann. Ihr ergebener Ferd. Hiller. Zu Ostern 1880 hatte Rheinberger wiederum umfangreiche Aufgaben als Hofkapellmeister zu versehen, die auch von höchster Stelie gewUrdigt wurden. Die "Neuesten Nachrichten" vom 28. März 1880 berichten: Se. Majestät der Konig hat auch gestern wieder Nachmittags der Lamentation in der Ailerheiligenhofkirche im Königsoratorlum angewohnt und Abends die aite Hofkapeile besucht. In der Ailerheiligenhofkirche kommt am Ostersonntag urn 11 Uhr zur Auffiihrung: Messe in Esdur zu 8 Stimmen von J. Rheinberger, Graduale "Jubilate", vierstimmig, von Aiblinger, Offertorim "Christus Resurgens", vierstimmig, von Anerlo. Dr. Wilhelm Kienzi (1857-1941), der Komponist des Evangelimann, möchte Rheinbergers SchUler werden: MUnchen, 13. April 1880. Geehrter Herr Professor! Durch vielfache BeschBftigung abgehalten, komme ich - 134 - erst jetzt dazu, meinen Vorsatz auszufUhren, Sie nämlich mit wenigen Zeilen urn eine baldige, bestimmt, wenn auch kurze Antwort zu ersuchen betreffs des Ihnen schon emmal (Anfang März) vorgebrachten Anliegens. Glauben Sie also wirklich, dat es volikommen zwecklos sei, bis zum Juli - wo Sie, wie Sie mir sagten, abreisen von nun an in der Woche einmal mit Ihnen contrapunktisch zu arbeiten oder nicht? - Sie kennen das Vertrauen, welches ich in Sie, geehrter Herr Professor, setze. Ich bitte Sie also of fen Ihre Meinung liber diesen Punkt nochmals zu sagen; vielleicht haben sich thre Zeitverhältnisse doch zu meinen Gunsten geändert. Mit der Versicherung meiner gr6Bten Hochachtung Ihr sehr ergebener Dr. Wilhelm Kienzl. - 135 - Nachdem Rheinberger im Winter 1879/80 mit der Komposition seines "Christoforus" begonnen hatte, schrieb er am 24/25. April 1880 innerhaib von 5 1/2 Stunden seine "Missa in honorem Sanctissimae Trinitatis" in F-Dur, op. 117,fUr 4stimmigen Chor a-cappella. In der Pfingstwoche komponierte er seine 6. Orgelsonate in es-Moll. Johann Georg Herzog schreibt am 26. Juni 1880 aus Erlangen an Fanny Rheinberger: Hochverehrte Frau! Ich bin Ihnen immer noch einen ganz besonderen Dank schuldig und muf3 dringend urn Ihre freundliche Entschuldigung bitten, data dieser so spat an Sie gelangt. Sie haben mir nach dem Tode meiner Tochter elne eigenhändige Abschrift von dem schönen Gesang von Barnabel geschickt. Das hat mich auJerordentlich gefreut und die herrliche, tief kirchiiche Composition war mir eine rechte Erquickung in den Stunden tiefster Trauer. Also tausend Dank für diese freundliche Aufmerksamkeit. Freude und Interesse hat es bei mir auch erweckt, daI3 Sie ganz die selbe Handschrift haben wie Meister Rheinberger. Werden Sie wohi wieder während der Ferien nach Kreuth gehen? Ich habe vor, mit meiner Frau, die von wiederholten schweren Verlusten sehr angegriffen ist und Soibäder gebrauchen soil, nach Haiiein bei Salzburg zu gehen. Auch möchte ich bei dieser Gelegenheit emmal die Oberammergauer Passionsspiele sehen.Vor einigen Tagen besuchten meinen Gesangsveremn zwei Damen aus Mllnchen: Fri. Dollmann, weiche iebhaft bedauerte, daI Freund Rhemnberger nicht rnehr den Oratorienverein leitet. Die Mitglieder scheinen mit dem Nachfoiger nicht ganz zufrieden zu sein. Warum wohi von Rheinberger's Opern keine Aufführung in München rnehr stattfindet? Neulich wurde ich in einer Cesellschaft darum gefragt; ich wul3te aber nichts anderes zu sagen ais die Worte Bacheris: "Was die Menschen haben, woilen sie nicht, und was sie woiien, haben sie nicht." - 136 - Mit den ailerschönsten Grüien Ihr ganz ergebener Dr. J.G. Herzog. Ende Juli 1879 wurde Rheinberger von Papst Leo XIII. durch die Verleihung des Ritterkreuzes vom Orden des Hi. Gregor (gestiftet am 1.9. 1831 von Papst Gregor XVI.) ausgezeichnet. Fanny sorgt dafür, dai3 dies bekannt wird; sie schreibt nach Vaduz: Bad Kreuth, 31. Juii 1880. Lieber Schwa9'er David! Wie schade, daB die guten Eitern und Maly die .freudige Mittheiiung nicht hienieden noch anhören können, (hoffentiich 1st ihnen der Himmel lieber!) weiche ich Dir heute zu schreiben habe. Curt hat vor em paar Tagen, em päbstiiches Breve erhaiten, weiches in Anerkennung seiner Verdienste urn die kathoiische Kirchenrnusik ihm nicht nur den Segen des heiligen Vaters ertheiit, son- dern ihn auch zum Ritter des Ordens vom Hi. Gregor dern Grof3en erhebt. Wahrscheiniich iächeist Du dazu, ich aber habe mich von ganzern Herzen darüber gefreut, denn schon die Ansprache "diiecte Liii" 1st - wenn auch aiigerneiner Styl, so doch für mein Herz besonders trostvoii. Ich bitte Dich, diese Kunde ausser dem Bruder Peter auch dern Herrn Landesverweser und Hr. Hofcapian Fetz mitzutheiien. Es 1st doch schön, daJ3 einern Liechtensteiner diese Ehre widerfuhr, weiche nicht aus Form sondern aus tiefern Gründen gegeben wurde. Wir sind seit 14 Tagen in Kreuth und zwar wie immer sehr gem hier, weshaib wir auch den Aufenthait mögiichst ausdehnen. Die Rube, frische Luft, gute Nabrung und sonstige Bequemiichkeit sind für die von Curt so wohi verdiente Erhoiung sehr geeignet - auch fehit es nie an iiebem Umgang. Ob wir nach Vaduz kornrnen? Curt hat noch nichts darüber veriauten iassen, und noch irnrner sehe ich ibm an, wie tief schmerziich ihn der Abschied von Maiy berührt. Da er aber sehr nervös 1st und jede Gernüthsaffektion ibm Kopfweh rnacht, so getraue ich natüriich nicht, ibm zuzureden, sondern warte auf semen eigenen Entschiul3. - 137 - Der Kgl. Generalintendant als Rheinbergers Vorgesetzter gratuliert als erster und antwortet aufFannysMitteilung: I-Iochgeehrte Frau! Wollen Sie Ihrem Gatten sagen, dal3, wie ich an all semen bisherigen grot3en Erfolgen den regsten Antheil genommen, ich ebenso Uber diesen mit so hoher Auszeichnung verbundenen Erfoig die innigste Freude empfinde, und da1 ich ihm von ganzem Herzen zum verliehenen Ritterkreuze gratuliere. Dem Nuntius meine Freude liber die päbstliche Anerkennung, weiche dem so ausgezeichneten Leiter der k. Vokalkapelle zu Theil wurde, auszudrücken, werde ich sicher nicht vergessen. Urn die Erlaubnil3 zum Tragen des Ordens zu erhalten, wendet sich Rheinberger am besten an das k. Staatsministerium des Aufern u.d.k. Hauses. Ihnen bestens für die liebenswUrdige Aufmerksamkeit dankend, weiche Sie mir durch Bekanntgabe dieses freudigen Ereignisses erwiesen, grUfe ich Sie herzlich und zeichne als Ihr ergebenster Bar. Perfall. Miesbach am 1. Augsut 1880. Fanny sorgte auch für entsprechende Pressenotizen: Geehrter Herr Director! Eine kleine Frage und Bitte veranlaf3t mich heute, Sie zu gruI3en! Ich mdchte Ihnen mittheilen, daB meinem Mann das seltene Glück geworden ist, durch em pabstliches Breve ausgezeichnet zu werden, weiches ihm für sein erfolgreiches Wirken auf dem Gebiete der kirchlichen Musik nicht nur allein den päbstlichen Segen ertheilt, sondern ihn auch zum Ritter des Ordens von Gregor dem Grol3en erhebt. Diese Nachricht wird Sie und Ihre liebe Frau gewiJ3 erfreuen, da Sie mir stets so freundschaftliche Theil- nahme erwiesen. Nun haben wir aber in vielen Städten liebe Freunde, - 138 - denen diese Mittheiiung werth ware - und obgieich es etwas dem Gefühle Widerstrebendes hat, eine Auszeichnung in der Zeitung bekannt zu machen, so glaube ich in diesem Faile, Sie doch bitten und Ira gen zu dürfen, ob Sie nicht eine kieine Notiz hierüber an die Aii/gemeine/ Z/eitung/ geben möchten. Sie stehen mit ihr in Verbindung und unter alien Correspondenten wüf3te ich keinen, dem ich mich so gerne anvertraute als Ihnen. Mit den besten Grül3en ergebenst Fanny Rheinberger. Bad Kreuth, 2. August 1880 Der vorstehende BrieE 1st an Prof. Dr. Hyacinth Holland (1827-1918) gerichtet. Holland, Literaturhistoriker in Miinchen, antwortet neben einem aufgeklebten kleinen Holzschnitt, der em blumenbringendes Engelchen darstellt: 3. VIII.80. Gnädige Frau! Betrachten Sie diesen himmlischen Blumenspender als den Herold unserer Gratulation u. herzlichen Theilnahme. Meine Frau empfiehlt sich mit mir Ihnen u. Ihrem Herrn Gemahl. In hochachtungsvoller Verehrung Euer Hochwohlgeboren ergebener Dr. Holland. P.S. Die betreff. Notiz 1st an die Allgemeine Zeitung abgegangen. Wie ich soeben sehe, bringt der Bayerische Kurier die Nachricht jetzt in seiner auf den 4. Cr. dat. Nummer 215. Wilhelm Heinrich Riehl (1823-1897), Kulturhistoriker in MUnchen, gratullert Rheinberger ebenfalls: Sehr verehrter Freund! Ich lese soeben in der Allg. Ztg., daIs Siemitdem Orden Gregors des Gro8en ausgezeichnet worden sind und sume nicht, Ihnen zu dieser wohiverdienten Anerkennung melnen aufrichtigen Glückwunsch auszusprechen. Mit den besten GrüIen von Haus zu Haus Ihr ergebenster Hochburg/Lindau 5.8.80 W.H.Riehl - 139 - Ludwig Thuille (1861 - 1907), Schtiler von Rheinberger seit 1880, schreibt an semen Lehrer: Hochverehrter Herr Hofkapellmeister! Zu meiner grof3ten Freude bin ich in der angenehmen Lage, Ihnen mitteilen zu können, da8 Ihre freundlichen Bemuhungen in Betreff meiner Violin-Sonate mit bestem Erfolg gekront sind. Herr Forberg hatte letztere unter den Ihnen bekannten Bedingungen in semen Musikverlag aufgenommen u. ich werde nicht verfehien, Ihnen mein op.l persönlich emzuhändigen. Hoffend, da1 Sie, verehrter Herr Hofkapellmeister, u. thre werthe Frau Gemahlin sich des besten Wohiseins erfreuen, schliel3e ich mit den freundlichsten Empfehlungen von Frau Nagiller u. Ihrem dankbaren SchUler Ludwig Thuille. Achensee, 16./8.80 Heinrich yogi (1845 - 1900), der 1865 bei der MUnchner Hofoper als Chorist begann und noch im gleichen Jahr als Max im FreischUtz debutierte, war in den 35 Jahren seines MUnchner Wirkens nicht allein ais bedeutender Wagner-Snger aufgetreten1sondern auch als Mitglied der Hofkapelle em bedeutender Lied- und OratorienSänger, der nicht weniger als 2lOOmat in der bayerischen Metropole als Sanger in Erscheinung trat. Er setzte sich auch besonders für Rheinbergers Lieder, Opern und Konzertgesänge em. Die Augsburger Abendzeitung Nr. 148 vom 16.12.1880 schreibt: Seit Jahren nehmen die Konzerte der Kgl. Vokal-Kapelle in Bezug auf das, was ktinstierisch geboten wird, I...! einen hervorragenden Rang em. Das erste AkademieKonzert in dieser Saison im Odeonssaale bot wieder I.. . / herrliche GenUsse. Wesentlich zum Gelingen des Abends trug Heinrich yogi ais Liedersänger bei. Wie bob er die nicht gerade bedeutenden 5 Lieder von Rheinberger /op.4l/ zu nie geahnten Höhen empor! - 140 - Am Jahresende 1880 schrieb Rheinberger an semen Bruder David in Vaduz: Vor allem meinen besten Dank für die übersandte schöne Karte von Vorarlberg, die wirklich Alles enthält, was man auf einer Karte suchen mag, sogar den Stammsitz unserer Urahnen "Rheinberg" bei Rankweil!/ / Es ist wahrhaft beängstigend, mit weicher Raschheit die Jahre vorUberrollen.. In diesem Jahre sind es nun schon ihrer dreit3ig, da1 ich in München bin! I.. .1 Wir sind Gottlob und unberufen gesund und heiter, möge das so bleiben! I.. .1 München, am St. Davidstage, als man noch zählte 1000 800 und 80 Jahr. Auch Franziska Rheinberger interessiert sich für die Couleur locale und fragt bei David in Vaduz an: Puncto Gutenberg habe ich eine Frage an Dich. Ich möchte gerne eine kleine cornponirbare Ballade für Curt schreiben und würde am liebsten einen Stoff aus seiner Heiniath nehmen, da ihm die Roman tik der dortigen Gegend doch tief in den Gliedern steckt. Kennst Du etwa eine wenn auch noch so unbestimmte Sage über Gutenberg? Wenn ich nicht irre, gibt es sogar em Sagenbuch über Liechtenstein.... jedoch wer schrieb es, wo erschien es? 1st nicht Vonbun der Verfasser? Deine prachtvolle Vorarlberg-Karte macht uns und anderen viele Freude, zurnal auch das Heimathdörfchen Rheinberg angegeben ist. Schade, daB kein SchloJ3 dabei ist!!Oft - of t reden wir von Liechtenstein, und immer ist es mir em Fest, wenn Curt von seiner Jugend- u. Kinderzeit in Feldkirch erzählt.Er hat jetzt einen jungen, höchst talentvollen Schüler aus Innsbruck, den das Alles ungemein interessiert und der Vieles daran lernen kann. Jüngst wurde in der Musikschule em Quintett von Rhein- - 141 - berger zur Aufführung gebracht. Minister Lutz bewunderte es sehr unci sagte zu Curt: in diesem Werke ist ja em Gedankenreichthum, der für 3 Quintette ausreichen würde. Curt antwortete schlagfertig: Excellenz, ich gehöre nicht zu denen, die noch schreiben, wenn sie keine Gedanken mehr haben. Vor 8 Tagen hatten wir auch bei uns eine Kammermusik, wobei em neues Trio von Rheinberger gespielt wurde. Am 29. Januar kornmt in Paris zum erstenmale mit französischem Text unser Toggenburg dran - dessen landschaftlicher Hintergrund das Rheinthal 1st, und das ich hauptsächlich in Erinnerung an den schönen Waidweg, der zum Vaduzer Schiosse führt, gedichtet babe. (24.1.1881) /. . David Rheinberger antwortet Franziska: Vaduz, 29.1.80 /recte 1881/ Meine liebe Schwagerin! Das Sagenbuch von Vonbun wirst Du hoffentlich erhalten haben u. vielleicht mehr als eine Sage zu einer Ballade geeignet finden. Die Grimm'sche Schreibart gefällt mir nicht, sie erschwert das Lesen sehr, besonders, wenn unbekannter Dialekt dazukommt. Wenn ich mich recht erinnere, kommen auch Sagen tiber Gunoch em tenberg darin vor, ich babe es zu lange nicht mehr gelesen. Interessiren dtirfte Dich, daB sich im vorigen Sommer dort wieder der Schlof3geist hat blicken lassen: das sogenannte in Baizers unter dem Namen bekannte "Schlol3- weibchen". Em paar kranke Zoglinge in Gutenberg, die Nachts nicht recht schiafen konnten, haben es beim Mondschein leibhaft auf der Ruine u. urn das Institut herum lustwandeln gesehen, weiche es des anderen Morgens der Oberin mitgetheilt haben, die aber gemeint hat, es sei wahrscheinlich etwa eine Holzdiebin gewesen u. am Abend dann dem Nachtwächter den Auftrag ertheilt hat, em wachsames Auge zu haben. Derselbe hat sodann das Fräulein auch wieder gesehen, aber eben gesehen, daB es durchaus keine Absicht auf Holz gehabt babe. - 142 - Nach der Beschreibung des CostLims u. Kopfputzes dürfte es vor ca 200 Jahren gelebt, geliebt u. vielleicht gesundigt haben. Alle Leute von Baizers wollen dasselbe schon dfters gesehen u. in ihrer Jugend von ihm erzählen gehort haben. 1st das nicht prachtig! I.. .1 Jetzt grüfe mir recht schön Kurt u. leb wohi u. schreib bald wieder Deinem treuen Schwager David. Hugo Riemann (1849-1919), der von 1880 bis 1881 Musiklehrer in Bromberg war, schreibt an Josef Rheinberger: Hochgeehrter Herr Hofcapellmeister! Gestatten Sie mir in einer für Betheiligten hochwichtigen und ich hoffe auch für die Kunst interessanten Angelegenheit Ihren Rath einzuholen. Eine junge Dame von 20 Jahren (Tochter des Rittergutsbesitzers Freitag auf Wiesenberg bei Thorn) ist im Besitz einer phaenomenalen Stiinme vom kleinen d bis zum dreigestrichenen e - f, hat in der Nittellage auf3ergewohnliche Kraft und in der Höhe seltene Weichheit, kurzum - eine Stimme, wie es wenige giebt; dabei ist die Dame musikalisch, hat GedHchtniB etc., so daB zu hoffen stnde, daB etwas besonderes aus ihr wUrde. Dieselbe hat kurze Zeit die Kullak'sche Clavierschule zu Berlin besucht, bis ihre selten umfangreiche Stimme bemerkt wurde und war seitdem 3/4 Jahre GesangschUlerin von Prof. Stockhausen in Frankfurt, der sich für ihre Stimme begeisterte. Leider ist aber nach den Kiagen der Dame Stockhausen so nervös, daB er öfter in den Stunden ohnmachtig wird und die Dame hat kein Vertrauen zu seiner Methode (sie behauptet, seit 8 Monaten nur irnmer denselben Ton singen mUssen). Dazu kommt, daB eine Verwandte, bei weicher sie in Frankfurt wohnte, diese Stadt verläl3t (em Major, der versetzt wurde), die Dame ist daher im Begriffe, Frankfurt zu verlassen und sich anderswo ausbilden zu lassen. Die Eltern fragten bei mir nach, ich konnte ihnen aber Leipzig, an das sie dachten, beim besten Willen nicht empfeh- - 143 - len (Sie werden die Verhltnise zwei.ellos kennen), ich rieth zu MUnchen. Nun möchte ich mi Ihren Rath, hochver- ehrter Herr Professor, ausbitten, was welter geschehen soil? Nehmen Sie an, die Stimme ware wlrkiich von hervorragender Qualität (ich habe sle nicht gehort), würde dann Miinchen der rechte Ort wirklich sein? ich dachte an Herrn Schimon, den ich persöniich kenne - wllrden Sie unbedenklich dafür sein, ibm em soiches Klelnod anzuvertrauen (ich hoffe, daI3 es elnes ist) ? Seien Sie meiner peinlichsten Discretion versichert, wenn Sie mir darUber etwas mlttheilen soilten. Auch Herr Hey geniel3t ja eines ausgezeichneten Renommêes - wen wiirden Sle vorziehen? Oder rathen Sie statt zu Mtinchen tiberhaupt zu elner anderen Stadt? Mir wiirde Mllnchen darum erwünscht sein, weil ich dort einige Familienbeziehungen babe, weiche eventuell der jungen Dame einen nothwendigen Anhalt geben würden. Sie wiirden mich zu grol3ter Dankbarkeit verpfiichten, wenn Sie mir elnige Worte In der Angelegenheit antworten wtirden. Mit vorztiglicher Hochachtung ganz ergeben Dr. Hugo Riemann Bromberg 30.Jan. 1881. Im Januar-Februar 1881 schrieb Rheinberger seine Kiaviersonate in c-moll zu vier Händen op. 122, nachdem er am 9.1.1881 die Osterhymne "Terra tremuit",op. 134 Nr. 2, vollendet hatte, em achtstlmmlges Offertorium, das in den folgenden Jahren regelmäIlg am Ostersonntag in der Allerheiligenhofkirche von der Kgl. Vokalkapelle gesungen wurde. Johann Georg Herzog schreibt an Fanny Rheinberger: Hochverehrte Frau Professor! Sie haben rnir in der That mit Ubersendung des Programmes eine recht grol3e Freude gemacht. Und dal3 dieses - 144 - Liedlein gefallen hat, wie ich auch aus den Correspondenzen ersehen babe, war mir ebenfalls angenehm. Der Mensch ist nun einmal so organisirt, wohi auch für's Leben so erzogen, daB er lieber anerkennende Worte, als tadeinde erträgt. Ich danke Ibnen für die BefUrwortung des kleinen Liedes herzlichst. An dem selben Mittwoch, an weichem in MUnchen die Soiree der k. Vokalkapelle abgehalten wurde, probte ich hier mit meinem Verein zum Zwecke einer Kirchenproduktion. Ich machte dabei die Bemerkung, daB die Mitglieder, wenn sie rein sHngen und das Piano hübsch hielten, alle von mir mit Reisegeld versehen wi.irden zu einer kleinen Reise nach Mtinchen, urn die Vokalkapelle in der Allerheiligenkirche zu hören, und am Freitag, an weichem die kleine Produktion statt fand, kam zur Erheiterung Aller Ihr mir gesandtes Programm. Nun steht aber schon zweimal irn Tagblatt: "Herr Pr., wann erhalten wir denn unser Reisegeld nach MUnchen?" Wenn die Leute, die unter meinem Scepter stehen, recht schlecht singen, was zuweilen zu geschehen pflegt, so sage ich, sie möchten doch nach MUnchen gehen, urn zu hören, daB sogar die k. Hofkapelle nicht so schön singt, wie sie - da gucken sie mich dann an wie Bettler einen Geldschrank ansehen, oder auch wie jene, die im Vollgefühl ihrer Tugend und Selbstherrlichkeit garnicht begreif en können, wie es auBer Ihnen noch was besseres geben könne. So hängt also die Geschichte zusammen. Bis Anfangs August d.J. gedenke ich zu den geistlichen und weltlichen em zweites Heft zu liefern. Es ware mir sehr lieb, wenn ich darinnen eine passende, leicht gehaltene Nummer von rneinem hochverehrten Freund Rheinberger bringen könnte, womöglich eine Originalcomp. mit deutschem Text. Vielleicht helfen Sie mir em wenig dazu? Bis jetzt habe ich nicht vor, Ostern nach München zu gehen. Solite ich aber meinen Entschlul3 ändern, dann besuche ich Sie ganz gewiB. Ich ernpfinde oft eine rechte Sehnsucht nach der alten Heirnath, so kleine Orte /durch Ankleben der Briefseite unleserlich/ wenig Anvor aller Poeregung gar zu verstandesmEBig sie. Der Materialismus nimrnt in erschreckender Weise Uberhand - was vermag da der Einzelne mit seinem biBchen Talent für Kunst? - 145 - Mit den ailerbesten Grti1en an melnen verehrten Freund in herzlicher Verehrung Ihr ergebens ter Dr. H.G. Herzog. Erlangen, den 18. MErz 1881. An Rheinberger selbst schreibt Herzog einige Wochen später /ohne Datum!: Eriangen, Hochverehrter Freund! Ich habe im vorigen Jahre em Heft: "Geistliches und Weitliches" gesandt, das Dir noch in Erinnerung sein wird. Dasselbe hat den Zweck: den Leitern kleinerer Vereine, namentlich in Provinzialstädten, passenden Stoff an die Hand zu geben. Auch den Cantoren an protest. Kirchen soil das Werkchen passende Auswahl von brauchbaren Sätzen bieten. Der evangel. Cultus läl3t nur einzelne Gesänge, niemals ZusammenhEngendes zu, wie Du Dich aus meiner Mllnchner Zeit, in welcher Du manchmal auf der prot. Kirchenorgel den jugendlichen Begleiter machtest, erinnern wirst. Es soil nächstens em zweites Heft gedruckt werden. Hast Du nicht einen passenden Beitrag, nicht schwer, womöglich mit deutschem Text, mit oder ohne Orgelbegleitung, hiezu im Pulte liegen? Oder etwas Passendes von einem älteren Componisten, das noch wenig bekannt 1st? Du hast freiiich viel zu thun, doch ist vielieicht Deine liebe Frau, der ich mich bestens empfehle, so freundlich, gefällige MithUlfe zu ieisten. *) Es kann auch em Kyrie oder Sanctus sein, ähnlich wie in Deiner Prof. Schafhäutl dedicirten Messe. Aber auch em einfaches Lied, em- oder vierstimmig für gemischten Chor, 1st erwünscht. Das ist mein erstes Anliegen. Mein zweites betrifft einen jungen Mann: Herrn Kellermann aus Nürnberg. Derselbe hat mich ersucht, em passendes Wort bel Dir für ihn und zu seinem Besten emzulegen. Dieser war einige Jahre in Berlin im Kullak'*) Randbemerkung von der Hand Fannys: Sie hat es gethan und die 4stim. Motette zum 21. Psalm ausgesucht. - 146 - schen Conservatorium als Klavierlehrer verwendet. In Nürnberg findet er nicht den rechten Boden für eine gedeihliche Wirksamkeit und hat das auch für den, weicher die Nurnberger Verhältnisse kennt, seine guten Gründe. Er hat gehört, daf an der Musikschule in München Veränderungen vorgehen in Bezug auf Klavierunterricht und will sich deshalb persönlich vorstellen und sich bewerben urn eine passende Verwendung. Ich habe ihn emmal spielen hören und habe den Eindruck gehabt, da6 er etwas Tüchtiges gelernt hat; er gilt für einen tüchtigen Lehrer, ist strebsam, persönlich angenehmen Wesens und jedenfalls so angelegt, urn mit der Zeit sich noch mehr einzuarbeiten und Erspriel3liches zu leisten. Es wird allerdings nicht so leicht sein, nach Bärrnann zu reUssiren, aber wEre in diesem Falle nicht eine Hilf slehrerstlle im Klavierspiel für ihn vorhanden? Ich r wEre auch damit zufrieden; nebenbei könnte glaube, er sich ja als Privatlehrer zunEchst in der protest. Gemeinde, wo es ihm nicht an Empfehlungen fehien dürfte, eine vorderhand passende Wirksamkeit verschaffen. Die VerhEitnisse Münchens haben sich seit meines Weggangs vielfach verEndert - stehe ihrn rathend und helf end zur Seite, auch wenn er das nicht erreichen solite, was er zunEchst im Sinn hat. Da er protest. ist, und unter den Protestanten der Privat-Musikunterricht noch nicht übersetzt ist, dürfte sich in München eine geeignete Existenz zu grtinden für ihn nicht allzu schwer sein. In FrankenstEdten, NUrnberg nicht ausgenommen, sind die VerhEltnisse ganz dazu angethan: gründlich zu versauem. Ich weil3 das aus eigener, langjEhriger Erfahrung und habe keinen sehnlicheren Wunsch als noch einige Jahre vor dem Lebensende in Ruhe in musik. Luft zu athmen. Von Deinem persönlichen Befinden home ich stets Gutes, was mich freut. Deine Wirksamkeit, sowohl als Compofist wie als Lehrer, schEtze ich sehr hoch. Ich denke oft daran, wie Du als 14-jEhriger Junge auf der Orgel gesessen - und kleine Fughetten fantasirtest. War eine schOne Zeit! Nun sitze ich schon volle 27 Jahre hier, plage mich mit elenden Dilettantengeschichten ab, entbehre der Anregung - und werde eine t!alte, ausgeprefte - 147 - Citrone", die keinen Saft und Geschmack mehr hat. Hienfl liegt der Grund, warum ich jedem Musiker helfen möchte, in bessere Luft zu kommen. Dein alter Freund Herzog. Rheinberger schreibt an semen Bruder: Mein lieber David! Du wirst mit Recht sehr bose sein, daf ich Dir so lange nicht geantwortet; ich will dies auch in keiner Weise rechtfertigen oder entschuldigen, aber trotzdem ist es nicht lauter Faulheit. So oft ich mich an den Schreibtisch setze, liegen angefangene Arbeiten, pressante und unpressante, interessante und unintetessante, abzugebende Gutachten, unbeantwortete Briefe, durchzusehende Arbeiten etc. da, und da meine rechte Hand kein anhaltendes Schreiben verträgt, so bleibt eben leicht etwas liegen. Nun wird auch in Vaduz der schöne Mai endlich zur unbestrittenen Herrschaft gelangt sein, nachdern die drei bösen "Fazi" es glücklicherweise beim Drohen bewenden ijeBen. So viel ich aus dern Fetz'schen Moniteur entnehmen konnte, liefen dieselben auch in Vaduz gnädig ab. Sei so gut inir gelegentlich zu schreiben, ob man in der "Linde" gut wohnen kann. Ich möchte nämlich, wenn wir etwa irn September auf einige Tage nach Vaduz kommen, nab bei der Kirche wohnen, urn tglich bequern Orgel spielen zu können. Ohnedem ist ja das hUbsche Zimmer im "Löwen", wo wir gewohnt haben, der Frau Deichmann wegen nicht rnehr zu haben. Wir haben gottlob recht gut überwintert - nur unsere treue alte Köchin wurde arbeitsuntauglich und mu6te unsern Dienst verlassen. Auch der gute Scarli I...! hat ins Gras beissen rnüssen. Jetzt haben wir seit October einen sehr schönen grol3en goldfarbenen Jagdhund, dem ich den blutrtinstigen Namen. "Timur" beilegte. Da nun em Jagdhund sehr viel lauf en mug, und man ihn nicht alleine schicken kann, so mu ich ibm zu liebe viel spazieren gehen, was ich auch sehr gut brauchen kann.Meine Frau will ihn auch mit nach Kreuth nehmen. - 148 - Den 16. Juli gehen wir nämlich wieder dorthin. Nun wie steht es mit der Eisenbahn? Bekommt Ihr eine (Uber Vaduz nach Sargans) oder nicht? Nun, lieber David, ist es Essenszeit und die Suppe nicht mehr weit. Dein alter Josef Rheinberger. München, den 23.5.81. Nachdern Rheinberger im Mai 1881 acht Lieder für gemischten Choracappella nach Texten von F.A. Muth geschrieben hatte, komponierte er innerhalb von 5 Tagen,vom 13. bis 17. Juni 1881, seine Messe in A-dur für dreistimmigen Frauenchor und Orgel, op. 126. Das Werk wurde zur Erstaufführung in der Weihnachtsnacht 1881 durch die kgl. Hofkapelle zu München für Streicher und Flöte instrumentiert und erschien später mit dem Titel "Missa in nativitate Domini" im Druck. Ludwig Thuille wendet sich mit folgenden Zeilen an Fanny Rheinberger: Innsbruck, 15.6. 1881. Hochverehrte Frau! Erst heute erlange ich Rube und Sammiung genug, urn Ihnen für die lieben, trostspendenden Zeilen den wärmsten Dank abzustatten. Ungekünstelte, aufrichtige Teilnahme 1st selten: umso höher weiss ich sie zu schätzen, wenn sie mir in so zarter und wohltuender Form begegnet, von einer edlen Seele, die meine teure Tote im innersten Wesen erkannt und verstanden hat. Erlassen Sie mir, hochverehrte Frau, die Beschreibung dessen, was ich in kurzer Zeit gelitten und gekämpft babe ---- vieles erstickend im Strudel der Geschäfte, die in hunderterlei Gestalten auf mich Unkundigen emstürmen. Es war nicht mehr zu erreichen, dass ich die teure Mutter noch einmal wiedersah ---- ja sogar dies elne blieb mir versagt, die irdischen Ueberreste derselben zur letzten Ruhestätte zu geleiten. Mich tröstet jedoch die Erinnerung an den letzten ahnungsvollen Abschied, die mir das Bild der Unersetzlichen, Unvergesslichen stets in ungetrübter Reinheit, frei von alien Anzeichen - 149 - der Krankheit, zeigen wird. Ich bin zwar weit entfernt, mutlos zu sein, doch quält mich eine dumpfe, farbiose Stiirnnung, die mit Bleischwere alle geistige Spannkraft lähmt. Meine Gedanken haben einen belebenden Ausgangs- punkt verloren. Die vielen, oft so zarten und kaum fühlbaren Beziehungen zur Verewigten irren nun ziellos ins Weite. Auch em Aufschwung zur Arbeit hat sich als nichtig und nutzlos erwiesen. Sie können sich daher vorstellen, hochverehrte Frau, wie sehr ich mich hinaussehne aus einer Urngebung, die mich bei jeder geringsten Geistes-Regung an das unwiederbringlich Verlorene erinnert. Dazu noch die BerUhrung mit trocknen, nüchtern Geschäf ten, die auch einen Frohen verstimmt machen können. ---- Es ist wirklich eine harte, schwere Zeit. Meine Erbschafts-Angelegenheiten erfordern Ubrigens eine lEngere Anwesenheit in Innsbruck, als ich mir bel meiner Abreise ausbedingt habe. Die diesbezUglichen Schritte tiber der K. Direktion der Musikschule werde ich jedenfalls tun. Ueber meine pekuniäre Lage bin ich noch nicht ganz im Reinen, obwohl ich die Bestimmtheit in Händen habe, dass ich wenigstens meine Studien sorg- los beendigen kann. Nun seien Sie noch tausendmal bedankt für Ihre Freundlichkeit; zugleich gebe ich mich der Hoffnung hin, Sie und Herrn Gemahi recht bald gesund Und wohi wiederzusehen. Mit vielen Empfehlungen und herzlichen GrUssen Ihr dankbarer Ludwig Thuille. Vier Tage später schreibt Ludwig Thuille an Fanny: Ihren schönen Rat babe ich befolgt - die weihevolle Stimmung, weiche tiber das kleine Kirchlein "Zur ewigen Anbetung" ausgebreitet 1st, wirkte auch lösend und befreiend auf mein GemUt, und urn vieles erleichtert verhess ich den geheiligten Raum. Auch Ibren Fingerzeig, die erlebten Leiden und Schmerzen künstlerisch zu verwerten, will ich gewiss nicht unbeherzigt lassen, urn so mehr, als ich einen tiefernsten, dabei doch schwung- - 150 - vollen, gottdurchgliihten Text schon gefunden habe. Es sind dies einige Worte des hi. Johannes von Damaskus, die, in Musik gesetzt von einem hiesigen Pfarrchordirektor, sowohi am Grabe meiner guten Mamma, als auch an dem lhres Mannes gesungen wurde. Ich bin sehr begierig, Ihre Meinung, hochverehrte Frau, über mein Vorhaben zu hören. I...! Phiiipp Woifrum erbittet Rheinbergers Rat: Bamberg, 2./ViII.81. Hochverehrter Herr Professor! Ich erlaube mir hierdurch, die ietzten 2 Sätze der Violoncello-Sonate Ihnen zur Kritik zu Ubersenden. Der Termin 1uft am 15. ab; ich bitte Sie daher höflichst, in 8 Tagen das Manuscript mir hieher gefäiiigst zurUckzusenden, damit ich etwaige Anderungen machen und die Vioionceliostimme herausschreiben kann. Entschuidigen Sie die Verzögerung der Zusendung; ich habe am Seminar fürchteriiche Arbeiten gehabt (hauptsächiich Harmonieiehrecorrecturen), gestern absoivirten Ca. 50, nEchsten Montag kommen 130 zur AufnahmeprUfung. Mit dem Wunsche, daIs Sie sich in den Ferien recht gut erhoien möchten, zeichne ich Ihr dankbar ergebener Ph. Woifrum. Rheinbergers Antwort 1st besonders charakteristisch: Lieber Herr Woifrum! Hiermit sende ich Ihnen die zwei Sätze Ihrer Ceiiosonate zurück. Einige kieine Bemerkungen, die aber wesentlicher Natur sind, finden Sie eingetragen. Der Adagiosatz wtirde durch elne knappere Gestalt gewinnen weniger Umschweife - iminer rasch auf das Ziel (das Hauptthema) los. Manche halten das moderne, planlose Herumträumen in der Musik für Poesie - und doch 1st es nur Schwächlichkeit der Erfindung. Der E-dur-Satz hat - 151 - gute Themen, die sich plastisch abheben, aber gar oft steht das Clavier dem Cello im Wege; ganz gute Wirkung macht das Cello denn doch nur in der Kantilene - in der Figurative kommt es gegen das Clavier gar zu kurz. Ebenso mUssen Sie die extreme Weitgriffigkeit im Claviersatze meiden. Mit freundi. GrUssen Ihr ergeb. Josef Rheinberger. Bad Kreuth. 10.8.81. N.B. Verschaffen Sie sich M. Hauptmann's Briefwechsei an Franz Hauser - das ist em Buch, aus dem sich mehr lernen lässt, als aus den meisten theoret. Büchern! In den Sominerferien ging Rheinberger wie aiijährlich zunächst nach Bad Kreuth, um dann in den erste Tagen des September nach Liechtenstein zu reisen. Aus Kopenhagen erhält Rheinberger von dem dEnischen Organisten Carl Attrup (1848-1892) folgenden Brief: 2.9. 1881 An den Componisten Josef Rheinberger! Eine Schüierin von mir spielte vorigen Winter die amoll Sonate von Ihnen und mit grossem Erfoig. Im nächsten Monate bin ich wiliens, die Pastorale-Sonate bel meinem Orgeiconcert hier das erste Mal zu spielen. Ich habe die Sonate neulich bekommen und freue mich sehr, sie zu spielen. Das ist em prachtvolles Werk und ich hoffe, ClUck damit zu machen. Das erste StUck aus der Sonate soil mit starkem Werke gespielt werden, nicht wahr? Hier ist es, ais ob ich es nicht zu klingen bekommen kann, das Pastorale fElit auf unseren Orgeln zur Erde, was soil ich dabei machen? Es 1st nicht leicht, die neueren Orgelsachen hier zu bekommen; oft weiss man nicht, was neulich herausgekommen ist; ich bitte Sie deshaib, mir mit einigen Worten zu sagen, was Neues von Ihnen herausgekommen, und was Sie mir zu Concerten empfehlen wollen. Hiermit schicke ich meine - 152 - Photographie aus Dankbarkeit für die prächtigen Orgelsachen, die Sie componirt haben, hof fend einen Brief von Ihnen zu bekommen und moglichst auch eine Photo- graphie von Ihnen, das wtirde mir eine grosse Ehre sein. Ich spiele oft bei Orgelconcerten, und habe viele Stunden mit Orgelinformation. Ich bin Lehrer hier am Musikconservatorium, und auch an der königlichen Blindenanstalt. Ich spielte Orgel mit Prof. N.W. Gade zwei Jahre hang!. Mit grösster Hochachtung ergebenst C. Attrup Organist. Norresogade 19 Kopenhagen. Im Jahre 1880 hatte Rheinberger in aller Stille, ohne da8 er selbst oder seine Frau davon berichtet hätten, eines seiner bedeutendsten Werke komponiert: Christoforus, Legende von Franziska von Hoffnaal3. Dieses Oratorium erschien 1881 bei Kistner in Leipzig im Druck und 1st der Prinzessin Maria Theresia von Bayern,geb. Erzherzogin von österreich-Este (1849-1919), gewidmet. Nach der Ubersendung der Partitur durch Franziska Rheinberger 1ätt die Prinzessin Ludwig durch ihre Hofdame, Gräf in DUrckheim, Rheinberger danken: Leutstetten, den 11.10.1881. Sehr geehrte Frau Rheinberger! Von selbst versteht sich, daf3 ich I.K.H. Prinzessin Ludwig sogleich Mittheilung von Ihrem, an mich gerich- teten Schreiben erstatte. I.K.H. grül3t Sie freundlichst und wiederholt den herzlichsten Dank für die gro8e Freude, die Sie Höchst der- selben mit dem schönen Geschenke bereiteten. Die Aufführung des Werkes des Herrn Hofkapellmeisters hof ft I.K.H. nächsten Winter in einem Concerte zu hören. Vorgestern hätte ich gewünscht, dal3 Sie, unbemerkt, Zeuge gewesen wHren, mit weicher Begeisterung H. Gluth, - 153 - nicht nur als Schüler, in dankbarster Weise und Verehrung, sondern seine GefUhle und Hochachtung für semen Meister in gar jeder Beziehung aussprach. Es war schön anzuhören, und indem ich diese Zeilen zu Papier an Sie bringe, glaube ich, trotz der ja aligemeinen Anerkennung keinen MiBgriff zu thun. Da dennoch, nach meinem Dafiirhalten, der Ausdruck derartiger Gesinnungen für die Angehorigen stets erneute Freude ist. Mit ausgezeichneter Verehrung zeichnet geehrte Frau Rheinberger anhEnglich ergebene Gräf in DUrckheim. P.S. H. Hofkapellmeister bitte ich mich zu empfehlen. Im Winter 1880/81 hatte Rheinberger mit Antonin Guillot de Sainbris, dem Organisten an St. Sulpice in Paris, anläi3lich der Pariser ErstauffUhrung von "Toggenburg", op. 76, am 29. Januar 1881, korrespondiert. Im Auftrag von Guillot de Sainbris, der auch PrEsident der Socit Chorale d'Amateurs in Paris war, übermittelt Paul Colun Rheinberger die Nachricht, daf3 dieser zum Ehrenmitglied ernannt worden sei: Paris. 3 Novembre 1881. Monsieur, Le Comitê de la SocTht Chorale d'Amateurs fondêe et dirige par Monsieur A. Guillot de Sainbris, a d&cidê dans sa seance du 27 Octobre dernier, sur la proposition de son Pr&sident, que le titre de membre honoraire de la Societe vous serait offert. En inscrivant de cette manire votre nom sur la liste de nos membres d'honneur, sur laquelle figurent dêj les noms de nos compositeurs francais les plus illustres, nous avons voulu vous temoigner la haute estime dans laquelle nous tenons votre talent, ayant Pu l'apprecier, l'an dernier, en executant, les premiers a Paris, votre ouvrage Toggenbourg. Charg& par mes confrres de vous Informer de cette de- - 154 - cision, vous me permettez de me faliciter d'autant plus de la mission qu'on me donne que j'aipu mieux que personne prendre un id&e exacte de votre charmante partition, puisque c'est moi-mme qui ai, sur la demande de Monsieur Guillot de Sainbris, fait la traduction franr caise de Toggenbourg - ce qui a cr& entre-nous, quoiqu' distance, les liens de la collaboration qui m'unissent dj a presque tous vos jeunes confrares de France. Recevez, Monsieur, au nom du Comit et au mien propre l'assurance de nos sentiments de grande sympathie artistique et de haute considration. Paul Collin Secr&taire 10 rue Lavoisier Collin hatte den Romanzenzyklus "Toggenburg" ins Französische Ubersetzt. Er bedankte sich bei Rheinberger für die Ubersendung des "Christoforus" in Partitur: Paris, 24 Novembre 1881. Monsieur et cher Maitre, Le Comit& de la Sociêt Chorale s'est runi hier et a reçu communication de la lettre aimable que vous avez bien voulu m'adresser au date du 13 ct. J'ai remis, en outre, au Bibliothcaire at au President les 2 belles partitions de "Christoforus" que vous avez eu la bont de m'envoyer pur la Soci&t. J'ai mission de vous adresser sous les remerciments de mes confrares pour le cadeau precieux dont, sans doute, nous tirerons profit, et pour la pense tras gracieuse que vous exprimez en dêsirant demeurer, par ce moyen, plus prsent au souvenir de vos confrares de notre So- cit. En ce qui me concerne, j'ai recu avec grand plaisir vos remerciments approbatifs pour ma traduction de Toggenbourg.L'oeuvre (qui est charmante et qul a vivement interess le public parisiei auquel nous l'avons fait commaitre) &tait tres difficile a'faire passer dans notre langue qui a besoin de trop de mots pour exprimer - 155 - aussi rapidement des ides aussi diverses et aussi pr&cises. J'ai fait de mon mieux, mais cela m'a donn quelque peine, que je ne regrette pas, d'ailleurs, puisque j'ai Pu ainsi aider afaire apprcier par les amateurs francais un ouvrage tout--fait digne de leur tres grande et tres parti.culiêre estime. Recevez, Monsieur et cher Maitre, l'assurance de mes sentiments les plus distingues, Votre Serviteur Paul Collin 10 rue Lavoisier. Franz Wililner, der inzwischen Kgl. Hofkapellmeister und Konservatoriumsdirektor in Dresden geworden war, fragt bei Rheinberger an: Dresden, 16/11.81 Verehrter Freund und College! 1st die vierstimmige D-moll Messe von Ihnen, die ich frilber oft in der Vokalkapelle habe singen lassen, erschienen ? Und wo? Erbitte umgehendeAntwort, da ich sie im Advent in der hiesigen Hofkirche möchte singen lassen. Ferner: Dürfte ich Sie vielleicht bitten, mir auf drei Tage eine Sopranstimme der fllnfstimmigen D-moll Messe von Lachner zu schicken? Die gedruckte Partitur derselben stimmt nicht mit meinen frUheren Erinnerungen überein, ich möchte sie del3halb mit einer dortigen Stimme vergleichen..Daf wir in unserm III. Concert Ihre "Widerspenstige" auffUhren, wissen Sie wohl schon. Herzlichen Cruf3 Ihr ergebener F/ranz/ W/Ullner/ Carl Reinicke, Kapelimeister der Gewandhauskonzerte in Leipzig, ist für das neue StUck ebenfalls bereits interessiert; er fUhrt den Christoforus em Jahr später auf; - 156 - Sehr geehrter Herr! Vielen Dank für die Uebersendung des ItChristoforusu! In diesem Winter kann ich /ihn/ aber freilich nicht mehr bringen, hoffe aber sehr, dass die Concert-Direction ihn nicht streicht, wenn ich ihn für die kommende Saison auf's Programm setze. Sie mUssen da freilich kommen und Ihr Werk selbst dirigieren. Ihre neueste vierhandige Sonate lop. 122/ habe ich in diesern Winter dreimal, &h. zweimal im Tonkünstlerverein u. einmal in einer Soiree bei Prof. Zopff gespielt. Sie ist em vortreffliches Werk. Bestens grUBend ganz der Ihre Carl Reinecke. 22/12.81. Nach den Neujahrsgrül3en richtet Rheinberger folgende rnelancholische Zeilen an semen Bruder David in Vaduz: Seit wir uns zum letztenmal gesehen haben - Du, Dich eben aus dern Schiafe des Gerechten erhebend und am Fenster das "WUrgerl" umbindend,- ich, in stolzer Equipage an dern Ahnenschlo8 meiner Väter vorbeirasend, ist em viertel und zwar das letzte des glorreichen 8lger Jahres hinuntergerutscht, und da man mit dem ersten Tage des neuen Jahres sich immer vornimmt, den alten Adam hinter sich lassend, einen neuen Menschen anzuziehen, so 1st es schliel3lich doch höchstens em neuer Schlafrock, d.h. em Futteral Uber den alten Adam! Gott bessere es! Du hast den Weihnachtsabend wohl im rothen Hause recht vergnüglich zugebracht - ich hatte gerade urn jene Zeit herum am meisten zu thun, Das Christkind, freigebig wie immer, hat mir den Atlas von Andree (den Peter auch hat), die Weltgeschichte von Holzwarth (7 Bände), em Kistchen feiner Zigarren, welche duf ten wie der liebliche Maientag, etliche Lebkuchen und was sonst so alte Kinder freut, gebracht.Gestern kamen aus Prag die jährlichen zwei Fasanen von unserm treuen Freunde Baron Peche; ich weif3 nicht, waren es Deutschböhmen oder Czechen, geschmeckt haben sie ganz - 157 - vorzuglich - wenn Du zu Cast bei uns gewesen wärest, so hättest Du noch einen handlichen Humpen vom Besten dazu bekommen! Und nun lebe wohi, heize bei der Kälte in Delnem Schmollwinkel recht behaglich el - grti2e die lieben Angehörigen im rothen Haus und schreibe bald Deinem Dich liebenden Bruder Josef Rheinberger - München den 28.12.81 Franziska Rheinberger schreibt an Ferdinand Hiller: München 30. Januar 82. Sehr geehrter Herr Hiller! Es hat mich so herzlich gefreut unseren Maitag aut dem Programm des Musikabend Ihres Conservatoriums zu sehen, daJ3 ich mir erlauben muI3, Ihnen dafür zu danken und zugleich die Hoffnung auszusprechen, daJ3 Ihnen unsere gemeinschaftliche Arbeit em kleines Vergnügen bereitet hat. Es rnacht mich sehr glucklich, daB mein Mann genau die Texte componirt, Lelche ich ihin schreibe - so auch jüngst die Legende des Christophorus, deren Sendung Sie hoffentlich empfangen haben. Letzteres Werk ist mir sehr an das Herz gewachsen und obgleich es ganz gegen die Art meines Mannes 1st, sich in irgend einer Weise vor- und aufzudrängen, so kann doch ich den tiefen Wunsch nicht unterdrücken, es möchte ihm einmal vergönnt sein, im Gürzenich dieses Werk selbst zu dirigiren und bei dieser Gelegenheit sich den Rheinländern als .. echten Rheinländer vorzustellen: in so ferne echt, als seine Heimath Vaduz auch am Rhein liegt. Längst schon haben wir vor, Ihnen in Coin einen Gegenbesuch zu machen! Empfangen Sie nochmals unseren auf.richtigen Dank für die Beweise Ihrer Theiinahme an den Arbeiten Rheinberger's. Hoffentlich erfreuen Sie sich einer recht guten Gesundheit, sodafi das wirkiiche Wiedersehen mit all Ihren berühmten Freunden im Jenseits noch lange, lange hinausgezogen und nur eine schOne Phantasie bieibt! Es grüi3t Sie in aller Verehrung Ihre ergebenste Franz iska Rheinberger. - 158 - Ferdinand Ruler schreibt aus Köln an Franziska Rheinberger: Köln, 2.2.1882. Das ist ja elne grof3e Freude, die Sie mir in Aussicht stellen, verehrte Frau, und ich hoffe, daB Sie sich im Laufe dieses Jahres erfüllen werde. Jedenfalls will ich mein Bestes dafUr thun. Der "Maitag" hat uns alien ganz ungemein gefallen; er wurde auch von den jungen Mädchen (30-40 StUck) vortrefflich und mit of fenbarer Lust gesungen. Sie hätten gewiB Ihren Spal3 daran gehabt. Es 1st sehr giticklich, wenn man, wie Sie Beide es thun, schöne Kinder in die Welt setzt, um deren Fortkommen man sich gar keine weiteren Sorgen zu machen braucht. Setzen Sie diese schöne Beschäftigung mit gleichem FleiBe fort und seien'Sie Uberzeugt, daB mit andauernder Theilnahme dieseibe verfolgen wird Ihr aitergebener Ferd. Ruler. Johann Ceorg Herzog schreibt am 9. März 1882 an Josef Rheinberger: Hochverehrter Freund! Für die Ubersendung Deiner neuen herrlichen Orgelsonate danke ich bestens; sie hat mir grol3e Freude bereitet. Em paar Adagios für Violine und Orgel zum Gebrauch bei KirchenproduktionenausDeiner Feder ware sehr erwünscht. An soichen Sachen fehlt es. Cantor Preis hier 1Bt Dich durch mich ersuchen, auch den MRnnerchor nicht zu vergessen. Schicke womoglich bald etwas, oder schreibe im Verhinderungsfalle durch eine Karte ab. Nit GruB Dein treure Freund Herzog. An 13. März 1882 schreib.t Johann Georg Herzog an Fanny Rheinb.erger: - 159 - Hochverehrte Frau! Den mir in so liebenswUrdiger Weise llbersandte Gesang babe ich dem Direktor der Liedertafel Ubergeben. Derselbe war sehr freudig überrascht und läBt herzlich danken. Für alles fibrige werde ich Sorge tragen. Freund Rheinberger wünsche ich gute Besserung. Auch ich befinde mich seit einiger Zeit nicht recht wohi und hoffe auf bessere Zeit. Ich glaube kaurn, dat3 ich diese Ostern nach MUnchen komme, aber, so Gott will, umso bestimmter Anfang August. Mein Freund Rheinberger hat doch eine aul3erordentlich musikalische Frau! Auch schreibt sie Text und Noten genau in der Art des Meisters. Hochachtungsvol 1 Herzog, Hedwig von Holstein schreibt aus Leipzig Uber die dortige Aufftihrung des Christophorus an Franziska Rheinberger: Liebste Fanny! Sonnabend, den 23,3.1882 Schon ist es elf Uhr nachts, aber ich will doch ver- suchen, noch em Paar Worte tibet Dein und Deines Man- nes herrliches Werk zu sagen, was ich vor wenigen Stunden hörte, Die Aufftihrung war vorztiglich mit den gegebenen Mitteln, der Chor fehlerlos und gentigend stark, Schelper als TrHger der Hauptparthie Achtung gebietend, - für mich .nicht mehr. Er singt rein und rhytmisch, spricht gut aus und hat eine grot3e, schtine Stimine, es fehlt für mich abet Geist und Leben in ihm, was Anderen garnicht bewutt wird bei seinem Gesang. Der Tenor, Singer, war 2. oder 3, Ranges. Die beiden Frauenstimmen sehr liebe junge Dilettantinnen, Mitglieder des Vereins, die mit hUbschen Stimmchen correct und erfreulich sangen, keinen Fehier machten, während Schelper einmal herauskam, und Singer frUh einsetzte, - Beides vom Publikurn unbemerkt. Der Din- gent war vortrefflich, ich ging zu ihm, urn zu danken in Eurem Namen - verzeiht, wenn ich mir zu viel anma8te! ich sagte ibm, dai3 ich Euch alles schreiben wtirde , u.a, auch, dat3 er sich den ganzen Winter hindurch mit dern Einstudiren des Chnistophorus bemtiht - 160 - hat, und auf3er den Vereinsabenden noch extra Chorstunden gegeben, urn es rnoglich zu machen mit unmusikalischen Leuten, von denen Einige nicht die Noten kennen sollen!! Das Orchester war das der Euterpe - em schlechtes! Nun aber zu einem Bekenntnig. Wir konnten erst kommen, als der Chor sang: "em neuer Samson uns erstand", haben also die Ouverture und den 1. Chor nicht gehört! Zu derselben Stunde, oder vielmehr an demselben Abend, sang die Schimon in der Kammermusik im Gewandhaus mit ihrem Quartett. Ich sagte ihr, daB ich sie nicht hören könne, weil ich den Christophorus hören wolle und müsSe. Sie nahm mir das nicht allein Ubel, sondern sie kUndigte mir alle Freundschaft auf, wenn ich nicht von 1/2 7 Uhr bis 8 Uhr auf meinem Platz in's Gewandhaus gehen wolle, und, da das Singakademieconcert erst 1/2 8 Uhr beginne und ich bbs den Christophorus hören wolbe, ich dazu noch zeitig genug kommen wUrde. Mir schien das richtig, und ich raste mit meiner Helene am Arm urn 8 Uhr in die Buchhändberbörse. Der groBe Saab war Ubervoll. Ich hatte für abbe meine Raben Biblette genommen, nicht wissend, daB gbeichzeitig die Kammermusik sein würde, weiche die Conservatoristen par ordre hören mUssen. Wir fanden bei Euch em sehr aufmerksames, aber mir ganzlich unbekanntes Publikum, der Chor geputzt und sonntEglich aussehend, mit Eifer und Todesangst an dem Taktstabe des jungen Dirigenten hangend. Es herrschte eine gewisse Andacht und auf alien Gesichtern las man Interesse und Wohbgefabben. Urn so ernpörter war ich, abs der Eindruck des Schbul3chores ganzlich gestört wurde durch das Hinausbaufen der Ungebildeten; ich zischte und schimpfte laut, und siehe, da schboB man die Thur von auBen und die Schaafe standen davor, hatten ihre Sitzplätze verboren und konnten nicht hinaus. Verzeih' dieseelendenAuf3erbichkeiten. Das Werk hat mich erho- ben und auf's Höchste interessiert, und ich soblte meinen, es mUsse überabl studirt werden. Ichkritzebte beim Hören unbedeutende Bemerkungen in den Text, die Dir doch viebbeichtnicht ganz werthbos sind, als unmittel- barer Eindruck beim ersten Hören, von einer guten Durchschnittspubbikumperson. Schelper sang mehrrnals etwas andre Worte, die ich der Wunderlichkeit wegn hinschrieb. Das "Hob' tibet" sang das junge MEdchen reitzend; das - 161 - Christkind dagegen doch zu klein und unbedeutend, ich denke mir das anders. - Zum SchiuB wurde herzlich applaudirt, nur Schade, dal3 kein musikverstandiges Publikum drin war - sie waren alle in der Kammermusik, und die war noch lange nicht aus, als wir entliefen auch der grause Bernstorf war bei der Schirnon, wenn der also in den Signalen etwas Uber Christophorus sagt, so lUgt er, er hat ihn nicht gehört. DaB ich durch meine Aufrichtigkeit in meinern letzten Brief Schuld an Eurem Nichtkommen war, war grausam gegen mich selbst, - erkennt es an. Wie grenzenlos ich Dich beneide, daB Du diesen Text schreiben konntest! Ich finde ihn musterhaft, ebenso poetisch als musikalisch, neu und stimmungsvoll. Deine Hedwig. Josef Rheinberger schreibt am 28. März 1882 an den Konzertrneister Benno Walter (1847-1901): Sehr geehrter Herr! Es bleibt mir nach Ihrem gestrigen Konzerte die angenehrne Pflicht, Ihnen und Ihren Quartett-Genossen, den Herrn Kammermusiker Thorns, Hofrnusiker Steiger und Wihan meinen wärmsten Dank zu sagen für die unvergleichlich meisterhafte Durchftihrung meines C rnoll-Quartetts. Es 1st einem Komponisten em ganz besonders behagliches GefUhi, wenn er scm Werk in so bewährten Händen weif ich möchte nur jedern Komponisten so ausgezeichnete Interpreten wünschen! Indem ich Sie ersuche, diesen meinen herzlichen Dank auch Ihren Mitspielern rnittheilen zu wollen, ergreife ich die Gelegenheit, verehrtester Herr Konzertrneister, Sie zu versichern der ausgezeichneten Hochachtung Ihres ergebenen Josef Rheinberger. Georg Whitefield Chadwick (1854-1931), amerikanischer Komponist und Schüler Josef Rheinberger, der damals - 162 - Organist und Lehrer am New England Conservatory of Music in Boston war, schreibt an Josef Rheinberger: Boston, den 26.6.1882. Geehrtester Herr Capeilmeister: Ich habe das VergnUgen, einer von unserer hiesigen Organisten, Herrn Howard Parkhurst, Ihnen vorzustellen. Er wird /sich/ in München elne Zeitlang aufhalten, urn Musik zu studiren, und möchte, wenn möglich, bei Ihnen Stunden haben. Bitte entschuldigen Sie mein sehr fehierhaftes Deutsch. Ich babe schon sehr viel vergessen und babe Uberhaupt die Sprache nicht grUn/d/lich gelernt. Hochachtungsvoll Ihr gewesener Schüler G.W. Chadwick. Einen weiteren Brief an Rheinberger schreibt Chadwick einige Tage später: Boston, den 6.7.1882. Geehrtester Herr Kapellrneister! Während der Sommer wird wahrscheiniich einen jungen SchUler und Freund von mir in MUnchen erscheinen. Er heisst "Parker" und hat noch nicht 19 Jahre, und ich möchte für ihm Ihre werthe Interesse herzlich bitten. Er hat, wie ich glaube, em ganz besonderes Compositions-Talent und brauchte nur em paar Jahre noch mit Ihnen zu studiren, urn etwas Ausserordentliches zu leisten. Dieses Jahr hat er mit mir Harmonie und Contrapunkt sehr fleissig studirt und auch etwas von der Formenlehre dabei, aber er soil es Alles wiederholen und die ganze Geschichte von vorne anfangen. Auf der Orgel kann er auch einige der grossen Fugen von Bach spielen und hoffentiich wird es rnöglich sein, Unterricht bei. Ihnen zu haben. Er 1st etwas hartnäcklg und eingebildet, aber mit 19 Jahren kann man nichts anders erwarten. Darf ich vielleicht hoffen, dass Sie für ihn freundliches Interesse haben wollen, als Sle schon für mich gezeigt haben? - 163 - Es geht auch noch einen Bekannten von mir nach München, urn mit Ihnen zu studiren, und ich habe mir die Freiheit genommen, ihm Empfehlungsbriefe an Ihnen zu geben. Sein Name 1st "Parkhurst" und er hat schon Vieles mit Haupt in Berlin durchgemacht und soil sehr gut Orgel spielen. Ich muss Ihnen herzlich gratuliren auf Ihre wunderschöne B-dur Trio, die ich sehr gerne dreimale gehört habe diesen Saison. Ihre schönen Schöpfungen werden immer noch höher geschätzt und weiter bekannt in unserm schönen Lande. Bitte verzeihen Sie alle diese grammatische Fehler und seyn Sie vielemal gegrüsst von Ihre gewesene Schüler G.W. Chadwick Organist at Parkst. Church, Boston. Franiska berichtet aus Mllnchen (den 10. Juli 1882) ihrem Schwager David: /. . . / Curt läJ3t Dich herzlich grüRen. Erst gestern Abend erzählte er mir wieder von seiner Kinderzeit, ich hdre ihm dabei so gerne zu! Leider haben wir wieder schlechte Wochen gehabt mit seiner Hand! Schon vor Frohnleichnam fing sie an recht entzündet zu sein, aber während der Octav muf3te er doch dirigiren. Am Johannitag gingen wir endlich zu Nussbaurn, welcher eine Kur mit Jodoform für sehr angera then hielt. Seit dieser Zeit ist die Hand wieder verbunden und er muJ3 sie so viel als möglich schonen. Natürlich helfe ich ihm bei den nothwencIigsten Schreibereien so viel als möglich; allein so Manches kann ich doch nicht für ihn thun, und das thut mir immer leid. Nussbaum 1st sehr für elnen längeren Aufenthalt in Kreuth und wenn ich denke, wie viel er diesen Winter ge- hustet hat, so bin ich nur froh, daI3 wir überhaupt bald soweit sind. I.. ./ Carl Reinecke (1824-1910), Kapellmeister der Gewandhauskonzerte zu Leipzig, schreibt an Josef Rheinberger: Hochverehrter Herr! Für das Concert am 7. December 1st Ihr Christoforo auf's Programm gesetzt und 1st mir der angenehme Auftrag zu Theil geworden, Sie zu fragen, ob es Ihnen Freude machen - 164 - wUrde, Ihr Werk selbst zu dirigiren. Sie wiirden mich persönlich durch eine freundliche Zusage sehr erfreuen. Ferner möchte ich Sie fragen, ob Sie besondere WUnsche wegen Besetzung der Haupt-Parthie haben, resp. ob Sie uns eine besonders geeignete Persönlichkeit dafür nenne wollen? Die andren Parthien wUrden wir mit hiesigen Krften besetzen k5nnen. Solite der Tag der AuffUhrung noch geandert werden, so würde ich's Ihnen natilrlich sofort mittheilen. In der angenehmen Erwartung einer recht baldigen gUtigen Zusage Ihr sehr ergebener Carl Reinecke. 30. 10.82. Friedrich Wilhelm Weber (1813-1894), westflischer Arzt, Politiker und Dichter (Verfasser der "Dreizehnlinden") schreibt an Josef Rheinberger: Thienhausen 30.10.82 Hochverehrter Herr! Empfangen Sic den herzlichsten Dank für gUtige Uebersendung der Männerchöre tVAus Westfalentt. Ich finde dieselben so schön, und jeder der sie hört, dass ich nicht weiss, welchen der 7 Konkurrenten ich den Preis zuerkennen möchte. Nie hätte ich glauben können, dass meine armen Reime die Unterlage zu so reizenden Tondichtungen bilden wUrden. Und die ganze Fülle der Schönheit, die KUnstlichkeit des Satzes, die Melodic, d.h. cine wirkliche Singweise, etwas, das man behalten und nachsingen kann und muss, lässt sich bei schwHchlicher Nachbildung auf dem Klavier nur ahnen, denn in Rheinhausen em Quartett zusammenzubringen war bisher nicht möglich. Nehmen Sic nochmals meinen verbindlichsten Dank, an den sich - wohl verzeihlicherweise - der Wunsch knupft, dass Sic unter meinen Gedichten noch das eine oder andere finden mUssen, geeignetund gut genug, um zum TrHger Ihrer musikalischen Gedanken dienen zu können. Genehmigen Sic die Versicherung wohlwollendster Hochachtung Ihres ergebensten F.W. Weber. - 165 - Neben den sieben Gesangen "Aus Westfalen", op. 130, vertonte Rheinberger in diesem Jahr fünf Gedichte von F.A. Muth für 4st. Frauenchor, op. 131, nachdem er die vier Motetten für sechs Singstimmen a cappella, op. 133, bereits em Jahr zuvor fertig gestelit hatte. Die bedeutendste Komposition, die Rheinberger in diesem Jahr ertigste11te, ist allerdings die Orgel- sonate Nr.8 e-moll, op. 132, deren imposante Schlut3passacaglia mit ihren 24 Variationen zu Rheinbergers besten Werken für die Orgel zählt. Arrangements für Kiavier zu 2 und 4 Händen und vor allem die Orchesterbearbeitung, die Franz Fischer in der Musikalischen Akademie am Weihnachtstage 1888 in MUnchen erstmalig zu Gehör brachte, zeigen, daB der Komponist selbst dieses Stuck besonders schätzte. Die Sonate ent'stand innerhaib einer Woche, vom 9. bis zum 15. Oktober 1882, der seit 1880 datierende jährliche Tribut an sein Lieblingsinstrument, den er nach zweijähriger Pause von 1885 bis 1891 mit schöner RegelmäBigkeit zoilte. Am 11. November 1882 teilt Rheinberger seinem Bruder David u.a. mit: I.. .1 Wie Du nun siehst, kann ich wieder schreiben, dank vor Allem der vernünftigen Behandlung meiner Hand durch Nussbaum. Es mag auch der lange ungestörte Landaufenthalt in Kreuth sein Gutes gehabt haben. Ich war im Frllhjahr und Sommer eben wegen dieser Angelegenheit sehr verstimmt und bin nun doppelt froh, daB es jetzt verhältni2mäf3ig gut ist, was bei einem zwölfjHhrigen Leiden doch merkwUrdig ist. An eben demselbigen heutigen Abend las Fanny auch dem Dr. Trautmann den ersten Theil Deiner Notizen Uber unsern unvergesslichen Vater vor; Trautmann war ganz entzUckt über Deinen Styl und fände es sehr verdienstlich, wenn Du das und jenes Uber Land und Leute in Liechtenstein aufnotiren wUrdest. Ich selbst bin auch dieser Ansicht. I.. .1 Wenn man die entsetzlichen Tyroler-Uberschwemmungsge- schichten hört und liest, muI3 man doppelt dankbar empfinden, daB unser Ländchen heuer von dieser Kalamität befreit blieb: ist der Wein auch sauer geworden, so braucht man darum doch kein saures Gesicht zu machen. - 166 - Für die Ubersendung von Hillers Schrift "Goethes musikalisches Leben" dankt Rheinberger dem Autor: München, den 4. Dez. 82. Sehr geehrter Herr! Die von Ihnen meiner Frau Ubersandte sch6ne BroschUre Uber den "musikalischen" Goethe hat mich höchlichst interessirt und habe ich manches mir Neuc daraus inne geworden. Der alte Herr hatte doch auch in musikalischen Dingen oft em merkwUrdig gesundes Urtheil, namentlich 1st seine WUrdigung Nozarts frappant und dUrfte manchen der damaligen (und gegenwärtigen) Musiker beschämen. "Scherz, List und Rache" machte mir seinerzeit viel Be- schwer; es war nm1ich mein erster kindlicher Versuch einer Oper - ich brachte wirklich einen Band von fast 400 Partiturseiten zu Stande und war nicht wenig stolz, das Riesenbuch meinen Lehrern und Mitschülern zeigen zu können. - meine Frau, die sich Ihnen bestens empfiehlt und für das Büchlein dankt, wird Ihnen gelegentlich selbst darüber schreiben. - Aufgefallen ist mir, daf über Goethe's Begegnung mit Beethoven nichts gesagt ist. So viel ich weil3, haben die beiden Herren sich doch getroffen und Ersterer muf sich auch da oder dort über die Egmontmusik geäuf3ert haben. Nicht? Verzeihen Sie diese kleine Ausstellung an dem sonst so reizenden und fesseinden Aufsatze. Mit hochachtungsvollem herzlichem Grute Ihr ergebenster Josef Rheinberger Von Franziska Rheinberger erhält Hiller einige Tage später die nachfolgenden Konfessionen: München den 10.12.82 Sehr geehrter Freund! Wieder einmal haben Sie uns Antheil nehmen lassen an Ihrem geistigen Schaffen und mein Mann 1st mlr zuvorgekommen Ihnen für diese letzte so interessante Sendung Dank zu sagen. Ich aber habe noch einen anderen Dank aufzuholen: daB Sie Sich so ausführlich mit meinen Dichtungen befal3t und so aufrichtig darüber an mich geschrieben haben. - 167 - Es läI3t sich schriftlich schwer ausdrücken wie sich eine seelische Wandlung vollzieht - die unbarmherzigen Franzosen haben über so etwas einen scharfen Spott - Sie kennen das Sprichwort ... ii te fait hermite ... Was voran geht will ich nicht sagen und nicht schreiben. Wahr ist es aber daB in der Jugend em böser Geist oft sehr falsche Ideale vorspiegelt, über deren richtige Beurtheilung bisweilen die schönsten Jahre verloren geh en. Sechs Jahre ernste Krankheit bis zurn unabweislichen Gange zum Schaffott, (denn was ist es Anders, wenn 12 Arzte vor einer lebensgefährlichen Operation warnen der 13. aber sagt: 'der Tod ist wahrscheinlich, dennoch können Sie mdglicherweise gerettet werden, wenn Sie Muth und Vertrauen haben. ") Die wunderbare Befreiung aus Qual und Angst, die (Jberzeugung, daB nichts bis zum Grab und über das Grab hinaus standhalten kann als einzig nur die Religion - diel3 - und noch manches Andere hat ineiner Seele die Richtung gegeben, die Sie an mir befremdet. Glauben Sie aber ja nicht, verehrter Herr Doctor, daf3 ich del3halb em geringeres Interesse an dem nehme was mich sonst begeistert hat. Ich finde im Gegentheile erst jetzt den wahren, reinen und verklärten GenuJ3 an der Kunst, weil ich nicht mehr subjektiv, sondern von der Qual des Ich befreit sie annehmen kann ... und dabei bin ich heiterer als früher und habe für alles Komische den gleichen Sinn wie ehedem. Nun seien Sie mir nicht bose, daI3 ich so viel über mich schrieb; ich thue es sonst nicht gerne - aber Ihrer Theilnahme glaube ich diesen kleinen Einblick schon gestat ten zu dürfen! So eben habe ich Franz Lachner be- sucht. Denken Sie --- er erwartet täglich die Todesnachricht seines einzigen Sohnes! 1st das nicht schreck- lich? Der Schwiegersohn im Irrenhaus - der eigene Sohn an Brustleiden sterbend! Ich habe ihm von Ihrer Broschüre über GOthe erzählt und er hofft, daB Sie ihm dieselbe auch noch schicken. Recht warm und herzlich sprach er von Ihnen und freute sich, als ich ibm versprach, Ihnen heute noch seine GrüBe zu schreiben. Er selbst ist auch recht leidend, hustet viel, findet aber Kraft im stündlichen Verkehr mit semen sechs liebenswürdigen Enkeln. Sie wissen ja, daB er bei sei- - 168 - ner Tochter wohnt. Vergangenen Freitag wurde ira Gewandhaus Christophorus aufgeführt. Mein Mann war sehr eingeladen, ihn selbst zu dirigiren, aber er ist gegenwärtig so nervös, schlaflos und auch an der Brust angegriffen, daI3 er es nicht wagte, sich dieser Anstrengung auszusetzen, zumal er ihn auch wahrscheinlich hier am Weihnachtstag im Odeon dirigiren wird. Die Telegramme über Aufnahme und Wiedergabe in Leipzig lauteten sehr günstig. Wir freuten uns beide so sehr über Ibre Ergriffenheit bei Direction des Mozart Requi- em's. 0 wie kann ich verstehen, daB Sie bei manchen Stellen innerlich so bewegt und hingerissen waren! Solche Zeugnisse des "Beseligtseins " gefallen in der Regel dem Körper nicht. Ibm wird schwach, wenn die Seele selig ist - er ahnt, daB er sich nicht so hoch schwingen kann, wie die Gefährtin, mit der er vereint lebt, und daB eine Trennung von ihr bevorsteht. Das thut ibm weh, wie oft, wie tief babe auch ich das empfunden, aber mit eben so groI3em Glücke darin die Wahrheit erkannt, daB die Seele - wenn frei von irdischer Schwere erst you und ganz zu ibrem Leben gelangen wird. So karg ist Gott nicht mit semen Gaben, daB er die Unsterblichkeit davon abhängen heRe, daB oder ob sich im späteren Jahrhundert em Musikdirigent findet, der aus der Staatsbibhiothek zu München oder Paris em vergilbtes Buch herauszieht um ad libitum die Gedanken des Verstorbenen einer neuen Generation vorzuführen, die dann das Werk vielleicht als veraltet ablehnt. - Und sehen Sie - selbst darin ist meine gehiebte Kirche noch treuer als die Welt. Was für sie, in ihrem Geist geschrieben, lebt so lange als möghich lebendig und frisch in ihr fort, (Palestrina, Lasso) während die schnöden Musentempel meis tens ihre Gätter frühzeitig eingraben. Und so müssen wir eben arbeiten und ringen, bis unsre Seele selbst eine würdige, unsterbliche Sin fonie geworden ist - moghichst polyphon (vieljährig) - mit einem möghichst würdigen Schluf3-Accord. Ist's nicht so? 0 der Plaudertasche!Mein Mann kommt in mein Zimmer, staunt, daB ich schon die achte Seite beschrieben und meint, ich stehite Ihre Geduld auf die Probe; aber es that mir ganz wohl mich - 169 - Ihnen so of.fen und herzlich aussprechen zu dürfen und bin überzeugt, daI3 ich Ihnen del3halb nicht zuwider geworden bin. Es grül3t Sie in aufrichtiger Freundschaft und Dankbarkeit Ihre herzlich ergebene Franziska Rheinberger An David Rheinberger in Vaduz richtet Franziska folgende Weihnachtsbitte: München, 20.Dezember 82. 7.. .1 Da Du weif3t, wie ich mit ailem Eifer Alles thun möchte, was meinem Manne Freude macht, so komme ich auch heute zu Dir in einer Angelegenheit, die wir ge- stern besprochen haben. Franz Trautmann war bel uns, u. Curt erzählte ihm so viel von seiner Heimath, von den herriichen Sagen in Liechtenstein, daJ3 Trautmann mich ernstlich beredete, eine Auswahl derselben zu treffen und herauszugeben. Curt war ganz glühend darüber vor Freude, und Beide stürmten so auf mich em, daB ich es thun solle, daB ich nun zu Dir meine flehende Zufiucht nehme! Sei doch so gut, lieber David und schreibe mir, wenn auch nur in aller Kürze und Trockenheit etwa 10 soicher Sagen auf. Thue es Curt zu Lieb, thue es der Heimath zu Lieb! In Triesen, Gutenberg, bei St. Mamertus etc. tJberãil soil es soiche Sagen geben, auch beim wilden SchloI3. Ich bitte Dich thu uns diese Freude/. . . / Am Jahresende schreibt Rheinberger den gewohnten Brief an semen Bruder: Mein lieber David: Da Du jetzt fleil3ig, recht und gerecht im Land Liechtenstein regierst, so ist es nicht mehr als billig, da1 ich Dir zu Deinem Namenstag Glück wünsche - da6 Du diesen Glückwunsch gut aufnehmen wlrst 1st wohi selbstverständlich, denn alle Regierenden pflegen an Höchstderen Namenstagen huidvoll aufgelegt zu sein. Christophorus ist am Christtag glucklich (ich darf wohi sagen "sehr glucklich") vom Stapel gelaufen, und - 170 - wir freuten uns dessen herzlich; auch im Leipziger Gewandhaushonzert am 7. Dezember machte das Werk bedeu- tendes GlUck, was auf jenem hitzigen Boden was hei8en will; ich war zur Direktion eingeladen, konnte aber schon des Hofdienstes beim Ritterfest am 8. Dezember nicht wohi abkommen. Fanny hat Dir wegen Sagen geschrieben; es ware hUbsch, wennstUchwas machen lieI3e - denn merkwiirdigerweise le- ben wir in einer Zeit, wo dieselben abstérben - 20 oder 30 Jahre mehr - und sie sind auf mimer verschwunden. Hierzulande werden sie durch Bticher lebendig erhalten, in Liechtenstein ist das aber nicht der Fall. Wenn sich etwas findet, was der Miihe des Aufzeichnens lohnt, so lal3e Dich die kleine Plage nicht verdriel3en. Es pressirt nicht und ware doch immerhin hUbsch, wenn em BUchlein zu Stande käme. I.. .1 Ich bin sehr neugierig, wer in Vaduz Pfarrer wird. Wirf Dich doch recht ins Zeug, dal3 einmal em ordentlicher hinkommt, und auch wo möglich em jüngerer Mann, der noch geistigere Interessen ais den Weinkrug hat. I...! Regiere weise und gerecht in das neue Jahr hinein, wie einst Dein grot3er Namensvetter im Lande Israel (d.h. bevor er der Frau des Urias wegen töricht wurde) so, dal3 noch ferne Geschlechter Deine Regierungszeit als das goldene Zeitalter Liechtensteins preisen mögen. Alles gute zum neuen Jahr! Dein Dich liebender Bruder Mtinchen den Josef Rheinberger 28.12.82. Dezember 1882 kam Rheinbergers Christophorus in MUnchen zur Erstaufführung. Der Bayerische Kurier (Nr. 357 vom 29. Dezember) berichtet: Am 25. I.. .1 F. von Hoffnaal3 hat die Legende des Christophorus in wohlklingende, zur Komposition wohl geeignete Verse gebracht und so em episch-lyrisches Gedicht geschaffen, dem die dramatische Steigerung keineswegs ermangelt. Der Riese, nachmals Christophorus genannt, will seine - 171 - Kraft und seine Stärke nut dem Mächtigsten der Erde dienstbar machen und wird von einern Einsiedler unter Hinweis auf den Gekreuzigten bewogen, am Ufer des Jordans zu weilen, urn die mUden Pilgrime Uber den F1u13 zu tragen, bis einst em Kindlein den gleichen Dienst von ibm begehrt. Doch der Riese inmitten der Fluth kann nicht mehr, es wächst die Fluth... Und aus den Adern drängt mein Blut. Kindlein, Kindlein, was 1st mit dir? Mir ist, als trüg' ich die Welt auf mit! Christkind Du trägst die Welt und den, der sie geschaffen, Denn ich bin Christus, Gottes Sohn. Du suchtest mich Und dientest mir mit der Liebe Waffen: "Barmherzigkeit. Nun sei bereit, Empfange der Treue Lohn. Mit einem Chor der himlischen Geister schlieft die schön gegliederte Dichtung, weiche dern Komponisten J. Rheinberger Gelegenheit gibt, seine voile Meisterschaft und sein Talent im besten Licht zu zeigen. Das Werk 1st mit elner Ouverture in C-moll eingeleitet, die an sich schon em vorzUgliches ConcertstUck und für das ausfUhrende Orchester em ProbestUck ersten Ranges bildet. Sie besteht aus einem langsarnen, einleitenden Satz, dem eine grandiose Fuge folgt, deren Thema, em reicher Stoff, vom Meister in kiarer, verständiicher Weise angeordnet und durchgefUhrt ist. In den Chören ruht des Ganzen Schwerpunkt und sie bilden auch den weitaus gelungensten Theli. Von den Solisten fordert der Komponist selbstlose Hingebung und Begeisterung, ohne Ihnen besondere Effektstelien zu bleten, urn nach moderner Art den Beifall herauszuforden; die Tenorparthie (Einsiedier) 1st besonders reich an meiodischem FluB; poetisch gedacht, die Sopranparthie (Christkind) setzt abet elnen ausgezeichneten, hellklingenden Sopran voraus. Die Chore verbinden mit reicher Polyphonie ebenso reiche Harmonik, die nicht bios für den Musiker, sondern auch für den Musikfreund von auBergewOhnlichem Interesse sind. Für den Ersteren ist em Chor: ItSatanas ziehet zur Jagd" im engst - 172 - gefUhrten Canon in der Oktav von ganz besonders hohem Interesse, die Begleitung sind Homer und Sordinen, Trommel und Becken (dieses sehr gedampft) und erzeugen eine sehr originelle Wirkung. Mit dem Eintritt der Christusstiuime 1st der Komposition em anderer Charak- ter aufgepragt durch die Einftihrung der Orgel. Wir finden uns nun ganz auf dem Gebiet der rein geistlichen, wir möchten sagen kirchiichen Tonkunst. Den grotartig aufgebauten und Uberaus wirksamen Schlu8chor, der das Werk krönt, stehen wir nicht an, als die bedeutendste Schöpfung Rheinbergers, die uns bekannt, anzuerkennen. Die Aufführung hatte einen glänzenden Erfolg und die verwendeten Solisten, die Damen Herzog und Blank und die Herren Mikorey und Fuchs, haben vollauf Anspruch auf den gebtihrenden Theil der reichen und ehrenden Anerkennung, die sich nach Voliendung der AuffUhrung in einmuthiger Weise kundgab. Die Augsburger Allgemeine Zeitung vom 29.12.82 schreibt: Das letzte Akademie-Concert aut3er Abonnement brachte uns am 25. zwei bedeutende Weihnachtsgaben: Joseph Rheinber- gers Legende "Christophorus", Gedicht von F.v. HoffnaaB, componirt für Soil, Chor, Orchester und Orgel (op. 120) und Beethovens Neunte Sinfonie (D-moli, op. 125) mit dem Schiut3chor über Schillers Ode "An die Freude". Rheinbergers neuestes Oratorienwerk kam hier zum ersten Male zur Auffuhrung, hat aber bereits in Leipzig zwei Aufführungen, die erste in der dortigen Sing-Akademie, die zweite am 7. im neunten Gewandhaus-Concert, erlebt und soil nächstens auch in Paris zu Geh6r gebracht werden. In dem hochmusikalischen Leipzig hat der "Christophorus" nicht nur die Feuerprobe bestanden, sondern es vereinten sich auch alie berufenen Stimmen in rückhaltloser Anerkennung und Bewunderung der jüngsten Schöpfung des bekannten Componisten. Der "Christophorus" 1st nicht nur das bisher gröBte oratorische Werk Rheinbergers, sondern darf in der That auch als sein bedeutendstes geiten. Die Dichtung, weiche die bekannte Legende vom hi. Christophorus in poetisch- - 173 - sinniger Weise frei bearbeitet, kommt mit ihren ernsten, religiös empfundenen Werten den künstlerischen Intentionen des Componisten auf halbem Wege entgegen. I...! Die vom Componisten geleitete AuffUhrung war, namentlich was Chor und Orchester betrifft, eine vorzügliche. Der Chor war von der k. Vokalkapelle verstärkt durch Musikfreunde, gebildet, die Orgel spielte Hr. Musikdirektor Otto Hieber. Die Baritonpartie des Riesen lag Hrn. Hofopernsänger Fuchs stellenweise zu hoch, er zog sich aber recht gut aus der Affaire. Den "Einsiedler" hatte Hr. Mikorey, die "warnende Stimme" Fri. Blank, die "lockende" und des "Christkinds Stimme" Frl.Herzog tibernommen. Letztere sang insbesonders den Ruf "Hol Uber!" mit einem mustergiiltigen, gleichsam aus weiter Ferne vernehmbaren Pianissimo. Der Beifall, den die AuffUhrung des "Christophorus" fand, war schon nach der tref fend concipirten Ouvertllre em herzlicher, und steigerte sich zum Schiusse zu mehrmaligen begeisterten Hervorrufen. I.. .1 Franziska Rheinberger berichtet ihrem Schwager in Vaduz: Mein lieber Schwa ger David. München 13. März 1883. Gleichzeitig mit Deinem letzten Briefe kam eine Bitte atzs Lindau, deren Erfüllung mir viel Zeit raubte, so daB ich erst heute dazu korame, Dir zu schreiben und zu danken. Jener Lindauer Brief meldete Curt, daf3 der Lindauer Liederkranz, dessen Ehrenmitglied er ist, am 6. und 7. und 8. Mai sein 5Ojähriges Jubiläum feiern wolle und man bat Curt, hiezu einenf4ännerchorschreiben zu wollen, obgleich sie bereits eine gröl3ere Chorballade von ihm - Clärchen auf Eberstein zur Aufführung bringen. Es hief3 nun Texte suchen - und da ich keinen fand, so bediente ich mich einer kleinen Vorariberger Sage aus Deinem Vonbun und dichtete darüber einen Cesang. Curt war mit dem Text zufrieden, componirte denselben; ich hatte ihn dann noch abzuschreiben und zu regidiren; und nach zwei Tagen (Vorges tern) kam schon die Antwort aus Lindau, daB sie hocherfreut über Composition und Dichtung den Chor als erste Pro grammnumrner ansetzen - 174 - würden. /.. ./ Gestern kam noch eine andere hübsche Botschaft aus Paris: Da13 dort Christophorus so sehr gefiel, daJ3 die Ge- seilschaft der französischen Cornponisten - die ersten Namen dabei - Rheinberger zu ihrem correspondirenden Mitqlied erwählten; eine Zlnerkennung, die sie dem Verzeichnif3 nach zu urtheilen, wenigen deutschen Componisten angedeihen lassen. - Die Wagnertrauerfeieriichkeiten haben einen Charakter angenommen der es uns leicht rnacht, von Aliem fern zu bleiben. Ferdinand Hiller schreibt an Franziska: Verehrteste Frau, Wahrscheinlich treff en diese Zeilen Sie und den lieben Gatten auf schönen Bergeshöhen, wo Sie der Hitze, die uns niederdrUckt, entzogen sind. Möchte die angenehrne Umgebung Sie auch für meine Angelegenheit freundlich stimmen. Wir haben beschlossen, im ersten Gürzenich-Konzert (d. 23. October) den Christophorus aufzuführen, u. meine Bitte geht dahin, der Tondichter rnöchte kommen u. dieselbe dirigiren. Urn diese Zeit ist ja das Wetter noch gut und die Reise angenehrn. Da1 wir allesthunwerden, was wir können, urn Ihnen den Aufenthalt heiter zu gestalten, versteht sich von selbst. Das Beste wird freilich der Christof. thun mUssen und wohi auch thun, wenn ereinentüchtigen Interpreten findet. Und da geht meine zweite Bitte dahin, Sie möchten mir einen soichen nennen, vielleicht findet er sich in MUnchen, und dann wird Perfall ihn schon freigeben. Ich komme von Marienbad, was rnich schon hinreichend verdurnrnt hat, nun die niederdrUckende Hitze, die nicht emmal die Tinte verschont, und rnich vollends ruinirt. Entschuldigen Sie daher den elend geschriebenen Brief und lassen Sie rnich Ihrerseits bald wissen, da1 unser Wunsch erfUilt werden soll. Stets in alter Ergebenheit Ferd. Hiller. 4.7.83. Sie mü1ten zur Hauptprobe am 22. schon hier sein. Wie lang dauert das Werk? - 175 - Rheinberger antwortet umgehend: Miinchen, den 7.7.83 (bei unmenschlicher Hitze!) Sehr geehrter Herr! Sie haben mir durch Ihren heutigen Brief eine auBerordentliche Freude gemacht - es soil mir und meiner Frau em Fest sein, im GUrzenich den htChristoforus!t zu hören. Genehmigen Sie meinen herzlichsten Dank hierfür! Die Titelpartie sang bei den Leipziger AuffUhrungen Hr. Scheiper, bei der hiesigen Hr. Hofsänger Fuchs es muB eben em kräftiger Ba13-Bariton sein von C - e'. Sie haben am Rhein gewit3 mehr Auswahl an Concertsängern als wir. Der Soiosopran (das Christkind) darf oder soil vielmehr etwas jugendlich Kindliches haben. Der Tenor und Alt die gewöhnliche Lage; das Hauptgewicht iiegt in den Chören. Das Ganze dauert eine genaue Stunde. Hoffentlich macht das Werk in Coin einen ebenso guten Eindruck wie hier und in Leipzig; ich hab' es wenigstens sehr ernst mit der Komposition genommen. Wir gehen in 8 Tagen nach Bad Kreuth, wo ich meine papierene Gesundheit wieder etwas festigen mOchte. Am 15. September muB ich wieder ins Geschirr zurUck und freue mich, Sie dann bald in COin begrut3en zu kOnnen! Meine Frau dankt Ihnen besonders für Ihren lieben Brief. Mit wiederhoitem herzlichen Danke Ihr ganz ergebener Josef Rheinberger Gebe Gott, daB "etwas draus wird"! Tausend Dank für Ihre Güte! Welch em Fest für uns, auch den schönen Dom wieder zu sehen. Die Gattin Dr. Wilhelm Rust (1822-1892), Thomaskantor in Leipzig, bedankt sich bei Rheinberger: Leipzig, am 28.9.1883. Hochgeehrter Herr! Vielen Dank für die grot3e Freude, die Sie mir durch die - 176 - Widmung Ibres op. 134 bereitet haben. Ich empfing es heute Mittag und ist gegenwärtig beim Buchbinder. So babe ich die schöne Gabe nur flüchtig durchsehen können, zweifle aber nicht, da1 sich Ihr neues Werk mit Ihren bisherigen treff lichen Compositionen auf gleicher Hdhe halt. Namentlich ist Ihre 8-stimmige Messe eine Zierde unserer Motetten-Litteratur; doch auch die kUrzeren Sachen werden viel und gem gesurigen. Eine vollendete Leistung brachten die Thomaner ganz vor Kurzem, am 20. Sept. zum Besten der UnglUcklichen aus Ischia mit Ihrem "Abendgesang: Bleib bei uns". Ich wUnschte wohl, Sie hätten diesen reinen, tiefempfundenen Gesang hören kUnnen, wie er von Herzen kam und zum Herzen ging! Möchten Sie als Zeichen aufrichtiger Dankbarkeit und hoher Werthschatzung mein beifolgendes op. 39 freundlich entgegennehmen. Hochachtungsvoll und ergebenst Dr. Rust. P.S. Wenn Sie meinen alten Freund, den Professor und Bibliothekar J.J.Maier sehen soliten, bitte ich die grol3e Freundlichkeit haben zu wollen, die herzlichsten Grüte von mir und meiner lieben Frau gUtigst zu vermitteln. D.0. Ferdinand filler berichtet Rheinberger: "Die Stunde naht" heil3t es in der Zauberflöte - aber nicht zum Scheiden - wann werden Sie ankommen? Vor allem möchte ich als Botschafter auftreten und Sie einladen, bei dem Präsidenten unsrer Konzerte etc. etc. dem Reg. R. Robert Schnitzler abzusteigen, wo Sie prächtige Wohnung und liebenswUrdige Wirthe finden. Es ware nun sehr gut, wenn Sie, werther Signor Professore, noch eine Chorprobe abhalten wollen, sei es am Clavier oder mit Streichorchester, wie es Ihnen lieber, was frellich am besten am vorhergehenden Freitag, dem Probeabend, geschähe. Denn wenn Sie nicht zufrieden, könnte noch eine am Sonntag eingeschoben werden, was sonst schwer halt. - 177 - Die Hauptprobe ist Montag Abend. Dienstag Vormittag wird das Orchester mit den Solisten noch einmal tüchtig vorgenommen. Leidend, ohne krank zu sein, konnte ich doch noch keine der Chorproben besuchen, die S. de Lange abhlt; wie ich aber zu meiner Freude höre, sind sie sehr besucht und alles im besten Gang. Mit den Solisten werden Sie zufrieden sein. Nun lassen Sie mich recht bald recht Erfreuliches hören ich mache mir em Fest aus Ihrem Hiersein. Einstweilen in herzlicher Ergebenheit Ihr Ferd. Hiller 11.10.83 Isidor Seiss (1840-1905), Professor am Konservatorium und Leiter der Konzerte der "Musikalischen Gesellschaft" in Köln schreibt am 14. Oktober an Josef Rheinberger: Verehrter Herr Hofcapellmeister! Wir freuen uns alle herzlich, Sie nun bald einmal hier bel uns in Cöln zu haben - die Concertgesellschaft hofft, dass Sie schon nHchsten Freitag hier sein werden, urn Abends die letzte Chorprobe zu Ihrern "Christoforus" selbst zu Uberwachen und ich für meinen Theil den darauf folgenden Sonnabend in meinem Verein, der "Musi kalischen Gesellschaft", elnige Ihrer Werke auffUhren. Ich bitte Sie herzlichst, wenn es Ihre Zeit irgend gestattet, also schon Freitag zu uns zu kornmen und den Sonnabend mir und der genannten Gesellschaft (es 1st em alter, schon an die 80 Jahre bestehenderVerein, der Alles, was Köln zu aufrichtigen Musikfreunden zHhlt, als Mitglieder hat) schenken zu wollen und mir mit einem einzigen Wort zu sagen, ob ich auf Erfullung rechnen darf. In herzlichster Verehrung! Ihr ergebnester Isidor Seiss. Köln, 14. October 1883 - 178 - Die Mtinchener "Aligemeine Zeitung" berichtet tiber den Auffuhrung des "Christophorus" in Köln: Professor Jos. Rheinbergers prächtige Legende "Christophorus" ist am 23.d.M. im ersten Gürzenich-Concert in Köln zur Aufftihrung gekommen und hat dem dort anwesen- den Componisten reiche Ehren eingetragen. Die dortigen Blätter rühmen an dem Werke vor allem geschickte Tonmalerei und geistreiche Auffassung neben der meisterhaf ten contrapunctistischen Arbeit, für weiche ja Rheinberger hervorragenden Ruf in der musikalischen Welt be- sitzt. Eine augenscheinlich fachmnnischer Feder ent- stammende Besprechung des Werkes in der "Kölnischen Zeitung" rechnet zu den schönsten Momenten die Citirung des Satans, den Frauenchor mit Harfe, das Lied der "lockenden Stimme" mit dem hUbsch ersonnenen Chorref rain "Liebe", die "spottenden Ceister" und den Schluf3 "Ijol' Uber!" Professor Rheinberger wurde bei seinem Eintritte in den Concertsaal lebhaft begrütt und am Schiusse der VorfUhrung seiner Legende mit lebhaf tern Beifall belohnt. Franziska Rheinberger schreibt an ihren Schwager David: München 4. Nov. 1883. Lieber Schwa ger David! Wie versprochen will ich Dir nun Mittheilung machen über unsere Reise nach Coin, nachdem ich vorraussetze, daB Programm und Karte giücklich in Deine Hände geiangt sind. Vorerst muf3 ich Dir ber noch danken für Deinen lieben, ausführlichen Brief, weicher Curt und mir sehr viele Freude gemacht hat. Wir haben dabei nur eines bedauert: Deinen riesen Schnupfen! Auch Deine Gefühle beim Wiedersehen so vieler Jugendfreunde kann ich mir um so mehr vorsteilen, als mein sel. Vater auch dereinst so em Corps-Verbindung Jubiiäum in Freising mitmachte und davon so erschüttert nach Hause kam, daB er sogar Ofters noch weinte. Ihm war freilich sein einziger Sohn gestorben, während Andere von ihren SOhnen begleitet, die festiiche Zeit frdhiich mitmachten. - 179 - Nun also will ich erzählen - und zwar mit dern Schrecklichen beginnen, daB Curt em paar Tage vor unserer Abreise eines Morgens mit kläglicher Stimme sagte: "ich glaube, ich bekomme einen Schnupfen!" Du weil3t, was das bei Rheinberger Constitutionen zu bedeuten hat! So war es auch, und in Begleitung dieses Schnupfens trat auch der Husteri wieder auf, weicher - nachdem er 10 Monate gewährt hatte, in Kreuth glücklich angebracht worden war. Ich war wirklich recht unglücklich darüber und wollte sogleich nach Coin abschreiben; jedoch Curt litt es nicht und so suchte ich wenigstens die bequemste Reise Art aus: einen Schlafwaggon I. Classe, in welchem man die 15 Stunden nach COin in grOl3ter Bequemiichkeit fahren konnte. Wir fuhren die Nacht durch, sahen von Mainz an den präch- tigen Rhein, dach ten b'ei seinem Anbiick sehr viel an Va- duz, kamen am Niederwalddenkrnai vorrüber, dessen Eindruck kein imposanter ist - und erblickten urn 10 Uhr den herrlichen Dom. Curt hielt noch am seiben Abend die erste Probe, am anderen Tag wurde ihm eine groBartige Soirée gegeben, wobei nur Cornpositionen von ihm in voilendeter Ausführung gegeben wurden; dann folgten Diners, endlich die Hauptprobe, und am 23. October Abends die giänzende Aufführung, an weicher sich 250 Sänger und entsprechend viel Orchester betheiiigten und allein 1400 Sitzpiätze genomrnen waren. Man empfing Curt schon mit Applaus und überreichte ihrn am Schluf3 einen prachtvollen Lorbeerkranz mit groI3en blau- und weiI3seidenen Schieifen. Man hatte für die Hauptparthie elnen trefflichen Sànger aus Brüssel verschrieben, dessen riesige Stimrne ausgezeichnet zu seiner Rolie pal3te, und auch die anderen Sänger waren ausgezeichnet, so daI3 Curt volikommen befriedigt und hocherfreut war; denn noch nie hatte er em Werk unter so giànzenden Umständen gehOrt und dirigirt. Die Gastfreundschaft der COiner war über alle Erwartung. Wir hatten die Einiadung, in einern giänzenden Pri vathause abzusteigen, ausgeschlagen, und uns in einem guten Hotel behaglich einquartirt; ais aber Curt die Rech-. flung begleichen wolite, war JUles schon von der Gürze- nich-Gesellschaft hezahit. Seit 10 Jahren, seit wir zusammen in Prag waren, 1st Curt zu keiner Direction eines Werkes mehr gereist. - 180 - Es that ihm daher doch wohi sich in soicher Weise willkommen geheif3en zu sehen, und hat die Freude hierüber auch die körperiiche Anstrengung überboten. Auch war es für uns doch eine unendliche Freude zusammen den herriichen Dom zu sehen und dort unser gemeinsames Werk im Geist den grol3en Anbetern des Christuskindes, den hi. 3 Königen, deren Reliquien dort ruhen, aufzuopfern. Nach dem Concert wurde noch em Festbankett gegeben, wobei Curt Reden hielt und sehr übermüthig war. In bequemster Weise reisten wir wieder zurück, und wenn auch der Husten noch immer ziemlich stark ist, so hat doch die Reise und die Anstrengung des Dirigirens weder der Brust noch der Hand geschadet. Er ist jetzt so you Musik, daf3 er am Liebsten den ganzen Tag componiren möchte. Im Jahre 1883 hatte Rheinberger bis dahin die ersten 12 Fughetten strengen Stils, op. 123, komponiert, die er in der zweiten Jahreshälfte komplettierte. In den Sommerferien, am 13. Juni, schrieb er die 8st. Osterhymne Victirnae paschalis und vor seiner Reise nach Köln schlol3 er die Kiaviersonate Nr. 3 in Es-dur, op. 135 ab, komponierte aber noch am 12., 13., 15. u. 17. Oktober die ersten fUnf Lieder aus op. 136 nach Texten seiner Frau, die er nach seiner Rheinfahrt urn weitere 9 Nummern erweiterte. Am 13. Dezember 1883 erganzt Rheinberger einen Brief seiner Frau an Ferdinand Hiller mit folgenden Zeilen: Hochverehrtester Freund! Gestern endlich hatten wir die Freude, Ihr reizendes "Idyll" im Odeonsconcerte zu hören und hat dasselbe alien Musikern und Laien (soweit sie nicht durch Eidschwur an die grüne Fahne des Profeten Wagner gebunden sind) ausnehrnend gef alien; besonders anregend machte sich der Ubergang zum letzten Satz, dessen graziösem Thema nicht.leicht Jemand wiederstehen wird. Ich hoffe, - 181 - daf wir das Werk bald wieder hören werden. Auch Fr. Lachner, der sonst keine Concerte mehr besucht, war zu Ihrem Werke anwesend. (Die plötzliche Unterbrechung des Waizers machte sich besonders - fast dramatisch wirksam und steigerte aufs Glücklichste das Interesse von neuem. Bei der brillanten und pikanten Instrumentation und feiner Ausfiihrung muf das StUck überall zllnden). Seit ich in Coin war, lese ich regelmaIig die Concertberichte der Kölnischen Zeitung und der 1(61nischen Volkszeitung mit doppeltem Interesse. Was Sie mir Ubrigens tiber die Verh1tnisse der musikalischen Kritik in COin mittheiien, gilt auch in erhöhtem Ma1e hier; wir haben in ganz MUnchen nicht einen Musik- kritiker, der seiner Aufgabe gerecht zu werden verstiinde, und das 1st jetzt doppeit zu bekiagen, seitdem in alien grOf3eren Biättern sich die Wagnerianer breit machen. Für die freundliche Ubersendung Ihres Bildes und des Bildes Ihres Musikzimmers melnen besonderen Dank. Wie gerne wtirde ich in jenem kUnstlerischen Raume hie und da auf em Piaudersttindchen Besuch machen! Meine Bearbeitung der Bach'schen (Goldberg) Variatlo- nen zu 2 Clavieren 1st jetzt erschienen. Die Steigerung, weiche Bach durch die 30 Variationen einzuhalten versteht, ist ganz einzig. Das Werk dauert eine Stunde und acht Minuten - das waren doch Componis ten von Uberiebensgrote! Hoffentlich befinden Sie sich wieder vollständig wohi und geben mir ganz gelegentlich wieder em brief liches Leberiszeichen, das uns, meine Frau und mich, immer ganz besonders erfreut. Mit den herzlichsten GrUf3en, hochverehrter Freund!, Ihr hochachtungsvoli ergebener Josef Rheinberger. Robert Franz (1815-1892), der in semen Bearbeitungen die Werke Bachs und Händels dem Instrumentationsstandard des 19. Jahrhundert's anzupassen versuchte, und damjt auf äufersten Widerstand seitens der ersten Vertreter der damaligen Musikwissenschaft (Spitta, Chry- sander u.a.) stief, klagt Rheinberger sein Leid, das - 182 - er durch seine mafilose Polemik selbst verursacht hatte: Hochverehrter Herr Kapelimeister! Nicht unterlassen mag ich es, Ihnen fUr die Freude, welche mir die Durchsicht Ihrer Bearbeitung der "Goldberg'schen Variationen" bereitet hat, meinen besten Dank zu sagen. Abgesehen von dem glucklichen Gedanken, das grandiose Werk für 2 Claviere zu setzen, sind die dadurch ndthig gewordenen Ergänzungen so meisterlich im Stile des Originals gehalten, daf man die fremde Hand gar nicht spUrt. Wie ausschlie1lich ich mich seit vielen Jahren derartigen Arbeiten gewidmet habe, ist Ihnen nicht ganz unbekannt geblieben - ebenso wenig vielleicht auch die Thatsache, dal3 ich ihretwegen manchen Straul3 zu bestehen hatte. Bisher befand ich mich dabei leider in einer ernstlich bitteren Lage, wHhrend sich massenhafte Gegner mit ihrem Schunde breit machen durf ten. Von nun an stehe ich aber nicht mehr allein da, sondern habe in Ihnen einen Mitstreiter gefunden, der schwer genug wiegt. Jetzt werden sich die Historiker zweimal besinnen, den Musikern mit ihren albernen Decreten lastig zu fallen, worUber man sich im wohiverstandenen Interesse Bach'scher und Händel'scher Musik doch nur freuen kann. Weichen Blödsinn die Herren protegiren, geht daraus hervor, daB Spitta in seiner Bach-Biographie Kirnberger's Accompagnement zu dem Trio aus Bach's "musikalischem Opfer" als mustergUltig und maBgebend für dergleichen Arbeiten aufstellt. Sehen Sie sich den bei Peters erschienenen Wust nher darauf an und Sie werden es vollkommen in Ordnung finden, daB ich ibm mit einer neuen AusfUhrung des Continuo entgegengetreten bin. Soilte Ihnen das bei Härtel's in dieser Form erschienene Werk gelegentlich in die Hände fallen, so ersuche ich Sie Seite 6, System 3, Takt 4 und späterhin bei der Wiederholung derselben Stelle: Seite 14, System 3, Takt 3 einer Tenorstimme folgendermaf3en abzuändern: - 183 - Bei der Ausarbeitung achtete ich zu wenig auf die hinund herspringende Geige, und wurde dafür mit em paar verdeckten Octaven bestraft, die herzlich schlecht klingen miissen. Dem Fehler ist bereits in den Platten abgeholfen. Wenn Sie sich einer Bearbeitung der 6 Sonaten für Ciavier und Geige von Seb. Bach unterziehen woliten, würden Sie der Kunst einen wesentlichen Dienst erweisen. Dabei denke ich durchaus nicht an Formen, wie sie Rust in der Vorrede des 9. Jahrgangs der Bach-Geseilschaft Seite XVI in Vorschlag bringt, mul3te ibm aber youkominen bepflichten, da1 bier an gar manchen Steilen Ergänzungen in der Harmonie unbedingt nöthig sind. Ueberlegen Sie sich's - es handelt sich dabei urn eine höchst interessante Aufgabe. Weger rneiner Schreiberei mit dem Bleistifte bitte ich sehr urn Entschuldigung: zur Taubheit hat sich bel rnir noch eine Nervenlahmung des rechten Armes geselit, die mir den Gebrauch von Tinte und Feder fast unmöglich macht. Nochmals herzlichen Dank für den Genul3, weichen mir Ihre feine Arbeit verschafft hat. Ihr ergebenster Halle d. 16. Jan. 84 Rob. Franz Rheinbergers Antwort 1st aus einem weiteren Schreiben von Robert Franz zu ersch1ieten: Hochgeehrter Herr Kapelimeister! Besten Dank für die Uebersendung Ihrer Photographie, die ernstes liebes Gesicht zeigt. Auf Ihren Wunsch schicke ich die meinige, kann dabei aber nicht verhehien, da2 sie sich etwas ledern ausnimrnt. Lassen Sie sich nochmals ineine aufrichtige Freude darUber sagen, daB Sie Ihre herrlichen Gaben in den Dienst des groBen Seb. Bach stellen: angesichts des wiisten Treibens der Gegenwart kann man gar nichts Besseres thun, als die Aufrnerksamkeit der mir em Menschen auf Werke hinzuleiten, in denen der Athem der Kunst weht. Was mich betrifft, darf ich es Ihnen wohi - 184 - gestehen, daIs, ganz abgesehen von dem genu1reichen Ge- winn den mir eine derartige Thätigkeit gebracht hat, dieser culturhistorische Gesichtspunkt mit in dem Vor- dergrund meines Verhaltens stand. Den Namen der alten Meister nur in den Mund zu nehmen, bringt keinen Nutzen: man muI3 sie dem Publikum in voller Lebensgröl3e vorführen! Sie glauben, die Veröffentlichung meines Brief es in einern Fachblatte würde unseren Interessen förderlich sein. Da müBte er aber erst sorgfältiger redigirt werden, denn ich habe nur hingeschrieben, was mir gerade in den Sinn kam. Auch erinnere ich mich eines Passus Uber Rust, der sehr leicht miIverstanden werden könnte. Der Mann hat sich grol3e Verdienste urn die Redaktion der Bach'schen Werke erworben - das darf ihm nicht vergessen werden. Wenn er dabei zu verschiedenen Malen unhaitbare Vorschiäge über das Accompagnement rnacht, so verschwindet doch diese kleine Eitelkeit den anderen Leistungen gegenuber in Nichts. Betrachten Sie also meine Epistei als eine vertrauliche - der Moment wird schon eintreten, wo man nach alien Seiten hin frei von der Leber weg reden kann. Am Schiufe Ihres Brief es heift es: "in Mtinchen werde ich durch em wohiwollendes Entgegenkommen nicht verwöhnt". Da soliten Sie erst das Verhaiten meiner lieben Landsleute in Haile kennen lernen! Seitdern ich voliends auf jede praktische Thätigkeit Verzicht leisten muIte, stehe ich in deren Augen noch tief unter Null. Die Menschen können es eben nicht vertragen, daB man em bischen anders ist wie sie; - auch ftihlt sich der groBe Hauf en in seiner grolienden Abneigung volikommen sicher, weil er die ungeheure Majorität bildet. In Deutschiand 1st das von jeher so gewesen! Mit den besten GrW3en an Sie und Ihre Frau Gemahiin Ihr ergebenster Halle d. 22. Jan. Rob. Franz 84 (1859-1939), Pianist, Stipendiat der Holstein-Stiftung in Leipzig; seit 1882 Lehrer am Konserva- Max Fiedler torium in Hamburg schreibt an Josef Rheinberger: - 185 - Hamburg, 21. Januar 1884. Hochverehrtester Herr Hofkapellmeister! Wenn ich erst heute dazu komme, Ihnen für Ihre so güti- gen Zeilen, die mich mit hoher Freude und mit Stolz erfUilten, meinen herzlichsten Dank auszudrUcken, so möchte ich Sie, hochverehrtester Herr I-iofkapellmeister, bitten, den Grund dafUr in nichts anderern zu suchen, als in absolutem Mangel an Ruhe, deren ich bedurfte, urn mich dem Verfassen eines Briefes an Sie hingeben zu können. Meinen Dank und meine Freude wollen Sie also bitte nicht bemessen nach der Geschwindigkeit, mit welcher ich mich bei Ihnen brieflich einfinde. Persönlich hoffe ich mich und Ihrer Frau Gemahlin kommenden Sommer vorstellen zu können. Ich werde den August bei Frau v. Holstein im Allgäu (in Oberstorf) zubringen und in Folge dessen auch Miinchen berühren. Aul3erordentlich wUrde ich mich freuen, wenn ich Sie und Ihre Frau Gernahlin anträfe und Ihnen die Sonate vorspielen könnte. Ich habe sie mit groBer Lust studirt, mit immer wachsender Lust! Welchen Satz ich am meisten liebe, weit3 ich selbst nicht. Anfangs war's der erste, jetzt sind mir die andern in ihrer Art aber eben so lieb. Interessant und amUsant war mir's, am zweiten Tema des ersten Satzes eine Ahnlichkeit zu entdecken mit einem Kindchen meiner Fantasie! In einem Streichquartett (in der Schublade) von mir heil3t's emmal: Ich bin sehr solz. Was ich am ersten wie an alien Sätzen auger dem Inhalt bewundere, ist die meisterhafte Leichtigkeit in Beherrschung der Form. Ich mul3te an die schönen Worte Haupt- - 186 - manns denker?: t1Was-gehört aber dazu! Welehe Kraft, all die Last der Faktur in die Höhe schnellen zu können, daB sie als Kunstblume lastlos oben schwebe, nein, alles durchdringe!" - Das glânzende, humorvolle Scherzo will ich nächstens im Concert eines Geigers spielen. Werden Sie mir das Herausnehmen aus dem Zusammenhang verzeihen? Das Ganze würde nicht in's Progranim passen. Das Scherzo und der letzte Satz mit seinem energischen Hauptmotiv und seinem so schön kontrastirenden weichen Liedtema haben der Ailgemeinheit am besten gefallen. Im III. Satz ist mir besonders lieb die Cantilene und dann -- (iw.____ _l - -- --- U- -- JPIPI IIPi _-c Am Abend bei Stainmanns war ich recht gut disponirt, hatte Ihnen jedoch noch keinesfalls genilgt. AuBer mit Fingerund Gemütsschwierigkeiten habe ich leider auch mit einem hartnäckigen nervösen Armleiden zu kampfen, das zeitweise recht bedrUckend wirkt. Ihre giltigen Zeilen waren mir der schönste Lohn für eine MUhe, die reiche Freude schon in sich barg, und danke ich Ihnen nochmals von ganzem Herzen. In der freudigen Hoffnung, Sie und Ihre Frau Gemahlin persönlich kennen zu lernen, verbleibe ich mit dem Ausdruck áusgezeichnetster Hochachtung Ihr sehr ergebener M. Fiedler. - 187 - Hans von Bülow (1830-1894), seit 1880 herzogl. Hofmusikintendant zu Meinigen, schreibt an Josef Rheinberger: Hochgeehrter Herr! Ihre freundlichen Zeilen, gleichzeitig mit dem schuldigen Danke für Ihr Bud, nicht alizu unlänglich zu beantworten, fehit es mir gegenwartig an Mul3e. Zudern sehe ich noch immer der versprochenen Digteralisirung von Bach's 142 jährigen XXX entgegen, urn so ungeduldiger, als mich Herr Winding (Copenhagen) mit einer Reduction in usum delphinae enniiyirt hat. Mein heutiges Kryptotelegramin hat - aufer obiger dringender Vorrede zu einem Nichtbrief - noch einen andern Zweck. Sie wissen oder wissen's vielleicht nicht, dat ich Ihres ThUrmers Töchterlein für em sehr lebensfähiges BUhnenwerk halte. In einer Matinê in Hamburg - noch nicht festgestellt - möchte ich den Wallenstein so "dramatisch" (Theaterconzert) auffUhren, daB eine Empfehlung gen. Oper an Pollini und Sucher nicht gHnzlich pour l'empereur d'Allernagne expectorirt wUrde. Hätten Sie die CUte, meine vielleicht infernolastricante Absicht durch sofortige Zusendung elniger TextbUcher (auch in Brernen vide Beilage) zu fördern? Noch Eines. Sie haben vor bald 4 Lustren eine grot3e Klavierfuge (H-dur? - eine Art Pendant zu Op. lOb Finale) geschrieben, die mir abhanden gekommen 1st, deren Titel mir nicht einmal rnehr erinnerlich ist, die mir aber damals so fabeihaft irnponirt hat, daB ich jetzt, wo ich bei "Klaue" bin, deren EinUbung riskiren möchte. Nehmen Sie mir diese ExpreB-Betteleien nicht übel, haben Sie die CUte, mich Ihrer Gemahlin verehrungsvoll zu empfehlen und bleiben Sie versichert der unwandelbaren vorzUglichen Hochachtung Ihres ganz ergebenen Bewunderers Hans v. Billow Intendant d. Herzogl. Hofkapelle. Meinigen, 12. Febr. 84. Dr. H. Basserrnann, Universitätsprofessor der evang. Theo- - 188 - logie in Heidelberg schreibt an Josef Rheinberger: Ew. Hochwohlgeboren, Heidelberg, den 13.2.1884. wollen gütigst verzeihen, wenn sich Unterzeichneter, obwohl Ihnen persönlich unbekannt, erlaubt, eine Anf rage bezw. Bitte an Sie zu richten. Ich. bin dazu veranlal3t durch Herrn Musikdirector Herzog in Erlangen. Dieser nämlich hat mir auf meine Erkundigung nach einer Persönlichkeit, welche geeignet ware, den Musikunterricht an hiesigern ev. prot. theologischen Seminar (Universitätsanstalt) sowie den rnusicalischen Theil des acadernischen Gottesdienstes hier zu besorgen, Herrn Wolfrum, z.Z. Musiklehrer am kgl. Schullehrerserninar in Bamberg, genannt und dabei erwEhnt, daB derselbe zu Lhren SchUlern gehöre. So darf ich wohl annehmen, daB das Interesse, weiches Sie an dern genannten Herren nehmen, Sie geneigt machen werde, meiner Bitte zu willfahren, wel- che dahin geht, mir einige Mittheilungen Uber denselben zu machen. Es handelt sich bei der in Rede stehenden Aufgabe urn die Unterweisung unsrer Theologie-Stu- dierenden in kirchlicher Musik, soweit em VerständniB davon fUr die kUnftigen protest. Pfarrer nothwenig erscheint, insbesondere urn theoretisch und praktische EinfUhrung in den evangel. Choral (in zwei bis drei Stunden die Woche), ferner urn em gutes Orgeispiel im acade- mischen und Seminartibungsgottesdienst (zwei die Woche), womoglich auch Anleitung zu dernselben, endlich urn die sehr wUnschenswerthe GrUndung und Direction eines acadernischen Kirchenchors oder auch eines studentischen Gesangvereins. Der Betreffende wtirde also in seiner Zeit garnicht viel in Anspruch genommen sein, also hinreichend MuBe haben, besonders während der Universitätsferien, entweder zu Privatstunden oder zur Selbstweiterbildung. Den Erfordernissen dieser Stellung entsprechend geht meine Bitte dahin, Sie rnUchten mir Uber die musicalische Befähigung und Tllchtigkeit des Genannten Uberhaupt, sodann speciell Uber seine Leistungsfähigkeit im Orgeispiel, Uber seine Lehr- und Directionsgabe, wie endlich Uber seine Persönlichkeit geneigtest Auskunft ertheilen. - 189 - Ihre Rückäuf3erungen, denen ich entgegensehen zu dtirfen hoffe, werden selbstverständlich durchaus discret behandelt werden. Ebenso darf ich bitten, auch diese melne Anf rage als eine vertrauliche anzusehen. Indem ich die Hoffnung ausspreche, daf3 Sie mir die KUhnheit, mit weicher ich mich in dieser Angelegenheit an Sie gewendet, habe, nicht verargen, sondern durch das Interesse entschuldigen werden, weiches ich als Director der obengenannten Anstalt an der Gewinnung eines ttichtigen Musiklehrers für dieselbe haben mu1, zeichne ich, im Voraus für Ihre BemUhung verbindlichst dankend, in vorzUglicher Hochachtung Ihr ergebenster Prof. Dr. H. Bassermann, Director des ev. pr. Theol. Seminars. Franziska schreibt nach Vaduz: Mein lieber Schwa ger David! 25.4.84. Curt gibt mir den Auftrag, Dir für Deinen letz ten lieben Brief vielmals zu danken und Dir Auskunft zu geben, wie es mit seiner armen kranken Hand steht. Nachdem sie mehrere Monate in ziemlich gutem Zustande gewesen, fing sie zu Zlnfang des Jahres wieder zu schwellen an, - und zwar, nicht nur an der Wurzel von Zeige- und Mittelfinger, sondern die Geschwulst zog sich auch urn den Zeigefinger Un ten herum. Da aber Nussbaum so gebrechlich und überdiei3 schwerhörig geworden, daB em Verkehr mit ihm sehr erschwert ist, so lieBen wir ihn nicht kommen, sondern machten des Nachts nur die gewohnten Bleiwasserumschläge. Eines Abends war die junge Frau von Liegen-Mayer bei mir zum Thee; als Curt nach Hause kam, sprang sie ihm freundlich entgegen, er reicht ihr seine rechte Hand und sie drückt sie em bischen - ahnungslos, daB sie ihm weh that. Er war eben auch unvorsichtig gewesen, daJ3 er die Rechte - 190 - gebraucht. Am schmerzlichen Zucken seines Gesichtes erkannten wir, daB sie ibm wehgethan - em Wort gab das andere und mit allem Ernste drängte sie in uns, nun doch statt Dr. Nussbaum einmal den so berühmt gewordenen Dr. Helferich zu bera then, dessen Behandlung auch ihren Gatten von langwierigem Fuf3übel geheilt. Curt entschloB sich dazu und Dr. Heiferich kam auch bald und erklärte es für sehr angezeigt diese Sache fortwährend im Auge zu behalten, damit em Umsichgreifen des Leidens möglichst verhindert werde. Er rieth einen Handschuh machen zu lassen, weicher innen am Zeigefinger eine Stahifeder trägt, durch die das Biegen des Fingers und der Reiz am Knöchelgelenk verhindert werden soil. Ferners muf3 die Geschwulst unter Tags mit Jodsalbe und Nachts auch noch mit Bleiwasser gefeuchtet werden. Curt trägt nun mit Lamms-Geduid diese Maschine, oder Bandage, welche ihm den Zeigefinger gestreckt halt und ihn in Z!liem behindert: Am Schreiben, am Spieien, am Dirigiren. Letzteres kann er noch mit dem Handschuh am ehesten. Unter diesen Verhältnissen ist es noch em Glück, daB er den Beruf und die Freude am Lehren hat; denn sonst müBte er wirklich ganz meianchoiisch werden. Er ist ohnedem sehr ernst von Natur, aber doch kann er auch ieicht über SpäBe lachen und bin ich erfinderisch ihm soiche zu bieten. Neulich kam er auch sehr lustig vom Caféhaus heim, weil einer gefragt hat, was der tausendste Theil von einem Frauenzimmer sei, worauf em Anderer geantwortet babe: "A Millimadel." (Em Milchmädchen). Vieileicht gefällt das in Vaduz auch Jeinand. Nàchsten Freitag den 29. wird in Frankfurt der Christo- phorus gegeben und Curt wurde sehr eingeladen hinzugehen, wird es aber nicht thun. Gestern gab Bülow in Hamburg den Walienstein, am 27. iäi3t er ihn von seiner Meininger Capelie in Berlin spielen - da ware ganz hübsch Gelegenheit und Veranlassung zur Reise. Aber Curt traut sich eines Theils nicht wegen der Hand, und dann will er nicht öfters Urlaub nehmen, weil auch im Juni gelegentlich des schlesischen Musikfestes der Christophorus in Breslau aufgeführt wird, wohin Curt nicht ungern reiste. Nächs tens wird ibm auch eine groBe Ehrung von Berlin - 191 - aus begegnen. Gestern schrieb ihm der Präsident der kgl. Akademie der Künste in Berlin, daJ3 man .ihn zum Mitglied der k. Akademie gewählt habe und daI3 sein Diplom zur Unterfertigung beim Cultusminister läge. Diese Ehre wird nur den hervorragensten Malern und Componis ten zu Theil und hat del3halb wirklich eine künstlerische Bedeutung. Sprich aber nur mit Peter davon, da die Sache noch nicht ausgefertigt und daher nicht oficiell ist. Curt hat wirklich auf seinem ernsten Wege der Zurückhaltung und der Verachtung al.ler Reclame in verhältniI3mäl3ig jungen Jahren viel erreicht und kommt es mir of t vor, als habe ihn em geheimni6voller Drang getrieben so viel und so schnell zu componiren - als hätte er geahnt, daB später eine Zeit käme, in der ihm die freie Arbeit versagt sein würde. Er hat schon an die 130 Werke veröffentljcht und könnte die Musik Institute und Concertdirektionen noch lange mit dem Schonbestehenden beschäftigen. Nun habe ich Dir gewiI3 ausführlich geschrieben, lieber David; Gutes und (Jbles durcheinander wie halt das Leben ist. Wie bin ich froh, daI3 ich Curt beistehen kann: so viel hundertmal als ich ihm des Abends, wenn er im Bette, die Hand schon verbunden habe: so viel hundertmal und öfter war es mir em Trost ihn liebevoll pflegen zu können. Eben bringt mir Curt die Zeitung worm bereits die Nachricht seiner Ernennung zum Mit gliede der Kunstakademie in Berlin steht. Von uns aus erfuhr es Niemand. - Wahrscheinlich wurde es schon von Berlin aus bekannt gege- ben. I. . .7 Hans von Billow, der seit 1880 herzogl. Hofmusikintendant zu Meiningen war, schreibt an Josef Rheinberger: Berlin, den 26. Febr. 1884. Hochgeehrter Herr u. Freund, Besten Dank für Ihren molto a proposito gekommenen Brief, der in Bremen und Hamburg meine Thiirmertöchterlichen Bestrebungen wirksam gefördert hat. Pollini 1st sehr ge- - 192 - neigt, do. Sucher - Beide sind mir persönhich verpflichtet. Aber nun - urn aller Heiligen willen - TextbUcher, wornöglich eines mit Dialog, und Klavierauszüge! Habe in Bremen auf letztere umsonst gefahndet. Cranz ist ja nach Californien ver-pleitet. Senden sie K1.A. an KM. Sucher in Hbg. an Opernsanger Franz in Hbg. an KM. Hentschel in Bremen an Pianist u. Musiklehrer Dr. Crone in Bremen Letzterer ist em so schneidiger Kritiker, da8 er Thaler stUrzen wird und daB Angelo Neumann Alles thut, was er befiehit. Ii faut battre son frêre pendant qu'il est chauve. Der Ihrigste in skandalöser Hatz Billow. Rheinberger bedankt sich bei Hiller für die Ubersendung einiger BUcher: München, 3. März 1884. Sehr geehrter Herr! (Der Gatte dictirt!) Vor Allem meinen herzlichen Dank für die freundliche Ubersendung der (mir wohlbekannten) "rhythmischen Studien" für Pianoforte. Leider erlaubt mir meine Rechte nicht, sie selbst durchzuspielen. Ebenso danke ich für die Studie "Wie man componirt". Die neugierige Dame hat mit der kleinen Frage ziemlich viel aufgewühlt und es ware interessant, dieselbe Frage von einer Reihe von Componisten in ehrlicher mdlvidueller Weise beantwortet zu sehen. Das Resultat dürfte schon durch die Verschiedenheit überraschen, ja ich möchte behaupten, dal3 die meisten Componisten diese Frage kaum verständlich zu beantworten fEhig sein wUrden. Ich wenigstens ware in Verlegenheit gesetzt und mir scheint, daB Sie am Schiusse des Aufsatzes auch etwas Ahnliches bemerken. Ich danke Ihnen herzlich, daB Sie mir dieses Feuilleton gesandt haben - wissen Sie doch, daB wir Alles, was aus Ihrer Feder flieSt, mit regstem Interesse verfolgen Josef Rheinberger - 193 - Die "Ailgemeine Zeitung" (Nr. 81, 2. Beilage v. 21.3. 1884.) schreibt: I.. .1 Dem den Kunstsinn unserer Stadt in beschämender Weise beleuchtenden Indifferentismus unseres Publikums haben wir es zu danken, dat die einzige Vertreterin der classischen Vokalmusik, die kgl. Vocalcapelle, ihre Voca1-Soiren einstellen muf3te. Den Freunden dieser durch Hrn. Hofcapellmeister Prof. Rheinberger so ausgezeichnet geförderten Kunstgattung gereicht es wenigstens zur Genugthuung, dai3 die kgl. Vocalcapelle unter seiner Leitung im Rahmen des letzten AbonnementConcertes mitwirkte. Wir hdrten die achtstimmige herrliche Motette J.S. Bachs: "Singet dem Herrn em neues Lied", und drei vierstimmige Lieder aus Rheinbergers op. 124, und zwar letztere zum ersten Male. Es fällt uns schwer, einem dieser drei Lieder - "Abend am Meer", "Scheiden", "Wanderlied" (Gedichte aus F.A. Muths "Waldblumen") - vor den anderen beiden den Preis zuzuerkennen; wir constatiren nur, daB die beiden letzteren, im Volkston gehaltenen, ganz besonders angesprochen haben. Der Applaus, der die Vorträge der Vocalcapelle begleitete, trug dieBmal den Charakter einer herzlichen Ovation für den gefeierten Dirigenten, Hrn. Prof. Rheinberger. I.. .1 Der greise Sebastian Pöhli berichtet seinem ehemaligen Schtiler Rheinberger: Schlanders, 16. März 1884. Euer Hochwohlgeboren! Ihr herannahendes Namensfest gibt mir die angenehme Veranlassung, Ihnen hiemit meine innigsten WUnsche und Verehrung dazubringen. Gott erhalte Sie und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin recht lange gesund und glücklich, wie Sie es im volisten Mal3e verdienen. Ich verbinde gleichzeitig meinen innigsten Dank für das so viele Gute, daB Sie mir schon erwiesen haben. Eine ungeheure Freude aber hatte ich, als ich aus der Kölner - 194 - Musik-Zeitung Nr. 1 vom 1. Jänner 1884 eine Biographie über Sie und Thre hohen musikalischen Schöpfungen gelesen habe, worm auch meine unbedeutende Persönlichkeit als Ihr elnstiger Musiklehrer gedacht war; die Thränen standen mir in den Augen! Ich bin nun seit Jahr in Pension mit jähri. 300 f 1., nachdem ich mich voile 52 1 Jahre dem Volksschuiiehrer-Dienste gewidmet hatte, und hätte trotz meines 75. Lebensjahres noch welter gedient, wenn nicht em kieiner Schiaganfali meine Ge- sundheit zerstört htte. Ich schiief3e nun mit dem wiederholten Wunsche im Ver- eine mit meiner Frau, Gott schtitze und segne Sie und Ihre hochedie Frau, und iohne Sie hier und jenseits fUr Ihr edles Herz! Ich zeichne mich mit Hochachtung, aber auch mit Stolz ais Ihr einstiger Lehrer mit Dank erfUlitem Herzen. Sebastian Pöhii, Johann Nepomuk NuBbaum (1829-1890), der Rheinbergers Handieiden behandelte, schreibt an Franziska Rheinberger: Mtinchen, Beste Frau v. Rheinberger! 12. April 84. 12. April glUcklich, ais ich die Freude hatte, Gottes Wilien an Ihnen auszufUhren! Heute liege Wie war ich am ich an rheumatischer HUftgelenkentzUndung krank und arbeitsunfHhig im Bette. Gott gebe eine baidige Ent- scheidung. GrUI3en Sie mir den guten H. Hofkapellmeister vielmals und sagen Sie ihm, daf seine Hand nicht ganz gesund, aber wieder ganz ordentlich und brauchbar werden wird. Merken Sie, dal3 die Eiterung zunahm, so wUrden Sie doch eine Spur Radosan Puder hineinstreuen. Eine Feder- messerspltze you, weiche unmöglich unangenehme Symptome bringen kann; dann den Bieiwasserumschiag gut ausgedrUckt darUber legen und mit Guttapercha zudecken. Mit den herzlichsten GrUl3en u. SegenswUnschen bleibe ich Ihr treu ergebener Freund Ghr. v.Nussbaum. - 195 - Franziska Rheinberger bedankt sich noch einmal bei Hiller in Köln für die schöne AuffUhrungdesChristophorus und bedauert 1-lillers Abschied als Dirigent von den Gtirzenich-Konzerten: /. . ./ Die leidige Nachfolgerfrage wird nun auch berührt werden müssen. "Nix bessers kömmt net nach", sagt man in München. Für alle Fälle darf es freilich nicht anwendbar sein, wo käme man sonst hin? Aber wir in München haben seit Lachner's Abgang die Wahrheit dieser Rede oft recht bitter empfunden - und empfinden Sie noch. Eben kommen wir von der Hofkirche nach Hause wo mein Mann Lachner's herrliche 5st. Messe in d-moll (mit dem schönen Sanctus) und sein eigenes Terra tremuit (8stinnnig) dirigirte. Die Charwoche brachte wieder Perlen der alten Meister an die Reihe, unter Anderem Palestrina's doppelchoriges Stabat Mater, welches in diesem goldenen Raume ganz seraphisch kiang. Unsere geliebte Kirche hat unter Andern schönen Eigenschaften auch die unter Menschen so selten gefundene Dankbarkeit. Sie hegt und pflegt ihre Kinder, ihre Meister und wàhrend die besten Opern mit der Zeit von den Brettern schwinden, lebt em Lassus, em Palestrina und Lotti in semen kirchlichen Werken in aller Jugendschöne und Wahrheit fort ... weil es eben Ernst ist und nicht Komödie. /. . Zu Pfingsten soilte Rheinberger semen "Christophorus" auf dem Niederrheinischen Musikfest in Düsseldorf dingieren. Er mu2te wegen Verschlimmerung seines Handleidens absagen, und der geplante Besuch bei Hiller in Köln fiel ins Wasser. Die von Hiller erbetene Aufklärung über Wüllner, der in Köln Hillers Nachfolge antreten soilte, gab Rhemnberger in schriftlicher Form ab: - 196 - /eingegangen 30.5. 1884/ Hochgeehrter Freund! ("Er" dictirt, "sie" schreibt): Wenn em Brief von Ihrer Hand ankommt, 1st es uns immer eine grote Freude, so auch heute, als Ihre lieben Zeilen eintraf en. Ihre vertrauliche Anfrage in Betreff W/üllner/ will ich versuchen, ebenso vertraulich zu beantworten. W/üllner/ hatte hier als Hofcapellmeister die Leitung der kgl. Kirchenmusik, und an der kgl. Musikschule den Unterricht des Chorgesanges, sowie die Leitung der Con- certe. In beiden Stellungen zeichnete er sich durch un- ermUdlichen Fleif3 und grof3e musikalische Gewissenhaftig- keit aus, und ist seine musikalische Hauptstärke jedenfalls das eben erwähnte Lehrfach. Noch welt gröBer aber ist sein Ehrgeiz, der nach dem Theater trachtet - eine Liebe, die aber nicht erwidert wurde. Als seiner Zeit Lachner und Billow von hiesiger Bühne abgingen und der da- mals junge Musikdirektor Richter (z.Z. Hofcapellmeister in Wien) sich bei Einstudirung des Rheingold etc. der Intendanz gegenüber unbotmäBig benahm, war gro8e Verlegenheit am Theater urn elnen Capelimeister, indem die Kö- nigs Vorstellungen unaufschiebbar beginnen soliten. Da sprang W/üllner/ em, und es war ihm damit gelungen, im Theater Fu13 zu fassen. Zwar war dies nur em Provisorium und die Berufung Levi's erfolgte. Letzterer machte den Anspruch auf die Direktion der Wagner'schen Opern. W/üllner/ ging nach "Damascus" und glaubte dadurch seine Thea- terstellung zu befestigen. L/evi/ schien aber auf den Brettern, die die Welt bedeuten, besser zu Hause zu sein und gewann Jenem den Vorrang ab. Es war dies zu der Zeit, als Rietz in Dresden starb und W/tillner/ dort einen gUnstigen Boden für seine Theaterleidenschaft zu finden glaubte. Durch genannten Gang nach Damascus erreichte er jedenfalls so viel, daB er von der Presse, der er frUher selten etwas recht machen konnte, plötzlich zu einem der ersten Dirigenten Deutschlands erhoben wurde. Ich für meine Person habe nie begreifen können, wie man auf der einen Seite für Palestrina und Haydn, auf der andern für Wagner schwärmen konnte, denn ach : "nicht zwei Seelen wohnen in meiner Brust". Nun - Andere bringen so etwas schon fertig. Und nun über seine Begabung als Dirigent. - 197 - Wenn bei uns in Süddeutschland em Sanger eine schöne Stimme hat, unerrnüdlich f1eitig und tadellos correkt singt und doch kein Mensch von ihm entzUckt 1st, so sagt man: "er singt 'lutherisch". Es 1st dies ohne jede confessionelle Beziehung gemeint, denn auch die protestantischen Musiker bedienen sich dieses Ausdrucks. Eben so lutherisch war die Direktion W/tillners/, denn bei alien anderen guten Eigenschaf ten fehite eben jenes Ptinktchen auf dem i, weiches schliel3lich doch den Buchstaben macht - d.h. jene llberzeugende Wärme, die man selbst urn den Preis elner etwaigen IJncorrectheit nicht vermissen mag, wenn man nehmlich Musikanten- und nicht Fischblut in sich hat. Seine persönlichen Eigenschaf ten waren höchst achtungswerth, ohne da1 er eigentlich be- liebt war. Nun hart das Dictiren auf und der Sekretärin wird gestattet, auch elnen selbständigen GruB beizufügen. Leider wurde mir heute auch schon der Absagebrief nach Düsseldorf diktirt, weicher zugleich die Hoffnung durchstreicht, Sie in Coin wiederzusehen! - Die Hand ist gegenwärtig so geschwollen und neue Wunden bilden sich an ihr, dai3 der arme Märtyrer keine Lust zum Reisen hat. Der Arzt meint zwar, dieses Stadium sei der Vorbote gänzlicher Heilung - aber wird - im besten Faile - nicht em Finger steif bleiben? Gott sei Dank sind wir Beide in Leiden g'eübt, so daB wir dadurch nicht ungiücklich werden: Mir gewährt es sogar eine besondere Genugthuung, daB ich ihm in schweren Tagen zur Seite stehen darf. Wir grüBen Sie recht herziich und werden in nächster Zeit noch mehr als sonst bei Ihnen in Gedanken sein. Ever yours very sincerely Fanny Rheinberger - 198 - Stanley Lucas (1834-1903), Musikverleger in Londen fragt bel Rheinberger an: 26. July 1884. Geehrter Herr! Elne bekannte SocietHt in Amerika, weiche schon viele Ihrer Chorwerke durch uns bezogen, beauftragt uns, an Sie zu schreiben und Sie zu fragen, ob und unter weichen Bedingungen.. Sie geneigt sein wUrden, die Bailade von Geibel "Vom Pagen und der Königstochter" für Soil und Chor und Orchester zu componiren. Man 1st in Amerika sehr für Ihre Compositionen eingenommen, und da jene Gesellschaft diese Bailade gem zu besitzen wünscht, so zieht sie vor, vor irgend einem der jetzigen Componisten Ihnen das Werk zum Musiksatz zu übergeben. Sind Sie geneigt, die Composition zu unternehmen, so wolien Sie die Güte haben, uns gef 1. baldigst Nachricht zu geben. Hochachtungsvoli zeichnen Ihre ergebenen Stanley Lucas, Weber & CO. Franziska skizzierte foigende Antwort, die Rheinberger diktiert: erkläre ich mich bereit, wenn mir die SocietHt eine dem Umfange dieser bedeutenden Baiiade entsprechende Honorirung gewHhrt, wobei jedoch ausgesprochen sein muss, ob das Eigenthums- u. Veriagsrecht für Deutschland mir verbleibt, oder von der SocietHt selbst beansprucht wird. Moge mir also die Geselischaft hierüber und llber die Höhe der Summe elnen ganz bestimmten Antrag steilen, und werde ich Ihnen hierauf meine Entscheidung zukommen lassen. Rheinberger. Kreuth, 29.7.84. B.edingt durch sein Handleiden schrieb Rheinberger in der ersten JahreshHlfte so gut wie keine Noten. Als sich Mitte Juni 1884 Besserung zeigte, bringt er in 14 Tagen - 199 - sein erstes Orgelkonzert F-dur, op. 137 zu Papier und lost un August in Kreuth sein Versprechen, bei Linderung seines Leidens em Stabat mater (op. 138) ex voto zu komponieren. Franziska berichtet am 7. August 1884 David Rheinberger in Vaduz, I...! daI3 Curt's Hand allerdings noch nicht gut, aber auch nicht mehr so schlecht ist. Nussbaum's unvergleichliche Behandlung hat Gott sei Dank die grof3e Gefahr abgewendet, weiche durch das System des "neuen medizinischen Sternes" nachgerückt war. Nussbaum hofft und glaubt, dai3 die Hand endlich mit der Zeit (für den übrigen Körper gefahrlos) heilen - aber bis zu diesem Zeit- punkt noch grol3er Geduld bedürfen werde. Die zwei Hand- wunden an der obern Handseite sind schon jetzt fast verkrustet; doch ist der Zeigefinger noch etwas geschwollen und die Wunden an der innern Handseite nicht fertig. Gebe Gott eine schliei3liche Heilung. Das Buchstabenschreiben ist ihm fast unmöglich. Ich schreibe alle Brie- fe für ihn und er unterzeichnet sie; aLer zum Notenschreiben kann er die Feder einwärts halten: er drückt sie zwischen Daumen und vierten Finger und kann dann manchmal eine Seite zu Stande bringen. Eure Nachrichten über die Veränderungen in Vaduz haben uns sehr interessiert. Gebe der Himmel, daB der Wechsel keine Schmerzen im Gefolge habe. Wie mag wohi der neue Landes-Verweser in kirchlicher Hinsicht denken? 1st schon neuer Hofcaplan ernannt? Curt freut sich sehr, daf3 die arme Orgel auch einmal wieder gestimmt wird und bedauert nur, daB er aus doppelten Gründen dieselbe in diesem Jahr nicht wird spielen kännen: 1. weil ihm seine em Hand das spielen verbieten würde, und 2. weil ich fa- taler Weise an den FüJ3en haib lahm bin, so daB eine Reise nach Vaduz leider auch in diesem Jahr kaum ausführbar ist, wie wir doch früher gehofft hatten. Ich glaube Dir geschrieben zu haben, daB in diesem Frühjahr mich em schleichender Gelenkrheumatismus sehr gequält hat, so daJ3 mich der Arzt nach Wildbad, was mir schon zweimal gut be- - 200 - kommen war, schicken wolite. Aber Curt's Hand war im Mai so schlimm (mul3te dreimal im Tag verbunden werden), daI3 ich ihn unmöglich verlassen konnte. Ich nahm dann in München einige Salzbäder, als ich aber kaum acht Tage hier war, ging das Leiden wieder starker an, so daB ich an manchen Tagen kaum 50 Schritte machen konnte. Der hiesige Arzt hofft viel Erfoig von den Fichtennadelbädern; ich habe jetzt deren 5 genommen und konnte gestern eine Vierteistunde geradeaus gehen. Allein ich wüf3te nicht, wie ich in Vaduz von der Linde bis zum rothen Haus kärne und dieser Zustand der Unbeweglichkeit ware doch für mich und für euch sehr peinlich! /. - . / Frank Van der Stucken (1858-1929), Dirigent und Komponist in New York, versucht ebenfalls, eine Komposition bei Rheinberger in Auftrag zu geben: New York, 25.9.84. Verehrter Meister, Im letzten Concerte (4. April) des Manner Gesang Vereins tlAriontt, dessen Dirigent ich seit Dr. Damrosch's Ableben geworden bin, fUhrten wir mit grossem Beifalle Ihre Composition "Das Thai des Espingo" auf. Von allen Seiten wird nun der Wunsch ausgesprochen, em neues Werk von Ihnen in einem unserer grossen Concerte zur Aufftihrung zu bringen, und es 1st in mir em unbescheidener Gedanke erwacht, den ich hiermit durchzusetzen wage. "Könnenundmöchten Sie eine Composition für Männerchor & Orchester speciell für den 'Anon' schreiben?" Wir wUnden natUnlich alles daran setzen, das Werk mit moglichster Volikommenheit dem Publikum vorzuführen. In der Hoffnung elner gUnstigen Antwort auf diese etwas anspruchsvolle Anfrage zeichnet Hochachtungsvol 1 Frank von der Stucken - 201 - Franziska berichtet Ferdinand Hiller unter dem 28. Oktober 1884: Heute ist grof3e Wahitag in München. Mein Mann ist als Liechtensteiner unbetheiligt, da sein schönes Ländchen beim Umgestaiten des deutschen Reiches vergessen wurde. Für ihn ist dieser Tag em geschenckter und wird dem Nonette /op 139/ zu statten kommen. Gott sei tausend Dank geht es mit der Hand .fortschreitend besser. AN HAN G - 205 - Musikalischer Scherzbrief Rheinbergers (Handschrift Fanny Rheinberger) vom 11.1.1874 an Johnie Mayer in Wien. Voce di Kurt Tempo moderato j pp -- H iLF f Lie - bcr Iii sf a- Pa - dim. Joh - nie! - 206 - - _i j .!__p_ ' -'--1 Vor al-lem dank' ich dir für dei-nen Ietz-ten 1 I V Brief und für dei - ne freund-li - che Theil- nah - me! I N A-ber der Win - ter war mir zu I 6 - 207 - (3) streng und zu weit die Fahrt bis nacli zz 4Graz u - ber den Sem me- dolce ring! /?, Doch ging die _pI 1 ,,Türmers Töchterleiri". 0 - per1 gut, r- ar-I - 208 - 0 der Bei-faIl blieb nicht aus und schon drei 4 sie wie- der - holt: so schrieb mir von Graz nebst noch Viel des I t,;:----_. I V - 209 - 1 -:1:: I Schmei-chel-haf - ten und An - ge - neh - men, TIIr_! Herr E- du-d Krei-big, The- a - ter - di- I Auch bot er mir freundlich trem. S., - Il_fA(lI -I. P'trern.L - 210 - 3 an, die 0-per nachWien zu emp-feh-len. -. -' I - I 1 A - ber, ihr Wie-ner, - ihr liebt zu sehr L. 8f a - ber, ihr Wie-ner, die Back - häh - nelu - 211 - 'N., S und die Stran- Ci- schen Wal-zer! Wa2zertempo. 'N.' (1% L31jI_4 I p I. rrr- Doch r da - für stra-fet Euch das - 1' JJ. ;. A Schick-sal und beschert Euch die ILI 1 __V. A ,,Ge - notHt - 212 - 4 A ye - va";1 F es ' __ - __ .4-. I::: recht, 12 denn auf den ,,Car-ne - val" - __I - I kommt halt die Fa-sten. jr _L Nun, 1ie-br p 2 I ge - schieht Euch wahr - lich Schumanns Oper. Anspielung auf Schumanns Klavierzyklus. 4- - 213 - Freund, le-be wohi, gru-13e Dci - ne rrau! auch vie - le a Grü - fe rLII1r-- J--- _:t N-4_ von der Mci - ni - gen, und he- .. I hal - te lieb dei - nen treu- en Kurt. I M. D. 11. 1.1874. Aus: Dr. Theodor Kroyer "Joseph Rheinberger" Regensburg und Rom 1916 - 214 - Entstehung unserer Legende Christophorus von Fanny Rheinberger Wagenfahrt über den Arlberg Noch lagen nicht auf diesem hehren Weg Des Fortschritts kalte Schienen. Noch ward nicht Das Innerste des Berges von Dynamit Zersprengt, noch toste nicht mit glühendem Athem Das Dampfroi3 durbh den Fels. Das Viergespann durchtrabte sichern Schritts Die tannengrünen Schlüchte, zog Zu sonnger Höh am Silberbach vorüber, Der - em befreiter Jüngling - aus der Enge Des Mutterborns in weite Thale drängt; Bei jeder Wendung lagen vor dem Auge Die schdns ten, gottgeschaffnen Bilder Bezaubernd eingehüllt in Mondenschein, Noch wunderbarer, licht im Glanz der Sonne. Schon wehn die Lüfte frischer. Sieh dort! Des Ariberges Spitze Umkränzt em Perlenband von Schnee So hoch hinauf müf3t ihr uns ziehn, ihr Röl3lein! Und als die Landschaft schroffer sich gestaltet, Da sprachst du:"Das war einst die Welt, in welcher Der arme Heinrich, Findelkind genannt, So grof3es that an mitleidvoller Liebe. Ich las in seinem Büchlein, drin er selbst Beschrieb sein Wirken." Und ich bat den Freund Mir ungefähr zu sagen, wie das war. Steil aufwärts ging der Wagen, mächtig zogen Die Rosse, angeeifert, Durch Ruf und Peitschenknall des Postillons. Und du erzähltest mir, bequem Zurückgelehnt in die Kissen, Mit trunknem Auge auf die Landschaft blickend Und blaue Wölkchen aus den Lippen hauchend: "Bin Heinrich Findelkind. guter Mann hat sich mein erbarmt. Em Wohl hat er schon neun Söhne, Ich solite sein zehnter sein. - 215 - Ills wegen Bürgschaft er verdarb Konnt' er uns nicht mehr nàhren. Fünf soliten bei ibm bleiben, Fünf fort zu dienen gehn Zwei Pilger waliten nach Rom Und ich zog ihnen nach. Sie gin gen zum Arlberg Und kamen zu Jacklein über Rhein. Der sprach: Wo wolit ihr mit dem Knaben bin? Die Pilger dann: Er karn zu uns ins Feld Und Jacklein .frug: Wollt ihr ihn bei mir lassen, DaB er die Schafe hut? Sie sprachen drauf: Was er will, ist uns lieb. Mich dingte Jackelein, Ich hütete die Schafe sein. Ging sonntags zu der Kirche er, Trug ich sein Schwert ihm hinterher. Zwei Gulden gab er mir ira Jahr. Wenn scharfer Winter war, Fand ich erfroren manchen Mann. Der bose Arlberg hat's gethan. Mit Schnee, Lawin' und eisgem Wind. Mich Heinrich Findelkind Erbarmte das gar sehr! Gab fünfzehn Gulden her, So Jemand woilt' em Herberg bau'n. Doch keiner hatte Gottvertrau'n. Ich rief zum Helfer in der Noth, Christophorus, du starker Mann Fang Dv mit mir zu retten an! Den ersten Winter sieben ich fand, Ich grub sie aus mit eigner Hand. Dann wurden 's immer mehr, Trug sie zur Herberg her; Hab jeden Wandrer angefleht, Er mdge mir em Scherflein weih'n. Sanct Christoph jetzt hoch oben steht Beirn Pilgerhaus von Stein. Bin Heinrich, nur em Findelkind, Doch Gottes Weg' barmherzig sind. - 216 - So rein, so fein, wie nie im Erdenthal Wie nur auf Bergeshöh', dem Himmel nah Umweht uns jetzt die Luft. altes Kirchlein taucht empor, Em Und sieh, vom Thurm herab - gemalt Wie riesig groi3 Grüi3t Sanct Chris tophorus, Das Christkindlein auf den Schultern tragend. o Heinrich Findelkind, du guter Knab', Wir denken dein und deiner matten Arme, Mit denen du die Sterbenden umschlungen Und nicht lebendig hättest heimgetragen, Hätt' nicht das Jesuskindlein dich gestützt. o welch' em Hauch strdmt aus dem Herzen Gottes! Wir athmen tief, Wir athmen lang. Und Thränen lagen auf der Wimper.- Wie fein und rein die Luft! Und als es wieder thalwärts ging Stand eines fest: nicht in den Tod zu gehn Bevor em Denkmal dieser Fahrt gesetzt Im Lied "von der Barmherzigkeit Sanct Christoph beim Hospiz geweiht." Franzisca Rheinberger v. Hoffnaal3. - 217 - Bericht über die Gesundheitsverhältnisse von Josef Rheinberger. Obgleich seine beiden Eltern din hohes Alter erreichten, (Der Vater, weicher allerdings in seiner Jugend für brustleidend gait, starb mit 85 Jahren an der Gesichtsrose,die àusserst schwächlich aussehende Mutter mit 75 Jahren am Typhus) ist doch em angeerbtes Brustübel in der Familie unverkennbar, da vier Geschwister in erwachsenem Zustande daran starben und em anderer noch lebender Bruder mit vierzig Jahren Blut hustete, nunrnehr aber hergestelit zu sein scheint. J. Rh. erkrankre vor zwanzig Jahren im Alter von 23 Jahren an einer Brustfell (oder Lungen) Entzündung, an weicher jim Dr. Lotzbeck glücklich behandelte. Da em Exsudat zurückblieb, rieth Dr. Lotzbeck und Prof. von Buhi die Molkenkur in Kreuth zu gebrauchen, weiche seit dieser Zeit ailjähriich durchge.führt wird. Vor circa 10 Jahren heR sich J.Rh. von Hofzahnarzt Koch zum erstenmale in seinern paar Tagen stehlte sich starker Schmerz am Kiefer em, welcher bei starker Steigerung die Consultation Dr. Lotzbecks veranlal3te. Zwei Monate lang wurde der kranke Kiefer behandelt, unter Leben einen Stockzahn nehmen. Nach em groJ3en Schmerzen des Patienten, welche seine Kräfte ganz herunterbrachten. Der behandelnde Arzt mul3te eine Reise nach Spanien unternehmen und übergab den Patienten an Dr. Posselt, weicher, da auch am Halse Drüsenschwellungen sich zeigten, fortwährend warme Cataplasmen gab. Eine Erkrankung Dr. Posselt's und erneute furchtbare Schmerzen am Kiefer machten dem Patienten groI3e Sehnsucht nach operativer Behandlung wach. Prof. v. Nuf3baum wurde gerufen, und sein Ausspruch lautete,daJ3 bereits Gefahr auf längern Verzug sei - und nachdem er sogleich Splitter aus dem Kiefer gezogen, erklärte er nach zwei Tagen eine theil- weise Resektion des Unterkiefers an der innern Wandung vornehmen zu müssen. Er operirte glückhich und schnitt auch gleichzeitig an der Halsdrüse. Nach 14 Tagen war der Gefolterte im Stande wieder auszu- gehn und fühlte sich hergestelit. Nach nicht langer Zeit zeigte sich an der rechten Brustseite in der Nähe des Schlüsselbeins eine grol3e Beule, weiche in Eiterung überging, aber wieder heilte. - 218 - Inzwischen traten in der Stadt die Blattern auf und Impfung ward geboten. J.Rh. lieI3 sich gleichzeitig mit andern bei Prof. Amann impfen. (Dr. Arnann war seit Jahren mein behandeinder Arzt, sowie auch Prof. Nuf3baum durch eine glückliche Ovariotomie mir im Jah- re 1866 das Leben rettete. Dies zur' Erklärung des besonderen Vertrauens in beide Arzte.) Nach der Impfung zeigte sich keinerlei Unwohisein. J.Rh. ging nach Kreuth; im selben Herbste begann die rechte Hand zu schwellen und zwar zwischen dem Zeige- finger und dem dritten Finger. Man glaubte, es sei Folge von Uberspielen am Ciavier. Die Geschwulst zwischen den beiden Knöcheln wurde häher und fühlte sich suizig an, so daB Patient wieder zu NuBbaum in der Meinung ging, er werde operiren. Es geschah nicht, sondern es wurde Bleipulver zum Auflegen angeordnet. Die Geschwulst ging nicht zurück, wurde öfters dem Arzte gezeigt, weicher die gleiche Behandlung empfahl. Eines Nachts öffnete sich die Geschwulst von selbst und viel Eiter kam heraus. Es wurden von Nuf3baum nur feuchte Umschläge angeordnet und zugleich die feste Meinung ausgesprochen, daB diese Geschwulst als em glücklicher AusfluI3, oder Abzug von der kranken Brust, gleichsam als cm natürliches Fontanelle zu betrachten sei. Jedes Experimentiren der Hand sei absolut zu verineiden. Die Wunde schiofi sich nicht, oder nur so, daB darnals (vor 8-9 Jahren) etwa em stecknadeigroBes Loch stets eiterte. Der Wunsch sich nach em paar Jahren wieder auf der Brust von Prof. Buhi untersuchen zu lassen, urn zu erkennen, ob das Exsudat sich ganz aufgesogen, veranlaBte den Patienten hinzugehen und als Prof. Buhi die kranke Hand sah und Nuf3baurns Ansicht hörte, verwarf er dieselbe und erklärte das Jodbad Heilbronn für höchst indicirt. Man gehorchte, aber der dortige Arzt Dr. yogi warnte vor dern Baden und glaubte, daB Trinken genüge, sowie Handbäder. Dr. yogi erkärte den Organis- mus des Patienten für erschüttert im Aligerneinen, in Folge früher sehr angestrengter, geistiger Thätigkeit, weicher nicht genug Körperpfiege, Nahrung etc. entgegengestelit worden, und Patient gestand zu, daB er wàhrend der Studienzeit und auch später sich wenig Rube gegönnt, - 219 - und das Essen vernachlässigt habe. Das Jod-Wasser hatte keinen sichtbaren EinfluJ3. Die Hand blieb offen und Buhi erachtete im Jahre darauf eine Wiedé.rholung der Kur und ganze Bader für unerläl3lich. Es geschah - ohne andern Erfolg, als daIs der Patient em genickkrampfartiges Kopfweh davon trug, weiches ihn eines Nachts zu soicher Raserel brachte, daf3 man den nächsten Arzt holte, Dr. Ludwig Mayer (+). Dieser erklärte, daB Jod für J.Rh. Gift sei(!), daB man jetzt nichts thun könne, als durch Morphiuminjektionen die Nerven abzustumpfen, so oft dieser neural gische Krampf eintrete. Diese Qual dauerte den halben Winter 1874 und lange Zeit währten die Folgen dieses Leidens. Bis zum Beginn des Jahres 1878 blieb die kranke Hand so ziemlich im gleichen Stadium. Unter Tags wurde sie meist off en getragen, des Nachts mit einer kalten Wassercompresse unter Guttapercha bedeckt, und es zeigte sich dann meist Eiter am Leinenläppchen. Im Februar oder März 1878 schwoll die Hand stark auf, verursachte groBe Schmerzen, so daB Dr. L. Mayer gerufen wurde, weicher die Hand ziemlich fest in kalte Umschläge wickelte. Nach etwa 24 Stunden brach die Hand zu gräBerer 0 Wunde auf und der Arzt bemerkte, daB sie em kleines Knochensplitterchen ,," abgestossen hatte. Er glaubte, daB nunmehr auf definitive Heilung zu hofferi 'sei und fatschte die Hand täglich in einen neuen Verband bis sie volikommen geheilt schien. Es mag Zufall sein, daB aisbald em furchtbar hef tiger Husten eintrat, welcher Nuf3baums Auffassung zu rechtfertigen schien. Nach einem Vierteljahr brach die Hand abermals auf bis zum Beginn des Jahres 1882, seit weichem Zeitpunkt die Hand fast geschiossen ist, aber oftmals aufschwillt und schmerzt. Anstelle, wodie Narbe nach Innen zog, erhob - und erhebt sich Fleisch - so scheint es. Oft sehnt sich der Patient nach Wiederöffnen der Wunde, aber das Wort Nui3baums: "Lassen sie nie und Niemand an Ihrer Hand experimentiren" halt ihn ab, irgend em Mittel zu diesem Zwecke anzuwenden. Gegenwärtig leidet er an Husten. Trotz all dieser Leiden kam er mit Ausnahme einiger schwe- rer Leidensynonate seinem Berufe fortwàhrend nach, obgleich das Schreiben und das Dirigiren der kranken Hand sehr pein- lich ist. Das Clavierspiel muBte vernachlassigt werden. Der treue Freund des Hauses, Prof. Amann, halt den Patienten für strophulös, die Schwerathmigkeit, namentlich beim Steigen, lal3t an Enphysem denken. - 220 - Die Stimine klingt beim Erklären in Proben stark und präzis; gegenwärtig reizt das deutliche Sprechen zum Husten, ohne daB die Stimme gleich der von Lungensüchtigen raub oder verschleiert klänge. Dr. Amann versuchte einmal den Rat zu geber, einen Tropfen Leberthran auf die Wunde zur Heilung zu geben. Bald darauf schwoll die Hand stark an und auch Dr. Amann nennt sie jetzt em: "Noli me tangere". DaB J.Rh.s Nervensystem gereizt ist, daB die Hände leicht zittern, wenn er in irgendeiner Erregung etwas anfaf3t (Feder-Messer), daJ3 er oft an Kopfweh und Schiaflosigkeit leidet, dürfte zur Vervollstàndigung des Leldensbildes gehören. Trotzdem macht er im Ganzen weder den Eindruck eines schwächlichen, noch eines kränklichen Mannes. Blut wan er nie aus. (8. Mai 1882) (Franziska Rheinberger) Der letzte Satz der Darstellung trifft nicht zu. Nach Rheinbergers eigener Aussage hat er es fertiggebracht, dieses Symptom vor seiner Frau stets zu verheimlichen. - 221 - ANMERKUNGEN Die Anmerkungen sind nach Seitenzahlen (S.) und Schriftzeilen (Z.) geordnet. Wiederholungen im Text bleiben in der Regel unberücksichtigt. - 223 - S. liz. 2f.: . . .die sieben Raben = Oper von Josef Rhein- berger. Curt = Fanny Rheinbergers Kosename für ihren Gatten Josef. Prof.v.Schafhäutl = Dr.phil.Dr.med. Karl Franz Emil von Schafhäutl (1803-1890), Freund und Mentor Rheinbergers (vgl. Band I). Wüllner = Franz Wüllner (1832-1902), Dingent der königlichen Hofvokalkapelle und Lehrer an der Kgl. Musikschule in München. Stehie = Sophie Stehle, Sängerin Z. 10: Z. 14: . . .sein Tui subt coeli = op. 69 Nr. 2 Thürmers Töchterleiri = Oper von Josef Rheinberger Z. 17: Franz von Holstein = (1826-1878), Komponist, lebte in Leipzig. Er und seine Gattin Hedwig waren mit dem Ehepaar Rheinberger befreundet. Z. 33f: . . Ihrem "Erben von Morley" = Open von Franz von Holstein Z. 34: "Genoveva" = Open von Robert Schumann z. 37: . . .kommt em tückischer Freiherr = Sophie Stehle vezmählte sich am 28.2.1874 mit dem kgl. preuss. Kammerherrn Gustav Frhr. von Knigge. 2/Z. 8: Chor- und Soloballade = "Toggenburg". Em Romanzenzyklus von Fanny von Hoffnaass, für Soli, Chor und Pianofortebegleitung, op. 76. Z. 12f: . . . em bezopfter = Diese Bemerkung zielt auf den als Parteigänger Liszts und Wagners bekannten Dramarurgen Hermann Zopff (1826-1 883), der seit 1868 die "Neue Zeitschnift für Musik" herausgab. (Vgl. Th.Kroyer "Joseph Rheinbergenl?, Regensburg 1916, 5. 120. Kroyer gibt dort den . S. - 224 - zitierten Brief Rheinbergers wieder, der zuvor als "Eine unbekannte Persiflage Jos. Rheinbergers auf die Zukunftsrnusik" in "Die Wahrheit", Heft 5, Jg. 50, Leutkirch 1906, veröffentlicht worden war.) S. 7/z. 2: .. .höchst betrübten Börsenzustände = In Qesterreich begann 1874 der Zusamrnenbruch der wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem S. 8/Z. 13: Z. 16: Z. 17: Z. 32: S. grossen Aufschwung während der sogenannten Gründerperi ode. . . . das Frauenterzett = "Toggenburg", op. 76 Nr. 5: "Sie liegt irn Moos..." .. .die Aufführung seines Töchterlein = "Thürmers Töchterlein" (vgi. S.1). An den guten Schwiegervater in Vaduz = Johann Peter Rheinberger (1 789-1874) Fri. Menter (juniora) = Sophie Menter, verb. Popper (1846-1918), Pianistin, Schülerin von Tausig, Bülow und Liszt. Z. 33: Ciavierguarttt = Quartett in Es-dur für Z. 34: .. .die lieben Waichen-See-Lieder = "Am Pianoforte, Violine, Bratsche und Violoncello, op. 38, komponiert 1870. Waichensee". Acht Lieder für gemischten Chor a capella nach Gedichten von Carl Lemcke, op. 63, komponiert 1872. 9/Z. 19: Wallensteinsinfonie = "Wall enstein" Sinfonisches Tongemälde in d-rnoll für grosses Orchester, op. 10. Z. 24f: . . . einen Chor zu Reinick 's "Feuriger Liebe" = "Feurige Liebe" für vierstimmigen Mannerchor, WoO 42 (unveröffentlicht). Z. 27f: Robert Reinick's "Künstlergruss an die Frauen" = Nr. 2 im Liederzyklus "Aus dem Sangerleben" op. 85, 7 Lieder.und Gesänge für vierstimrnigen Männerchor. S lO/Z. 3f: Violinsonate-Soflate Nr. 1 in Es-dur für Violine und Klavier, op. 77. - 225 - Duo = Duo in a-moll für zwei Klaviere, op. 15; Quartett = Klavierquartett in Es-dur, Z. 33: S. 1hZ. 4: Z. 35: S. 13/Z. 15: Z. 20f: S. 14/Z. 5: Z. 21f: Z. 26: op. 38. . .die armen Schaaner = In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 1874 brannte in . Schaan der Dorfteil Specki bei starkem Föhn fast vollständig nieder. Em Hilfskomitee unterstütze durch eine Sammlung von Geld und Naturalien die Brandgeschädigten. der guten Tante = Rh's Tante war Pfarrköchin in Schaan, wo das Pfarrhaus in unmittelbarer Nähe der Brandstätte stand. Vaduzer Orgel = Nach zweijähriger Bauzeit war die von Rheinberger disponierte Orgel für die neue Pfarrkirche in Vaduz fertig geworden (vgl. Band IV, S.7Off.). Herrn Landesverweser = Karl Haus von Hausen (1823-1889), Landesverweser in Vaduz von 1861-1884. Hr. Briem = Wunibald Briem (1841-1 912), Komponist und Organist, war Schüler Phihipp Schmutzers in Feldkirch und Josef Rheinbergers in München. . . schon 1856 componirten Messe = Messe in D-dur für 4 Singstimmen und Orgel (JWV 71), in Rh's Thematischan Catalog als "Landmesse in D-dur. .." bezeichnet. Das Manuskript dieses Jugendwerkes galt lange als verschollen, bis es am 10.10.1975 im Archiv des Kirchenchors Vaduz wieder aufgefunden wurde. Gutachten über die neue Orgel = Dieses Gutachten Rheinbergers scheint verloren zu sein. Ouvertüre zur Zähmung der Widerspänstigen = op. 18 em Quintett = Streichguintett in a-moll, op. 82. S. 15/Z. 23: Ambros aus Wien = August Wilhelm Ambros (1816-1876), Jurist, Musikhistoriker und -kritiker, Komponist, wurde 1872 nach Wie,n - 226 - Z. 23: Z. 27: an das Justizininisterium und gleichzeitig als Lehrer an das dortige Konservatoriuin berufen. . .sein Streichquintett für 200 Thlr. verkauft = an den Musikverlag Rob. Forberg in Leipzig. Das Streichquartett ist Dr. A.W.von Zimbros in Wien gewidmet. Regina coeli = aus "Drei lateinische Hymnen" für dreistimmigen Frauenchor und Orgel, op. . 96. S. 16/Z. 7: Z. 9: S. 19/Z. 13f: S. 24/Z. 22: Kreuth = Wildbad Kreuth eine Sinfonie für Florenz = Sinfonie in Fdur für grosses Orchester, op. 87 ("Florentiner Sinfonie"). ...die VaduzerKirchenfahne = Josef und Fanny Rheinberger hatten 1873 für die neue Pfarrkirche in Vaduz eine Kirchenfahne gestiftet (vgl. Mitteilung in: Liechtensteiner Wochenzeitung, Nr. 35, voln 19.9.1873, S. 138). Der "wunderthätige Magus" = Rheinbergers Schauspielmusik zu Calderons Schauspiel "Der wundertätige Magus", op. 30, komponiert 1865. S. 25/Z. 21: "Kapuziner-Predigt" = Im 3. Satz ("Wallen- stems Lager") der Z. 39: S. 26/Z. 20: S. 27/Z. 4: Z. 5: Wallenstein-Sinfonie, op. 10, von Rheinberger vertritt die "Kapuziner-Predigt" das Trio des Scherzo. Bibliothekar Julius Mayer = Julius Josef Maier (1821-1889), Lehrer an der Kgl. Musikschule in München und Konservator der Musikabteilung der Kgl. Bibliothek. Hiller = Ferdinand von Hiller (1811-1885), Pianist und Komponist, leitete als Dirigent die Gürzenich-Konzerte in Köln. Ihre "Wasserfee" = "Die Wasserfee", für vier Sin gstimmen oder kleinen gem. Chor und Pianoforte, op. 21. Konzert der Vokalkapelle = Soirée der kgl. Vokalkapelle im "Odeon" am 24.11 .1874. - 227 - S. S. 30/Z. 32: 35/Z. 4: Handel 's Jubilate = ". . .Andererseits steht eine 'Bearbeitung', wie sie Robert Franz am Utrechter Jubilate vorgenommen hat, auf derselben Stufe wie Elgars ... 'Retusche' eines Chandos-Anthems; beide haben den Geist des Originals gänzlich missverstanden." (P.H.Lang - "Georg Fri edrich Handel", Basel 1979, S. 207) meinen Freund Glötzle = Kunstmaler Ludwig Glötzle in München; er war Mitqlied des Ora tori envereins. Z. 15: S. 37/Z. 30: S. 40/Z. 24: S. 4hz. l6f: S. 4hz. 23: Z. 24: ... und Gades von Copenhagen = Niels Wilhelm Gade (1817-1890), dänischer Komponist ... Sebastian Pöhly seine III. Orgelsonate = Die Widmung auf dn Titelblatt der "PastoralSonate" in G-dur, op. 88, lautet: "Seinern einstigen Lehrer HERRPJ S. POHLY gewidmet". Suplent = recte: Supplent, österr. fir Hilfslehrer tberschwemmungen in Liechtenstein = Trotz der in der 2. Haute des 19. Jahrhunderts begonnenen Flusskorrektion bedeutete der Rhein bei Hochwasser immer noch eine Gefahr für die Talebene. Julius Meier = recte: Maier (vgl. S. 25/Z.39) Schafhäutel = recte Schafhäutl (vgl. S. 1/ Z. 5) S. S. S. S. 42/Z. l4f: eines Ihrer Bücher = Rheinberger hat nie em Buch veröffentlicht (vgl. S. 108). 43/Z. 14: Rheinbergers Wiener Stehflügel = Das Instrument ist heute Eigen turn der Stiftung Rheinberger in Vaduz (vgl. Band I, S. 29/Z. 42). Z. 32: das Requiem = Requiem in Es-dur für vierstimmigen Chor, op. 84. 44/Z. l6f: die Toggenburg-Ballade = "Toggenburg". Em Romanzenzyklus von F.v.Hoffnass, für Sohi, Chor und Pianofortebegleitung, op. 76. 46/Z. 30: Wa.11ensteins Lager = 3. Satz der WahlensteinSinfonie, op. 10. - 228 - S. 47/Z. 9f: . . . your husband 's Syraphonie = Slnfonie in F-dur für grosses Orchester ("Florentiner"), op. 87. Z.16f: August Manns = Sir August Manns (1825-1907), Dirigent pommerscher Abstammung, leitete 1855-1901 die Saturday Concerts des Chrystal Z.18: Dr. Wyide = Henry Wylde (1822-1890), begründete 1852 die New Philharmonic Society; Dingent, Komponist und Musiktheoretiker. die Angelegenheit mit dem österreichischen Geld = 1876 solite in Liechtenstein anstelle der Silberwährung die Goldwährung eingeführt werden. Dies führte zu einer Unzufriedenheit im iiechtensteiner Unterland, das dadurch beim Handel im nahen Oesterreich benachteiligt gewesen ware. In einem Marsch vor das Regierungsgebäude erreichten sie die Auflösung des Panlamentes. regiere nicht so scharf = Rheinbergers Bruder David war Regierungssekretär in Vaduz. . . .seines Haideschachtes = "Der Haideschacht", Oper von Franz von Holstein. Gnieg = Edvard (Hagerup) Grieg (1843-1907), norwegischer Komponist. Treiber spielte Rheinbergers Klavierkonzert in As-dun, op. 94, am 6. November 1876 im "Euterpe"-Konzert in Leipzig. das Vokairequiem = Requiem in Es-dur, op. 84 Paradies und Pen = Oratorium von Robert Schumann .. . sein Opus 100 = "Fahrende Schüler". Sieben Lieder für 4 Männerstimmen, Text von Fanny von Hoffnaass. Geldwirren in Liechtenstein = s. S. 48/Z.28f. C.K. 1877 = Caecihien-Kalender 1877. Redigirt zum Besten den kirchlichen Musikschule von Franz Xaver Habenl. Den Kalender enschien in Regensburg von 1876-1882. Palace. S. 48/Z.28f: S. 49/Z. if: S. 50/Z.18: S. 53/Z. 2: S. 54/Z.31f: S. 60/Z.15: S. 6hZ. 4: S. 66/Z. S. 67/Z.22: 78/Z.13: S. 7: - 229 - S. 80/Z.12f: S. Z.13: 91/Z.31f: S. 108/Z.25f: S. 115/Z.33: So soilte er Vaduz ausbauen = Es bestanden Plane, das Schloss Vaduz umzubauen. Der Urnbau im Sinne einer durchgreifenden Wiederherstellung erfolgte erst in den Jahren 1905-1912. Herr von Hausen = vgl. S. 1l/Z.35 . . .seinen dicken, schwarzen Liebling = Rheinbergers Hund Scarlatti (Scarli). CHERUBINI. MEMORIALS ILLUSTRATIVE OF HIS LIVE by Edward Bellasis... = Rheinbergers Uebersetzung dieses Werkes erschien, ergänzt von Hans-Josef Irmen, 1972 im Gustav Bosse Verlag, Regensburg. Hohenembs = Die vorarlbergische Ortschaft Hohenems besass bis 1938 eine grosse Judengemeinde mit Synagoge und einem eigenen Fri edhof. S. 116/Z.17f: S. 117/Z.l2: Z.38: . . . wenn die Schlosswirtschaft aufhörte = Nachdem schon früher eine Art Ausschank bestanden hatte, war von 1856-1896 in einigen Räurnen des Schiosses Vaduz eine Gastwirtschaft eingerichtet. Herr Prof. Dr. Herzog = Johann Georg Herzog (1822-1909) war bis 1854 Rheinbergers Orgellehrer. (Vgl. Band I, S. 59ff.) . . .aus Ihrern op. 74 = "In derZechstube". 5 heitere Gesa.nge für vier Männerstirnznen. S. 118/Z.11: Z.19: S. 119/Z.32: Beethovens op. 57 = Kiaviersonate f-rnoll .. .Ihr op. 8 = "Waldmärchen". Konzertskizze für Pianoforte. Gutenberg und die Mädchen dort = Unterhaib der Burgruine Gutenberg bei Balzers hess Fürstin Franziska von Liechtenstein 18541858 em Gebäude - das sog. Untere Schloss errichten, in weichem 1873 em Pensionat für Töchter aus häheren Beamtenfarnilien Platz fand. Unter der Leitung von "Schwestern der christlichen Liebe" bestand dieses Mädcheninstitut bis 1920. - 230 - Z.34: S. 122/Z.10: S. 129/Z.23: ...ein Werk Curt's = "Das Töchterlein des Jairus". Cantate für Kinder mit Kiavierbegleitung, op. 32 "Humperdinck nimmt an der Stunde teil" = Vgl. Hans-Josef Irmen "Engelbert Hwnperdinck als Kompositionsschüler Josef Rheinbergers", Band 1 + 2, Vaduz und Köln 1974. die Beilage (der liechtenst. Zeitung) Schloss "Fad-uz" = Von 1879-1881 erschien als Beilage zum "Liechtensteiner Volksblatt" das von Rheinberger genannte "Schloss (von) Faduz", das der Verfasser Johann Franz Fetz 1882 als "Leitfaden zur Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein" in Buchform veräffentlichte. Fetz setzt sich da.rin für die Schreibweise "Faduz" anstelle von "Vaduz" em, was allerdings wenig Anklang bei der Bevölkerung fand. S. 130/Z.20: S. 136/Z.26: S. 139/Z.15: das Palais Schiegel =Der Fürstl. Landesphysikus Dr. Wolhelm Schlegel erbaute siOh an der Landstrasse in Vaduz em herrschaft1iches Wohnhaus (heute Landstrasse 25), was damals im noch ländlichen Ort als kleine Sensation empfunden wurde. Herrn Landesverweser und Hr. Hofcaplan Fetz = Karl Haus von Hausen. - Hofkaplan Fetz war Rheinbergers Lehrer in Vaduz. "Vom Herbste 1850 bis 51 erhielt er (Rheinberger) bei mir einigen Unterricht..." (vgl. Band I, S. 27f. Frau Nagiller = Gattin des Tiroler Komponisten Matthäus Nagiller (1815-1874), den Rheinberger in Feldkirch kennengelernt hatte. Z.36: 5. l40/Z. 5f: op. 41 = "Zeiten und Stimmungen" Sieben Lieder un Gesänge für Mezzosopran un Klavier. Stammsitz unserer Urahnen = "Der Name Rheinberger kommt von dem ursprünglichen Wohnsitz der Familie, dem 'Rinberg', einem Waldvorsprung ästlich von Rankweil" (Vorarlberg). (Rudolf Rheinberger "Einiges über Vorfahren - 231 - und Abstammung Joseph Rheinbergers" in: "Joseph Rheinberger / Gedenkschrift zu seinem 100. Geburtstag am 17. März 1939" Hrsg. von Hans Walter Kaufmann, Vaduz 1940, Z.15: Z.19: Z.25: Z.32f: S. 14hz. 8: Z. 10: S. 142/Z.27: S. 145/Z.31: Z.39: S. 147/Z.18f: S. 29. . . .am St. Davidstage = 30. Dezember Puncto Gutenberg... = vgl. S. 119/Z.32. em Sagenbuch über Liechtenstein = "Die Sagen Vorarlbergs" von Franz Josef Vonbun, unter denen sich auch einige Beiträge aus dem benachbarten Fürstentum Liechtenstein befinden, waren 1858 erschienen. Jugend- u. Kinderzeit in Feldkirch = vgl. Band I, S. 37ff. em neues Trio = Klaviertrio Nr. 3 in B-dur, op. 121, kcznponiert Nov./Dez. 1880. unser Toggenburg = "Toggenburg". Em Romanzenzyklus für Sohi, Chor und Pianofortebegleitung, op. 76. Prof. Stockhausen = Julius Stockhausen (1826-1906), Dirigent, hochgeschätzter Sänger (Bariton) und Gesangpädagoge. . . .in Deiner Prof. Schafhäuth dedicirten Messe = Rheinberger hat seinem Freund und Mentor zwei Messen gewidmet: die Messe in d-mohl für 4 Singstirnmen und Orchester (JWV 2), komponiert 1853, und die Missa brevis in d-moll für vierstimmigen Chor a cap., op. 83, komponiert 1860/61, umgearbeitet 1869. Letztere meint Herzog in seinem Brief. die 4stim. Motette zum 21. Psalm = Motette "Herr, in deiner Kraft erfreuet sich der König" (JWV 142), komponiert 1864, gleichzeitig mit den Motetten op. 40. die drei bösen "Fazi" = Pankraz (12. Mai), Servaz (13. Mai) und Bonifaz (14. Mai) gelten als die drei "Eisheiligen", an dessen Tagen sich gerne kühles Wetter einstellt. - 232 - Z.20: ...aus dem Fetz'schen Moniteur = Ratgeber; gemeint ist bier das "Liechtensteiner Vo1kshiatt", das 1881 im 3. Jahrgang erschien und dessen Redaktor Hofkaplan Johann Franz Fetz war. S. 148/Z. 2: S. 151/Z.ilf: Z.21f: Z.23: S. 152/Z.18f: S. 155/Z.18: Z.29: S. 156/Z.19: Z.27: S. 157/Z.l2: S. 158/Z.23: wie steht es mit der Eisenbahn = Der Plan, die von Feldkirch über Nendein und Schaan laufende Eisenbahnlinie über Vaduz nach dem schweizerischen Sargans weiterzuführen, wurde nie verwirklicht. M. Hauptmann's Briefwechsel an Franz Hauser = recte: Moritz Hauptmanns Briefe an Franz Hauser (hrsg. von A. Schöne, 2 Bände, 1871). die a-moll Sonate = 4. Orgelsonate, op. 98 die Pastoral-Sonate = 3. Orgelsonate in G-dur, op. 88 Christoforus = Oratorium für Soli, Chor und Orchester, Text von Fanny von Hoffnaass, op. 120. (Vgl. Anhang: Fanny Rheinberger "Wagenfahrt über den Arlberg".) die vierstimmige D-moll Messe. = op. 83, erschienen 1874 bei Musikveriag Rob.Forberg in Leipzig. Ihre "Widerspenstige" = Ouvertüre zu Shakespeares "Zähmung der Widerspenstigen" für grosses Orchester, op. 18 das "Würgeri" = scherzhaft für Schlips, Krawatte im rothen Hause = Das raittelalterliche "Rote Haus" in Vaduz ist seit 1807 im Besitz der Familie Rheinberger. iyrisches .. . unseren Maitag = "Maitag". Em Intermezzo von fünf dreistimmigen Frauenchören mit Kiavierbegleitung. Text Fanny von Hoffnaass. Op. 64. . . .Deiner neuen herrlichen Orgelsonate = 6. Orgelsonate in es-moll, op. 119, komponiert in der Pfingstwoche 1880. - 233 - Z.25: paar Adagios für Violine und Orgel = Es ist mdglich, dass Rheinberger durch diesen Passus angeregt wurde, die Sechs Stücke für Violine und Orgel, op. 150, und die SuiEm te für Violine und Orgel, op. 166, zu schrei- ben. S. 161/Z.23: S. 163/Z. 7: Z.23: S. 164/Z.21: . . .meines C moil-Quartetts = op. 89 B-dur Trio = Klaviertrio Nr. 3, op. 121 zu Nussbaum = Prof. Dr. Johann Nepomuk (von) Nussbaum, Rheinbergers Hausarzt. Männerchöre "Aus Westfalen" = "Aus Westfalen" 7 Gesänge für vierstimmigen Männerchor a. cap. op. 130. 5. 165/Z.31f: den ersten Theil Deiner Notizen über unsern unvergesslichen Vater = s. Band I, Seiten S. 166/Z.12: 1 - 25. "Scherz, List und Rache" = Koznische Oper in 4 Akten nach J.W.von Goethe, komponiert 1854 (JWV 28). S. 169/Z.29f: S. i70/Z.17: . . .ini Land Liechtenstein regierst = vgi. S. 49/Z. if. . . wer in Vaduz Pfarrer wird = Am 6. Dezember 1882 war der erste Pfarrer von Vaduz (vgi. . Band IV, S. 16i/Z. 5f.), Joseph Erny, gestorben. Sein Nachfoiger wurde Johann Baptist Büchei d.Ae. (1824-1907). S. Z.23: der Frau des Urias wegen = 2. Sam. 11,1-27. S. 173/Z.32: Clärchen auf Eberstein = Bailade für Soli, und Chor mit Klavierbegieitung (Gedicht von Fanny von Hoffnaass nach einer Rheinsage von Karl Simrock), op. 97, komponiert 1876, Orchesterfassung 1877. Z.34f: . . .einer kleinen Vorariberger Sage aus Deinn Vonbun = s. S.140/Z.25 S. 174/Z. 8f: Wagnertrauerfeieriichkeiten = Richard Wagner war am 13. Februar 1883 in Venedig gestorben. S. 176/Z. 1: Ihres op 134 = Oster-Hymnen ("Victimae paschalis" und "Terra tremuit") zu zwei Chö- ren a cap. - 234 - Z. 6: Z.11: S. 177/Z. 5: S. 181/Z.21: S. 185/Z.18: S. 187/Z.23: S. 188/Z.12: S. 193/Z.16: S. 199/Z.24: S. 200/Z.2l: Ihre 8-stimmige Messe = "Cantus missae" in Es-dur, op. 109 "Abendgesang "Bleib bei uns" = op. 69 Nr. 3 S. de Lange = Samuel de Lange (1840-1911), Organist, leitete 1877-1885 u.a. den Gürzenichchor in Köin. Meine Bearbeitung der Bach 'schen (Goldberg) Variationen = 1883 hatte Rheinberger die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach für zwei Kiaviere eingerichtet, urn "Musiker und Musikfreunde mit diesen Schatze echter Hausmusik bekannt und vertraut zu machen" (Rheinberger), nachdem im 19. Jahrhundert keine Cembali mehr gebaut wurden. Rheinbergers Bearbeitung erschien noch im selben Jahr bei Kistner & Siegel in Leipzig und wurde 1915 in einer von Max Reger revidierten Ausgabe neu aufgelegt. die Sonate = 3. Kiaviersonate in Es-dur, op. 135. .Das Scherzo (2. Satz) erschien in einer separaten Ausgabe. eine grosse Kiavierfuge = Praeludium und Fuge (h-moll/H-dur) zum Konzertvortrag für Pianoforte, op. 33. Herrn Woifrum = Philipp Woifrum (1854-1919) wurde 1884 Professor an der Universität in Heidelberg. Er wirkte auch ais Komponist und Dirigent. Seine Promotionsschrift "Die Entstehung und erste Entwicklung des deutschen evangelischen Kirchenhiedes in musikalischer Beziehung" erschien 1890 in Leipzig. op. 124 = "Waldblurnen". Acht Lieder für gemischten Chor a cap. Texte von F.S.Muth. . . .die Veränderungen in Vaduz = Karl Haus von Hausen hatte aus gesundheitlichen Gründen ais Landesverweser danissioniert. Am 23. September 1884 trat Karl von In der Maur (1852-1913) aus Wien dieses Amt an. "Das Thai des Espingo" = Bahiade für Mannerchor und Orchester, op. 50.