Vortragsfolien

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Vortragsfolien
Altogetherdigital.com
Virtuelle Welten, Online-Spiele
und ihre Communities
Christoph Klimmt
Institut für Publizistik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Zur Person
Überblick
Einführung und Beispiele für aktuelle Virtuelle
Welten mit der Zielgruppe „Jugend“
Anreizpotenziale virtueller Multiplayer-Welten
Risikodiskurse: Exzessiver Spielgebrauch und
Einbuße informationeller Selbstbestimmung
Pädagogische Perspektiven
Lernthema Online-Games
Lernwerkzeug Online-Games
Einführung
Online-Games sind Computerspiele, die die
Interaktion zwischen mehreren (vielen)
menschlichen Nutzer/innen an zentraler Stelle
einbinden
Koexistenz (nur Kommunikation), Kollaboratives und
Kompetitives Spielen
Unterschiedliche Sujets, Stories und Aufgaben
Unterschiedliche Finanzierungsmodelle
Abonnement-Gebühren (monatlich)
Werbefinanzierung
Digital Item Selling
Einführung
TRAVIAN, Strategie /
Browser Game
Einführung
METIN 2, MMO/
Client Game
TRAVIAN, Strategie /
Browser Game
Einführung
METIN 2, MMO/
Client Game
World of Warcraft ,
Full Scale MMO / Abo
TRAVIAN, Strategie /
Browser Game
Einführung
METIN 2, MMO/
Client Game
World of Warcraft ,
Full Scale MMO / Abo
TRAVIAN, Strategie /
Browser Game
SECOND LIFE,
Client Software, UserGenerated Content
Einführung
JIM 2008 / MPFS
Basis: Online-Nutzer, 12-19 J.
Beispiel I: Habbo Hotel
Browserbasierte Multi-User-Umgebung
Zielgruppe Kinder und Jugendliche, kostenfreie
Nutzung
Einfache Grafik, Cartoon-Stil
Avatare als individualisierte Nutzer-Repräsentanten
Beispiel I: Habbo Hotel
[Video]
Beispiel II: Metin 2
Client-basiertes Spiel
Fantasy-Szenario („Oriental Action“)
Kostenfreies Spiel
… in 15 Sprachen
Möglichkeit, Erweiterungen und „exklusive
Items“ zu erwerben
im April 2009: > 5 Mio. aktive Nutzer laut
Anbieter Gameforge
Beispiel II: Metin 2
[Video]
Beispiel III: World of
Warcraft
Massively Multiplayer Role Playing Game
Zielgruppe: Jugendliche und Erwachsene
Monatliche Abonnement-Gebühr (zwischen 10,99
EUR und 12,99 EUR), dazu Dienstleistungen (z. B.
Änderung des Aussehens der Spielfigur für 15 EUR)
Eigene Software, riesige Spielwelt voller Aufgaben
und Mini-Geschichten („Quests“) sowie
umfangreiche Aufgaben für organisiertes Teamplay
(inkl. Chat/Voice-Kommunikation und Arbeitsteilung)
Ca. 11.5 Mio. Nutzer weltweit (Stand: Dez 2008).
Beispiel III: World of
Warcraft
[Video]
Kommunikation und
Communities
Austausch mit anderen Spieler/innen als
verbindendes Element aller Online-Games
In-Game-Chat
In-Game-Telephonie (VoiceOverIP)
Spieler-Organisation in Gruppen als typisches
Element
Clans und Gilden als strukturierte Vereine mit Hierarchie und
Arbeitsteilung
Eigene Web-Präsenz und Vereinskommunikation innerhalb und
außerhalb der Spielwelt
Überschneidung mit und Erweiterung von Offline-Netzwerken
Beispiel: Eine WoW-Gilde
Kommunikation und
Communities
Online-Games werden damit zur Plattform für
Anbahnung und Pflege zahlreicher sozialer
Beziehungen
Mehr-Ebenen-Kommunikation
Im Spiel über das Spiel (Williams, Caplan & Xiong, 2007)
Im Spiel über andere Themen (Steinkühler & Williams, 2006)
Außerhalb des Spiels über das Spiel (z. B. Schlachtplanung)
Außerhalb des Spiels über andere Themen
(z. B. Treffen der Clan-Mitglieder)
Kommunikation und
Communities
Kontakt mit Mitspielern ist daher weit mehr
als reiner Bestandteil des GamePlays
Online Games werden zum Treffpunkt und
Portal für allgemeine Freundeskontakte,
Zusammenwachsen mit Online-Netzwerken
wie „SchülerVZ“ ist absehbar
Soziale Interaktion verlängert Spielnutzung
und erklärt Popularität von Online-Spielen
innerhalb und jenseits des eigentlichen SpielSpaßes
Kurze Pause
Haben Sie Fragen bis hierher?
II. Anreizpotenziale von
Online Games
Wissenschaft sucht nach mehrfaktoriellen
Erklärungen für den Spielspaß
Idee: Hohes Faszinationspotenzial als Summe
verschiedener Spaß-Quellen (additiv und
sequentiell)
Methoden:
Umfragestudien unter (Viel-)Spielern
Experimentelle Studien
MMO-Spielspaß: Umfrage
von Yee (2006)
Befragung von Vielspielern von MMOs
(Everquest, Dark Age of Camelot, Star Wars
Galaxies)
Browser-Game-Spaß: Umfrage
von Klimmt et al. (2008)
5
Wichtigkeit ++
4
3
Males
Females
2
1
Socializing
Competition
Costs
Coping
Andere
Motivationsfaktoren
Aus der Forschung über Offline-Games sind
andere Aspekte auf Online-Games
übertragbar, insbesondere
Spannung und Lösung (Thriller-Dramarturgie)
Neugier und Entdeckung
Leistungsbasierte Selbstwertprozesse
Identifikationserfahrungen und temporärer Abbau
von Selbstdiskrepanzen
Zwischenfazit
Online-Games sind Multiple-Fun-Medien
Reiche Auswahl an Möglichkeiten durch
verschiedene Spiele, aber auch innerhalb
eines Spiels
Soziale Interaktion mit anderen Spielern als
Hauptanziehungskraft
 Theaterwissenschaftliche und –
pädagogische Perspektive („Beziehungen
dramatisieren“: Gemeinsam untergehen, den
anderen „raushauen“, andere provozieren …)
Kurze Pause und
Diskussion
Ihre Anmerkungen und Fragen
III. Risikopotenziale
Online-Spiel-Sucht (Exzessives Spielen mit
schwerwiegenden negativen Folgen für die
Lebensqualität und Gesundheit)
Insbesondere Persistente Online-Spielwelten
(WoW) fördern strukturell das exzessive
Spielen:
Persistenz (es geschieht immer etwas, keine natürlichen Pausen)
Soziale Vielfalt und Dynamik („immer etwas los“)
Viele „besondere“ (nämlich elektronische) soziale Interaktionen
Trägheitseffekte vorangegangener Investitionen ins Spiel („bin schon auf
Level 65, da kann ich jetzt nicht aufhören!“)
Organisiertes Gameplay schafft soziale Verpflichtungen zum Weiterspielen
Exzessives OnlineSpielen: Symptomatik
unwiderstehliches Verlangen, am Computer zu spielen
verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich Beginn, Beendigung und
Dauer des Computerspielens
Entzugserscheinungen (Nervosität, Unruhe, Schlafstörungen)
bei verhinderter Computerspielnutzung
Toleranzentwicklung (Steigerung der Häufigkeit oder
Intensität/Dauer des Computerspielens)
Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen
anhaltendes exzessives Computerspielen trotz Nachweises
eindeutiger schädlicher Folgen (z. B. Übermüdung,
Leistungsabfall in der Schule, auch Mangelernährung).
(nach Grüsser-Sinopoli & Thalemann, 2006)
Exzessives OnlineSpielen: Prävalenzraten
Game Addiction noch nicht als Suchtkrankheit psychomedizinisch
formalisiert
Messung schwierig (self-report-Daten sind bedingt aussagekräftig,
gerade wegen des Sucht-Merkmals „concealment“); Prävalenzraten
sind daher schwer zu bestimmen:
Studien von Grüsser-Sinopoli (um 2006):
9 % einer 6.-Klässler-Stichprobe in Berlin erfüllen Symptomkatalog
vollständig
6 % einer 8.-Klässler-Stichprobe in Berlin erfüllen Symptomkatalog
vollständig, Häufung bei Hauptschülern
Breite Online-Befragung unter Spielern (N=7069) zeigt ca. 12 %
Anteil mit pathologischem Muster
Studie von Lemmens, Valkenburg & Peter (2009):
Rund 1.5 % der niederländischen Jugendlichen, die Computerspiele nutzen, erfüllen den
Symptomkatalog für Sucht vollständig
Rund 9 % erfüllen die Hälfte des Symptomkatalogs
Exzessives Online-Spielen:
Ursachenforschung
Hefner et al., 2009
Zwischenfazit
Exzessives Online-Spielen kann fatale Konsequenzen haben
Offenbar Personen mit ungünstigen psychosozialen
Ausgangsvoraussetzungen betroffen (Komorbidität statt DeNovo-Erkrankung)
Geringe Selbstregulationsfähigkeit kapituliert vor geballter
Motivationskraft moderner Online-Games
Soziale Kontakte zu Mitspielern als Gefahr (positive
Verstärkung, „die anderen verlassen sich auf mich“ und als
Chance (Früherkennung, glaubwürdige Beratung)
Weitere Forschung nötig, Präventionsarbeit gewinnt an
Bedeutung, gerade wegen zunehmender Wichtigkeit
kostenfreier Spiele ( geringe Zugangsbarriere)
Risikopotenzial
Ausspähung privater Daten
Interaktion in Online-Games birgt die gleichen
Risiken wie Web 2.0-Anwendungen
Anonymität
Täuschungsanfälligkeit
Kaum Kontrolle/Regulierung von In-Game-Kommunikation möglich
Spiel-Kontext könnte aversive Folgen für Kinder verstärken (z. B. „der
beste Spielfreund“ verschwindet plötzlich oder verhält sich
abweisend)
Preisgabe persönlicher (real-life) Daten möglich, jedoch nicht so
essentiell wie in Social Network Sites
Dieser Risikofaktor erscheint gegenüber dem
Problem exzessiver Nutzung von geringerer
Bedeutung bei Online-Games (These Klimmt)
Kurze Pause
Ihre Fragen und Anmerkungen
IV. Pädagogische
Perspektiven
Ihre Diskussionsbeiträge und Fragen
Impulse von Klimmt
Pädagogische
Perspektiven
Impuls
Die jetzige Pädagogengeneration kann der
jetzigen Spielergeneration kaum glaubwürdig
etwas über effektiven Spielgebrauch
‚beibringen‘
Prävention exzessiven Spielgebrauchs aber als
lohnende medienpädagogische Aufgabe
Reflexion und Erfahrungsberichte als Mittel
der Wahl (Vielspieler erzählen lassen,
Lerngruppe über Lösungsmöglichkeiten
diskutieren lassen)
Impuls
Die Erfahrungen heutiger Lerner mit OnlineGames eignen sich hervorragend als
Werkzeug, um allgemeine didaktische Ziele zu
erreichen
Beispiel: Maskulinitätsnormen reflektieren
anhand von Online-Games
(„Warum sieht Dein Avatar
so aus?“)
Impuls
Beispiel: Demokratieerziehung anhand von
Online-Games
Vergleich des „Rechts des Stärkeren“ in vielen
Online-Welten mit dem Gleichheits-Prinzip
der Demokratie
Spielerfahrungen der Lerner als Diskussionsund Reflexionsfolie
Umkehrung der Experte-Novize-Relation als
Motivationsvorteil gerade für sonst wenig
begeisterte Lerner
Schluss:
Materialempfehlungen
• Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb.de)
• Bundesverband Interaktive
Unterhaltungssoftware (biu-online.de)
• Jugendschutz.net
• Spielraum – Institut zur Förderung von
Medienkompetenz (FH Köln, Jürgen Fritz)
Vielen Dank.
klimmt@uni-mainz.de
Tel. 06131.39.25638
www.ifp.uni-mainz.de