Rechtssicher werben - SEIFRIED IP Rechtsanwälte
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Rechtssicher werben - SEIFRIED IP Rechtsanwälte
Stand: Oktober 2009 Foto: „Shibuya at dusk - Tokyo - Japan“ von Jorge Lascar, Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Shibuya_at_dusk_-_Tokyo_-_Japan.jpg Lizenzbedingungen: Creative Commons Attribution 3.0 Unported: http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/legalcode Aktualisierte Ausgabe mit vielen praktischen Tipps Mai 2012 Thomas Seifried Rechtssicher werben Rechtliche Grundlagen für Werbung und Akquise Kaltakquise, Printwerbung, Onlinemarketing, Suchmaschinenmarketing Stand: Mai 2012 Urheber: Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Thomas Seifried Dieser Leitfaden ersetzt keine Rechtsberatung. Fragen Sie im Zweifel Ihren Rechtsanwalt. SEIFRIED IP Rechtsanwälte | Rossertstraße 2 | 60323 Frankfurt am Main T +49 69 915076 0 | F +49 69 915076 11 | http://www.gewerblicherrechtsschutz.pro Rechtssicher werben Rechtliche Grundlagen für Werbung und Akquise Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Haftung von Werbeagenturen für rechtswidrige Kampagnen 3. „Leads“ generieren - Adresskauf und Gewinnspiele 5 3.1 Adresskauf - Listenprivileg und Einwilligung 6 3.2. Gewinnspiele 6 6 4. Kampagnenvorbereitung – Ist das Material rechtlich geschützt? 7 7 4.1 Ist ein Kennzeichen rechtlich geschützt? 4.1.1 Marken 7 4.1.2 Geschäftliche Bezeichnungen 8 4.1.3 Geografische Herkunftsbezeichnungen 9 4.1.4 „Priorität“ und „Verwechslungsgefahr“. 9 Verwechslungsgefahr bei Marken Verwechslungsgefahr bei Firmennamen (Unternehmenskennzeichen) 2 6 4.2 Verletzung von Urheberrechten? 9 10 11 4.2.1 Urheberrechtsschutz 11 4.2.2 Fotografien 11 4.2.3 Stadtpläne 11 4.2.4 Screenshots 11 4.2.5 Texte (Sprachwerke) 11 4.2.6 Zustimmung des Rechteinhabers 11 4.2.7 Bearbeitung von Werken 12 4.3 Verletzung von Rechten an einer Domain oder durch eine Domain? 12 4.4 Verletzung von Geschmacksmustern – Logos, Grafiken und Schriftzeichen 12 4.5 Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts? 12 4.6 Was droht bei Rechtsverletzungen? 12 5. Kampagnenführung – was ist verboten, was ist erlaubt? 12 5.1 Das seit dem 30.12.2008 geltende UWG 13 5.2 Bagatellschwelle geschwunden 13 5.3 „Wettbewerbshandlung“ wurde zur „geschäftlichen Handlung“ 13 13 5.4.1 Ausübung von Druck 14 5.4.2 Ausnutzen von Unerfahrenheit 14 5.4.3 Verschleierung des Werbecharakters 14 5.4.4 Bedingungen für Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke 14 5.4.5 Mitbewerber herabsetzen 14 5.4.6 Produkte nachahmen 14 5.4.7 Gezielte Behinderung 14 5.4.8 Gesetzesverstöße 14 5.5 Irreführende geschäftliche Handlungen 15 5.5.1 Grundsätzliches 15 5.5.2 Werbung mit „Made in Germany“ 15 5.5.3 Werbung mit Selbstverständlichkeiten 16 5.5.4 Superlativwerbung 16 5.5.5 Werbung für Nahrungsergänzungsmittel 16 5.6 Vergleichende Werbungen 17 5.7 Unzumutbare Belästigungen 17 5.7.1 Telefonakquise gegenüber Verbrauchern „Cold Calls“ 17 5.7.2 Telefonakquise gegenüber Unternehmern oder Freiberuflern 18 5.7.3 Ansprechen auf der Straße 18 5.7.4 Werbung per Telefax, Email oder SMS (Einfache Opt-Ins, Double Opt-Ins) 18 5.7.5 Briefkastenwerbung 19 5.7.6 Werbung gegenüber Bestandskunden 19 5.8 Besonderheiten bei Kampagnen für Konsumenten 19 5.8.1 Unwahre Angaben gegenüber Verbrauchern 19 5.8.2 Irreführende Angebote 20 5.8.3 Verwendung von Güte- oder Qualitätszeichen ohne Genehmigung 21 5.8.4 Unverlangte Warenzusendungen 21 5.8.5 Hindern am oder weigern zu gehen 21 5.8.6 Unlautere Handlungen von Versicherungsunternehmen 21 5.8.7 Werbung gegenüber Kindern 21 3 5.4 Unlautere geschäftliche Handlungen 5.9 Besonderheiten bei der Werbung mit Rabatten und auf Rabattplattformen 21 5.9.1 Grundsätzliches 21 5.9.2 Der richtige Referenzpreis 21 5.9.3 Verlängerung befristeter Rabattaktionen 21 5.9.4 Zeitliche Untergrenzen für Rabattaktionen 22 5.9.5 Verfügbarkeit der Ware 22 5.9.6 Angebote auf Rabattplattformen (z.B. „groupon.de“) 22 6. Suchmaschinenmarketing - Search Engine Marketing (SEM) 22 22 6.1 Search Engine Advertising (SEA): Rechtsverletzungen durch Google AdWords 6.2.1 Marken in Google AdWords 22 6.2.2 Firmennamen (Unternehmenskennzeichen) in Google AdWords 23 6.2 Search Engine Optimization - SEO: Rechtsverletzungen durch SEO 6.1.1 Meta Tags 23 6.1.2 Title Tags (Browsertitel) 23 Impressum 4 23 25 1. Einleitung „50 % meines Werbebudgets ist hinausgeworfenes Geld. Niemand kann mir aber sagen, welche 50 % das sind.“ Henry Ford wusste, dass er nicht verkauft, wenn er nicht wirbt. Selbst das innovativste Produkt verkauft sich nicht von alleine. Wenn es ohne Botschaft bleibt, wird es den Laden hüten. Auch schlechte Produkte verkaufen sich immer wieder gut, wenn sie innovativ oder aggressiv beworben werden. Je innovativer oder aggressiver die Werbung ist, desto eher werden sich aber Konkurrenten an ihr stören. Dann kann Werbung für den Werbenden Schäden hervorrufen, die den Gewinn aus der Werbung bei weitem übersteigen. Aber auch eine hastig zusammengeschusterte Kampagne kann schnell teuer werden: Wenn eine Werbekampagne mit nicht lizensierten Medien arbeitet, generiert diese Kampagne statt neuer Umsätzen teure Abmahnungen. Das gleiche gilt, wenn die Art und Weise der Werbung unlauter ist. Der Grund einer solchen Abmahnung kann dabei vielfältig sein: Der Inhaber von Nutzungsrechten an Bildern, Filmen, Straßenkartenausschnitten oder Texten rügt die nicht lizenzierte Verwendung seines Materials. Der Inhaber einer Marke oder Unternehmensnamens mahnt die unerlaubte Benutzung seiner Bezeichnung ab. Eine Person findet sich unverhofft in einer Werbeanzeige wieder und fordert eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Ein Konkurrent ärgert sich über Werbung, die den Kunden täuscht und mahnt selbst ab oder lässt das über die Wettbewerbszentrale tun. Eine Werbekampagne, die mit nicht lizenzierten Bildern und fremden Texten aus dem Internet zusammengebastelt wird, fremde Marken verletzt und in der Durchführung noch gegen Wettbewerbsrecht verstößt, generiert schnell Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten in Höhe von mehreren zehntausend Euro. Der folgende Leitfaden gibt einen Überblick über populäre rechtliche Fallstricke bei der Entwicklung und 5 Durchführung von Werbekampagnen und bei der Kaltakquise. Er soll vor allem Sensibilität erzeugen für die Fragen: Welches Material darf für eine Werbekampagne benutzt werden? Welche Werbemethoden oder Werbeaussagen oder Verhaltensweisen sind potenziell gefährlich? Welche Besonderheiten gibt es bei besonderen Werbeformen, wie z.B. Werbung mit Rabatten oder im Suchmaschinenmarketing Was gilt bei Werbung gegenüber Verbrauchern? Das Ebook „Rechtssicher werben“ wurde mit der vorliegenden Ausgabe erneut aktualisiert und an geltendes Recht angepasst. In die Neuauflage aufgenommen wurde die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zum Keyword-Advertising („Google-Adwords“) und der aktuellen Rechtsprechung zur Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization - SEO). Außerdem aufgenommen wurden unter anderem die Werbung mit „Made in Germany“, unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten und wichtige Rechtsprechung zur Telefonakquise und zur Emailwerbung gegenüber Bestandskunden. Thomas Seifried, Frankfurt am Main im Mai 2012 2. Haftung von Werbeagenturen für rechtswidrige Kampagnen lich eigentlich grundsätzlich zulässig. Das sog. „Listenprivileg“ wurde bisher nicht abgeschafft. Auch Kampagnen, die von Werbeagenturen konzipiert wurden, sind bisweilen wettbewerbswidrig oder verletzten fremde Schutzrechte. Wird der Kunde einer solchen Kampagne abgemahnt oder gar verklagt, wird er sich fragen, ob er für seinen Schaden bei der Werbeagentur Regress nehmen kann. Für die Benutzung von gekauften Adressen bleibt aber dennoch praktisch kaum Raum. Der Käufer einer Adresse wird in den allerwenigsten Fällen überprüfen können, ob der Adressat nicht nur der Nutzung seiner Daten, sondern auch in den Empfang von Werbung eingewilligt hat. Auch wenn manche Adresshändler die Lieferung „geprüfter“ Adressen versprechen: Gerade die ausdrückliche(!) Einwilligung eines Adressaten in den Empfang gerade der Werbung des Adresskäufers(!) wird praktisch nie vorliegen. Als Konsequenz kann an gekaufte Adressen eigentlich nur Printwerbung verschickt werden. Emailadressen sind deshalb nutzlos, weil der Empfänger - gleichgültig ob Gewerbetreibender oder Verbraucher - in den Empfang von Emailwerbung zuvor ausdrücklich eingewilligt haben muss. Das gleiche gilt für Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern. Hier drohen bei Verstößen zudem Bußgelder bis zu € 50.000. Ob und in welchem Umfang eine Werbeagentur haftet, richtet sich vor allem nach dem, was diese nach dem Agenturvertrag leisten muss. Einige Grundsätze hat die Rechtsprechung aufgestellt: Eine Werbeagentur muss z.B. grundsätzlich prüfen, ob eine Werbemaßnahme wettbewerbsrechtlich zulässig ist oder nicht (OLG Frankfurt am Main GRUR-RR 2002, 77 - Anzeige für Räumungsverkauf). Bevor ein Bild veröffentlicht oder verbreitet wird, muss eine Werbe- oder Bildagentur nicht nur die Nutzungsrechte recherchieren. Sie muss auch recherchieren, ob ein Foto Persönlichkeitsrechte verletzt, selbst wenn eine solche Recherche unüblich oder schwierig ist (OLG Frankfurt am Main ZUM-RD 2009, 314). Vor allem größere Auftraggeber wälzen nahezu alle Risiken wegen Verletzung von fremden Schutzrechten in den Agenturverträgen auf die Agenturen ab. Werbeagenturen müssen also in aller Regel selbst prüfen, ob ihre Kampagnen und das darin verwendete Material rechtskonform ist. 3. „Leads generieren“ - Adresskauf und Gewinnspiele Vor dem Verkauf steht das Angebot. Je genauer die Zielgruppen identifizierte werden kann, desto effektiver ist die Werbung. Deshalb gehört das Generieren von Werbekontakten („Leads“) oft zu den wesentlichen Zielen einer Kampagne. Um an Kundenadressen, insbesondere Emailadressen zu gelangen, sind der Kauf von Adressen und die Durchführung von Gewinnspielen populär. 3.1 Adresskauf - Listenprivileg und Einwilligung Nach derzeitigem Recht ist die Nutzung von personenbezogenen Daten zu Werbezwecken datenschutzrecht6 3.2. Gewinnspiele Gewinnspiele sind zur Leadgenerierung außerordentlich beliebt. Die Angabe einer Adresse als Gegenleistung für die Aussicht auf einen Gewinn, erscheint vielen Menschen als geringes Übel. Ein falsch durchgeführtes Gewinnspiel kann aber nicht nur Abmahnungen und Bußgelder hervorrufen. Im schlimmsten Fall ist es sogar strafbar. Zunächst darf für die Teilnahme am Gewinnspiel kein Einsatz verlangt werden. Es besteht nämlich die Gefahr, dass sich der Veranstalter des Gewinnspiels wegen unerlaubten Veranstalten eines Glücksspiels strafbar macht. Das Porto für eine Postkarte gilt dabei noch nicht als Einsatz. Höhere Investitionen sollten dem Teilnehmer aber unbedingt erspart werden. Verboten ist es auch, ein Preisausschreiben durchzuführen, bei dem es tatsächlich keine Preise zu gewinnen gibt. Umgekehrt ist es auch unlauter, den Eindruck zu erwecken, man habe bereits einen Preis gewonnen. Beispiel Die im Internet oft als Popup erscheinende Meldung „KEIN SCHERZ! SIE HABEN SOEBEN GEWONNEN!“ ist beispielsweise in aller Regel unlauter. Ebenso wenig darf der Eindruck erweckt werden, es ließen sich Glücksspielgewinnchancen dadurch erhöhen, dass man eine Angebot annimmt oder bestimmte Geldbeträge bezahlt. Es gelten im Wesentlichen folgende Regeln: 4.1.1 Marken Eine Marke ist die Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung. Sie soll darauf hinweisen, dass das Produkt oder die Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen stammt (Herkunftsfunktion). Die Teilnahmebedingungen müssen vollständig und unschwer lesbar sein. Dazu gehören: Die Teilnahmeberechtigten, der Teilnahmeschluss, die Modalitäten der Gewinnerauswahl (z.B. Losentscheid), die Art der Preisübergabe (Abholung, Zusendung), alle Kosten der Inanspruchnahme des Preises (beispielsweise weitere Kosten beim Gewinn einer Reise). Informationen über Herkunft und Wert des Preises gehören aber grundsätzlich nicht dazu. Als Marke schutzfähig sind grundsätzlich Wörter, Namen, Bilder, Buchstabenkombinationen, Zahlen, akustische Tonfolgen, dreidimensionale Formen, Produktverpackungen, Farbkombinationen, Tastmarken, und theoretisch auch Gerüche. Marken müssen allerdings grafisch darstellbar sein. Das ist bei letzteren bisher nicht gelungen. Die Einreichung einer chemischen Formel jedenfalls genügt nicht. Unlauter ist es aber, wenn der Sinn des Preisrätsels in erster Linie in der Werbung für das als Preis ausgelobte Produkt besteht und dies verschleiert wird. Gemeint sind die Fälle, in denen der Preis vom Hersteller kostenlos oder sogar gegen Bezahlung zur Verfügung gestellt wird, um mit dem vermeintlich vom Organisator des Gewinnspiels unabhängig und ohne weitere Anreize ausgesuchten Preis zu werben. TIPP: Klausel „Der Rechtsweg ist ausgeschlossen“ verhindert, dass die Entscheidung über den Gewinn gerichtlich überprüfbar ist. 4. Kampagnenvorbereitung – Ist das Material rechtlich geschützt? Welches Material darf ich in einer Werbekampagne benutzen? Welches Material ist rechtlich geschützt? Um teuere Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, muss das Material sorgfältig ausgewählt werden. 4.1 Ist ein Kennzeichen rechtlich geschützt? Kennzeichen sind Marken, geschäftliche Bezeichnungen (Firmennamen/Unternehmenskennzeichen, Werktitel) und geografische Herkunftsangaben. Diese Rechte sind im Markengesetz (MarkenG) geregelt. Außerdem sind Bezeichnungen wie „Olympia“ oder „olympisch“ nach dem Olympiamarkenschutzgesetz (OlympSchG) geschützt. 7 Die Marke an sich muss aber zu einer Unterscheidung von anderen Waren oder Dienstleistungen geeignet sein. Bezeichnungen wie „super“ oder „ideal“ sind das meistens nicht. Beispiel „SUPERgirl“ ist für viele Waren und Dienstleistungen nicht eintragungsfähig (BGH GRUR 2011,230 – SUPERgirl) Nicht unterscheidungskräftig sind auch längere Wortfolgen. Beispiel Nicht unterscheidungskräftig ist beispielsweise der Slogan „Die Vision: EINZIGARTIGES ENGAGEMENT IN TRÜFFELPRALINEN“ (BGH GRUR 2010 – 935 Die Vision) Eine Marke darf auch nicht selbst das Produkt oder die Dienstleistung beschreiben oder darstellen. Ein Obsthändler kann sich daher die Bezeichnung „Apfel“ nicht als Marke für Äpfel eintragen lassen. Ein Computerhersteller könnte sich „Apfel“ aber als Marke für Computer eintragen lassen. BeispieLE „Tae-Bo“ ist eine eingetragene Marke der BG Star Productions Inc. in den USA, u.a. für die Durchführung von Kursen für die physische und mentale Fitness. Auch die dreidimensionale Verpackung der Ritter-Sport Schokolade ist beispielsweise als 3-D-Marke geschützt. „leading to results“ ist ein als Marke eingetragener Slogan der Deutschen Bank AG u.a. für Finanzdienstleistungen. Die Farbe „magenta“ ist beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer 39552630.2 als Farbmarke für die Deutsche Telekom AG eingetragen, u.a. für Telekommunikation. Die Marke darf außerdem nicht über Eigenschaften der Waren/Dienstleistungen täuschen, gegen die öffentliche Ordnung verstoßen oder amtliche Wappen oder Siegel enthalten. Die Verwendung von amtlichen Wappen, Flaggen, Siegel, Prüfzeichen ist außerdem eine Ordnungswidrigkeit und damit strafbar. Amtliche Prüfzeichen tragen in aller Regel ein Wappen, beispielsweise einen Bundesadler. Eine Marke entsteht durch Eintragung einer nationalen Marke in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamt („DPMA“, http://www.dpma.de) oder durch Eintragung einer europaweit geltenden Gemeinschaftsmarke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt („HABM“, http://www.oami.eu). Internationaler Marken werden bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum („WIPO“, http://www.wipo.int) registriert. Durch die Registrierung einer deutschen Marke bei der WIPO erhält die deutsche Marke in den Mitgliedsstaaten des Madrider Markenabkommens den gleichen Schutz, wie eine Marke des jeweiligen Mitgliedsstaates. Derzeit sind 84 Staaten und Staatenbünde Vertragspartner des Madrider Systems, darunter auch die Europäische Gemeinschaft. Eine Marke kann außerdem entstehen durch Benutzung und dem Erreichen einer bestimmten Bekanntheit bei denjenigen, die die markierte Ware oder Dienstleistung kaufen würden. Das Entstehen von Benutzungsmarken ist in der Praxis oft nur schwer zu beweisen. Ob eine Marke durch Bekanntheit entstanden ist, ist von Fall zu Fall verschieden. Die Rechtsprechung lehnt feste Prozentsätze ab. Unter Umständen reichen schon Prozentsätze unterhalb von 30 % der relevanten Verkehrskreise. 8 Das sind in aller Regel diejenigen, die als Käufer der mit der Marke gekennzeichneten Produkte in Frage kommen. Recherchemöglichkeit nach nationalen Marken (keine Registrierung nötig): http://register.dpma.de/DPMAregister/marke/einsteiger Recherchemöglichkeit nach Gemeinschaftsmarken (keine Registrierung nötig): http://oami.europa.eu/CTMOnline/RequestManager/en_SearchBasic 4.1.2 Geschäftliche Bezeichnungen sind Firmennamen („Unternehmenskennzeichen“) und Werktitel. Unternehmenskennzeichen sind der Name oder die Firma eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils. BeispielE für Unternehmenskennzeichen: „Rhodos-Grill“, „Best Worscht in Town“, „Hotel Adler“, „Mohrenapotheke“ Unternehmenskennzeichen entstehen grundsätzlich durch Benutzung und grundsätzlich bundesweit, es sei denn das Geschäft des Unternehmens ist durch seine Art räumlich beschränkt. Eine Pizzeria wird beispielsweise nur lokale Kunden ansprechen, auch wenn deren Speisekarte im Internet potenziell weltweit verfügbar ist. Werktitel sind Namen von geistigen Werken, wie Büchern, Filmen, Tonwerke, Bühnenstücke oder Ähnlichem. Auch die Bezeichnungen von Veranstaltungen können als Werktitel schutzfähig sein (BGH GRUR 2010, 642 – WM-Marken). BeispielE „Der 7. Sinn“ für Fernsehsendungen aber auch „Powerpoint“ für ein Computerprogramm. Werktitel entstehen grundsätzlich bundesweit durch Benutzung des hergestellten Werkes. Die Rechtsprechung erlaubt aber auch einen Schutz schon vor Fertigstellung des Werkes, wenn der Titel im Titelschutzanzeiger veröffentlicht und das Werk anschließend einigermaßen kurzfristig erscheint.Recherchemöglichkeit nach Werktiteln, die im Titelschutzanzeiger veröffentlicht wurden (keine Registrierung nötig): http://www.titelschutzanzeiger.de/ 4.1.3 Geografische Herkunftsbezeichnungen sind in erster Linie Namen von Orten oder Gebieten, die als Herkunftsbezeichnung von Waren oder Dienstleitungen dienen. Beispiel „Lübecker Marzipan“, „Warsteiner“ 4.1.4 „Priorität“ und „Verwechslungsgefahr“ und erlaubte Markennennung Nach dem Grundsatz der Priorität ist ein älteres Zeichen „stärker“. Der Inhaber des älteren Zeichens kann dem Benutzer eines jüngeres Zeichens die Benutzung verbieten. Die Benutzung eines identischen Zeichens für identische Produkte oder Dienstleistungen ist in aller Regel eine Markenverletzung. Voraussetzung: Das beanstandete Zeichen wurde „markenmäßig benutzt“ (siehe hierzu http://markenrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/ index.php?id=markenmaessige-benutzung) und die Rechte des Markeninhabers sind nicht durch erstmaligen Verkauf der Ware in der EU „erschöpft“ (http:// markenrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index.php?id=markenrechtliche-erschoepfung) sind. Wurde die Ware mit Zustimmung des Markeninhabers erstmalig in der EU verkauft, ist die Benutzung der Marke, auch in der Werbung, erlaubt. Ebenfalls erlaubt ist die Markenbenutzung und Markennennung zur Produktbeschreibung: http://markenrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index.php?id=erlaubte-markenbenutzung Der weitaus größte Teil der Kennzeichenverletzungen spielt im Ähnlichkeitsbereich. Ist eine Bezeichnung einer anderen zumindest ähnlich und wird diese für zumindest ähnliche Produkte oder Dienstleistungen oder in ähnliche Branchen benutzt, besteht Verwechslungsgefahr. Ein jüngeres verwechslungsfähiges Zeichen verletzt das ältere Zeichen. Der Inhaber des älteren Zeichens kann dem Nutzer des jüngeren Zeichens die Benutzung gerichtlich verbieten lassen. 9 Verwechslungsgefahr bei Marken Die Benutzung eines Zeichens, dass einer Marke ähnelt kann eine Markenverletzung sein. Je ähnlicher das benutzte Zeichen der geschützten Marke ist und je ähnlicher sich die gegenüberstehenden Produkte oder Dienstleistungen sind, für die das Zeichen und die Marke benutzt werden, desto wahrscheinlicher ist die Markenverletzung. Es besteht also eine Wechselwirkung zwischen der Ähnlichkeit des Zeichens und der Marke und der Ähnlichkeit der jeweils gekennzeichneten Produkte oder Dienstleistungen. Als weiterer Faktor kommt die sog. „Kennzeichnungskraft“ hinzu: Je origineller und individueller eine Bezeichnung ist, desto stärker ist es. Je mehr die Marke das gekennzeichnete Produkt hingegen nur beschreibt, desto schwächer ist es. Wenn ein Zeichen das zu kennzeichnende Produkt nur beschreibt, hat es überhaupt keine Kennzeichnungskraft. Es ist dann grundsätzlich nicht schutzfähig. Beispiel Die Bezeichnung „VISAGE“ ist für eine Gesichtscreme beschreibend und damit ohne Kennzeichnungskraft. Sie ist also als Marke nicht schutzfähig. Denn der Ausdruck „Visage“ wird auch im Deutschen umgangssprachlich für Gesicht gebraucht. Der Fußball Weltverband FIFA hatte sich die Bezeichnung „FUSSBALL WM 2006“ als Marke für eine ganze Reihe von Waren und Dienstleistungen eintragen lassen. Diese Eintragungen wurde 2006 zum großen Teil wieder gelöscht, weil der Begriff „FUSSBALL WM 2006“ nicht nur für die Sportveranstaltung „Fußballweltmeisterschaft 2006“, sondern auch für viele mit dieser Sportveranstaltung verbundenen Waren und Dienstleistungen beschreibend ist und nicht als Marke aufgefasst wird. Die Kennzeichnungskraft einer Marke kann sich erhöhen, wenn die Marke bekannter wird, etwa durch intensive Werbung. Die Marke wird dann sozusagen „stärker“. Eine an sich beschreibende Bezeichnung, die an sich schutzunfähig wäre, kann daher dennoch als Marke eingetragen werden, wenn sie sehr bekannt ist. Das setzt voraus, dass man weiß, dass die gekenn- zeichneten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen stammen. Ebenso kann eine schwache oder durchschnittlich kennzeichnungskräftige Marke ihre Kennzeichungskraft durch Werbung gestärkt haben. Das ist besonders bei bekannten Marken der Fall auch wenn sie noch nicht die Schwelle zur „berühmten Marke“ überschritten haben. Eine Marke kann ihre Kennzeichnungskraft aber auch wieder verlieren, wenn sie für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie geschützt ist, wegen ihrer großen Bekanntheit beschreibend geworden ist. Die Faktoren Zeichenähnlichkeit, Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit und Kennzeichnungskraft stehen untereinander in Wechselbeziehung: Je stärker eine Marke ist, desto weniger ähnlich müssen die sich gegenüberstehenden gekennzeichneten Produkte sein, damit eine Markenverletzung vorliegt. Ist das Zeichen eine im Inland bekannte Marke, müssen die Waren oder Dienstleistungen noch nicht einmal ähnlich sein. Die Rechtsprechung nimmt eine solche z.T. schon ab einem Bekanntheitsgrad von 30% an. Für eine Markenverletzung kann es bei solchen Marken schon ausreichen, wenn die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung dieser Marke beeinträchtigt wird. Die Benutzung von im Inland bekannten Marken ist also besonders gefährlich. Beispiel für eine im Inland bekannte Marke: „Fisherman’s Friend“ Für eine Verwechslungsgefahr reicht in aller Regel klangliche, bildliche oder auch nur begriffliche Ähnlichkeit aus. Beispiel Die Brauerei Beck hatte von 1993 bis 1999 als eingetragene Bildmarke für Bier ein Wappen, in dem ein auf den Kopf gestellter Schlüssel abgebildet war. Diese Marke hat die ältere Wortbildmarke „Original Schlüssel Obergärige Handwerkliche Hausbrauerei“, ebenfalls eingetragen unter anderem für Bier, der Brauerei Schlüssel verletzt. Denn die Zeichen haben im Sinn10 gehalt übereingestimmt. Die Marke der Brauerei Beck wurde deshalb wieder gelöscht. Weitere Informationen zur Verwechslungsgefahr bei Marken: http://markenrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index.php?id=verwechslungsgefahrmarken Verwechslungsgefahr bei Firmennamen/Unternehmenskennzeichen Die Grundsätze der Verwechslungsgefahr gelten ebenso bei Unternehmenskennzeichen, etwa einem Firmenname oder einer Domain. Das gleiche gilt für im Inland bekannte Unternehmenskennzeichen. Statt Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit kommt es aber hier auf die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Branchen an. Auch hier gilt: Je stärker das Unternehmenskennzeichen, desto weniger ähnlich müssen die zu vergleichenden Branchen sein. Weitere Informationen zur Verwechslungsgefahr bei Firmennamen/Unternehmenskennzeichen: http://markenrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=verwechslungsgefahr-kennzeichen Kennzeichenrechtsstreitigkeiten sind teuer. Sie beginnen in der Regel bei einem Gegenstandswert von € 50.000,00 und erreichen bei bekannten Kennzeichen leicht einen Gegenstandswert von € 500.000,00 und mehr. Ein verlorener Rechtsstreit kostet in diesem Fall inklusive der Kosten der außergerichtlichen Abmahnung ca. € 30.000,00. Diese Kosten können sich noch erheblich erhöhen, beispielsweise durch Hinzuziehung eines Patentanwalts oder Durchführung einer Umfrage zur Bekanntheit einer Marke. 4.2 Verletzung von Urheberrechten? Urheberrechtsfähig ist grundsätzlich jedes Werk der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst, das individuell ist und „Schöpfungshöhe“ besitzt. Mit Schöpfungshöhe ist ein bestimmtes Niveau an Individualität und Gestaltung gemeint. Schutzfähig ist damit grundsätzlich nur das Ergebnis einer nichtalltäglichen Geistestätigkeit. Diese Anforderungen werden allerdings für bestimmte Bereiche herabgesetzt. Geschützt sind nämlich auch Stadtpläne und nicht künstlerische Fotografien, sog. „Lichtbilder“. 4.2.1 Der Urheberrechtsschutz entsteht mit Entstehung des Werkes. Es wird nirgendwo eingetragen. Ebensowenig erforderlich für seinen Schutz ist die populäre Kennzeichnung mit dem ©. TIPP: Jedem Schöpfer eines Werkes ist aber dringend zu empfehlen, einen sog. „Urhebervermerk“ anzubringen. Wer selbst z.B. einen Text oder ein Foto ins Internet stellt, sollte unbedingt seinen Namen daran anbringen. Er erspart sich im Verletzungsprozess damit zunächst den oft schwierigen Nachweis, dass er der Urheber ist. 4.2.2 Urheberrechtlich sensibel bei der Materialsammlung sind vor allem Fotografien („Lichtbildwerke“ und „Lichtbilder“) jeder Art, auch solche, die nur in gewöhnlicher Art ein Produkt oder einen Gegenstand darstellen. Urheberrechtlich geschützt ist u.U. sogar das Motiv selbst. Beispiel Wer zwar das Foto selbst nicht nutzt, sondern nur das Motiv nachstellt und neu aufnimmt kann die Urheberrechte des Fotografen verletzen. 4.2.3 Auch Stadtpläne oder Teile von diesen sind urheberrechtlich geschützt. Fast alle großen Stadt-planverlage durchsuchen das Internet gezielt nach Internetseiten, auf denen ihre Kartenausschnitte als Anfahrtsbeschreibungen ohne Genehmigung benutzt werden. 4.2.4 Urheberrechtlich geschützt sind auch Screenshots aus Filmen (Standbilder) Seltener sind auch Logos ur heberrechtlich geschützt. Ein Logo kann aber auch als Geschmacksmuster geschützt sein, beispielsweise als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster (http:// geschmacksmusterrecht.gewerblicherrechtsschutz. pro/index.php?id=nicht-eingetragenes-gemeinschaft) 4.2.5 Urheberrechtlich schutzfähig sind vor allem auch Texte (Sprachwerke). Das sind in aller Regel Beiträge in Zeitungen, aber auch nichtamtliche Normwerke (DINNormen). Selbst allgemeine Geschäftsbedingungen können urheberrechtsfähig sein, wenn sie nicht alltäglich sind. 11 4.2.6 Urheberrechtsfähige Werke dürfen nur mit Zustimmung des Rechteinhabers verwendet werden. Auch die Veränderung eines urheberrechtsfähigen Werkes ist grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers erlaubt. Die Lizenzierung eines Bildes ist in aller Regel günstiger als eine Schadensersatzzahlung. ACHTUNG: Spezialisierte Unternehmen durchsuchen gezielt das Internet nach nicht lizenzierten Bildern und fordern hohe Schadensersatzzahlungen für nicht lizenzierte Bilder. Die Rechtsprechung hält beispielsweise als Schadensersatz für die Nutzung eines kleinen Stadtplanausschnitts als Anfahrtsskizze auf der Website eines Unternehmens € 500,00 ohne weiteres für angemessen. Hierbei sind die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten noch nicht berücksichtigt. 4.2.7 Auch Bearbeitungen von urheberrechtlichen Werken sind ohne Zustimmung des Urhebers nicht erlaubt. Erlaubt ist nur die sogenannte „freie Benutzung“: Wer ein anderes Werk nur als Anregung für ein eigenes Werk benutzt darf das fremde Werk verwenden, wenn das eigene Werk so sehr im Vordergrund steht, dass das fremde Werk daneben nur geringe Bedeutung hat. Das wird nur selten der Fall sein. Bei Melodien gibt es grundsätzlich keine freie Benutzung. Wer beispielsweise eine Melodie für einen Jingle benutzt, braucht die Zustimmung des Rechteinhabers. 4.3 Verletzung von Rechten an einer Domain oder druch eine Domain? Eine Domain kann, wenn sie gewerblich genutzt wird, grundsätzlich markenrechtlich geschützt sein, etwa wenn diese ein Unternehmenskennzeichen oder (seltener) eine Marke darstellt. Im nichtgeschäftlichen Bereich kann eine Domain namensrechtlich geschützt sein. Unter Umständen ist schon die Reservierung einer Domain verboten, wenn sie ohne sachlichen Grund oder in Behinderungsabsicht geschieht. Mehr zu Rechten, die an einer Domain enstehen können: http://domainrecht.gewerblicherrechtsschutz. pro/ Mehr zu Domains, die selbst fremde Marken, Firmennamen (Unternehmenskennzeichen) oder Namen verletzen: http://domainrecht.gewerblicherrechtsschutz. pro/index.php?id=rechtsverletzung-durch-domain der Marke kann den Benutzer der jüngeren Bezeichnung abmahnen oder die Benutzung gerichtlich verbieten lassen. Auf ein Verschulden kommt es beim Unterlassungsanspruch nie an! 4.4 Verletzung von Geschmacksmustern – Logos, Grafiken und Schriftzeichen Potenziell gefährlich ist auch die Verwendung von Firmenlogos, grafischen Symbolen oder typografischen Schriftzeichen. Diese sind oft als Geschmacksmuster geschützt. Ein Muster kann nämlich auch als sog. „nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ geschützt sein, wenn es nicht registriert ist. Ein solches Muster schützt den Entwerfer drei Jahre aber erstmaliger Veröffentlichung („Offenbarung“) gegen Nachahmung. Im Gegensatz zum Urheberrecht braucht das Muster nicht besonders individuell oder originell zu sein. Es reicht aus, dass es im Zeitpunkt der Offenbarung „neu“ war und unterscheidbar ist. Ausführliche Informationen über die Abmahnung im Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Domainrecht, Internetrecht und Geschmacksmusterrecht sind hier zu finden: http://abmahnung.gewerblicherrechtsschutz.pro/ Auch bei der Nutzung von Logos und Grafiken und typografischen Schriftzeichen muss also in aller Regel vor einer Benutzung die Erlaubnis des Entwerfers oder des Rechteinhabers eingeholt werden. Mehr zum Geschmacksmusterrecht, insbesondere auch zum wenig bekannten nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster: http://geschmacksmusterrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/ 4.5 Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts? Jede fotografierte/gefilmte Person muss grundsätzlich der Verwendung ihres Bildes zustimmen. Eine Verwendung ohne Zustimmung der abgebildeten Person ist grundsätzlich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Das Muster einer Zustimmungserklärung („Model Release“) kann hier heruntergeladen werden: http://www.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=model_release_muster 4.6 Was droht bei Rechtsverletzungen? Eine Bezeichnung, die einer anderen als Marke geschützten älteren Bezeichnung zumindest ähnlich ist und die für zumindest ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, verletzt diese Marke. Der Inhaber 12 Der Verletzte kann, wenn der Benutzer des jüngeren Zeichens zumindest fahrlässig gehandelt hat, auch Schadensersatz verlangen. Fahrlässig handelt jeder, der ein Zeichen benutzt, ohne vorher in den Marken- oder Handelsregistern recherchiert zu haben. Der häufige Einwand, man habe doch nicht gewusst, dass das Zeichen geschützt war, ist in aller Regel bedeutungslos. In der Praxis bedeutsam, insbesondere bei Markenrechtsverletzungen, ist der Auskunftsanspruch. Der Verletzter muss dem Markenrechtsberechtigten mitteilen, woher er die rechtsverletzenden Produkte hat. Damit hat der Berechtigte den nächsten Verletzer. Er kann sich so Schritt für Schritt an den Hersteller des Plagiats vorarbeiten. 5. Kampagnenführung – was ist verboten, was ist erlaubt? 5.1 Das seit dem 30.12.2008 geltende UWG Am 30. Dezember 2008 trat das aktuelle Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft. Es enthält zum Teil erhebliche Verschärfungen für alle, die B2CWerbung betreiben und Produkte an Verbraucher anbieten. Aber auch für Unternehmen im B2B-Geschäft gab es weit reichende Änderungen. Modifiziert wurde das UWG außerdem durch das am 4.8.2009 in Kraft getretene Telefonwerbegesetz. 5.2 Bagatellschwelle geschwunden Durch das aktuelle UWG wurden viele Verhaltensweisen, die zuvor erlaubt waren, wettbewerbsrechtlich verboten. Außerdem wurden viele Werbemaßnahmen, die bisher deswegen nicht verboten werden konnten, weil sie Mitbewerber oder andere Marktteilnehmer nur uner- heblich beeinträchtigt haben (sog. „Bagatellschwelle“), jetzt unlauter. Das aktuelle UWG enthält als Anhang eine Liste von insgesamt 30 „unzulässigen geschäftliche Handlungen“. Diese sind unter allen Umständen unlauter (sog. „schwarze Liste“). Die früher geltende Bagatellschwelle spielt in diesen Fällen keine Rolle mehr. Beispiel Verstöße gegen die Pflicht, eine richtige und vollständige Anbieterkennzeichnung anzugeben, „Impressumspflicht“, Verstöße gegen die Preisangabenverordnung (z.B. Werbung mit Nettopreisen anstatt mit Endpreisen gegenüber Verbrauchern) sind immer unlauter. 5.3 „Wettbewerbshandlung“ wurde zur „geschäftlichen Handlung“ Zentraler Begriff des früheren Wettbewerbsrechts war die „Wettbewerbshandlung“. Er wurde ersetzt durch die „geschäftliche Handlung“. Auf ein Handeln in Wettbewerbsabsicht kommt es nicht mehr an. Das Wettbewerbsrecht wurde zum „Lauterkeitsrecht“. Das frühere UWG hatte nur Handlungen zur Absatzförderung oder Warenbezugsförderung sanktioniert. Es hat sich also konzentriert auf Handlungen bis zum Vertragsschluss. Das hat sich grundlegend geändert: Anders als im früheren Wettbewerbsrecht kann auch auch eine Handlung nach Abschluss des Vetrags unlauter sein. BeispielE Unlauter ist es z. B., wenn ein Unternehmen mit der Aussage „Umtausch ohne wenn und aber.“ Artikel nicht umtauscht mit dem Hinweis, auf dem Kassenbon sei aufgedruckt „Umtausch nur bei original verpackter unbenutzter Ware.“ Auch die telefonische Nachfrage eines Marktforschungsunternehmens im Auftrag einer Kfz-Werkstatt, ob man mit der Geschäftsabwicklung (Reparatur eines Steinschlagschadens) zufrieden sei, kann eine unzumutbare Belästigung sein, auch wenn der Kunde seine Telefonnummer „für den Fall der Fälle“ überlassen hat und unabhängig davon, ob der Kunde Verbraucher oder 13 Unternehmer ist (OLG Köln v. 30.3.2012 - 6 U 191/11). Mehr zur unzumutbaren Belästigung durch Telefonakquise unten unter > 5.7.Unzumutbare Belästigung Unzulässig sind auch geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern, wenn sie „nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen“ und der Verbraucher sich deswegen nicht richtig entscheiden kann. Ein Verstoß gegen die fachlichen Sorgfaltspflichten ist beispielsweise auch die Verwendung von unwirksamen AGB. Beispiel Wer seine Produkte über eBay verkauft und dort in seinen AGB seine Gewährleistung Verbrauchern gegenüber ausschließt, kann nunmehr nicht nur von den hierzu ermächtigten Verbänden, sondern von jedem Mitbewerber abgemahnt und verklagt werden (BGH GRUR 2010, 1117 – Gewährleistungsausschluss im Internet). Abmahnungen von Wettbewerbern sind dabei erheblich teurer als solche von Verbänden. Bei Werbung mit Testergebnissen verlangt die Rechtsprechung einen Fundstellenhinweis bereits deutlich auf der jeweilgen Internetseite oder einen deutlichen Sternchenhinweis, der den Verbraucher ohne Weiteres zur Fundstelle des zitierten Tests führt (BGH GRUR 2010, 248 – Kamerakauf im Internet). Der Verbraucher soll sich ohne größere Schwierigkeit den Test beschaffen können. 5.4 Unlautere geschäftliche Handlungen Als Beispiele unlautere geschäftliche Handlungen werden Fallgruppen aufgezählt, die unzulässig sind: 5.4.1 Verboten ist es danach, Druck oder unangemessenen und unsachlicher Einfluss auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer auszuüben; in menschenverachtender Weise oder sonst übertrieben unangemessen und unsachlich zu werben, „Gefühlsbetonte“ Werbung ist allerdings im Gegensatz zu früherer Rechtsprechung ausdrücklich erlaubt. Die früher als unlauter betrachtete „Schockwerbung“ von Benetton, dürfte inzwischen jedenfalls teilweise zulässig sein. 5.4.2 Verboten ist es auch, die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen oder die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen. 5.4.3 Der Werbecharakter darf nicht verschleiert werden. Eine Anzeige muss als solche erkennbar sein und muss mit dem Begriff „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Beispiel Gekaufte redaktionelle Berichterstattung ist populär aber unlauter. Sie muss ebenfalls als „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Denn wer redaktionelle Berichterstattung liest, geht von einer weitgehend objektiven Meinung aus. 5.4.4 Bedingungen für Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke müssen eindeutig angegeben werden. Zugaben und Rabatte sind grundsätzlich zulässig. Die Grenze bei Rabatten liegt in aller Regel beim Verkauf unter Einkaufspreis. Es gilt aber in jedem Fall das Transparenzgebot: Es muss stets angegeben werden, wann genau der Kunde die Zugabe oder das Werbegeschenk erhält. Muss er beispielsweise einen Vertrag abschließen und wenn ja, welchen? Bei Rabatten muss die Höhe des Rabatts genau angeben werden, z.B. durch einen Prozentsatz vom Normalpreis. Beispiel Das Angebot „Eine Woche Traumreise gratis“ beim Kauf von Möbeln beispielsweise ist unlauter. Denn der Kunde kann den Wert der Traumreise mangels näherer Angaben nicht abschätzen. Werden Begriffe wie „Geschenk“ oder „gratis“ verwendet? Dann darf das Geschenk nicht an den Abschluss eines Vertrags gekoppelt werden. Ein Geschenk muss auch tatsächlich ein Geschenk, d.h. vollkommen kostenfrei sein. Mehr zum Thema Rabattwerbung siehe unten unter > 5.9 Besonderheiten bei der Werbung mit Preisen und Rabatten 5.4.5 Mitbewerber dürfen weder verächtlich gemacht, noch dürfen Unwahrheiten über diese oder deren Produkte oder Dienstleistungen behauptet werden. 14 5.4.6 Waren oder Dienstleistungen von Wettbewerbern dürfen nicht nachgeahmt werden. Häufig ist das Anbieten von Plagiaten ohnehin eine Verletzung einer Marke oder eines anderen Schutzrechts. 5.4.7 Unlauter ist es auch, Mitbewerber gezielt und individuell zu behindern. Beispiel Werbeflyer werden direkt vor den Niederlassungen der Konkurrenz verteilt. 5.4.8 Unlauter kann es auch sein, wer gegen ein Gesetz verstößt. Längst nicht jeder Gesetzesverstoß ist aber wettbewerbswidrig. Es muss ein wettbewerbsrechtlich relevantes Gesetz sein. Beispiel Eine solche wettbewerbsbezogene Norm ist z.B. die Preisangabeverordnung (PangV). Preise müssen grundsätzlich als Endpreise, d. h. In klusive aller Preisbestandteile (Umsatzsteuer, Versandkosten, zusätzlich anfallende Steuern und Gebühren) angegeben werden und zwar schon bei Einleitung des Bestellvorgangs und nicht erst im virtuellen Warenkorb des Onlineshops (BGH GRUR 2010, 248 – Kamerakauf im Internet) Weitere Beispiele wettbewerbsbezogener Normen: Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) sind in aller Regel unlauter. Ebenso die „Verordnung über diätetische Lebensmittel“ (DiätV) oder Normen des „Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs“ (LFBG). Ebenfalls wettbewerbsbezogen sind die Normen der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung – Pkw-EnVKV (BGH GRUR 2010, 852 – Gallardo Spyder). Nicht wettbewerbsbezogen sind die straßenrechtlichen Bestimmungen über eine Sondernutzungserlaubnis (BGH GRUR 2006, 872 – Kraftfahrzeuganhänger mit Werbeschildern). Ebensowenig wettbewerbsbezogen, sondern, sog. „wertneutrale“ Vorschriften sind die Bestimmungen des Textilkennzeichnungsgesetzes bzw. der Textilkennzeichnungsverordnung. Längst nicht jeder Verstoß hiergegen ist also ein Wettbewerbsverstoß. Mehr hierzu unter http://moderecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index.php?id=textilkennzeichnu ngsverordnung Auch ein Verstoß gegen die „Impressumspflicht“ wird von der Rechtsprechung als unlauter angesehen. Es reicht aber in aller Regel aus, wenn die Anbieterkennzeichnung über einen Link „Kontakt“ und einen weiteren Link „Impressum“ über insgesamt zwei Links erreichbar ist. Ein Impressum muss auch angeben, wer seine Produkte über eBay anbietet und dabei eine Software (App) für mobile Endgeräte (z.B. iPhone) benutzt (OLG Hamm NJW-RR 2010, 1481 – iPhone) 5.5 Irreführende geschäftliche Handlungen (früher: „irreführende Werbung“) 5.5.1 Grundsätzliches Unlauter handelt insbesondere auch, wer eine sogenannte „irreführende geschäftliche Handlung vornimmt“. Dieser Begriff ersetzt seit dem 30.12.2008 den engeren Begriff „irreführende Werbung“. Es gilt ein Täuschungsverbot: Angaben über Waren und Dienstleistungen müssen wahr, richtig und vollständig sein. Ob eine Angabe dies Anforderungen erfüllt, richtet sich nach den Erwartungen des konkret angesprochenen „Durchschnittsumworbenen“ (= durchschnittlich informiert, aufmerksam und verständig). Zu diesen Angaben gehören die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen und die Verfügbarkeit. Eine nur sehr kurze Verfügbarkeit (bei Waren weniger als zwei Tage) ist unlauter. Auch über die Ergebnisse einer Dienstleistung darf nicht getäuscht werden. Angaben, die der Kunde wissen müsste, dürfen nicht verschwiegen werden. Beispiel Die Werbung einer Kosmetikschule mit der Ausbildung zur „staatlich anerkannten Kosmetikerin“ ist irreführend. Denn der Begriff „Kosmetikerin“ ist nicht geschützt. Jeder darf sich so nennen, auch ohne Ausbildung. Angaben können Tatsachenbehauptungen (beweisbar) oder Werturteile sein. Reine Werturteile ohne Tatsa15 chenkern sind aufgrund der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit keine „Werbung“ i. S. d. UWG. Als Werturteile gelten allgemeine Redewendungen ohne informativen Gehalt, nichtssagende Anpreisungen, bloße Kaufappelle, „reklamehafte“ Übertreibungen, subjektive Meinungen. Beispiel Als nichtssagende Anpreisung gilt beispielsweise „Gesundes Wohnen“. Eine Tatsachenbehauptung ist eine Angabe dann, wenn in ihr konkrete, nachprüfbare Eigenschaften über das Produkt oder die Dienstleistung enthalten sind. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil ist, wie es die Angesprochenen verstehen. Beispiel Die Schlagwörter „radikal gesenkte Preise“ dürfen nur verwendet werden, wenn tatsächlich Preise erheblich gesenkt wurden. Die Werbeaussage „beste Versicherung“ darf nur benutzt werden, wenn die Versicherung tatsächlich allen anderen Versicherungen in alle möglichen Aspekten überlegen ist. Wer mit dem „größten Lager am Ort“ wirbt, muss ein Lager haben, das tatsächlich größer ist, als diejenigen der lokalen Konkurrenz. Zu den unverzichtbaren Angaben gehören vor allem auch der Preis und seine Zusammensetzung. Preise müssen alle Kosten, die auf den Kunden zukommen, enthalten. Dies kann auch in einem Sternchentext geschehen. Dieser muss aber in unmittelbarer Nähe des Sternchens platziert sein, also auf jeden Fall auf der gleichen Seite. Feste Regeln für die Größe des Textes gibt es nicht. Er muss aber deutlich lesbar sein. Der Sternchentext darf außerdem nicht senkrecht platziert sein und er muss alle Konditionen enthalten. 5.5.2 Werbung mit „Made in Germany“ Werbung mit der Kennzeichnung „Made in Germany“ ist grundsätzlich gefährlich, wenn die Ware nicht vollständig in Deutschland hergestellt wurde. Entscheidungen zu „Made in Germany“ sind selten und uneinheitlich. In einer Entscheidung des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.04.2011 – I-20 U 110/10, 20 U 110/10) ging es um ein Besteckset, dass mit „Made in Germany“ beworben worden war. Konkret trug hier die Produktverpackung neben einer schwarz-rot-goldenen Flagge den Hinweis „Produziert in Deutschland“. In der Verpackung fand sich ein Einleger, der den Erwerber des Bestecksets begrüßte mit den Worten: „Herzlichen Glückwunsch zum Erwerb dieses hochwertigen MI-Bestecks MADE IN GERMANY“. In Deutschland hergestellt wurden die Gabeln, Löffel und Kaffeelöffel. Die Rohmesser allerdings wurden auf deutschen Maschinen in China hergestellt und in Deutschland geschliffen und poliert. Das OLG Düsseldorf sah hierin eine Irreführung. Es hielt sich auch gar nicht mit den in Deutschland hergestellten Bestecksetanteilen, nämlich Gabeln, Löffel, Kaffeelöffel sowie den deutschen Produktionsanteilen des Messers (Schliff und Polierung) auf. Es stellte vielmehr auf etwas ganz Anderes ab: Einziges Kaufargument des Bestecksets sei die Werbung mit „Made in Germany“ gewesen. Dadurch erwarte der Verkehr auch bei dem Messer, dass alle wesentlichen Produktionsschritte in Deutschland durchgeführt wurden. Dabei müsse der Verkehr auch gar nicht so sehr eine besondere Qualität erwarten. Der Kaufentschluss könne auch beispielsweise auf „der Sorge um hiesige Arbeitsplätze“ beruhen. Ältere Entscheidungen zu „Made in Germany“ sahen eine solche Kennzeichnung dann als zulässig an, wenn es bei der Herstellung an einer „nennenswerten ausländischen Beteiligung fehlt, die Ware vielmehr von der Konzeption bis zur technisch-fabrikatorischen Fertigstellung von Deutschen stammt und in Deutschland gefertigt ist“ (BGH v. 23.3.1973 – I ZR 33/72 – Skibindung). Eine andere Entscheidungen stellte darauf ab, ob 1. diejenigen Eigenschaften, die der angesprochene Verkehr als wesentlich für den Wert des Produkts ansieht, in Deutschland erbracht wurden und 2. das Produkt in Deutschland konstruiert und zumindest endgefertigt wurde (OLG Stuttgart v. 10.11.1995 – 2 U 124/95). 16 Das LG Frankfurt meinte in einem Urteil vom 7.11.2008 - 3-12 O 55/08 – dass der Fertigungsbetrieb in Deutschland liegen müsse und die Entwicklung und Fertigung hier kontrolliert und überwacht werden müsse. Mehr zum Thema „Made in Germany“ unter http://www.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=made_in_germany und zu den Zertifizierungen „Made in Germany“ unter http://www.gewerblicherrechtsschutz.pro/ blog/2011/11/made-in-germany-zertifikate/ 5.5.3 Werbung mit Selbstverständlichkeiten Auch wahre Angaben, d.h. objektiv richtige Angaben können irreführend sein, wenn ein irreführender Eindruck erweckt wird. Beispiele hierfür ist die sog. „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“. Hier wird eine an sich selbstverständliche oder gar gesetzlich vorgeschriebene Produkteigenschaft als außergewöhnlich oder zumindest nicht selbstverständlich dargestellt. Beispiel Die Werbeaussage „Bei uns erhalten Sie eine Rechnung mit ausgewiesener 19% Mehrwertsteuer“ ist irreführend, da sie einen besonderen Vorteil suggeriert (OLG Braunschweig, Beschluss v. 2.9.2010 – Az. 2 U 36/10) 5.5.4 Superlativwerbung ist nicht ungefährlich. Verboten sind grundsätzlich Angaben, die objektiv nachprüfbar nicht stimmen: „Wir sind die Größten“ wäre nur dann erlaubt, wenn das in jeder Hinsicht so richtig wäre (Umsatz, Anzahl der Kunden, etc.) Erlaubt sind subjektive Meinungen, z.B. „Warum wir glauben, dass wir die Größten sind“. Erlaubt ist auch Superlativwerbung, die derart übertrieben ist, dass sie nicht mehr ernst genommen wird. Beispiel Erlaubt ist nach Ansicht des Kammergerichts die Aussage „Der best Powerkurs aller Zeiten“ (KG, Beschluss v. 3.8.2010 – Az. 5 W 175/10) 5.5.5 Werbung für Nahrungsergänzungsmittel Ein Mittel kann Nahrungsmittel oder Arzneimittel sein, je nachdem wie für dieses Mittel geworben wird. Entscheiden ist, ob der Durchschnittsleser der Anzeige das Mittel als Arzneimittel oder als Nahrungsergänzungsmittel versteht. Für Arzneimittel gelten strenge Werbebeschränkungen! dass Makleranrufe unerwünscht sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Makler einen Verkauf oder einen Kauf vermitteln möchte. Denn auch Nachfragewerbung ist Werbung. Ein Immobilieninserat ist aber keine ausdrückliche(!) Einwilligung in einen Anruf durch einen Makler. Das Gleiche gilt auch für Kfz-Händler, die private Inserenten anrufen, um Kaufangebote abzugeben. TIPP: Deshalb jedes Nahrungsergänzungsmittel mit dem Hinweis versehen: „Zur Nahrungsergänzung“ Weitere Informationen zur Kaltakquise per Telefon, z.B. von Immobilienmaklern oder Autoverkäufern, finden sich hier http://wettbewerbsrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index.php?id=telefonakquiseuwg 5.6 Vergleichende Werbung Vergleichende Werbung ist grundsätzlich zulässig. Die verglichenen Waren oder Dienstleistungen müssen aber vergleichbar sein. Die Produkte sind vergleichbar, wenn sie für den Verbraucher grundsätzlich austauschbar sind. Beispiel Vergleichbar ist z.B. Modeschmuck und echter Schmuck aber u.U. auch ein Medikament mit einer Heilbehandlung, wenn beide Produkte grundsätzlich den selben Zweck erfüllen sollen 5.7 Unzumutbare Belästigungen Unzulässig ist es, Mitbewerber und vor allem Verbraucher unzumutbar zu belästigen. Eine Unzumutbare Belästigung ist immer dann anzunehmen, wenn der Empfänger die Werbung erkennbar nicht wünscht. Hier sind vor allem bei der Kaltakquise Regeln zu beachten: 5.7.1 Telefonakquise gegenüber Verbrauchern („Cold Calls“), ist seit dem Inkrafttreten des Telefonwerbegesetzes ohne vorherige ausdrückliche(!) Einwilligung grundsätzlich verboten. Eine stillschweigende oder gar nur vermutete Einwilligung reicht bei Verbrauchern nicht aus. Vorherige ausdrückliche Einwilligung heißt: Der Adressat hat bei Aufnahme des Geschäftskontakts – etwa bei der Adressweitergabe in einem Gewinnspiel – angekreuzt, dass er mit einer telefonischen Kontaktaufnahme (zumindest auch) zu Werbezwecken einverstanden. Beispiel Immobilienmakler dürfen private Immobilieninserenten selbst dann nicht anrufen, wenn ein Hinweis fehlt, 17 Zur speziellen Situation von Steinmetzen bei der Akquise für Grabmale: http://wettbewerbsrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=grabmale-werbung-akquise Gerne werden solche Einwilligungen per Gewinnspiel im Double-Opt-In-Verfahren generiert: Die Teilnahme an einem Gewinnspiel wird mit dem Setzen eines Häkchens verbunden, mit dem sich der Verbraucher mit Telefonwerbeanrufen einverstanden erklärt. Das Double-Opt-In-Verfahren ist aber nach Ansicht des BGH ungeeignet, um eine Einwilligung eines Verbrauchers in Werbeanrufe nachzuweisen. Wer Daten von Gewinnspielteilnehmern anschließend für Werbeanrufe benutzen möchte, muss die Einwilligungserklärung „drucktechnisch besonders hervorheben“ (Einrahmung, Fettdruck, etc.). Diese Erklärung muss nachweisbar vom Verbraucher abgegeben werden. Ein Nachweis der elektronischen Bestätigung im Double-Opt-In-Verfahren reicht nicht aus. Denn damit ist nicht sichergestellt, dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer auch um die des Absenders der Bestätigungsemail handelt (BGH Urteil v. 10.2.2011. Az. I ZR 164//09 – Telefonaktion II). Die Generierung von Leads für Telefonanrufe durch das Double-Opt-In-Verfahren dürfte damit der Vergangenheit angehören. Erforderlich ist ein Nachweis der Einwilligung in die Telefonwerbung, etwa durch Emailnachricht des angerufenen Verbrauchers. 5.7.2 Telefonakquise gegenüber Unternehmern oder Freiberuflern Hier reicht an sich eine vermutete/mutmaßliche Einwilligung aus. Die Grenzen hierfür sind aber recht eng. Nach der Rechtsprechung spricht schon ein objektiv ungünstiges Angebot gegen eine mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen. Bei Verstößen drohen zudem Geldbußen von bis zu € 50.000. Wann ein gewerblicher oder freiberuflicher Adressat mutmaßlich eingewilligt hat, lässt sich nicht pauschal beantworten. Der Unternehmer muss - etwa durch sein Internetangebot - einen konkreten Bedarf am Angebot des Anrufers vermuten lassen. Mutmaßlich willigt ein Unternehmer ein in Werbeanrufe zu Produkten, die aufgrund seines Geschäfts für ihn interessant sein könnten. Erlaubt ist es aber, wenn ein Arbeitnehmer nach einem Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber seine bisherigen Kunden anruft, um diese über den Wechsel zu informieren (BGH GRUR 2010, 939 – Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel). Wichtig ist, dass seit Inkrafttreten des Telefonwerbegesetzes der Anrufende seine Rufnummer nicht mehr unterdrücken darf. Er muss vielmehr seine - oder etwa bei Einschaltung eines Callcenters die Rufnummer seines Auftraggebers übermitteln. Bei einem Verstoß hiergegen droht eine Geldbuße von bis zu € 10.000,00. 5.7.3 Das Ansprechen auf der Straße ist erlaubt, wenn der Werber als solcher ohne Weiteres erkennbar ist und den Passanten nicht überrumpelt oder unzumutbar belästigt, z.B. am Weitergehen hindert. Unzulässig ist es, Passanten quasi „undercover“ unter einem Vorwand anzusprechen und dann in ein Verkaufsgespräch zu verwickeln. 5.7.4 Für eine Werbung per Telefax, Email oder SMS ist immer die ausdrückliche(!) Einwilligung des Empfängers notwendig. Die Entscheidung des BGH vom 17.07.2008 (GRUR 2008, 923), wonach ein Unternehmen stillschweigend in den Empfang von branchenüblichen Werbefaxen einwilligt, wenn es in einem Branchenverzeichnis seine Telefaxnummer veröffentlichen lässt, ist mit Inkrafttreten des UWG 2009 überholt! „Einfache Opt-Ins“ (Eintragung in eine Abonnentenliste) sind gefährlich: Beim einfachen Opt-In wird der 18 Empfang regelmäßiger Nachrichten – meist E-Mails oder auch SMS – explizit durch einmaliges Eintragen in eine Abonnentenliste zugestimmt. Das Problem bei einfachem Opt-In ist, dass beliebige Kontaktdaten zur Anmeldung verwendet werden können, also auch fehlerhafte Daten oder Daten dritter Personen. Beim einfachen Opt-In besteht also immer die Gefahr, dass der Adressat tatsächlich nicht zugestimmt hat. Dann ist die Werbung unzulässig. „Double Opt-In“ Hier muss der Eintrag in die Abonnentenliste in einem zweiten Schritt bestätigt werden. Meist wird hierzu eine E-Mail-Nachricht mit Bitte um Bestätigung an die angegebene Kontaktemailadresse gesendet. Handelt es sich um ein echtes, d.h. erwünschtes Opt-In, kann der Abonnent eine Bestätigung abgeben. Handelt es sich dagegen um einen missbräuchlichen Eintrag, kann sich der unfreiwillige Abonnement-Kandidat vor einem Eintrag in die Abonnementliste schützen, indem er auf die Bestätigungsanfrage einfach nicht reagiert. Dies ist grundsätzlich der sicherste Weg. Denn für jede Kontaktaufnahme per Email ist grundsätzlich das vorherige ausdrückliche(!) Einverständnis desjenigen nötig, der kontaktiert wird. Achtung: Emailwerbung oder Werbung per SMS ohne Einverständnis des Empfängers ist immer gefährlich. Eine einzige unverlangt zugesendete Emailnachricht reicht schon aus, um sich der Gefahr einer Abmahnung auszusetzen. Eine solche Abmahnung droht hier nicht nur von Konkurrenten: Wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (bei geschäftlicher Emailadresse oder geschäftlich genutztem Telefon) oder wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts (bei privater Emailadresse/ privatem Telefon) kann grundsätzlich jeder Empfänger einer SMS- oder Emailwerbung eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung und Ersatz der Abmahnkosten verlangen. 5.7.5 Briefkastenwerbung ist grundsätzlich erlaubt, es sei denn auf dem Briefkaste ist ein Hinweis angebracht „Bitte keine Werbung“ o.ä. Grundsätzlich muss beim personalisierten Brief aber jedenfalls sofort nach der Öffnung erkennbar sein, dass es sich um Werbung handelt. Irreführend ist es aber, vermeintliche Postbenachrichtigungen über verpasste Paketzustellungen zu versenden, in denen um einen Rückruf gebeten wird (OLG Hamm, Urteil v. 19.8.2010 - 4 U 66/10). Briefkastenwerbung wird unlauter, wenn der Empfänger dem Empfang widerspricht, z.B. durch Eintrag seiner Adresse im vom Deutschen Direktmarketing Verband (DDV) geführten Robinsonliste. 5.7.6 Werbung gegenüber Bestandkunden: Hier wird auch bei Verbrauchern unter bestimmten Umständen und nur für Email- oder SMS-Werbung eine Einwilligung vermutet, wenn die Emailadresse oder Mobilrufnummer beim Verkauf einer Ware oder Dienstleistung gewonnen wurde. Es muss also bereits ein Kauf zustandegekommen sein (OLG Jena, Urteil v. 21.4.2010, Az. 2 U 88/10). Die Werbeemail muss außerdem ein Produkt betreffen, dass dem bereits gekauften Produkt ähnelt. Zubehör und Ergänzungswaren sind davon noch umfasst. Der Adresseninhaber darf aber in keinem Fall der Verwendung seiner Kontaktdaten widersprochen haben und er muss in jedem Fall darauf hingewiesen werden, dass er der Verwendung seiner Adresse auch später jederzeit widersprechen kann. 5.8 Besonderheiten für Kampagnen für Konsumenten (Verbraucher): „Schwarze Liste“ schränkt Werbemaßnahmen gegenüber Verbraucher erheblich ein! Werbung gegenüber Konsumenten ist nach der sog. „schwarzen Liste“ im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG erheblich eingeschränkt. Konsument oder „Verbraucher“ ist, wer ein bestimmtes Geschäft nicht als Gewerbetreibender oder Selbständiger abschließt. Beispiel Existenzgründer sind bis zur Geschäftsaufnahme Verbraucher, ebenso Anteilseigner von Unternehmen. Es gilt: Außerhalb seiner geschäftlichen Tätigkeit ist jeder Verbraucher! 19 5.8.1 Unwahre Angaben gegenüber Verbrauchern Als unzulässige geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind eine Vielzahl von unwahren Angaben über die oben beschriebenen Verbote hinaus verboten. Wer mit einer Werbeaussage wirbt, muss sich vergewissern, dass seine Aussage auch tatsächlich wahr, d.h. beweisbar und unter allen in Betracht kommenden Bedeutungsmöglichkeiten richtig ist. Die sog. „schwarze Liste“ des UWG verbietet die unwahre Angabe eines Unternehmens gegenüber Verbrauchern, WW es habe einen Verhaltenskodex mitunterschrieben WW ein Verhaltenskodex sei öffentlich oder von sonstiger Stelle gebilligt WW ein Produkt oder eine Dienstleistung sei von öffentlicher oder privater Stelle gebilligt WW eine Ware oder Dienstleistung sei nur sehr kurz verfügbar WW eine Ware oder Dienstleistung sei verkehrsfähig Beispiel Ein Fahrzeug wird angeboten, obwohl dessen Betrieb eine Betriebserlaubnis voraussetzt, die nicht vorliegt WW es würden besondere Rechte gewährt, die ohnehin gesetzlich vorgeschrieben sind WW es wäre gefährlich für die Sicherheit des Verbrauchers oder seiner Familie, wenn er ein Angebot nicht annimmt WW er würde demnächst sein Geschäft aufgeben Beispiel Wer mit Räumungsverkauf wegen Geschäftaufgabe wirbt, ohne tatsächlich sein Geschäft aufzugeben, handelt unlauter WW eine Ware oder Dienstleistung könne Krankheiten heilen WW über Marktbedingungen oder Bezugsquellen WW er sei Verbraucher WW „Privatverkäufe“ über eBay haben tatsächlich ein gewerbliches Ausmaß erreicht WW es sei ein grenzüberschreitender Kundendienst verfügbar WW es seien bei Ablehnung eines Angebots Arbeitsplätze oder Lebensunterhalt gefährdet 5.8.2 Irreführende Angebote Eine Vielzahl von irreführenden Angeboten sind verboten. Die „schwarze Liste“ des UWG verbietet die Angebote von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens, WW die nur als Lockangebote dienen, weil sie nicht ausreichend vorhanden sind. Wenn der Warenvorrat nur für weniger als zwei Tage ausreicht, muss der Unternehmer nachweisen, dass der Angebotszeitraum, die Angebotsmenge zu dem angebotenen Preis angemessen war (Umkehr der Beweislast) WW mit Hilfe der „bait-and-switch“-Technik: Hier wird nicht das angebotene Produkt vorgeführt, weil es angeblich gerade nicht am Lager ist, sondern ein anderes, teureres Produkt. Das Unternehmen weigert sich aber, das tatsächlich angebotene Produkt zu bestellen. „Produkte“ in diesem Sinne sind auch Dienstleistungen. WW bei denen fremdsprachliche Serviceleistungen nach Vertragsschluss nicht in der Fremdsprache durchgeführt werden, die bei Vertragsschluss benutzt wurde. Benutzt ein Unternehmen in Deutschland also beim Zustandekommen des Vertrags beispielsweise die englische Sprache, müssen auch die anschließenden Serviceleistungen in englischer Sprache durchgeführt werden. WW die redaktionell getarnte Werbung sind. Das Verbot, über Anzeigenkunden redaktionell zu berichten oder sich redaktionelle Berichterstattung bezahlen zu lassen ist also nun auch explizit im Gesetz geregelt. 20 Verboten ist dies sowohl für den Verlag, als auch für das Unternehmen, das sich redaktionelle Berichterstattung bezahlen lässt. WW die ein „look-a-like“ der Produkte der Konkurrenz sind. Der Verbraucher wird über den tatsächlichen Hersteller getäuscht. Die Marke des imitierten Produkts muss dabei nicht genannt werden. Es reicht, wenn der Verbraucher aus der Aufmachung einen entsprechenden Schluss ziehen kann. WW als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder ähnlichem, wenn das tatsächlich nicht der Fall ist. „Umsonst“ heißt: Vollkommen ohne Gegenleistung. WW wenn durch Beifügung einer Rechnung der Eindruck erweckt wird, das Produkt sei bereits bestellt. 5.8.3 Verwendung von Güte- oder Qualitätszeichen ohne Genehmigung Unternehmen, die Güte- oder Qualitätszeichen ohne erforderliche Genehmigung verwenden, handeln unlauter. Verboten ist danach das Angebot von Produkten, die mit dem CE-Zeichen versehen sind, wenn die Produkte nicht die Voraussetzungen dieses Zeichens erfüllen. Ebenso irreführend ist es, wenn suggeriert wird, das CEKennzeichen sei durch ein neutrales Institut verliehen worden, da hier ja der Hersteller selbst die Konformitätserklärung ausstellen kann. Zu den nicht geschützten Zertifikaten „Made in Germany“: http://www.gewerblicherrechtsschutz.pro/ blog/2011/11/made-in-germany-zertifikate/ 5.8.4 Unverlangte Warenzusendungen sind ebenfalls verboten. Das gleiche gilt für die Aufforderung, unverlangt zugesendete Waren zurückzusenden oder aufzubewahren. 5.8.5 Hindern am oder weigern zu gehen Ein Unternehmer, der den falschen oder richtigen Eindruck erweckt, einen Verbraucher könne ohne Vertragsschluss die Geschäftsräume nicht verlassen, handelt unlauter. Ebenso verboten ist es für den Unternehmer, trotz Aufforderung hierzu sich zu weigern, die Wohnung des Verbrauchers zu verlassen. 5.8.6 Unlautere Handlungen von Versicherungsunternehmen Versicherungsunternehmen, die einen Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag dadurch abhalten wollen, dass sie Unterlagen fordern, die tatsächlich nicht erforderlich sind, handeln unlauter. Ebenso unlauter ist das systematische Nichtbeantworten von Schreiben, mit denen solche Ansprüche geltend gemacht werden. 5.8.7 Werbung gegenüber Kindern Werbung gegenüber Kindern wird erheblich eingeschränkt. Verboten ist jede Werbung, mit der Kinder unmittelbar zum Kauf eines Produkts aufgefordert werden oder ihre Eltern dazu zu veranlassen werden, das Produkt zu kaufen. . 5.9 Besonderheiten bei der Werbung mit Rabatten und auf Rabattplattformen 5.9.1 Grundsätze Auch bei Rabatten gelten die Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit, das heißt: Bei Rabattaktionen müssen die Endpreise inklusive aller Preisbestandteile wie Steuern und Versandkosten angegeben werden. Ausnahmen gelten nur, wenn sich die Werbung nur an Gewerbetreibende richtet oder wenn die Rabattaktion zu einem bestimmten Datum endet. 5.9.2 Der richtige Referenzpreis Ein Rabatt kommuniziert zwei Preise: Einen ursprünglichen Referenzpreis und einen aktuellen Preis. Der anfänglich hohe Referenzpreis soll die Qualität des Produkts ausdrücken, der aktuelle günstige den Vorteil für den Käufer, ohne dass zugleich der niedrige Preis das Qualitätsversprechen beschädigt. Der ursprüngliche Preis muss aber nach dem Gesetz zuvor tatsächlich länger als nur unangemessen kurz gefordert worden sein. Beispiel Der Praktiker-Baumarkt hatte im Januar 2005 ein einer einwöchigen Aktion mit „20 % auf alles, ausgenommen Tiernahrung“, geworben und zum Aktionsbeginn bei einem Teil seiner Waren die Preise erhöht. Ein Schlagbohrer beispielsweise, der bei Aktionsbeginn zu € 139,00 abzüglich 20 % Rabatt angeboten wurde, kostete einen Tag zuvor noch regulär € 108,99. 21 Das war nach Ansicht des BGH (Urteil v. 20.11.2008 I ZR 122/06 – 20 % auf alles) irreführend: Der ursprüngliche Preis müsse unmittelbar vor Beginn der Rabattaktion auch tatsächlich angemessen lange gefordert worden sein. Auch eine Besonderheit des Falls spielte keine Rolle: Bis eine Woche vor Beginn der Rabattaktion war der zum Beginn der Rabattaktion erhöhte Preis tatsächlich für längere Zeit der „Normalpreis“ gewesen. Es komme allein auf die Situation unmittelbar vor der Rabattaktion an, meinte der BGH. Es muss sich aber aus der Werbung auch ergeben, worauf sich der ursprüngliche Preis bezieht: Auf den eigenen früheren Preis, die Preisempfehlung des Herstellers oder den Preis eines Konkurrenten. Auch Angaben wie „Listenpreis“ oder „Katalogpreis“ können irreführend sein, wenn nicht klar ist, welche Liste oder welcher Katalog gemeint ist. Auch mehrdeutige Angaben sind unzulässig. Wird in einem aktuellen Angebot auf einer Verkaufsplattform ohne weitere Hinweise ein ursprünglicher Referenzpreis lediglich als „UVP“ angegeben, wird man davon ausgehen müssen, es handele sich um die derzeitige unverbindliche Herstellerpreisempfehlung. Relevant ist das vor allem bei nicht mehr aktueller Saisonware. Wenn der angegebene Preis sich also tatsächlich auf einen Zeitpunkt bezieht, in dem die Ware noch aktuell war, dieser Preis sich aber inzwischen gar nicht mehr durchsetzen lässt, ist das irreführend. Ist z. B. ein angebotener Damenstiefel aus der letzten Saison, darf man nicht den Eindruck erwecken, der angegebene Referenzpreis (z. B. „unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers“) sei aktuell. 5.9.3 Verlängerungen befristeter Rabattaktionen Rabattaktionen, die zu einem vorher bestimmten Kalendertag, z.B. „am 31.12.2012“ enden, haben den Vorteil, dass hier nach der Preisangabeverordnung der ermäßigte Preis nicht ausgerechnet angegeben werden muss. Es reicht, wenn er mit Hilfe des ursprünglichen Preises und des Rabattes berechnet werden kann. Eine zunächst befristete Auktion „Wegen des riesigen Erfolgs letztmalig verlängert bis zum 18.10.2008“ (siehe BGH-Urteil vom 7.7.2011 Az. I ZR 173/09 – 10 % Geburtstags-Rabatt ) oder „Frühlings-Special! Wir schenken dir 25 EUR bei Buchung bis 30.04.09“ (siehe BGH-Urteil vom 7.7.2011 – Az. I ZR 181/10 – Frühlings-Special ) muss grundsätzlich auch zum ursprünglich vorgesehenen Endtermin beendet werden. Ausnahme: Bei Planung der Kampagne konnte man nicht voraussehen, dass die Gründe für den Rabatt (z.B. günstige Einkaufspreise) über den Endtermin hinaus weiterhin bestehen. Dann aber muss in der Werbung hierauf hingewiesen werden (BGH Urteil vom 7.7.2011 - Az. I ZR 173/09 – 10 % Geburtstags-Rabatt; BGH Urteil vom 7.7.2011 – Az. 181/10 – Frühlings-Special). Wer also das Ende einer Rabattaktion ankündigt, sollte sich grundsätzlich auch daran halten. 5.9.4 Zeitliche Untergrenzen für Rabattaktionen gibt es nicht. Die Rechtsprechung zieht die Grenze recht großzügig. Ein 19-prozentiger Rabatt des Mediamarkts auf Haushaltsgeräte für einen Tag wurde als zulässig angesehen (BGH, Urteil v. 31.3.2010 – I ZR 75/08 – Ohne 19 % Mehrwertsteuer). Ob auch kürzere Fristen zulässig sind, wurde bisher nicht entschieden. Rabattaktionen von nur wenigen Minuten Dauer, könnten Gerichte aber durchaus als unangemessene Beeinflussung ansehen. 5.9.5 Verfügbarkeit der Ware Eine Pflicht, für eine Werbeaktion einen bestimmten Warenvorrat anzulegen, gibt es an sich nicht. Wenn ein Unternehmer seine Waren aber Verbrauchern anbietet und damit rechnet, dass er nicht für einen angemessenen Zeitraum liefern kann, muss er schon in der Werbung darauf hinweisen. Sonst ist die Werbung unlauter. Auf jeden Fall unzulässig ist es aber, wenn in einer Aktion der Eindruck erweckt wird, die Waren seien nur sehr kurz verfügbar, obwohl das tatsächlich nicht der Fall ist. Was ein „angemessener Zeitraum“ ist, sagt das Gesetz zwar nicht. Reicht der Vorrat aber weniger als zwei Tage, muss der Werbende nachweisen, dass aus seiner Sicht der Vorrat angemessen disponiert war. Nach der Rechtsprechung erwartet aber ein Verbraucher im Internetversandhandel, dass die Ware sofort versendet werden kann (BGH, Urteil vom 7.4.2005 – I ZR 314/02 – Internet-Versandhandel). 22 5.9.6 Angebote auf Rabattplattformen (z.B. „groupon.de“) Gerne werden auf Rabattplattformen mit Rabatten auf Preisen geworben, die sonst gar nicht gefordert werden. Das ist unzulässig. Auch auf Rabattplattformen gelten die genannten Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit. 6. Suchmaschinenmarketing - Search Engine Marketing (SEM) 6.1 Search Engine Advertising (SEA): Rechtsverletzungen durch Google „AdWords“ 6.1.1 Marken in Google AdWords Google AdWord ist eine Form des Onlinemarketings, bei der bestimmte Schlüsselbegriffe als Auslöser für die Werbeanzeigen über und rechts neben den Suchergebnissen gebucht werden. Gerne werden auch hier als Keywords fremde Marken und Unternehmenskennzeichen gebucht, um nach Eingabe des betreffenden Konkurrenzprodukts oder des Konkurrenten den Nutzer mit Hilfe der AdWords-Anzeige auf das eigene Angebot zu lenken. Ob die Benutzung von fremden Marken oder Unternehmenskennzeichen als in der Anzeige nicht sichtbare Keywords eine Rechtsverletzung darstellt, hat über Jahre hinweg die Gerichte beschäftigt. Die zentrale Frage in den AdWords-Fällen: Wird eine Marke auch dann benutzt, wenn Sie für den durchschnittlichen Internetnutzer gar nicht sichtbar ist? OLG Braunschweig, Beschluss v. 11.12.2006 – 2 W 177/06 – weitgehend passende Keywords: „Ja“. Es reicht, dass das Keyword zur betreffenden Internetseite („Landingpage“) führt. Dass im Anzeigentext selbst die Marke „Jette“ gar nicht genannt wurde verhindert eine Verletzung nicht. Die aktuelle AdWords-Rechtsprechung:„Ja, aber“ Eine Marke als Keyword zu buchen, ist nach dem Urteil des EuGH v. 22.9.2011, C-323/09 – Interflora Inc. u.a. /Marks & Spencer plc u. a. -, grundsätzlich eine Markenbenutzung und zwar auch dann, wenn die Marke in der Anzeige selbst nicht erscheint. Aber: Damit eine Markenrechtsverletzung vorliegt, muss nach Ansicht des EuGH zusätzlich eine der Markenfunktionen (Herkunftsfunktion, Werbefunktion, Investitionsfunktion) beeinträchtigt sein. Diese Markenfunktionen sah der EuGH in dem zu entscheidenden Fall als nicht verletzt an. Ob eine Markenrechtsverletzung vorliegt hängt nach dem EuGH vielmehr davon ab, wie die Anzeige gestaltet ist. Sie liegt vor, wenn – ein normaler Internetnutzer nur schwer erkennen kann, ob die Produkte vom Markeninhaber oder einem verbundenen Unternehmen stammen, oder aber von einem Dritten – die AdWords-Anzeige so vage gehalten ist, dass der normale Internetnutzer nicht erkennen kann, ob der Werbende mit dem Markeninhaber verbunden ist. Das heißt: In aller Regel liegt keine Markenverletzung vor, wenn die Marke zwar als Keyword gebucht (oder in Folge der Keyword-Option „weitgehend passende Keywords“ die Marke von Google selbst als Auslöser der Anzeigenschaltung gewählt wurde), aber in der Anzeige selbst nicht sichtbar ist. Die „Investitionsfunktion“ der Marke ist bisher aber wenig konturiert. Der EuGH beschreibt diese in dem Urteil nämllich nur als Funktion, „einen Ruf zu erwerben oder zu wahren, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen oder zu binden“. Das letzte „AdWord“ dürfte also noch nicht gesprochen sein. 6.1.2 Firmennamen (Unternehmenskennzeichen) in Google AdWords Auch bei Unternehmenskennzeichen gilt, dass eine Verletzung ausscheidet, wenn das Unternehmenskennzeichen in der Anzeige selbst nicht sichtbar ist (BGH I ZR 30/07 – Beta Layout) Mehr zum Thema Google AdWords unter http://markenrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=adwords-markenrechtsverletzung 23 6.2 Suchmaschinenoptimierung - Search Engine Optimization (SEO): Rechtsverletzende Meta Tags und Title Tags 6.2.1 Meta Tags Meta Tags (Metadaten) werden im HEAD-Bereich eines HTML Dokumentes (also einer Internetseite) eingesetzt. Er dient dazu Definitionen und Anweisungen für Suchmaschinen und Browser zu speichern und ist an sich, wenn man den Quelltext der Seite nicht aufruft, für den gewöhnlichen Internetnutzer unsichtbar. Die Verwendung eines fremden Unternehmenskennzeichens als Metatag kann aber gleichwohl eine Verletzung eines Unternehmenskennzeichens sein, BGH Urteil v. 18.5.2006, Az. I ZR 183/03 - Impuls. 6.2.2 Title Tags (Browsertitel) Der sog. „HTML-Title Tag“ (Browsertitel) einer Internetseite wird im HTML-Title Tag definiert und von jeder Suchmaschine gelesen. Er gilt als eine der wichtigsten Faktoren bei der Suchmaschinenoptimierung. Google nimmt den Title Tag als Ausgangspunkt zur Generierung des Titels des Suchergebnis-Kurztextes („Snippet“). Google übernimmt aber nicht automatisch den Title Tag der gefundenen Seite, sondern kann die Titelzeile im Snippet auch neu generieren. Das ist der Fall, wenn Google diesen selbst generierten Snippet-Titel für eine bessere Überschrift für den Seiteninhalt hält. Die Rechtsprechung beurteilt die Frage nach einer Rechtsverletzung durch den Title Tag schon anhand des Snippets, nicht erst anhand der verlinkten Internetseite. Darauf, dass durch den Inhalt der dann anzuklickenden Internetseite eine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr ausgeräumt wird, kommt es nicht an (BGH Urteil v. 18.5.2006 – I ZR 183/03 – Impuls; BGH Urteil v. 8.2.2007 – I ZR 77/04 – AIDOL). Das wird genauso bei den Title Tags angenommen (OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 3.3.2009 – 6 W 29/09; OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 10.1.2008 – 6 U 177/07). Fremde Marken in den Title Tag aufzunehmen, ist ohne Zustimmung des Markeninhabers grundsätzlich eine Markenrechtsverletzung, wenn sich die für die Marke geschützten Waren und die auf dem Suchergebnis-Snip- pet angebotenen Waren zumindest ähneln (BGH Urteil v. 4.2.2010 – I ZR 51/08 – POWER BALL). Firmennamen im Browsertitel benutzt (OLG Hamburg, Urteil v. 2.3.2010 – 5 W 17/10). Eine fremde Marke in den Title Tag aufzunehmen, ist nach dem sog. „Erschöpfungsgrundsatz“ (http:// markenrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=markenrechtliche-erschoepfung) aber dann erlaubt, wenn Waren der Marke tatsächlich auf eben dieser(!) Internetseite (vgl. BGH Urteil v. 8.2.2007 – I ZR 77/04 – AIDOL) angeboten werden. Die Vorbereitung und die Durchführung einer Werbekampagne erfordern größte rechtliche Sorgfalt. Eine schlecht vorbereitete und unlauter durchgeführte Kampagne kann Abmahnkosten und Gerichtskosten in Höhe von mehreren zehntausend Euro generieren. Fragen Sie im Zweifel Ihre Rechtsanwälte. Weitere Voraussetzung der Erschöpfung: Es darf nicht der falsche Eindruck erweckt werden, man stünde in einer besonderen Geschäftsbeziehung zum Markeninhaber, z. B. als Vertragshändler (vgl. BGH Urteil v. 7.11.2002 – I ZR 202/00 – Mitsubishi). Wenn also die Marke im Title Tag mit dem Begriff „Online-Shop“ kombiniert wird, wäre das unzulässig. Denn dadurch würde fälschlich suggeriert, man sei Vertragshändler des Markeninhabers oder stünde als Betreiber des OnlineShops des Markeninhabers in einer besonderen Geschäftsbeziehung. Zu den Umständen, unter denen eine Markennennung außerdem erlaubt ist, siehe http://markenrecht.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=erlaubte-markenbenutzung Auch fremde Firmennamen (sog. „Unternehmenskennzeichen“) in einen Title Tag aufzunehmen, ist grundsätzlich eine Unternehmenskennzeichenverletzung, wenn die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen und die sich gegenüberstehenden Branchen zumindest ähneln. Als Unternehmenskennzeichen geschützt ist eine Bezeichnung an sich nur gegenüber der Verwendung für zumindest ähnliche Branchen. Außerhalb der Branchenähnlichkeit ist die Bezeichnung aber als Name geschützt, wenn Sie identisch oder „nahezu identisch“ benutzt wird und dabei eine „Zuordnungsverwirrung“ entsteht (BGH, Urteil v. 9.11.2011 – I ZR 150/09 – Basler Haar-Kosmetik). Gemeint ist damit eine Verwirrung über den Namensträger. Dabei soll es nach der Rechtsprechung ausreichen, wenn der Firmenname als „Lotse“ dient, d. h. dazu dient, den Internetnutzer auf die Internetseite desjenigen zu lenken, der den fremden 24 Impressum Thomas Seifried Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz http://www.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=rechtsanwalt_wettbewerbsrecht SEIFRIED Rechtsanwälte Rossertstraße 2 60323 Frankfurt am Main Tel. +49 69 915076-0 Fax +49 69 915076-11 info@seifried.pro http://www.gewerblicherrechtsschutz.pro Über Anmerkungen, Kommentare und Hinweise zu diesem Ebook freut sich der Autor stets unter der Emailadresse: info@seifried.pro Vom Autor ist außerdem erschienen als kostenloses Ebook: „Abgemahnt? Die erste-Hilfe-Taschenfibel“ über die Abmahnung im Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Domainrecht, Geschmacksmusterrecht oder Internetrecht. Kostenloser Download hier: http://www.gewerblicherrechtsschutz.pro/index. php?id=abgemahnt_die_erste_hilfe Englische Version: http://www.intellectualpropertylawyers.pro/index. php?id=abgemahnt_die_erste_hilfe&L=2 25