FILMEMPFEHLUNGEN FüR DEN SCHULUNTERRICHT
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FILMEMPFEHLUNGEN FüR DEN SCHULUNTERRICHT
Kino Baden FilmempFehlungen Kino Baden (im hotel herzoghoF, viS-à-viS caSino) KaiSer Franz ring 10 2500 Baden tel.: 0664 736 78 147 e-mail: team@KinoBaden.at Kino Baden FILMEmpfehlungen für den Schulunterricht Für den Schulunterricht KINO BADEN (im Hotel Herzoghof, vis-à-vis Casino) Kaiser Franz Ring 10 2500 Baden Tel.: 0664 736 78 147 E-Mail: team@kinobaden.at Filmempfehlungen v.01, 2014 v. 01,Stand: Stand: Mai Mai 2014 RELIGION DieSehr Päpstin (Literaturverfilmung, D 2009) FSK12. 149min. geehrte LehrerInnen, Regie: Sönke Wortmann. Mit: Johanna Wokalek, John FÜR JUGENDLICHE ist das Klassenzimmer Goodman. der Raum, der sie die meiste Zeit ihres Im Jahr 814Lebens n.Chr. begleitet ist Johanna einem Leben jungen undzu auch formt. Es als Frau verdammt. Ihr Lebensweg scheint vorbestimmt: gibt aber auch andere Räume außerhalb der arbeiten, Kinder kriegenund und früh sterben. Johanna lehnt sich Schule weitab derDochschulischen auf, gegen den strengen Vater, gegen die Regeln der Kirche, für ihre Überzeugung Vermittlungsabläufe, die pädagogischer und ihren Glauben. Denn sie spürt, dass ihre Bestimmung eine andere ist, dass Gott sind. Weg Gerade ihr Raum einen anderen weist.Räume, Johannadietrifft sich eine folgenreiche Entscheidung: Unter von Pflicht, Zwang, Regeln und verkleidet ins Benediktinerkloster demabkapseln Namen Bruder Johannes tritt sie als Mann Zeitdruck genauso und prägend Fulda ein undsind lebt wertvoll dort als und heilkundiger geachteter Arzt. Als ihre wahre Identität droht, zu werden, nach wieaufgedeckt die Schule, sie sindflieht in sie ihrer ArtRom zu und steigt dort immer höher in den Rängen der Kirche. vermitteln keine bloße Kopie von Schule. spielt in der DerAußerschulisches Film zeichnet sichLernen durch authentische Gestaltung des Mittelalters und das Entwicklungsphase von Jugendlichen eine Stoffe großeaus. Rolle, handelt sich um sensible Gespür der Regisseurs für historische Nachesdem historischen unbewußtes, beiläufiges und oft unbeabsichtigtes Lernen. Aus pädagogischer Sicht Roman von Donna Woolfolk Cross. besitzt das informelle Lernen seine Stärke darin, dass es Selbstbestimmung und auch die selbständige Steuerung des eigenen Lernprozesses ermöglicht und fördert, und oft zeigt sich, daß die Effekte von nicht-intentionalem Lernen bei späteren Luther (Filmbiografie, US/D/GB 2003) FSK12. 121min. Erfahrungen noch deutlicher erkennbar werden. Regie: Eric Till. Mit: Joseph Fiennes, Jonathan Firth, Alfred IM Molina. KINO besteht das Gefühl, der Unterricht bleibt fern, tiefgehende pädagogische Ziele können jedoch verfolgt werden. Kino ist vom Alltag losgelöst, dennoch Deutschland, Anfang desweiter 16. Jahrhunderts: Das Leben reiner Vergnügungsplatz, sondern einund Raum, der kein Menschen ist von Armut, Unwissenheit Angstin dem Wissen weitergegeben wird. Im Kino geht es für den Schüler nicht um bestimmt – Angst um das tägliche Überleben, AngstNoten, vor sondern um die Freude am der Erkennen Willkür desund herrschenden AdelsZusammenhänge. und korrupter Kirchenfürsten und ständige Angst der Verstehen neuer Die Aufmerksamkeit ist höher, vor Zugang göttlicherzum Strafe und Verdammnis. In dieser Zeit der Dunkelheit erhebt sich ein Schüler direkter. Die Leinwand beispielsweise ist mit viel mehr Emotion Mann gegen alle Autoritäten: Luther will mit seinen 95 Thesen die Kirche von behaftet als die Tafel im Klassenzimmer. - Im Unterschied zum Klassenzimmer gibt Missständen säubern, ohne das Amt des Papstes zunächst in Frage zu stellen, doch es beim Kino eine „Stillegung des Zuschauers“, nichts lenkt ab von der „Leinwand als als er sich weder dem Druck der Kirche noch des Kaisers beugt, eskaliert der Streit in Fenster in eineMachtkampf, andere Welt“.in dem die abendländische Glaubenseinheit zerbricht. einem politischen Die Komplexität der Reformation kondensiert Eric Till in dramatisch pointierten Szenen. Die Verkommenheit des römischen Klerus, die Ausbeutung der Gläubigen durch verlogene Ablassprediger, Martin Luthers verzweifeltes Ringen – all das wird in einem packenden, grandiosen Bilderbogen inszeniert. 74 I1 ALS KLEINES KINO mit dem Fassungsvermögen von genau einer Klasse geben wir dem einzelnen Schüler viel mehr Raum. Er „verschwindet“ nicht in der Anonymität eines großen Saals mit hunderten Plätzen und ist geforderter, sich einzubringen. Unser exklusives Ambiente in einem Stilhotel im Zentrum von Baden, das vielen Lehrern von eigenen Kinobesuchen bekannt ist, schafft eine Umgebung, die die Vorteile beider Welten nutzt, Kinoatmosphäre und Vertrautheit des Klassenverbandes. DIESER KATALOG enthält viele Filmempfehlungen, die weit hinaus gehen über das herkömmliche, meist nur aktuelle, Angebot anderer Kinos. Unser Ziel war es, Filme zu empfehlen, die zum Lehrplan vieler Schulfächer passen. Selbstverständlich ist aber das Repertoire abspielbarer Filme nicht beschränkt auf die genannten Filme. Der veranstaltende Lehrer kann für seine Vorführung natürlich auf Wunsch auch jedes Medium selbst mitnehmen. WIR LADEN SIE als LehrerIn kostenlos zu einer Vorstellung Ihrer Wahl aus unserem Programm ein, um das Kino kennenzulernen und freuen uns auf Ihre Reservierung! Mit herzlichen Grüßen DI Michael Göbharter Betreiber des KINO BADEN www.kinobaden.at II Liebe KollegInnen, die Ankündigung: „Wir gehen ins Kino“ löst bei den SchülerInnen immer Begeisterung aus! Kino bedeutet für den Unterricht nicht nur Abwechslung und ein Rauskommen aus der gewohnten Schulumgebung, sondern beinhaltet auch einen motivationalen Charakter: da in der besonderen Umgebung des Kinos mehr Sinne angesprochen werden, wirken Inhalte eindrucksvoller und werden damit auch erfahrungsgemäß besser gemerkt. Die zahlreichen Rückmeldungen und rege Beteiligung der SchülerInnen nach einem Kinobesuch bestätigen mir dies immer wieder. Das Kino Baden hat eine besondere Atmosphäre, die eine vollkommene Konzentration auf den Film ermöglicht. In dem gemütlichen Kinosaal, der Platz für genau eine Schulklasse bietet, kann der Lehrer gleich nach Filmende mit den SchülerInnen das Erlebte bearbeiten. So wird der Kinosaal gleich zum Seminarraum, und es gehen Eindrücke und wertvolle Gedanken bis zur nächsten Schulstunde nicht verloren. Eindruck hinterlässt bei meinen SchülerInnen auch immer wieder die besondere Location des Kino Baden. Das in ein Stilhotel eingebettete Kino weckt bei meinen SchülerInnen mehr Reife und Ernsthaftigkeit als sie in einem anonymen Popcorn-Kino an den Tag legen. Dadurch entsteht bei allen das Gefühl, hier „eine wichtige Sache zu erledigen“, und Film und anschließende Besprechung werden sehr ernst genommen. Ich kann dieses etwas andere Kino für Schulklassen nur empfehlen. Mag.a Renate Marx Lehrerin an der HLM-HLP-Mödling. III ARBÖ-Verkehrssicherheit an Schulen Radfahr-P rüfungen Aufprall-S imulato Zweirad-S r Info: ARBÖ-Niederösterreich, Claudia Vancata, claudia.vancata@arboe.at, ✆ 02252/531 50-324 verkehrssicherheit-ins 121x76 mm 05-2014.indd 1 IV imulator 23.05.14 09:30 Ein kulturelles Leben führen zu dürfen, das ist eine wunderbare Sache. Seien es Konzertbesuche, Festivals, Museen, Theater oder natürlich Kinobesuche. Letztere besucht man zu zweit, in Gruppen oder, was seltener vorkommt, alleine. Filme lassen einen in eine Welt eintauchen, die Realität verschwindet für einen kurzen Augenblick des Tages, man fiebert, hofft und leidet des öfteren mit dem Protagonisten des Streifens mit. Schön und bereichernd zugleich werden Emotionen in uns angesprochen und geben uns die Möglichkeit, für einen Moment etwas zu erleben, wozu wir sonst nie die Chance bekommen. Ob mit Captain Jack Sparrow auf hoher See, mit Heidi auf der Alm oder mit Niki Lauda im Cockpit seines Boliden – nur im Kino ist dies möglich. Doch nach dem Kino beginnt der Heimweg - zu zweit, in Gruppen oder alleine. Von der Scheinwelt noch eingenommen ist nun Vorsicht in der Realität angesagt. Der ARBÖ bietet zu dem Thema Verkehrssicherheit zahlreiche Programme an, die jeden Verkehrsteilnehmer, und dazu gehören Fußgänger, Radfahrer, Mopedfahrer und Autofahrer, manche Situationen üben lassen. Mit unseren Simulatoren, mit denen wir auch gerne Schulen besuchen, wollen wir einen Beitrag zum wichtigen Thema Verkehrssicherheit leisten. Claudia Vancata Marketing & PR ARBÖ Niederösterreich V IV Inhaltsverzeichnis Vorwort.......................................................................................................................... Deutsch ......................................................................................................................... 1 Englisch ........................................................................................................................ 11 Französisch .................................................................................................................. 27 Geschichte .................................................................................................................... 35 Geografie ...................................................................................................................... 49 Musik ............................................................................................................................. 53 Psychologie/ Philosophie ............................................................................................ 63 Biologie ......................................................................................................................... 71 Religion ......................................................................................................................... 73 15 2 DEUTSCH Alphabet (Dokumentarfilm, A 2013) FSK12. 113min. Regie: Erwin Wagenhofer. Der österreichische Dokumentarfilmer Erwin Wagenhofer befasst sich mit den Grundgedanken, die der modernen Bildung zu Grunde liegen und stellt fest, dass auch wenn der Drill heute vielleicht fehlen mag, unser aktuelles Bildungssystem sich noch immer stark aus der Ideenwelt der Industriellen Revolution speist. Seiner Ansicht nach besteht die Aufgabe des Bildungssystems heute wie damals nur darin, Menschen hervorzubringen, die in der arbeitsteiligen Produktionsgesellschaft gut funktionieren, und eben keine Menschen, die einerseits kreativ und andererseits lösungsorientiert arbeiten können. Erwin Wagenhofer begreift das Thema Bildung sehr viel umfassender und radikaler, als dies üblicherweise geschieht. Fast alle Bildungsdiskussionen sind darauf verkürzt, in einem von Konkurrenzdenken geprägten Umfeld jene Schulform zu propagieren, in der die Schüler die beste Performance erbringen. Wagenhofer hingegen begibt sich auf die Suche nach den Denkstrukturen, die dahinter stecken. Was wir lernen, prägt unseren Wissensvorrat, aber wie wir lernen, prägt unser Denken. Anna Karenina (Literaturverfilmung, US 2012) FSK12. 130min. Regie: Joe Wright. Mit: Keira Knightley, Jude Law. Drei Adelsgeschlechter, die durch unterschiedliche Verwandtschaftsverhältnisse verbunden sind, reiben sich an der Moral und der Institution Ehe in der russischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Anna Karenina ist unglücklich mit dem deutlich älteren, gefühllosen Regierungsbeamten Alexei Alexandrowitsch Karenin verheiratet und stürzt sich in eine Affäre mit dem Grafen Vronskij. Ihr Bruder, der Fürst Oblonski, betrügt seine Frau Dolly mit einer ehemaligen Prostituierten. Der Film stellt eine mutige Neuumsetzung des Klassikers des russischen Realismus von Leo Tolstoi dar. Er besticht durch die außerordentliche Leistung der Hauptdarsteller, Kameraarbeit und Musik sowie die spektakulären Kostüme und das Szenenbild. Interessant an der Umsetzung ist, dass auch Elemente des Theaters miteinbezogen wurden. 11 DEUTSCH Atmen (Spielfilm, A 2011) FSK12. 94min. Regie: Karl Markovics. Mit: Thomas Schubert, Georg Friedrich. Die Geschichte des 19-jährigen Roman Kogler, der in einer Sonderstrafanstalt für Jugendliche eine achtjährige Freiheitsstrafe wegen Totschlags verbüßt. Er könnte nach der Hälfte der Zeit auf Bewährung entlassen werden. Doch er hat schlechte Karten: Verschlossen, einzelgängerisch, mit Hang zu jähen Wutausbrüchen scheint er für eine Resozialisierung nicht in Frage zu kommen. Mehrere Versuche, ihn in Betrieben außerhalb der Haftanstalt unterzubringen scheitern bereits nach wenigen Tagen. Die Haftverkürzung hängt jedoch an der Bedingung eines festen Jobs. Während eines Freiganges stellt er sich bei der Bestattung Wien vor – ein Posten, der ihn menschlich an seine Grenzen führt und dadurch näher zu sich selbst bringt. Atmen ist ein herausragender Film, der zeigt, dass das Filmland Österreich immer wieder in der Lage ist, wahrhaft Großartiges zu leisten. Karl Markovics inszeniert in seiner ersten Regiearbeit ruhig und stilsicher und seine Darsteller leisten durchwegs fabelhafte Arbeit. Besonders hervorzuheben sind die Leistungen von Hauptdarsteller Thomas Schubert und die imponierende Darbietung von Georg Friedrich. Atmen versteht es wunderbar, auf subtile Weise die Charakterentwicklung der Hauptfigur auf völlig natürliche Art zu schildern und und dabei Spannung zu erzeugen ohne dass man den realistischen Ansatz des Films verrät. Die Brüder Karamasow (Literaturverfilmung, US 1958) FSK12. 145min. Regie: Richard Brooks. Mit: Yul Brynner, Maria Schell, Claire Bloom. Der habgierige und genusssüchtige Gutsbesitzer Fjodor Karamasow wird 1866 ermordet. Dimitri Karamasow, der älteste seiner vier Söhne, die alle mit ihm im Streit liegen, wird vor Gericht des Mordes beschuldigt und aufgrund von Indizien zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt. Aber Dimitri hat seinen Vater trotz seines Hasses nicht getötet… Die Brüder Karamasow ist eine Mischung aus Krimi und Familienchronik. Die Adaption des Klassikers von Fjodor Dostojewski erzählt die Geschichte nicht 22 DEUTSCH chronologisch, wechselt mehrmals die Perspektive und führt die Zuschauer auch bewusst in die Irre, um Spannung zu erzeugen. Das Parfum (Literaturverfilmung, D 2006) FSK12. 147min. Regie: Tom Tykwer. Mit: Ben Whishaw, Dustin Hoffman, Alan Rickman. Jean-Baptiste Grenouille wird am 17. Juli 1738 an einer Fischbude in Paris geboren. Seine Mutter, die Fischhändlerin, würde ihn wie die vier Kinder vor ihm zwischen den Fischabfällen verrecken lassen, aber als sie halb ohnmächtig wieder an ihrem Stand steht, hört ein Kunde das Neugeborene schreien. Die Kindsmörderin wird gehängt. Ihr in einem überfüllten Waisenhaus aufgezogener Sohn wächst zu einem olfaktorischen Genie heran, und macht sich auf die Suche nach dem ultimativen Duft… Regisseur Tom Tykwer gelingt mit seiner Verfilmung des gleichnamigen Romans von Patrick Süskind bildgewaltiges Unterhaltungskino, das sich, wie bereits die Romanvorlage, vor allem auf die schillernde Oberfläche des Stoffs konzentriert, Charaktere und zeitgeschichtliche Hintergründe werden konturiert, aber nicht vertieft. Die gestalterische Perfektion und Sinnlichkeit des Films sorgen dafür, dass selbst bei den zweieinhalb Stunden Filmdauer keine Längen entstehen. Das Russland-Haus (Literaturverfilmung, US 1990) FSK16. 123min. Regie: Fred Schepisi. Mit: Sean Connery, Michelle Pfeiffer, Klaus Maria Brandauer. Die russische Verlagsmitarbeiterin Katja erkundigt sich bei einer Messe in Moskau nach dem britischen Verleger Barley Blair und gibt schließlich einem anderen Engländer heimlich ein Manuskript für ihn mit. Der anonyme russische Autor behauptet, die Atomwaffen der UdSSR seien so wertlos, dass auch der Westen das Wettrüsten beenden könne. Barley Blair soll nach Russland zu reisen, um mehr herauszufinden… Hervorragende Verfilmung des gleichnamigen Spionageromans von John le Carré, die ohne spektakuläre Actionszenen und Effekthascherei auskommt. Stattdessen gibt es intelligente Dialoge und stimmige Charaktere. Der australische Regisseur Fred 33 DEUTSCH Schepisi setzt ganz auf die Qualität des Drehbuchs sowie auf die Kraft seiner Darsteller und vollzieht damit einen Schritt, der im heutigen US-Kino Seltenheitswert hat: Er überlässt es über weite Strecken dem Zuschauer, aus dem Geschehen seine Schlüsse zu ziehen. Das Vaterspiel (Literaturverfilmung, A 2009) FSK12. 117min. Regie: Michael Glawogger. Mit: Ulrich Tukur, Helmut Köpping. Ratz, so nennen ihn seine Freunde, hat die letzten Jahre in seiner ungelüfteten Singlewohnung verbracht. Dort hat er ein obskures Computerspiel programmiert, in dem er seinen übermächtigen Vater virtuell umbringt. Immer und immer wieder. Das Spiel erweist sich als unverkäuflich. Ein Anruf seiner Ex-Freundin Mimi aus New York kommt da gerade recht. Mimi braucht Hilfe - wofür, das sagt sie nicht gleich. Als Ratz in New York eintrifft, tun sich vor ihm Abgründe aus der Vergangenheit auf. Michael Glawogger, Österreichs vielseitigster Filmemacher hat sich selbst übertroffen mit dieser stockdüsteren Verfilmung eines Gegenwarts-Romans von Josef Haslinger. Ein Meisterwerk von einem Psychothriller-Drama um zerstörte Familien, Schuld, Angst, Gewalt und menschliche Abgründe unter dem langen Schatten der unaufgearbeiteter Vergangenheit. Der Vorleser (Literaturverfilmung, US 2008) FSK6. 124min. Regie: Stephan Daldry. Mit: Kate Winslet, Bruno Ganz, Ralph Fiennes. Der 15-jährige Gymnasiast Michael Berg beginnt heimlich ein Liebesverhältnis mit der 36 Jahre alten Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz. Nach ein paar Monaten ist sie plötzlich verschwunden. Während des Jus-Studiums verfolgt Michael einen KZ-Prozess – und erkennt zu seiner Überraschung in einer der Angeklagten Hanna. Die Frauen sind angeklagt, weil sie als KZ-Aufseherinnen an Selektionen beteiligt waren und nach der Evakuierung Häftlinge in einer von Bomben getroffenen Kirche verbrennen ließen... Der Vorleser, die Verfilmung des umstrittenen Romans von Bernhard Schlink durch Stephen Daldry, ist vielseitig und kontrovers in seiner Darstellung. Besonders zu 44 DEUTSCH betonen ist außergewöhnliche Art und Weise der Vergangenheitsbewältigung. Der Film beginnt als Geschichte über das Erwachsenwerden, wird im mittleren Teil zum Gerichtsdrama und endet als Schuld-und-Sühne-Drama. Die Kameliendame (Literaturverfilmung, US 1936) FSK16. 109min. Regie: George Cukor. Mit: Greta Garbo, Henry Daniel, Elizabeth Arden. Marguerite Gautier ist eine der bekanntesten Kurtisanen von Paris in der Zeit um 1850. Eines Tages lernt sie in der Oper durch Zufall den jungen Diplomaten Armand Duval kennen, den Marguerite zunächst für den sagenhaft reichen Baron de Varville hält. Beide verlieben sich ineinander. Marguerite beginnt eine Beziehung mit Armand, doch bald schon gerät sie in finanzielle Bedrängnis. Auch ist ihr bisheriger Lebenswandel nicht dazu angetan, Armands Familie zu gewinnen. Sein Vater redet ihr ins Gewissen und drängt die verzweifelte junge Frau, aus Liebe auf Armand zu verzichten. Marguerite, die unter Tuberkulose leidet, entsagt ihrem Geliebten und kehrt zurück nach Paris, wo ihre Kräfte rasch schwinden. Die Verfilmung des Werkes von Alexandre Dumas d.J. besticht vor allem durch Greta Garbos Charakterdarstellung: reich schattiert, tragisch und doch zurückhaltend. Dank ihres Schauspielstils wird das doch schon abgeschmackte Thema wieder neu interpretiert, faszinierend traurig und berührend tragisch. Die Klavierspielerin (Spielfilm, A 2001) FSK12. 124min. Regie: Michael Haneke. Mit: Isabelle Huppert, Benoît Magimel, Annie Girardot. Die 36-jährige Klavierlehrerin Erika ist das Opfer von Dressur und Terror durch die Mutter. Aufgrund ihrer verfehlten Erziehung und Sozialisation kann sie mit anderen Menschen nur im Rahmen von Herrschaft und Unterdrückung verkehren. Unfähig, Gefühle zu zeigen, sich anderen zu öffnen oder sich für andere zu interessieren, achtet sie darauf, dass niemand ihr zu nahe kommt und verbirgt sich hinter der Fassade einer überlegenen Professorin 55 DEUTSCH Ausgezeichnete Verfilmung des gleichnamigen Romans von Elfriede Jelinek. Die spröde, strenge, kalt-distanzierte Sprache der Nobelpreisträgerin haben Michael Haneke und Christian Berger in ebenso nüchterne Bilder übertragen. Die Vermessung der Welt (Literaturverfilmung, D/A 2012) FSK12. 119min. Regie: Detlev Buck. Mit: Florian David Fitz, Albrecht Schuch. Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß machen sich Anfang des 19. Jahrhunderts auf, die Welt zu entdecken. Ihre Methoden könnten unterschiedlicher nicht sein: Der Naturforscher Humboldt reist in ferne Länder, um die Welt zu vermessen. Der Mathematiker Gauß bleibt zu Hause, um sie zu berechnen. Aus der Verfilmung des Bestsellers von Daniel Kehlmann sprechen Bilder voller Lebensfreude und der Wagemut, aufs Ganze zu gehen. Allein: Mit dem Witz und dem Charme der Buchvorlage hat das rein gar nichts zu tun. „Unverfilmbar“ nannte Kehlmann sein Buch. Er hat daraus eine radikale Konsequenz gezogen: Er erzählt die Geschichte seiner beiden Protagonisten noch einmal fast völlig neu. Die Verurteilten (Literaturverfilmung, US 1994) FSK12. 142min. Regie: Frank Darabont. Mit: Tim Robbins, Morgan Freeman. Aufgrund von Indizien wird der Bankmanager Andy Dufresne wegen eines Doppelmordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Als nach Jahrzehnten ein neuer Häftling auftaucht, der Andys Unschuld beweisen könnte, verhindert es der korrupte Gefängnisdirektor. Andy rächt sich auf intelligente Weise. Ruhig und unspektakulär inszenierte Frank Darabont die literarische Vorlagen von Stephen King und achtete dabei vor allem auf die dichte Atmosphäre. In betulichem Rhythmus führt der Film die Eintönigkeit und die Härte des Lebens hinter Gittern vor. 19 Jahre vergehen ohne spürbare Wandlungen der Figuren, ohne äußere Effekte, aber auch ohne prägnante Zuspitzungen jenseits der üblichen Konfrontationen. Ein durch seine unspektakuläre Erzählweise beachtlicher Film. 66 DEUTSCH Die Wahlverwandtschaften (Literaturverfilmung, F 1981) FSK12. 118min. Regie: Claude Chabrol. Mit: Stéphane Audran, Michael Degen. Eduard und Charlotte sind ein wohlhabendes, nicht mehr ganz junges Ehepaar. Sie wohnen auf einem schlossartigen Anwesen und sind dabei, die Parkanlagen umzugestalten. Als sie einen von Eduards Freunden und kurz darauf Charlottes mittellose Nichte Ottilie aufnehmen, gerät alles durcheinander, denn Charlotte und der Hauptmann fühlen sich zueinander hingezogen, während Eduard sich in Ottilie verliebt und diese seine Gefühle erwidert. Der von Goethe beschriebene Freundeskreis vier edler und gebildeter Menschen, die, des Broterwerbs enthoben, als Gärtner und Architekten dilettieren; die Kunst-Natur einer umhegten Parklandschaft als ihr Lebensraum; das Motivgeflecht ominöser Vorfälle; die Diskretion und beseelte Sachlichkeit der Goetheschen Sprache - das alles ist nicht nur einfach buchstabengetreu, sondern mit bemerkenswertem Takt adaptiert. Die Wand (Literaturverfilmung, A/D 2012) FSK12. 108min. Regie: Julian Pölsler. Mit: Martina Gedeck. Die vierzigjährige Protagonistin reist mit ihrer Cousine und deren Ehemann zu einer Jagdhütte ins Gebirge. Das Ehepaar sucht abends noch eine im Tal gelegene Gaststätte auf. Morgens vermisst die Erzählerin ihre Begleiter und verlässt die Hütte, um nach ihnen Ausschau zu halten. Doch am Ausgang der Schlucht stößt sich ihr Hund die Schnauze an einer unsichtbaren Sperre blutig. Es scheint, als habe ein großes Unglück alle – zumindest aber alle ihr durch die gläserne Wand sichtbaren – Lebewesen getötet. Damit wäre sie durch die rätselhafte Wand zugleich geschützt und gefangen. Während eines Winters holt sie ihre Notizen hervor und fertigt den einen Bericht an – ohne zu wissen, ob ihn jemals jemand zu Gesicht bekommen wird. Eine brillant aufspielende Martina Gedeck stellt sich in der Verfilmung des berühmten Romans von Marlen Haushofer den Grundfragen menschlicher Existenz. 77 DEUTSCH Nachtzug nach Lissabon (Literaturverfilmung, D/CH 2013) FSK12. 110min. Regie: Bille August. Mit: Jeremy Irons, Martina Gedeck, August Diehl. Unvermittelt steht der Berner Lateinlehrer Raimund Gregorius mitten im Unterricht auf und verlässt das Gebäude. Als er in einer Buchhandlung ein faszinierendes Buch des portugiesischen Arztes und Schriftstellers Amadeu de Prado entdeckt, fährt er kurzerhand nach Lissabon und folgt dort den Spuren des Toten, um zu verstehen, was er für ein Mensch war. Es ist nicht leicht, den aus Gesprächen und Erinnerungen bestehenden Roman Pascal Merciers (Pseudonym Peter Bieris) zum Leben zu erwecken. Dass Nachtzug nach Lissabon als Literaturverfilmung dennoch geglückt ist, liegt nicht zuletzt an den hochkarätigen Darstellern. Die Handlung springt mit jeder neuen Begegnung in die Vergangenheit, was exakt der Struktur des Romans entspricht. Der Autor selbst sagte zur filmischen Adaption, dass sie für ihn „eine Erfahrung von hypnotischer Wucht“ gewesen sei. Peer Gynt (Literaturverfilmung, D 2006) FSK12. 81min. Regie: Uwe Janson. Mit: Robert Stadlober, Max Hopp, Henny Reents. Peer Gynt ist ein Taugenichts. Statt seiner verwitweten Mutter Aase beizustehen, treibt er sich herum und erzählt fantasievolle Lügengeschichten. Aus einer Laune heraus entführt er die Braut eines anderen, aber sobald das Abenteuer vorbei ist, langweilt sie ihn. Weil er sich nicht selbst findet, soll er wie eine missglückte Bleifigur umgegossen werden. Aber davor rettet ihn Solvejg, die Braut, die unbeirrbar auf ihn wartet. Regisseur und Drehbuchautor Uwe Janson verfilmte mit dem Ibsen-Klassiker ein Theaterstück, das ursprünglich keines war. Mit starken Darstellern – allen voran Robert Stadlober als Faust des Nordens – und verkürztem Inhalt beschränkt sich Janson auf die großen Themen Sinn des Lebens, Liebe und Tod und bricht dabei die Tragik oft mit humorvollen Szenen. 88 DEUTSCH Tod in Venedig (Literaturverfilmung, I 1971) FSK12. 130min. Regie: Luchino Visconti. Mit: Dirk Bogarde, Björn Andrésen. Der alternde, in München lebende Komponist Gustav von Aschenbach reist nach Venedig, um sich in einem Hotel am Lido zu erholen. Dort begegnet er dem engelsgleichen Sohn einer jungen polnischen Witwe, der für ihn das klassische Schönheitsideal verkörpert. Musik aus Gustav Mahlers 3. und 5. Sinfonie untermalt die ästhetischen Bilder des elegischen Films Tod in Venedig, der die morbide Atmosphäre der Novelle Thomas Manns kongenial wiedergibt. Goethe! (Filmbiografie, D 2010) FSK6. 100min. Regie: Philipp Stölzl. Mit: Alexander Fehling, Miriam Stein, Moritz Bleibtreu. Der junge, bislang erfolglose Dichter Johann Goethe fällt durch sein Jura-Studium und wird deshalb von seinem wütenden Vater ans Reichskammergericht in ein verschlafenes Städtchen verbannt. Dort verliebt er sich unsterblich in die junge Lotte und muss kurz darauf miterleben, wie sie sich mit seinem Vorgesetzten Gerichtsrat Kestner verlobt. Johann will um Lotte kämpfen, fordert Kestner zum Duell und landet im Gefängnis. Doch er gibt nicht auf – verzweifelt schreibt er seine und Lottes Geschichte für sie auf. Dieser längste Liebesbrief der Welt wird seine Novelle Die Leiden des jungen Werthers – und Johann damit der erste Literaturstar Europas. Der Regisseur (und Drehbuchautor) Stölzl arbeitete nicht unbedingt anhand historischer Tatsachen, jedoch wird durch die sich erlaubte künstlerische Freiheit das Bild Goethes vom Staub der Zeit befreit. Durch die Leichtigkeit, mit der der Film seine Geschichte erzählt, kommt er dem übermütigen Jungpoeten auf jeden Fall näher, als es durch eine faktengetreue Erzählung möglich gewesen wäre. So wird die Filmbiografie erfrischend witzig und charmant und besticht durch flinke Dialoge, brillant ausgeklügelte Montagen und pittoreske Bilder. 99 10 ENGLISCH Abbitte (Literaturverfilmung, GB 2007) FSK12. 123min. Regie: Joe Wright. Mit: Keira Knightley, James McAvoy. 1935: Eine fantasiebegabte 13-Jährige, die bereits ihr erstes Theaterstück geschrieben hat, beobachtet ihr unverständliche Vorgänge. Durch die Fehlinterpretation des Gesehenen – die Überlagerung von Wahrnehmung, Fantasie und Einbildung – gerät die Pubertierende in ein Gefühlschaos, und in dieser Verwirrung macht sie eine Falschaussage, mit der sie die gemeinsame Zukunft von zwei sich liebenden Menschen zerstört. Bis ins hohe Alter leidet sie unter dieser Schuld. Bei dem von Joe Wright inszenierten Film handelt es sich um großes Gefühlskino in opulenten Bildern und um eine gelungene, anspruchsvolle Adaptation des gleichnamigen Romans von Ian McEwan. Anonymus (Thriller, GB/D 2011) FSK12. 129min. Regie: Roland Emmerich. Mit: Rhys Ifans. Was, wenn Shakespeare keines seiner Werke selbst geschrieben hat? Was, wenn eigentlich Edward de Vere, der 17. Earl of Oxford, das wahre schriftstellerische Genie des elisabethanischen Zeitalters gewesen ist? Mit sicherem Gespür greift Emmerich auf die sogenannte Prinz-Tudor-Theorie zurück, nach der Edward de Vere nicht nur der Autor der berühmten Werke, sondern auch ein unehelicher Sohn von Königin Elizabeth sowie deren späterer Liebhaber war. Er inszeniert diese selbst unter Oxfordianern höchst umstrittene Variante als Film im Stück und lässt die Handlung des Dramas Anonymus nach dem Prolog in die prachtvoll ausgeschmückte historische Realität übergehen. Innerhalb dieser Rückblende ins elisabethanische Zeitalter wechselt er zudem zwischen drei weiteren Zeitebenen, was seiner sehr amüsanten Arbeit formale Komplexität verleiht. 11 ENGLISCH Das Bildnis des Dorian Gray (Literaturverfilmung, US 1945) FSK16. 110min. Regie: Albert Lewin. Mit: George Sanders, Hurd Hatfield. Der zynische Hedonist Lord Henry Wotton behauptet, Schönheit sei bedeutsamer als Tugend. Den noch unverdorbenen Dorian Gray, der durch ein Bildnis erkennt, wie schön er ist, verführt der Lord dazu, sich lustvollen Ausschweifungen hinzugeben, ohne sich von moralischen Bedenken und gesellschaftlichen Konventionen einschränken zu lassen. Getreu Oscar Wildes Vorlage wird die Selbstzerstörung eines dekadenten Menschen geschildert – es geht um die Beziehung zwischen Schönheit und Sittlichkeit, Kunst und Leben, Seele und Körper, Tod und Vergänglichkeit. Cannery Row – Straße der Ölsardinen (Literaturverfilmung, US 1982) FSK16. 120min. Regie: David S. Ward. Mit: Nick Nolte, Debra Winger. Die Straße der Ölsardinen hat ihre ruhmreichen Tage hinter sich. Heute dient sie als Zuflucht von Gestrauchelten, Vagabunden und Aussteigern. Auch Meeresbiologe Doc hat sich an die kalifornische Küste zurückgezogen, um hier seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Eines Tages taucht dort die Herumtreiberin Suzy auf und bringt sein Leben gehörig durcheinander. Regisseur David S. Ward inszeniert Steinbecks einfühlsame und überaus stimmungsvolle Porträts menschlicher Randexistenzen als bunte Gegenwelt zur betriebsamen Leistungsgesellschaft. Der Club der toten Dichter (Spielfilm, US 1989) FSK12. 123min. Regie: Peter Weir. Mit: Robin Williams, Robert Sean Leonard, Ethan Hawke. Der schüchterne und in sich gekehrte Todd Anderson kommt zu Beginn des Schuljahres 1959 an die traditionsbewusste Welton Academy, ein 12 ENGLISCH konservatives Internat für Jungen. Ebenfalls neu an der Schule ist der Englischlehrer John Keating, selbst einst Schüler von Welton. Mit unkonventionellen Methoden fordert er seine Schüler zu selbstständigem Handeln und freiem Denken auf. Von der individuelle Förderung profitiert auch Todd, der zunehmends Selbstvertrauen aufbaut. Keating vermittelt seinen Schülern die Welt der Literatur und der schönen Dinge des Lebens; sie sollen Poesie nachvollziehen und in sich selbst entdecken, anstatt sie nur als das zu wiederholen, was sie zuvor auswendig gelernt haben. Aus einem alten Schuljahrbuch erfahren die Schüler vom Club der toten Dichter, dem seinerzeit Keating angehörte, und sie beschließen, ihn wiederauferstehen zu lassen. Peter Weir findet für die bewegende Story faszinierende Bilder. Ein in Thema und Machart gleichermaßen beachtlicher Film, in dem sich Humor, jugendliche Abenteuerlust, Tragik und revolutionärer Geist fast nach klassischem Maßstab die Waage halten. Der Gott des Gemetzels (Literaturverfilmung, US 2011) FSK12. 80min. Regie: Roman Polanski. Mit: Jodie Foster, Kate Winslet, Christoph Waltz. Nachdem der elfjährige Zachary dem gleichaltrigen im Streit zwei Zähne ausgeschlagen hat, entschuldigen sich seine Eltern für sein Verhalten. Beide Elternpaare sind bemüht, die Angelegenheit vernünftig zu regeln. Aber die Fassade der Höflichkeit wird immer brüchiger. Frustrationen und Aggressionen brechen hervor; Sticheleien wachsen sich zu Vorwürfen und Wortgefechten aus. Die Verfilmung des äußerst erfolgreichen, gesellschaftskritisch-satirischen Theaterstücks von Yasmina Reza unterhält vor allem mit pointierten Dialogen. Sehenswert ist die straffe Inszenierung aber auch nicht zuletzt wegen der hervorragenden Besetzung. 13 ENGLISCH Der Kaufmann von Venedig (Literaturverfilmung, US 2004) FSK12. 138min. Regie: Michael Radford. Mit: Jeremy Irons, Al Pacino, Joseph Fiennes. Im Venedig des 16. Jahrhunderts droht das Werben des jungen Aristokraten Bassanio um die reiche Portia an dessen zu kleiner Brieftasche zu scheitern. Um seinem besten Freund aus der Patsche zu helfen, leiht sich der Kaufmann Antonio Geld beim reichen Juden Shylock gegen das Versprechen, bei etwaiger Zahlungsunfähigkeit mit einem Pfund Fleisch aus seiner Brust zu bürgen. Als Shylock diesen Tribut tatsächlich einfordert, nimmt ein aufsehenerregender Gerichtsprozess seinen Lauf. Visuelle Opulenz, erzählerische Wucht und Shakespeares Vorlage - Michael Radford bringt in seiner Leinwand-Adaption von Der Kaufmann von Venedig alles zusammen. Allein die Besetzung mit Al Pacino als Jude Shylock und Jeremy Irons als Kaufmann Antonio, die in der Originalkulisse von Venedig gegeneinander antreten, machen die Verfilmung des Klassikers besonders reizvoll. Der menschliche Makel (Literaturverfilmung, US 2003) FSK12. 103min. Regie: Robert Benton. Mit: Anthony Hopkins, Nicole Kidman, Ed Harris. Der siebzigjährige Literaturprofessor Coleman Silk wird Opfer einer heuchlerischen Hexenjagd. Niemand ahnt, wie absurd der Vorwurf ist, er habe sich rassistisch gegen Schwarze geäußert, denn der Mann, den alle für einen Juden halten, ist in Wirklichkeit ein besonders hellhäutiger Afroamerikaner. Die Verfilmung des Romans von Philip Roth verfügt über Qualitäten, die man erwartet, aber selten sieht – Intelligenz, Ehrgeiz, Menschlichkeit und Poesie. Auch der Aufbau ist bemerkenswert konstruiert; Der Regisseur beginnt seine Darstellung mit dem Tod des Protagonisten und seiner jungen Geliebten, danach springt er zur unmittelbaren Vorgeschichte, und in Rückblenden zeigt er Szenen aus Coleman Silks Jugend. 14 ENGLISCH Die Asche meiner Mutter (Literaturverfilmung, IR 1999) FSK12. 145min. Regie: Alan Parker. Mit: Emily Watson, Robert Carlyle. Franks Familie wandert 1934 aus den USA zurück nach Irland aus. Hier muss der Vater Arbeit suchen, die er aber nicht findet oder bald wieder verliert. Oft bekommt die Großfamilie nur wenig oder gar nichts zu essen, was meist an der Trunksucht des Vaters liegt, der – falls er mal Arbeit hat – das verdiente Geld im Pub versäuft. Franks Kindheit ist geprägt vom harten Alltag beim Kohletransport in Limerick und den ständigen Abweisungen der katholischen Kirche und wird nur von Kinonachmittagen und der späteren Romanze mit Theresa, einem wohlhabenden, aber todkranken Mädchen, aufgehellt. Doch Frankies Ziel ist klar: er möchte zurück nach Amerika. Parkers distanzierter Blick auf die Vergangenheit gibt der Erzählung Frank McCourts eine Poesie und einen Witz, die die harsche Realität der Bilder ebenso abmildern wie die optimistische Wendung des Schicksals am Ende. Die Eiserne Lady (Filmbiografie, GB 2011) FSK6. 105min. Regie: Phyllida Lloyd . Mit: Meryl Streep, Jim Broadbent. Eine gebrechliche, demenzkranke Greisin kauft Milch ein und setzt sich dann zu ihrem Ehemann an den Frühstückstisch. Denis ist jedoch seit Jahren tot. Seine Anwesenheit bildet Margaret Thatcher sich nur ein. Während sie versucht, mit der Gegenwart zuechtzukommen, erinnert sie sich bruchstückhaft an Stationen ihres Lebens und ihrer politischen Karriere. Insbesondere sehenswert wegen der grandiosen schauspielerischen Leistung von Meryl Streep und der kurzweiligen Erzählweise. 15 ENGLISCH Die Glasmenagerie (Literaturverfilmung, US 1987) FSK12. 134min. Regie: Paul Newman. Mit: Joanne Woodward, John Malkovich, Karen Allen. Amanda Wingfield, die einst umschwärmte SüdstaatenSchönheit, lebt mit ihren Kindern Tom und Laura in St. Louis von den Einkünften des Sohnes. Tom arbeitet als Lagerist einer Schuhfabrik und träumt davon, auszubrechen und Dichter zu werden. Laura hat sich wegen eines leichten Hinkens völlig von der Realität zurückgezogen und sammelt kleine, zerbrechliche Glasfiguren. Eines Tages lädt Tom seinen Arbeitskollegen Jim zum Abendessen ein. Der junge Mann gewinnt Lauras Vertrauen, doch ihre unverhohlene Bewunderung ist ihm nicht geheuer. Gelungene, werkgetreue Verfilmung des ersten großen Bühnenerfolges des amerikanischen Dramatikers Tennessee Williams durch den Schauspieler und Regisseur Paul Newman. Das Spiel der Erinnerungen, so der deutsche Untertitel, handelt von der Angst vor der Realität und der Unfähigkeit, mit ihr zu leben. Endstation Sehnsucht (Spielfilm, US 1951) FSK12. 122min. Regie: Elia Kazan. Mit: Vivien Leigh, Marlon Brando. Die kultivierte, aber labile Lehrerin Blanche sucht Unterschlupf bei ihrer Schwester Stella im schwülen New Orleans. Sie will ihre Vergangenheit vergessen. Als Blanche den schüchternen Mitch kennenlernt, träumt sie sogar von einem neuen gemeinsamen Leben mit ihm. Doch Stellas brutaler Ehemann Stanley Kowalski bedrängt Blanche zusehends. Elia Kazans, der schon die Broadway-Uraufführung des Stücks von Tennessee Williams inszenierte, leitete auch die Aufnahmen in diesem machtvollen und zugleich subtilen Melodram in einer unerreichten Kombination aus Bühnen- und Filmeffekten. Ein düsteres psychologisches Drama, sehr effektvoll gespielt. Die Leinwand-Adaption hat in vielerlei Hinsicht Filmgeschichte geschrieben. Das fängt an beim jazzinspirierten Soundtrack von Alex North, der damals einen Wendepunkt in der Filmmusikkomposition markierte, und hört auf bei einer Handlung, die eine bis dahin kaum bekannte Wirklichkeitsnähe in Hollywood-Produktionen etablierte. 16 ENGLISCH Früchte des Zorns (Literaturverfilmung, US 1940) FSK12. 129min. Regie: John Ford. Mit: Henry Fonda, Jane Darwell. Tom Joad wird aus dem Gefängnis, wo er wegen Totschlag saß, entlassen und erfährt, das seine Familie von den Banken von ihrem Land vertrieben wurde und nach Kalifornien gezogen ist, wo sie sich als Saisonarbeiter bei der Obsternte durchschlagen. Er folgt ihnen, zieht von einem Umsiedlerlager zum nächsten und erfährt Feindschaft, Ablehnung und Enttäuschung. Seine Verbitterung wächst. John Fords Verfilmung des Romans von John Steinbeck ist ein amerikanischer Jahrhundertfilm und Mythos. Kraftvoll und mit klarem Sozialblick hat der Stoff in seiner Verfilmung nichts von seiner Stärke eingebüßt. Fondas Schlussmonolog machte ihn zur Legende. Gottes Werk und Teufels Beitrag (Literaturverfilmung, US 1999) FSK12. 126min. Regie: Lasse Hallström. Mit: Charlize Theron, Michael Caine. Dr. Wilbur Larch leitet ein einsam gelegenes Waisenhaus, in dem er auch illegale Abtreibungen vornimmt, wenn ihn verzweifelte junge Frauen um Hilfe bitten. Einen von einer ledigen Mutter im Waisenhaus geborenen und zurückgelassenen Knaben zieht er wie seinen eigenen Sohn auf. Eines Tages will Homer die Welt da draußen kennenlernen und erwachsen werden. Diese bewusst altmodisch wirkende Inszenierung des Romans von John Irving ist ein Drama mit tragikomischen Zügen über die enge Verbindung des Guten mit dem Bösen, das Erwachsenwerden und die damit verbundene moralische Verantwortung. 17 ENGLISCH Hamlet (Literaturverfilmung, GB 1996) FSK12. 233min. Regie: Kenneth Branagh. Mit: Kenneth Branagh, Kate Winslet. Als der junge dänische Prinz Hamlet zur Beerdigung seines Vaters an den Königshof in Helsingör zurückkehrt, muss er mitansehen, wie sein Onkel Claudius das Erbe an sich reißt und seine Mutter, Königin Gertrude, heiratet. Der Geist seines Vaters berichtet Hamlet, dass er von seinem Bruder Claudius heimtückisch ermordet wurde, und Hamlet schwört Rache. Kenneth Branagh verlegt die Handlung der Shakespeare-Tragödie, unter Beibehaltung der Originaldialoge, aus dem Jahr 1600 ins 19. Jahrhundert. Wichtig ist der Inszenierung vor allem die Beleuchtung Hamlets psychischer Verfassung in all ihrer Widersprüchlichkeit. Ermöglicht wird dies erst durch die großartige schauspielerische Leistung aller Mitwirkenden. Invictus (Spielfilm, US 2009) FSK6. 133min. Regie: Clint Eastwood. Mit: Morgan Freeman, Matt Damon. Obwohl Nelson Mandela gerade zum neuen Präsidenten Südafrikas gewählt wurde, bleibt die Apartheid in den Köpfen der Menschen bestehen. In der bald stattfindenden Rugby-Weltmeisterschaft sieht Mandela eine Chance, die Probleme zu überwinden, indem er für Südafrika eine Mannschaft mit Weißen und Schwarzen aufstellt. In einem emotional packenden Mix aus Filmbiografie und Sportfilm zeigt Invictus ein weitgehend unbekanntes Kapitel der demokratischen Wende in Südafrika. Bestechend ist der Film vor allem aufgrund eines großartigen Morgan Freeman und Eastwoods inszenatorischem Gespür. 18 ENGLISCH Die Katze auf dem heißen Blechdach (Literaturverfilmung, US 1958) FSK12. 108min. Regie: Richard Brooks. Mit: Elizabeth Taylor, Paul Newman. Anlässlich des 65. Geburtstags eines todkranken patriarchalen Plantagenbesitzers versammelt sich seine Familie: seine Frau Ida, der ältere, erbschleicherische Sohn Gooper mit seiner bald achtköpfigen Familie und der jüngere, alkoholabhängige Sohn Brick mit seiner willensstarken Frau Maggie. In heftigen Auseinandersetzungen endet die jahrelange Heuchelei; Brick kann seine Selbsttäuschung nicht aufrechterhalten, und sein Vater begreift, dass er ein Leben lang nur an seinen Besitz dachte. Richard Brooks macht aus dem Theaterstück von Tennessee Williams einen kammerspielartigen Kinofilm, in dem die explosive Atmosphäre, die Vitalität und die sarkastischen Dialoge des Melodrams bewahrt wurden. My Fair Lady (Musikfilm, US 1964) FSK12. 170min. Regie: George Cukor. Mit: Audrey Hepburn, Rex Harrison. Als der Sprachprofessor Higgins auf das Blumenmädchen Eliza Doolittle trifft, erkennt er in ihr die perfekte Person für einen Beweis. Er will zeigen, dass die Sprache den Charakter eines Menschen ausmacht und ihr den fürchterlichen Slang austreiben und sie sprechen lassen wie eine feine Dame, so dass sie sich dann auch wie eine Dame von Welt verhält. Aufwendige Verfilmung des klassischen Musicals nach dem Schauspiel von George Bernard Shaw. Ein intellektueller Genuß, beispielhaft in der Geschichte des Genres: die hohe Stilisierung, dem Musical ohnehin eigen, wird witzig, gescheit und romantisch in dessen Verfilmung auf die Spitze getrieben. 19 ENGLISCH Mystic River (Literaturverfilmung, US 2003) FSK16. 132min. Regie: Clint Eastwood. Mit: Sean Penn, Tim Robbins, Kevin Bacon. Als Kinder waren Jimmy, Sean und Dave Freunde. 25 Jahre nachdem Dave von zwei Päderasten missbraucht wurde und die Jungen sich trennten, kreuzen sich ihre Wege erneut: Sean fahndet als Polizeikommissar nach dem Mörder von Jimmys ältester Tochter. Dabei gerät Dave, der in der Mordnacht blutverschmiert nach Hause kam, unter Verdacht. Selbst seine Frau hält ihn schließlich für den Mörder. Jimmy will nicht warten, bis Dave verhaftet wird, sondern seine tote Tochter auf eigene Faust rächen. Mystic River ist ein spannender Thriller, aber mehr noch eine komplexe Tragödie. Clint Eastwood erzählt die fesselnde Geschichte bedächtig und kommt dabei ohne optische Reize und spektakuläre Szenen aus. Stattdessen setzt er mit Erfolg auf die Dramaturgie des Drehbuchs von Brian Helgeland und die erstklassige Besetzung. Nach dem Roman von Dennis Lehane. Of Mice and Men (Literaturverfilmung, US 1992) FSK12. 115min. Regie: Gary Sinise. Mit: John Malkovich, Gary Sinise. Die beiden Landarbeiter George und Lennie werden vom Hof gejagt, weil der kräftige aber debile Lennie das Samtkleid der Farmerstochter streicheln wollte und sie damit erschreckte. George hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, für den gutmütigen Dummkopf zu sorgen. Ein gefühlvoller Film, der anrührt und fasziniert, ohne je kitschig zu werden. In der eher schlicht entwickelten Handlung kann er sich vor allem auf einen hervorragenden Hauptdarsteller verlassen. Nach dem gleichnamigen Roman von John Steinbeck. 20 ENGLISCH Romeo + Julia (Literaturverfilmung, US 1996) FSK12. 120min. Regie: Baz Luhrmann. Mit: Leonardo DiCaprio, Claire Danes. Baz Luhrmann verlegt die Handlung der ShakespeareTragödie Romeo und Julia in ein urbanes südamerikanisches Inferno des 20. Jahrhunderts. So werden Schwerter durch matt schimmernde Pistolen ersetzt, die Polizei greift von Hubschraubern aus in die Straßenkämpfe der Jugendgangs ein, und im Fernsehen wird über die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Montagues und den Capulets berichtet. Aus Versatzstücken des aktuellen Actionkinos, der Popmusik-Kultur, einer gehörigen Dosis religiösem Kitsch und dem 400 Jahre alten Originaltext entstand eine durch die überbordende Fülle der Einfälle die Wahrnehmungsfähigkeiten des Zuschauers herausfordernde fulminante Version der Shakespeareschen Liebestragödie für die MTV-Generation. Der Film ist insgesamt ein spannender Versuch, Shakespeare in einem aktuellen Kontext der Reflexion über Gewalt und moderne Medienkultur anzusiedeln. Shakespeare in Love (Spielfilm, US 1999) FSK6. 123min. Regie: John Madden. Mit: Gwyneth Paltrow, Joseph Fiennes, Geoffrey Rush. London 1593. Weil der Theaterbesitzer Philip Henslowe in finanziellen Nöten ist, hofft er, bald eine Komödie von Will(iam) Shakespeare aufführen zu können. Romeo und Ethel, die Tochter des Piraten soll das Stück heißen. Verzweifelt drängt er den Autor, es fertigzustellen – doch der leidet unter einer Schreibblockade. Shakespeare in Love ist eine witzige Komödie über die (fiktive) Entstehungsgeschichte von William Shakespeares unvergänglicher Liebestragödie Romeo und Julia. 21 ENGLISCH Sinn und Sinnlichkeit (Literaturverfilmung, GB 1996) FSK6. 136min. Regie: Ang Lee. Mit: Kate Winslet, Emma Thompson, Hugh Grant. England um 1800. Die stille Elinor verliebt sich in ihren schüchternen Schwager Edward, aber aus Gründen der Etikette wagen weder sie noch er, sich ihre Liebe zu gestehen, und Elinor büßt für ihre Zurückhaltung mit stumm erduldetem Leid. Sinn und Sinnlichkeit ist ein romantisches, wunderbar fotografiertes und hervorragend gespieltes Filmdrama von Emma Thompson und Ang Lee nach dem Roman Gefühl und Verstand von Jane Austen. Stolz und Vorurteil (Literaturverfilmung, F/GB 2005) FSK6. 129min. Regie: Joe Wright. Mit: Keira Knightley, Matthew Macfadyen. Im englischen Hertfordshire lebt die Familie Bennet, bestehend aus dem Ehepaar Bennet und dessen fünf Töchtern. Mrs. Bennets einziges Bestreben ist es, ihre Töchter standesgemäß zu verheiraten, um ihre Zukunft zu sichern. Denn das Anwesen der Bennets wird nicht an die weiblichen Erben vermacht; es soll nach dem Tode Mr. Bennets einem entfernten Verwandten, Mr. Collins, zukommen. Mit Joe Wrights Verfilmung von Stolz und Vorurteil, die man nach all den Fernsehfilmen mit einigem Mißtrauen erwarten durfte, verhält es sich nun so, dass sie nicht nur kein steifer Kostümfilm ist, sondern ein kleines Wunder. Ein Wunder an Geschmack in Ausstattung und Kulisse, an Geschick bei der Besetzung der Rollen, an erzählerischer Ökonomie. 22 ENGLISCH The Door in the Floor (Literaturverfilmung, US 2004) FSK12. 111min. Regie: Tod Williams. Mit: Jeff Bridges, Kim Basinger. Ted und Marion Cole verloren ihre beiden Söhne bei einem Autounfall. Trotz ihrer kleinen Tochter gelingt es ihnen nicht, sich von der Vergangenheit zu lösen. Marion zieht sich immer stärker zurück und leidet darunter, Ruth keine gute Mutter sein zu können. Ted, ein erfolgreicher Künstler und Schriftsteller, lenkt sich durch Sex mit wechselnden Aktmodellen ab. Marion entgleitet ihm. Schließlich bietet er einem 16-jährigen Schüler einen Ferienjob als Assistent an und beobachtet ihn mit Marion. Ein gediegen inszeniertes Melodram, welches später abrupt die Tonart und das Genre wechselt. Williams entwirft in selbstreflexiven Bezügen, beiläufigen Dialogsätzen und sparsamen visuellen Akzenten das traurige Bild einer Liebe, die von den langen Schatten einer traumatischen Vergangenheit erdrückt wurde. Beruhend auf einem Teil des Romans Witwe für ein Jahr von John Irving. Tod eines Handlungsreisenden (Literaturverfilmung, US 1985) FSK12. 130min. Regie: Volker Schlöndorff. Mit: Dustin Hoffmann, John Malkovich, Kate Reid. Seit 36 Jahren arbeitet Willy Loman als Handlungsreisender. Inzwischen ist er 63 und hat es immer noch nicht zu Erfolg und Anerkennung gebracht. Als ihm das Unternehmen dann auch noch kündigt, flüchtet er sich in Tagträume. Von seinem älteren Sohn mit den Tatsachen konfrontiert, verfällt er dem Gedanken, seinem Leben durch eine letzte Handlung doch noch einen Sinn zu geben. Die von Dustin Hoffmans Schauspielkunst beherrschte Adaption des Bühnenwerkes von Arthur Miller ist durch die unverbrauchte Aktualität sozialkritischer Aufdeckungen und humaner Mahnungen diskussionswert. 23 ENGLISCH Und Jimmy ging zum Regenbogen (Literaturverfilmung, D 1971) FSK12. 133min. Regie: Alfred Vohrer. Mit: Alain Noury, Horst Tappert. Der argentinische Arzt Manuel Aranda kommt 1989 nach Berlin, um die Leiche seines Vaters nach Argentinien zu überführen. Der 81-jährige Chemiefabrikant wurde von Valerie Steinfeld mit Zyankali vergiftet. Danach verübte die Buchrestauratorin Selbstmord. Ohne den Fall aufzuklären, legt das LKA ihn zu den Akten. Aber Manuel will wissen, wieso sein Vater ermordet wurde, und Valerie Steinfelds Enkelin Irene Waldeck möchte ebenfalls die Wahrheit herausfinden. Die Spur führt 50 Jahre in die Vergangenheit... In der Neuverfilmung des Romans Und Jimmy ging zum Regenbogen von Johannes Mario Simmel wurde die Handlung von Wien nach Berlin und von 1969 nach 1996 verlegt. Es handelt sich um einen spannenden Thriller mit einem komplexen Handlungsgeflecht. Viel Lärm um nichts (Spielfilm, GB/US 1993) FSK6. 111min. Regie: Kenneth Branagh. Mit: Kenneth Branagh, Emma Thompson, Keanu Reeves. Nach einem siegreich geführten Krieg sind Prinz Don Pedro und seine Männer zu Gast auf dem Gut von Leonato. Bei der Begrüßung sehen Graf und Leonatos Tochter Hero sich wieder und verlieben sich. Bald wollen sie Hochzeit feiern. Aber Don Juan, der verbitterte Halbbruder des Prinzen, versucht ihr Glück zu verhindern. Währenddessen streiten sich die ebenso hübsche wie kratzbürstige Beatrice, eine Nichte Leonatos, und der junge Edelmann Benedikt, sobald sie sich über den Weg laufen, denn sie scheuen davor zurück, sich ihre Liebe einzugestehen In seiner Verfilmung der um 1598 in London uraufgeführten Komödie Viel Lärm um nichts von William Shakespeare verlegt der irische Schauspieler und Regisseur Kenneth Branagh die Handlung von England in die Toskana und ins 19. Jahrhundert. Aus dem zwar handlungsarmen aber schwungvollen Ränkespiel machte er ein sinnenfrohes Fest gut gelaunter Damen in weißen Leinenkleidern und Herren in schmucken Uniformen unter dem ewig blauen Himmel des norditalienischen Sommers. 24 ENGLISCH Wenn die Gondeln Trauer tragen (Literaturverfilmung, I/GB 1973) FSK16. 105min. Regie: Nicolas Roeg. Mit: Donald Sutherland, Julie Christie. John Baxter kommt mit seiner Frau nach Venedig. Beide trauern um ihre Tochter, die erst kürzlich ertrunken ist. Als ihnen zwei mysteriöse Schwestern begegnen, geraten beide in den Bann unheimlicher Visionen, die ihren Aufenthalt zum Albtraum machen. Mit sorgfältig komponierten Bildern, einer grellen Farbdramaturgie, rasanten Schnitten, raffinierten Andeutungen und genau kalkulierten Wiederholungen gestaltete Nicolas Roeg einen subtilen poetischen Horrorfilm auf Basis der Erzählung von Daphne du Maurier. Wer hat Angst vor Virginia Woolf? (Literaturverfilmung, US 1966) FSK16. 131min. Regie: Mike Nichols. Mit: Elizabeth Taylor, Richard Burton. Als Martha eines Abends angetrunken von einer Party nach Hause kommt und auch noch zwei Bekannte im Schlepptau hat, ist ihr Mann George davon gar nicht begeistert. Während die beiden Gäste vor der Tür stehen, beschimpft George seine Frau, die dann auch mit scharfen Worten zurückschlägt. Offensichtlich, dass sich hier im Laufe ihrer Ehejahre einiges an Frust und Wut angestaut hat, was just bei der Gelegenheit zum Ausbruch kommt. Intelligente und vor allem durch außergewöhnliche schauspielerische Leistungen gekennzeichnete Verfilmung des bekannten gleichnamigen Theaterstücks von Edward Albee über eine gesellschaftlich und seelisch völlig zerstörte Ehe. In Inhalt und Form von besonderer Härte. 25 ENGLISCH Wüstenblume (Literaturverfilmung/ Filmbiografie, D/A/F 2009) FSK12. 121min. Regie: Sherry Hormann. Mit: Liya Kebede, Sally Hawkins. Das Nomadenmädchen Waris Dirie wurde 1965 in Somalia geboren. Als Waris fünf war, ließ die Mutter sie beschneiden. 9 Jahre später floh sie vor einer Zwangsheirat zu Verwandten nach Mogadischu. Als einer ihrer Onkel somalischer Botschafter in London wurde, überredete Waris ihn, sie als Hausmädchen mitzunehmen. Nach vier Jahren kehrte der Onkel mit seiner Familie nach Somalia zurück, aber Waris Dirie blieb im Westen und wurde eines der bestbezahlten Models der Welt. Im Gegensatz zur autobiografischen Romanvorlage, die in chronologisch linearer Erzählform verfasst ist, erzählt der Film Waris' Geschichte in nichtlinearer Erzählfolge. Er beginnt am Tag der Flucht aus der somalischen Botschaft in London und zeigt die früheren Ereignisse aus Somalia und Mogadischu in Rückblenden. Der Hauptverdienst des Werkes besteht darin, erstmals die breite Öffentlichkeit über Genitalverstümmelung bei Mädchen zu informieren und dafür zu sensibilisieren. 26 FRANZÖSISCH 17 Mädchen (Drama, F 2011) FSK12. 86min. Regie: Delphine Coulin, Muriel Coulin. Mit: Louise Grinberg, Juliette Darche, Esther Garrel. Drama mit heiteren Akzenten über Schülerinnen in einer französischen Kleinstadt die beschließen, gleichzeitig schwanger zu werden. Auf diese Weise wollen sie sich dem traditionellen Lebenslauf ihrer Kleinstadt entziehen und ihrem Leben einen selbstbestimmten Sinn geben. Die Mutterschaft als Manifest der Selbstbestimmung, erdacht von starken, selbstbewussten jungen Frauen. Der Film nimmt die Teenager und ihre Rebellion ernst und liefert eine Studie des Erwachsenwerdens. Café de Flore (Drama, CDN 2011) FSK12. 120min. Regie: Jean-Marc Vallée. Mit: Vanessa Paradis, Kevin Parent. Zwei vordergründig unzusammenhängende Geschichten werden erzählt – die Dreiecksbeziehung von Antoine, Rose und Carole im heutigen Montréal und das innige Verhältnis Jacquelines zu ihrem an Trisomie 21 erkrankten Sohn und dessen Schwarm im Paris der 60er Jahre. Der Film spielt mit dem Spannungsverhältnis und enthüllt Stück für Stück die Verbindung der zwei Stränge. Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, die mit behutsam akzentuierend eingesetzter Musik den Zuschauer in seinen Bann zieht. Captive (Thriller/ Drama, PHI/D/F/GB 2012) FSK12. 120min. Regie: Brillante Mendoza. Mit: Isabelle Huppert. Thérèse ist als Missionarin auf den Philippinen - und wird von Terroristen entführt. Nach außen hin vertreten die Geiselnehmer hohe moralisch-religiöse Ansprüche und bedrohen die Geiseln etwa mit Handabhacken bei Diebstahl und verbieten den Männern, fremde Frauen zu berühren. Zugleich wird 27 FRANZÖSISCH aber eine Vergewaltigung einer der Geiseln mit einer Zwangsehe legitimiert. Währenddessen werden manche der Entführten freigekauft, andere Geiseln sterben an Entkräftung oder bei den Feuergefechten mit der Armee. Thérèse gibt vor einem philippinischen Fernsehteam ein Interview, in dem sie ihre Kinder grüßen darf und in dessen Folge die Terroristen für sie ein nun noch höheres Geld verlangen. Der Film ist vor allem auf die Perspektive der Geisel fokussiert. Regisseur Mendoza bezieht sich mit seinem Film auf tatsächliche Geschehnisse wie den Entführungsfall Abu Sayyaf. Er schuf eine Atmosphäre, die selbst für die Mitwirkenden bedrohlich real wirkte und somit auch zu herausragender schauspielerischer Leistung, insbesondere Isabelle Hupperts, anspornte. Das Konzert (Komödie/ Drama/ Musikfilm, F/I/RUM 2009) FSK0. 119min. Regie: Radu Mihaileanu. Mit: Aleksej Guskow, Mélanie Laurent. Andrej Filipow war einst Dirigent des weltberühmten Bolschoi-Orchesters in Moskau, wurde jedoch zum Hausmeister degradiert, als er sich weigerte, jüdische Musiker in den 80er Jahren aus dem Orchester zu werfen. Eines Tages fällt ihm ein Fax in die Hände, anlässlich dessen er sich entschließt als Dirigent nach Paris zu fahren und seine alten Kollegen zusammenzutrommeln, mit denen er heimlich wieder als das Bolschoi-Orchester auftreten will. Eine bewegende Komödie mit viel jüdischem Humor. Es geht um das Verhältnis des Einzelnen zur Gemeinschaft und das Konzert wirft ein Spiegelbild auf die heutige Gesellschaft, in der die maximale Freiheit des Individuums erreicht zu sein scheint und sich alle wieder nach Gemeinschaft sehnen. Ein tiefsinniger Film über Menschlichkeit, Liebe und Verantwortung, in dem die Musik die alles verbindende Macht ist. 28 FRANZÖSISCH Das Labyrinth der Wörter (Komödie/ Drama/ Literaturverfilmung, F 2010) FSK0. 82min. Regie: Jean Becker. Mit: Gérard Depardieu, Gisèle Casadesus. In einem Park treffen Germain und Margueritte zufällig aufeinander. Die beiden trennen 40 Jahre, doch als Margueritte ihm aus einem Roman vorliest, eröffnet sie ihm die Welt der Bücher, von der Germain sich immer ausgeschlossen fühlte. Aber Margueritte verliert immer mehr ihr Augenlicht, und aus tiefer Freundschaft zu dieser charmanten, alten Dame, übt Germain das Lesen. Märchenhafte Erzählung über Freundschaft über Grenzen hinweg, in der Depardieu und Casadesus trotz ihrer Verschiedenartigkeit zu schauspielerischen Höchstleistungen auflaufen. Nach dem Bestseller von Marie-Sabine Roger. Die Kinder des Monsieur Mathieu (Spielfilm, F/CH 2004) FSK6. 93min. Regie: Christophe Barratier. Mit: Gérard Jugnot, François Berléand, Jean-Baptiste Maunier. Als der erfolglose Komponist Clément Mathieu 1949 als Erzieher in einem Internat anfängt, ist er entsetzt über die drakonischen Strafen, mit denen der Schulleiter Rachin Disziplin erzwingen will. Obwohl ihm die renitenten Schüler hart zusetzen, bleibt Monsieur Mathieu gelassen und verrät keinen von ihnen. Gewitzt, verständnisvoll, warmherzig und ohne sich aufzuspielen geht er auf die misstrauischen Jungen ein. Eines Tages gründet er mit ihnen einen Chor. Der Film Der Nachtigallenkäfig von Jean Drévilles, der sich wiederum auf die Originalgeschichte von George Chaperot gründet, inspirierte Christophe Barratier zu dem Film Die Kinder des Monsieur Mathieu. Es ist eine rührende, unterhaltsame und märchenhafte Hymne an die Kraft der Musik und ein Plädoyer für eine humane Erziehung. 29 FRANZÖSISCH Die Klasse (Literaturverfilmung, F 2008) FSK0. 125min. Regie: Laurent Cantet. Mit: François Bégaudeau. François Marin ist ein vorbildlicher Lehrer. Er unterrichtet in einem Pariser Problembezirk und versucht dabei, seinen Schülern neben dem Stoff auch Werte wie Respekt und Toleranz zu vermitteln. Störenfriede werden nicht einfach vor die Tür gestellt, Konflikte offen im Klassenzimmer ausgetragen. Doch seine unmotivierten 13- bis 15jährigen Schützlinge sind nicht nur in einem schwierigen Alter, sondern entstammen zudem den unterschiedlichsten Kulturkreisen. Marins Bemühungen um Wissens- und Wertevermittlung bedeuten ein tägliches nervenaufreibendes Ringen. Der Film hält dem französischen Schulsystem einen Spiegel vor, und schildert das tägliche Leben vieler Lehrer. Er zeigt die schwierige Ausbildung junger Lehrer, oft ohne feste Stelle. Es ist ein Film, der einen Ort zeigt, wo es schwierig ist, Wissen zu vermitteln und der traditionelle Unterricht nicht mehr erfolgt. Beruhend auf dem autobiografischen Roman des Hauptdarstellers. Elementarteilchen (Literaturverfilmung, D 2005) FSK12. 108min. Regie: Oskar Roehler. Mit: Moritz Bleibtreu, Christian Ulmen, Franka Potente. Die beiden Halbbrüder Bruno und Michael wuchsen ohne ihre Mutter auf, die sich in Poona selbst verwirklichen wollte. Während der introvertierte Michael sich nichts aus Sex macht und als Molekularbiologe eine Formel findet, mit der sich geschlechtslose Übermenschen klonen lassen, läuft der unglücklich verheiratete Lehrer Bruno den Frauen nach, bis er Christiane kennen lernt und glaubt, die große Liebe gefunden zu haben. Der souveräne Umgang mit dem schwierigen Ausgangsmaterial Houellebecqs bereitet den Boden für zwei der schönsten, melancholischsten, gebrochensten Skizzen der Liebe, die man seit langem im Kino hat sehen können. Der Mensch ist eine von der Evolution überholte, dennoch zähe und deshalb anrührende Spezies: Roehler transponiert dieses Credo Houellebecqs wie traumwandlerisch bis in die Großaufnahmen, mit denen die Kamera die Gesichter ausforscht. 30 FRANZÖSISCH Ihr werdet euch noch wundern (Drama, F 2013) FSK0. 115min. Regie: Alain Resnais. Mit: Mathieu Amalric. Nach dem Tod des gefeierten Theaterregisseur Antoine d’Anthac erhalten seine Freunde eine Einladung in sein Landhaus. In seinem Testament bittet der Verstorbene, dass seine Kameraden ein Auge auf die Wiederaufführung des ihnen so vertrauten Stoffes von Anouilhs Euridyce werfen mögen. Die neuen Inszenatoren baten den Altschauspieler um dessen Rat, den er ihnen vor seinem Tod jedoch nicht mehr geben konnte. Nun findet sich der verbliebene Kreis von Schauspielern in seinem Haus zusammen, um gemeinsam ein Video von den Proben der jungen Theatergruppe anzusehen. Dabei durchleben sie noch einmal all die starken Gefühle, die sie mit den damaligen eigenen Proben und Vorstellungen verbinden, wie Liebe und Begeisterung, aber auch Verrat und Eifersucht. Theater, Literatur, Kino – diese Kunstformen sind sich allesamt ähnlich und doch im Detail so verschieden. Regisseur Alain Resnais macht sich in seinem experimentellen Drama daran, diese drei künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten zu verbinden sowie ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erforschen. Les Misérables (Literaturverfilmung, GB/D 1998) FSK12. 134min. Regie: Bille August. Mit: Liam Neeson, Geoffrey Rush, Uma Thurman. Jean Valjean wird von Inspektor Javert aus dem Zuchthaus entlassen, in dem er 19 Jahre verbüßte, weil er einst für seine Familie Brot gestohlen und einige Fluchtversuche unternommen hatte. Jahre später hat er sich eine neue Existenz als Bürgermeister einer Stadt aufgebaut. Als die junge Fantine in seinem Beisein im Krankenhaus stirbt und er von Javert wiedererkannt wird, flieht er. Auf der Flucht nimmt er Fantines Tochter Cosette zu sich, und begibt sich mit ihr nach Paris. Spektakuläre und liebevolle Inszenierung auf Basis des Klassikers von Victor Hugo. Liam Neeson als überzeugender Valjean. 31 FRANZÖSISCH Les Misérables (Literaturverfilmung, F 1995) FSK12. 175min. Regie: Claude Lelouch. Mit: Jean-Paul Belmondo, Annie Girardot. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der alte Henri Fortin, Vater des jungen Henri, steht unter Anklage. Er soll den Comte de Villeneuve, für den er als Chauffeur gearbeitet hat, umgebracht haben. Seine Frau nimmt während des Prozesses eine Arbeit in einer Taverne am Strand derNormandie auf. Zu Unrecht verurteilt, versucht er mit anderen Häftlingen aus dem Gefängnis auszubrechen und kommt dabei ums Leben. Auf die Nachricht vom Tod ihres Mannes tötet sich seine Frau. So muss der kleine Henri als Waise aufwachsen. Betont respektlose, dabei dem Geist der Vorlage verwandte erneute Verfilmung des Klassikers von Victor Hugo, die zur Jahrhundertwende beginnt, einen Großteil der Handlung ins Frankreich zur Zeit der deutschen Besatzung verlegt und ihren Held als Box-Champion sein Leben fristen lässt. In einem atemberaubenden Wechsel von Zeit- und Realitätsebenen entwickelt sich ein faszinierender Film, der zu einem überzeugenden Ganzen verschmilzt. Der Film bietet seinem Star Belmondo Gelegenheit, gleich in drei Rollen zu brillieren. Portugal, mon amour (Komödie, F 2013) FSK0. 90min. Regie: Ruben Alves. Mit: Rita Blanco, Joaquim de Almeida. Viele Jahre ist es her, seit die Ribeiros Portugal verließen und nach Paris kamen. Mutter Maria ist Concierge in einem herrschaftlichen Haus, ihr Mann José tadelloser Vorarbeiter in einer Baufirma. Eigentlich haben sie sich ihr Leben mitsamt den fast erwachsenen Kindern schön eingerichtet. Wäre da nicht ein letzter Rest Sehnsucht nach der alten Heimat am Meer. Eine unerwartete Erbschaft ermöglicht ihnen die Rückkehr und wirbelt so ihr geordnetes Leben durcheinander. Mit vielschichtigem Humor gespickt porträtiert diese herzliche und einfühlsame Komödie die innerliche Zerissenheit der Zuwanderer. Frühlings-Überraschungserfolg in Frankreich. 32 FRANZÖSISCH Renoir (Drama, F 2012) FSK0. 111min. Regie: Gilles Bourdos. Mit: Michel Bouquet, Christa Theret. Zurückgezogen lebt der berühmte impressionistische Maler Pierre-Auguste Renoir während des 1. Weltkriegs auf einem Anwesen in einer lichtdurchfluteten Landschaft in der Nähe von Cagnes-sur-Mer an der Côte d’Azur. Er ist belastet von seiner Arthritis und dem Tod seiner Frau. Ein neues Modell, die junge, unbekümmerte Andrée erweckt in ihm neuen Mut und neue Schaffenskraft. Eines Tages kehrt Renoirs Sohn Jean, an der Front schwer verwundet und im Genesungsurlaub auf den Landsitz zurück. Auch er lebt durch Andrées Gegenwart auf und beginnt aus dem Schatten seines berühmten Vaters herauszutreten. Ganz im Stil der großartigen Gemälde Renoirs schwelgt der Film in den satten Farben der südfranzösischen Landschaft und in der elfenhaften Schönheit der letzten Muse des bedeutenden Wegbereiters des Impressionismus. 33 34 GESCHICHTE Aimée & Jaguar (Spielfilm, D 1999) FSK12. 121min. Regie: Max Färberböck. Mit: Maria Schrader, Juliane Köhler, Johanna Wokalek. Im November 1943 besucht Felice ein Konzert in Berlin. Eine Blondine kommt zu spät und muss erst durch eine Sitzreihe schlüpfen, bis sie zu ihrem Platz neben einem Wehrmachtsoffizier gelangt. Felice erfährt, dass es sich um Lilly Wust und einen ihrer Geliebten handelt. Wegen eines Fliegeralarms wird die Aufführung abgebrochen. Im Gedränge fällt Lilly die Brille zu Boden. Felice hebt sie auf. So lernen sie sich kennen. Es ist der Beginn einer tragischen Liebesgeschichte. Nach der Wende erzählte Lilly Wust ihr Leben der Schriftstellerin Erica Fischer. Deren 1994 veröffentlichtes Buch Aimée & Jaguar wurde zum Bestseller. Max Färberböck drehte auf dieser Grundlage diesen zwar gefühlsbetonten, aber unsentimentalen Film mit hervorragenden Schauspielerinnen. Alexander (Filmbiografie, US 2004) FSK12. 175min. Regie: Oliver Stone. Mit: Colin Farrell, Angelina Jolie, Val Kilmer. Nach der Ermordung seines Vaters wird der gerade erst 20-jährige Alexander zum König von Makedonien ernannt und beginnt einen Eroberungsfeldzug. Er dehnt sein Reich bis nach Persien, Ägypten und Indien aus und träumt davon, die Völker zu vereinen. Alexander ist ein beeindruckendes Spektakel voller Visionen, Ideen und großartiger Schauspielkunst. 35 GESCHICHTE Der Baader Meinhof Komplex (Thriller, D 2008) FSK12. 150min. Regie: Uli Edel. Mit: Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek, Bruno Ganz. Als Reaktion auf die große Koalition in Bonn bildete sich 1967/68 die APO, die sich durch die Tötung des Demonstranten Benno Ohnesorg und das Attentat auf den Studentenführer Rudi Dutschke radikalisierte. In der Nacht zum 3. April 1968 brannten zwei Frankfurter Kaufhäuser. Die Befreiung des Brandstifters Andreas Baader aus der Haft am 14. Mai 1970 gilt als Geburtsstunde der RAF. Bernd Eichinger (Drehbuch) und Uli Edel stellen die von Stefan Aust in dem Buch Der Baader-Meinhof-Komplex beschriebene Geschichte der RAF von 1967 bis 1977 so authentisch wie möglich dar. Drachenläufer (Literaturverfilmung, US 2007) FSK12. 122min. Regie: Marc Forster. Mit: Khalid Abdalla, Shaun Toub, Atossa Leoni. Amir und Hassan wachsen zusammen in Kabul auf. Sie sind eng befreundet, obwohl Amirs Vater ein reicher Paschtune ist und Hassans Vater dessen Diener. Als Amir beobachtet, wie Hassan zusammengeschlagen und vergewaltigt wird, läuft er weg, statt ihm beizustehen. Weil er dessen Nähe aufgrund seiner Schuldgefühle nicht länger erträgt, beschuldigt er ihn eines Diebstahls. Die Verfilmung des Romans Drachenläufer von Khaled Hosseini ist kein gesellschaftskritischer Politthriller, sondern ein farbiges, dramatisches und spannendes Filmdrama. 36 GESCHICHTE Der letzte Kaiser (Spielfilm, GB/F/I 1987) FSK12. 163min. Regie: Bernardo Bertolucci. Mit: John Lone, Peter O'Toole. Die tragische Geschichte von Puyi, dem letzten chinesischen Kaiser aus, der 1908 als zweijähriges Kind auf den Thron gesetzt wird und drei Jahre später bereits abdanken muss. Sein Wohnsitz bleibt jedoch weiterhin die verbotene Stadt, wo er von westlichen und einheimischen Lehrern erzogen wird. Der Kontakt zu neuen Ideen endet für Puyi tragisch – nach gescheiterten Reformversuchen muss er ins Exil. Später endet er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft und wird zum einfachen Gärtner. Farbenprächtiger Bilderbogen zwischen exotischem Märchen und mythisch überhöhter Tragödie. An Originalschauplätzen gedrehter Monumentalfilm; eine faszinierende Parabel über das Individuum unter dem übermächtigen Zwang historischer Verhältnisse. Der Rote Baron (Filmbiografie, D 2008) FSK12. 120min. Regie: Nikolai Müllerschön. Mit: Matthias Schweighöfer, Til Schweiger, Joseph Fiennes. Der erst 24-jährige Freiherr Manfred von Richthofen ist ein begnadeter Kampfpilot im Ersten Weltkrieg. Ganz Europa fürchtet seine rotgestrichene Fokker. Luftduelle sehen er und seine Kameraden als kühnen Sport. Erst als sich Richthofen in die Krankenschwester Käte verliebt, werden ihm die Augen für die Schrecken des Krieges geöffnet. Tricktechnisch enorm aufwändiges und sensationell hochkarätig besetztes Werk. Der Untergang (Historienfilm, D 2004) FSK12. 150min. Regie: Oliver Hirschbiegel. Mit: Bruno Ganz, Alexandra Maria Lara, Corinna Harfouch. Der Untergang des 3. Reiches und das Ende des Diktators Adolf Hitler werden basierend auf dem Tatsachenroman des Historikers Joachim Fest 37 GESCHICHTE eindrücklich als Spielfilm geschildert. In den klaustrophobischen Gängen und Räumen des Bunkers gewährt der Film seinen Zuschauern keine Distanz, erzwingt unmittelbare Nähe und Auseinandersetzung mit der Psychologie seiner Figuren und macht so diese historischen Monstrositäten greifbar, vermittelt glaubwürdig und authentisch den vom allgegenwärtigen Zusammenbruch angetriebenen Wahnsinn der versammelten Todgeweihten. Elizabeth (Historienfilm, GB 1998) FSK12. 124min. Regie: Shekhar Kapur. Mit: Cate Blanchett, Geoffrey Rush, Joseph Fiennes. England im Jahre 1558: Intrigen, Mord und Totschlag bestimmen das politische Klima Englands unter der Herrschaft der fanatischen Katholikin Queen Mary I. Selbst im Angesicht des Todes schreckt die unheilbar kranke Königin nicht vor einem vernichtenden Feldzug gegen die Protestanten zurück, bei dem auch ihre jüngere Halbschwester und Thronerbin Prinzessin Elizabeth in große Gefahr gerät. Marys verzweifelter Versuch, Elizabeth wegen Verrats hinrichten zu lassen, schlägt fehl. Nach Marys Tod zur Königin von England gekrönt, stößt Elizabeth auf erbitterten Widerstand bei ihren engsten Beratern. Als sie erfährt, dass selbst ihr Geliebter Robert Dudley Earl of Leicester sich mit ihren Gegnern verbündet hat, kennt sie kein Erbarmen mehr. Elizabeth schlägt gnadenlos zurück, um ihre Herrschaft zu sichern. Doch ihre Feinde sind vorbereitet. In prachtvollen Bildern zeigt Shekhar Kapur den Aufstieg und das entbehrungsreiche Leben der zur Monarchin verdammten Elizabeth I, eindrucksvoll dargestellt von Cate Blanchett. 38 GESCHICHTE Flags of Our Fathers (Spielfilm, US 2006) FSK12. 132min. Regie: Clint Eastwood. Mit: Ryan Phillippe, Adam Beach, Jesse Bradford. Nach der Eroberung des einzigen Berges der Insel Iwo Jima hissen die Amerikaner auf dem Gipfel die Stars and Stripes. Stunden später ersetzen sie die erste Fahne, und ein Foto dieser Szene geht um die Welt. Drei der sechs Soldaten, die die zweite Flagge setzten, werden von der politischen bzw. militärischen Führung in den USA zu Helden stilisiert, damit sie wirksam für die Zeichnung von Kriegsanleihen werben können. Es ist das Großartige und Bewundernswerte an diesem Film, wie Eastwood es schafft, die Balance zwischen dem großen historischen Panorama und den einzelnen Schicksalen zu halten. Durch die verschachtelte Erzählstruktur hebt der Film die Linearität der Kriegs- und Kampfhandlung auf, hinterfragt die historische Wahrheit hinter vermeintlich bekannten Dingen und zeichnet das Psychogramm einer Nation. Letters from Iwo Jima (Historienfilm, US 2006) FSK16. 141min. Regie: Clint Eastwood. Mit: Ken Watanabe, Kazunari Ninomiya. Der japanische Generalleutnant Tadamichi Kuribayashi kommt 1944 auf die Pazifikinsel Iwo Jima, um sie gegen die Amerikaner zu verteidigen. Weil er keine Chance sieht, den übermächtigen Feind schon am Strand wirkungsvoll zu bekämpfen, plant er einen Guerillakrieg und lässt dazu vorhandene Höhlen zu weitläufigen Bunker- und Tunnelanlagen ausbauen. Am 19. Februar 1945 beginnt die Invasion. Einen großen Teil des Kriegsgeschehens erleben wir aus der Perspektive des jungen Bäckers Saigo. Letters from Iwo Jima ist das Gegenstück zum kurz davor erschienenen Flags of Our Fathers. Clint Eastwood erzählt zunächst aus amerikanischer, dann aus japanischer Sicht von der Schlacht um Iwo Jima. Gemeinsam werden sie zu einer monumentalen Chronik einer grausamen Schlacht. 39 GESCHICHTE Flug 93 (Dokumentarfilm, US 2006) FSK12. 110min. Regie: Paul Greengrass. Mit: Khalid Abdalla, Trish Gates, Lewis Alsamari. Am 11. September 2001 steigen 44 Menschen in den Flug 93 von United Airlines, der sie von Newark bei New York nach San Francisco bringen soll. Mit an Bord befinden sich Terroristen. Kurz nach dem Start bringen sie die Maschine in ihre Gewalt. Als sich an Bord herumspricht, dass andere entführte Flugzeuge in das World Trade Center und das Pentagon gestürzt sind, schlagen die verzweifelten Passagiere zurück. Um 10.10 Uhr stürzt die Maschine südöstlich von Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania ab. Fünf Minuten zuvor war der Südturm des World Trade Centers eingestürzt. Eine unsentimentale, fesselnde Nacherzählung der Ereignisse in der Luft und am Boden – bewusst mit unbekannten Schauspielern und realem Flug- und Bodenpersonal besetzt und nahezu in Echtzeit. Gandhi (Historienfilm/ Filmbiografie, US 1982) FSK12. 191min. Regie: Richard Attenborough. Mit: Ben Kingsley. Ein fesselnd ehrfürchtiger Blick auf das Leben von Mahandas K. Gandhi, der im kolonialisierten Indien die Doktrin des gewaltlosen Widerstandes einführte und letztlich für die Unabhängigkeit des Landes entscheidend mitverantwortlich zeichnete. Kingsley gibt einen fantastischen Gandhi ab. Es gelingt ihm im Laufe des Films überaus eindrucksvoll, die Wandlung der vielschichtigen Figur vom unbedeutenden Anwalt zum internationalen Führer und lebenden Friedenssymbol darzustellen. Sowohl in seiner geschichtlichen Bedeutung als auch in der scharfen Zeichnung der Charaktere und der Umsetzung der einfließenden Ideen handelt es sich hier um ein großes Werk der Filmgeschichte. Mit gewaltigem Aufwand verfilmte Richard Attenborough das Leben Mahatma Gandhis. Mit acht Oscars wurde der monumentale Film ausgezeichnet. 40 GESCHICHTE Gesprengte Ketten (Historienfilm, US 1963) FSK12. 173min. Regie: John Sturges. Mit: James Garner, Steve McQueen, Richard Attenborough. Eine Gruppe von britischen, amerikanischen und kanadischen Kriegsgefangenen flieht im März 1944 aus einem hochgesicherten deutschen Lager. Unter dem Kommando des rebellischen Virgil Hills ist es dem Trupp gelungen, mit Hilfe von 600 Gefangenen, von denen die meisten im Gefängnis bleiben werden, im Laufe eines Jahres einen Tunnel in die Freiheit zu graben. Ihr Ausbruchscoup setzt die Operationen der deutschen Armee für einige Zeit außer Kraft. Gesprengte Ketten basiert auf dem an Tatsachen orientierten Roman The Great Escape von Paul Brickhill und ist einer der besten Abenteuerfilme über den Zweiten Weltkrieg, den die Filmgeschichte zu verzeichnen hat. Ein hervorragendes, starbesetztes Ensemble und die routinierte, humorvolle Inszenierung von John Sturges machen aus dem spannenden Stoff eine unvergessliche Mischung aus Gefängnis- und Kriegsfilm, der einige der legendärsten Szenen der Leinwandgeschichte bereithält. Goodbye, Lenin! (Komödie, D 2003) FSK6. 121min. Regie: Wolfgang Becker. Mit: Daniel Brühl, Katrin Sass, Maria Simon. Nach einem Herzinfarkt fällt die DDR-Bürgerin Christiane Kerner im Oktober 1989 ins Koma. Als sie acht Monate später wieder zu sich kommt, existiert die DDR nicht mehr. Um die todkranke Mutter nicht aufzuregen, sorgt der Sohn dafür, dass ihr die Wende verschwiegen wird und gaukelt ihr die alten Verhältnisse vor. Dabei ist das Umfüllen von Westprodukten in alte DDR-Verpackungen noch das einfachste. Hier wird eine eigentlich tieftraurige und zum Nachdenken anregende Geschichte urkomisch erzählt. In dieser einfallsreichen Politgroteske geht es u.a. um die Chancen, die bei der Angliederung der DDR an die Bundesrepublik vertan wurden und um die Menschen, die dabei zu kurz kamen. 41 GESCHICHTE JFK – Tatort Dallas (Historienfilm, US 1991) FSK12. 189min. Regie: Oliver Stone. Mit: Kevin Costner, Kevin Bacon, Tommy Lee Jones. Jim Garrison ist Bezirksstaatsanwalt in New Orleans. Er erlebt den Mord am amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy und an dessen angeblichem Mörder Lee Harvey Oswald im Fernsehen und bezweifelt, daß Oswald wirklich der Täter war. In seiner Freizeit untersucht er gemeinsam mit seinem Team die Indizien, die Oswald als alleinigen Täter erscheinen lassen neu, und kommt zu dem Ergebnis, daß dieser nicht allein für den Tod Kennedys verantwortlich gemacht werden kann. Allerdings macht Garrison sich mit seinen Nachforschungen mehr Feinde als Freunde: die Presse ist gegen ihn, es kommt zu Streitigleiten in seinem Team und auch seine Frau Liz hält nicht mehr zu ihm, da Jim dem toten Präsidenten mehr Zeit widmet als ihr und ihren gemeinsamen Kindern. Der Film ist eine engagierte und involvierende Kombination aus Dokumentation und Dramatisierung, die Zweifel an den offiziellen Untersuchungsergebnissen und an der Integrität der damit beauftragten Staatsorgane erhärtet, selbst wenn man den Schlüssen, die er daraus zieht, nicht immer folgen will. Auch für nichtamerikanische Zuschauer ein ebenso aufregender Film wie eine frustrierende historische Lektion. Lemon Tree (Spielfilm, ISR 2008) FSK6. 106min. Regie: Eran Riklis. Mit: Hiam Abass. Die verwitwete Palästinenserin Salma Zidane lebt von dem Zitronenhain, der seit Generationen ihrer Familie gehört. Ihr Leben verändert sich drastisch, als der israelische Verteidigungsminister Israel Navon mit seiner Ehefrau Mira die Villa auf der anderen Seite der Zitronenplantage bezieht. Weil der Sicherheitsdienst befürchtet, dass sich Terroristen zwischen den Zitronenbäumen anschleichen könnten, wird die Abholzung beschlossen. Salma wehrt sich vor Gericht. Höchst symbolträchtiges Drama mit hervorragenden Darsteller, die aus dem Stoff nicht nur ein politisches Lehrstück, sodern einen packenden Kinofilm machen. 42 GESCHICHTE Der letzte König von Schottland (Filmbiografie, GB 2006) FSK16. 121min. Regie: Kevin Macdonald. Mit: Forest Whitaker, James McAvoy. Der Schotte Nicholas Garrigan geht 1971 als frischgebackener Arzt nach Uganda. Staatspräsident Idi Amin wird durch Zufall auf ihn aufmerksam und macht ihn zu seinem Leibarzt. Zunächst versucht Nicholas, die Augen vor den Schattenseiten des Regimes zu verschließen, aber das wird im Lauf der Jahre immer schwieriger. 1976 beschließt er, Uganda zu verlassen, doch der Präsedent verbietet es. Eine kraftvolle, donnernde, kolossale Leistung Forest Whitakers, das herausragende, auf dem Roman von Giles Foden basierende Drehbuch ermöglicht es dem Zuschauer, sich mit Nicholas Garrigan zu identifizieren. München (Historienfilm, US 2005) FSK12. 164min. Regie: Steven Spielberg. Mit: Eric Bana, Daniel Craig. Der unerfahrene Mossad-Agent Avner Kaufman erhält den Auftrag, die Hintermänner des Terroranschlags bei den Olympischen Spielen in München zu töten. Deren Namen stehen auf einer Liste. Vier Männer bilden mit ihm zusammen die Todesschwadron. Nach den ersten Morden zweifelt Avner immer stärker daran, ob die Opfer auch wirklich mit dem Attentat zu tun hatten. Außerdem befürchtet er, dass er und seine Männer selbst in Gefahr sind. Der Politthriller basiert auf dem umstrittenen Buch Die Rache ist unser von George Jonas. Steven Spielberg geht es nicht um eine zeitgeschichtliche Rekonstruktion, sondern um die Warnung vor einer Gewaltspirale. 43 GESCHICHTE Nixon (Filmbiografie, US 1995) FSK12. 212min. Regie: Oliver Stone. Mit: Anthony Hopkins, Joan Allen. 1972: Eine Gruppe von Männern bereitet sich zum Einbruch in das Hauptquartier der Demokratischen Partei vor. Die Einbrecher werden überrascht und verhaftet, ein Ereignis, das später als Beginn der Watergate-Affäre Bekanntheit erlangte. Die nächste Szene zeigt den angetrunkenen Nixon kurz vor seinem Rücktritt 1974, der sich von seinem Stabschef Alexander Haig Tonbandmitschnitte von Gesprächen aus dem Weißen Haus überbringen lässt, um diese auf belastendes Material abzuhören und gegebenenfalls zu löschen. In den folgenden, nicht chronologisch angeordneten Rückblenden sieht man Stationen aus Nixons politischer Karriere. Anthony Hopkins begeistert in Oliver Stones kontroversem Drama über Nixons Jahre im Weißen Haus mit seiner großartigen Darstellung des von Skandalen heimgesuchten Präsidenten. Der Film versucht Bezüge zwischen Nixons prägenden Kindheitserfahrungen, seinen politischen Verbindungen zu zwielichtigen Gestalten und schließlich seiner selbstzerstörerischen Amtszeit im Oval Office herzustellen. Operation Walküre (Historienfilm, US 2008) FSK12. 121min. Regie: Bryan Singer. Mit: Tom Cruise, Kenneth Branagh. Wegen der Aussichtslosigkeit, den Krieg noch zu gewinnen, ist Oberstleutnant von Stauffenberg zum Oppositionellen geworden. Nicht erst durch die schweren Verletzungen, die er am 7. April 1943 in Tunesien erlitt, kommt er zu der Überzeugung, dass Hitler beseitigt werden müsse, um den Krieg beenden zu können. Am 20. Juli 1944 lässt er in unmittelbarer Nähe des „Führers" eine Bombe explodieren. In der Annahme, ihn getötet zu haben, fliegt er zurück nach Berlin, um dort den Umsturz anzuführen. Natürlich erschöpft sich Operation Walküre nicht darin, die Geschichte des 20. Juli als Western in Nazi-Uniformen zu erzählen. Er bietet ein politisches Modell: Macht ist kein Zustand, sondern eine Maschine. Deswegen sind hier die Nazis weder Dämonen noch Karikaturen: Sie sind Maschinisten einer Macht-Maschine, die dringend 44 GESCHICHTE abgeschaltet werden muss. Obwohl der Verlauf der Geschichte bekannt ist, gelang es Bryan Singer, einen packenden Politthriller zu drehen. Schindlers Liste (Historienfilm, US 1993) FSK12. 195min. Regie: Steven Spielberg. Mit: Liam Neeson, Ben Kingsley, Ralph Fiennes. Der Fabrikantensohn Oskar Schindler geht Ende 1939 nach Krakau und kauft eine beschlagnahmte Fabrik aus jüdischem Besitz. Weil er kriegswichtige Güter produziert, darf er 100 Juden aus dem KZ als billige Arbeitskräfte einsetzen. 1944 wird das Arbeitslager Krakau-Plaszów aufgelöst. Schindler setzt durch, dass er seine Arbeiter behalten kann, um sie zu einer Fabrik in seiner alten Heimat Brünnlitz zu bringen, weg vom Holocaust, der sich nun in ganz Polen ausbreitet. Göth stimmt gegen eine Zahlung von einer Million Reichsmark zu. Um seine Arbeiter von den Zügen in die Vernichtungslager fernzuhalten, stellt Schindler mit Stern eine Liste zusammen. In zurückhaltendem Schwarzweiß und vorwiegend an Originalschauplätzen gedreht, überzeugt der Film vor allem in der Darstellung von Personen und Details, die sich zu einem bewegenden Zeugnis aktiver Menschlichkeit in einer unmenschlichen Umgebung entwickelt. Eine Inszenierung auf hohem Niveau und von großer Eindringlichkeit. The Queen (Filmbiografie, GB 2006) FSK6. 103min. Regie: Stephen Frears. Mit: Helen Mirren, Michael Sheen, James Cromwell. Vom Unfalltod ihrer von Charles geschiedenen Schwiegertochter Lady Diana erfährt die Queen während eines Aufenthalts im schottischen Schloss Balmoral. Premierminister Tony Blair, der vier Monate zuvor sein Amt antrat, sieht eine Chance, sich durch die Beratung der Queen zu profilieren, denn die weltfremden Royals drohen die Menschen vor den Kopf zu stoßen, die um die „Königin der Herzen“ trauern. . Liebevoll und bissig folgt Frears seiner Heldin durch die Tage internationaler Massenhysterie, die sie weder versteht noch teilen kann, bis der Ruf der britischen Krone an ihrer scheinbaren Teilnahmslosigkeit zu zerbrechen droht. Unbefangen 45 GESCHICHTE erfindet sich der Regisseur seine Welt der Royals, ohne sie zur Karikatur verkommen zu lassen. Ein Gedankenspiel, wie es damals im Palast zugegangen sein könnte, respekt-, humor- und wundervoll. Helen Mirren macht aus einem undurchschaubaren Wesen einen Menschen, so kühl wie liebenswert, so stilvoll wie verunsichert. Troja (Historienfilm, US 2004) FSK12. 162min. Regie: Wolfgang Petersen. Mit: Brad Pitt, Eric Bana, Orlando Bloom, Diane Kruger. Der trojanische Prinz Paris raubt die schöne Helena. Menelaos, ihr Ehemann, und dessen Bruder Agamenmnon versammeln eine gewaltige Armee, deren Anführer der tapfere Achill ist, und belagern die Stadt, deren Mauern von Apoll gesegnet wurden und somit unzerstörbar sind. Aufwendiges Abenteuer- und Kriegsspektakel nach Homers Ilias, das die mythologische Götterwelt außen vor lässt und dafür Bezüge zur aktuellen Weltpolitik herstellt. Das Leben der Anderen (Spielfilm, D 2006) FSK12. 137min. Regie: Florian Henckel von Donnersmarck. Mit: Ulrich Mühe, Martina Gedeck, Ulrich Tukur. Ende 1984 erhält der Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler den Auftrag, den Dramatiker Georg Dreyman zu abzuhören, der mit der Theaterschauspielerin Christa-Maria Sieland zusammenlebt. Als Wiesler begreift, dass die Bespitzelung nicht aus politischen Gründen angeordnet wurde, sondern weil der Kulturminister romantische Gefühle hegt und seinen Rivalen ausschalten will, gerät er in einen Gewissenskonflikt, der durch die Konfrontation mit dem Leben der Anderen verstärkt wird. Das Leben der Anderen evoziert mit Mitteln des Politthrillers und der Liebestragödie die Atmosphäre der Angst und Einschüchterung in der DDR. Das Drehbuch ist sorgfältig durchdacht, die Inszenierung spannend und die Besetzung grandios. 46 GESCHICHTE Das weiße Band (Spielfilm, D/A 2009) FSK12. 144min. Regie: Michael Haneke. Mit: Josef Bierbichler, Ulrich Tukur, Susanne Lothar. Eichwald, ein fiktives Dorf in Ostelbien. Die Dorfgemeinschaft ist von wirtschaftlicher Unterdrückung und gegenseitiger Demütigung geprägt. Strenge Verhältnisse herrschen nicht nur zwischen der reichen Baronsfamilie und den davon abhängigen und ausgenutzten Bauern, sondern auch zwischen Eltern und ihren Kindern. Besonders der protestantische Pastor erzieht seine Kinder mit äußerster Härte, bestraft auch kleine Vergehen gnadenlos mit Prügeln und achtet streng auf tugendhaftes Verhalten. Zur Ermahnung lässt er seine Kinder ein weißes Band an der Kleidung tragen, als Symbol der Unschuld.Das Dorf wird von rätselhaften Grausamkeiten in Schrecken versetzt. Schließlich stellt der Ausbruch des Ersten Weltkrieges alle anderen Geschehnisse in den Schatten. Da Arzt und Hebamme mittlerweile überstürzt aus dem Dorf verschwunden sind, begnügt sich das Dorf damit, diesen beiden und ihrem fragwürdigen Verhältnis die Schuld an allem zuzuschieben. In seinem Film porträtiert Michael Haneke eine norddeutsche Dorfgemeinschaft unmittelbar vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und analysiert die Mechanismen des Zusammenlebens. In den autoritären Strukturen dieses Mikrokosmos spiegelt sich das obrigkeitsstaatliche Denken in der wilhelminischen Gesellschaft. Die Menschen fügen sich scheinbar in die repressive Ordnung, aber durch Demütigung und Missbrauch, Gewalt und Strafandrohung stauen sich Aggressionen auf. Die Fälscher (Spielfilm, A 2007) FSK12. 95min. Regie: Stefan Ruzowitzky. Mit: Karl Markovics, August Diehl, Marie Bäumer. Der jüdische Künstler und Geldfälscher Salomon Sorowitsch wird 1936 festgenommen, zu einer Haftstrafe verurteilt und 1939 ins KZ Mauthausen gebracht. Dort versteht er es, sich mit seinen künstlerischen Fähigkeiten Privilegien zu verschaffen. 1944 wird er ins KZ Sachsenhausen verlegt, wo Sturmbannführer Friedrich Herzog ihn für die groß angelegte Fälschung ausländischer Banknoten benötigt. Während Sorowitsch mitmacht, um zu überleben, sabotiert Adolf Burger die Aktion. 47 GESCHICHTE Ein kammerspielartig inszeniertes, darstellerisch hervorragendes Drama nach historisch verbürgten Ereignissen, das den Gewissenskonflikt seiner Protagonisten ins Zentrum der Handlung stellt, sich selbst jedoch einer eindeutigen Parteinahme enthält. The King‘s Speech (Historienfilm, GB 2010) FSK0. 118min. Regie: Tom Hooper. Mit: Colin Firth, Geoffrey Rush, Helena Bonham Carter. Prinz Albert, Herzog von York, der zweitälteste Sohn des britischen Königs Georg V., stottert seit seiner Kindheit. Zwar folgt sein älterer Bruder David dem Vater als König Eduard VIII. auf den Thron, Albert muss jedoch hin und wieder ebenfalls Reden halten. Und als Eduard abdankt, um Wallis Simpson heiraten zu können, wird Albert König (Georg VI.). Der australische Sprachtherapeut Lionel Logue hilft ihm in jahrelanger Arbeit, das Stottern zu überwinden. Der Inszenierung sprüht vor Charme, Witz und Wärme. Das Drehbuch ist exzellent und hält die Balance zwischen genrebedingter Leichtigkeit und klug gesetzter Dramatik. Es findet sich eine tiefschürfende Ironie, die Umsetzung ist geistreich und ergreifend. 48 GEOGRAFIE Hotel Ruanda (Spielfilm, US/GB 2004) FSK12. 121min. Regie: Terry George. Mit: Don Cheadle, Sophie Okonedo, Nick Nolte. Als Ruandas Präsident am 6. April 1994 bei einem Attentat ums Leben kommt, versuchen radikale Hutu-Milizen, die Tutsi in Ruanda auszurotten. Mehr als 1200 Tutsi suchen Zuflucht im Hotel Mille Collines in Kigali, das von dem mit einer Tutsi verheirateten Hutu Paul Rusesabagina geführt wird. Immer wieder bedrohen marodierende HutuMilizen ihn und seine Schützlinge, aber es gelingt ihm, sie wenigstens in seinem Hotel vom Morden abzuhalten. Hotel Ruanda ist ein politischer Film, aber Terry George zeigt keine Massaker, sondern die authentische, ergreifende Geschichte eines Überlebenden, Paul Rusesabagina, der die Filmemacher beriet und mit ihnen die Originalschauplätze ergründete. Let‘s Make Money (Dokumentarfilm, A 2008) FSK0. 110min. Regie: Erwin Wagenhofer. Der Dokumentarfilm folgt dem Weg unseres Geldes, dorthin wo spanische Bauarbeiter, afrikanische Bauern oder indische Arbeiter unser Geld vermehren und selbst bettelarm bleiben. Der Film zeigt uns die gefeierten Fondsmanager, die das Geld ihrer Kunden jeden Tag aufs Neue anlegen. Zu sehen sind Unternehmer, die zum Wohle ihrer Aktionäre ein fremdes Land abgrasen, solange die Löhne und Steuern niedrig und die Umwelt egal ist. Wir erleben die allgegenwärtige Gier und die damit verbundene Zerstörung, die mit unsrem Geld angerichtet wird. Wagenhofer dokumentiert das, was er den modernen Goldraub nennt, in einer eindringlichen und klaren Bildsprache. Dieser einfache Blickwinkel ist die große Stärke des Films. In jenem selbst für interessierte Menschen nicht mehr zu überblickenden Gewimmel aus Offshoremarkets, Cross-Border-Leasings und Private Equity Fonds sind es nämlich die einfachen, man möchte fast sagen, die naiven Fragen, die Erhellendes zu Tage fördern. Wagenhofer erklärt die Welt in einem monumentalen Aufklärungsfilm. 49 GEOGRAFIE Plastic Planet (Dokumentarfilm, A 2009) FSK0. 99min. Regie: Werner Boote. Boote reist um die Welt, beobachtet und befragt Menschen bei ihrem Leben inmitten von Plastik: von Familien in ihren Häusern in Österreich und den USA bis hin zu solchen in einfachsten Hütten in Kalkutta. Er führt Interviews mit Sprechern der Kunststoffindustrie und mit Wissenschaftlern, die über die gesundheitlichen Gefahren von Zusatzstoffen, insbesondere Weichmachern, sprechen. Boote stellt dar, wie allgegenwärtig Plastik in all seinen Formen geworden ist und wie Kunststoffabfälle bis in die entlegensten Gebiete der Erde verteilt werden. Exemplarisch zeigt er das anhand der Verschmutzung der Wüste in Marokko und dem Plastikmüll im Pazifik, wo die Partikel zerfallender Plastikabfälle von Meereslebewesen für Plankton gehalten und gefressen werden, was zu ihrem Tod führen kann. Spannend und unterhaltsam ist die Reise um den Globus auf den Spuren der Belastung durch Plastik, auf die Regisseur Werner Boote den Zuschauer mitnimmt. Bei aller Emotionalität mit gleichzeitig großer Sachlichkeit und ohne Aggressivität lenkt Boote unseren Fokus auf eine Welt, die gegenwärtig ohne Kunststoffe nicht auskommen kann, daher aber bereits mit Problemen und Gefahren vor allem für die Gesundheit der Menschen und der Tierwelt auskommen muss. dieses Bewusstsein schaffenden und überaus wichtigen Dokumentes. Population Boom (Dokumentarfilm, A 2013) FSK0. 91min. Regie: Werner Boote. Bekanntes Horrorszenario: 7 Milliarden Menschen auf der Erde. Schwindende Ressourcen, giftige Müllberge, Hunger und Klimawandel. Eine Folge der Überbevölkerung? Wer behauptet eigentlich, dass die Welt übervölkert ist? Und wer von uns ist zuviel? Nach dem großen Kinoerfolg von Plastic Planet bereist der neugierige Dokumentarist Werner Boote unseren Planeten und untersucht für Population Boom ein jahrzehntelang festgefahrenes Weltbild. Für ihn stellt sich jedoch eine völlig andere Frage: Wer oder was treibt dieses Katastrophenszenario an? 50 GEOGRAFIE Slumdog Millionär (Spielfilm, GB 2008) FSK12. 120min. Regie: Danny Boyle. Mit: Dev Patel, Madhur Mittal, Freida Pinto. Mumbai 2006. Der 18-jährige Laufbursche Jamal Malik beantwortet in der Sendung Wer wird Millionär? eine Frage nach der anderen richtig. Weil sich der Moderator nicht vorstellen kann, dass ein im Slum aufgewachsenes ehemaliges Straßenkind so viel weiß, hält er Jamal für einen Betrüger und übergibt ihn vor der Endrunde der Polizei. Die foltert Jamal, aber statt einen Betrug zu gestehen, erzählt er zu jeder der bisher beantworteten Fragen ein Erlebnis und erklärt dadurch, wieso er die Antworten wusste. Die Verfilmung des Romans Rupien! Rupien!, besticht durch genialen Aufbau und beeindruckende Optik. Herzzerreißend und erheiternd zugleich bietet der Film ein heiteres Lied auf das Leben. The Social Network (Filmbiografie, US 2010) FSK12. 120min. Regie: David Fincher. Mit: Jesse Eisenberg, Andrew Garfield, Justin Timberlake. Im Jahr 2003 wird der begabte, aber sozial eher inkompetente Harvard-Student Mark Zuckerberg von seiner Freundin Erica verlassen. Als er bei einer spontanen Racheaktion den Server der Universität crasht, werden die Brüder Cameron und Tyler Winklevoss auf ihn aufmerksam – sie brauchen einen begabten Programmierer für ihr uniinternes Datingportal. Mark nimmt an, aber schon bald reift in ihm die Idee, den Einfall der Brüder für sich zu verwenden und mit seinem Freund Savrin ein eigenes, ähnlich gelagertes, aber weiter entwickeltes Projekt daraus zu machen. Tatsächlich schafft er es, das Netzwerk noch vor dem der Brüder unter dem Namen The Facebook an den Start zu bringen - und damit einen sensationellen Erfolg zu entwickeln. Ein großartiges Drehbuch, das um nichts schlechter umgesetzt wurde und herausragende schauspielerische Leistung macht The Social Network zu einem bemerkenswerten und ehrgeizigen Beispiel modernen Filmschaffens. 51 GEOGRAFIE We Feed the World (Dokumentarfilm, A 2005) FSK6. 96min. Regie: Erwin Wagenhofer. Tag für Tag wird in Wien genau so viel Brot vernichtet wie Graz verbraucht. Auf rund 350.000 Hektar, vor allem in Lateinamerika, werden Sojabohnen für die österreichische Viehwirtschaft angebaut, daneben hungert ein Viertel der einheimischen Bevölkerung. Jede Europäerin und jeder Europäer essen jährlich zehn Kilogramm künstlich bewässertes Treibhausgemüse aus Südspanien, wo deswegen die Wasserreserven knapp werden. Mit We Feed the World hat sich Erwin Wagenhofer auf die Spur unserer Lebensmttel gemacht. Sie hat ihn nach Frankreich, Spanien, Rumänien, Brasilien und zurück nach Österreich geführt. Roter Faden ist ein Interview mit Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Auf erschreckende Weise wird hier gezeigt, wie der Gedanke von der Profitmaximierung jeden Skrupel und jeden Funken Menschlichkeit über Bord wirft. Diese Dokumentation sollte Pflichtprogramm für jeden Verbraucher sein! Workingman's Death (Dokumentarfilm, A 2005) FSK16. 122min. Regie: Michael Glawogger. In fünf Kapiteln erzählt Michael Glawogger in spektakulären Bildern vom täglichen Kampf von Menschen mit und um ihre Arbeit – von Kohleminen in der Ukraine bis zum Schwefelabbau in Indonesien, vom gigantischen Schlachthof in Nigeria bis zur Schiffsausschlachtung in Pakistan werden extreme Arbeitsbedingungen in allen Ecken der Welt unter die Lupe genommen. Glawogger geht bei seinem Film den einzig möglichen Weg, um solche extremen Szenen glaubhaft und korrekt zu zeigen; er dokumentiert sachlich, ohne Wertung, vollständig und trotzdem auf das Wesentliche reduziert. Ebenso beeindruckend und filmisch brillant wie brisant und aktuell. 52 MUSIK Amadeus (Filmbiografie, US 1984) FSK12. 160min. Regie: Milos Forman. Mit: Tom Hulce, F. Murray Abraham. Antonio Salieri zürnt Gott: Wieso gab dieser ihm das brennende Verlangen, Gott durch herrliche Musik zu preisen, wenn er ihm doch nicht mehr als eine überdurchschnittliche Begabung zukommen ließ, gerade so viel, dass er das von seinen Zeitgenossen verkannte Genie Wolfgang Amadeus Mozarts zu erkennen vermag? Wieso machte Gott nicht ihn, sondern diesen infantilen, leichtfertigen, obszönen Flegel zum Genie? Salieri beschließt, sich Gott in den Weg zu stellen und Mozart zu vernichten. Um historische Wahrheit geht es in Amadeus nicht. Im Mittelpunkt des Dramas steht die Verzweiflung eines ehrgeizigen Menschen, der einen weniger würdigen Konkurrenten als überlegenes Genie erkennt. Der Film zieht den Zuschauer durch fulminante Bilder und eine furiose Dramaturgie in seinen Bann. A Hard Day's Night (Musikfilm, GB 1964) FSK6. 84min. Regie: Richard Lester. Mit: John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr. The Beatles fahren von Liverpool nach London, wo für den übernächsten Abend ein Fernsehauftritt geplant ist. Überall, wo sie auftauchen, lösen sie eine Massenhysterie aus und müssen zusehen, wie sie ihren kreischenden Fans entkommen. Eine Stunde vor dem Beginn der Live-Sendung bringt Pauls Großvater Ringo dazu, davonzulaufen. Das Fehlen des Schlagzeugers treibt den Regisseur in den Wahnsinn. Vom britischen Humor und von der nouvelle vague inspiriert, hat Richard Lester eine einfallsreiche, wegweisende Mischung aus Reportage und Konzertdokument, Selbstparodie, Slapstick und absurder Komödie kreiert. 53 MUSIK Bird (Filmbiografie, US 1988) FSK16. 161min. Regie: Clint Eastwood. Mit: Forest Whitaker. 1954, ein halbes Jahr vor seinem Tod, ist der 34-jährige Saxophonist Charlie "Bird" Parker aufgrund seines Alkohol- und Drogenmissbrauchs ein menschliches Wrack. In Rückblenden werden Episoden aus dem Leben des legendären Jazzmusikers geschildert. Trotz aller exakt recherchierten Fakten keine reine Künstlerbiografie, sondern mit konsequenten Stilmitteln gestaltete assoziative Annäherung an Leben und Mythos Parkers; geprägt von Respekt und Zuneigung für den Menschen und seine Musik, die in brillanter Tonqualität als Schlüssel zum Verständnis geboten wird. Burlesque (Musikfilm, US 2010) FSK6. 118min. Regie: Steven Antin. Mit: Cher, Christina Aguilera. Ali Rose ist eine Kleinstadtkellnerin mit einer besonders starken Stimme. Um ihrer Armut zu entkommen, kündigt sie ihren Job und geht nach Los Angeles. Als sie zufälligerweise auf die Burlesque-Lounge, ein majestätisches, aber marodes Theater, stößt, findet sie dank Barkeeper Jack zunächst einen Job als Kellnerin. Ihr Wunsch, auf der Bühne zu stehen, stößt bei der Inhaberin Tess zunächst aber auf Ablehnung. Nach und nach gelingt es ihr jedoch, Tess von sich zu überzeugen. Musikstaraufgebot in einem Film über Musik, den Aufstieg zum Star und natürlich die Liebe. 54 MUSIK Comedian Harmonists (Spielfilm, A/D 1997) FSK6. 126min. Regie: Joseph Vilsmaier. Mit: Ben Becker, Heino Ferch, Katja Riemann. 1927 faßt der 20jährige Berliner Schauspielschüler Harry den Entschluß, eine deutsche Gesangsgruppe nach dem Vorbild der gefeierten amerikanischen A-CapellaFormation The Revellers zu gründen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist der erste Auftritt der Band ein voller Erfolg. Eine Deutschland-Tournee folgt, und schon bald sind die Comedian Harmonists in aller Munde. Doch der ungeheure Erfolg macht die jungen Männer blind für die sich verändernde politische Situation. Hitlers Aufstieg zur Macht will keiner der Sechs ernstnehmen, obwohl drei Mitglieder der Truppe Juden sind. Joseph Vilsmaier zeichnet die Charaktere der Comedian Harmonists außerordentlich präzise nach. In dichten Bildfolgen vermittelt er die Atmosphäre jener Zeit und bezieht Stellung zur damaligen politischen Situation. Mit Comedian Harmonists ein weitgehend unterhaltsamer Film gelungen, der nicht vor scheinbarer Problembewältigung und angeblicher Vergangenheitsbewältigung trieft und doch die Tragödie einzelner Künstler vor dem Hintergrund der Tragödie eines ganzen Volkes ungeschönt und deutlich zum Ausdruck bringt. Der Teufelsgeiger (Filmbiografie, D/A/I 2013) FSK6. 122min. Regie: Bernard Rose. Mit: David Garrett, Veronica Ferres. Im Jahre 1830 ist der berühmt-berüchtigte und gefeierte Geiger Niccolò Paganini auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Doch nicht nur seine Kunst auf der Violine ist beeindruckend, auch mit seinem Privatleben sorgt Paganini für Wirbel: Die Gerüchteküche um seine Liebschaften is am kochen, um den Virtuosen ranken sich Geheimnisse und Skandale. Sein Manager Urbani heizt die wilden Spekulationen noch zusätzlich an, da das Gerede bei der Vermarktung seines Klienten hilft. Nur in London ist man nicht begeistert von Paganini. Um das zu ändern und seinen ersten Auftritt in der Metropole zu forcieren, riskieren der britische Impresario John Watson und seine Geliebte Elisabeth Wells ihren gesamten Besitz. Als der Musiker in London eintrifft, heftet sich die enthusiastische Journalistin Ethel Langham an seine Fersen, um möglichst hautnah über ihn zu berichten. 55 MUSIK Starviolinist David Garrett verkörpert die legendäre Figur Paganinis in Bernard Roses temperamentvoller Mischung aus Filmbiografie und Liebesgeschichte, die die dunklen Seiten des Meisters nicht ausspart und einen in sich zerrissenen Mann im Spiegel seiner Zeit porträtiert. Der gelungene Kniff, Paganini als unangepassten ersten Rockstar der Musikgeschichte darzustellen, eröffnet Parallelen zur Gegenwart. Dirty Dancing (Spielfilm, US 1987) FSK12. 96min. Regie: Emile Ardolino. Mit: Patrick Swayze, Jennifer Grey. Die 17-jährige Frances Houseman, genannt „Baby“, verbringt im Sommer 1963 die Ferien mit ihren der oberen Mittelschicht angehörenden Eltern und ihrer Schwester in einem Ferienresort in den Catskill Mountains. Dort lernt sie den aus der Unterschicht stammenden Tanzlehrer Johnny Castle kennen. Als sie eines Abends unerlaubterweise auf eine Party der Hotelangestellten geht, kommen sich Baby und Johnny näher. Eine klassische Story über Liebe, die nicht sein darf und das Entdecken seiner selbst durch Ausdruck im Tanz. Perfekter Soundtrack und bezaubernde Darsteller. Falco – Verdammt, wir leben noch! (Filmbiografie, A 2008) FSK12. 109min. Regie: Thomas Roth. Mit: Manuel Rubey, Nicholas Ofczarek. Bereits in jungen Jahren gilt der Hans Hölzel als musikalisches Wunderkind, dessen einziger Traum es ist, Popstar zu werden. Nach der Scheidung der Eltern konzentriert sich Mutter Maria voll und ganz auf ihren begabten Sohn. Seine ersten Bühnenerfahrungen sammelt Hölzel als Background-Sänger der Bands Drahdiwaberl und Hallucination Company. Schließlich bekommt Hans die Chance, einen eigenen Song zu präsentieren. Hierfür erfindet er eine exzentrische Bühnenpersönlicheit, für die er den Namen Falco wählt. Die unterhaltsame Filmbiografie widmet sich in knackigen Bildern dem Leben des berühmtesten österreichischen Popstars. 56 MUSIK Grease (Musikfilm, US 1978) FSK6. 110min. Regie: Randal Kleiser. Mit: John Travolta, Olivia NewtonJohn. Sandy und Danny lernen sich im Urlaub kennen und lieben. Der zufall bringt Sandy im darauffolgenden Herbst genau an Dannys Highschool. Doch in der Schule ist Danny ein Draufgänger und Anführer der T-Birds, der nie ein Mädchen lieben könnte. Enttäuscht schließt sich Sandy den Pink Ladies an, doch ihr prüdes Auftreten kommt in der Mädchengruppe nicht gut an. Sie beschließt ihr Image zu ändern und Danny zu zeigen, was ihm entgeht. Die Verfilmung des erfolgreichen Broadway-Musicals bietet ein buntes NostalgieSpektakel, das mit heute zu Klassikern gewordenen Songs in filmisch mitreißender Inszenierung gespickt ist. Hair (Musikfilm, US 1979) FSK6. 121min. Regie: Milos Forman. Mit: Treat Williams, John Savage, Beverly D‘Angelo. Der aus Oklahoma stammende Farmersohn Claude Hooper Bukowski muss sich bei der Army melden und rechnet damit, in den Vietnam-Krieg geschickt zu werden. Vorher will er sich noch zwei Tage lang New York ansehen. Dabei freundet er sich im Central Park mit einer Hippie-Gruppe an und verliebt sich in die Millionärstochter Sheila Franklin. Berger, der Wortführer der Hippies, bringt die beiden zusammen. Aber das Glück ist nicht von langer Dauer, denn Claude muss in die Kaserne. Filmmusical voller Vitalität, musikalischem Temperament und temporeicher Spannung. Es werden unterhaltsam und überzeugend Werte wie Freundschaft, Großzügigkeit und Geborgenheit in der Gruppe im Zusammenhang von nicht nur sexueller Freizügigkeit und Anti-Vietnamkriegsbewegung gezeigt. 57 MUSIK Imagine: John Lennon (Dokumentar. Filmbiografie, GB 1988) FSK12. 106min. Regie: Andrew Solt. Dieser Film zeichnet ein spannendes Porträt über einen der kreativsten Köpfe der Musikindustrie des 20. Jahrhunderts. Er entstand aus über 200 Stunden Filmmaterial aus dem privaten Archiv John Lennons. Bilder, die die Öffentlichkeit nie gesehen hat, zeigen das Phänomen John Lennon wie er wirklich war: seine Kindheit, die Anfänge seiner Musik, die Beatles. John als Vater und als verliebter und liebender Ehemann von Yoko Ono – und seinen Tod. Zu hören sind 36 Songs von den Beatles und John Lennon. Die Dokumentation, in der verstorbene Musiker aufgrund des persönlichen Materials selbst als Erzähler auftritt, zeigt ein besonders vielfältiges Bild Lennons. La Bohème (Opernverfilmung, A/D 2008) FSK00. 115min. Regie: Robert Dornhelm. Mit: Anna Netrebko, Rolando Villazón. Paris Ende des 19. Jahrhunderts. Der Poet Rodolfo lernt am Weihnachtsabend in der ungeheizten Mansarde, die er mit drei Künstlerkollegen bewohnt, die Nachbarin Mimì kennen, als diese ihn um Feuer für ihre erloschene Kerze bittet. Sie verlieben sich. Es folgt ein Auf und Ab der Beziehung, denn Rodolfo sieht sich nicht in der Lage, für die durch Tuberkulose gesundheitlich angeschlagene Mimì zu sorgen. Historisierende Verfilmung von Puccinis Meisterwerk, die ein wundervolles KinoOpernerlebnis bietet. Bestechend vor allem durch die herausragenden Bühnenlieblinge Anna Netrebko und Rolando Villazón. 58 MUSIK Les Misérables (Musikfilm/ Literaturverfilmung, GB 2012) FSK12. 158min. Regie: Tom Hopper. Mit: Russell Crowe, Hugh Jackman, Anne Hathaway. Jean Valjean wird von Inspektor Javert aus dem Zuchthaus entlassen, in dem er 19 Jahre verbüßte, weil er einst für seine Familie Brot gestohlen und einige Fluchtversuche unternommen hatte. Jahre später hat er sich eine neue Existenz als Bürgermeister einer Stadt aufgebaut. Als die junge Fantine in seinem Beisein im Krankenhaus stirbt und er von Javert wiedererkannt wird, flieht er. Auf der Flucht nimmt er Fantines Tochter Cosette zu sich, und begibt sich mit ihr nach Paris. Neueste in einer lange Reihe von Verfilmungen des auf dem Roman von Victor Hugo basierenden gleichnamigen Musicals von Alain Boublil und Claude-Michel Schönberg, an dem letztere auch mitarbeiteten. Ein Blockbuser mit Emotionen als Spezialeffekte – Explosionen der Trauer, Feuerwerke von Romantik und verheerende Feuersbrünste von gebrochenen Herzen. Anne Hathaway ist mit ihrer Darbietung der definitive Star dieser Verfilmung. Beyond the Sea – Musik war sein Leben (Filmbiografie, GB/D 2004) FSK0. 118min. Regie: Kevin Spacey. Mit: Kevin Spacey, Kate Bosworth, John Goodman. Der Film erzählt die Geschichte des Sängers, Entertainers und Schauspielers Bobby Darin. Geboren wird er als Walden Robert Cassotto, dem im Alter von sieben Jahren ein kurzes Leben vorausgesagt wird, da er an einer schweren Herzkrankheit leidet. Mit der Aussicht, das 15. Lebensjahr wahrscheinlich nicht zu überschreiten, beschließt Cassotto, das Beste aus seinem Leben zu machen. Die Prognose der Ärzte stellt sich als falsch heraus und der junge Erwachsene beschließt, die Musik zu seinem Beruf zu machen. 1958 wird er mit seinem Gute-Laune-Song Splish Splash international bekannt. Er singt Mack the Knife und verwandelt das französische Lied La Mer zum Klassiker Beyond the Sea. Bei einem Filmprojekt verliebt er sich in die Schauspielerin Sandra Dee. Die beiden heiraten gegen den Willen von Dees Mutter. Doch als es mit Darins Ruhm zu Ende geht, kommt es auch zu Konflikten in der Partnerschaft. 59 MUSIK Grandiose Selbstinszenierung Kevin Spaceys, die der realen Vorlage Bobby Darins um nichts nachsteht. Ray (Filmbiografie, US 2004) FSK12. 152min. Regie: Taylor Hackford. Mit: Jamie Foxx, Kerry Washington. Ray Charles Robinson wächst in ärmlichen Verhältnissen bei seiner Mutter in Florida auf. Im Alter von fünf Jahren sieht er erstarrt zu, wie sein jüngerer Bruder in einen Waschzuber stürzt und ertrinkt. Kurz darauf erblindet er. Einem blinden Afroamerikaner würde kaum jemand eine Chance einräumen, aber 1948 fährt er mit 18 nach Seattle und beginnt eine Karriere als Pianist und Sänger. Mit einer gewagten Mischung aus Gospel und Rhythm 'n' Blues schafft er den Durchbruch und wird zur Musiklegende. Diese Filmbiografie von Ray Charles ist kein geschöntes, glamouröses Porträt. Und wenn man Jamie Foxx mit breitem Grinsen und schwankendem Oberkörper am Klavier sitzen sieht, glaubt man tatsächlich Ray Charles zu sehen. Walk the Line (Filmbiografie, US/D 2005) FSK6. 136min. Regie: James Mangold. Mit: Joaquín Phoenix, Reese Witherspoon. Walk the Line erzählt von Johnny Cashs Lebens- und Erfolgsgeschichte und der Liebe zu seiner zweiten Frau June Carter Cash. Es war das Jahr 1955, als ein unscheinbarer Gitarrenspieler, der sich selbst J.R. Cash nannte, in das bald schon sehr berühmte Sun Studio in Memphis marschierte. Der Moment sollte die amerikanische Kultur nachhaltig beinflussen, denn mit seiner dunklen Stimme sang er intensive und aus dem Leben gegriffene Songs, wie man sie zuvor noch nicht gehört hatte. Es begann eine Karriere, die den Wegbereiter war für Rock, Country, Punk, Folk und Rap. James Mangold und Gill Dennis (Drehbuch) porträtieren den berühmten CountrySänger Johnny Cash als Menschen. Die beiden Hauptdarsteller JoaquÍn Phoenix und Reese Witherspoon singen selbst und machen durch ihre Rolleninterpretation Walk 60 MUSIK the Line zu etwas Besonderem und Authentischem. Ein beklemmend schöner Film über die schwarze Seite des Glücks. Searching for Sugar Man (Dokumentarfilm, S/GB 2012) FSK0. 86min. Regie: Malik Bendjelloul. Der Film zeigt die Suche der beiden Südafrikaner Stephen „Sugar“ Segerman und Craig Bartholomew Strydom nach dem amerikanischen Musiker Sixto Rodriguez. Dieser hatte 1970 und 1971 zwei Platten veröffentlicht, die in den Vereinigten Staaten völlig erfolglos waren, in den 1970er Jahren in Südafrika aber außerordentlich populär wurden. Aufgrund der damaligen Apartheid-Politik war das Land international isoliert, so dass es nicht möglich war, Informationen über den Künstler zu bekommen. Infolgedessen kam es mit der Zeit zu Legendenbildungen, beispielsweise, dass dieser sich auf offener Bühne erschossen habe. Rodriguez selbst erfuhr nichts von seinem Ruhm und Erfolg, da die Plattenfirma, die ihren Vertrag 1971 mit ihm gekündigt hatte, ihm dies verschwieg. Die unglaubliche und märchengleiche Geschichte eines Stars, der keiner sein sollte, eines genialen Musikers, dessen Zeit noch nicht gekommen war. Regisseur Malik Bendjelloul porträtiert in seiner filmischen Reise die stille Seite des Ruhms und eine faszinierende Persönlichkeit. Immer mit dabei sind die Songs von Rodriguez, die es wert sind, endlich gehört zu werden. Der Pianist (Literaturverfilmung, F/GB/D 2002) FSK12. 150min. Regie: Roman Polanski. Mit: Adrien Brody, Thomas Kretschmann. 1940 sperren die Deutschen den polnischen Pianisten Wladyslaw Szpilman zusammen mit 445 000 anderen Juden in das Warschauer Ghetto. Während seine Familienangehörigen 1942 in ein Vernichtungslager gebracht werden, rettet ihm ein Kollaborateur im letzten Augenblick das Leben, und ausgerechnet ein deutscher Offizier bewahrt ihn Ende 1944 vor dem Verhungern. 61 MUSIK Bei Der Pianist von Roman Polanski handelt es sich um eine realistisch-nüchterne, erschütternde Verfilmung der Autobiografie des polnischen Pianisten Wladyslaw Szpilman. 62 PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE 2001: Odyssee im Weltraum (Science-Fiction, GB/US/F 1968) FSK12. 141min. Regie: Stanley Kubrick. Mit: Keir Dullea, Gary Lockwood. Ein mysteriöser, schwarzer Monolith vermutlich außerirdischer Abstammung beeinflusst in der Urzeit die Evolution und Entstehung der Menschheit. Jahrtausende später wird der Monolith von Wissenschaftlern auf dem Mond entdeckt. Er lockt ein Raumschiff Richtung Jupiter. Doch die Mission endet nach einem Computerzusammenbruch in einer Katastrophe. Der einzige Überlebende muss sich dem Monolithen stellen. Kubricks fantastisches Abenteuer vereint technische Utopie und kulturphilosophische Spekulation zu einer Weltraumoper von überwältigendem Ausmaß. Der kühne gedankliche Entwurf des Films wird mit nicht minder imponierenden optischen Effekten und einer revolutionären Tricktechnik realisiert, die das Genre in den folgenden Jahren entscheidend prägten Being John Malkovich (Komödie, US 1999) FSK12. 108min. Regie: Spike Jonze. Mit: John Cusack, John Malkovich, Cameron Diaz. Der arbeitslose Puppenspieler Craig Schwartz entdeckt durch Zufall einen Tunnel, durch man sich in John Malkovichs Kopf katapultieren kann. Seine Ehefrau probiert es ebenfalls aus, und beginnt im Körper des berühmten Schauspielers eine Liebesaffäre mit Craigs Kollegin Maxine – bis es dem Puppenspieler gelingt, John Malkovich wie eine Marionette zu bewegen und in dieser Verkleidung Maxine seine Liebe zu gestehen. Kluge, herausragende und schrullige Fantasie, die einzigartig, unvorhersehbar und mehr als ein wenig seltsam ist. Auf geniale Weise werden philosophische Fragen über Realität und Identität gestellt. John Cusack, Cameron Diaz und Catherine sehen anders als in jedem anderen ihrer Filme aus und bringen Energie, Wagemut sowie Begeisterung für das Ungewöhnliche auf. Das Talent des Regisseurs ermöglicht die hochgradig ungewöhnliche Handlung so zu handhaben, als ob es dabei um völlig normale Situationen ginge. 63 PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE Die Zwölf Geschworenen (Spielfilm, US 1957) FSK12. 96min. Regie: Sidney Lumet. Mit: Henry Fonda, Lee J. Cobb. Ein junger Mann steht wegen Mordes vor Gericht. Für die Geschworenen, die sich zur Beratung zurückziehen, scheint das Urteil klar zu sein. Doch wider Erwarten stimmt einer von ihnen „nicht schuldig“. Zu sehen ist nichts anderes als die Diskussion der zwölf Geschworenen, die Gruppendynamik, die sich zwischen ihnen entwickelt. Mit sparsamsten Mitteln gelang es Sidney Lumet, einen außergewöhnlich spannenden Film zu gestalten. Fahrenheit 451 (Science-Fiction, GB 1966) FSK12. 112min. Regie: François Truffaut. Mit: Oskar Werner, Julie Christie. In einem totalitären Staat, in dem Bücher verboten sind, hat die Feuerwehr die Aufgabe, die letzten Exemplare aufzuspüren und zu verbrennen. Gefördert wird dagegen das staatlich kontrollierte Fernsehen. Guy Montag, einer der Feuerwehrmänner, beginnt durch die Begegnung mit einer unangepassten Lehrerin, am Sinn seiner Tätigkeit zu zweifeln und steckt bei den Einsätzen heimlich Bücher ein. François Truffaut verfilmte den Roman Fahrenheit 451 von Ray Bradbury fürs Kino. Es handelt sich um eine Hommage an die Literatur und ein Plädoyer für die Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen. Jud Süß – Film ohne Gewissen (Spielfilm, A/D 2010) FSK12. 114min. Regie: Oskar Roehler. Mit: Tobias Moretti, Martina Gedeck, Moritz Bleibtreu. Mehr schlecht als recht schlägt sich der gebürtige Wiener Ferdinand Marian im Jahr 1939 als Schauspieler durchs Leben. Seine Chance kommt, als ihm die Hauptrolle in einer Verfilmung von Jud Süß angeboten wird, auch wenn er aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung des Projekts zunächst zögert. Propagandaminister Goebbels lässt keinen Zweifel daran, dass Marian den Part 64 PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE spielen muss. Marian glaubt, die Situation unter Kontrolle zu haben: Seine Frau ist Jüdin. Doch das Spiel mit dem Feuer bleibt nicht ohne Folgen. Ein echter Roehler-Film über die Entwicklung des NS-Propagandafilmes mit einem grandiosen Schauspieler-Team, allen voran Tobias Moretti und Moritz Bleibtreu, perfidem Humor, deftigem Sarkasmus und emotionaler Dichte in den stillen, gefährlichen Szenen. Eine beklemmende, brillant gespielte Studie über die Verführbarkeit des Einzelnen in einer diktatorischen Gesellschaft. K-PAX (Spielfilm, GB/D/US 2001) FSK12. 120min. Regie: Iain Softley. Mit: Kevin Spacey, Jeff Bridges, Mary McCormack. Am Psychiatric Institute of Manhattan versucht Dr. Mark Powell, sich ein Bild von einem zwangsweise eingelieferten Patienten zu machen, der sich Prot nennt und behauptet, mit sechsfacher Lichtgeschwindigkeit von K-PAX, einem Planeten im Sternbild der Leier, gekommen zu sein. Mit seinen astronomischen Kenntnissen verblüfft Prot führende Astrophysiker. K-PAX, die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Gene Brewer durch Iain Softley, ist ein schön fotografierter, zwischen Science-Fiction und psychologischer Studie oszillierender, sanfter und ruhiger Film. Matrix (Science-Fiction, US 1999) FSK16. 131min. Regie: Andy und Larry Wachowski. Mit: Keanu Reeves, Lawrence Fishburne, Carrie-Anne Moss. Die mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Maschinen übernahmen die Weltherrschaft und versklavten die Menschheit. Die hat das alles seit Generationen vergessen, denn die Maschinen gaukeln ihr eine im Computer generierte Scheinwelt vor: die Matrix. Aufwendig gestalteter Science-Fiction-Film, der das aktuelle Misstrauen gegenüber der sichtbaren Welt und insbesondere den neuen Computertechniken artikuliert, wobei er sich zahlreicher mythologischer und religiöser Anspielungen bedient. 65 PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE Minority Report (Science-Fiction, US 2002) FSK12. 145min. Regie: Steven Spielberg. Mit: Tom Cruise, Colin Farrell, Max von Sydow. 2054 werden in Washington D. C. die Menschen lückenlos überwacht und potenzielle Verbrecher noch vor Ausübung ihrer Tat verhaftet. Der engagierte Polizist John Anderton hält das dafür verantwortliche Precrime-System für unfehlbar – bis er auf dem Computerbildschirm sieht, dass er in 36 Stunden einen ihm völlig Fremden ermorden wird. Die Verfilmung der Kurzgeschichte von Philip K. Dick setzt sich mit der Frage auseinander, ob man potenzielle Verbrecher bereits vor dem Vollzug der Tat dafür bestrafen darf. Deterministische Gesellschaftsvision, individuelles Schuld-und-SühneDrama und effektvolle Fluchtgeschichte. Technisch brillant und fesselnd im Konzept. Shutter Island (Psychothriller/ Literaturverfilmung, US 2010) FSK16. 138min. Regie: Martin Scorsese. Mit: Leonardo DiCaprio, Emily Mortimer, Ben Kingsley. 1954: U.S. Marshal Teddy Daniels wird mit seinem neuen Partner Chuck Aule nach Shutter Island beordert, wo sich die Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher befindet. Dort sollen sie klären, wie es einer psychisch gestörten mehrfachen Mörderin gelingen konnte, aus dem absolut fluchtsicheren Ashecliffe Hospital zu entkommen und spurlos zu verschwinden. In den düsteren Schattenzonen einer Klinik, die wie ein Spuk nicht nur von den schrecklichen Taten ihrer gerissenen Patienten, sondern auch den undurchschaubaren Absichten ihrer nicht minder raffinierten Ärzte heimgesucht wird, spürt Teddy, dass er gezwungen sein wird, sich seinen tiefsten und schrecklichsten Ängsten zu stellen, je weiter er mit seinen Ermittlungen vordringt. Und es wird ihm bewusst, dass er die Insel vielleicht nicht mehr lebend verlassen wird. Bei Scorsese führen die Dämonen der Filmgeschichte ein Doppelleben als Dämonen der historischen Wirklichkeit. Alles zu grausam um wahr zu sein oder so grausam wie die Wahrheit, die der Fiktion zuliebe geopfert wird. Als würde über die historische Wirklichkeit die Fiktion heilen, damit die Verletzung erst bei Scorsese doppelt wieder aufreißt. Nach dem gleichnamigen Literaturvorlage von Dennis Lehane. 66 PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE Solaris (Science-Fiction/ Literaturverfilmung, US 2002) FSK12. 99min. Regie: Steven Soderbergh. Mit: George Clooney, Natascha McElhone. Als der Psychologe Chris Kelvin auf der Raumstation Prometheus eintrifft, die zu Forschungszwecken um den fernen Planeten Solaris kreist, findet er zwei überlebende Besatzungsmitglieder vor, die völlig verstört sind. Plötzlich glaubt Chris, seine frühere Freundin Rheya wahrzunehmen. Aber das kann nicht sein, denn sie nahm sich vor einiger Zeit das Leben. Erste westliche Verfilmung des Genreklassikers von Stanislaw Lem. Eine bis auf die Essenz verdichtete Story, die vor allem von den Bildern, der Musik und der Montage lebt. Eine Reflexion über die Begegnung mit sich selbst, darüber, wie man noch am Rande des Universums doch immer sich selbst begegnet; schließlich nimmt man sich ja immer mit. A Beautiful Mind (Spielfilm/ Filmbiografie, US 2001) FSK12. 135min. Regie: Ron Howard. Mit: Russell Crowe, Jennifer Connelly, Ed Harris. Der Film beginnt mit Nashs Studienzeit in Princeton, wo er bereits den Ruf eines Mathematikgenies genießt, aber ein Außenseiterdasein führt. In dieser Zeit lernt er auch seine Frau am Lehrstuhl kennen. Seit seinem Studium hat er eine schizophrene Psychose, die ihn immer mehr in den Wahn führt, er entschlüssle in geheimem Auftrag der amerikanischen Regierung Codes sowjetischer Agenten. Schließlich folgt der Zusammenbruch, Nash wird in die geschlossene Psychiatrie eingeliefert. Als er wieder aus der Klinik nach Hause kommt, kümmert sich seine Frau um ihn, wird dabei aber selber an die Grenzen der Belastbarkeit geführt. Erst in den 1990er Jahren feiert er, von seiner Erkrankung weitgehend genesen, ein vielbeachtetes Comeback, das schließlich im Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 1994 gipfelt. Eine eine fulminante, großenteils authentische Biografie des Nobelpreisträgers John Forbes Nash Jr., eines genialen Mathematikers, der erfolgreich gegen seine schizophrenen Wahnvorstellungen ankämpfte. 67 PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE Black Swan (Psychothriller, US 2010) FSK16. 108min. Regie: Darren Aronofsky. Mit: Natalie Portman, Vincent Cassel, Mila Kunis. Die junge, aufstrebende Ballerina Nina bekommt die Doppelrolle ihres Lebens: In Schwanensee soll sie sowohl den unschuldigen weißen als auch den dämonischen schwarzen Schwan verkörpern. Während sie die perfekte Besetzung für den weißen Schwan ist, muss sie für den Gegenpart der Figur lernen loszulassen und die dunkle Seite in sich hervorbringen. Angetrieben von dem charismatischen Ballettdirektor Thomas Leroy versucht sie verzweifelt ihre Blockaden zu überwinden. Ninas Frustration wächst und sie stößt einen ebenso befreienden wie selbstzerstörerischen Prozess an, bei dem die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen. Aronofsky treibt alles auf die Spitze: die Horroreffekte und vor allem das Schmerzempfinden des Körpers, der auf Erfolg getrimmt war und nun zum Leidenskörper einer Selbstopferung wird. Gnadenlos und grandios nimmt er uns in die Körperempfindung hinein. Damit verbundene außerordentliche schauspielerische Leistung Natalie Portmans. Das Meer in mir (Spielfilm, E 2004) FSK12. 125min. Regie: Alejandro Amenábar. Mit: Javier Bardem, Belén Rueda, Lola Dueñas. Aufgrund eines Unfalls ist der Spanier Ramón Sampedro seit seinem 25. Lebensjahr vom Hals abwärts gelähmt. Er sehnt sich danach, aus dem Leben zu scheiden, aber allein ist er nicht in der Lage, sich umzubringen, und Sterbehilfe ist in Spanien gesetzlich verboten. Fast 30 Jahre nach seinem Unfall wagt die seit zwei Jahren mit Ramón befreundete Fabrikarbeiterin Rosa, ihm dabei zu helfen, Zyankali zu schlucken. Die Lebensgeschichte von Ramón Sampedro, der, durch einen Unfall vollständig gelähmt, jahrelang juristisch für das Recht kämpft, seinem Leben ein Ende setzen zu dürfen, was er schließlich mit Hilfe seiner Freundin auch tat. Ein Versuch, sich auf differenzierende Weise dem Thema der aktiven Sterbehilfe zu stellen. Herausragend ist die Leistung des Hauptdarstellers Javier Bardem, der sich aufgrund der dargestellten Querschnittslähmung nur seiner Mimik und Stimme bedienen darf. 68 PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE Das Schweigen der Lämmer (Thriller, US 1991) FSK16. 118min. Regie: Jonathan Demme. Mit: Anthony Hopkins, Jodie Foster. Um auf die Spur eines psychopathischen Serienmörders zu kommen, der korpulente junge Frauen häutet, wendet die unerfahrene FBI-Profilerin Clarice Starling sich an den genialen Psychiater Dr. Hannibal Lecter, der allerdings seit 8 Jahren in der speziell gesicherten Einzelzelle einer psychiatrischen Anstalt eingesperrt ist, weil er selbst einige Menschen bestialisch umgebracht und Teile ihrer Leichen verzehrt hatte. Eine perfekt inszenierte, grauenerregende Geschichte, die weniger auf blutige Effekte, als auf einer Atmosphäre bedrückender Angst aufgebaut ist. Im Mittelpunkt steht eine resolute Frau, deren Mut und Kraft einer extremistischen Männerwelt gegenübergestellt wird. Sehenswert sind insbesondere die Gespräche zwischen Clarice Starling und Dr. Hannibal Lecter. An den Nerven des Zuschauers zerrt nicht nur das Psychoduell der beiden, sondern auch der Gegensatz zwischen Lecters Bestialität und seiner feingeistigen Intelligenz. Der Fall Wilhelm Reich (Spielfilm, A 2012) FSK12. 110min. Regie: Antonin Svoboda. Mit: Klaus Maria Brandauer, Julia Jentsch. Wilhelm Reich ist einer von Deutschlands gefragtesten Wissenschaftlern und Psychologen. Doch die Ansichten des Österreichers kollidieren mit denen der Nazis und so muss er im Jahre 1939 in die USA fliehen, wo er hofft, seine Forschungsarbeiten fortsetzen zu können. Der Wissenschaftler beschäftigt sich intensiv mit der von ihm entwickelten Orgon-Therapie und konstruiert zudem noch den Cloudbuster, eine Maschine, die Regen produzieren soll. Doch sein Hauptaugenmerk legt Wilhelm Reih auf die ursprüngliche Energie des Lebens, von der er fasziniert ist. Der Querdenker Wilhelm Reich gehört zu den umstrittensten Psychoanalytikern. Reich, dessen Idee der Triebbefreiung die Generation der 68er beeinflusste, verfügt auch über 50 Jahre nach seinem Tod 1957 noch über eine treue Gefolgschaft, doch es gibt auch kritische Stimmen, die ihm eine größere Relevanz für die Wissenschaft absprechen. Vor allem sein Konzept der orgastischen Potenz in der Sexualforschung 69 PSYCHOLOGIE/ PHILOSOPHIE stieß auf harsche Ablehnung und wurde auch von Reichs Lehrer Sigmund Freud scharf kritisiert. Die Welle (Literaturverfilmung, D 2008) FSK6. 107min. Regie: Dennis Gansel. Mit: Jürgen Vogel, Frederick Lau. Gleich zu Beginn seines Kurses über Autokratie sieht sich der als locker bekannte und für seine progressiven Ansichten geschätzte Lehrer Rainer Wenger mit dem Einwurf seiner Schüler konfrontiert, ein faschistisches System habe in unserer aufgeklärten Zeit ohnehin keine Chance mehr. Um die Schüler vom Gegenteil zu überzeugen, startet Wenger ein mehrtägiges Experiment, Die Welle – mit frappierendem Erfolg. Binnen kürzester Zeit verändert sich Wengers ganze Klasse, und der Lehrer auch. Bis die Welle aus dem Ruder läuft. Neuverfilmung des auf einem tatsächlich durchgeführten Experiment basierenden Romans von Morton Rhue über die Manipulierbarkeit jedes einzelnen und die Macht von Gruppendynamik und Konformitätsdruck, bewusst modellhaft und beliebig dargestellt. Zeit des Erwachens (Spielfilm, US 1990) FSK12. 116min. Regie: Penny Marshall. Mit: Robert de Niro, Robin Williams, Julie Kavner. Der in den 1960er Jahren in New York City tätige Arzt Malcolm Sayer erforscht die Europäische Schlafkrankheit. Die seit Jahrzehnten darunter leidenden Patienten gelten als unheilbar. Sayer experimentiert mit einem Medikament, von dem er sich die Rückkehr der seit Jahrzehnten im komatösen Zustand befindlichen Patienten zum normalen Leben verspricht. Der erste Patient, an dem das Mittel ausprobiert wird, ist Leonard Lowe, der sich zu diesem Zeitpunkt schon seit 30 Jahren im Zustand des Komas befand. Lowe erlangt das Bewusstsein wieder, seine Rehabilitation beginnt. Auf tatsächlichen Ereignissen beruhender Film, der den medizinisch wie humanitär komplexen Fall Hollywood-tauglich inszeniert. 70 BIOLOGIE Am Anfang war das Feuer (Spielfilm, CDN/F/US 1981) FSK12. 100min. Regie: Jean-Jacques Annaud. Mit: Everett McGill, Ron Perlman. Erzählt werden die Erlebnisse einer kleinen Gruppe Neandertaler während der Steinzeit. Der Stamm der Ulam wird von einer Gruppe Homo erectus, den Wagabu, überfallen. Für die wenigen überlebenden Ulam ist es ein zusätzliches großes Unglück, dass ihnen nach dem Kampf das Feuer ausgeht, denn sie kennen die Technik nicht, ein neues Feuer zu entfachen. Ihnen droht der Tod durch Kälte und wilde Tiere, die nun nicht mehr durch das Feuer abgehalten werden. Daher werden die drei jungen Jäger Naoh, Amoukar und Gaw ausgesandt, um nach neuem Feuer zu suchen und es dem Stamm zu bringen. Der gesamte Film kommt ohne ein dem Zuschauer verständliches Wort aus. Die verwendete konstruierte Sprache der Steinzeitmenschen ist eine Erfindung des Schriftstellers Anthony Burgess. Der Verhaltensforscher Desmond Morris beriet die Schauspieler dabei, eine urtümlich wirkende Körpergestik an den Tag zu legen. Auch auf Glaubwürdigkeit wurde großer Wert gelegt. Ein handwerklich sorgfältig gestalteter Evolutions-Thriller, aufwendig, spannend und auch anregend. Darwin's Nightmare (Dokumentarfilm, F 2004) FSK12. 107min. Regie: Hubert Sauper. In den 60er Jahren wurde im Viktoriasee von Forschern ein Nilbarsch ausgesetzt. Was ursprünglich als Experiment gedacht war, verselbstständigte sich bald. Während der vergangenen Jahre hat das gefräßige Raubtier die über 400 verschiedenen Fischarten ausgerottet und ist zum weltweiten Fischfilet-Exportschlager geworden. Hubert Saupers aufrüttelnde, verstörende und zugleich spannende Dokumentation nimmt Ausgang bei dem wissenschaftlichen Experiment. In nüchternen Bildern deckt der in Tirol geborene Filmemacher politische Zusammenhänge auf und wurde dafür bereits 2004 unter anderem mit dem Europäischen Filmpreis für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet. 71 BIOLOGIE More than Honey (Dokumentarfilm, CH/D/A 2012) FSK0. 90min. Regie: Markus Imhoof. Eines der wichtigsten Naturwunder unserer Erde schwebt in höchster Gefahr: die Honigbiene. Das fleißigste aller Tiere, das verlässlich von Blüte zu Blüte fliegt, verschwindet langsam. Es ist ein mysteriöses Sterben, das weltweit mit Sorge beobachtet wird. Denn ein Leben ohne die Biene ist undenkbar. Sie ist die große Ernährerin der Menschen. Aber ihr wird heute Großes abverlangt: der weltweite Bedarf an Naturprodukten ruht auf ihren zierlichen Flügeln. Zwischen Pestiziden, Antibiotika, Monokulturen und dem Transport von Plantage zu Plantage scheinen die Königinnen und ihre Arbeiterinnen ihre Kräfte zu verlieren. More than Honey entführt uns in das faszinierende Universum der Biene. Regisseur Markus Imhoof verfolgt ihr Schicksal von der eigenen Familienimkerei bis hin zu industrialisierten Honigfarmen und Bienenzüchtern. Mit spektakulären Aufnahmen öffnet er dabei den Blick auf eine Welt jenseits von Blüte und Honig, die man nicht so schnell vergessen wird. 72 RELIGION Paradies: Glaube (Spielfilm, A 2012) FSK16. 114min. Regie: Ulrich Seidl. Mit: Maria Hofstätter. Die Röntgenassistentin Anna Maria hat ihr Leben dem Katholizismus verschrieben. In ihrem Haus hängen zahlreiche Kruzifixe und Heiligenbilder. Um die Sünden ihrer Mitmenschen zu sühnen, geißelt sie sich mit einer Lederpeitsche oder rutscht auf Knien betend über den Boden. Mit Gleichgesinnten versammelt sie sich in der Gebetsgruppe Legio Herz Jesu, deren höchstes Ziel es ist, Österreich wieder zum Katholizismus zu bekehren. Hofstätters bewundernswertes Spiel und Seidls makellose Inszenierung hindern den Zuschauer daran, die Figur der Anna zu verurteilen oder zu verabscheuen. Was es wirklich schwer macht, auch in diesem Film von Ulrich Seidl den Blick auf der Leinwand zu halten, ist vielmehr die unfassbar authentische Darstellung christlich verbrämter Selbstgerechtigkeit. Sieben Jahre in Tibet (Literaturverfilmung, US 1997) FSK12. 129min. Regie: Jean-Jacques Annaud. Mit: Brad Pitt, David Thewlis, B.D. Wong. Der österreichische Bergsteiger Heinrich Harrer fährt als Mitglied einer Expeditionsgruppe in den Himalaya, um dort den Berg Nanga Parbat zu besteigen. Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wird er von den Briten interniert. Harrer kann nach einer langen, schwierigen Flucht mit seinem Kollegen Peter Aufschnaiter nach Tibet entkommen. Er arbeitet dort an einer Karte der Hauptstadt, wird vom 14. Dalai Lama zu einer Audienz geladen und freundet sich mit ihm an. Auf Wunsch des jungen Dalai Lama bringt er ihm alles bei, was er über die Welt außerhalb Tibets weiß. Der Film ist angefüllt mit beeindruckenden Bildern und wunderbaren Augenblicken des Erlebens, der Sanftmut und warmherziger Spiritualität. Beruhend auf der Autobiografie Heinrich Harrers. 73 74 KINO BADEN (im Hotel Herzoghof, vis-à-vis Casino) Kaiser Franz Ring 10 2500 Baden Tel.: 0664 736 78 147 E-Mail: team@kinobaden.at Filmempfehlungen v.01, 2014 v. 01,Stand: Stand: Mai Mai 2014 Kino Baden FilmempFehlungen Kino Baden (im hotel herzoghoF, viS-à-viS caSino) KaiSer Franz ring 10 2500 Baden tel.: 0664 736 78 147 e-mail: team@KinoBaden.at Kino Baden FILMEmpfehlungen für den Schulunterricht Für den Schulunterricht