Aromenextraktion im Haushalt
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Aromenextraktion im Haushalt
Fak. I, IBBA Servicezentrum Lehrerbildung Aromenextraktion im Haushalt Heißextraktion im Druckkochtopf und Gelbildung Modul: Titel: Dozentin: Fachdidaktik für berufliche Fachrichtungen 3 Beobachtung und Auswertung beruflicher Lehr- und Lernprozesse im Berufsfeld Ernährung Dipl.-Ing. StR Franz Horlacher Vorgelegt von: Diana von Drojetzky Silke Luck Robert Schulz Saskia Rehberg (Matrikel-Nr.: (Matrikel-Nr.: (Matrikel-Nr.: (Matrikel-Nr.: ) ) ) ) 2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 3 2. Gewürze und Aromen 4 2.1 Gewürze 4 2.2 Geschmacks- und Aromastoffe 5 2.3 Lipide als Geschmacksträger 7 3. Die Heißextraktion im Haushalt 7 4. Gelbildung 10 5. Phänomene zwischen Ofen und Herd verständlich erklärt 12 5.1 Prozess der didaktischen Reduktion am Beispiel der Projekt-Plakate.................................................................................. 14 5.2 Präsentationsmodell zur Extraktion.......................................................17 6. „Die klügste Nacht des Jahres“ 18 7. Literaturverzeichnis 19 Anlagen 1. Pfeffer 21 2. Rosmarin 22 3. Vanille 23 3 1. Einleitung Am Essen von morgen basteln Köche, Forscher und Lebensmittelkonzerne schon heute. Die „Molekulargastronomie“ und ihre Vertreter, hantieren mit Helium, Kohlendioxid und minus 196 Grad kaltem Stickstoff und geben dabei zum Beispiel einem heiß-flüssigen Salat die Gestalt von Eiskugeln. Der Gast identifiziert, was auf seinem Teller landet. Chilisoße? Falsch, flüssiges Lakritz. Spiegelei? Nein, Karottensaft mit Currygeschmack, umgeben von Kokosmilch. Molekularküche ist Erlebnisgastronomie und verwirrt die Sinne wie in einem Spiegelkabinett. Die wahre Kunst aber ist die Membran, die das Gelbe vom Weißen trennt. Sie lässt sich nur mit viel Spezialwissen über die Molekularstruktur verschiedener Bindemittel fertigen (Jasner 2006: 48). Thomas Vilgis gibt in seinem Buch Molekularküche Antwort auf die Frage, wie man ein scharfes Pfefferaroma auf sein Steak zaubern kann, ohne das Stück Fleisch mit „riesigen Trümmern“ von zerstoßenem Pfeffersamen zu versehen (Vilgis 2007: 89). Diese Idee bildet die Basis zu unserer Projektarbeit, in der Aromen, am Beispiel von Pfeffer, Rosmarin und Vanille jeweils in ein Gelee überführt werden. Ergebnis sind einerseits vertraute, jedoch auch intensive, aufregende Geschmackserlebnisse in einer anderen Textur. 4 2. Gewürze und Aromen 2.1 Gewürze Unter Gewürzen werden frische, getrocknete oder bearbeitete Pflanzenteile meist Samen, Früchte, Wurzeln oder Blüten und Blätter verstanden, die wegen ihres hohen natürlichen Gehaltes an Geschmacks- und Geruchsstoffen als geschmacksgebende Zutaten bei der Zubereitung von Speisen und Getränken aller Art eingesetzt werden. Am häufigsten werden sie in getrockneter Form vertrieben, kommen aber auch im frischen Zustand und zum Teil in Lake eingelegt in den Handel. Gewürzkräuter werden frisch, meistens tiefgefroren oder in Öl eingelegt angeboten. Dabei hat jedes Gewürz seinen eigenen, in der Regel sehr charakteristischen Geschmack und Duft. Je nach Verwendung kann man mit Gewürzen das Aroma einer Speise neu gestalten, ein unerwünschtes Aroma überdecken oder den ureigenen Geschmack der Speisen hervorheben, ergänzen oder verstärken. Die geschmacksgebende Wirkung der Gewürze beruht auf leicht flüchtigen Verbindungen, den ätherischen Ölen (Wiemer 2009: 16). Diese sind zudem Träger heilender bzw. generell physiologischer Wirkungen. Auch mikrobielle bzw. antioxidative Effekte verschiedener Gewürze können nachgewiesen werden (Krause 1999: 2 ff). Schon im Altertum waren Gewürze ein beliebtes Handelsgut. So führten die Römer während ihrer Feldzüge durch Europa an die 400 Gewürze und Kräuter ein und auch die Kreuzzüge brachten neue Gewürze in heimische Kochtöpfe. Bereits über 90 % der in "De Re Coquinaria" (Über das Kochen) von Apicius im 1. Jahrhundert n. Chr. beschriebenen Rezepte erforderten die Verwendung exotischer Gewürze. Der Ausbau des Seehandels führte zum enormen Anstieg des Handelsvolumens von Gewürzen. Eine Verbesserung der technischen Möglichkeiten und zunehmende Konkurrenz, die den Preis der einst so kostbaren Gewürze verfallen ließ, machen sie in unseren Tagen sauber verpackt in Supermärkten auf der ganzen Welt erschwinglich (Krause 1999: 2). In der Lebensmittelindustrie werden jedoch vor allem Gewürzextrakte eingesetzt, da diese u.a. ein geringeres hygienisches Risiko darstellen, als die Verwendung des natürlichen Rohstoffes (Fliedner 1989: 239). Die Produktion wird über zahlreiche 5 Extraktionsverfahren z. B. Extraktion durch Lösungsmittel, überkritischem Kohlendioxid oder durch Wasserdampfdestillation bewerkstelligt. Auch im Haushalt können Gewürzextrakte, z. B. mittels Heißextraktion im Druckkochtopf (siehe Kapitel 3) hergestellt werden. Diese bilden eine Alternative zu den klassischen, getrockneten Naturgewürzen, denn Extrakte verlängern nicht nur die Haltbarkeit leicht verderblicher Gewürze, sondern vermögen auch gemäß dem Sinnenspiel der molekularen Küche unerwartete Geschmacksreize zu erzeugen. Vor allem aber lässt sich mit ihrer Hilfe die Intensität des Geschmackseindruckes enorm steigern. 2.2 Geschmacks- und Aromastoffe Geschmack meint den individuellen Gesamtsinneseindruck aus dem Zusammenwirken von Geschmacks-, Geruchs- und Tastempfindungen beim Verzehr eines Lebensmittels (Belitz u. a. 2001: 346). Die für den Geschmack verantwortlichen Stoffe lassen sich in Geschmacks- und Geruchs- bzw. Aromastoffe unterteilen. Wobei einige der Stoffe sowohl auf den Geruchs- als auch auf den Geschmackssinn wirken. Geschmacksstoffe sind bei Zimmertemperatur nicht flüchtig und werden deshalb nur über die Geschmacksrezeptoren wahrgenommen. Dies sind meist saure, süße, bittere oder salzige Verbindungen. Glutamat stimuliert den fünften Geschmackssinn (Baltes 2000: 269). Geruchs- und Aromastoffe (griechisch „Gewürz“, lat. „Wohlgeruch“) sind hingegen flüchtige Verbindungen, die über die Geruchsrezeptoren wahrgenommen werden können. Sie erreichen die Rezeptoren beim Einziehen der Luft durch die Nase (ortosonale Wahrnehmung) und über den Rachenraum (retronasale Wahrnehmung) nachdem sie beim Kauen freigesetzt worden sind (Faller 2004: 726 ff). Die Menge der in einem Lebensmittel vorkommenden flüchtigen Verbindungen ist sehr gering (ca. 10 bis 50 mg/kg) und besteht meist aus einer Vielzahl von Komponenten. So kann ein in der Natur vorkommendes Aroma aus mehreren 100 Einzelsubstanzen bestehen (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V.). 6 Publiziert sind 7 100 flüchtige Verbindungen bei über 450 Lebensmitteln. Von dieser Vielzahl sind aber nur eine beschränkte Anzahl Aromen bestimmend und dies zumeist in der Zusammenwirkung mit anderen Aromastoffen, die als Einzelkomponenten selbst wiederum ganz andere Eindrücke vermitteln (Belitz u. a. 2001: 346). Nur wenige Stoffe besitzen die Eigenschaft, das Aroma eines Lebensmittels allein wiederzugeben, wie z. B. Vanillin (Baltes 2000: 269). Für die sensorische Wahrnehmung kommen vor allem diejenigen Bestandteile in Betracht, deren Konzentration oder der ihrer Mischungen höher liegt als die Geruchsund Geschmacksschwellenwerte. Stoffe, die das charakteristische Aroma eines Lebensmittels prägen, werden als Schlüsselaromenstoffe bezeichnet (Belitz u. a. 2001: 347). Das Ausbleiben dieser Schlüsselaromen, beispielsweise durch Vorkommen artfremder Aromen oder Veränderungen in der Aromenkonzentration kennzeichnen mögliche Aromenfehler. Diese können in der Lebensmittelverarbeitung mittels thermischer Überbehandlung, durch eingesetzte Stoffe bei der Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel, etwa Biozide, bei der Erzeugung tierischer Lebensmittel, z.B. über das Futter oder während der Lagerung, beispielsweise durch Oxidation entstehen (Belitz u. a. 2001: 351). Eingeteilt werden die Aromen nach Aromastoffen (künstlich oder naturidentisch), thermisch gewonnenen Reaktionsaromen (z. B. Röstaromen), Aromavorstufen (Produkte, die selbst noch keinen Geschmack haben, sondern erst bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln mit den entsprechenden Inhaltsstoffen der Nahrungsmittel reagieren) und sonstige Aromen (z. B. Raucharomen beim Räuchern). Für die Benennung verschiedener Aromen auf verkaufsfertigen Produkten an den Endverbraucher treten weitere Kennzeichnungsrichtlinien in Kraft. Ausgangsmaterialien für Aromaextrakte und natürliche Aromastoffe müssen natürlichen Ursprungs sein, also aus pflanzlichen oder tierischen Quellen gewonnen werden, sowie für den menschlichen Verzehr geeignet sein (DVAI 2008). In der Lebensmitteltechnologie werden zunehmend auch synthetisch hergestellte, naturidentische Aromen eingesetzt und in den Handel gebracht. 7 2.3 Lipide als Geschmacksträger Lipide sind wasserunlösliche organische Verbindungen. Die Stoffklasse der Fette lässt sich durch apolare organische Lösungsmittel wie z. B. Chloroform, Ether oder Benzol aus Gewebshomogenaten extrahieren (Jaussi 2005: 85). Lebensmitteltechnologisch erfüllen Lipide und fettähnliche Substanzen verschiedene Aufgaben. Sie sind Lösungsmittel für Geschmacks- und Geruchsstoffe („Geschmacksträger“), Medium für Temperaturübertragungen (z. B. beim Braten) oder sind für die cremige Konsistenz verantwortlich (Belitz u.a. 2001: 285 ff). Viele hydrophobe (wasserunlöslich) Substanzen sind oft gleichzeitig lipophil (fettanziehend), wie z. B. Vitamine und Aromastoffe. Die Lipophilie der Aromaten bedingt eine bessere Bindung an die jeweiligen Rezeptoren in Nase und auf der Zunge, wodurch ein intensiverer Geschmackseindruck entsteht. Deshalb bezeichnet man Fette auch als „Geschmacksträger“ (Baltes 2000: 174 ff). 3. Die Heißextraktion im Haushalt Im Allgemeinen ist die Extraktion ein physikalisches Stofftrennverfahren, bei dem mit Hilfe eines Extraktionsmittels wie Wasser, Alkohol oder Öl Komponenten aus einem festen oder flüssigen Stoffgemisch gelöst werden. Die herausgelösten Substanzen finden sich dann im Extraktionsmittel wieder (Merten 1996: 15). Abb.1: Extraktion (Seilnacht 25.04.2011) Bei der Heißextraktion wird das Lösemittel bis zum Siedepunkt erhitzt. Der sich ausbreitende Dampf des Lösemittels durchdringt die zu extrahierende Substanz und kondensiert im Dampffall anschließend (SETs 2011). Wird der Druck während der Extraktion erhöht (z. B. in einem Druckkochtopf), so steigt auch die Siedetemperatur (Merten 1996: 98 ff). Durch die höhere Energiezufuhr geht die Heißextraktion im Druckkochtopf deutlich schneller, als unter Normaldruck. Außerdem bleiben Verluste durch Verdunstung des Aromastoffes aus, da das Innere des Druckkochtopfes ein annähernd geschlossenes System darstellt. Nachteil der Heißextraktion unter höherem Druck ist die höhere Temperaturbelastung der zu extrahierenden Aromastoffe und deren höhere Zerfallsrate. Im Falle der Aromaextraktion kann ein Extrakt über 10 % Aromastoffe enthalten (Belitz u.a. 2001: 402). Aromastoffe bilden eine chemisch sehr inhomogene Inhaltsstoffgruppe, sind jedoch meist gut wasser- und fettlöslich (Frede 2010: 309). Diese Heterogenität im Bezug auf die Löslichkeit und das Ziel alle einzelnen Aromastoffe des Gewürzes zu extrahieren, um ein natürliches Aroma zu gewinnen, veranlasst uns ein Lösemittelgemisch für die Extraktion zu wählen. Erhitzen wir unser Gewürz z. B. in einem Gemisch aus Wasser und Öl, werden die meisten Aromastoffe des Gewürzes (fett- oder wasserlöslich) durch das entsprechende Lösemittel extrahiert werden können. Die entstehende Emulsion kann somit das natürliche Aroma unseres Gewürzes zum großen Teil aufnehmen (Vilgis 2007: 89). Es können in der Lebensmittelindustrie auch Lösemittel wie z. B. Glycerolacetat, Ethylcitrat oder Benzylalkohol zur Aromenextraktion verwendet werden. Da die gewonnenen Extrakte in der Regel hochkonzentriert vorliegen und leicht flüchtig sind, werden sie mit Trägerstoffen (z. B. Speiseöle) vermischt. Weiterhin zugelassen sind Trägerstoffe wie Alginate, Carragen und andere Verdickungsmittel (Baltes 2000: 284). Somit gibt es wässrige, ölige oder alkoholische Extrakte von Gewürzen, als Beispiele seien Rosenwasser, Pfefferextrakt, Rosmarinöl und Vanilleöl erwähnt. (DVAI 2008). 9 Herstellung eines Aromagelees am Beispiel von "Elastopfeffer" 1. 2 Esslöffel schwarzen Pfeffer zerstoßen 2. mit 200 ml Hühnerbrühe und 20 ml Olivenöl aufkochen 3. 10-15 Minuten unter Hochdruck im Druckkochtopf kochen 4. Sud durch ein feines Sieb streichen 5. Sud erhitzen und Geliermittel (z. B. Gelantine) darin lösen 6. gut durchmischen und abkühlen lassen 7. Gel in Stücke schneiden (Vilgis 2007: 89) Auf diese Weise lassen sich weitere Gewürze in Gelee überführen. Die von uns verwendeten Gewürze, Pfeffer, Rosmarin und Vanille werden in den Anlagen 1-3 detailliert beschrieben. 10 4. Gelbildung Lebensmittel in Gel, Gelee oder Aspik sind nicht nur schön anzusehen, sondern sind zudem zart, zergehen auf der Zunge und zeichnen sich durch ein besonders gehaltvolles Aroma aus. Das Geheimnis dieser Speisen liegt in der Chemie der Gelbildung. Köche auf der ganzen Welt wissen, dass beim Kochen bestimmter Fleischsorten Wirkstoffe freigesetzt werden, die den Fleischfond im Laufe des Kochprozesses gelieren. Die Lösung bleibt transparent, geliert aber beim Erkalten (This-Benkhard 2006: 41 ff). Auf chemischer Ebene bilden Hydrokolloide (Gruppe von Polysacchariden und Proteinen) dreidimensionale, ungeordnete Netzwerke, in denen das Lösemittel eingeschlossen ist (Baltes 2000: 109). Dieses Gel wird in der Regel als ein feindisperses System aus mindestens einer festen und einer flüssigen Phase definiert. Beide Phasen durchdringen sich dabei vollständig. Die Bildung eines Gels wird allgemein als Gelierung bezeichnet, wobei dieser Begriff recht unterschiedliche Bereiche umfasst. Bei Lebensmitteln wird die Gelierung meist durch den Einsatz von Geliermitteln, wie Gelatine, Agar-Agar oder Pektin herbeigeführt. Sie gelieren ein Lebensmittel, indem sie Wasser aufnehmen und binden. Die Bedingungen für eine Gelbildung können recht unterschiedlich sein. Ihr Ausmaß und die Geleigenschaften sind abhängig von der Temperatur, dem pH-Wert, Fremdstoffen und der Gerinnungszeit (Baltes 2000: 169 ff). Eine Reihe von höhermolekularen Verbindungen (ähnlich der Kohlenhydrate) haben in wässrigen Lösungen die Eigenschaft die restlichen 97 % - 99 % Wasser zu binden. Es sind fadenförmige Moleküle mit wenigen Seitenketten, die als Hydrokolloide bezeichnet werden. Diese Verdickungsmittel/ Geliermittel verdicken oder gelieren ein Lebensmittel, indem sie dieses Wasser aufnehmen und binden lassen. Die behandelten Produkte quellen auf und bilden Gelee. Man verwendet sie in Saucen, Suppen, Desserts, Cremes, Gummibonbons u. ä. Produkten, wo stabile Gele und Emulsionen bzw. Viskositätserhöhungen erwünscht sind (Baltes 200: 109 ff). Agar-Agar, Alginate, Johannesbrotkernmehl, Obstpektine, Carrageen, Guakernmehl sind in der Lebensmittelindustrie bekannte Gelier- bzw. Verdickungsmittel. 11 Der Einsatz von Texturgebern gehört zum Grundwissen in der molekularen Küche und wird auch von Hobbyköchen gerne angewendet. Diese Verdickungs- oder Geliermittel ermöglichen eine komplette Veränderung der Textur (Verdickung oder Stabilisierung) und erzeugen somit ein komplett neues Geschmacksempfinden für alle Sinne. Für unser Projekt benutzen wir das Verdickungsmittel Agar-Agar (E406), ein Polysaccharid aus Agarose, das in der Lage ist Gallerte zu bilden. Agarose (Disaccharid aus beta-D-Galactose und 3,6-Anhydro-L-Galactose) wird aus den Zellwänden von Rotalgen gewonnen, ist geschmacksneutral und bildet eine gute Alternative zur hitzeinstabilen, tierischen Gelatine. Des Weiteren ist Agar-Agar ergiebiger: ½ = 4 Blatt Gelatine (Lebensmittellexikon 2004). 5. Phänomene zwischen Ofen und Herd verständlich erklärt „Die didaktische Reduktion ist ein durch die Bedingungsfaktoren des Unterrichts bestimmtes Transformationsverfahren, mit dessen Hilfe inhaltliche Aussagen von einer gegebenen höheren Aussagenebene auf eine zielgruppenentsprechende niedrigere Aussageebene gebracht wird (Arnold 1990: 582).“ Unsere Aufgabe war, mittels didaktischer Reduktion, unseren Projektgegenstand für die Besucher der Langen Nacht der Wissenschaften verständlich zu machen. Die Herausforderung lag darin, dass in einem relativ kurzen Zeitrahmen die Besucher mit ihren verschiedenen Vorkenntnissen den Projektgegenstand gleichermaßen erfassen sollten. Zunächst definierten wir unsere Thematik in drei aufeinander aufbauende Inhalte. Auf drei Plakaten wurden die Hauptinhalte: Aroma- und Geschmacksstoffe des Pfeffers, die Heißextraktion von Pfeffer und der Prozess der Gelbildung einerseits inhaltlich (vertikale Reduktion) mit den wesentlichen Schwerpunkten aufgezeigt und andererseits bildhaft per Poster veranschaulicht (horizontale Reduktion) (siehe 5.1). Auf einer Leinwand wurde den Besuchern zusätzlich eine modellhafte Darstellung der Heißextraktion von Pfeffer anschaulich präsentiert (siehe 5.2). Eine weitere modellhafte Darstellung mittels Power Point Präsentation zeigte den Prozess der Gelbildung und machte so komplizierte Vorgänge für den Adressaten auf einen Blick vereinfacht sichtbar. 12 Das Pfeffergel gibt dem Steak sein individuelles Aroma. An unserer Station hatten die Besucher die Möglichkeit den gesamten Herstellungsprozess praktisch zu verfolgen. Dazu zeigten wir alle notwendigen Zutaten, demonstrierten die Heißextraktion im Kochtopf und das anschließende Passieren des Suds. Handgeschriebene Karten verbalisierten diese Vorgänge. Als Highlight bekamen die Besucher eine Kostprobe. Die vor Ort gebratenen Steaks wurden portioniert und zusammen mit unserem hergestellten Pfeffergel zum Verzehr angeboten. Insgesamt 184 000 Besuche wurden in den 68 Wissenschaftseinrichtungen gezählt. Damit war auch die elfte „Klügste Nacht des Jahres“ wieder ein voller Erfolg. Unter dem Motto „Phänomene zwischen Ofen und Herd verständlich erklärt“ konnten die Teilnehmer im Haus des Lernens spannende Einblicke gewinnen, die einerseits ernährungs- und lebensmittelrelevante sowie didaktische Inhalte verkörperten. Rückblickend werden uns die interessanten Gespräche und Eindrücke dieses Abends mit Lehr- und Lernimpulsen sicher in Erinnerung bleiben. 13 5.1 Prozess der didaktischen Reduktion am Beispiel der Projekt-Plakate 14 15 16 5.2 Präsentationsmodell zur Extraktion 17 6. „Die klügste Nacht des Jahres“ Die elfte Lange Nacht der Wissenschaften stand in diesem Jahr für den Fachbereich Ernährung und Lebensmittelwissenschaft unter dem Motto: „Phänomene zwischen Ofen und Herd verständlich erklärt“. Lebensmittelwissenschaftliche Phänomene verständlich, begeisternd und motivierend näherbringen ist unser erklärtes Ziel als angehende Berufsschullehrer und die Lange Nacht der Wissenschaften bot uns dafür den passenden Schauplatz. Gegenstand unseres Phänomens ist die eingangs detailliert beschriebene Heißextraktion von Aromen und die anschließende Überführung in ein verzehrfähiges Gel. Die Idee entstammt der modernen Molekularküche, die sich mit den biochemischen und physikalisch-chemischen Prozessen bei der Zubereitung und dem Genuss von Speisen und Getränken auseinandersetzt. Mit Hilfe der Sachanalyse, der didaktischen Reduktion und der multimedialen Darstellung waren wir in der Lage den zahlreichen Besuchern unser Projekt vorzustellen. Unsere Ausführung begann meistens mit einem kleinen Rundgang durch unsere Station. Hier erfuhren die Besucher alle nötigen Informationen zum Prozess der Heißextraktion von Pfefferaroma. Ein kleiner Warenkorb verriet unsere Zutatenliste, im Kochtopf ließ sich das Pfefferaroma nachempfinden und eine gläserne Schüssel gab unser gewonnenes Extrakt preis. Den Gästen gefiel die anschauliche Darbietung, ihr Interesse war geweckt, denn wie ließ sich das Extrakt nun in ein Gel überführen? Unsere Power-Point-Präsentationen offenbarten nun das „Geheimnis“ der Gelbildung. Faszinierend begutachteten unsere Gäste das leicht transparente, verformbare Gel, das nach Pfeffer roch und schmeckte. Zum Abschluss unserer Ausführungen präsentierten wir den Besuchern die Gesamtidee, ein frisch medium gebratenes argentinisches Rumpsteak mit Pfefferaroma, ohne die zerstoßenen „Trümmer“ von schwarzen Pfefferkörnern, sondern durchscheinendes, delikates Pfeffergel mit seiner einzigartigen Pfeffernote. Grundsätzlich hatten wir an diesem Abend mit unserem Projekt großen Erfolg aber vor allem Spaß bei der Umsetzung lebensmittelwissenschaftlicher Phänomene im Rahmen der „Langen Nacht der Wissenschaften“. Ein besonderer Dank gilt abschließend dem Team vom Block House Restaurant am Theodor-Heuss Platz. 18 7. Literaturverzeichnis Arnold, R. 1990: Entzerrung der didaktischen Planung. In: Zeitschrift „Die berufsbildende Schule“, 42. Jg., S. 575 – 586 Baltes, Werner 2000: Lebensmittelchemie. 5. vollständig überarbeitete Auflage. Berlin, Heidelberg, New York, Barcelona, Hongkong, London, Mailand, Paris, Singapur, Tokio: Springer. Belitz, Hans-Dieter; Grosch, Werner; Schieberle, Peter 2007: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. Berlin, Springer Bültjer, Ulrike 2002: Lexikon der Kräuter und Gewürze. Bassermann Verlag, München, Faller, Adolf, Schünke, Michael 2004: Der Körper des Menschen: Einführung in Bau und Funktion. 14. aktualisierte Auflage. Stuttgart, New York: Thieme Verlag Fliedner, Irmela, Wilhelmi, Franz 1989: Grundlagen und Prüfverfahren der Lebensmittelsensorik. Hamburg: Behr´s Verlag Frede, Wolfgang 2010: Handbuch für Lebensmittelchemiker: Lebensmittel - Bedarfsgegenstände Kosmetika - Futtermittel – 3. Aufl. Springer, Berlin Frohne, Dietrich 2002: Heilpflanzenlexikon: Ein Leitfaden auf wissenschaftlicher Grundlage- 7., völlig neu bearb. Aufl..- Stuttgart: Wiss. Verl.-Ges. Hall, Gordon, Siewek, Fred, Gerhardt, Ulrich 2001: Handbuch Aromen und Gewürze. Hamburg: Behr´s Verlag Jasner, Carsten: Und was gibt’s Morgen? In: Greenpeace Magazin (Nov. 2006), Nr. 1.07, S. 48 Jaussi, Christen 2005: Biochemie: Eine Einführung mit 40 Lehreinheiten.Heidelberg: Springer Verlag Krause, E. 1999: Spurenanalytik von Carnosolsäure, p-Cymen-2,3-diol, Thymol, Piperin und den Piperinisomeren in Matrizes tierischen Ursprungs. Unveröffentlichte Dissertation, Universität Jena. Küster, Hansjörg 2003: Kleine Kulturgeschichte der Gewürze - ein Lexikon von Anis bis Zimt. Beck, München Merten F. 1996: Der Chemielaborant. Schroedel, Hannover Pahlow, Mannfried 1995: Gewürze: Genuß und Arznei – 2. Aufl. – Scientific Publishers Stuttgart Seidemann, Johannes 1993: Würzmittel-Lexikon: Ein alphabetisches Nachschlagewerk von Abelmoschussamen bis Zwiebeln- B. Behrs Verlag GmbH & Co. Hamburg Seidemann, Johannes, Siebert, Günther 1987: Würzmittel -1. Aufl. – Leipzig VEB Fachbuchverlag Wiemer, Jens 2009: Ätherische Öle in Kräutern und Gewürzen. Hamburg: Diplomica Verlag Teuscher, Ebehard, Bauermann, Ulrike, Werner, Monika 2003: Gewürzdrogen: Ein Handbuch der Gewürze, Gewürzkräuter, Gewürzmischungen und ihrer ätherischen Öle. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart Vilgis, Thomas 2007: Molekularküche – das Kochbuch. Tre Torri Verlag, Wiesbaden This-Benkhard, Hervè 1997: Rätsel und Geheimnisse der Kochkunst – Naturwissenschaftlich erklärt. Springer Verlag Berlin Internet: BLL: Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. 2011: Fachthemen: Aromen, URL: http://www.bll.de/themen/aromen/ (Stand: 24.04.2011; 14:28) Frank Massholder: Lebensmittellexikon: Agar-Agar 406, URL: http://www.lebensmittellexikon.de/a0000120.php (Stand: 24.04.2011) DVAI: Deutscher Verband der Aromenindustrie e.V. 2011: Aromen sind sichere Lebensmittelzutaten(2008), URL: http://www.aromenhaus.de/fakten/aromen_sind_sichere_lebensmittelzutaten/ Aromen - Einsatzmöglichkeiten und rechtliche Restriktionen (2008), URL: http://www.aromenhaus.de/download/aromen_einsatz_restriktionen.pdf (Stand: 24.04.2011; 14:30) FSU Jena: Arbeitsgruppe Chemiedidaktik (2011): Lernzirkel Duft- und Aromastoffe, URL: www.nat-working.uni-jena.de/pdf/Duftstoffe.pdf (Stand: 24.04.2011; 18:30) Seilnacht T. 2011: Naturwissenschaftliches Arbeiten - Seilnachts Didaktik der Naturwissenschaften URL: http://www.seilnacht.com (Stand: 24.04.2011; 16:30) SETs: Universität Köln: Institut für Chemie und Didaktik (2011): Duftstoffe, URL: http://www.sets.uni-koeln.de/images/duftstoffe_3.pdf (Stand: 24.04.2011; 17:30) 20 Anlage 1 Pfeffer Piper nigrum L., dt. Pfeffer; engl. Pepper; frz. Poivre; ital. Pepe; spa. Pimenta Familie: Piperaceae, Pfeffergewächse Vorkommen: Pfeffer ist in den feuchtwarmen Monsumwäldern der Küste der indischen Provinz Malabar beheimatet. Kultiviert wird er in Vorderindien, auf Sri Lanka, Malakka, in Thailand, Vietnam, Korea, Malaysia, Indonesien, besonders auf Kalimantan (= zweitgrößter Exporteur von P.), auf Madagaskar, in Westafrika, teilweise auch in Südamerika (Brasilien, ist weltweit größter Exporteur von P.) und auf Jamaika (Seidemann 1993: 366). Beschreibung: Der immergrüne Pfefferstrauch ist ein ausdauernder bis zu 9 m hoher Schlingstrauch mit lederartigen, dunkelgrünen, rundlich-eiförmigen Blättern. Die unauffälligen Blüten sind in lockeren, hängenden Ähren angeordnet. Aus ihnen entwickeln sich beerenartige Steinfrüchte und bilden eine der Johannisbeere ähnliche Rispe. Sie sind im reifen Zustand rot gefärbt, in ihrem Inneren liegt der Samen, das Pfefferkorn (Seidemann 1993: 366). Verwendung: Die beerenartigen Steinfrüchte gelten als König unter den ausländischen Gewürzen und werden ganz oder gemahlen in der Lebensmittelindustrie und in der Küche universell verwendet. Pfeffer eignet sich zum Würzen von verschiedenen Salaten, Soßen, Suppen, Gemüse, Einlege- (Pfeffer-) Gurken, Fleischgerichten, Wurstwaren, Fischspeisen und Marinaden. Darüber hinaus verwendet man Schwarzen Pfeffer (gemischt mit anderen Gewürzen) auch für einige Gebäckarten, z.B. Pfefferkuchen (Seidemann1987: 47). Inhaltsstoffe: Bei Pfeffer steht der Geschmack im Vordergrund. Dieser wird durch Säureamide (Frohne 2002: 433) hervorgerufen, dem Piperin (4,5 … 10 %) und 1 % Chavicin. Weitere wichtige Bestandteile in schwarzem Pfeffer sind etwa 50 % Stärke, 6-8 % fettes Öl 1…3,5 % ätherisches Öl (Seidemann 1987: 47). Pfeffer erhöht die Speichelabsonderung, die Amylaseaktivität, die Mucoproteidsekretion, steigert die Magensaftsekretion und zeigt in vitro eine antibakterielle Wirkung an. Neben dem besonderen würzig-aromatisch-scharfen Geschmack, sind das insgesamt Eigenschaften, die eine „Gewürzdroge“ auszeichnen. (Pahlow 1995: 58) 21 Anlage 2 Rosmarin Rosmarinus officinàlis L. var. officinàlis Rosmarin Familie: Lamiàceae syn. Labiàtae – Lippenblütler Vorkommen: Rosmarin stammt aus dem östlichen Mittelmeergebiet, wird heute aber in allen Mittelmeerländern bis zum Kaukasus, in Mitteleuropa und im Süden der USA auf trockenen, steinigen Böden angebaut (Seidemann 1993: 411). Beschreibung: Der bis zu 60 cm, seltener 1,50 … 2 m hohe Halbstrauch mit stumpfvierkantig, flaumig-behaarten Stengeln, hat gegenständig sitzende Laubblätter, welche nach 2 bis 3 Jahren abgeworfen werden. Die Blüten sind blauviolett, selten weißer Farbe und bilden endständig Scheintrauben aus. Blütezeit: Mai/Juni (Seidemann 1987: 88). Verwendung: Typisch für die französische und italienische Küche, dienen die Rosmarinblätter in der Lebensmittelindustrie und in der Küche zum Würzen von Suppen und Soßen, Fleischspeisen, besonders Hammelbraten, Schweinefleisch und Wildbret sowie mariniertem Fisch. Es ist weiterhin Bestandteil verschiedener Gewürzmischungen und das ätherische Öl oder die hergestellten Destillate verwendet man für stark aromatisierte Liköre, insbesondere Bitterliköre, wie Abtei, Aromatique, Goldwasser, Stonsdorfer u.a. (Seidemann 1987: 88). Inhaltsstoffe: Rosmarin enthält 1 … 2 % ätherisches Öl, 35 … 50 % Cineol, Borneol und Bornylacetaten und bis zu 15 % Campher sowie Gerbstoffe und einige organische Säuren (Seidemann 1987: 88). Rosmarin ist würzig-aromatisch riechend, gepulvert sehr stark würzig. Der Geschmack ist aromatisch-herb-würzig, leicht bitter oder scharf. Es fördert die Fettverdauung, aktiviert den Gallefluß und wirkt karminativ (Pahlow 1995: 82). 22 Anlage 3 Vanille Vanilla planifòlia G.Jacks. Vanille Familie: Orchidàceae – Orchideengewächse Vorkommen: Vanille stammt aus den feuchtwarmen, tropischen Regenwäldern Mittelamerikas, insbesondere Mexiko. Kultiviert wird sie auf Rèunion, Mauritius, Madagaskar, Hawaii, Java, den Seychellen sowie auf Sri Lanka, den sog. „VanilleInseln“ (Seidemann 1993: 522). Beschreibung: Die Vanillepflanze ist eine Liane, die im Boden wurzelt und sich mit den 2-3 cm dicken Sprossen an den bis zu 10 m hohen Bäumen windet. Aus den Blattachseln bilden sich Blütenstände mit wohlriechenden, 10-15 unauffälligen, gelbgrünen Einzelblüten, die aber nur 1 Tag blühen. Diese bilden nach der Bestäubung die Vanillefrüchte aus (Seidemann 1993: 522). Verwendung: Charakteristisch für den Geruch und den Geschmack sind die ausgewachsenen, nicht völlig reifen, meist geschlossenen, fermentierten, schokoladen- bis schwarzbraunen, bis 25 cm langen und bis 15 mm dicken, teils etwas gekrümmten, an beiden Enden verjüngenden und glänzenden Kapselfrüchte, die an der Oberfläche häufig mit einem weißen, feinen kristallinen Überzug von Vanillin bedeckt sind. Vanille wird in der Feinbäckerei, für Süßspeisen (Pudding), Speiseeis, Schokoladen sowie zur Herstellung von aromatischen Likören, wie Vanille-, Eier- und Kaffee-Likör, und Schwedenpunsch verwendet. Inhaltsstoffe: Entsprechend der Sorte enthält Vanille 1,5 - 4 % Vanillin, Vanillylalcohol, 4-Hydroxybenzaldehyd, Zimtsäureester, 2,3-Butandion, Phenole sowie Zucker (Glucose, Fructose, Saccharose), Harz, Gerbstoff, Fett und Wachsstoffe (etwa 8,7 %) Cellulose und Schleim. Wichtige Aromakomponente in Vanille sind Vitispirane, die in Traubensaft und Wein ebenfalls vorkommen (Seidemann 1993: 523). Vanille hat einen angenehmen aromatischen, sehr intensiven Geruch und ihr Geschmack ist fettig, säuerlich-würzig. Hauptwirkstoff ist das Vanillin, welches bei der Fermentation entsteht. Neben der Vanillefrucht wird Vanillezucker im Handel angeboten. Hier handelt es sich oft um den Vanillinzucker, der nicht aus der Vanillefrucht stammt, sondern aus Vanillin, dem synthetischen Hauptaromastoff der Vanille (Pahlow 1995: 75). 23