Produktionscluster in Ostdeutschland
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Produktionscluster in Ostdeutschland
Stefan Krätke, Christoph Scheuplein Produktionscluster in Ostdeutschland: Methoden der Identifizierung und Analyse - Kurzfassung Eine Studie im Auftrag der Otto Brenner Stiftung Berlin, März 2001 Otto Brenner Stiftung Herausgeber: Otto Brenner Stiftung Heike Kauls Alte Jakobstraße 149 10969 Berlin Kontakt: Prof. Dr. Stefan Krätke Euorpa-Universität Viadrina Postfach 1786 15207 Frankfurt/Oder Tel. 030-25 39 60 10 Fax: 030-25 39 60 11 email:Heike.Kauls@igmetall.de 07071-29 74506 07071-29 2417 zieger@euv-frankfurt-o.de www.otto-brenner-stiftung.de www.viadrina.euv-frankfurt.o.de/~wisogeo/ Identifizierung und Analyse von Clustern Inhaltsverzeichnis -2- Seite: 1. Neue Wege der regionalen Strukturpolitik .................... 3 2. Wertschöpfungsketten .................................................. 5 3. Wie weit hilft die amtliche Statistik? .............................. 7 4. Rekonstruktion der regionalen Wertschöpfung ........... 11 5. Funktionsanalyse ........................................................ 13 6. Netzwerkanalyse ......................................................... 15 7. Darstellung der räumlichen Struktur ........................... 19 8. Nutzung in der Strukturpolitik ...................................... 20 Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern -3- 1. Neue Wege der regionalen Strukturpolitik Neuorientierung der Strukturpolitik Hinwendung zu regionalen Wertschöpfungszusammenhängen Problem: Cluster auswählen Cluster, Kompetenzzentren, regionale Innovationszentren – mit diesen Schlagworten kann man ein wesentliches Handlungsfeld der bundesdeutschen Strukturpolitik in den neunziger Jahre benennen. Es ergab sich durch die Veränderungen sowohl in der sektoralen wie der regionalen Strukturpolitik. Zum einen wurde in der sektoralen Dimension festgestellt, daß die Prosperität und Innovationskraft von Branchen häufig von regionalen Konzentrationen von Unternehmen und Institutionen ausgeht. Aus diesem Grund wurde die Förderung auf unternehmerische Netzwerke in Städten oder Regionen ausgerichtet. Zum anderen mußte in der Regionalpolitik konstatiert werden, daß die Regionalisierung von Fördermitteln und die Stärkung der Eigenkräfte der Region, wie sie seit den achtziger Jahren empfohlen worden war, Schwächen aufwies. Zwar wurde das Wissen der regionalen Akteure besser genutzt und die strukturpolitischen Hilfen konnten angemessener auf die örtlichen Probleme zugeschnitten werden. Letztlich blieben die Ansätze aber einer infrastrukturellen Angebotspolitik verhaftet. Auch wenn man jetzt weniger auf Neuansiedlung und stärker auf die Entwicklung des Unternehmensbestandes setzte, lösten diese Angebote keine regionale Eigendynamik aus. Erfolgreiche Beispiele gab es dort, wo die Infrastrukturen bestimmte Wertschöpfungszusammenhänge der Unternehmen unterstützten. Die konkreten regionalen Wertschöpfungszusammenhänge wurden damit zum entscheidenden Ansatzpunkt der Strukturpolitik. Das bekannteste Beispiel, bei dem auf die Bildung und Ausweitung von regionalen Netzwerken gesetzt wird, ist sicherlich der Innoregio-Wettbewerb in Ostdeutschland. Verschiedene Ansätze einer solchen Cluster-Politik, wie sie auch genannt werden kann, wurden inzwischen auch mit Unterstützung der IG Metall initiiert. Dazu zählen etwa das Projekt „Regionalwirtschaftliche Kooperation und arbeitsorientierte Strukturpolitik in Nordrhein-Westfalen“ und das „Aktionsprogramm Brandenburg“. Inzwischen sind verschiedene Modelle der Umsetzung dieses Politikansatzes entstanden. Hierbei geht es um dauerhafte Kooperationen regional ansässiger Unternehmen, um die Zusammenführung von privaten und öffentlichen Akteuren und um die Integration verschiedener Politikfeldert, etwa der Technologie- und Strukturpolitik. Weniger geklärt ist dagegen die vorgelagerte Phase der Auswahl von Clustern. Meistens besteht die Begründung eines Clusters aus einer Zusammenstellung von regionalen Unternehmen und Institutionen, zwischen denen man wirtschaftliche Beziehungen vermutet oder sich wünscht. Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern Effizienz und Legitimation sichern Vorschlag für ein Berichtssystem -4- Diese erfahrungsgeleitete Entscheidungsfindung kann sehr zügig und unkompliziert angewandt werden, sie weist jedoch einige Gefahren auf. So können sich beispielsweise die „Platzhirsche“ einer regionalen Ökonomie leicht die Aufmerksamkeit der wirtschaftspolitischen Akteure sichern, während neuartige und kleine, aber wachstumsintensive Produktfelder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Gleichzeitig orientieren sich die regionalen Entscheidungsträger häufig an denselben populären Trends, so daß sich Städte und Regionen gleich dutzendweise zu Kompetenzzentren für Biotechnologie, Umwelttechnik oder I&K-Technologien erklären. Dies belastet clusterbezogene Politikansätze mit Effizienz- und Legitimationsproblemen. Generell geht es bei der ClusterAuswahl um zwei miteinander verbundene Fragen: • Sind die wichtigen Wertschöpfungszusammenhänge einer Region bekannt? • Wie können Wertschöpfungszusammenhänge miteinander verglichen werden, so daß die Ansatzpunkte, Erfolgsaussichten und der Aufwand einer clusterorientierten Strukturpolitik abschätzbar werden? Für diese Aufgabe der Identifizierung und Analyse von Clustern soll hier ein Vorschlag unterbreitet werden. Erforderlich ist ein Berichtssystem, das eine einheitliche Datenbasis herstellt und Kriterien anbietet, die entscheiden helfen, ob und welche regionalpolitische Maßnahmen angemessen sein können. Dieses Instrumentarium sollte in der Lage sein, • Cluster sachlich und räumlich abzugrenzen, • die interne Verflechtung der Akteure aufzuzeigen und • einen Vergleich ermöglichen. (regionsintern oder überregional) Dies sollte regionalpolitisch arbeitende Institutionen in den Stand versetzten, sich bei einem vertretbaren Zeit- und Kostenaufwand einen Überblick über die regionalwirtschaftlichen Strukturen zu verschaffen. Von besonderer Relevanz ist dieser Ansatz in Ostdeutschland, wo nach 1989 die bestehenden Unternehmensbeziehungen aufgelöst und die Forschungsinfrastrukturen komplett neu geordnet wurden. Im Vergleich zu Westdeutschland muß davon ausgegangen werden, daß die Markt- und Unternehmensstrukturen noch immer wenig regional verdichtet sind und die Zahl und das Niveau der ostdeutschen Cluster deutlich unterentwickelt sind. Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern -5- 2. Wertschöpfungsketten Wie kann man regionale wirtschaftliche Verflechtungen – beispielsweise den Automobil- und Maschinenbau im Raum Stuttgart oder den Bankensektor in Frankfurt/Main – beschreiben? Einen guten analytischen Zugang bietet der Begriff der Wertschöpfungskette, der vor allem von Michael Porter entwickelt und im deutschen Sprachraum von Dieter Rehfeld für strukturpolitisch ausgerichtete Untersuchungen genutzt wurde. Eine Wertschöpfungskette beschreibt einen branchenübergreifenden Produktions-, Dienstleistungs- und Distributions-Zusammenhangs von Unternehmen. Eine vollständige Wertschöpfungskette umfaßt Elemente einer Wertschöpfungskette (1) den Bereich Produktions-Vorbereitung bzw. ProduktEntwicklung, wozu man u.a. Forschung und Entwicklung, Konstruktion, Design usw. rechnen kann, (2) den Bereich der Produktion/Leistungserstellung (und ihre Vorprodukte), wozu man (a) die Beschaffung von Maschinen, Werkzeugen, EDV-Anlagen, ferner Vorprodukte und Einbauteile, sowie die Beschaffung von Rohstoffen und Materialien, (b) die Produktion im engeren Sinne, d.h. Herstellung eines Produkts bzw. einer Produktgruppe (oder auch einer Dienstleistung) einschließlich der produktionsbezogenen technischen Dienste (z.B. Wartung und Reparatur) zählen kann, (3) den Bereich Vermarktung bzw. Distribution, wozu Marketing/Werbung, Vertrieb, Groß- und Einzelhandelsfunktionen für das betreffende Produkt gehören können. Die Wertschöpfungskette kann in ihren verschiedenen Elementen/Funktionen über eine Vielzahl von Unternehmen verteilt sein (d.h. auch ein mehr oder weniger komplexes Muster der zwischenbetrieblichen Arbeitsteilung aufweisen). Elemente einer branchenübergreifenden Wertschöpfungskette Produktions -Vorbereitung: Produkt- Entwicklung Test- und Prüfeinrichtungen Produktion / Leistungserstellung (und ihre Vorprodukte) Beschaffung Produktion i.e.S. Maschinenbau, Werkzeugbau, EDV-Anlagen Marketing Werbung PRODUKT Forschung und Entwicklung Konstruktion (Ingenieurbüros) Vermarktung (Distribution) oder Produktgruppe Vorprodukte, Einbauteile Vertrieb Großhandel Software Design Rohstoffe, Materialien Technische Dienste: Wartung und Reparatur Einzelhandel Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern Unterschiedliche Aggregationsniveaus Produktionscluster Ökonomische Verflechtung Kernkompetenzen -6- Die Festlegung der Anfangs- und Endpunkte einer Wertschöpfungskette ist fallbezogen zu treffen. Das höchste Aggregationsniveau stellen Versorgungsfunktionen dar, z.B. Mobilität. Auf der mittleren Ebene bieten sich Branchen im traditionellen Sinne von 2- oder 3-Stellern der Wirtschaftszweigsystematik an, z.B. die Automobilindustrie. Schließlich können auch einzelne Systeme oder Komponenten gewählt werden, z.B. Bremssysteme. Je niedriger das Aggregationsniveau ausfällt, desto detaillierter wird die Wertschöpfungskette zu skizzieren sein und desto präziser werden Unternehmen den Wertschöpfungskettenglieder zugeordnet werden können. Sofern relevante Funktionen einer Wertschöpfungskette in einer Region versammelt sind und die Akteure Austauschund Kommunikationsbeziehungen unterhalten, liegt ein Produktionscluster vor. (Von Produktionscluster wird hier gesprochen, um den Begriff von seiner Verwendung in der Mathematik und Chemie abzusetzten. Wie oben erwähnt sind jeweils sämtliche ökonomische Aktivitäten gemeint. Insbesondere viele der Dienstleistungen sind anfällig für räumliche Clusterung.) Wo die Schwellenwerte für die wirtschaftliche, institutionelle und geographische Verdichtung zu einem Produktionscluster liegen, hängt von der jeweiligen Wertschöpfungskette und dem gewählten Bezugsraum ab. Das Instrument der Wertschöpfungskette ist nun nicht als bloße Auflistung der Bearbeitungsstufen eines Produktes zu verstehen. Neben der Verdeutlichung der stofflich-technologischen Zusammenhänge ist es auch geeignet, die wirtschaftlichen Zusammenhänge anzuzeigen. Zuerst bedeutet dies, einen „Cluster-Kern“ zu identifizieren. Dieser wird etwa im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes im Bereich der Finalproduzenten, bei denen die Fäden der Zulieferer zusammenlaufen, sowie bei wichtigen Zulieferern und Vertriebsunternehmen liegen. Davon wäre ein „ClusterUmfeld“ mit eher nachgeordneten Kettengliedern zu unterscheiden. Dies kann z.B. Kettengliedern mit sehr beschränkten oder seltenen Kontakten zu den anderen Kettengliedern umfassen. Weitergehend kann an das betriebswirtschaftliche Konzept der Kernkompetenzen angeknüpft werden, das die strategischen Schlüsselakteure und Hierarchieverhältnisse einer Wertschöpfungskette beschreiben soll. Unter Kernkompetenzen versteht Gary Hamel, der diesen Begriff wesentlich geprägt hat, Fähigkeiten, mit denen sich Unternehmen entscheidende Wettbewerbsvorteile erarbeiten. Kernkompetenzen sind dabei nicht mit einzelnen Endprodukten oder Geschäftseinheiten gleichzusetzen, sondern verkörpern eine generalisierte Fertigkeit, mit deren Hilfe verschiedene Endprodukte hergestellt werden können. Kernkompetenzen sind nicht auf die Beherrschung von Technologien beschränkt, sie können auch in den Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern Eigenschaften einer Kernkompetenz -7- Technologien beschränkt, sie können auch in den Humanressourcen oder in der Unternehmensstruktur bzw. Unternehmensstrategie liegen. Um zum Kern zu gehören, sollte eine Kompetenz • ein Spektrum von Anwendungsmöglichkeiten eröffnen, • einen erheblichen Beitrag zum Wettbewerbsvorteil der Produkte leisten, • schwer imitierbar und substituierbar sein (aufgrund ihrer Exklusivität, dem zeitlichen oder sachlichen Aufwand ihrer Generierung, ihrer ursächlichen Unbestimmtheit). Eine darüber hinaus reichende Systematisierung erscheint angesichts der Vielzahl von unterschiedlichen Kernkompetenzen, die bereits in empirischen Studien identifiziert wurden, als wenig aussagekräftig. Einzigartigkeit einer Verknüpfung von Fähigkeiten Diese betriebsbezogene Betrachtung kann sehr sinnvoll auf Produktionscluster ausgedehnt werden, da sich ihre Wettbewerbsvorteile gerade durch die schwer imitierbaren und substituierbaren räumlichen Beziehungssysteme von Unternehmen konstituieren. Somit tritt noch die Dimension der zwischen- und überbetrieblichen Generierung von Kernkompetenzen hinzu. Generell ist bei einem funktionierenden Produktionscluster davon auszugehen, daß die spezifische Verknüpfung mehrerer (möglicherweise in vielen Gegenden anzutreffenden) Fähigkeiten den entscheidenden Vorteil ausmacht. Dabei kann die Kernkompetenz z.B. horizontal bei mehreren Unternehmen eines Wertschöpfungskettengliedes liegen. Zudem ist die Betrachtung über den Unternehmenssektor hinaus zu öffnen, da die Kompetenz auch in der Verknüpfung zu öffentlichen Institutionen liegen kann. 3. Wie weit hilft die amtliche Statistik? Produktionscluster in der amtlichen Statistik? Bekanntlich werden in traditionellen Branchenuntersuchungen die sektoralen Zusammenhänge abgebildet, in dem eine bestimmte Gliederungsebene der amtlichen Wirtschaftszweigsystematik (z.B. die Wirtschaftsabteilungen des Verarbeitenden Gewerbes) für eine bestimmte Raumkategorie (z.B. Kreise) dargestellt werden. Dagegen können die funktionalen Beziehungen von Produktionsclustern der amtlichen Statistik nicht unmittelbar entnommen werden. Dennoch bleibt die amtliche Klassifikation der Wirtschaftszweige eine der wesentlichen Datengrundlagen. Aus diesem Grund sollen hier kurz die Ordnungsprinzipien der amtlichen Statistik in Erinnerung gerufen und aufgezeigt werden, inwiefern mit ihr einige für Cluster wesentliche Funktionalbeziehungen abgebildet werden können. Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern Systematik der Wirtschaftszweige „Abschnitte“ -8- In der aktuellen Wirtschaftszweigsystematik (WZ 93) der amtlichen Statistik werden alle Ebenen der Wirtschaftszweigklassifikation nach den charakteristischen Waren und Dienstleistungen sortiert. Dabei stützt sich die Einteilung im wesentlichen auf eine Güterklassifikation. Zugleich ist jedoch die Tätigkeit zu berücksichtigen, denn teilweise ist auch das Herstellungsverfahren oder der eingesetzte Rohstoff entscheidend. Die statistischen Einheiten (z.B. Unternehmen oder örtliche Betriebe) werden dann nach ihrer wirtschaftlichen Haupttätigkeit in dieses Kategorienraster eingeteilt. Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist durch „einen Input von Erzeugnissen (Waren und Dienstleistungen), einen Produktionsprozeß und die produzierten Erzeugnisse gekennzeichnet“, wie das Statistische Bundesamt erläutert. Die Haupttätigkeit bestimmt sich über die Tätigkeit, die den größten Beitrag zur Wertschöpfung der Einheit leistet, bzw. deren Wertschöpfung größer als der jeder anderen Einheit ist. Die Einheiten werden nach der top-down-Methode eingeordnet, d.h. beginnend auf der obersten Ebene mit der Einordnung in den zugehörigen Abschnitt. Diese Ebene der „Abschnitte“ ist geordnet nach der Stellung im gesamtwirtschaftlichen Produktionsprozeß, wobei die Abschnitte A-C die Urproduktion, die Abschnitte D-F die Warenherstellung und die Abschnitte G-Q die Warenvermittlung und andere Dienstleistungen enthalten. Mit den Abschnitten L (Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung), P (Private Haushalte) und Q (Exterritoriale Organisationen und Körperschaften) wird auch die Stellung zum Marktprozeß berücksichtigt. Auf der zweiten Ebene, der detaillierten Gliederung der Abschnitte C (Bergbau und Gliederung der Wirtschaftszweigsystematik Ebene Code Beispiel Kriterium Abschnitt Buchstaben A – Q D: Verarbeitendes Gewerbe Stellung im gesamtwirtschaftlichen Produktionsprozeß; institutionelle Zuordnung 31 Unterabschnitt DB: Textil- u. Bekleidungsgewerbe Output 60 Abteilung 17: Textilgewerbe 222 Gruppe 503 Klasse Zweistellige Buchstabenfolge AA – QA Zweistelliger Code 01-99 Dreistelliger Code 01.1 – 99.0 Vierstelliger Code 01.11 – 99.00 Fünfstelliger Code 01.11.1 – 99.00.3 Output, Input und technische oder organisatorische Ähnlichkeit des Produktionsprozesses Zahl 17 Bezeichnun g 1.062 Unterklasse 17.2 Weberei 17.21 Baumwollweberei 17.21.3 Gardinenstoffweberei Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern „Unterabschnitte“ „Abteilungen“ Beispiele für funktionale Beziehungen Leicht identifizierbare Produktionscluster -9- Gewinnung von Steinen und Erden) und D (Verarbeitendes Gewerbe) in „Unterabschnitte“ sind diese nach dem Output geordnet. So wird die Herstellung von Lederbekleidung und Schuhen nicht dem Unterabschnitt DC (Ledergewerbe) zugeordnet, sondern dem Unterabschnitt DB (Textil- und Bekleidungsgewerbe). Ab der nächsten Gliederungsstufe der „Abteilungen“ werden zusätzlich die Kriterien des Inputs und des Produktionsprozesses angewandt. Dabei bezieht sich das Kriterium des Produktionsprozesses nicht nur auf technische Verfahren, sondern auch auf organisatorisch ähnliche Produktionsabläufe. So ist die Zusammenfassung von Druckereien und Vervielfältigern von Compact Discs in der Abteilung 22 „Verlagsgewerbe, Druckgewerbe, Vervielfältigung von bespielten Ton-, Bildund Datenträgern“ durch eine verwandte Organisation des Produktionsprozesses (Fixierung von Medieninhalten auf einem materiellen Träger) gerechtfertigt. Betrachtet man die Drei- bis Fünfsteller der Wirtschaftszweigsystematik, dann werden einige für die Cluster-Identifizierung nutzbare funktionale Zusammenhänge deutlich. Der Dreisteller 27.5 „Gießereiindustrie“ ist z.B. über eine Tätigkeit bzw. Produktionsstufe definiert, die mit den zu ihr gehörenden Vierstellern, z.B. die Klasse 27.53 „Leichtmetallgießerei“, genauer beschrieben wird. Unternehmen in einer so definierten Klasse konkurrieren vermutlich, aber nicht notwendig miteinander. Zumindestens haben sie jedoch über ihre Beschaffungsmärkte, über ihren Arbeitskräftepool, über Forschungsinstitutionen und über Wirtschaftsverbände gemeinsame Schnittmengen. Andere Gruppen sind über Konsumprodukte definiert (wobei allerdings nicht davon ausgegangen werden kann, daß alle genannten Betriebe das Endprodukt fertigen). Ein Beispiel ist der Viersteller 36.13 „Herstellung von Küchenmöbeln“. Hier wird - einmal abgesehen von einer Marketing- und Preisdifferenzierung die parallele Wettbewerbssituation der Unternehmen noch deutlicher. Es gelten wiederum die anderen oben erwähnten Schnittmengen. Zusätzlich muß die für einzelne Wirtschaftszweige unterschiedliche Abbildung von Verflechtungszusammenhängen berücksichtigt werden. Teilweise können sie durchaus als Ganzes oder über ihre Teilbereiche in der Statistik gefunden werden. Als Faustregel gilt, daß ein Produktionscluster desto genauer der Statistik entnommen werden kann, je historisch älter eine Wertschöpfungskette existiert (und von den Statistikern berücksichtigt werden konnte), je geringer sein Wertschöpfungsanteil der Dienstleistungen ausfällt und je ausschließlicher es sich einem Output-Faktor zuordnen läßt. So können etwa Cluster der Automobilindustrie noch ganz leidlich über die Statistik eruiert werden – erst neuere Entwicklungen wie die Schnittstellen zur Telematik und die Integration von Verkehrssystemen werfen Probleme auf. Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern Grenzen aus der Perspektive von ClusterAnsätzen Ungenügende Spezifizierung „Verteilte“ Produktionscluster Unsichtbarer Strukturwandel ... ... und unsichtbares Milieu - 10 - Damit kommen auch die Grenzen der Wirtschaftszweigsystematik in den Blick. Jede Gliederung nach der Tätigkeit, die wiederum über den Output, den Produktionsprozeß und den Input beschrieben wird, muß zwangsläufig einen Teil der ökonomischen Zusammenhänge ausblenden. So kann es zum einen geschehen, daß ein spezifischer Wertschöpfungszusammenhang auf der Aggregationsebene der amtlichen Statistik nicht erfaßt wird. Der Cluster-Kern geht dann auf in zu weit gefaßte Kategorien der amtlichen Statistik. So können regionale Spezialisierungsmuster in der Informations- und Telekommunikationsbranche nur sehr grob nachgewiesen werden. Ein weiteres Hindernis liegt darin, daß die Unternehmen eines Produktionscluster auf verschiedene statistische Gliederungen verteilt sein können, so daß sich die Produktionsverflechtung mit einer statistischen Analyse nicht nachweisen läßt. Das Produktionscluster als systemischer Zusammenhang verschwindet gewissermaßen im Raster der zugelieferten Vorprodukte und Dienstleistungen. Die Umweltschutzwirtschaft beispielsweise kann als ein sich formierendes Cluster in einigen Regionen gesehen werden, das aber mit der Betrachtung der Abteilung 90 „Abfall- und Abwasserbeseitigung“ und der Abteilung 37 „Recycling“ nur ausschnittsweise erfaßt ist. Weitere clusterrelevante Unternehmen finden sich in der amtlichen Statistik in ganz unterschiedlichen Branchen wie dem Maschinenbau, der Meß- und Regelungstechnik, der Technischen Beratung und Planung, dem Handel und der Chemie. Ein weiteres Überdecken ökonomischer Verflechtungen tritt im Zeitablauf ein. Je länger der Strukturwandel andauert und neue Produkte entstehen bzw. alte Produkte mit anderen Inputs und Produktionsverfahren hergestellt werden, desto häufiger verbergen sich hinter alten Gliederungstiteln ganz neue Produkte, bzw. der technischorganisatorische Zusammenhang eines Produkts ist auf verschiedene Gliederungen verteilt. So ist etwa die Softwareentwicklung (Fünfsteller 72.20.2) nicht weiter untergliedert, obwohl hier bereits eine breite Auffächerung von Produkten bzw. Märkten eingetreten ist. Seit langem bekannt (und durch die Einführung der WZ 93 nur teilweise gemildert) ist dieses Problem der ungenügenden Differenzierung bei den Dienstleistungen. Vollständig verschwinden darüber hinaus die institutionellen und sozio-kulturellen Momente des Clusters. Der wirtschaftliche Nutzen, den ein regionales Kooperations- und Innovationsmilieu stiftet, richtet sich natürlich nicht nach den Einteilungen der amtlichen Statistik. Insbesondere Cluster in den Bereichen der Hochtechnologie und der höherwertigen Dienstleistungen sind häufig „milieu-basiert“ und werden angetrieben durch die Wechselwirkungen zwischen getrennt voneinander entwickelten Technologien und Produkten. Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 11 - 4. Regionale Wertschöpfung identifizieren Nach diesen methodischen Vorüberlegungen kann jetzt eine Methodik zur Identifizierung und Beschreibung von Produktionsclustern vorgeschlagen werden: Erstens werden Anhaltspunkte für Produktionscluster gesammelt und die spezifische regionale Wertschöpfung rekonstruiert, zweitens die konkreten Akteure in der Region identifiziert und befragt und drittens diese Datenbasis ausgewertet. Untersuchungsprogramm Identifizierung und Analyse von Produktionsclustern ClusterVermutung prüfen 1. regionalstatistische Analyse und Expertenbefragungen 2. Rekonstruktion von Wertschöpfungsketten ClusterAkteure befragen 1. Unternehmen identifizieren 2. Befragung Qualtitätsanalyse 1. Funktionsanalyse der Wertschöpfungskette 2. Netzwerkanalyse 3. Kartographie Strukturpolitische Empfehlungen Erste Anhaltspunkte über Produktionscluster werden häufig schon durch die vorhandenen regionalwirtschaftlichen Kenntnisse vorliegen. Man kann sie auch durch gezielte Befragungen von regionalen Entscheidungsträgern aufspüren. Ein systematischer Weg besteht in der Auswertung der Industrie- oder Umsatzsteuerstatistik eines Untersuchungsraumes (möglichst auf der Basis der 4- oder 5Steller der Wirtschaftszweigsystematik) mit regionalstatistischen Methoden. Hierzu zählt beispielsweise die absolute Konzentration, die angibt, mit welchem Anteil eine wirtschaftliche Aktivität in einem Untersuchungsraum (z.B. einem Kreis oder Bundesland) zu einem Bezugsraum (z.B. Deutschland) vertreten ist. Aussagekräftig ist auch der Lokalisationsquotient, mit dem man das Vorhandensein einer wirtschaftlichen Aktivität in einem Untersuchungsraum im Verhältnis zum Anteil dieser Aktivität in einem Bezugsraum mißt. Zeichnet sich eine deutliche Konzentration einer wirtschaftlichen Aktivität ab, dann werden im nächsten Schritt davon ausgehend mögliche Wertschöpfungsketten (unter Rückgriff auf entsprechendes Expertenwissen) rekonstruiert. Häufig kann man solchen Wertschöpfungsketten dann einzelne Kategorien der Wirtschaftszweigsystematik zuordnen und auf dieser Basis die Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern Wertschöpfungskette Zeitungen/Zeitschriften - 12 - schaftszweigsystematik zuordnen und auf dieser Basis die Berechnung von Konzentrationsmaßen auf Basis von Wertschöpfungsketten wiederholen. Als Beispiel sei hier die Wertschöpfungskette Zeitungen/Zeitschriften angeführt. Wertschöpfungskette „Zeitungen/Zeitschriften“ Produktions-Vorbereitg. bzw. Inhalts-Produktion Hinweise auf räumliche Konzentration Materielle Produktion (und ihre Vorprodukte) Presseagenturen Papier, Druckmaterialien Zeitungsverlag, Zeitungsredaktion Druckvorbereitung: Grafiker. Lithographen, Fotographen, etc. Freie Mitarbeiter Druckmaschinen Vermarktung/Vertrieb (Distribution) Zeitungs-Kioske Zeitungs-Druckerei Direktzustellung Zeitschriftenhandel, Buchhandel K O N S U M E N T E N Eine regionalstatistische Analyse der Umsatzsteuerstatistik zeigt etwa eine hohe absolute Konzentration von Umsätzen bei den Zeitschriftenverlagen (19,84 %) und von Unternehmen bei Korespondenz- und Nachrichtenbüros (6,24%). Dies kann den Anstoß geben, die entsprechende Wertschöpfungskette möglichst detailliert darzustellen und entsprechende Kategorien der amtlichen Statistik zuzuordnen (siehe folgende Tabelle). Nimmt man an, daß die zentrale Kompetenz in der InhaltsProduktionscluster "Printmedien": Zeitschriften- u. Zeitungsproduktion in Berlin 1997* Cluster"Kern" Nr. WZ 93: Aktivitätszweig: 21.12 H.v.Papier,Karton u.Pappe Zeitungsverlag Zeitschriftenverlag Zeitungsdruckerei Satzherstellung u.Reproduktion H.v.Masch.f.d. Druckgewerbe Korrespondenzu.Nachrichtenbüros Selbst.Journalisten u.Pressefotografen Eh.m.Unterhaltungszeitschriften u. Zeitungen 22.12 22.13 22.21 22.24 29.56.1 92.40.1 Cluster- 92.40.2 "Umfeld" 52.47.3 Insgesamt: darunter: Cluster-"Kern": *Datenquelle: Umsatzsteuerstatistik Unternehmen Anzahl 13 Lokalisationsquotient UnterUmsätze nehmen 0,52 0,15 16 53 5 146 0,72 0,73 0,32 1,78 0,73 6,86 0,01 2,21 11 0,89 0,28 39 1,70 1,27 878 2,50 2,37 410 4,14 3,72 1.571 283 2,23 1,12 2,11 2,07 Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 13 - produktion (Verlage und ihre Redaktionen) sowie in der materiellen Umsetzung liegt, dann kommt man für Berlin auf rund 283 Unternehmen und eine absolute Konzentration entsprechender Unternehmen von 4,1 % aller Unternehmen in Deutschland. Der regionale Anteil dieses Clusters an allen Umsätzen im Bundesland Berlin liegt – wie der Lokalisationsquotient in der obigen Tabelle angibt – bei rund 2 %. Insgesamt scheint die Zeitungs- und Zeitschriftenproduktion einen klaren Schwerpunkt in Berlin zu haben, wobei sie in der Regionalökonomie nicht allzu stark ins Gewicht fällt. Unternehmensbefragung Funktionsanalyse & Netzwerkanalyse & räumliche Darstellung Auf der Basis dieser quantitativen Einschätzung kann im nächsten Schritt eine Identifizierung konkreter ClusterAkteure (Unternehmen und Institutionen) und deren Befragung angegangen werden. Die Unternehmensadressen können mit den einschlägigen Unternehmensdatenbanken und Branchenverzeichnissen beschafft werden. Einige Experteninterviews und die Auswertung von Sekundärmaterialien können gewährleisten, daß der Fragebogen auf den spezifischen regionalen Wertschöpfungszusammenhang zielt. Erfragt werden sollten • allgemeine Strukturmerkmale der Unternehmen, • das Produkt-/Leistungsspektrums, • Formen der Kooperation bzw. institutionellen Einbindung sowie die • Transaktions- und Kommunikationsbeziehungen der Unternehmen und Institutionen. Mit den Transaktionsbeziehungen ist der Austausch von Produkten oder Diensten zwischen Unternehmen gemeint, mit den Kommunikationsbeziehungen sind die informellen Beziehungen zu anderen Unternehmen oder Institutionen angesprochen. Mit diesen Abfragen sollen die regionale Verflechtung und die überregionale Einbindung ermittelt werden. Die Auswertung erfolgt in drei Schritten: Zuerst wird erhoben, wie stark die einzelnen Funktionen der Wertschöpfungskette abgedeckt sind, anschließend wird eine Netzwerkanalyse der Transaktions- und Kommunikationsbeziehungen erstellt und zuletzt kann eine Darstellung der Raumstrukturen erfolgen. 5. Funktionsanalyse Darstellung der funktionalen Beziehungen Mit dem Instrument der Wertschöpfungskette können die funktionalen Beziehungen von Unternehmen dargestellt werden. Über ihre Angaben zum Produkt- und Leistungsspektrum können die befragten Unternehmen diesen Funktionen der Wertschöpfungskette zugeordnet werden. Damit können folgende Aussagen getroffen werden: • Der Besatz der einzelnen Funktionen der Wertschöpfungskette kann dargestellt werden. Wurden Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern zahlreiche Unternehmen einbezogen, können einzelne Strukturmerkmale aufgezeigt werden, z.B. Unternehmensgrößenklassen, Eigentumsverhältnisse, Innovationskapazitäten etc.. Strukturmerkmale einzelner Glieder der Wertschöpfungskette • Regionale Spezialisierung Stärken und Lücken der Potsdamer Filmwirtschaft - 14 - Die Befragungsergebnisse ergeben zusammen mit der regionalstatistischen Analyse und den Experteninterviews ein genaueres Bild des spezifischen regionalen Profils der Wertschöpfungskette, das mit dem Profil anderer gleichartiger Produktionscluster verglichen werden kann. Auf diese Weise können die besonderen Stärken und Schwächen (eventuell das Fehlen wichtiger Glieder der Wertschöpfungskette in der Region) konturiert werden. In der folgenden Tabelle sind die entsprechenden Ergebnisse aus einer Studie über die Filmwirtschaft am Standort Potsdam-Babelsberg zusammengefaßt. Es konnte gezeigt werden, daß die Region weitgehend ein filmwirtschaftliches „Vollsortiment“ anbieten kann. Ein dünner Besatz ergab sich allerdings bei den letzten Schritten der filmischen Nachbereitung (Synchronisation, Kopieren) und bei den Auftraggebern für Filmproduktionen. In beiden Feldern existieren enge Verknüpfungen nach Berlin, so daß man von einer innerregionalen Arbeitsteilung sprechen kann. Gleichzeitig existieren Verknüpfungen auch in andere Regionen, so daß vor allem im Bereich der Auftragsvergabe eine starke externe Fremdsteuerung der Region vorzuliegen scheint. In der Kombination von Unternehmensbefragung und qualitativen Aussagen regionaler Entscheidungsträger konnte dabei das Profil der Potsdamer Filmwirtschaft detailliert eingeschätzt werden. Funktionen der Filmwirtschaft Potsdam-Babelsberg Tätigkeitsbereich Anteil im Sample Bewertung des Standorts Potsdam Filmproduktion 50,0 % Postproduktion: Animation, Effekte 13,2 % Film- u. TV-Studio 10,0 % Film- u. Studio-Dienstleistungen 13,2 % ++ + + + 3,3 % k.A. Filmkopien, Synchronisierung 3,3 % TV-Sender/Filmverleih 6,6 % Sonstige N = 30 Unternehmen Ausprägung: stark: ++ mittel: + Schwach: - Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 15 - 6. Netzwerkanalyse Transaktionsnetz Kommunikationsnetz Eine Netzwerkanalyse kann unter anderem für die folgenden beiden Interaktionstypen erarbeitet werden: • Ein Transaktionsnetz beinhaltet reale wirtschaftliche Austausch- bzw. Geschäftsbeziehungen, die sowohl horizontale als auch vertikale Verbindungen von Unternehmen umfassen. Es wird ermittelt, indem die Unternehmen nach ihren wichtigsten Lieferanten und Kunden gefragt werden. • Ein Kommunikationsnetz umfaßt die Kommunikationsbeziehungen zwischen Firmen und regionalen Institutionen, die nicht mit monetären Flüssen verbunden sind. Es wird ermittelt, indem die Unternehmen ihre Kontaktpartner benennen (und möglicherweise die Intensität der Kontakte bewerten). Transaktionsnetz im regionalen Cluster Filmwirtschaft Potsdam-Babelsberg A52 A53 Transaktionsnetz der Filmwirtschaft in Potsdam A60 A59 Legende A57 A63 A33 A34 A78 befragte regionale Unternehmen An A36 A19 A42 A71 A73 A81 A3 A23 A18 A26 A24 An über Befragung erfasste regionale Unternehmen A17 A22 Transaktion A61 A37 A16 A84 A10 A51 A38 A7 A40 A2 A14 A83 A31 A15 A13 A82 A12 A21 A8 A32 A30 A28 A11 A56 Mit diesen Angaben können Matrizen aus den Beziehungen zwischen sämtlichen Akteuren erstellt und diese graphisch und rechnerisch ausgedrückt werden. Eine graphische Darstellung des Transaktionsnetzes für das bereits erwähnte Beispiel der Filmwirtschaft Potsdam/Babelsberg zeigt ein relativ dicht verflochtenes Ensemble von unternehmerischen Akteuren ("visuelle" Dichte). Die grafische Rekonstruktion des Netzes kann nicht nur hinsichtlich der Dichte, sondern auch hinsichtlich der Kohäsion des Netzes und der Zentralität bestimmter Akteure oder Akteurs-Gruppen im Netz interpretiert werden: das Beziehungsnetz im Cluster Potsdam/Babelsberg weist praktisch keine Lücken und auch keine insularen Teilnetze ohne Verbindung untereinander auf, so daß von einer erkennbaren Kohäsion des Beziehungsnetzes gesprochen werden kann. Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 16 - Übrigens haben die Abstände der Akteure im zweidimensionalen Bild keine geographische Dimension, sondern entsprechen der transaktionsbezogenen "Nähe" jedes Akteurs zu allen anderen. Grad der Verbundenheit Die Netzwerkstrukturen können auch mit Hilfe von Kennziffern ausgedrückt werden. So gibt der Grad der Verbundenheit ("degree") die Dichte des Beziehungsnetzes im Produktionscluster an. Er sagt aus, welchen Prozentsatz die realisierten Verbindungen an der Gesamtzahl der potentiellen Verbindungen des Netzes erreichen. In dem Beispiel des Film-Clusters Potsdam/ Babelsberg mit 55 erfaßten Akteuren beträgt der Grad der Verbundenheit 0,157 (bzw. annähernd 16%), was als relativ hoher Wert gelten kann. Die weiteren Schritte der Netzwerkanalyse sollen hier kurz angedeutet werden: Gruppenbildung Zentralität von Unternehmen Vor- und Nachteile von Zentralisierung 1. Die Unternehmen können nach verschiedenen Merkmalen, z.B. den Funktionen der Wertschöpfungskette, nach Größenklassen oder etwa der Beschäftigtenentwicklung in Gruppen eingeteilt werden. Anschließend können für diese Gruppen (und auch für einzelne Unternehmen) Netzwerk"Positionen" berechnet werden. Geeignete Kennziffern zur Beschreibung der Netzwerkposititonen sind der Einbindungsgrad ("Degree") eines Akteurs, mit dem der Grad seiner Einbindung in das Gesamtnetz, d.h. die Zentralität seiner Netzwerkposition bestimmt wird. Auf Basis der Degree-Werte aller Akteure kann die Zentralisierung des Gesamtnetzes bestimmt werden. Die Interpretation eines hohen Zentralisierungsgrades bleibt allerdings ambivalent: sie läßt sich einerseits positiv interpretieren in dem Sinne, daß Akteure mit hoher Zentralität in Beziehungsnetzen aus ihrer Position heraus z.B. Zugang zu vielen spezialisierten Leistungen und Informationsquellen gewinnen und dadurch "Innovationen" im weitesten Sinne generieren bzw. deren Ausbreitung im Netzwerk aktiv beeinflussen können. Andererseits kann die starke Netzwerkzentralisierung ein Produktionscluster auch „störanfälliger“ machen, wenn nämlich der zentrale Akteur in Schwierigkeiten gerät und diese Entwicklung auf die vielen mit ihm verbundenen Cluster-Firmen durchschlägt. Eine solche Störanfälligkeit wurde etwa im Produktionscluster Potsdam/ Babelsberg im Frühjahr 2000 deutlich, als der größte Studiobetrieb - aufgrund eines Wechsels von Führungskräften und eines gleichzeitig angekündigten Strategiewechsels – unter den Firmen im Cluster-Kern große Verunsicherung hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Filmwirtschaft in Potsdam/Babelsberg aufkommen ließ. Eine zweite Kennziffer der Netzwerkpositionen ist der Grad der "Betweenness" eines Akteurs. Betweenness ist ein Maß für die potentielle Informationszentralisierung im Netzwerk, oder ein Maß für die potentielle Kontrolle des BeJanuar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern Unternehmen als Informationsvermittler Analyse des Kommunikationsnetzwerkes Überregionale Einbindung Kriterien zum Vergleich von Cluster-Qualitäten - 17 - oder ein Maß für die potentielle Kontrolle des Beziehungsnetzes durch jene Akteure, die eine "Mittlerposition" im Netz einnehmen. Akteure mit hohen Werten der Betweenness nehmen im Beziehungsnetz eine starke Mittlerposition ein, im Sinne einer Netzposition, in der Informationen über Leistungsspektrum, Angebote und Geschäftsbeziehungen im Kreise der Cluster-Firmen zusammenkommen. So kann die Stärke der Mittlerposition auch die Stellung von Unternehmen deutlich machen, die wie eine „Spinne“ ein Netz beherrschen. 2. Eine ähnliche Darstellung der Netzwerkdichte und der Netzwerkpositionen einzelner Gruppen mit Grafiken und Kennziffern kann auch für das Kommunikationsnetzwerk angefertigt werden. Dabei interessiert vor allem die regionalwirtschaftliche Einbindung verschiedener Institutionen. So zeigt eine Untersuchung zur Holzwirtschaft im Land Brandenburg, daß zu einigen Institutionen häufige Kontakte von vielen Unternehmen bestehen. Dabei handelt es sich jedoch ausschließlich über die branchenübergreifenden Institutionen (Arbeitsamt, Handelskammer, Handwerkskammer), während die Kontakte zu Institutionen eines möglichen clusterspezifischen Kooperationsumfeldes (Forschungseinrichtungen und Verbände der Holzwirtschaft) kaum ausgeprägt sind. 3. Nach dieser Betrachtung der cluster-internen Verflechtung können im nächsten Schritt die überregionalen Beziehungen der Unternehmen dargestellt werden – soweit sie von Unternehmen benannt wurden. Auf diese Weise können wesentliche Ziel- und Ausgangsregionen für Warenlieferungen sowiie die besonderen Arten von Warenströmen aufgezeigt werden. Auch diese nationale oder internationale Betrachtungsebene kann wiederum nach Funktionsgruppen differenziert werden. Innerhalb der jetzt vorgestellten Funktionsanalyse von Wertschöpfungsketten sowie der Netzwerkanalyse wurden verschiedene Kriterien zur Beschreibung von Produktionsclustern entwickelt. Diese sollen abschließend zusammengestellt werden: • Ausmaß der Funktionsdifferenzierung (Darstellung des funktionalen Profils einer Wertschöpfungskette; eventuell im Vergleich mit anderen Regionen); • Netzwerk-Dichte (ermittelt über den Grad der Verbundenheit zwischen Cluster-Akteuren); • Netzwerk-Kohäsion (Gliederung des Produktionsclusters in isolierte Komponenten oder Zusammenahng als Gesamtnetz); • Netzwerk-Zentralisierung (Stärke der Verbindung eines Akteurs oder einer Gruppe mit allen anderen Akteuren); Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 18 - • Überregionale Transaktionsbeziehungen (Umfang und Art der Beziehungen, Charakterisierung der Bezugsregionen); • Räumliche Verdichtung der Unternehmen (innerhalb der Untersuchungsregion); • Qualität der institutionellen Infrastruktur (Vielseitigkeit, Spezifik und Nutzungsgrad von Institutionen). Man kann den Vergleich von Produktionsclustern im Prinzip auch hinsichtlich der „Erfolgsgrößen“ einer Clusterformation ergänzen, z.B. um die Beschäftigungs- und Umsatzentwicklung, um die Neugründungen und Neuansiedlungen. Vergleich von ClusterProfilen Auf der Basis dieser Kriterien können unterschiedliche Profile von Clusterformationen unterschieden werden. So zeigt die Zusammenstellung für die bereits zitierten Fallbeispiele der Filmwirtschaft in Potsdam und der Holzwirtschaft im Land Brandenburg zwei klar unterschiedliche Cluster-Profile. Cluster-Profile im Vergleich Kriterien 1. Funktionsdifferenzierung 2. Netzwerk-Dichte (a) 3. Netzwerk-Kohäsion (b) 4. NetzwerkZentralisierung 5. überregionale Transaktionsbeziehungen Cluster Filmwirtschaft Cluster Holzwirtschaft Potsdam/Babelsberg Brandenburg Vergleichswert Bewertu ng Vergleichswert Bewert ung Leistungsspektrum der Cluster-Firmen l Leistungsspektrum der Cluster-Firmen l 16 % l 4% ¡ 1 l 14 ¡ 49 % l 5% ¡ Nennungen überregionaler Partner, räuml. Verteilung 6. Geographische VerKartographie des dichtung Standortmusters, evtl. Gini-Koeffiz. 7. Qualität der Bewertung institutionellen regionaler Infrastruktur (c) Institutionen l = hoch, stark ¡ = niedrig, Nennungen überregionaler Partner, räuml. Verteilung Kartographie des l Standortmusters, evtl. Gini-Koeffiz. Bewertung l regionaler Institutionen schwach l ¡ ¡ l (a) Realistischer Wertebereich: 0 bis max. 40 % (b) Vergleichswert: Zahl der unverbundenen Netz -Komponenten (c) Bewertung hinsichtlich Vielseitigkeit und Spezifik Profil der Filmwirtschaft in Potsdam Das Profil des Clusters Filmwirtschaft Potsdam/Babelsberg entspricht weitgehend der "Idealvorstellung" eines funktionsfähigen Produktionsclusters. Diese Clusterformation ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte interne Funktions- Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 19 - differenzierung und vielseitige intensive Transaktions- und Kommunikationsbeziehungen. D.h. es liegt insbesondere eine hohe Netzwerkdichte und –Kohäsion hinsichtlich der Transaktionsbeziehungen im Cluster-Kern vor. Zugleich ist eine starke überregionale Einbindung festzustellen, d.h. es liegen zahlreiche Transaktionsbeziehungen mit filmwirtschaftlichen Unternehmen in anderen Medienstandorten auf nationaler und internationaler Ebene vor. Die institutionelle Infrastruktur des Clusters ist funktional vielseitig, wobei die cluster-spezifischen „innovationsrelevanten“ Institutionen im Kommunikationsnetz die höchste Zentralität haben. Die Beschäftigungs- und Umsatzentwicklung der Cluster-Firmen ist im Durchschnitt aller befragten Firmen positiv. Profil der Holzwirtschaft in Brandenburg Demgegenüber ist das Profil des Clusters Holzwirtschaft Brandenburg gekennzeichnet durch Strukturmerkmale, die dem Cluster Filmwirtschaft extrem entgegengesetzt sind: zwar gibt es eine deutliche Funktionsdifferenzierung im Kreise der Cluster-Firmen (die im Vergleich zur Filmwirtschaft eine stärkere „Verzweigung“ der Leistungsbereiche/ Funktionsgruppen beinhaltet). Das Haupt-Charakteristikum ist aber ein stark fragmentiertes Beziehungsnetz zwischen den regionalen Unternehmen der Holzwirtschaft: Die Unternehmensbeziehungen im Cluster Holzwirtschaft Brandenburg weisen insgesamt eine sehr geringe VernetzungsDichte auf, und das Beziehungsnetz ist durch eine äußerst schwache Kohäsion gekennzeichnet, bei gleichzeitig schwachen überregionalen Verflechtungsbeziehungen. Das regionale Beziehungsnetz zerfällt in eine Vielzahl von unverbundenen Teilnetzen, so daß wir ein deutlich fragmentiertes Gefüge von Cluster-Bausteinen vor uns haben. Die institutionelle Infrastruktur des Clusters ist zwar funktional vielseitig, doch erreichen die cluster-unspezifischen regionalen Institutionen im Kommunikationsnetz die höchste Zentralität, während die cluster-spezifischen technologieund innovationsrelevanten Einrichtungen „untergenutzt“ erscheinen. So zeigt diese Clusterformation erhebliche Schwächen, welche die Entwicklungsmöglichkeiten der Cluster-Firmen auf Dauer beeinträchtigen können. Die Beschäftigungsentwicklung der Cluster-Firmen ist gleichwohl im Durchschnitt aller befragten Firmen positiv: 19971999 zeigt die Beschäftigtenzahl insgesamt einen leichten Anstieg, die Umsatzentwicklung der Cluster-Firmen war im gleichen Zeitraum eher uneinheitlich. 7. Darstellung der räumlichen Struktur Räumlich kann zum einen die Verteilung der Unternehmen und Institutionen eines Produktionscluster innerhalb eines Untersuchungsgebiets aufgezeigt werden. Zum anderen kann die Lage des gesamten Produktionsclusters innerhalb einer größeren Raumeinheit (z.B. Deutschlands) sinnvoll sein. Zur Darstellung der Raumstrukturen eines Produktionsclusters können erstens die Maße zur räumlichen Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern Räumliche Konzentrationsmaße Kartierung - 20 - duktionsclusters können erstens die Maße zur räumlichen Konzentration verwandt werden. So zeigt der sogenannte GINI-Koeffizient an, wie stark eine Branche oder ein Cluster-Zusammenhang innerhalb eines Untersuchungsraumes räumlich konzentriert ist. Die relativen Konzentrationsmaße zeigen an, wie stark ein Cluster-Zusammenhang innerhalb eines Teilraumes im Vergleich zu einem übergeordneten Bezugsraum vertreten ist. Zweitens können konkrete Unternehmen kartiert werden. Die kartographische Erfassung dürfte auch die anschaulichste Darstellungsweise sein. Zusätzlich können auch die Transaktions- und Kommunikationsbeziehungen innerhalb des Produktionsclusters in seiner konkreten räumlichen Dimension in eine Karte eingetragen werden. Letzteres kann etwa die regionalen Lieferungsverflechtungen oder die überregionalen Warenströme umfassen. 8. Nutzung in der Strukturpolitik Alle Ansätze über räumliche Konzentrationen von Unternehmen haben gemeinsam, daß sie die jeweilige Eigenart der ökonomischen Zusammenhänge in verschiedenen Städten und Regionen betonen. An dieser Stelle wurde ein Vorschlag vorgestellt, wie diese individuellen Cluster-Zusammenhänge identifiziert und analysiert werden können. „Kritische Masse“ an Unternehmen vorhanden? Zentral für eine strukturpolitische Praxis ist nun die Frage, ob man bei einer vermuteten regionalen Konzentration von Unternehmen tatsächlich von einem Produktionscluster sprechen kann. Oder anders formuliert: Ist die Ansammlung von Unternehmen und Institutionen so bedeutend, daß sie sich im Wettbewerb der Standorte behaupten kann – etwa in Form eines Umsatz- und Beschäftigungswachstums der vorhandenen Unternehmen oder Anziehung weiterer Unternehmen? Es wird offensichtlich eine Einschätzung benötigt, ob die regionale Unternehmenskonzentration bereits eine „kritische Masse“ darstellt (oder erreichen könnte), an die strukturpolitische Strategien sinnvoll anknüpfen können. Wir möchten diese Einschätzung in drei Entscheidungsfragen zerlegen, die mit den oben erläuterten Kriterien zum Vergleich von Produktionsclustern beantwortbar sind. Dabei ist natürlich zu beachten, daß die Förderung von Produktionsclustern stets eine starke politische Dimension besitzt. So wäre im Jahr 1990 eine Cluster-Analyse über die Mikroelektronik im Raum Dresden sicherlich sehr zwiespältig ausgefallen. Durch die finanzielle Unterstützungen in Milliardenhöhe wurde in diesem Fall die „kritische Masse“ eines Produktionclusters erst initiiert. Erstes Frage: funktionale Struktur Der erste Schritt für die Bestimmung eines Schwellenwertes besteht darin, die interne funktionale Struktur eines Produktionsclusters zum Kriterium zu machen. Dieses Kriterium kann angewandt werden, indem man eine Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 21 - Kriterium kann angewandt werden, indem man eine möglichst vollständige „ideale“ Wertschöpfungskette mit dem Bestand einer Region vergleicht. Weiterhin wäre dann das Vorhandensein der zentral wichtigen Glieder einer Wertschöpfungskette („Kernkompetenzen“) abzufragen. Die Cluster-Vermutung sollte als falsifiziert gelten, wenn • die regionalen Unternehmen weder horizontale noch vertikale Nachbarn in der Wertschöpfungskette sind, d.h. der regionale Wertschöpfungszusammenhang fraglich bleibt; • keine Kernkompetenz identifizierbar ist, um die herum die regionalen Unternehmen gruppiert sind (oder gruppiert werden könnten). Zweite Frage: Qualität regionaler Vernetzung In einem zweiten Schritt kann die Struktur der regionalen Vernetzung als Schwellenwert genommen werden. Anhand der Kriterien der Netzwerkanalyse (Dichte, Kohäsion, Zentralisierung) wird die Intensität und Effektivität der Unternehmens- und Institutionenbeziehungen verdeutlicht. Dritte Frage: Verhältnis von regionaler zu überregionaler Einbindung In einem dritten Schritt kann das Verhältnis von regionaler zu überregionaler Vernetzung bestimmt werden. Dabei würde eine starke Einbindung in andere Regionen keinesfalls gegen die Existenz eines regionalen Clusters sprechen. Entscheidend ist die Art der Beziehungen zwischen Unternehmen und Institutionen sowie das Ausmaß, mit dem die Erträge dieser externen Beziehungen wiederum in den regionalen Zusammenhang eingespeist (und dort als Ressource genutzt) werden. Wickeln etwa die regionalen Unternehmen ihre zentralen F&E-Aktivitäten unabhängig voneinander mit Akteuren in verschiedenen Regionen ab, dann kann dies sehr positive Effekte für ein Produktionscluster haben, wenn gleichzeitig eine Verbindung zum regionalen Informationsfluß besteht. Stellt sich heraus, daß die überregionalen Beziehungen quantitativ und qualitativ erheblich bedeutender als die innerregionalen ausfallen bzw. sie nicht örtlich produktiv genutzt werden, dann müssen (mindestens) die räumlichen Grenzen eines Clusters weiter gezogen werden. Jede weitere Einschätzung der „kritischen Masse“ sollte im spezifischen Rahmen vorgenommen werden. Es kommt dann darauf an, wie bekannt und etabliert der fragliche Wertschöpfungszusammenhang ist, ob er regional durch komplementäre Produktionscluster gestützt wird, in welcher überregionalen Konkurrenz er steht u.s.w.. Die Aussagen zu allen drei „Entscheidungsfragen“ können zudem an Präzision erheblich gewinnen, wenn Angaben über gleichartige Produktionscluster in anderen Regionen vorliegen. Damit wäre eine methodische Legitimation für einen Vergleich der quantitativen Größen gegeben. Auf dieser Entscheidungsgrundlage können dann Empfehlungen für strukturpolitische Strategien getroffen werden. Nutzen interregionaler Vergleiche Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 22 - Abschließend sollen hier die zwei zentralen Bezüge für Empfehlungen angeführt werden: • Bezug auf die funktionale Struktur: Hieraus folgen vor allem Empfehlungen für die Akquitsitionsstrategien regionaler Wirtschaftsförderung. Während Lücken oder schwach besetzte Glieder der Wertschöpfungskette darauf hinweisen, daß eine darauf focussierte Akquisition von Unternehmen die Vielfalt des Produktionsclusters erhöht, könnte ein starker Besatz bei einem Wertschöpfungskettenglied als Beleg genommen werden, daß man nicht „Mehr vom Gleichen“ anzuwerben braucht. Sofern die Funktionsanalyse darauf hindeutet, daß die Kernkompetenzen einer Wertschöpfungskette schwach ausgeprägt oder etwa bedroht sind, im Strukturwandel entwertet zu werden, kann dies entweder als ein Stopsignal für jede weitere Förderung interpretiert werden. Oder es wird als Aufforderung genommen, eine Erweiterung bzw. Umprofilierung von Kernkompetenzen vorzunehmen. Dies könnte durch die Reorganisation von Beschaffungs- und Vermarktungsstrukturen der Unternehmen, eine Veränderung der unterstützenden Infrastruktur (z.B. Forschungskapazitäten), Qualifizierungsprogramme oder Hilfen bei der Produkt- und Prozeßinnovation bewerkstelligt werden. Insgesamt geht es bei dieser Art von Clusterpolitik darum, bekannte Bausteine strukturpolitischer Unterstützung auf die konkreten Bedürfnisse des Wertschöpfungszusammenhangs abzustimmen. • Dies sollte in Bezug auf die Vernetzungsqualität fortgesetzt werden. Hier können eventuell Schwächen der innerregionalen Transaktion und Kommunikation offengelegt werden, z.B. das Fehlen von regionalen Informationsvermittlern, die hohe Abhängigkeit eines gesamten Produktionscluster von einem oder von wenigen Akteuren, die Ungleichgewichte zwischen regionalen und überregionalen Beziehungen u.s.w.. In diesem Handlungsfeld muß die Art und Intensität der Beziehungen verändert werden, sei es durch das Anstoßen konkreter Kooperationsprozesse, die Gründung von moderierenden Institutionen oder die Verbesserung der elektronischen Kommunikationsinfrastruktur. Clustergerechte Akquisitionspolitik Umprofilierungsstrategien Vernetzung als Prozeßziel Literatur: Stefan Krätke, Christoph Scheuplein: Produktionscluster in Ostdeutschland. Methoden der Identifizierung und Analyse (im Erscheinen Mai 2001) Januar 2001 Identifizierung und Analyse von Clustern - 23 - Januar 2001