Ein wesentlich-gmbh Konzept - Wesentlich
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Ein wesentlich-gmbh Konzept - Wesentlich
1 Quadratmeter Heimat Beitrag von Lutz Kosack , Geschäftsführer der Wesentlich BGK GmbH & Co. KG kosack@wesentlich-gmbh.de Die Aufgabe für unser Büro war, ein einfaches, regionales Staudenkonzept zu entwerfen, das standortgerecht sein soll, ganzjährig schön und nachhaltig. Und so sieht unsere Umsetzung für die inhabergeführten Gartencenter aus. Die Pflanze im Mittelpunkt Bei der aktuellen Beschäftigung mit der Beziehung des Menschen zu der Pflanze fällt auf, dass verschiedene Fachbereiche die Pflanze von ganz unterschiedlicher Perspektive betrachten: Landwirtschaft Geobotanik Gartenbau urbane Grunraumplanung Alle haben die Pflanze im Mittelpunkt – aber eben ganz verschiedene Schwerpunkte und Herangehensweisen. Das wundert nicht, sind doch die Interessen hinsichtlich der Pflanze sehr unterschiedlich gelagert. Bedenklich ist allerdings, dass der Austausch dieser Interessensgruppe untereinander völlig ungenügend ist, teilweise sogar kontraproduktiv. Die Pflanze steht im Mittelpunkt, aber die Geschichte von Nutzern von Pflanzen ist allzu oft eine Geschichte von Missverständnissen und Vorurteilen. Was sind Neophyten? Als Beispiel sei die Diskussion hinsichtlich der Neophyten Problematik genannt. Der wissenschaftliche Artenschutz teilt nach den Kriterien der Zeit und des Raumes ein, welche Pflanzen in der freien Natur erwünscht und welche unerwünscht sind – „Gute“ und „Schlechte“ Arten werden definiert. Arten welche nach 1492 nach Mitteleuropa gekommen sind, sind unerwünschte Neophyten – heftig wird in diesen Kreisen so auch immer wieder diskutiert, ob solche Arten das Recht haben, in den Roten Listen gefährdeter Arten geführt zu werden. Die Kommunikation zu den Vertretern des Gartenbaus ist überwiegend marginar und oft mit Vorurteilen behaftet. Denn auch diese „Pflanzennutzer“ teilen die Pflanzenwelt in ihre Sicht von Gut und Böse ein – hier wird entschieden, ob eine Art ein Kraut oder Unkraut ist. So ist beispielsweise das Argentinische Eisenkraut (Verbena bonariensis) im Garten eine wertvolle, gerade in Mode kommende Wildstaude, in der freien Natur als potentieller Neophyt ungern gesehen. Das drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) erschreckt den Naturschützer und erfreut den Imker – und viele weitere Arten haben diesen Weg bereits längst vollzogen. Was gewünscht und ungewünscht ist, entscheidet der jeweilige Nutzer und der als Unkraut im Garten zu entfernende Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata) er- freut den Wildbotanikern in der freien Natur als Zeigerart und den Kräutersammler als Heilpflanze. Mit den sich einbürgernden Neophyten ist für viele Naturschützer der Garten im wirklichen Sinne zu einem „Tatort“ geworden. Vielmehr ist es das Ziel des Büros Wesentlich „Pflanzen“ und Menschen in einem positiven Kontext wieder zusammen zu bringen und auch das Verständnis der Nutzergruppen untereinander zu verbessern und durch integrative Konzepte zu fördern. 2013 ©Wesentlich-Büro für urbane PflanzKultur │ All rights reserved │ www.wesentlich-gmbh.de │ Gerade an diesem Punkt wurde auch an dem so erfolgreichen Projekt „Essbare Stadt Andernach“ angesetzt, welches von Mitarbeitern des Büros „Wesentlich“ umgesetzt wurde: Nutzpflanzen werden in öffentlichen Beeten ästhetisch umgesetzt und zum Ernten für Jedermann frei gegeben. Das Interessen für Nutzpflanzen wird geweckt und das Verständnis für Biodiversität sinnlich vermittelt. Es geht also auch anders. Die Kommunikation zwischen den urbanen Landschaftsarchitekten und der Landwirtschaft wurde massiv gefördert und „Interessensgruppen“ der Pflanze tauschten sich in einem konstruktiven Prozess aus. Bohnenstangen im öffentlichen Raum werden in einem neuen Kontext wahrgenommen und schmuck dargestellt. Das Begreifen der Sinnhaftigkeit ändert auch den Blick für Ästhetik – eine neue Beziehung zur Pflanze wird geschaffen. Heimische Pflanzen wieder wertschätzen Ästhetik ist nicht erklärbar und erst recht nicht einzufordern. Die Idee, mit heimischen Pflanzen die Gartenwelt zu gestalten ist nicht neu. Bereits in den 80er Jahren wurden Naturgärten propagiert – meist aber zu sehr dogmatisch unterlegt und mit erhobenen Zeigefinger demonstriert. Dies als Beispiel, um aufzuzeigen, was der Gedanke hinter der Aktion „1 m2 Heimat“ ist. Ziel ist vor allem die integrative und positive Kommunikation hinsichtlich der einheimischen Pflanzenwelt. Heimat und Garten Das Ziel der Aktion „1 m2 Heimat“ ist es die heimische Pflanze mit einer positiven Konnotation zu verbinden, also Lust auf Heimat zu machen. Wie in der „Essbaren Stadt“ heißt es dann nicht mehr wie so oft: diese Pflanze/Arten sterben aus, weil…, sondern sie sind schön, spannend, bunt und lebendig, ja gar sogar lecker kann Biodiversität sein. So kann Gartengestaltung auch wieder wirklich als urbane Pflanz-„Kultur“ umgesetzt werden. Die Bedeutung von heimischen Arten in Privatgärten wissenschaftlich klar zu belegen und ein unstrittig wertvoller Beitrag zum Artenschutz. Doch was bedeutet in diesem Zusammenhang Heimat eigentlich? Ein Begriff, mit dem man sich aus historischen Gründen in Deutschland schwer tut und den der Naturschutz gerade wieder für sich zu entdecken versucht. Im Gartenkontext ist Heimat jederzeit präsent und erfahrbar. Von alters her war der Garten eine Form der Zähmung der Natur. Der Begriff Garten leitet sich etymologisch von Gerte ab. Gemeint sind Weiden-, Haselnussruten oder andere, die früher – ineinander verflochten – den Garten umfriedeten, also in abgrenzten, eben von der Wildnis. Die heute im Naturschutz als so hochwertig eingestufte Wildnis, war eben für den Menschen jahrhundertelang genau die große Bedrohung und Gefahr. Der Garten wiederum stellte den Rückzugsort dar, einen Platz, wo man die Dinge im Griff hat, die Natur sich zum Freund macht und mit ihr gemeinsam gestaltet, eben ein Platz wo Natur und Mensch sich versöhnen. Heimat ist eben das Vertraute, das Beständige, mit dem der Mensch sich identifiziert und hierbei ist die heimische Natur ein zentrales Element. Insofern ist es das Ziel der hier vorgestellten Aktion gerade diese Heimat wieder in den Garten zu integrieren und zwar nicht als Gegenkonzept um die klassischen Zierpflanzen abzustufen, sondern um einen Themenbereich zu ergänzen – um die Arten, welche einem bei sonntäglichen Spaziergängen begeistern auch in dem Garten einen (kleinen) Raum zu geben. Und genau an diesem Punkt setzt auch das Konzept der Regionalisierung heimischer Stauden an. Der Gartenbesitzer soll das Erlebnis der Wiedererkennung von Arten haben und eine neue Beziehung zu diesen Arten gestalten, ganz nach dem Motto: man schützt nur, was man kennt. Insofern ist diese Aktion praktischer Naturschutz, Gartengestaltung und Okopädagogik in einem. 2013 ©Wesentlich-Büro für urbane PflanzKultur │ All rights reserved │ www.wesentlich-gmbh.de │ Diese Überlegungen können in drei Thesen zusammengefasst werden: 1. Die Aktion ist als praktischer Naturschutz zu werten – die Fläche aller Privatgärten in der BRD entspricht der Fläche aller Naturschutzgebiete und so auf ein enormes Flächenpotential abzielt. 2. Botanischer Naturschutz und Gartenbau arbeiten mit gegenseitigem Verständnis miteinander. 3. Fundierte und zugleich sympathische, heimische Stauden(-konzepte) werden regional dem Kunden angeboten. Umsetzung Konkret wird bei der Aktion „1 m2 Heimat“ in der ersten Phase ein vereinfachtes Regionalitätskonzept auf- gestellt, welches auch den Voraussetzungen inhabergeführter Gartencenter entgegenkommt. Hierfür werden 6 Regionen unterschieden (Abb. 1). Abbildung 1: Regionale Untergliederung Deutschlands Region 1: Nordwestdeutsches Tiefland Region 2: Nordostdeutsches Tiefland Region 3: Mitteldeutsche Flach- und Hügelland Region 4: SW-Dtl. Bergland u. westl. Mittelgebirge Region 5: Süddeutsches Berg- und Hügelland Region 6: Alpen, Alpenvorland, südöstl. Mittelgebirge Über den Zeitpunkt, ab wann eine Pflanze als heimisch anzusehen ist, lässt sich trefflich streiten – diese Fragestellung kommt einem auch aus anderen Lebensbereichen bekannt vor. An diesem Punkt werden in vorliegendem Konzept als heimisch alle Arten angesehen, welche nach 1800 sich in der freien Natur in Mitteleuropa etabliert haben. So wird von dem engen Neopyhten Konzept abgewichen und die Frühneochore (Etablierung bis 1800) in das Konzept mit integriert. 2013 ©Wesentlich-Büro für urbane PflanzKultur │ All rights reserved │ www.wesentlich-gmbh.de │ Als exemplarisches Beispiel sei in Abbildung 2 das Vorkommen der Gelben Skabiose (Scabiosa ochroleuca) demonstriert. Abbildung 2: Gelbe Skabiose als regionale Wildstaude Insofern werden für jede Region Leitarten zusammengestellt. In den Gartencenter sollen sowohl einzelne Stauden als heimische Stauden angeboten werden, erkenntlich gemacht und gezielt vermarktet werden. Im Zuge der Konzeptionierung der heimischen Stauden werden die Verbreitungskarten der heimischen Wildpflanzen mit obiger Regionalisierung und insbesondere folgenden Parametern abgestimmt: - Eignung für Gärten (Pflanzerfolg, Ästhetik, Ausdauer, Charakter der Art) Abstimmung des Konkurrenzverhaltens (CSR-Strategie) Fragen der Invasivität (BNatSchG § 40 im Bereich der Gärten) Verfügbarkeit der Stauden im (regionalen) Handel Hierbei wird aus einer eigens programmierten vegetationskundlichen Datenbank (Abb. 3) eine Vielzahl von Artinformationen ausgewertet und verschnitten (z.B. functional traits aus der Datenbank biolflor, Ellenberg- Zahlen, CSR-Konzept von Grime, pflanzensoziologische Flora von Oberdorfer etc.). Abbildung 3: Screenshot der Datenbank Vegdat Mit kurzen ethnobotanischen Informationen wird der Bezug des Kunden zu dieser heimischen Staude gestärkt. Zudem werden kleine Staudenmischungen aus regionalisierten Stauden zusammengestellt welche einen langen Blühzeitraum, Aspekte der Dominanz und des Standortes berücksichtigen. 2013 ©Wesentlich-Büro für urbane PflanzKultur │ All rights reserved │ www.wesentlich-gmbh.de │ Solche Staudenmischungen sind gerade für die Lebensbereiche FR 1-2 (sonniger, trockene Offenflächen) und GR 1-2 (halbschattige Gehölzrandbereiche) in Bearbeitung und beinhalten auch bewusst häufige und seltenere Arten der Regionen. Dies könnte beispielsweise für Region 5 und Lebensraum FR 1-2 bedeuten: Scilla bifolia, Geranium sanguineum, Aster amellus, Euphorbia verrucosa, Buphthalmum salicifolium, Veronica maritima,. Melica ciliata, Salvia verticillata und Campanula glomerata. Fazit Wesentliches Ziel der Aktion „1 m2 Heimat“ ist es, gerade den Erstkontakt mit dem Thema „Heimische Stauden“ zu unterstützen und zeitnah gezielt in inhabergeführten Gartencenter die Verfügbarkeit heimischer Stauden zu fördern. Unterstützt durch eine gezielt Fortbildung der Gartencenter ließe sich diese Aktion in den kommenden Jahren in vielfältige Richtungen ergänzen (regionale produziertes Pflanzmaterial, feiner differenzierte Regionalisierung, weitere Lebensbereiche). Weitere Informationen beim Autor, der das Konzept 1 Quadratmeter Heimat entwickelt hat. Lutz Kosack Geschäftsführer der Wesentlich BGK GmbH & Co. KG kosack@wesentlich-gmbh.de 2013 ©Wesentlich-Büro für urbane PflanzKultur │ All rights reserved │ www.wesentlich-gmbh.de │