Die Fellfarbe beim Cocker Spaniel
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Die Fellfarbe beim Cocker Spaniel
Von links nach rechts: braunloh, rot, zobelschimmel, zobel, schwarzloh, braunloh, sehr dunkler Zobel-Welpe, zobel, schwarzloh. Diese beeindruckende Cockerparade stammt aus dem Zwinger «van de Dollardhoeve». Foto: Ute Rötgers-Parchmann Die Fellfarbe beim Cocker Spaniel Die Cocker Spaniels gehören weltweit zu den beliebtesten Hunderassen. Die grosse Farbenvielfalt des Cockers macht mit den besonderen Reiz dieser Rasse aus. Lesen Sie im ersten Teil dieses Artikels, welche Farben es beim Cocker gibt, und folgen Sie uns auf eine spannende Reise zu den Ursprüngen der Zobelfarbe. Von Dr. Anna Laukner Kopfstudie einer Braunschimmelhündin mit loh (Fleur vom Birkenwinkel). Dieser Farbschlag gehört zu den seltensten «klassischen» Cocker-Farben. Foto: Bianka Titus-Langer 38 Die Spanielrassen gehören zu einer Gruppe, die bereits seit mehreren Jahrhunderten in vielen europäischen Ländern als Stöber- und Buschierhunde sowie als Wasserhunde eingesetzt wurden. Stöberhunde suchen selbstständig das Wild und folgen ihm laut auf der Fährte; Buschierhunde suchen in der Nähe und unter Einflussnahme des Hundeführers. Die heute bekannten Rassen bildeten sich relativ spät heraus – erst seit rund 100 Jahren unterscheidet man die einzelnen Spanielrassen; der amerikanische Cocker Spaniel wurde gar erst in den 1940er-Jahren als eigenständige Rasse anerkannt. Er wurde in den USA aus dem englischen Cocker Spaniel durch reine Selektion – also ohne Einkreuzung anderer Rassen – gezüchtet. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war der Cocker vor allem ein Jagdgebrauchshund. Heute wird er in erster Linie als Familienhund gehalten und in geringerem Umfang auch noch jagdlich geführt. Seit die Rasse einer breiten Öffentlichkeit bekannt ist und seine Beliebtheit stark zunahm, erweiterte sich auch die Palette der Fellfarben. Die ersten Farben, die beim Cocker schriftlich erwähnt wurden, sind leberfarben, schwarz, schwarzloh, rot und zitronenfarbig, jeweils mit oder ohne Weissscheckung. Besonders © Schweizer Hunde Magazin 5/10 erwünscht war vor allem die Weissscheckung, weil so der Jäger den Hund im Dickicht besser sehen konnte. Heute gibt der Standard keine besonderen Farben mehr vor; unter dem Stichwort Farbe heisst es dort: «Verschiedene. Bei Einfarbigen kein Weiss erlaubt ausser an der Brust.» «Klassische» Cockerfarben Zu den Fellfarben, die sich bis in die 1990er-Jahre beim Cocker Spaniel als «typisch» etabliert haben, gehören einfarbig rot, schwarz, schwarzloh und – etwas seltener – braun und braunloh. Als bunte Farben bezeichnet man die Schecken (orange/weiss, schwarz/weiss, braun/weiss, schwarz/weiss mit loh und braun/weiss mit loh) sowie Die braune Cockerhündin «Alina vom Dunklen Kristall». In den Anfängen der Cockerzucht auf dem Kontinent wurde die Rasse fast ausschliesslich jagdlich geführt; vor allem die traditionellen Jagdhundefarben Braun, Braunschecke und Braunschimmel waren damals verbreitet. Heute gehören sie zu den eher seltenen Farbschlägen der Rasse. Foto: Bianka Titus-Langer Fellfarben Vier «klassische» Cockerfarben (Zwinger «vom Birkenwinkel»): Von links nach rechts: schwarz, rot, schwarzloh; liegend: braunloh. Foto: Bianka Titus-Langer die Schimmel (Orangeschimmel, Blauschimmel, Braunschimmel, jeweils mit oder ohne lohfarbene Abzeichen). Üblicherweise werden heute jeweils nur bunte mit bunten Cockern und einfarbige mit einfarbigen Cockern verpaart. Dies wird damit begründet, dass man die Ausbreitung weisser Abzeichen bei einfarbigen Cockern verhindern möchte. Wie oben schon erwähnt, sind bei einfarbigen keine weissen Abzeichen erlaubt ausser an der Brust. Würde man nun einen einfarbigen Cocker mit einem Schecken oder einem Schimmel verpaaren, so könnten unter den Nachkommen Hunde sein, die ausgedehnte weisse Abzeichen zeigen – zuwenig, um als Schecke zu gelten, und zuviel, als man sich bei einem einfarbigen Hund wünscht. Der Field Spaniel, der sich ursprünglich nur durch die Grösse vom Cocker unterschied, kann (selten) ebenfalls Loh-Abzeichen besitzen. In den Field Spaniel wiederum sollen die Loh-Abzeichen durch die Beteiligung diverser Jagdhundrassen, vor allem Laufhunde, gekommen sein (Jacobs, 1982). Jacobs nimmt weiterhin an, dass der moderne Cocker Spaniel unter anderem durch die Einkreuzung von Bloodhound x Terrier-Kreuzungen entstanden ist; es sollen auch English Setters beteiligt gewesen sein. Dies ist vor allem in Hinblick auf die «moderne» Farbe Zobel bemerkenswert, denn diese ist auch eine typische «Hound-Farbe». «Moderne» Cockerfarben Mitte der 1980er-Jahre trat eine «neue» Cockerfarbe ans Licht der Öffentlichkeit: Zobel – «neu» in Anführungszeichen, da Zobelfarbene Cocker bereits Jahrzehnte früher auftraten, wie Bianka Titus-Langer mit detektivischem Spürsinn nachweisen konnte (siehe nachfolgend). (Dunkel-) Zobelfarbene Cocker haben eine lohfarbene Grundfarbe mit einer dunkleren Decke, die sich über den Rücken, die Oberseite des Halses und als typische Maske auch über einen Teil des Oberkopfes erstreckt. Der dunklere Farbanteil setzt sich aus zweifarbigen Einzelhaaren mit einer helleren Basis und einer dunkleren Spitze zusammen. Die Zobelzeichnung kann variieren und je nach Hund mehr oder weniger ausgedehnte dunkle Fellanteile zeigen; die Farbverteilung der Einzelhaare kann ebenfalls variieren. Die sogenannten Rot- oder Goldzobel sind fast ganz rote Hunde, die lediglich wenige dunkle Haarspitzen aufweisen. Beim Welpen sind diese dunkleren Haarspitzen noch ausgeprägter zu sehen, beim erwachsenen Hund sind sie oft nicht mehr sichtbar und können so zu einer Verwechslung mit einem «echten» Roten führen. Möglicherweise gehen Goldzobel und Dunkelzobel auf unterschiedliche Gene zurück (mehr dazu im zweiten Teil dieses Artikels). Dunkelzobelfarbene Welpen sehen in den ersten Lebenstagen bis -wochen schwarzlohfarbenen Welpen sehr ähnlich, bis die Abzeichen sich zunehmend ausbreiten. In vereinzelten Fällen fällt es selbst einem Rassekenner nicht leicht, bei einem neugeborenen oder wenige Tage alten Welpen sicher zu sagen, ob er nun schwarzloh oder dunkelzobel ist. Hier hilft es, die Haare am Rücken gegen den Strich zu streichen: Sind hellere Haaransätze zu sehen, handelt es sich um einen Zobel, sind die Haare von der Basis bis zur Spitze schwarz gefärbt, hat man es mit Schwarzloh zu tun. Heute ist die Zobelfarbe beim Cocker beliebt und verbreitet, hinzugekommen sind mittlerweile auch Braunzobel sowie Zobelschimmel und Zobelschecken (jeweils natürlich auch in braunzobel und rotzobel). Farbzuchtpraktik In Deutschland existiert ein Verpaarungsverbot bunter x einfarbiger Cocker, um die weissen Abzeichen bei den einfarbigen Hunden so gering wie möglich zu halten. In anderen europäischen Ländern – unter anderem in der Schweiz und in Schweden – gibt es ein solches Paarungsverbot nicht, aber auch hier verpaart man vorzugsweise einfarbige mit einfarbigen und bunte mit bunten Cockern. In Deutschland wird übrigens über eine Aufhebung des Paarungsverbotes einfarbig x bunt nachgedacht. Hintergrund ist unter anderem die VDH-Zuchtordnung (der VDH ist der deutsche Dachverband, entsprechend der schweizerischen SKG), nach der Paarungen von Farbvarianten von den Rassehunde-Zuchtvereinen nur bei genetischer Begründung untersagt werden dürfen. Diese Bestimmung ist durchaus sinnvoll, denn durch getrennte Farbenzucht wird die genetische Vielfalt einer Rasse (und damit auch die genetische Fitness) eingeschränkt. Eine Standardänderung ist übrigens derzeit nicht in Sicht, nämlich dahingehend, auch einfarbige mit grösseren weissen Abzeichen zu erlauben. Immer wieder hört man von der Vorstellung, dass die lohfarbenen Abzeichen sich ausdehnen, wenn immer nur Schwarzloh untereinander verpaart wurde. Deshalb wurde (und wird) manchmal empfohlen, Schwarzloh immer wieder einmal mit Schwarz zu verpaaren, um die Abzeichen nicht «auseinander laufen» zu lassen. Diese Vorstellung ist jedoch falsch und aus genetischer Sicht nicht nachvollziehbar. Auch praktisch lässt sie sich anhand eines Vergleichs leicht entkräften: Manche Hunderasse gibt es nur in schwarzloh (Rottweiler, Dobermann, Gordon Setter), weder Farbintensität noch Farbverteilung leiden darunter. Hellgeschimmelter Orangeschimmel mit intensiver Pigmentierung («Xantos vom Schloss Hellenstein»). Foto: Monika Bollinger Lesen Sie im nächsten Heft mehr über die genetischen Grundlagen der Fellfarben beim Cocker Spaniel. © Schweizer Hunde Magazin 5/10 39 Zobel – Zurück zu den Wurzeln Woher kommt die Zobelfarbe? Handelt es sich vielleicht um eine Mutation, wie in manchen Artikeln zu lesen ist? Oder ist es doch eine «alte» Farbe? Die Ursprünge der zobelfarbenen Cocker liegen im Dunkeln. Dies ist ein Versuch, etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen. Bild oben: Zobel (rechts) und goldzobel (links) im direkten Vergleich. «Raya vom Heidebusch» ist die erste in die Schweiz importierte Zobelhündin. Der Goldzobel-Rüde «Zampano Levana» wurde in der Schweiz gezüchtet. Foto: Theres Lang Von Bianka Titus-Langer Mitte der 80er-Jahre wurden zwei zobelfarbene Hündinnen aus den USA nach Deutschland importiert. Damals, ich kann mich noch genau erinnern, war von einer «Mutation» die Rede, aus der die Amerikaner einen völlig neuen Farbschlag hervorgezaubert hätten. Eine Behauptung, die schlichtweg aus der Luft gegriffen war. Zucht in Amerika Bild rechts: Der zobelfarbene Rüde «Elmbury Cinnanom Teal» ist der Stammvater aller zobelfarbenen Englisch Cocker in Europa. Dick Squier hatte das Dia vor vielen Jahren an Bruno Richter, Spanielexperte und langjähriger Amtsträger im Deutschen Jagdspaniel-Klub, geschickt. Foto: zVg 40 Tatsächlich kann die Zobelfarbe bis in die frühen Jahre der Cockerzucht um 1900 zurückverfolgt werden. Bereits 1909 wurde in das Zuchtbuch des American Kennel Club (AKC) ein zobelfarbener Welpe eingetragen; die genaue Farbangabe «sable and white», also zobel und weiss. Bis in die 40er-Jahre hinein tauchten immer wieder vereinzelte Zobelfarbene in den amerikanischen Zuchtbüchern mit teils phantasievollen Bezeichnungen auf – die Palette reichte von rotzobel über braunzobel und orangezobel bis hin zu «loh mit schwarzen Haaren» oder «rot mit schwarzen Ohren». Die meisten Zobel wurden im Zuchtbuch des AKC jedoch leider als «mahogani» oder «rot» registriert. Die Frage, warum man den Begriff «zobel» vermied und lieber auf gängige Farbbezeichnungen auswich, muss offen bleiben. Allerdings erschwert das die Forschungen nach den Ursprüngen immens, ja macht sie nahezu unmöglich. © Schweizer Hunde Magazin 5/10 Bereits in den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts begann ein Amerikaner gezielt nach der Zobelfarbe zu forschen. 1938 behandelte Dr. James Mel. Phillips in seinem Fachartikel «Sable Coat Color in Cockers», der im amerikanischen «Journal of Heredity» veröffentlicht wurde, die Zobelfarbe. Das grosse Rätsel bei der ganzen Sache: Auch Phillips konnte nicht erklären, wo die Ursprünge dieser seltsamen Farbe lagen. Dr. Frances Greer, die amerikanische Zuchtforscherin, bestätigt in ihrem in den 80er-Jahren erschienenen Buch «Cocker Champions in Story and Pedigree, Volume 2», dass in frühen Jahren der Cockerzucht die Farbbezeichnung «zobel» kaum verwendet wurde. Greer: «Die Sablezeichnung beim Cocker war wahrscheinlich viel häufiger, als sie in den Zuchtbüchern auftaucht.» Fellfarben Greer untermauert diese These mit einem Beispiel, das ihr eine wahre Detektivarbeit abverlangt hatte. Ch. Dogwood Rouge et Noir (geboren am 15.11.1931) wurde als roter Cocker registriert. Dennoch deutete schon sein Name darauf hin, dass «in seinem roten Fell etwas Schwarz gewesen sein muss», so Greer. Als sie in einer Privatsammlung endlich ein Schwarz-Weiss-Foto des Rüdens fand, konnte sie nicht eindeutig feststellen, ob dieser nun tatsächlich zobel oder vielleicht sogar ein «Black and Tan» gewesen war. Wie viele Forscher wollte sich Frances Greer nicht so einfach geschlagen geben. Über Umwege konnte sie jedoch letztendlich den Beweis antreten, dass «Rouge et Noir» unter die Kategorie «zobel» einzustufen war. Doch woher kam die Zobelfarbe? Zwei schwarze Rüden, Vater und Sohn, 1919 und 1922 geboren, sind in den meisten Ahnentafeln der wenigen frühen zobelfarbenen Cocker in Amerika und Kanada zu finden. Anhand von umfangreichen Zuchtbuchforschungen konnte Greer den sicheren Nachweis erbringen, dass beide Hunde das Zobelgen versteckt in sich trugen. Doch gab es eigentlich zobelfarbene Cocker auch schon in den frühen Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts in Europa? Diese Frage muss wohl leider pure Spekulation bleiben. Zucht in England Tatsache ist, dass es die Zobelfarbe nicht nur in Amerika, sondern auch in England, also im Mutterland, schon in den frühen Jahren der Cockerzucht gegeben haben muss. Schliesslich wurden die amerikanische und die kanadische Cockerzucht mit Importhunden aus dem Mutterland aufgebaut. Dass die Zobelfarbe in den englischen Blutlinien über viele Jahrzehnte verdeckt weiter getragen wurde, ist Fakt. Am 16. Januar 1976 – ein historisches Datum für die Zobelzucht – fiel in der Zucht «Elmbury» von Roger HallJones (und seiner Mutter A.M. Jones, Zucht «Mittina») ein Wurf aus einem roten Rüden und einer schwarzen Hündin. Im Wurf waren zwei vermeintliche black and tan Welpen. Als die Welpen heranwuchsen, stellte Mrs. Jones eine gewisse Farbveränderung fest, konnte diese aber nicht einordnen. Vor allem im Sonnenlicht schimmerte das Haar der Welpen wohl ganz besonders faszinierend. Dass die beiden etwas ganz Spezielles waren, das war Mrs. Jones schon zu diesem Zeitpunkt klar. Und so tat sie – war es Intuition oder reiner Zufall? – etwas Entscheidendes für die Cockerwelt und die heutige Zobelzucht. Mrs. Jones bot einem befreundeten Züchter in Amerika einen der beiden Welpen an. Sie war wohl der Meinung, dass der kleine Rüde mit dem seltsam schimmernden Haar im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine grössere Zukunft haben würde als in seiner traditionell verhafteten Heimat. So kaufte Dick Squier (Zwinger «Squier’s») den vermeintlichen black and tan Rüden «Elmbury Cinnamon Teal». Als der Rüde heranwuchs, veränderte sich seine Farbe mehr und mehr. Also wendete sich Squier an eine Freundin, die black and tan Cocker züchtete. «Nicht lange nachdem Dick den jungen Hund gekauft hatte, rief er mich an. Er war sich nicht ganz sicher, was passierte, ausser dass die Fellhaare anfingen, zweifarbig zu werden – teils schwarz, teils rot», erinnert sich Kate Romanski. «Die einzige Farbe, die mir aufgrund der genauen Beschreibung in den Sinn kam, war ‹sable›.Wie ich mich erinnere, nahmen wir Fotos einer meiner black and tan Hündinnen und Fotos von Cinnamon, schickten Haarproben beider Hunde an den AKC und dort war man einverstanden, Cinnamon Teal als ‹sable and tan› zu registrieren.» Der Rüde, nun offiziell als zobel geführt, sorgte für Wirbel in der amerikanischen Cockerwelt. Böse Zungen behaupteten gar, dass er aus einer Paarung zwischen einem Cocker und einer Beagle-Hündin stammte. Blanker Unsinn, wenn man die Fotos dieses typischen, zweifelsohne reinrassigen Cockers zur Hand nimmt. Allen Unkenrufen und vielen Rückschlägen in seiner Ausstellungskarriere zum Trotz (er wurde so manches Mal wegen seiner Farbe aus dem Ring geschickt) gewann der einzigartige Cockerrüde sogar ein kanadisches Championat. Fuss fasste die Zobelfarbe in Amerika bis heute nicht.Alle zobelfarbenen Welpen verkaufte Dick Squier als «pets» (Haustiere) in Privathand. In fremden Zwingern wurde «Cinnamon» nie als Deckrüde eingesetzt. Der Grossteil – Züchter wie Richter – distanzierte sich von der Zobelfarbe. 1985, neun Jahre nachdem Cinnamon geboren worden war, schickte Dick Squier ein Pärchen zobelfarbener Hündinnen nach Deutschland. Fünf Jahre später folgten ein zobelfarbener Rüde und eine zobelfarbene Hündin in einen zweiten deutschen Zwinger. Im Gegensatz zu Amerika fand die Zobelfarbe in Europa schnell ihre Liebhaber. Der Siegeszug der Zobel war nicht mehr aufzuhalten. Theres Lang, eine etablierte Züchterin von englischen Cocker-Spaniels in der Schweiz, importierte die erste zobelfarbene Hündin vor genau zwanzig Jahren aus Deutschland. Auf Nachfrage erzählte sie mir, dass die zobelfarbenen Cocker in der Schweiz allerdings nicht sehr verbreitet seien. Besonders stolz ist Theres Lang auf den von ihr gezüchteten Rüden «Xamos Levana». Auf ihn gehen die ersten Zobelschimmel, die wiederum in Schweden gezüchtet wurden, zurück. Eines ist jedoch unbestritten: Inzwischen kann man sicher sagen, dass die Farbe Zobel keine Mutation ist, sondern eine alte Farbe, die leider in Vergesseheit geriet oder eben über Jahrzehnte, wenn nicht gar ein ganzes Jahrhundert lang, ignoriert wurde. Die typische Haarfärbung bei einem zobelfarbenen Cocker – das Haar ist an der Wurzel rot und läuft an den Spitzen schwarz aus. Beim Welpen erscheinen diese Haare oft schwarz. Bei sehr dunklen Zobeln tritt die typische Zobelfärbung oft sehr viel später immer deutlicher zu Tage. Foto: Bianka Titus-Langer © Schweizer Hunde Magazin 5/10 41 Ein dunkler Zobel mit schwarzem Pigment («Amy van de Dollardhoeve»). Foto: Ute Rötgers-Parchmann Die Fellfarben beim Cocker Spaniel, Teil 2 Auch wenn die vielfältigen Farbschläge beim Cocker auf den ersten Blick unüberschaubar erscheinen mögen, lassen sie sich doch recht klar und übersichtlich einteilen. Von Dr. Anna Laukner Pigmentarten und Fellfarben – Es gibt prinzipiell nur zwei Pigmentarten: Eumelanin (verantwortlich für dunkle Farben wie schwarz oder leberfarben) und Phäomelanin (verantwortlich für helle Farben wie rot oder lohfarben). Beide Pigmentarten können durch verschiedene Faktoren (Gene) verändert werden: Beim Eumelanin kann der Faktor b das schwarze Pigment zu leberbraun verdünnen, der Faktor B sorgt für schwarzes Eumelanin. Die Faktoren des Genortes B (also B bzw. b) wirken auch auf die Haut, deshalb haben leberfarbene Hunde immer auch leberbraune Nasen, nie schwarze. Das Pigment Phäomelanin sorgt für rötliches Haar. Aufhellende Faktoren können es zu Gelb und sogar bis zu einem sehr hellen Cremeweiss verändern. Intensivierende Faktoren sorgen hingegen für ein intensives und kräftiges Rot. Die Farben Gelb bis Rot kommen zustande, wenn der Hund am Genort E das Gen e trägt und somit überhaupt kein Eumelanin, sondern nur Phäomelanin im Haar bilden kann. Da e rezessiv gegenüber E ist, braucht der Hund zwei e, um rot zu sein. Rote Hunde sind also 72 © Schweizer Hunde Magazin 6/10 immer reinerbig, untereinander verpaart können immer nur rote Hunde entstehen. Der Nasenspiegel kann bei roten Hunden schwarz oder braun sein – je nachdem ob der Hund am Genort BB oder b trägt. Ein wieder anderes Gen, KB, sorgt dafür, dass der Hund nur Eumelanin bilden kann. Solche Hunde sind entweder einfarbig schwarz oder einfarbig leberbraun. Das rezessive Gen ky hingegen lässt auch Zeichnungsmuster zu, die Dieselbe Hündin noch mit Welpenflaum im Alter von etwa 8 Monaten … Foto: Rolf Heinze Fellfarben … und getrimmt im Alter von knapp 1,5 Jahren. Dichte Unterwolle kann das farbliche Erscheinungsbild eines Hundes, insbesondere eines Zobels (hier eine Braunzobelhündin) beeinflussen («Quema of Bloodline»). Foto: Rolf Heinze Scheckung und Schimmelung aus Eumelanin und Phäomelanin zusammengesetzt sind. Ein schwarzer Hund kann also (theoretisch) jede andere Farbe weitervererben. Zeichnungsmuster Neben den Grundfarben gibt es beim Cocker noch die Zeichnungsmuster Lohfarben und Zobel. Bei der Lohzeichnung besitzt der Hund eine einheitliche Grundfärbung (also schwarz oder leberfarben) mit klar abgesetzten rötlichen Abzeichen an den Wangen, oberhalb der Augen, an der Kehle, der Brust, den Läufen und unter der Rutenwurzel. Man nennt diesen Farbschlag beim Cocker Spaniel, je nach der Grundfarbe, schwarzloh oder braunloh. Kommt anstelle des Lohfaktors der Zobelfaktor zur Ausprägung, so sind die Lohabzeichen viel ausgedehnter, in der Regel kommt es auch zur typischen Gesichtsmaske (die im englischen widow´s peak, zu deutsch Witwenkappe genannt wird). Die beim schwarzlohfarbenen Hund tiefschwarzen Haare sind beim Zobel an der Basis heller; dies kann man erkennen, wenn man das Fell des Hundes auf dem Rücken gegen den Strich streicht. Die Varianz zobelfarbener Hunde ist viel grösser als die schwarzlohfarbener Hunde. Die Ausdehnung der schwarzen Anteile und die Ausprägung der dunklen Gesichtsmaske können von Hund zu Hund recht unterschiedlich sein. Sind die dunklen Anteile braun, so spricht man von einem Braunzobel. Der Goldzobel hat eine gelbe bis rote Grundfarbe, nur vereinzelte Haarspitzen sind dunkel. Beim Goldzobel-Welpen sind die dunklen Haarspitzen markanter, mit zunehmendem Alter verblassen sie, so dass man einen Goldzobel nicht immer ganz sicher von einem roten Cocker unterscheiden kann. Noch schwieriger ist dies bei einem braunfaktorierten Goldzobel – hier ist der Kontrast zwischen den leberbraunen Haarspitzen und der rötlichen Grundtönung noch geringer. Beim erwachsenen Goldzobel sind es oft nur noch wenige Merkmale, die ihn von einem Roten unterscheiden, so etwa dunkel umrandete Augen, bei manchen Hunden auch eine zweifarbige Wechselnase (Pigmentverlust). Auch ein Roter kann eine Wechselnase haben, hier ist sie dann aber im Ganzen aufgehellt ohne die typische herzförmige Musterung. Am besten kann man sich den Scheckungsfaktor so vorstellen, als ob ein weisses Leintuch über einen farbigen Hund geworfen und danach Löcher hineingeschnitten würden, durch die man die «Grundfarbe» erkennen kann: Ein schwarzer Hund wird durch den Scheckungsfaktor schwarz/weiss, ein braunlohfarbener Hund wird braun/ weiss mit Loh, ein Zobel wird ein Zobelschecke. Die Scheckung ist rezessiv gegenüber Nicht-Scheckung. Das bedeutet, zwei gescheckte Hunde können keine einfarbigen Nachkommen haben, zwei einfarbige Hunde hingegen können, sofern sie jeweils ein Scheckungsgen tragen, gescheckte Nachkommen zeugen. Die Schimmelung schliesslich unterscheidet sich von der Scheckung nur dadurch, dass im Verlauf der ersten Lebenswochen feine Farbsprenkel in den weissen Bereichen auftreten. Ein Braunzobel wird durch den Scheckungsfaktor und den zusätzlichen Schimmelungsfaktor also ein Braunzobelschimmel, ein schwarzer wird ein Blauschimmel etc. Schimmelung ist dominant über Nicht-Schimmelung: Zwei Schimmel können gescheckten Nachwuchs zeugen, zwei Schecken hingegen keinen geschimmelten. Auf diese Art lassen sich die heute bekannten Farbschläge beim Cocker ganz einfach erklären – mit Ausnahme des Zobels, der die Genetiker nach wie vor vor einige Rätsel stellt (mehr dazu in Teil 3 im nächsten Heft). Farbvererbung Für die Fellfarbe verantwortlich sind mehrere Genorte. An jedem Genort gibt es mindestens zwei mögliche Zustandsformen des entsprechenden Gens (man nennt sie Allele). Dominante Allele werden mit Grossbuchstaben gekennzeichnet, rezessive Allele mit Kleinbuchstaben. Beim Cocker Spaniel relevant sind folgende Farbgenorte: A, B, E, K, S und T.Am Genort B sind es B (schwarzes Eumelanin) und b (braunes Eumelanin). Genort E entscheidet, ob der Hund Eumelanin ausprägen kann (Allel E) oder ob er nur Phäomelanin ins Haar einlagert (Allel e). Genort K hat das dominante Allel K (bei solchen Hunden breitet sich das Eumelanin über den ganzen Körper aus, sie sind also einfarbig schwarz oder braun). Das rezessive Allel kY hingegen lässt die Geninformation des Genortes A zum Ausdruck kommen (mehr zum Genort A weiter unten). Die Genkonstellation ee ist übrigens epistatisch über die Gene des Genortes K: Das bedeutet, ein Hund mit eeKBKB ist rot, nicht schwarz. Am Genort S entscheidet sich, ob der Hund gescheckt oder einfarbig ist (Allel S für einfarbig und sP für gescheckt), und am Genort T (T wird abgeleitet vom englischen ticking, zu deutsch Sprenkelung) schliesslich wird entschieden, ob ein gescheckter © Schweizer Hunde Magazin 6/10 73 Genotyp-Formeln: Dominante Allele sind einfach angeführt, da das jeweils zweite Allel sich hier nicht auf den Phänotyp auswirkt. Eumelanin schwarz, schwarzes Nasenpigment B Eumelanin braun, braunes Nasenpigment bb Einheitliche Grundfarbe Haarkleid nur Eumelanin KBE Haarkleid nur Phäomelanin ee Bunt (Schimmel) sPsPT Blauschimmel Orangeschimmel Einfarbig S Schwarz Bunt (Schecke) sPsPtt Lohfaktor atat Zobelfaktor (Genotyp noch nicht gesichert, evtl. unterschiedliche genetische Grundlagen für Zobel und Goldzobel) Zobel Goldzobel Blauschimmel mit Loh Zobelschimmel Orangezobelschimmel Rot Schwarzloh Zobel Goldzobel Schwarz/Weiss Orange/Weiss Schwarz/Weiss mit Loh Zobelschecke Orangezobel/Weiss Bunt (Schimmel) sPsPT Braunschimmel Orangeschimmel mit brauner Nase Braunschimmel mit Loh Braunzobelschimmel Orangezobelschimmel (braunfaktoriert) Einfarbig S Braun Rot mit brauner Nase Braunloh Braunzobel Goldzobel (braunfaktoriert) Bunt (Schecke) sPsPtt Braun/Weiss Orange/Weiss mit brauner Nase Braun/Weiss mit Loh Braunzobelschecke Orangezobel/Weiss (braunfaktoriert) Copyright Dr. Anna Laukner 2010 Hund Schimmelung entwickelt oder nicht. Schecken und Schimmel werden übrigens beide gescheckt geboren; Schecken haben zunächst einen gefleckten Nasenspiegel, der sich in den ersten Lebenswochen oft nur langsam durchpigmentiert und als weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal rosa gefleckte Fussballen, Schimmelwelpen kommen mit dunklen Ballen auf die Welt. Jeder Hund besitzt seine Gene im Doppelpack: Eines stammt von der Mutter, eines vom Vater. Wichtig für die Ausprägung der Fellfarbe ist, ob ein Allel dominant oder rezessiv ist. Dominant bedeutet, das entsprechende Allel entscheidet über das Aussehen des Hundes, egal ob er in Bezug auf das Merkmal reinerbig oder mischerbig ist. Ein rezessives Allel entscheidet nur über das Aussehen des Hundes, wenn es reinerbig vorliegt. Ein Beispiel: Ein Hund mit bb ist braun, ein schwarzer Hund kann hingegen Bb oder BB sein. Zwei schwarze Hunde können also braune Welpen bringen, zwei braune hingegen keine schwarzen Welpen. Jeder Cocker hat an jedem Genort zwei Allele – auch wenn sie nicht zur Ausprägung kommen (wie etwa die Gene für Schimmelung bei einem einfarbigen Hund oder die Gene des A-Lokus bei einem einfarbig schwarzen oder braunen Hund). So erklärt es sich, dass ein Schecke und ein einfarbiger Cocker geschimmelte Welpen haben können. Oder ein roter mit einem schwarzen Cocker braunlohfarbene Welpen. Die Gene der einzelnen Genorte vererben sich unabhängig voneinander – sie sind also in vielfältigen Variationen kombinierbar, was die grosse Bandbreite der Fellfarben und Zeichnungsmuster beim Cocker Spaniel erklärt (siehe Tabelle). Ausserdem können sich rezessive Allele über viele Generationen hinter dominanten Allelen «verstecken». Das erklärt, warum auch viele Jahrzehnte, nachdem die einfarbig x bunt-Verpaarungen in Deutschland als nicht mehr zulässig erklärt wurden, immer wieder einmal bunte Welpen aus einer einfarbig x einfarbig-Verpaarung fallen. 74 © Schweizer Hunde Magazin 6/10 Die Vererbung der einzelnen Farbvarianten ist etwas, was vielen Züchtern Kopfzerbrechen bereitet. Und in der Tat ist es – zumindest zum heutigen Zeitpunkt – in vielen Fällen nicht leicht bzw. nicht möglich, die Farben der Welpen vorherzusagen. Nur wenige Kombinationen sind so eindeutig wie rot x rot: Hier können nämlich nur rote Welpen fallen, vorausgesetzt, die Eltern sind reinerbig einfarbig, sonst sind natürlich auch orange/weiss bzw. Orangeschimmel zu erwarten. Ausblick «Neue» Fellfarben werden bei allen Hunderassen erfahrungsgemäss von vielen Züchtern anfangs kritisch beäugt. Man muss sich jedoch vor Augen halten, dass die genetische Vielfalt auch zur Vitalität einer Rasse beiträgt. Auch die Zobelfarbe beim Cocker hatte es zu Beginn nicht leicht, und selbst heute kann sich nicht jeder Züchter mit Zobel, Zobelschimmel und Zobelschecke anfreunden. Bei vielen Cockerfreunden kommen diese attraktiven Farbschläge jedoch gut an, und wenn man einen Blick in die Deckrüdenlisten wirft, so sieht man, dass auch die Zobelfarbe längst Eintritt in den Kreis jagdlich geführter Cocker Spaniel gefunden hat. Wird es in 20 Jahren noch mehr Farbschläge beim Cocker Spaniel geben? Schwer zu sagen – denn obschon der Rassestandard keine Farbe a priori ausschliesst, wäre es doch verwunderlich, wenn aus heiterem Himmel plötzlich eine ganz untypische Spanielfarbe auftreten würde. Theoretisch denkbar wäre, dass als Mutation einmal ein blauer Welpe auftaucht. Wobei blau keine typische Spanielfarbe ist, wohl aber beim Amerikanischen Cocker Spaniel immer wieder einmal auftrat und auch bei anderen europäischen Jagdhunden nur sehr selten vorkommt, ausser beim Weimaraner und vereinzelt beim Beagle sowie als Fehlfarbe ab und zu beim Grossen Fellfarben Münsterländer. Die Fellfarbe Blau kann mit Haarausfall und Hautentzündungen einhergehen; die gezielte Zucht blauer Hunde ist in manchen Rassen deshalb unerwünscht (siehe auch SHM 2/07 und 4/09). Gestromte Cocker? Auch dies wäre theoretisch denkbar, in der Praxis habe ich allerdings noch nie von einem gestromten Cocker gehört. Im Internet wird die Existenz reinrassiger gestromter Amerikanischer Cocker diskutiert, und rein theoretisch könnte sich der Erbfaktor für gestromt hinter den Genen für schwarze und auch für rote Fellfarbe «verstecken». Stromung kommt bei einigen wenigen europäischen Jagdhunderassen vor (Hannoverscher Schweisshund, Dackel), bei Stöberhunden ist sie allerdings untypisch. Die Merle-Farbe ist ebenfalls keine typische Spanielfarbe (und kommt bei nur einer europäischen Jagdhunderasse, dem norwegischen Dunkerhund vor). Da der Merlefaktor sich auch bei mischerbigen Hunden sichtbar ausprägt (bei den hellen Farbschlägen allerdings kann man ihn leicht einmal übersehen), kann er nicht verdeckt weitergegeben werden und ist somit auch beim Cocker nicht zu erwarten – es sei denn durch Einkreuzung andersrassiger Hunde. Im Internet findet man auf Anhieb viele merlefarbige Amerikanische Cocker – es ist allerdings davon auszugehen, dass diese Hunde durch Einkreuzungen (evtl. von Mini-Aussies) entstanden sind. Gerade bei ei- ner Rasse mit einem so breiten Farbspektrum wie dem Cocker Spaniel ist die Zucht mit dem Merle-Faktor (der in reinerbiger Form zu schweren Missbildungen, Taubheit und Blindheit führen kann) nicht zu befürworten (siehe dazu auch SHM 2/07 und 7/09). Weisse Cocker könnten auf zwei verschiedene Arten entstehen. Zum einen durch eine starke Aufhellung des roten Farbschlages: Beim Amerikanischen Cocker gibt es eine hellere Rotvariante, das sogenannte «buff»; ein noch weiter aufgehellter Schlag wird «silver» genannt (farblich vergleichbar einem stark aufgehellten, cremeweissen Golden Retriever). Zum anderen ist es möglich, beim gescheckten Cocker auf Extremschecken zu selektieren, bis weisse Hunde mit lediglich kleinen weissen Farbinselchen erreicht sind (solche «weissen» Cocker fallen auch «unbeabsichtigt» vereinzelt). Ein solcher «Extremschecke» ist allerdings mit einem höheren Taubheitsrisiko behaftet als ein Schecke mit mehr Farbanteil oder ein einfarbiger Hund, deshalb sollte die gezielte Zucht weisser Cocker über den Scheckungsfaktor unterbleiben (siehe auch SHM 2/97 und 9/09). Lesen Sie in Teil 3 mehr über die Vererbung der Zobelfarbe – und warum sie auch heute noch so manches Rätsel birgt. Verschiedene Scheckungs- und Schimmelungsmuster ohne Körperplatten (Extremschecke bzw. Durchgeschimmelt) kleine Körperplatten Fotos: Monika Bolliger, Zwinger «vom Schloss Hellenstein» grosse Körperplatten Schecken Hellschimmel Dunkelschimmel © Schweizer Hunde Magazin 6/10 75 Fellfarben Welche Erkenntnisse werden zukünftige Studien über die Farbvererbung beim Cocker Spaniel wohl noch bringen? Foto: Ute Rötgers-Parchmann Fellfarben beim Cocker Spaniel, Teil 3 Die Vererbung der Farbschläge beim Cocker Spaniel ist heute eigentlich recht gut bekannt und gibt wenige Rätsel auf – mit einer Ausnahme. Eine reizende Dreiergruppe von Zobelschimmeln aus dem Zwinger «van de Dollardhoeve». Von Dr. Anna Laukner Foto: Ute Rötgers-Parchmann Genetischer Spezialfall: Zobel – Zobel (engl. sable) ist keine Farbe, sondern ein Zeichnungsmuster. Es besteht aus mehrfarbigen Einzelhaaren sowie einer typischen Gesichtszeichnung. Die jeweiligen Eumelaninarten können sich je nach den anderen Genorten unterscheiden, sodass es Zobel mit schwarzem oder mit braunem Pigment (Braunzobel) gibt. Einige Verwirrung ergibt sich aus der Tatsache, dass mit Zobel (resp. sable) bei anderen Hunderassen Farben und Muster bezeichnet werden, die sich möglicherweise genetisch vom 40 © Schweizer Hunde Magazin 7/10 Cocker-Zobel unterscheiden. Ein typisches Beispiel ist der Collie. Hier heisst die klassische «Lassie-Farbe» zobel-weiss, daneben gibt es auch noch den tricolor (also schwarzloh mit weiss) Farbschlag. Die Vererbung beim Collie folgt einfachen Gesetzmässigkeiten: Zobel (genetisch Ay) ist dominant über schwarzloh (genetisch at), aus der Verpaarung zweier zobel können zobel und tricolor, aus der Verpaarung zweier tricolor Hunde jedoch niemals zobel fallen. Eine Zeitlang ging man davon aus, dass es sich mit der Vererbung der Zobelfarbe beim Cocker ebenso verhält. Nicht zuletzt deuteten die aktuellen Zuchtbuchauswertungen von Bianka Titus-Langer aber darauf hin, dass dies nicht so ist.Viele Zobelzüchter in unterschiedlichen europäischen Ländern haben ähnliche Beobachtungen gemacht, und das Züchterpaar Sten und Eva Bergquist aus Schweden hat im Jahr 2007 eine interessante These aufgestellt. Anhand ihrer Beobachtungen vermuten die beiden Züchter, dass sich das Gen für die Zobelfarbe auf dem E-Lokus befindet; sie nannten dieses Allel hypothetisch Ey und siedelten es zwischen E und e an. Und tatsächlich lassen sich so einige bislang unerklärliche Regelmässigkeiten der Zobelvererbung erklären, so unter anderem die Tatsache, dass ein roter Cocker aus einer zobel x rot Verpaarung kein zobel tragen kann sowie ein schwarzer Zobelträger kein rot tragen kann. Mittlerweile wurde durch unsere Recherchen auch eine der führenden Molekulargenetik-Forscherinnen auf dem Gebiet der Fellfarben, Dr. Sheila Schmutz, auf die Zobelfrage beim Cocker aufmerksam und hat erste Tests gestartet. Wer weiss, vielleicht ergeben sich bald neue Erkenntnisse. Nachtrag: Mitte Juli 2010 meldete sich Dr. Sheila Schmutz: Fünf zobelfarbene Cocker aus deutscher Zucht erwiesen sich im Test als reinerbig für at. Das bedeutet, dass es höchstwahrscheinlich ein Modifikator-Gen geben muss, das schwarzloh in zobel umwandelt … Dr. Schmutz wird auf diesem Gebiet weiterforschen – es bleibt also spannend … Dominantes Rot und rezessives Schwarz Ein viel diskutierter Punkt ist die Existenz eines dominanten Rot beim Cocker Spaniel, da vereinzelt von schwarzen Welpen aus roten Eltern berichtet wird. Diverse Autoren führen sein Vorhandensein an (Verwey, 1994), wie es auch aus den eigenen Untersuchungen hervorgeht (siehe Zuchtbuchauswertungen von Bianka Titus-Langer). Auch der Pionier der Fellfarben-Vererbung beim Hund, Little, geht von der Existenz zweier genetisch unterschiedlicher roter Cocker Spaniel aus und erklärt hierdurch auch das vereinzelt auftretende Vorkommen schwarzer Welpen aus roten Eltern. Möglicherweise sind Goldzobel und dominantes Rot identisch (erwachsene Goldzobel und rote Cocker können durchaus verwechselt werden), und auch bei der Eintragung der Welpen könnte durchaus auch ein Goldzobel einmal als rot «durchs Raster fallen». Besonders schwierig wird es, einen Goldzobel als solchen zu erkennen, wenn noch andere Farbfaktoren hinzukommen. Etwa der Braunfaktor, der das ohnehin nur spärlich vorhandene schwarze Pigment zu braun aufhellt; oder der Scheckungsfaktor, der viele Körperstellen weiss «übertüncht». Erfahrene Züchter berichten, dass die sichersten Erkennungszeichen für einen Goldzobelschecken bzw. –schim- mel (der entsprechend der üblichen Farbbezeichnungen beim Cocker als Orangezobelschecke bzw. –schimmel bezeichnet wird) ein dunkles Pigment um die Geschlechtsteile und am Ohrlappen sind. Lange Zeit war auch nicht klar, ob es ein rezessives Schwarz beim Cocker geben kann. Verdachtsmomente sind schwarze Welpen, die ganz vereinzelt aus rot x zobel Würfen gefallen sind (und deren Eltern durch DNA-Tests nachgewiesen wurden). Im Laufe meiner Recherchen lernte ich eine englische Züchterin kennen, die mehrere ihrer Hunde auf Farbgene testen liess. Darunter war auch ein Blauschimmel-Rüde aus einer rot x braun-Verpaarung, der nachweislich auf a getestet wurde (a steht für rezessives Schwarz aus der A-Serie). Es ist vollkommen unklar, mit welcher Häufigkeit dieses Allel in der europäischen Cocker-Population vertreten ist – fest steht nun lediglich, dass es existiert. Orangezobelschimmel und -schecken erkennt man als Welpen am dunkleren Pigment rund um die Geschlechtsteile und ggf. am Ohrsaum. Foto: Bianka Titus-Langer Gentests In den vergangenen zehn Jahren kamen immer mehr Gentests auf den Markt, anhand deren man bestimmte Farbgene nachweisen kann. Beim Cocker kann man etwa testen lassen, ob ein Hund den Braunfaktor b trägt und somit bei entsprechender Anpaarung braune (bzw. braunfaktorierte) Welpen bringen kann. Bestimmt werden kann auch, ob ein Hund KB oder ky und ob er E oder e trägt. Auf dem A-Lokus können Ay und a bestimmt werden (für at gibt es noch keinen eigenen Test, in der Regel geht man von at aus, wenn der Hund weder Ay noch a im Test hat). Allerdings sind auch solche Tests mit einer gewissen Fehlerquote behaftet: Im Zuge unserer Recherchen stiessen wir doch immerhin auf zwei falsche Testergebnisse, die offensichtlich wurden, da die betreffenden Hund nicht die Farbe hatten, die sie laut Gentest hätten zeigen sollen. Eine Ursache hierfür könnte sein, dass die meisten Farbtests in Amerika entwickelt wurden. Dort ist der Amerikanische Cocker Spaniel die häufigere Cockerrasse, Gentests für Cocker Spaniel sind auf ihn «abgestimmt». So könnte es sein, dass die Tests nicht 1:1 auf die europäischen Englischen Cocker Spaniel übertragbar sind. Doch auch bei weiterhin verbesserten Testmethoden und neuen Farbtests (ein Test für das Scheckungsgen wird entwickelt) wird auch in absehbarer Zukunft nicht planbar sein, welche Welpen in einem Wurf fallen. Eigentlich kann man das mit Sicherheit nur bei zwei Orangeschecken sagen: Hier fallen nur Welpen in orange/weiss. Doch ist es nicht gerade diese «farbliche Wundertüte», die den Reiz der Cockerzucht mit ausmacht? Cocker-Hündin in braun («Alina vom Dunklen Kristall»). Es ist unverständlich, warum dieser wunderschöne Farbschlag beim Cocker so selten ist. Foto: Bianka Titus-Langer © Schweizer Hunde Magazin 7/10 41 Deutlich zu erkennen sind die Unterschiede zwischen Zobel und Lohzeichnung (links zobel, rechts braunloh) bei erwachsenen Hunden. Grau ist alle Theorie Foto: Ute Rötgers-Parchmann Fellfarben Aktuelle Zuchtbuchauswertungen – Die Vererbung der Zobelfarbe in 21 Jahren Praxis Die Zobelfarbe beim Englischen Cocker Spaniel hat sich in ganz Europa längst etabliert. Dennoch sind das Vererbungsschema der Zobelfarbe und ihre genetischen Grundlagen bis heute nicht geklärt. Von Bianka Titus-Langer Diese Hündin («EnyWayne of New Forest») zeigte als Welpe Merkmale eines Orangezobelschimmels, wurde schliesslich aber als Orangeschimmel eingetragen. Die korrekte Zuordnung fällt bei diesen beiden Farbschlägen selbst Kennern nicht leicht. Dies war für mich unter anderem der Anstoss, um die Zuchtbücher des Deutschen Jagdspaniel-Klubs zur Hand zu nehmen und die Zobelverpaarungen genauer zu betrachten. Schliesslich müsste das Vererbungsschema von Zobel mit den Ergebnissen aus über 20 Jahren Zuchtpraxis doch zu erklären sein. Meine Untersuchungen umfassen den Zeitraum von 1987 bis 2008 mit insgesamt 908 Paarungen und 4761 Welpen. Herangezogen habe ich dabei nur Paarungen, bei denen zobelfarbene Eltern oder Grosseltern im Spiel waren, oder Paarungen, aus denen zobelfarbene Welpen gefallen sind. Wem der alte Mendel nicht unbekannt ist, weiss, dass rezessive Farbgene verdeckt in der Erbmasse weitergetragen werden können. Dazu Dr. Anna Laukner: «Aus zwei Elterntieren mit lohfarbenen Abzeichen können nur Welpen mit lohfarbenen Abzeichen und rote Welpen fallen. Schwarze Cocker können verdeckte Träger von braun, braunloh, schwarzloh, rot und zobel sein. Braune Cocker können verdeckte Träger von braunloh, rot und zobel sein. Zobel und schwarzloh können verdeckte Träger von rot sein. Und bei den bunten Cockern sieht es genau so aus; Einfarbige und Schimmel können ausserdem verdeckte Träger von Schecken sein. Je nachdem, wie nun die genetische Ausstattung von Mutter und Vater an jedem einzelnen Genort aussieht, ergibt sich eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten.» Diese Tabelle zeigt erste überraschende Resultate (siehe in roter Schrift): So fielen bei Verpaarungen von zobel x zobel zwei schwarzloh-farbene Welpen sowie bei rot x zobel vereinzelt schwarze und lohfarbene Welpen. Für die erste Auffälligkeit könnten zobelfarbene schlichtweg mit schwarzloh Welpen verwechselt worden sein. Sehr dunkle Zobel sind von Schwarzloh in den ersten Lebenswochen fast nicht zu unterscheiden. Eine mögliche Fehlerquelle, die mir eine befreundete Züchterin bestätigte. Ihr zobelfarbener Deckrüde hatte eine blackand-tan-Hündin in einem Fremdzwinger gedeckt. Im Wurf befanden sich vermeintliche lohfarbene Welpen, die auch als solche ins Zuchtbuch eingetragen worden waren. Fakt ist allerdings: Besagter Rüde vererbt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kein Loh! Für die zweite Auffälligkeit gibt es folgende Erklärungen: Bei dem Rot des Elterntieres könnte es sich – so eine Überlegung von Dr. Anna Laukner – möglicherweise um dominantes Rot handeln, bei dem Schwarz des Welpen eventuell um rezessives Schwarz. Über diese These muss deshalb nachgedacht werden, da bei einigen dieser Welpen ein Vaterschaftstest veranlasst wurde, der jeglichen Irrtum ausschliesst. Eine zweite Erklärung für das Fallen von schwarzen Welpen aus einer Verbindung rot x zobel lieferte mir eine befreundete Züchterin aus Schottland. Sie schickte mir das Foto eines tiefschwarzen Cockerwelpens.Wenn man Hier eine erste schematische Darstellung: Foto: Bianka Titus-Langer © Schweizer Hunde Magazin 7/10 sein Haar jedoch gegen den Strich hob, sah man deutlich die hellen, rötlichen Haarwurzeln – der Welpe war definitiv ein Zobel, jedoch ohne die typischen hellen Abzeichen an Läufen und im Gesicht. Rote vererben wahrscheinlich kein Zobel Relativ sicher sagen kann man jedoch, dass sich rot gegenüber zobel rezessiv verhält. Das heisst in der Praxis, dass ein roter Cocker kein zobel vererben kann, auch wenn eines seiner Eltern zobel war. Die Vielzahl der entsprechenden Verpaarungen, die in 21 Jahrgänge des Zuchtbuches eingetragen wurden, bestätigt diese These. Bei 90 Paarungen zwischen einem roten Cocker, der mindestens ein zobelfarbenes Elterntier hatte, mit einem nicht zobelfarbenen Partner, dessen Eltern ebenfalls nicht zobel waren, fielen immerhin 491 Welpen. Davon waren 164 schwarz, 294 rot, 25 schwarzloh, 2 braun, 1 braunloh, 2 blauschimmel, 1 blauschimmel mit loh und 1 orangeschimmel. Nur ein einziger Zobel soll gefallen sein. Sicherlich eine derart geringe Quote, dass sie getrost vernachlässigt werden kann. Ausserdem muss ein gewisser Unsicherheitsfaktor berücksichtigt werden, da der vermeintliche Nichtzobelträger der Verpaarung in einer weiter zurückliegenden Generation zobelfarbene Ahnen gehabt haben könnte. Zobel unter sich – links ein einfarbiger Zobel, rechts ein Zobelschimmel. Foto: Ute Rötgers-Parchmann Schwarzloh im Visier Eine Züchterweisheit sagt: «Verpaare schwarzloh mit schwarzloh, dann hast du das Zobel auf ewig aus deiner Linie.» Klar ist jedenfalls, dass aus schwarzloh x schwarzloh keine schwarzen Welpen fallen können. Und wieder ergaben die Zuchtbuchauswertungen bezüglich lohfarbener Elterntiere ein überraschendes Ergebnis. Tabelle 3 Dieser niedliche Welpe aus dem dänischen Zwinger «Vanillajoy» wird sich zu einem zobelweissen Plattenhund entwickeln. Foto: Sine Bach Verpaarungen in Zahlen Welpen in Zahlen 8 schwarzloh x schwarzloh 3 Rot 38 Schwarzloh 2 Zobel – – 7 schwarzloh x braunloh 11 Rot 24 Schwarzloh 4 Zobel 5 braunloh 3 bunte Warum konnten aus diesen Verpaarungen trotzdem zobelfarbene Welpen fallen? War es wieder eine Verwechslung zwischen dunklen zobel und schwarzloh Welpen? Wie dies alles zu erklären ist, können wohl nur DNAAnalysen offenlegen. Die Paarungen, bei denen mindestens ein Elternteil zobel war, ergaben folgendes Ergebnis: Tabelle 2 Verpaarung Mögliche Farben der daraus entstehenden Welpen Schwarz x Schwarz Schwarz bzw. Braun Rot Schwarzloh bzw. Braunloh Zobel Rot x Rot – Rot Schwarzloh bzw. Braunloh – Schwarzloh x Schwarzloh – Rot Schwarzloh bzw. Braunloh siehe Tabellen 2 und 3 Schwarz x Rot Schwarz bzw. Braun Rot Schwarzloh bzw. Braunloh Zobel Schwarz x Schwarzloh Schwarz bzw. Braun Rot Schwarzloh bzw. Braunloh Zobel Rot Schwarzloh bzw. Braunloh Zobel Rot x Schwarzloh 42 Bislang unerforscht sind die genetischen Zusammenhänge von Zobel und Schwarzloh: links und Mitte die beiden Zobel «Norton Sable Star vom Eschenweg» und «Tiemke van de Dollardhoeve», rechts die schwarzloh Foto: Bianka Titus-Langer Hündin «Vita Dollardgirl vom Marschenland». Schwarz bzw. Braun Verpaarungen in Zahlen Welpen in Zahlen 43 Zobel x Zobel – 55 Rot 2 Schwarzloh 179 Zobel – – 173 Schwarz x Zobel 185 Schwarz 159 Rot 94 Schwarzloh 202 Zobel – – 246 Rot x Zobel 4 Schwarz 702 Rot 7 Schwarzloh 651 Zobel – – 140 Schwarzloh x Zobel 196 Schwarz 182 Rot 171 Schwarzloh 193 Zobel 3 Braun 2 Braunloh 27 Braunloh x Zobel 47 Schwarz 33 Rot 38 Schwarzloh 38 Zobel 3 Braun 6 Braunloh 27 Braun x Zobel 75 Schwarz 30 Rot 16 Schwarzloh 20 Zobel 11 Braun 1 Braunloh © Schweizer Hunde Magazin 7/10 43