Am Anfang stand die Raubkopie

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Am Anfang stand die Raubkopie
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Report | Demo-Szene
Stefan Göhler
Am Anfang stand
die Raubkopie
Computer-Demos: von der Cracker-Visitenkarte
zur Kunstform
Los ging es mit bunten Logos in Spiele-Cracks für den Commodore 64.
Beim Ausloten der Grenzen der ersten Heim-Computer verließen die
Hobby-Programmierer jedoch bald das Ghetto der Software-Piraterie.
Mittlerweile feiert die „Demo-Szene“ ihre Parties in überfüllten Sporthallen, ihre Werke inspirieren die Spiele-Industrie und die Szene-Stars
von gestern sind heute solide Unternehmer.
S
o stellt man sich den Untergrund eigentlich nicht vor: Zu getragener Musik
kreist die Kamera langsam um eine filigrane Außerirdische mit aufgespannten Flügeln. Mitten in der Kameradrehung glimmt
plötzlich ein Drahtgitter an den Armen der
Figur auf. Das Schimmern kriecht über den
ganzen Körper und verglüht wieder. Toller
Effekt, zumal es sich nicht um ein vorgerendertes Video handelt – der PC berechnet
alles live während der Wiedergabe. Vergleiche mit Spielen und Videos drängen sich
zwar auf, doch sind Computer-Demos weder
Ersteres noch Letzteres: Spiele sind interaktiv, und Videos werden vorher gerendert
oder aufgenommen. Demos entstehen zwar
in Echtzeit; ihre Interaktionsmöglichkeiten
beschränken sich jedoch auf ein Minimum.
Computer-Demos sind digitale Pfauenräder: „Seht her, welche faszinierenden Effekte wir aus dieser Maschine herausholen können!“ Zu ihrer Hochphase zeigten die besten
Demos flüssigere Echtzeitgrafik als die im
selben Zeitraum erschienenen Spiele. Spiele
mussten ihre prachtvolle 3D-Grafiken von
einer CD in den Speicher schaufeln; Demos
kamen mit ein, zwei Disketten aus und errechneten über Städte hinwegfliegende
Raumschiffe live.
Heute finden sich mehrmals im Jahr tausende von „Szenern“ in riesigen Hallen zu
Demo-Partys zusammen; zu den bekanntesten in Europa gehören The Assembly (Finnland), Breakpoint (Deutschland) und The
Gathering (Norwegen). Die aus Programmierern („Codern“), Musikern und Grafikern zusammengesetzten Demo-Gruppen arbeiten
auf die dort stattfindenden „Compos“ hin,
Szene-Slang für Wettbewerbe. Oft feilen die
aus allen Himmelsrichtungen angereisten
Mitglieder noch auf der Party an Details oder
schreiben ganze Teile um. Und doch: „Der
Moment, in dem dein Teil dann auf der Leinwand läuft, entschädigt für alles,“ seufzt ein
Mitglied der deutschen Gruppe Farbrausch.
Compos sind in Kategorien aufgeteilt,
etwa nach Plattform oder Dateigröße. Hier
spielen selbst Rechner-Oldtimer wie C64 und
Amiga noch eine Rolle. Auch Grafik-Präsentationen (Slideshows), Musik (Musicdisks)
und sogar Spiele werden bewertet – Hauptsache, sie sind noch bei keinem anderen
Wettbewerb angetreten. Die von der PartyCrew getroffene Auswahl wird dann allen
Anwesenden auf einer riesigen Leinwand
präsentiert, und das Publikum übernimmt
die Bewertung.
Cracks für Brotkästen
Die Geburtsstunde der Demo-Szene liegt
dicht hinter der Veröffentlichung des C64.
Der wegen seiner Form und Farbe „Brotkasten“ genannte Rechner war durch seine Zusatz-Chips für Grafik (VIC II) und Ton (SID)
vor allem für Spielernaturen interessant und
machte erstmals moderne Methoden der
elektronischen Bewegtgrafik- und Klangerzeugung einem Massenpublikum zugänglich.
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Selbst für ein vorberechnetes Render-Bild wäre dies kein schlechtes Ergebnis,
aber die glühende Alien-Skulptur wird mit hoher Auflösung in Echtzeit animiert
auf den Schirm gebracht.
Die guten Verkäufe führten zu einem großen Software-Angebot – und illegalen Kopien.
Beim Start zeigten die modifizierten Programme zunächst einen Textbildschirm mit dem
Pseudonym oder „Handle“ des Crackers und
den Namen einer Gruppe an, zu der er gehörte. Die vor das Spiel geschalteten Bildschirme
hießen zunächst Intros, später „Cracktros“ –
eine Verschmelzung aus Crack und Intro.
Schnell entwickelte sich eine Szene
Gleichgesinnter. In Europa wurden SwapperPartys veranstaltet, auf denen Cracker und
Interessenten ihre Schätze auf Kassetten
oder Disketten tauschten („swappten“). In
den USA kommunzierten Cracker primär per
Telefonleitung. Zentrale „Bulletin Board Systems“ (BBS) stellten Dateien zur Verfügung
und boten Diskussionsplattformen.
Zwischenzeitlich mauserten sich die CrackInfotexte zu Gruppen-Logos und bunten
Lauftexten, die neue Mitglieder begrüßten
oder einfach nur die eigene Gruppe priesen.
Intros mit Musikuntermalung hatten die Töne
meist aus einem Spiel entlehnt. Um 1985 fingen die Gruppen an, gegenseitig aufzutrumpfen und nutzten Hardware-Tricks, etwa
um mehr als die vom C64 vorgesehenen 16
Farben auf den Schirm zu bringen.
Im selben Jahr kam die nächste HeimComputer-Generation auf den Markt: Com-
Eine typische Cracktro auf dem C64,
hier von Red Sector Inc.
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modore veröffentlichte den Amiga, Atari den
ST. Der Amiga war zunächst wie der C64 als
Basis für eine Spielekonsole gedacht. Den
Kern der neuen Maschine bildete der 32-BitProzessor Motorola 68000. Diesem stand der
Audio-Chip „Paula“ zur Seite, der aus vier Audiokanälen satten Stereoton zusammenmischte. Die neuen Grafik-Prozessoren „Denise“ und „Agnus“ konnten ganze Flächen
mit Farben füllen und Bildinhalte rotieren.
Ein spezieller Standbildmodus zeigte sogar
4096 Farben gleichzeitig; Animationen mussten mit 32 Farben auskommen.
Der Atari ST tat sich zwar mit angenehmeren, weil höheren Bildwiederholfrequenzen
leichter, blieb grafisch aber weit hinter dem
Amiga zurück. Die Benutzeroberfläche GEM
war auf 16 Farben beschränkt, Grafikbeschleunigung suchte man vergeblich.
Freundin 500
Erst mit dem 1987 vorgestellten Amiga 500
fing die Demo-Szene an, sich für den endlich
erschwinglich gewordenen Brotkastennachfolger zu erwärmen. Ein weiterer Impuls für
den Umstieg war der „Ultimate Soundtracker“
von Karsten Obarski. Das Programm visualisierte Musikstücke als vierspaltige Tabellen, in
denen der Anwender Instrumente und deren
Tonhöhe definierte. Die Instrumente wurden
als Samples importiert, die das Programm je
nach gewünschter Tonhöhe mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten wiedergab. Viele
Sequencer folgen bis heute der damals vorgegebenen Form.
Intros der späten 80er entstanden nicht
mehr nur in Cracking-Gruppen. Aus der
Warez-Szene löste sich allmählich eine
Demo-Szene heraus, die ein neues Format
einführte: die Megademo, die über ein Megabyte Speicher belegte und deshalb über
mehrere Disketten verteilt war. Doch die
Glanzzeit der Demo-Szene kam erst in den
90er Jahren. Dank des zusätzlichen Bedienkomforts des Amiga musste ein „Scener“
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„The Party 91“ war mit über 1250 Teilnehmern eines der größten Demo-Treffen seiner
Zeit. Die Gruppe „The Silents“ führte mit
„Global Trash II“ einen auf Workstations von
Silicon Graphics gerenderten Kurzfilm vor,
der Videoschnipsel und Filmausschnitte einband. Da es sich dabei nicht um eine klassische Echtzeit-Demo handelte, lief Global
Trash II außer Konkurrenz und begründete
eine neue Kategorie, die „Wild Demo“. Das
Publikumsecho war derart groß, dass der
Fernsehsender MTV Europe die Demo mehrfach ausstrahlte.
Erst der „Ultimate Soundtracker“
ermöglichte die typische Amiga-Musik.
nicht mehr zwingend Coder sein. Mit Malprogrammen wie Deluxe Paint und diversen
Tracker-Programmen konnten auch NichtProgrammierer Grafiken und Musik erstellen.
Im März 1990 begründete die Gruppe
Scoopex mit „Mental Hangover“ ein weiteres
neues Format: die „Trackloading Demo“, kurz
Trackmo. Dabei liefen die grafischen Effekte
der Mitwirkenden ohne Unterbrechnung zu
einem durchgehenden Musikstück. Scoopex
ließ das Amiga-Dateisystem links liegen und
speicherte die Daten in einer bekannten Reihenfolge auf der Diskette, sodass die Trackmo die neuen Programmabschnitte während der Wiedergabe direkt in den Speicher
nachladen konnte.
Auf der CeBIT 1990 mischte die DemoSzene den Commodore-Stand auf: Innerhalb
weniger Minuten war der Messestand mit
Aufklebern diverser Demo- und CrackerGruppen besprenkelt. Die Aktion blieb nicht
ohne Folgen: Fortan sponserte der Computer-Hersteller Szene-Veranstaltungen.
Stand der Technik
Damalige Amiga-Demos bestanden vor
allem aus Vektor-Grafik: rotierende Würfel,
einfache Raumschiffe vor einem bewegten
Sternenhimmel und sogar komplette Landschaften aus Polygonen. Wie die längst verpönten Lauftexte gaben auch die Vektororgien ein wenig aufsehenerregendes Einheitsbild ab.
Ganz anders bei „State of the Art“ von der
Gruppe Spaceballs: Hier bekamen die staunenden Zuschauer bunte, tanzende Silhouetten zu sehen, mit Effekten wie Morphing,
Bewegungsunschärfe und künstlichem Rauschen verfremdet. Die Techno-Untermalung
brachte die Demo in die Nähe echter MusikVideos. „State of the Art“ belegte auf „The
Party 1992“ den ersten Platz.
Die vorab „real“ eingefangenen Tanzschritte in „State of the Art“ entfachten eine
Diskussion darüber, was eigentlich den
Kern einer Demo ausmacht: Reicht es, wenn
sie mitreißend ist, oder muss sie zwingend
eine technische Neuheit darstellen? Der
Spaceballs-Programmierer Paul Endresen
hatte eine Tänzerin gefilmt und ihre Sil-
Demo-Partys wie die Breakpoint 2005 sind Dreh- und Angelpunkt für die Szene.
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Nicht nur auf Heim-Computern gab es
Cracktros – hier ein Exemplar für das PCSpiel „Blues Brothers“ von 1991.
houette Bild für Bild als Vektorform abgezeichnet.
Aufstieg des PC
Frühe PC-Demos litten unter den kargen
Ressourcen der damaligen Hardware, insbesondere was Audio und Video anging. Ohne
Spezial-Chips, wie sie der Konkurrenz zur
Verfügung standen, war der PC ein echter
Rückschritt. Doch die Erweiterbarkeit der PCArchitektur bedeutete, dass der Fall dieser
Beschränkungen nur eine Frage der Zeit war.
Es genügte, eine Soundkarte in den Rechner
zu stecken: Plötzlich gab die graue Büromaschine auch Samples von sich. Im Vergleich
zu einer Gravis Ultrasound (GUS) mit 32
Tonkanälen und 16-Bit-Sound klang der
Amiga geradezu anämisch. Schnell fingen
Demo-Programmierer an, die neuen Möglichkeiten auszukosten.
In „Crystal Dream II“ von der schwedischen Gruppe Triton beleuchtete eine wandernde Lichtquelle ein Schachbrett – die
atmosphärische Dichte bescherte der Demo
den ersten Platz auf der Computer Crossroad
93. Im selben Jahr legte die Future Crew
einen Meilenstein vor: „Second Reality“ beeindruckte nicht durch die neuesten Rechentricks, sondern durch seinen Aufbau.
Mitreißende Elektronik-Musik der Gruppenmitglieder Purple Motion und Skaven untermalte die stimmungsvollen Bilder.
Die Bestandteile der Demo wurden erst
kurz vor der Assembly 93 zusammengesetzt.
An den Stress kann sich der Finne Mika
Tuomi (Szene-Name „Trug“) noch gut erinnern: „Ich blieb fünf ganze Tage auf und es
war wundervoll.“ Mehrere Jahre lang galt Second Reality in der Szene als Vorzeige-Demo;
die News-Website Slashdot wählte die Demo
im Jahr 1999 sogar zu einem ihrer „Top Ten
Hacks of all Time“.
Der nächste Meilenstein des Jahres 1993
war der 3D-Shooter Doom für DOS-PCs.
Erstmals bot ein Spiel mehr grafische Pracht
als die Demos der Zeit. Noch im selben Jahr
präsentierte die deutsche Gruppe Dust die
PC-Demo „Untitled“. Das darin gezeigte Labyrinth sah Doom zum Verwechseln ähnlich. Hier wird der Betrachter zuerst von
einer riesigen Kugel gejagt, die in einer
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Die tanzende Silhouette von
„State of the Art“ brachte Bewegung
in die Amiga-Szene.
Rinne landet. Am Ende der Demo verkleinert sich das Labyrinth zu einem Schriftzug:
„Dust“.
Umwälzung der Plattformen
Demos auf den Commodore-Rechnern C64
und Amiga bestanden vor allem aus Assembler-Code. Nur die direkte Programmierung
in der Maschinensprache eines Prozessors
konnte die maximale Geschwindigkeit bei
der Ausführung garantieren. PC-Demos entstanden dagegen meist in Hochsprachen wie
Pascal und C. Assembler kam nur zum Einsatz, wenn jede Millisekunde zählte.
1995 ging Commodore das Geld aus; zu
diesem Zeitpunkt waren bereits viele SzeneMitglieder zum PC übergelaufen. Der Amiga
spielt in der Szene jedoch immer noch eine
Rolle. 1996 gewann auf der Party „The Gathering“ die Demo „Tint“ von der schwedischen Gruppe „The Black Lotus“ den ersten
Preis. Sie zeigte auf einem Amiga 1200 mit
14 MHz glattes Phong-Shading sowie BumpMapping zur Simulation von Oberflächenstrukturen – das schaffte bis dahin bestenfalls ein schneller 486-Prozessor.
Selbst die C64-Szene lebte weiter. Oft
schauten die Entwickler Effekte von PCDemos ab, um sie dann auf dem Brotkasten
umzusetzen. So portierte die deutsche Gruppe „Smash Designs“ die PC-Demo Second
Reality wagemutig auf den C64 – mit MonoTon und einem Bruchteil der Farben, aber
durchaus wiederzuerkennen.
Windows blieb in der Demo-Szene lange
Zeit unbeachtet: Die Engines liefen weiterhin
unter dem guten alten DOS, mit einer grafischen Benutzeroberfläche wusste man
nichts anzufangen. Die 3D-Engine aus „The
Fulcrum“ (1998) von Matrix zeigte aufwendige Effekte wie Bump-Mapping, Schattenwürfe und Partikelsysteme – alles ohne Beschleuniger-Hardware in Echtzeit berechnet.
Manche Scener wollten sich nicht mit
einer Plattform begnügen. Die „Megademo
IV 2“ von Artwork entstand 1998 in ANSI-C
und erschien daher auf fast allen verfügbaren Plattformen. Allgemein aber beschränkten sich die Entwickler der Performance
wegen auf ein System. Erst als erschwing-
Das 3D-animierte Schachbrett von Crystal
Dream II setzte 1993 neue Maßstäbe.
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liche 3D-Beschleunigerkarten auf den Markt
kamen, migrierten die Demos allmählich zu
Windows.
64K müssen reichen
Aber die Freak-Szene ist nicht totzukriegen:
Schon zu Amiga-Zeiten legten viele DemoWettbewerbe künstliche Einschränkungen
fest. Eine aktuelle Herausforderung besteht
darin, in nur 64 KByte möglichst viel Prunk
unterzubringen.
Was man erreichen kann, bewies die deutsche Gruppe „Farbrausch“ zum Jahrtausendwechsel mit ihrer Intro „.the.product“. Diese
bestach weniger durch die dargebotenen
Bilder als durch den guten Soundtrack und
einen nicht enden wollenden Lauftext.
Damit die 16 Minuten lange Intro in 64
KByte passt, verwendete die Gruppe einen eigenen Ansatz. Farbrausch-Mitglied giZMo erklärt: „Wir quetschen die Daten nicht wirklich
klein – wir sorgen dafür, dass gar nicht erst
große Daten entstehen.“ Anstatt vorhandene
Daten zu komprimieren und abzuspecken,
wurden die Szenen und Texturen erst beim
Aufruf der Demo errechnet. Dazu zeichnen
die Entwickler die zur Erzeugung der Elemente benutzten Befehlsfolgen auf und lassen sie
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Report | Demo-Szene
In nur 64 KByte brachte die Intro „Poem to a Horse“
von Farbrausch etliche komplexe Formen und Effekte unter.
vor dem Start der Demo wiederholen; der
Sound entsteht dagegen erst zur Laufzeit.
Um den Ansatz zu verdeutlichen: Eine 512
x 512 Pixel große Echtfarben-Bitmap nimmt
unkomprimiert 768 KByte in Anspruch, die
zur Errechnung dieser Textur verwendeten
Befehle dagegen mitunter nur wenige Byte.
Das Spiel „.kkrieger“ der gleichen Gruppe
nimmt auf der Festplatte nur 96 KByte Platz
in Anspruch, generiert nach dem Start aber
erstmal 300 MByte Bilddaten.
Die Gruppe Exceed nutzte für ihre 64KIntro „Heaven Seven“ im selben Jahr einen
ähnlichen Ansatz: Der Code generierte zuerst
Weiterführende Quellen
Alle im Artikel genannten Demos und Intros stehen unter anderem auf den Websites www.pouet.net und www.scene.org
zum Download bereit. Eine stattliche
Sammlung an Cracktros für DOS und Windows findet sich auf www.defacto2.net.
Weitere Informationen und einen Überblick über aktuelle Gruppen und DemoSites bietet das Szene-Portal www.
demoscene.info.
Dank zahlreicher Emulatoren erreichen
die Demos für den C64, Amiga oder DOSSysteme auch das Windows-Pubklikum.
Für den C64 hat sich VICE bewährt
(www.viceteam.org); den Amiga emuliert
WinUAE (www.winuae.net). Zahlreiche
DOS-Demos starten ohne Probleme in der
DOSbox (http://dosbox.sourceforge.net
bzw. http://ykhwong.x-y.net für aktuelle
CVS-Builds). Für Nicht-Windows-Anwender gibt es auf Pouet.net zu einigen
Demos auch Video-Captures. Die zwei
MindCandy-Zusammenstellungen sammeln Höhepunkte der Demo-Szene auf
Video-DVD (www.mindcandydvd.com).
Der beste Weg, sich die Szene etwas genauer anzusehen, besteht immer noch im
Besuch einer Demo-Party. Unter www.
digitalekultur.org/de/ findet sich ein
deutschsprachiger Veranstaltungskalender.
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„Heaven Seven“ zeigte Echtzeit-Raytracing, indem sie nur 18 Prozent
der Pixel tatsächlich berechnete und den Rest interpolierte.
Texturen, die dann von einem Echtzeit-Raytracer verarbeitet wurden. Exceed hatten
ihren Assembler-Code an allen erdenklichen
Stellen optimiert. So berechnete der Raytracer beispielsweise nur rund 18 Prozent der
Pixel, der Rest wurde interpoliert – nur dadurch läuft die Intro bei 800 x 600 Pixel Auflösung auf einer 2-GHz-CPU absolut flüssig.
Kolor folgte diesem Vorbild mit seiner 64KIntro „Fresnel“. Hier waren die Texturen allerdings Wavelet-komprimiert; für die Interpolation zweckentfremdeten sie eine 2D-Funktion der OpenGL-Schnittstelle.
Es geht aber noch kleiner: In der gerade
mal 4 KByte große Intro „Gracchus“ steckten
die Gruppen Freestyle und Kolor einen
Sound-Synthesizer und einen Radiosity-Renderer. Das rechenintensive Radiosity-Verfahren erzeugt sehr natürlich wirkende weiche
Schattierungen. Auf langsameren Rechnern
sieht man deutlich, wie die Schatten nach
und nach entstehen.
Demos als Sprungbrett
Auf Partys treten nicht nur Demos gegeneinander an – einige Treffen veranstalten auch
Spieleentwicklungs-Compos. Auf der Breakpoint 2004 zeigte Farbrausch den bereits erwähnten 3D-Shooter „.kkrieger“. Der Code
war zwar noch unvollständig und enthielt einige Fehler, aber das komplette Spiel kam
tatsächlich mit 96 KByte aus. Kein Vergleich
zu kommerziellen Action-Spielen, die bei der
Installation Gigabyte-weise Daten auf die
Festplatte spülen. Trotz des unfertigen Zustands gewann Farbrausch den Wettbewerb;
bis heute ist von .kkrieger jedoch nur eine
Betaversion im Umlauf.
In Spielen finden sich immer wieder in der
Demo-Szene entwickelte Techniken wieder.
So steckt im Skilaufspiel „Winter Gold“ für die
SNES-Konsole ein Video-VektorisierungsAlgorithmus, den die Gruppe Spaceballs für
ihre Demo „9 Fingers“ entwickelt hatte. Hier
zwängt die von Spaceballs entwickelte Kompressionsmethode statt vektorisierter Tänzerinnensilhouetten vorberechnete 3D-Pisten
in die Konsolen-Cartridge.
Gelegentlich übernahmen Firmen sogar
Szene-Produktionen komplett. Die Bochumer
Phenomedia AG suchte zum Beispiel nach
einer kreativen Form der Computer-Werbung
für eine Spirituose. Fündig wurde man bei
der niederländischen Demo-Gruppe Witan.
Deren Spiel „Kippen Schieten“ erlangte auf
der Party „Bizarre 98“ nur den dritten Platz.
Doch unter dem Titel „Moorhuhnjagd“ wurde
das Spiel in Deutschland zum Riesenhit, der
zahlreiche Fortsetzungen und Imitate nach
sich zog.
Mitunter verwischen die Grenzen zwischen Demo- und Spieleszene: Einige Mitglieder der Demo-Gruppe The Black Lotus arbeiten beim britischen Spiele-Hersteller
Eidos („Tomb Raider“). Farbrausch gründeten
das Entwicklerstudio „.theprodukkt GmbH“
und führen auf den Visitenkarten stolz ihre
Szene-Handles.
Aus der Future Crew entwickelten sich
gleich drei erfolgreiche Firmen: Futuremark
stellt den bekannten 3D-Leistungstest
3DMark her. Schon Second Reality wurde
nicht selten als Performance-Messer benutzt: Lief die Demo flüssig, steckte eine
ausreichend starke CPU unter der Haube;
stürzte der Rechner ab, war er nicht sauber
konfiguriert. Remedy konnte mit zwei MaxPayne-Spielen Erfolge feiern; Bitboys entwickeln 3D-Chipsätze für mobile Geräte.
Mitglieder der Demo-Gruppe Triton gründeten die Spieleschmiede Starbreeze Studios und feierten jüngst mit dem 3D-Shoo-
Das Spiel „Kippen Schieten“ – auf der
Party Bizarre 98 nur Platz 3, unter dem
Namen „Moorhuhnjagd“ in Deutschland
der Produktivitätskiller schlechthin
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Report | Demo-Szene
„Final Audition“ von Plastic: Die gallerteartigen Kugeln schweben schwerelos im Raum –
selbstredend in Echtzeit berechnet.
ter „The Chronicles Of Riddick“ einen recht
ansehnlichen Erfolg.
Demos heute
Vergleicht man heutige Demos mit denen
von vor zehn Jahren, fällt vor allem auf, welchen hohen Stellenwert mittlerweile ästhetische Gesichtspunkte genießen. Wo die Hardware nicht mehr als Vergleichsmaß herhalten
kann, muss eben etwas anderes her. Die
Folge: Grafiker sind heute gefragter denn je,
oft frisst die Aufmachung mehr Zeit als der eigentliche Code. Als Reaktion darauf werden
immer wieder Stimmen laut, Demos seien einfach nicht mehr das, was sie einst waren: Viele
Exemplare entstünden aus Code-Sammlungen, echtes Kräftemessen sei out. Paul Endresen von Spaceballs verteidigt den Trend: „Im
Endeffekt kommt es auf das Resultat an, das
Aussehen der Demo – und nicht, wie sie umgesetzt wurde.“
Nicht nur die Bilderwahl, auch die Musik
hat sich im Laufe der Jahre verändert. Vordergründige Techno-Beats sind ambient-artigen
Klangteppichen gewichen. Das liegt nicht zuletzt an den neuen Möglichkeiten: Aktuelle
Tracker binden auch virtuelle Instrumente
über die VST-Schnittstelle ein (Virtual Studio
Technology). Nicht selten kommen mittlerweile echte MIDI-Sequencer zum Einsatz –
dann kommt die Musik aus einer MP3- oder
OGG-Datei, statt live berechnet zu werden.
Ein anderer Trend geht hin zu „Mobile
Demos“, die auf mobilen Geräten wie PDAs
oder Handys laufen. „Wild Demos“ zielen auf
immer neue Plattformen, darunter Digitalkameras und sogar Nintendos Pokémon Mini.
Nach wie vor heißt die Devise: Grenzen überschreiten.
PC-Demos nehmen immer komplexere
Züge an, wobei Windows wohl noch einige
Zeit die Nase vorn haben wird. Bei Linux fehlt
nach wie vor ein etablierter Binär-Standard.
Auf der Party „Mekka & Symposium 2002“ lief
beispielsweise keine der vier Linux-Demos,
wie ryg von Farbrausch erzählt – trotz exakt
vorgegebener Distribution.
In naher Zukunft könnten auch die Pixelund Vertex-Shader aktueller Grafikkarten
neue Impulse geben: Nicht jede Demo nutzt
diese sehr frei programmierbaren Komponenten, die sich auch für andere Zwecke einsetzen lassen als für polygonbasierte Grafik. Die
Gruppe RGBA bedient sich ihrer etwa bei der
4K-Intro „Kinderpainter“ zur Echtzeitberechnung von Raytracing-Bildern.
Die Partys zeigen sich dagegen weiterhin
stark traditionsgebunden. kb von Farbrausch:
„Sehr viele der Demo-Szene-Traditionen von
heute sind immer noch 1 zu 1 von der Cracking-Szene und den Cracktros übernommen.“ Auch sonst ist die Verwandtschaft
nicht zu verleugnen. Viele Software-Cracks
schmücken sich noch heute mit bescheidenen Grafiken im Look der 90er, begleitet von
C64-ähnlichen Piepsern. Gelegentlich liegt
ein kleines Intro dabei – die letzten Hinweise
auf den gemeinsamen Hintergrund der beiden Szenen.
(ghi)
Seinerzeit eine Offenbarung: „Second Reality“ kombinierte Bilder, Effekte und Musik
zu einem stimmungsvollen Ganzen.
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