Wohlfahrtsökonomik
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Wohlfahrtsökonomik
S.D. Josten Wohlfahrtsökonomik ► Wohlfahrtsökonomik (Allokationstheorie) := Bewertung alternativer wirtschaftlicher Zustände, wobei ein wirtschaftlicher Zustand jeweils durch eine bestimmte Allokation der knappen Ressourcen und Verteilung der Ergebnisse wirtschaftlicher Aktivität gekennzeichnet ist ► Eine Allokation von Ressourcen ist genau dann Pareto-effizient (oder Pareto-optimal oder allokativ effizient), wenn niemand besser gestellt werden kann, ohne dass (dadurch) jemand Anderes schlechter gestellt wird. ► Eine Allokation ist Pareto-superior gegenüber einer anderen ist, wenn mindestens ein Individuum einen höheren Nutzen erfährt und der Nutzen aller anderen sich nicht verringert; … ► … die unterlegene Allokation heißt entsprechend Pareto-inferior ► Eine Maßnahme, die von einer Pareto-inferioren in eine Pareto-superiore Ressourcenallokation führt, nennt man eine ParetoVerbesserung ► Hauptsätze der Wohlfahrtsökonomik: 1. In einer Volkswirtschaft mit rein privaten Gütern und einer perfekten Eigentumsordnung ist jedes Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz ein Pareto-Optimum 2. Jedes Pareto-Optimum kann als ein Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz erreicht werden S.D. Josten Renten auf einem vollkommenen Wettbewerbsmarkt Preis Angebot Konsumentenrente PMarkt MarktGG Produzentenrente Nachfrage Menge QMarkt ► Nachfragekurve: spiegelt den Wert des Gutes für die Konsumenten wider, wie er in der Zahlungsbereitschaft bestimmter Preise zum Ausdruck kommt ► Angebotskurve: zeigt bei jeder beliebigen Menge die Kosten des Grenzanbieters (Grenzkosten) bei der Produktion des Gutes ► Der Preis des Gutes pendelt sich so ein, dass Angebot und Nachfrage übereinstimmen ► Der Bereich unterhalb der Nachfragekurve und oberhalb des Preises misst die Konsumentenrente eines Marktes ► Der Bereich unterhalb eines Preises und oberhalb der Angebotskurve misst die Produzentenrente eines Marktes S.D. Josten Wettbewerbliche Selbststeuerung vollkommener Märkte: partialanalytische Effizienz Die Kräfte von Angebot und Nachfrage führen auf einem vollkommenen Wettbewerbsmarkt zu einer effizienten Allokation von Ressourcen: 1. Vollkommene Wettbewerbsmärkte teilen das Güterangebot denjenigen Käufern zu, die es – gemessen an ihrer Zahlungsbereitschaft – am höchsten schätzen und bewerten. 2. Vollkommene Wettbewerbsmärkte teilen die Güternachfrage denjenigen Anbietern zu, die zur Produktion mit den niedrigsten Kosten in der Lage sind. 3. Vollkommene Wettbewerbsmärkte führen zur Produktion genau derjenigen Gütermenge, die die Gesamtrente der Konsumenten und Produzenten maximiert. S.D. Josten Totalanalytische Bedingungen für Pareto-Effizienz ► Tauscheffizienz = produzierte Güter sollten an diejenigen Wirtschaftssubjekte gehen, die sie am meisten wertschätzen; m.a.W.: es gibt unter den Wirtschaftssubjekten keine weiteren Tauschmöglichkeiten zu wechselseitigem Vorteil mehr (die Grenzraten der Substitution im Konsum zwischen 2 beliebigen Gütern sind für alle Konsumenten identisch) ► Produktionseffizienz = mit den vorgegebenen Ressourcen der Volkswirtschaft kann die Produktion eines Gutes nicht mehr erhöht werden, ohne die Produktion anderer Güter verringern zu müssen (Produktion auf der Produktionsmöglichkeitenkurve) optimaler Faktoreinsatz: Grenzprodukt eines Faktors stimmt für alle Produzenten, die diesen Faktor bei der Erzeugung des gleichen Gutes nutzen, überein optimale Faktorallokation: die Grenzraten der technischen Substitution zwischen 2 beliebigen Produktionsfaktoren sind für alle Produzenten, die mit Hilfe dieser Faktoren Güter herstellen, identisch optimale Arbeitsteilung: die Grenzraten der Transformation zwischen 2 beliebigen Gütern sind für alle Produzenten identisch ► Effizienz der Produktionsstruktur = die produzierten Güter entsprechen genau denjenigen, die von den Konsumenten gewünscht werden (Produktion in dem Punkt auf der Produktionsmöglichkeitenkurve, der die Güterstruktur widerspiegelt, die die Konsumenten zu verbrauchen wünschen; die Grenzrate der Transformation zwischen 2 Gütern entspricht der allen Konsumenten gemeinsamen Grenzrate der Substitution zwischen diesen Gütern) S.D. Josten Totalanalytische Effizienz in einer Marktwirtschaft – Annahmen Annahmen des wohlfahrtsökonomischen Referenzmodells: ► statische Analyse einer geschlossenen Volkswirtschaft ► gegebene Ressourcenausstattung ► gegebene Produktionstechnik (keine Verfahrensinnovation) und konstante Produktpalette (keine Produktinnovation) ► gegebene, zeitlich unveränderliche Präferenzen ► formale Wahlfreiheit zwischen Alternativen ► atomistische Marktstruktur (sehr viele kleine Anbieter und Nachfrager) ► homogene Güter ► vollständige Markttransparenz und Information ► unbegrenzte Mobilität sämtlicher Produktionsfaktoren und Güter ► unendliche Reaktionsgeschwindigkeit (kein Zeitbedarf für Anpassungsprozesse) ► unbegrenzte Teilbarkeit sämtlicher Produktionsfaktoren und Güter ► perfekte Eigentumsordnung (Abwesenheit technologischer externer Effekte) ► ausschließlich rivale Wirtschaftsgüter S.D. Josten Totalanalytische Effizienz in einer Marktwirtschaft – Tauscheffizienz ► Effizienzkriterium: Tauscheffizienz = produzierte Güter sollten an diejenigen Wirtschaftssubjekte gehen, die diese am meisten wertschätzen (die Grenzraten der Substitution im Konsum zwischen 2 beliebigen Gütern sollten für alle Konsumenten identisch sein) ► Im wohlfahrtsökonomischen Referenzmodell einer freien Marktwirtschaft: Auf vollkommenen Wettbewerbsmärkten zahlen alle Konsumenten den gleichen, ihnen vom Markt vorgegebenen Preis für ein bestimmtes Gut relative Preisverhältnisse für alle Haushalte identisch Nutzenmaximierende Haushalte passen ihre Konsummengen der einzelnen Güter so an die gegebenen Preisverhältnisse an, dass für jeden Konsumenten die Grenzrate der Substitution zwischen 2 Gütern gleich dem reziproken Verhältnis der Preise dieser Güter ist, z.B. GRS12A p1 p2 und Grenzraten der Substitution sind für alle Konsumenten identisch, z.B. Tauscheffizienz GRS12B p1 p2 GRS12A GRS12B S.D. Josten Totalanalytische Effizienz in einer Marktwirtschaft – effizienter Faktoreinsatz ► Effizienzkriterium: effizienter Faktoreinsatz = Grenzprodukt eines Faktors stimmt für alle Produzenten, die diesen Faktor bei der Erzeugung des gleichen Gutes nutzen, überein ► Im wohlfahrtsökonomischen Referenzmodell: Auf vollkommenen Wettbewerbsmärkten sehen sich alle Unternehmen denselben Preisen für Güter und Faktoren gegenüber, an die sie gewinnmaximierend ihre Faktoreinsatz- und Produktionsmengen anpassen Gewinnmaximierende Faktorentlohnung für jedes einzelne Unternehmen: Produktionsfaktoren entlohnt entsprechend ihres jeweiligen Wertgrenzproduktes (Preis des Gutes mal Grenzprodukt des Faktors) Faktorpreise sind für alle Unternehmen gleich Alle Unternehmen erzielen in einem Produktionssektor einen einheitlichen Preis auf dem Absatzmarkt im Gleichgewicht (GG): Grenzprodukt eines Produktionsfaktors für alle Unternehmen gleich effizienter Faktoreinsatz S.D. Josten Totalanalytische Effizienz in einer Marktwirtschaft – effiziente Faktorallokation ► Effizienzkriterium: effiziente Faktorallokation = die Grenzraten der technischen Substitution zwischen 2 beliebigen Produktionsfaktoren sind für alle Produzenten, die mit Hilfe dieser Faktoren Güter herstellen, identisch ► Im wohlfahrtsökonomischen Referenzmodell: Das Ziel der Gewinnmaximierung beinhaltet Produktion zu minimalen Kosten Um die Kosten zu minimieren, kombiniert jedes am Markt operierende Unternehmen den Faktoreinsatz so, dass das Verhältnis der Grenzproduktivitäten den gegebenen Faktorpreisverhältnissen angepasst wird Alle Unternehmen stehen den gleichen Faktorpreisverhältnissen gegenüber im GG ist auch das Verhältnis der physischen Grenzprodukte zwischen 2 beliebigen Produktionsfaktoren (die Grenzrate der technischen Substitution) für alle Unternehmen gleich effiziente Faktorallokation S.D. Josten Totalanalytische Effizienz in einer Marktwirtschaft – effiziente Arbeitsteilung ► Effizienzkriterium: effiziente Arbeitsteilung = die Grenzraten der Transformation zwischen 2 beliebigen Gütern sind für alle Produzenten identisch ► Im wohlfahrtsökonomischen Referenzmodell: Gewinnmaximierende Unternehmen dehnen auf einem vollkommenen Wettbewerbsmarkt ihre Produktion so lange aus, bis die Grenzkosten gleich dem Preis sind im Gleichgewicht: Verhältnis der Grenzkosten = Verhältnis der Güterpreise Grenzrate der Transformation = Verhältnis der Grenzkosten der Güterproduktion Güterpreise für alle Unternehmen identisch im GG: Grenzraten der Transformation zwischen 2 beliebigen Gütern für alle Produzenten identisch effiziente Arbeitsteilung S.D. Josten Totalanalytische Effizienz in einer Marktwirtschaft – Effizienz der Produktionsstruktur ► Effizienzkriterium: Effizienz der Produktionsstruktur = die produzierten Güter entsprechen genau denjenigen, die von den Konsumenten gewünscht werden (die Grenzrate der Transformation zwischen 2 Gütern entspricht der allen Konsumenten gemeinsamen Grenzrate der Substitution zwischen diesen Gütern) ► Im wohlfahrtsökonomischen Referenzmodell einer freien Marktwirtschaft: Unternehmen produzieren so, dass die Grenzrate der Transformation zwischen 2 Gütern gerade deren relativem Preisverhältnis entspricht Haushalte passen ihre jeweilige Nachfrage nach einem Gut an die vom Markt vorgegebenen relativen Preisverhältnisse so an, dass ihre persönliche Grenzrate der Substitution zwischen 2 beliebigen Gütern deren relativem Preisverhältnis entspricht Unternehmen wie Haushalte orientieren sich jeweils an den gleichen relativen Preisverhältnissen im GG: Allokation, bei der die Grenzrate der Transformation zwischen 2 Gütern der allen Konsumenten gemeinsamen Grenzrate der Substitution zwischen diesen Gütern entspricht, z.B. GRT12 GRS12A GRS12B Effizienz der Produktionsstruktur S.D. Josten Totalanalytische Effizienz in einer Marktwirtschaft – Gesamtergebnis Bei vollkommenen Wettbewerbsmärkten führt das System relativer Preise zu: ► Tauscheffizienz: bei gegebenen relativen Preisen führen dezentrale Konsumentscheidungen nutzenmaximierender Haushalte zu einem Ausgleich der Grenzraten der Substitution aller Konsumenten ► Produktionseffizienz: bei gegebenen relativen Preisen führen dezentral erstellte Produktionspläne gewinnmaximierender Unternehmen zu einer Produktion auf der Produktionsmöglichkeitenkurve ► Effizienz der Produktionsstruktur: Da Unternehmen wie Haushalte sich bei ihren Wirtschaftsplänen jeweils an den gleichen relativen Preisverhältnissen orientieren, führt dies insgesamt zu einer Allokation, bei der die Grenzrate der Transformation zwischen 2 beliebigen Gütern der allen Konsumenten gemeinsamen Grenzrate der Substitution zwischen diesen Gütern entspricht 1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik: In einer Volkswirtschaft mit rein privaten Gütern und einer perfekten Eigentumsordnung ist jedes Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz ein Pareto-Optimum S.D. Josten Die Produktionsmöglichkeitenkurve Gut 2 C Steigung = Grenzrate der Transformation E1 w E y I C x z Gut 1 S.D. Josten Effizienz und Gleichheit: 2. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik 2. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik: Jede Pareto-optimale Allokation kann als ein Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz erreicht werden ► impliziert: der Staat kann jede gewünschte Verteilung durch eine anfängliche Umverteilung von Vermögen auch in einer ansonsten staatsfreien Marktwirtschaft erreichen jede gesellschaftlich gewünschte Verteilung kann erreicht werden, ohne die allokative Effizienz zu beeinträchtigen (Zielneutralität zwischen Effizienz und Gleichheit) Ziele der Effizienz einerseits und der Verteilungsgerechtigkeit andererseits können wirtschaftspolitisch vollständig voneinander getrennt werden ► fundamentales Problem auf der Instrumentenebene: in der praktischen Wirtschafts- und Finanzpolitik greifen alle Umverteilungsinstrumente des Staates in irgendeiner Weise auch in die Ressourcenallokation ein