Anwendung des CTG während Schwangerschaft und
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Anwendung des CTG während Schwangerschaft und
DIE DGGG INFORMIERT LEITLINIE – KURZFASSUNG Anwendung des CTG während Schwangerschaft und Geburt K.T.M. Schneider für die Autoren Die überarbeitete Leitlinie zur Anwendung des Kardiotokogramms (CTG) soll den Einsatz dieser diagnostischen Maßnahme evidenzbasiert standardisieren. Im Folgenden sind die wesentlichen Punkte zusammengefasst1. Ziel der CTG-Registrierung ist die rechtzeitige Erkennung fetaler Gefahrenzustände, um frühzeitig intervenieren zu können, noch bevor eine fetale Schädigung eintritt. Bei unauffällig eingestuften Parametern der fetalen Herzfrequenz (FHF) ist der Fetus in der Regel nicht gefährdet. Herz-Kreislauf-Systems über medulläre Zentren, die durch Presso- und Chemorezeptoren sowie lokale Stoffwechselvorgänge gesteuert werden. Abweichungen vom Steady State führen zur Veränderung von FHF-Parametern (Baseline, Akzelerationen, Variabilität, Dezelerationen). Allerdings wird das CTG häufig falsch pathologisch bewertet. Die Ursachen liegen in der Nichtbeachtung von Stör- und Einflussgrößen (z.B. fetale Verhaltenszustände), der fehlenden Anwendung ergänzender Testverfahren sowie inkonsistenter Auswertungsmodalitäten. Einflussfaktoren Physiologie und Pathophysiologie Signalgewinnung Unter physiologischen Bedingungen erfolgt die Regulation des fetalen 1 Die wesentlichen Einflussfaktoren auf das fetale CTG sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Exogene taktile und akustische Faktoren (Reize) beeinflussen die fetale Herzfrequenz ebenfalls und können diagnostisch genutzt werden. Die Langfassung ist auf der Homepage der DGGG publiziert, http://www.dggg.de. Am häufigsten erfolgt die Ableitung der fetalen Herzfrequenz über einen Dopplerultraschall-Transducer. Wehen werden über einen abdominal applizierten Drucktransducer (Tokogramm) registriert. Die simultane Registrierung von Wehen und FHF ist zur kor- rekten Auswertung des CTG erforderlich. Dies definiert das CTG. Bei Geräten mit integrierter Erkennung von Bewegungssignalen des Kindes werden diese aus den Dopplersignalen des FHF-Transducers in einem dritten Kanal dargestellt (Kineto-Kardiotokogramm = K-CTG). Ein CTG gilt nur dann als auswertbar, wenn die Signalausfallrate unter 15% liegt. Registrierdauer, Körperhaltung, Schreibgeschwindigkeit Antepartual bzw. bei der Aufnahme in den Kreißsaal (Aufnahme-CTG) beträgt die übliche Registrierdauer 30 Minuten. Das CTG sollte in halblinker bzw. linker Seitenlage der Mutter geschrieben werden. Die Schreibgeschwindigkeit beträgt üblicherweise 1 cm/min. Beurteilungsparameter Von der fetalen Herzfrequenz werden basale fetale Herzfrequenz (Basisfrequenz), Akzelerationen, Oszillationen mit – Oszillationsamplitude (Bandbreite) und – Langzeitoszillationen (Frequenz) sowie Dezelerationen Einflussfaktoren auf das fetale CTG (ELII a) maternal fetoplazentar fetal exogen Körperhaltung körperliche Aktivität Fieber Kreislaufschock Uterusaktivität Plazentainsuffizienz NS-Kompression Gestationsalter Chorioamnionitis Bewegungen Verhaltenszustände Weckreize Hypoxämie Medikamente Rauchen Drogen Tab. 1: Neben maternalen, fetoplazentaren und fetalen Faktoren beinflussen auch exogene Reize die fetale Herzfrequenz. 68 FRAUENARZT 49 (2008) Nr.1 Klinische Wertigkeit antepartual Die vier vorliegenden randomisierten Studien zeigen selbst in Risikokollektiven keine Verringerung der perinatalen Mortalität bzw. Morbidität durch die Verwendung des CTG allein (EL Ia). Die Kombination des CTG mit der Dopplersonographie (DS) führt in Risikokollektiven zu einer Abnahme der perinatalen Mortalität um etwa 30% (EL Ia), so dass der fetale Zustand bei auffälligem CTG insbesondere im Bereich der Frühgeburtlichkeit zusätzlich durch die DS validiert werden sollte. Klinische Wertigkeit subpartual Die prospektiv randomisierten Studien fanden zunächst selbst in Hochrisikokollektiven keine Verbesserung der perinatalen Daten, abgesehen von einer Reduktion von Krämpfen im Neugeborenenalter (EL Ia). Eine Metaanalyse von neun Studien belegt allerdings eine Reduktion der hypoxiebedingten perinatalen Mortalität von über 50% bei gleichzeitiger Erhöhung der Frequenz operativer Entbindungen um den Faktor 2,5 (EL Ia). Das spätere Auftreten einer Zerebralparese und neonataler Enzephalopatie ist signifikant mit späten Dezelerationen im CTG (OR 3,9) und eingeschränkter Variabilität (OR 2,7) assoziiert (EL IIa). Ein abnormes CTG-Muster – beurteilt nach FIGO – führt ebenfalls zu einer signifikant erhöhten Rate neonataler Enzephalopathien (EL IIa). Patientensicherheit Die abgegebene Ultraschallenergie bei der Registrierung der FHF bzw. der Kindsbewegungen ist niedrig. Wohl aus diesem Grund liegen bisher keinerlei Berichte über schädigende Effekte auf den Feten vor. Dauer und Häufigkeit der Registrierung Üblicherweise beträgt die Registrierdauer 30 Minuten. Bei suspektem FHF-Muster sollte die Registrierdauer verlängert werden. Bei speziellen Analyseverfahren (z.B. Dawes & Redman) ist eine Verkürzung bis auf 10 Minuten möglich. Die Häufigkeit der Registrierung richtet sich nach dem individuell ermittelten Risiko. Sie kann von einmal ambulant über mehrmals täglich bis hin zur Dauerüberwachung reichen. Bei Registrierintervallen von über vier Tagen sollten insbesondere bei den unten angegebenen Indikationen additive Verfahren mit längerer Vorwarnzeit (Dopplersonographie, US-Fruchtwassermenge, K-CTG) zum Einsatz kommen. Indikationen antepartual In Anlehnung an die Empfehlungen des RCOG (EL IIa, IV) bestehen folgende Indikationen (alphabetisch) für eine antepartuale CTG-Registrierung (bei den kursiv geschriebenen Indikationen sollte additiv eine Doppleruntersuchung erfolgen): Anämie der Mutter (Hämoglobin <10 g/dl oder 6 mmol/l), Arrhythmien des Feten (speziell Tachyarrhythmien) im Ultraschall diagnostiziert, Blutungen während der Spätschwangerschaft, Blutgruppeninkompatibilität mit Antikörpernachweis, Bluthochdruck (≥140/90 mmHg), Diabetes mellitus, Dopplerbefund suspekt oder pathologisch (z.B. PI in A. umbilicalis >90. Perzentile), Drogenabusus (z.B. Nikotinabusus), Hydramnion (AFI >25 cm), virale (z.B. TORCH inklusive Par- vovirus B19) und bakterielle (AIS) Infektionen, verminderte Kindsbewegungen, maternale Kreislaufinstabilität, Mehrlingsschwangerschaft, Oligohydramnion („single pocket“ <2 cm), Terminüberschreitung (>7 Tage), Thrombophilien und Kollagenosen, Unfall mit abdominalem Trauma oder schwerer Verletzung der Mutter, vorzeitige Wehen (Tokolyse)/ drohende Frühgeburt, fetale Wachstumsrestriktion (<10. Perzentile, 82). Indikationen subpartual Ein 30-minütiges Aufnahme-CTG zum Ausschluss einer primären Gefährdung des Feten und zum Nachweis von Kontraktionen wird für sinnvoll gehalten (EL IV). DIE DGGG INFORMIERT klassifiziert. Es handelt sich hierbei um lang-, mittel- und kurzfristige Merkmale. Die Dezelerationen werden bei Vorhandensein von Wehen in uniforme frühe, späte und variable Dezelerationen unterteilt. – Über das externe Tokogramm lassen sich Frequenz, Dauer, Form und Regularität der Wehen erfassen. Die subpartuale Überwachung kann bei risikofreien Schwangerschaften und bisher unauffälligem CTG in der frühen Eröffnungsperiode intermittierend alle 30 Minuten bis maximal zwei Stunden elektronisch erfolgen. In der späten Eröffnungs- und Austreibungsperiode soll das CTG kontinuierlich geschrieben werden. Bei Risikoschwangerschaften kann eine kontinuierliche CTG-Überwachung während der gesamten Eröffnungs- und Austreibungsperiode erforderlich sein. Eine CTG-Registrierung ist auch bei Tokolyse bzw. Wehenmittelgabe indiziert. Pathologische FHF-Muster sollten durch eine fetale Blutgasanalyse (FBA) abgeklärt werden. Ausnahmen sind schwere fetale Bradykardien, die eine sofortige Intervention mit Geburtsbeendigung erfordern. Einzelparameter der FHF und Bewertungsschema Die Tabellen 2 bis 4 (s. S. 70/71 geben einen Überblick über die Einzelparameter und ihren Einsatz. FRAUENARZT 49 (2008) Nr.1 69 DIE DGGG INFORMIERT Parameter der fetalen Herzfrequenz und deren Definitionen Terminologie Definition Grundfrequenz (SpM) Mittlere, über mindestens 5 bis 10 Minuten beibehaltene FHF in Abwesenheit von Akzelerationen bzw. Dezelerationen in Schlägen pro Minute (SpM). Bei fetaler Unreife liegt die mittlere FHF eher im oberen Streubereich. Ein trendmäßig zunehmender Anstieg der FHF muss besonders beachtet werden! Normalbereich 110–150 SpM. Neuere Untersuchungen zeigen, dass der physiologische Bereich der fetalen Herzfrequenz am Entbindungstermin vermutlich zwischen 115 (4. Perzentile) und 160 Schlägen pro Minute (96. Perzentile) liegt (Daumer 2007, EL II) 100–109 SpM 151–170 SpM <100 SpM >170 SpM leichte Bradykardie leichte Tachykardie schwere Bradykardie schwere Tachykardie Bandbreite (Variabilität) (SpM) Fluktuationen der fetalen Grundfrequenz treten 3- bis 5-mal pro Minute auf. Bandbreite ist die SpM-Differenz zwischen höchster und tiefster Fluktuation in der auffälligsten Minute innerhalb des 30-minütigen Registrierstreifens. normal suspekt pathologisch >5 SpM im kontraktionsfreien Intervall <5 SpM und >40 Minuten, aber <90 Minuten oder >25 SpM <5 SpM und >90 Minuten Akzelerationen normal suspekt pathologisch Anstieg der FHF >15 SpM bzw. 1⁄2 Bandbreite und >15 Sekunden 2 Akzelerationen in 20 Minuten periodisches Auftreten mit jeder Wehe keine Akzeleration >40 Minuten (Bedeutung noch unklar) Dezelerationen Abfall der FHF >15 SpM bzw. > 1⁄2 Bandbreite und >15 Sekunden frühe uniforme, wehenabhängig periodisch wiederholte Absenkung der FHF, früher Beginn mit der Wehe. Rückkehr zur Grundfrequenz am Ende der Wehe. späte uniforme, wehenabhängig periodisch wiederholte Absenkung der FHF, Beginn zwischen Mitte und Ende der Wehe. Nadir >20 Sekunden nach Wehengipfel. Rückkehr zur Grundfrequenz nach dem Ende der Wehe. Bei einer Bandbreite <5 SpM sind auch Dezelerationen <15 SpM gültig. variable variabel in Form, Dauer, Tiefe und zeitlicher Abhängigkeit von Wehen, intermittierende/ periodische wiederholte Absenkung der FHF mit raschem Beginn und rascher Erholung. Auch isoliertes Auftreten (in Verbindung mit Kindsbewegungen). atypische variable variable Dezelerationen mit einem der zusätzlichen Merkmale: – Verlust des primären bzw. sekundären FHF-Anstiegs – langsame Rückkehr zur Grundfrequenz nach Kontraktionsende – verlängert erhöhte Grundfrequenz nach der Wehe – biphasische Dezeleration – Oszillationsverlust während der Dezeleration – Fortsetzung der Grundfrequenz auf niedrigerem Level verlängerte Abrupter Abfall der FHF unter die Grundfrequenz um mindestens 60 bis 90 Sekunden. Als pathologisch zu werten, wenn sie über 2 Wehen bzw. >3 Minuten anhalten. sinusoidales Muster Langzeitschwankung der Grundfrequenz wie Sinuswelle. Das glatte, undulierende Muster von mindestens 10 Minuten besitzt eine relativ fixe Wiederkehr von 3 bis 5 Zyklen pro Minute und eine Amplitude von 5 bis 15 SpM ober- und unterhalb der Grundfrequenz. Eine Grundfrequenzvariabilität lässt sich nicht nachweisen. Tab. 2: Definitionen als Grundlage für die Bewertung der Einzelparameter (modifiziert nach RCOG und FIGO). 70 FRAUENARZT 49 (2008) Nr.1 Parameter Grundfrequenz (SpM) Bandbreite (SpM) Dezelerationen Akzelerationen normal 110–150 ≥5 keine1 vorhanden, sporadisch2 suspekt 100–109 <5 ≥40 Minuten vorhanden, periodisch (mit jeder Wehe) 151–170 >25 frühe/variable Dezelerationen einzelne verlängerte Dezelerationen bis 3 Minuten <100 <5 ≥90 Minuten pathologisch >170 sinusoidal3 FHF-Dezelerationsamplitude ≥15 SpM, Dauer ≥15 s FHF-Akzelerationsamplitude ≥15 SpM, Dauer ≥15 s 3 sinusoidale FHF ≥10 SpM, Dauer ≥10 min atypische variable fehlen > 40 Minuten Dezelerationen späte Dezelerationen (Bedeutung noch unklar) einzelne verlängerte Dezelerationen >3 Minuten 1 2 Tab. 3: Kriterien für die Bewertung der FHF als normal, suspekt oder pathologisch (mod. nach FIGO und RCOG). Wehenbelastungs-Test FHF-Klassifikation nach FIGO Kategorie Definition Handlungsbedarf normal alle vier Beurteilungskriterien normal keiner suspekt mindestens ein Beurteilungskriterium suspekt und alle anderen normal konservativ pathologisch mindestens ein Beurteilungskriterium pathologisch bzw. zwei oder mehr suspekt konservativ und invasiv Tab. 4: FHF-Klassifikation in „normal“, „suspekt“, „pathologisch“ einschließlich Handlungsbedarf. Das CTG muss subpartual ständig klassifiziert werden. Dabei ist jeweils ein 30-Minuten-Abschnitt mit der höchsten Dichte an suspekten bzw. pathologischen FHF-Parametern (soweit vorhanden) zu analysieren (EL IV). FIGO-Guidelines Die FIGO-Guidelines sind sowohl ante- wie subpartual einsetzbar. Bei pathologischem FIGO-Score ist die postnatale Morbidität erhöht (EL IIa). Elektronische Online-Auswertung Studien zur Inter- und Intra-Observer-Variabilität zeigen, dass durch die Einführung einer computergestützten Klassifizierung der CTG-Registrierung eine insgesamt zuverlässigere Einordnung des CTG-Musters möglich wird (EL IIa). Insbesondere kann eine zeitnahe Bewertung vorgenommen werden, falls die CTGAnalyse online erfolgt. Antepartuales Ruhe-CTG (Non-Stress-Test) Das Ruhe-CTG wird im internationalen Sprachgebrauch auch als Non-StressTest (NST) bezeichnet. Die Analyse der vier prospektiv randomisierten Untersuchungen zum Einsatz des antepartualen Non-Stress-CTG zeigt keinen erkennbaren Vorteil (EL Ia). Auch der Wehenbelastungstest weist keinen evidenzbasierten klinischen Vorteil auf (EL IIa). DIE DGGG INFORMIERT Bewertung der Einzelparameter der FHF Dopplersonographie Die Dopplersonographie ist besser reproduzierbar als das CTG und alle CTG-basierten Tests einschließlich des OBT. Als einzige Methode konnte bei der DS im antepartualen Einsatz in Risikokollektiven (siehe Mutterschaftsrichtlinien) eine signifikante, etwa 30%ige Reduktion der perinatalen Mortalität ohne eine Erhöhung der Rate an operativen Interventionen festgestellt werden (EL Ia). Gleichzeitig besitzt die Untersuchung der A. umbilicalis im Vergleich zu allen anderen Überwachungsverfahren den längsten Vorwarneffekt vor Auftreten pathologischer CTGMuster (etwa 3 Wochen zwischen 24 und 37 SSW). Da nach den Mutterschaftsrichtlinien der Einsatz der Dopplersonographie bei „suspekter“ fetaler FHF-Registrierung indiziert ist, sollte diese Methode stets eingesetzt werden, um eine vorzeitig induzierte Frühgeburt zu vermeiden. FRAUENARZT 49 (2008) Nr.1 71 DIE DGGG INFORMIERT Bei pathologischen DS-Befunden (insbesondere bei Kreislaufzentralisation, enddiastolischem Null- und Umkehrfluss in arteriellen bzw. venösen Gefäßen) sollte die FHFRegistrierung zum Einsatz kommen, da sie eine kontinuierlichere Überwachung erlaubt und bei vorselektierten Kollektiven die Spezifität der FHF-Registrierung deutlich ansteigt. Der Stellenwert der venösen Doppleruntersuchung muss durch Langzeituntersuchungen noch geklärt werden. Fetale Stimulation Durch fetale Stimulation – am erfolgreichsten vibroakustisch – können die mit fetalen Tiefschlafperioden assoziierten, nichtreaktiven oder eingeengten FHF-Muster rascher abgeklärt werden. Damit wird die Spezifität der CTG-Interpretation erhöht (EL IIa). Alternativ kann eine Verlängerung der Registrierdauer (>40 min) durchgeführt werden, um das Ende einer Schlafphase abzuwarten. Fetale Verhaltenszustände (fetal behavioral states) In Terminnähe finden sich bei 80% der Feten periodisch wiederkehrende Verhaltenszustände, die auch unter der Geburt auftreten können. Fetale Tiefschlafperioden (25–35% in 24 h) sind dabei durch eine eingeengte bis silente Bandbreite charakterisiert, die als hypoxieverdächtiges Muster fehlinterpretiert werden können (EL II a). Fetale Bewegungen Die Verkürzung der fetalen Kindsbewegungsdauer ist ein früher Hinweis (etwa 12–14 Tage) auf eine drohende kindliche Gefährdung. Die kontinuierliche elektronische Registrierung der Kindsbewegungen kann über ein so genanntes Kineto-Kardiotokogramm (K-CTG) erfolgen. Im K-CTG werden additiv zum CTG in einem dritten Kanal Kindsbewegungsanzahl sowie -dauer (durch unterschiedliche Balkenlänge) dargestellt. Mit der Zuordnung von Kindsbewegungen zu FHF-Akzelerationen lässt sich bei suspekten FHF-Mustern die Lage der Baseline präzise definieren und so die Falschpositivrate um bis zu 50% senken (EL IIa). 72 FRAUENARZT 49 (2008) Nr.1 Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht Das CTG muss stets durch Arzt bzw. Hebamme beurteilt und abgezeichnet werden. Jedes CTG ist mit den wichtigsten Personalien der Schwangeren, der Schwangerschaftswoche sowie mit Datum und Uhrzeit zu beschriften. Die Aufbewahrungspflicht beträgt mindestens 10 Jahre. Bei der Verwendung elektronischer Speichermedien ist darauf zu achten, dass diese nicht überschreibbar bzw. löschbar sind. Fort- und Weiterbildung Fetalblutanalyse sub partu Die diskontinuierliche Fetalblutanalyse (FBA) mit der Saling-Technik erlaubt eine zuverlässige Säure-BasenDiagnostik. Sie ist von Medikamenteneinwirkungen weitgehend unabhängig. Bei Hinweisen auf eine Hypoxämie sollte kurzfristig eine FBA durchgeführt werden (s. Tab. 5). Der Einsatz der FBA führt zu einer signifikanten Reduktion vermeidbarer operativer Entbindungen und ei- Es gibt evidenzbasierte Daten, dass eine regelmäßige CTG-Schulung den fetalen Zustand bei Geburt verbessert (EL IIa). Weitere Entwicklungen Die „Dawes-Redman-Kriterien“ dienen ausschließlich der antepartualen fetalen Zustandsbeschreibung durch eine computerisierte Analyse der fetalen Herzfrequenz mit dem Ziel einer objektiven Beurteilung in Fetalblutanalyse: Messwerte und empfohlenes Vorgehen Fetalblutanalyse1 Folgerung pH ≥7,25 FBA sollte bei persistierender FHFAbnormalität wiederholt werden. pH 7,21–7,24 FBA sollte innerhalb von 30 Minuten wiederholt oder die Entbindung erwogen werden (bei raschem pH-Abfall seit der letzten Messung). pH ≤7,20 pCO2 >65 mm Hg (respiratorische Azidose) BE >–9,8 (z.B. –15) (metabolische Azidose) Die rasche Entbindung ist insbesondere bei metabolischer Azidose indiziert. Biophysikalisches Profil Das biophysikalische Profil ist die synoptische Betrachtung der fetalen Atem- und Körperbewegungen, des Muskeltonus, der Fruchtwassermenge via Ultraschall sowie der fetalen Reaktivität im Ruhe-CTG in einem Score. Die metaanalytische Betrachtung in der Cochrane-Database zeigt bezüglich des perinatologischen Ergebnisses in randomisierten Studien keinen Benefit (EL Ia). ner Reduktion neonataler Krämpfe (EL Ib). 1 Alle Fetalblut-Messungen sollten vor dem Hintergrund des initialen pH-Wertes, des Metabolismus, des Geburtsfortschrittes und der sonstigen klinischen Befunde bei Fet und Mutter interpretiert werden. Tab. 5: pH-Werte, pCO2 und Base Excess (BE) aus dem Fetalblut (FBA) und empfohlenes Vorgehen (mod. nach FIGO). DIE DGGG INFORMIERT kürzestmöglicher Zeit (minimal 10 min). Anhand von Korrelationen mit „Outcome“-Kriterien konnte gezeigt werden, dass das Erreichen der Dawes-Redman-Kriterien in hohem Maße eine Rückversicherung für einen ungefährdeten Feten darstellt (EL IIa). Rückversichernde Kriterien sind: Kurzzeitvariation (Short Term Variation, STV) >4 ms (die STV misst die Variabilität der durchschnittlichen absoluten zeitlichen Differenz zwischen konsekutiven Herzschlägen – nur computerisiert erfassbar), Abwesenheit sinusoidaler Rhythmen, mindestens eine Episode hoher FHF-Variation, keine tiefen bzw. wiederholten FHF-Dezelerationen, FHF-Akzelerationen und/oder fetale Bewegungen, Normokardie. Eine weitere Variante ist die OnlineAnalyse der fetalen Herzfrequenz nach dem FIGO-Schema. Das System wurde mit der visuellen Analyse von CTG-Experten getestet und führt zu einer signifikanten Verbesserung der Reproduzierbarkeit (EL IIb). Die Einführung elektronischer Überwachungssysteme wird aufgrund ihrer geringeren Variabilität und besseren Auswertungsmöglichkeit generell empfohlen (EL IV). Der Anstieg der T-Wellen-Amplitude ist das Ergebnis eines vermehrten Glykogenabbaus der Myokardzellen während einer metabolischen Azidose. Der T/QRS-Quotient steigt mit zunehmender fetaler Hypoxie und konsekutiver metabolischer Azidose während der Geburt an. Um klinische Schlussfolgerungen ziehen zu können, muss die FHF zusammen mit den „ST-Events“-Markierungen analysiert werden. Studien zeigen sowohl eine Reduktion der Rate operativer Entbindungen als auch eine Reduktion der Rate von Neugeborenen mit metabolischer Azidose. Die kontinuierliche Information über einen metaboli- 74 FRAUENARZT 49 (2008) Nr.1 schen Parameter ermöglicht eine Reduzierung der FBA-Anzahl (EL IIa). von Fetalblutanalysen signifikant reduziert werden. Die fetale Pulsoxymetrie misst subpartual die Sauerstoffsättigung (FSpO2). Klinische Studien belegen, dass mit Unterschreiten von 30% FSpO2 die Zahl fetaler Hypoxämien deutlich zunimmt. Randomisierte Studien mit gutem Design konnten keinen Vorteil bezüglich einer Einsparung von Sectiones bzw. Azidosen feststellen (EL Ib). Ante- wie auch subpartual soll der fetale Zustand durch Einsatz möglichst objektiver Bewertungskriterien beurteilt werden. Hierzu eignen sich in besonderer Weise Scores, die die Parameter des CTGs visuell quantifizieren, und bereits in Entwicklung befindliche elektronische Verfahren, die das CTG online analysieren. Zusätzlich sind grundlegende Kenntnisse der Physiologie und Pathophysiologie der fetalen Herz-Kreislauf-Regulation erforderlich. Das CTG – eine geeignete Überwachungsmethode Antepartual ist das CTG geeignet, bei Risikoschwangerschaften, die durch Anamnese- bzw. Befundrisiken (s. Indikationen auf S. 69) ermittelt werden, Hinweise für eine drohende kindliche Gefährdung zu geben. Der Vorwarneffekt für eine Dekompensation variiert allerdings zwischen einem und 14 Tagen. Es ist daher sinnvoll, bei chronisch gefährdeten Schwangerschaften zusätzlich Überwachungsinstrumente mit längerer Vorwarnzeit einzusetzen wie Dopplersonographie, Ermittlung der Fruchtwassermenge (US), Messung der Kindsbewegungsdauer (K-CTG). Die durch zahlreiche Einflussgrößen bis zu 60% hohe Falschpositiv-Rate eines als pathologisch bewerteten CTGs kann durch Einsatz der Dopplersonographie, Verlängerung der FHF-Registrierdauer bzw. fetale Stimulation (Weckversuch) reduziert werden. In Studien führt das subpartuale CTGMonitoring sowohl zu einer signifikanten Reduktion der hypoxiebedingten perinatalen Mortalität als auch zu einer signifikanten Reduktion der neonatalen Morbidität mit einer Verringerung der Anzahl von Krampfanfällen in der Neugeborenenperiode sowie von Zerebralparesen. Die subpartual ebenfalls hohe Falschpositivrate und eine möglicherweise damit verbundene erhöhte Frequenz operativer Entbindungen kann durch den ergänzenden Einsatz Literatur bei den Autoren Autoren Prof. Dr. K.T.M. Schneider, München (Federführung) Prof. Dr. M. Butterwegge, Osnabrück Dr. M. Daumer, München Prof. Dr. J. Dudenhausen, Berlin PD. Dr. M. Gonser, Wiesbaden Prof. Dr. K. Hecher, Hamburg Prof. Dr. P. Husslein, Wien Prof. Dr. A. Jensen, Bochum Prof. Dr. W. Rath, Aachen Prof. Dr. S. Schmidt, Marburg Prof. Dr. K. Vetter, Berlin Prof. Dr. R. Zimmermann, Zürich Korrespondenzadresse Prof. Dr. K.T.M. Schneider Frauenklinik der TU München Klinikum rechts der Isar Ismaninger Straße 22 81675 München KTM.Schneider@ lrz.tu-muenchen.de