Ganz nah am Olymp - marketing greece
Transcription
Ganz nah am Olymp - marketing greece
M12 |||||||||||||||||||||||||||||||| REISEN SÄCHSISCHE ZEITUNG S O N N AB E N D / S O N N TA G 11./12. JANUAR 2014 Griechenland Ganz nah am Olymp Thessaloniki bietet Kaiserkult und Museumsgold – das Umland lockt mit Wanderwegen am Wasser und mit den Göttern der Archäologen. Von Georg Moeritz (Text und Fotos) W Ein Massiv mit mehreren Gipfeln: Griechenlands höchster Berg Olymp vom Ferienort Litochoro aus gesehen. Erst im Jahr 1913 wagten Bergsteiger den Aufstieg, aber Göttervater Zeus war nicht zu Hause. Heute führen gepflegte Wanderwege in die Bergwelt. |||||||||||||||||||||||||||||||||||||| Service Makedonien SZ-Grafik: Sylvia Tietze ir nennen ihn Zerberus, seit er uns zugelaufen ist. Als unsere Wandergruppe vom Ferienort Litochoro in Richtung Olymp spaziert, zeigt sich der Hund zum ersten Mal. An der Friedhofsmauer verbellt er eine Katze, doch dann schließt er sich den Besuchern aus Deutschland an und übernimmt bald schwanzwedelnd die Führung. Immer wieder schaut sich Zerberus um, ob das Touristenrudel auch folgt. Der ausgeschilderte Wanderweg Richtung Enipeas-Schlucht ist mit Flatterband gesperrt, doch Zerberus läuft drunter durch. Nach kurzem Zögern folgen wir – schließlich ist dieser Weg am Rande des Olymp-Massivs nicht die Strecke zur Unterwelt des Hades, sondern zur Badewanne des Zeus. Der vermeintliche Höllenhund ist weiß, trägt Halsband und freut sich einfach über die Gesellschaft. Später wird er uns in den Ort zurückbegleiten und in einem Garten verschwinden. Unser Mut wird belohnt. Die Griechen haben den Wanderweg für ihre Gäste gut befestigt, sogar an jeder Biegung DoppelAbfalleimer angebracht und Plastesäcke hineingehängt. Zerberus führt uns munter einige Kilometer bis zum Ziel: Aus einem Felsenbecken ergießt sich ein Gebirgsbach abwärts. In dieser Naturwanne des OlympMassivs soll Göttervater Zeus mit seiner Hera geplanscht haben, mit Blick Richtung Meer: zum Golf von Thessaloniki. Wir dürfen allerdings nicht ins Becken – ein Geländer und Felsen halten vom Baden ab.. Die Gegend ist beliebt bei Wanderern – und bei Kulturfreunden, die ins Grüne wollen, nachdem sie Nordgriechenlands Metropole Thessaloniki besichtigt haben. Denn diese Hafenstadt von der Größe Münchens bietet viel fürs Auge des Touristen, aber auch lange Reihen von Neubauten und Kleinwagen. Dazwischen bewegen sich Straßenfegerinnen in Warnwesten, die ihre Millionenstadt sehr sauber halten, außerdem Autoscheibenputzer, die auf eigene Rechnung unterwegs sind. An Thessalonikis U-Bahn wird seit Jahren gebaut. Dass es langsam vorangeht, betrübt die stolzen Griechen: Der Hoteldirektor betont ungefragt, das habe nichts mit Faulheit zu tun. Vielmehr bremsen antike Funde. Am Tag unseres Besuches ist es ungewöhnlich ruhig in der Innenstadt – denn Thessalonikis Linienbusfahrer haben für Radeln am Meer: Vor Thessalonikis Wahrzeichen Weißer Turm verläuft die Promenade. Granatäpfel und Kaki-Früchte: Das Viertel der Markthallen lohnt einen langen Bummel. Kaiserliche Ruine: Der Römer Galerius hinterließ Triumphbogen (links) und Rotunde. CHALKIDIKI 1 Katerini Dion Litochoro G riechenlands zweitgrößte Stadt Thessaloniki wird manchmal mit Istanbul in der Türkei verglichen, wegen seiner Hanglage an einer Meeresbucht und wegen seiner Geschichte. Bis zum Jahr 1912 hatten jahrhundertelang Türken hier das Sagen, heute kommen sie als Touristen. Auch Russen entdecken zunehmend die Stadt. Kreuzfahrtschiffe laufen den wichtigen Balkan-Hafen an und bringen mehr Gäste, zur Freude von Fremdenführerin Maria Kesoglou. Sie kann ihnen aus jeder Epoche etwas zeigen: vom Kinomuseum im Hafen bis zum Triumphbogen des Galerius aus der Zeit um 300. Damals residierte auch mal ein römischer Kaiser in dieser Stadt, die sich oft auf neue Herrscher einstellen musste. Der mächtige Rundbau „Rotunde“, den Kaiser Galerius sich wohl als Mausoleum bauen ließ, bekam später ein Minarett an die Seite gestellt – heute das einzige in der Stadt. Im Innern der Rotunde steht etwas verloren ein christlicher Altar im Halbdunkel, umgeben von Gerüsten. Wenn mal wieder Geld fließt, so sagt es die Fremdenführerin, soll weiter an der Restaurierung des mittelalterlichen Deckenmosaiks gearbeitet werden. Das Erdbeben von 1978 hat dem Bau zugesetzt. Sarazenen und Sultane eroberten Thessaloniki, für kurze Zeit mal Venezianer, im Zweiten Weltkrieg die Deutschen. Gegründet wurde die Stadt von den Nachfolgern Alexanders des Großen von Makedonien – sein Reiterstandbild steht an der Uferpromenade, die gerade verbreitert und begrünt wurde. Fremdenführerin Kesoglou stellt erstaunt fest, dass dort Radler klingeln und ein paar Angler hocken: „Das ist eine neue Mode.“ Die Promenade führt am Wahrzeichen der Stadt vorbei: dem Weißen Turm. Das war mal ein „Blutturm“, berichtet Kesoglou – denn ein Sultan ließ dort Gefangene hinrichten. Ein anderer ließ den Turm später weißen. Heute zeigen die Mauersteine Naturfarbe, dafür ist in den mittelalterlichen Bau die Moderne eingezogen: Wer sich in der Ausstellung über die Geschichte informieren will, kann auf MultimediaBildschirme in den Tischen drücken. Maria Kesoglou führt uns ins Archäologische Museum in Thessaloniki und zur Biennale zeitgenössischer Kunst, die dieses Jahr bis Ende Januar dauert. Mehr Gegensatz geht nicht: am Morgen das Gold der Makedonen, am Abend eine Installation aus Scherben mit einem umgekippten Boot – wohl eine Kritik der Künstlerin Maria Papadimitriou an Europas Flüchtlingspolitik. Fremdenführerin Kesoglou freut sich, dass sie den Besuchern nicht bloß „Vase, Vase, Vase“ zeigen kann. Vielmehr sind die Museen nach Themen gegliedert, mit farbigen Wänden gestaltet und bieten auch englische Texte an den Vitrinen. Außer uns ist eine Grundschulklasse im Museum – die Kinder schauen einen Film und haben Arbeitsblätter zum Ausfüllen bekommen. Nicht alle Sehenswürdigkeiten sind täglich geöffnet, die Griechen müssen sparen. Die Fremdenführerin rät zum Nachfragen, ob etwa die Ausgrabungsstätte am Forum oder das ehemalige türkische Bad Bey Hamam geöffnet sind. Immer lohnend ist ein Bummel durch die langen Markthallen, mit den Hackklötzen der Fleischer und dem Farbenspiel der Früchte, die in Nordgriechenland wachsen: Kirschen und Kiwis, Weintrauben und Granatäpfel. Dann zieht es die Besucher wieder hinaus aufs Land, zum Sitz der griechischen Götter. GRIECHENLAND TÜRKEI 20 0 diesen Morgen einen Streik angekündigt. Später begegnet uns noch ein Demonstrationszug nahe der Universität, begleitet von Polizisten mit Schilden. Doch Markthallen und Museen, Kirchen und Restaurants empfangen uns mit der bekannten griechischen Gastfreundschaft. Friedlich liegt die Oberstadt in der Sonne und öffnet bei den Souvenirläden an der Stadtmauer einen Panoramablick zum Meer. Für die Aussicht bis zum 70 Kilometer entfernten Olymp ist es allerdings zu diesig. Dessen Gipfel ist ohnehin meist in den Wolkendunst gehüllt, aus dem Zeus ab und zu seine Blitze zu schleudern pflegt. 2 Thessaloniki Kilometer p Anreise: Flug nach Thessaloniki von Sachsen oder Tegel nur mit Umsteigen. Weiterfahrt nach Litochoro und Dion gut eine Stunde über Autobahn A 1, mit mehreren Mautstationen. Es verkehren auch Linienbusse. p Beste Reisezeit: Die Einheimischen empfehlen Thessaloniki zwar für das ganze Jahr, aber im Sommer ist es recht heiß. Studienreisen finden meistens von Ostern bis Juli sowie wieder im Herbst statt. p Umgebung: Die Halbinsel Chalkidiki ist bekannt für ihre Sandstrände. Nordgriechenland bietet Skigebiete. Der Olymp soll in der Regel von Mitte Juni bis Ende Oktober gut zu besteigen sein, bei Schnee nur von Experten. Ein Gipfel ist 2918 Meter hoch. p Unterkunft: Thessaloniki bietet Hotels aller Preisklassen. In Litochoro gibt es kleinere Hotels, auch Gästehäuser und einen Campingplatz am sieben Kilometer entfernten Strand. p Ein gründlicher Reiseführer „Nordund Mittel-Griechenland“ ist im Michael Müller Verlag erschienen, 2013 aktualisiert: 24,90 Euro. p Die Recherche wurde unterstützt von Marketing Greece, der Fluggesellschaft Aegean Airlines und dem Hotel Les Lazaristes in Thessaloniki. |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||| Von Georg Moeritz E ine herrliche Parkanlage: In der Ausgrabungsstätte von Dion haben die Archäologen weiße Säulen und Statuen geborgen und als Kopien wieder ins Grüne gestellt. Stege führen durch das sumpfige Gelände, hier und da spenden Bäume Schatten. Erst ein Drittel der antiken Stadt ist ausgegraben, samt zwei Theatern vor der Kulisse des OlympMassivs. Ginge es nach Sotiria Kokkonaki, stünden längst mehr Skulpturen im benachbarten Museum neben Heilkunst-Gott Asklepios. Doch die Fremdenführerin weiß: Es gibt Tausende Archäologen, aber Griechenland spart jetzt auch an ihnen. Seit 20 Jahren begleitet Sotiria Kokkonaki Studienreisende durch die Gegend um Thessaloniki und den Olymp. Die Griechin wurde in der Schweiz geboren und zog nach der vierten Klasse mit ihren Eltern in Antike mit Mautpflicht Expertin für früher und heute: Sotiria Kokkonaki berichtet zwischen den Ruinen von Dion, wie die alten Griechen lebten – und was sich geändert hat. Touristen reisen vor allem wegen alter Steine nach Griechenland. Aber an der Krise kommen sie nicht vorbei. deren Heimat Griechenland um. Sie hat gelernt, dass sie nicht nur nach den antiken Funden gefragt wird. Etwa nach der kleinen Orgel, die im 2. Jahrhundert aus Bleirohren zusammengefügt wurde. Unter den Touristen sind immer weniger Kenner der griechischen Sagen, der „tollen Geschichten um Betrug und Mord“. Manchmal bringen begeisterte Lehrer aus Deutschland noch ihre Schulklassen mit. Doch Studienreisen lassen nach: „Mit dem gleichen Geld kann man nach Vietnam fahren“, sagt Kokkonaki nüchtern – um gleich danach wieder mit Begeisterung für ihr Nordgriechenland zu werben. Niemand muss aus Mitleid nach Griechenland fliegen: „Hellas ist sehr, sehr gut gebucht“, heißt es bei Thomas Cook und Tui. Baden und Besichtigen in Kombination, das zieht an. Doch die Fremdenführerin, am Goethe-Institut sprachlich geschult und nach drei Jahren Studium staatlich ge- prüft, berichtet offen von den Alltagssorgen in ihrer Umgebung. Sie wohne „in einem Arbeiterviertel“, sagt Kokkonaki. Früher war es dort morgens voll auf dem Markt, jetzt trifft man sich erst gegen Mittag – in der Hoffnung auf sinkende Preise. Im Supermarkt ist fast alles teurer als in Deutschland, nur Äpfel schlagen mit Kilopreisen ab 1,18 Euro das deutsche Angebot. Die Mehrwertsteuer ist auf 23 Prozent erhöht worden, auch Benzin kostet mehr als in Deutschland. Kokkonaki sagt, dass manche Nachbarn es verheimlichen, wenn sie keinen Strom mehr haben oder zur Suppenküche gehen. Immerhin: „Wenn man so etwas mitbekommt, hilft man einander. Das war etwas verloren gegangen in den Großstädten.“ Die Thessaloniker gehen in der Woche nicht mehr so viel aus wie vor zehn Jahren, aber am Wochenende ist viel los. Kokkonaki hört die Stöckelschuhe der Nachbarstochter, wenn die um Mitternacht loszieht und erst um acht wiederkommt. „Es ist Krise“, habe die junge Frau sich verteidigt. Sie sei auf den Bus angewiesen und nehme den letzten ins Stadtzentrum und morgens den ersten für den Heimweg. Besucher der antiken Stätten werden von diesem Wandel nichts mitbekommen. Doch eines trifft sie auf dem Weg nach Dion wie die Griechen: Die Maut an der Autobahn ist schon wieder erhöht worden.