Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem
Dr. Herta Lepie: Festvortrag zur Ausstellungseröffnung von Fritz Schwerdt - Wegbereiter moderner Sakralkunst in der Aachener Domschatzkammer; 13. 6. 2010 ____________________________________________________________ Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Jahr feiert die Aachener Goldschmiede-Innung ihren 500. Geburtstag. Am 8. Oktober 1510 wurde in der Freien Reichstadt Aachen eine erste Ordnung der Goldschmiedezunft verfasst. Jedes Goldschmiedewerk musste, wie auch im ganzen Reich und im übrigen Europa, mit einem städtischen Stempel, der sogenannten Stadtbeschau, gemarkt werden. So wurde der richtige Feingehalt des Silbers durch einen städtischen Beauftragten bestätigt. Hinzu kam das Meisterzeichen des Goldschmieds, der das Goldschmiedewerk hergestellt hatte. In zahlreichen Ausstellungen wird der 500-jährigen Geschichte der Innung gedacht. Wir sind in der Domschatzkammer zusammengekommen, um in einer Einzelausstellung einen Goldschmied zu ehren, der mit seinem Werk die Goldschmiedekunst des 20. Jahrhunderts wegweisend und wesentlich geprägt hat: Fritz Schwerdt, dessen Todestag sich vor einigen Wochen zum 40. Male jährte. Seinem Sohn Raphael sei an dieser Stelle gedankt für die umfassende Bearbeitung des künstlerischen Nachlasses und die Überlassung vieler Dokumente, die mir zur Formulierung dieses Kurzvortrags unentbehrlich waren. Könnte es einen besseren Ort geben als die Aachener Domschatzkammer, um dem Werk von Fritz Schwerdt eine Heimat auf Zeit zu geben? 40 seiner Werke sind im Kontext mit den jahrhundertealten Kunstwerken, die vergangene Epochen, Geschichte und Geschicke widerspiegeln, angemessen aufgehoben. Große Zeugnisse der Aachener Goldschmiedekunst haben seit Jahrhunderten im Aachener Domschatz ihre Heimat. Sie zeigen die Könnerschaft der Goldschmiede im Umgang mit den kostbaren Materialien, dem Gold, dem Silber und den Edelsteinen und die Fähigkeit der Meister, Überkommenes zu adaptieren und je nach Könnerschaft den Objekten neue Formen zu geben. Die Kunstwerke sind ein Spiegel von Epochen, Kulturströmungen, Einflüssen von anderen, größeren Kunstzentren. Schufen die Goldschmiede im ausgehenden Mittelalter vorwiegend kirchliche Geräte, die der feierlichen Liturgie dienten, so wandelte sich dies im 16. Jahrhundert mit dem Erstarken des Bürgertums, das nun Auftraggeber für profanes Gerät wurde, so dass beide Richtungen, die kirchliche und die profane, möglich wurden und sich nebeneinander entwickelten. Im 19. Jh. entstanden im Stile der Neoromanik und der Neogotik nicht nur in der Architektur und der Malerei, sondern auch im Kunsthandwerk Werke, die die Sehnsucht nach der vermeintlich heilen Welt des Mittelalters dokumentieren. Der 1. Weltkrieg machte dieser retrospektiven Schaffensfreude ein Ende. Die heile Welt gab es nicht mehr. Expressionisten bestimmten die Richtung. Sie schufen ausdrucksstarke, eigenständige Werke, die sich an nichts mehr anlehnten, anlehnen mussten, anlehnen wollten, was geläufig gewesen war. Dies ist die Welt, in die Fritz Schwerdt hineinwuchs. Er wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts, am 2. Juni 1901 in der Goldschmiedestadt Pforzheim geboren. Bereits mit 15 Jahren besuchte er die Kunstgewerbeschule Pforzheim, um dort – mit Unterbrechungen bis zum Jahre 1926 Freihandzeichnen, Modellieren, Stillehre und Kunstgeschichte zu studieren. Gleichzeitig konnte er 1921 eine vierjährige Ausbildung zum Emailmaler erfolgreich abschließen und war in der Silberwarenfabrik Pegau/Pforzheim Meister der Email-Abteilung. Nach einem kurzen Besuch der Pforzheimer Goldschmiedeschule kam er 1926 in die Werkstatt des Aachener Domgoldschmieds August Witte, um eine zweijährige Gesellenzeit zu absolvieren. Er konnte beste Erfolge verzeichnen mit – Zitat – „Entwerfen kunstgewerblicher Gegenstände in neuzeitlicher Form“. Der Boden war vorbereitet für das, was sein weiteres Leben und Schaffen bestimmen sollte. Er entschied sich, Kirchengoldschmied zu werden und wurde in die Aachener Kunstgewerbeschule aufgenommen. Sie war zu dieser Zeit das Zentrum all dessen, was auf den Gebieten der sachlichen, kühlen, künstlerischen Gestaltung en vogue war, gleichsam das rheinische, das westliche Zentrum neben den Bauhaus-Zentren Weimar und Dessau. 1927 hatte der Architekt Rudolf Schwarz auf Empfehlung von Romano Guardini und Dominikus Böhm die Leitung der Schule übernommen, in der die großen Meister Anton Wendling, Hein Minkenberg, Anton Schickel, Hans Schwippert und Peter Mennicken Malerei, Glasmalerei, Bildhauerei, Goldschmiedehandwerk, Architektur und Kunstgeschichte lehrten. Bis zum Jahre 1934 blieb Schwerdt hier als Assistent des Goldschmieds Schickel, ferner von Wendling und wohl auch Schwarz. -1Copyright 2010 Dr. Herta Lepie, Aachen Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Autorin Dr. Herta Lepie: Festvortrag zur Ausstellungseröffnung von Fritz Schwerdt - Wegbereiter moderner Sakralkunst in der Aachener Domschatzkammer; 13. 6. 2010 ____________________________________________________________ In der von Rudolf Schwarz gebildeten und initiierten „Werkgemeinschaft“ zum Bau von St. Fronleichnam in Aachen erhielt Schwerdt als Mitglied dieser Gemeinschaft bereits als Student der Kunstgewerbeschule im Jahre 1930 erste Aufträge: Entwurf und Ausführung für sechs Altarleuchter, den Osterleuchter, das Altarkreuz, zwei Ewiglichtleuchter und den berühmten Fronleichnamskelch. Letztere drei sind in der Ausstellung zu sehen. Die liturgischen Geräte fügen sich formal in ihrer Strenge, in ihrer Begrenzung auf das absolut Notwendige in die Strenge des Kirchenraumes, des gesamten Ensembles ein, das ein Gemeinschaftskunstwerk der Künstler der Kunstgewerbeschule ist. Bis heute gilt die Kirche St. Fronleichnam, die am Anfang von Schwerdts Karriere stand, als das einheitlichste Bauwerk der Aachener Schule. Es war die Zeit der künstlerischen Unruhe, – Zitat – „der fruchtbaren Umprägung allen Denkens und Empfindens, einer Elementarbesinnung auf Farbe und Form nicht nur in der Malerei und Skulptur, sondern ebenso, gleichlaufend damit, im Kunsthandwerk.“ So formulierte es der Aachener Kunstinterpret Karlheinz Goerres im Jahre 1960 in seinem Beitrag „Aus dem Werdegang eines bedeutenden Goldschmieds. Drei Jahre aus dem Schaffen Fritz Schwerdt’s“ in der Deutschen Goldschmiedezeitung. Vor 1933 war Schwerdt bereits in anderen Werkgemeinschaften Mitglied. Für die Leversbacher AlbertKapelle fertigte er Altarleuchter, die Ewiglichtampel und anderes an, für die Kapelle der Burg Rothenfels ein Ewiglicht und für St. Peter in Mönchengladbach ein Email-Tafelbild. Das Jahr 1934 brachte Veränderungen. Die Aachener Kunstgewerbeschule wurde zwar nicht geschlossen, aber sie wurde nun mit anderen, von der Politik bestimmten Zielen weitergeführt. Nicht mehr die Künstlerausbildung durch Dozenten, die selber schaffende Künstler waren, war von jetzt an das Ziel, sondern eine rein handwerkliche Ausbildung mit Meisterprüfung als Abschluss. Die Dozenten wurden entweder gekündigt oder ihre Verträge wurden nicht verlängert, Persönlichkeiten wie Schwarz, Wendling, Minkenberg verließen die Schule, die mangels Schülern nun nur noch als Abendschule weitergeführt wurde. Wie die meisten seiner Kollegen und Mitstudierenden verließ auch Schwerdt die Schule und machte sich in Aachen selbständig. Man wollte nicht, wenn man vorher Kreuze gezeichnet hatte, nun Hakenkreuze zeichnen müssen; wie Ludwig Schaffrath dies formulierte. Zeitweise versuchte Schwerdt in gemeinsamer Werkstatt mit dem Goldschmied Will Plum im Sinne von Rudolf Schwarz’ „Werkhüttengedanken“ weiterzuarbeiten. Der Schwerpunkt der Arbeiten war neben dem Entwerfen und Anfertigen von Schmuck vor allem die Fortsetzung dessen, was ihn in der Vergangenheit besonders beschäftigt und fasziniert hatte: Das Entwerfen und Anfertigen liturgischer Geräte. Die Auseinandersetzung mit klaren Formen, ja, die Zwiesprache, das Spielen mit den Formen, das Reduzieren, das Variieren, das sparsame Verwenden von Edelsteinen, die häufige Verwendung von Emailmalerei, Rot, Blau, Weiß, bewusst sichtbar gemachte Konstruktionsdetails, wie Schrauben oder Haltebügel, diese Charakteristika ziehen sich wie ein Leitmotiv durch das gesamte Werk, das in fast 40 Lebensjahren entstand. Das Rund, Oval, Rechteck, der Rhombus und das Trapez, die Emailfarben, Silber, Gold, werden neu erkundet. Nichts war so, wie man es von früher her kannte. Die Reduzierung auf Wesentliches in Form und Gestalt reichte fast in das Abstrakte hinüber. Zitat: „Nichts Verspieltes ist zu finden, auch nichts allzu Zierliches. Die gestalteten Geräte sind einfach, wie alles Bedeutende einfach ist. Das Unbrauchbare wird aufgegeben, fallengelassen, das Brauchbare aber auf seine Substanz reduziert.“ So formuliert es Karlheinz Goerres 1960. 1934 erschien eine Publikation von P. Gregor Hexges „Anno Sancto 1933/34- Ausstattungskunst im Gotteshause“, die vom Generalvikar „zur Anregung der Zusammenarbeit zwischen Klerus und Künstler und zur Belebung der Künstlertätigkeit“ empfohlen wurde. Hier waren allein 12 liturgische Geräte von Schwerdt erwähnt und abgebildet. Die intensive Beschäftigung mit liturgischen Geräten, die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben, die schöpferischen Momente im Gestalten und Einrichten der Kirchen sind sicher mit ein Grund dafür, dass Schwerdt in dieser Zeit zum katholischen Glauben fand und sich 1934 taufen ließ. Welchen Mut bedeutete es angesichts der politischen Situation, einen solchen Schritt zu tun. -2Copyright 2010 Dr. Herta Lepie, Aachen Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Autorin Dr. Herta Lepie: Festvortrag zur Ausstellungseröffnung von Fritz Schwerdt - Wegbereiter moderner Sakralkunst in der Aachener Domschatzkammer; 13. 6. 2010 ____________________________________________________________ In den Jahren bis zum Krieg schuf er neben Schmuck unbeirrt weiter liturgisches Gerät, so den hier ausgestellten Bischofsstab und das Brustkreuz für Friedrich Hünermann, der im Februar 1939 im Aachener Dom zum Weihbischof von Aachen geweiht wurde. Der Bischofsstab ist der einzige von Schwerdt in der Vorkriegszeit geschaffene, der sich erhalten hat. Korallen und weiße Emailringe fügen sich zu einer „knappen, fast nüchternen Form“ - wie man im Jahrbuch für christliche Kunst 1946/47 lesen kann. Auch das Altarkreuz, das Schwerdt im Jahre 1938 für das Kloster der Elisabethinnen in Aachen schuf, ist erhalten geblieben und hier ausgestellt. Wie schon bei dem Kreuz von St. Fronleichnam sind die Konstruktionsdetails, wie Schrauben oder Haltebügel für die Emailplatten bewusst sichtbar und als konstruktivistische Gestaltungsmomente zu sehen, die immer wieder in den Werken Schwerdts, wie schon gesagt, als Leitmotiv wiederkehren und ein wichtiges Stilelement wurden. In der Pariser Weltausstellung 1937 ist Schwerdt Mitarbeiter des Aachener Architekten Hans Schwippert, seines früheren Lehrers an der Kunstgewerbeschule und arbeitet in der Werkgemeinschaft für den „Deutschen St. Michael-Altar“ im Pavillon Catholique. Er erhält für seinen Fronleichnamskelch den Prix d’honneur. Der Krieg brachte nicht nur die Unterbrechung seiner beruflichen Tätigkeit - Schwerdt war 5 Jahre lang eingezogen -, sondern auch noch die Zerstörung seiner Aachener Wohnung während eines Bombenangriffes 1944 und damit den Verlust zahlreicher Original-Arbeiten, Zeichnungen und Dokumente. Nach schwierigen Nachkriegsjahren, in denen er mangels goldschmiedischer Aufträge Entwürfe für Holzarbeiten – Kreuze, Tische – machte, kam zum Ende der 40-er Jahre endlich die Wende. Die im Krieg zerstörten Kirchen und Klöster wurden wieder aufgebaut, neue kamen hinzu, die mit liturgischen Geräten ausgestattet wurden. 1948 zeigte und würdigte die internationale Ausstellung „Christliche Kunst der Gegenwart“ in Köln erstmalig nach dem Krieg die Werke zahlreicher Künstler. 1951 folgte in Aachen die große Ausstellung ARS SACRA – Junge christliche Kunst. In beiden Ausstellungen waren Werke von Schwerdt ausgestellt. Schwerdt eröffnet 1949 wieder eine Goldschmiedewerkstatt in Aachen, sein erster Mitarbeiter wird Peter Bücken. Schon 1947 hatte Schwerdt ohne Auftrag eine Monstranz geschaffen, die eines seiner wichtigsten Werke, wenn nicht gar sein wichtigstes werden sollte: Die Baummonstranz. Eine Monstranz ist ein kostbar gestaltetes, silbervergoldetes Schaugerät, in dem die konsekrierte Hostie zur Anbetung ausgesetzt oder bei Prozessionen mitgetragen wird. Seit der Einführung des Fronleichnamsfestes im Jahre 1264 ist sie eines der wichtigsten liturgischen Geräte, wenn nicht das wichtigste. Fuß und Schaft ähneln dem eines Kelches. Darüber wird in einem Schaugehäuse aus Glas oder Kristall die Hostie ausgestellt. Sie wird von einer kostbar geschmückten Lunula, einem Halbmond, gehalten. Das Schaugehäuse wird von architektonischen Details wie Dächern, Wasserspeiern, Baldachinen umrahmt, geschützt. In der spätmittelalterlichen Kunst gibt es Kreuzmonstranzen, Reliquienmonstranzen, Turm-, Scheiben-, Strahlen- und Sonnenmonstranzen. Das, was Schwerdt nun entwickelte, war etwas grundlegend Anderes, Neues. Der Lebensbaum mit Stamm und Ästen wird zur Monstranz, die konsekrierte Hostie ist nicht versteckt in dem Goldschmiedewerk, sie bildet den Höhepunkt, noch überhöht von einem blütenförmigen Granat. Im Entwurf und bei der für das Suermondt-Ludwig-Museum Aachen gefertigten Version fehlt dieser kleine Aufsatz und macht die Monstranz noch strenger. Wie Arme breiten sich die Äste aus, die Hostie wird von einem Glasgehäuse geschützt, das von einem sonnenähnlichen Rahmen umfasst wird. Nie wieder hat es danach eine Monstranz dieser Stärke, dieser Strenge gegeben. Schwerdt kann an die Vorkriegsfreundschaften und Verbindungen der Kunstgewerbeschule anknüpfen und hat die Freude von gemeinsamer Arbeit mit Rudolf Schwarz, Anton Wendling, Ludwig Schaffrath, Stefan Leuer, Johannes Krahn und vielen anderen, all den wegweisenden Künstlern, die die Nachkriegszeit prägten und die nach den Verwüstungen des Krieges Kirchen erbauten, sie mit kostbaren Fenstern ausstatteten und im Sinne der früheren Werkgemeinschaften gemeinsam die Gesamtausstattungen entwarfen. -3Copyright 2010 Dr. Herta Lepie, Aachen Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Autorin Dr. Herta Lepie: Festvortrag zur Ausstellungseröffnung von Fritz Schwerdt - Wegbereiter moderner Sakralkunst in der Aachener Domschatzkammer; 13. 6. 2010 ____________________________________________________________ So schuf er für Kirchen und Klöster weit über das Aachener Bistum hinaus Tabernakel, Leuchter, Monstranzen, Vortragekreuze und Kelche. Für das Bistum Aachen den Abtstab für den Abt von Kornelimünster, den Romakelch aus dem Aachener Domschatz, der im Jahre 1956 auf der römischen Ausstellung „Arte Liturgica in Germania 1945/1955“ ausgestellt war und seinen Namen durch diese Ausstellung erhielt, dessen einfache Form er immer wieder bei neuen Kelchentwürfen variierte. Zum zehnten Jahrestag der Bischofsweihe des Aachener Bischofs van der Velden im Jahre 1953 überreichte Regens Hünermann dem Bischof als Geschenk aller von van der Velden geweihten Priester den von Schwerdt geschaffene Bischofsstab, der sich in der Domschatzkammer befindet und der wie der Romakelch und der Abtstab von Kornelimünster in der Ausstellung gezeigt wird. Wie die Baummonstranz, so erregte auch der Faltenkelch, den Schwerdt 1956 für die Kirche St. Bonifatius in Dortmund fertigte, Aufsehen. Er ist aus einer einzigen Silberplatte getrieben, hat keinerlei bildlichen Schmuck, der schräg aufsteigende Schaft besteht aus Fältelungen. Zu den Aachener Heiligtumsfahrten 1951 und 1958 fertigte er die Schlösser für den Marienschrein. Das Schloss für die erste Nachkriegs-Heiligtumsfahrt (1951) zeichnet sich durch große Einfachheit im Material und in der Darstellung aus. Aus Eisen ist das einfache Vorhängeschloss, auf dem zwei nach oben gerichtete Hände aus einfachem Messing ein schlichtes Kreuz umfangen. Das Schloss für die folgende Heiligtumsfahrt, 1958, ist bereits mit einem goldenen Lebensbaum mit eingefügtem Turmalin geschmückt. Es scheint, als nehme der Lebensbaum noch einmal die Form der Baummonstranz mit den nach oben gerichteten Ästen auf, die sich um das Zentrum, den Edelstein – bei der Monstranz die Hostie – fügen. Dokumentiert sind aus der Zeit zwischen 1930 und 1958 neben Vortragekreuzen, Leuchtern und vielen anderen Werken allein 35 Tabernakel, 24 Monstranzen und 47 Kelche. 1958 gründete Schwerdt zusammen mit dem jüngeren Gold- und Silberschmiedemeister Hubertus Förster die Goldschmiede-Werkstatt Schwerdt-Förster in Aachen. Neue Impulse kamen hinzu, wurden adaptiert, umgesetzt, eine äußerst fruchtbare Zeit sollte folgen. Aufträge aus ganz Deutschland, aus den Bistümern Aachen, Trier, Köln, Mainz, Limburg, die Ausstattung der Benediktiner-Abtei in Tholey, Tabernakel und Vortragekreuz in der Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale. Insgesamt über 120 Kirchen werden zwischen 1958 und 1969 von der Werkstatt Schwerdt-Förster ausgestattet. Einige von Schwerdts Arbeiten aus dieser überaus fruchtbaren und erfolgreichen Zeit sind hier ausgestellt. In dieser Zeit entsteht der Montreal-Kelch, aus Silber gegossen. Schwerdt entwarf 1963, angeregt durch die japanische Kunst des Papierfaltens, diesen Kelch, der wie von einem Netz überzogen zu sein scheint, ließ ein Gipsmodell davon fertigen und den Kelch gießen. Seinen Namen erhielt der Kelch dadurch, dass er auf der Weltausstellung in Montreal 1967 im deutschen Pavillon ausgestellt war. Zwei Jahre zuvor, 1965, war den beiden Goldschmieden Schwerdt und Förster der Staatspreis des Landes NRW verliehen worden. Fritz Schwerdt starb im Mai 1970 in Aachen. Die Werkstatt Schwerdt-Förster wurde von Hubertus und Rosemarie Förster erfolgreich weitergeführt, nun bereits in der zweiten Generation durch den Sohn Benedikt. Schwerdts Lebenswerk wurde in zahlreichen nationalen und internationalen Publikationen und Ausstellungen gewürdigt. Er wies der Goldschmiedekunst einen neuen Weg, eine neue Zukunft, wie dies auch seine Freunde und Wegbegleiter, die zeitgenössischen Maler, Bildhauer, Glasmaler und Architekten taten. Immer noch werden Schwerdts Werke auf Ausstellungen als wegweisende Goldschmiedearbeiten gezeigt, so in der Ausstellung „Kirchliche Kunst im Bistum Aachen 1930-1980“ im Aachener SuermondtLudwig-Museum, und in der Trierer Ausstellung „Liturgiegefäße, Kirche und Design, 1997.“ Und jetzt, vierzig Jahre nach seinem Tod, in der Aachener Domschatzkammer. Die Werke Schwerdts werden es nicht schwer haben, unter den vielen Schöpfungen anderer Goldschmiede ihre starke Eigenheit zu wahren und zu behaupten, wie dies der schon mehrfach zitierte Karlheinz Goerres für den Montreal-Kelch formuliert hat. Ich danke Ihnen! -4Copyright 2010 Dr. Herta Lepie, Aachen Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Autorin