Der 2 - Successful
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Der 2 - Successful
Artikel carp connect: Boilies im Labor die 2te Boilies im Labor die 2te Michael Niesar1 Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) im Forschungsverbund Berlin e.V. 1 Diplomand Abteilung Binnenfischerei Müggelseedamm 310 Postfach 850119 12561 Berlin Kontakt: Niesar@igb-berlin.de In der CC10 wurde ein Artikel („Boilies im Labor“) über die Zusammensetzung verschiedener Boiliesorten veröffentlicht. Dieser Boilietest war nur eine grobe Übersicht über die Nährstoffzusammensetzungen von verschiedenen Boilies und ist von Euch, den Lesern der cc, hoffentlich mit großem Interesse gelesen und auch kritisch kommentiert worden. Daraufhin habe ich mir erneut den Kittel angezogen und in den letzten Wochen nochmal eine Reihe verschiedenster Boilies analysiert. In diesem Artikel möchte ich nun versuchen, den Boiliemarkt in verschiedene Segmente zu unterteilen und den einen oder anderen Testboilie etwas näher zu beschreiben. Gleichzeitig will ich auch etwas näher auf die eigentlichen Analysen eingehen. Weniger soll es in diesem Beitrag um allgemeine Grundsätze, wie beispielsweise eine hohe Verdaulichkeit oder optimale Zusammensetzung der Boilies gehen. Diese Dinge sind bereits im 1. Boilietest beschrieben worden und das dort Gesagte gilt selbstverständlich auch hier. Unterschiedliche Segmente des Boiliemarktes Mittlerweile gibt es unzählige größere und kleinere Firmen, die ihre eigenen Boilies herstellen bzw. herstellen lassen. Die sogenannten Fertigboilies, die in den Angelläden ausliegen und angeboten werden, werden vor allem von den größeren Firmen am Markt produziert. Die kleineren Firmen sind in der Regel Versandfirmen, die ihre Boilies nur auf Anfrage herstellen. Diese beiden Vermarktungsstrategien muß man zunächst unterscheiden und wenn man sich die Herstellungsprozesse ansieht, werden zusätzlich einige klare Unterschiede deutlich. Beispielsweise werden zur Haltbarmachung der Fertigboilies in der Regel Konservierer eingesetzt; bei den Boilies aus dem Versand wird zum großen Teil auf Konservierungsstoffe verzichtet. Daher sind hier dann wiederum alternative Konservierungsmethoden nötig, also z.B. das Einfrieren oder Trocknen. Der leichte Verderb (z.B. durch Fettsäureoxidation) könnte auch ein Grund sein, weshalb beispielsweise nur selten hohe Fischmehlanteile in Fertigboilies eingesetzt werden. Es ist auch vorstellbar, dass bestimmte Mehle (grobes Vogelfutter, Insekten, Mückenlarven, etc.) nicht bedingungslos für die großtechnische Produktion geeignet sind und daher vorzugsweise in Versandboilies eingesetzt werden. So gibt es einige Gründe, die dafür sprechen Fertigboilies und Versandboilies bei der Beurteilung der Zusammensetzung nicht miteinander zu vergleichen und getrennt zu betrachten. Ein anderer Punkt ist der Reiz, den jeder Boilie auf den Karpfen ausüben soll. Hier verfolgen die Firmen unterschiedlichste Strategien. Oft werden Gewürzmixe (z.B. Robin Red oder Spicemix) oder spezielle Mehle mit hohem Aminosäureanteil (z.B. Lebermehl, Fisch- oder Erstellt von Michael Niesar im Juni 2002 1 Artikel carp connect: Boilies im Labor die 2te Muschelprotein) eingesetzt. In anderen Boilies sind Substanzen enthalten, die sich an die natürliche Nahrung anlehnen (z.B. Muscheln, Tubifex, Mückenlarven) oder es werden gezielte Stimulantien (z.B. Betain) eingesetzt. So gibt es eine große Fülle von unterschiedlich ausgeprägten Boilies von Firmen, die alle mehr oder weniger werbewirksam das Ziel haben, Karpfen und Karpfenangler zu locken. Diese Heterogenität unter den angebotenen Boilies wirkt sich unter Umständen auch auf die nährstoffliche Zusammensetzung aus und macht die Vergleichbarkeit schwierig. Ein Birdfood-Boilie, der mit Gewürzen angereichert ist, wird nur schwer den Proteingehalt eines hochwertigen Fischmehlboilies erreichen. Trotzdem gelten Birdfoodboilies an vielen Gewässern als außerordentlich fängig, was wieder einmal verdeutlichen soll, dass die Fängigkeit nicht ausschließlich anhand der Zusammensetzung des Boilies beurteilt werden kann (vgl. Nachsatz cc11). Nun habe ich eine spezielle Gruppe von Boilies der Versandfirmen extra betrachtet und das sind Fischmehlboilies. Fischmehlboilies, die den Namen wirklich verdienen, zeichnen sich durch eine mittel- bis dunkelbraune Färbung (hochwertiges Fischmehl ist braun!) aus. Eine Farbveränderung durch Farbstoffzugabe ist hier nur in sehr geringem Ausmaß möglich. So lassen sich jetzt für die Ergebnisbetrachtung drei Gruppen von Boilies voneinander trennen: 1. Boilies der Versandfirmen ohne Fischmehl (subjektiv beurteilt) 2. Boilies der Versandfirmen mit Fischmehl 3. typische Fertigboilies aus den Angelläden Die Analysen Es wurden die gleichen Methoden wie im 1. Boilietest verwendet (nach VDLUFA Methodenbuch). Zum besseren Verständnis für die Chemieinteressierten möchte ich ganz kurz die Analyseprinzipien erläutern: Vorbereitung: die Proben wurden gemörsert, gemahlen und im Vakuumgefrierverfahren getrocknet. Für die Analysen wurden die Boilies mit Buchstabencodes versehen, um die Objektivität zu gewährleisten. Zusätzlich wurde jede Bestimmung doppelt durchgeführt. Das Ergebnis ist dann der Mittelwert der beiden Bestimmungen. Die Bestimmung des Rohproteins erfolgte nach der Methode von Kjehldahl, bei der der Stickstoffgehalt ermittelt wird. Die Proben wurden mit Schwefelsäure aufgeschlossen und anschließend mit Natronlauge alkalisiert. Das freigesetzte Ammoniak wird in eine Borsäure-Vorlage überdestilliert, in der die Stickstoffmenge durch Titration mit Schwefelsäure bestimmt wurde. Die Bestimmung des Rohfettes wurde nach dem Prinzip der Extraktion (SoxhlettVerfahren) durchgeführt. Die Proben wurden mit Benzin (Petrolether) versetzt. Der Fettextrakt enthielt neben den eigentlichen Fetten beispielsweise auch noch die Boiliefarbstoffe oder Flavourbestandteile (Sterine, ätherische Öle) Zur Aschebestimmung wurden die Proben 6h bei 750°C verascht; der Rückstand wurde gewogen Der Kohlenhydratgehalt (NfE = N freie Extraktsstoffe) wurde rechnerisch ermittelt. Rohasche, Rohfett, Rohprotein und NfE müssen zusammen 100% ergeben. Die Testboilies Insgesamt befinden sich 16 verschiedene Boilies von 13 Firmen in diesem Artikel. Die Boilies aus dem Versand wurden direkt bei den einzelnen Firmen bestellt, wobei sich die Firmeninhaber ausnahmslos als sehr interessiert und kooperativ zeigten, wofür ich mich hiermit bedanken möchte. Die Fertigboilies stammen wie im ersten Test von der Firma Mac Tackle World Berlin. Es ist mir auch diesmal versichert worden, dass es sich um frische Ware handelt. Erstellt von Michael Niesar im Juni 2002 2 Artikel carp connect: Boilies im Labor die 2te Die Ergebnisse Zusammensetzung einiger Boilies (ohne Fischmehl) von Versandfirmen Rohprotein M+M Baits "Cream" Rohfett Future Baits "Birdy Tutti Frutti" Successful Baits "Spice Hook Baits" NfE Rohasche 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Team Supra Baits "Birdy Spezial mit Insekten" Phoenix Baits "Red Devil" Gehalt in % der Trockensubstanz Grafik 1: Bei den hier betrachteten Boilies der Versandfirmen (ausgenommen sind die Fischmehlboilies) erkennt man große Unterschiede beim Rohfett- (0,88 – 12,74%) und Rohprotein (16,70 – 40,38%). Wahrscheinlich sind die meisten dieser Boilies BirdfoodBoilies (Phönix -, Team Supra - und Successful Baits) mit typischer BirdfoodZusammensetzung. Ausnahmen sind hier wahrscheinlich die Boilies v. Future Baits und von M+M Baits. Die Vermutung liegt nahe, dass der „Birdy Tutti Frutti“-Boilie beispielsweise durch Milchproteine (z.B. Casein) einen hohen Proteingehalt (32,23%) bei niedrigem Fettgehalt (0,89%) erhält. Ähnlich ist es beim „Cream“-Boilie (Protein: 40,38%), der zusätzlich durch einen hohen Anteil an Sahnepulver den hohen Fettgehalt (12,74%) bekommt. Hohe Asche- (7,74%) und Fettwerte (9,70%) beim ummantelten Boilie von Successful-Baits resultieren vielleicht durch die im Boiliemantel enthaltenen Gewürze. Erstellt von Michael Niesar im Juni 2002 3 Artikel carp connect: Boilies im Labor die 2te Zusammensetzung einiger Fischboilies von Versandfirmen M+M Baits "Redfish" Rohprotein Successful Baits "Exclusiv Fishmix" Rohfett Max Nollert concept for you "Strong Salmon" NfE Broxtermann "Zebra Mussel Liver" Rohasche 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Gehalt in % der Trockensubstanz Team Supra Baits "Fischmix mit Lebermehl und Krebsmehl" Grafik 2: Bei den Fischboilies der Versandfirmen schwanken die Rohproteingehalte zwischen 18,31% und 62,45% und immerhin 3 von 4 getesteten Boilies erreichen Proteingehalte von > 25% und liegen so auch erwartungsgemäß über den Proteingehalten der Birdfoodboilies. Ganz klar heraus hebt sich hier der „Redfish“-Boilie mit einem sehr hohen Anteil an Fischmehl, was auch durch den hohen Aschegehalt angezeigt wird. Allerdings kann hier schon gesagt werden, dass sich derart hohe Anteile an tierischen Mehlen (durch die hohen Phosphorkonzentrationen im Mehl) unter bestimmten Voraussetzungen (intensives Anfüttern in kleinen, klaren Seen) überdurchschnittlich negativ auf die Gewässerqualität auswirken könnten. So ist der „Strong Salmon“ oder der „Exclusiv Fishmix“ ebenfalls ein hochwertiger Fischmehlköder, obwohl der Fettgehalt unter 10% liegt, und eventuell ein „physiologischökologischer Kompromiß“. Der „Zebra Mussel Liver“ und der „Fischmix mit Lebermehl und Krebsmehl“ erreicht sowohl im Proteingehalt als auch im Fettgehalt nicht ganz die Anforderungen eines typischen Fischmixes, allerdings könnte sich bei diesen Ködern die Attraktivität durch den Zusatz von Lebermehl auszeichnen. Erstellt von Michael Niesar im Juni 2002 4 Artikel carp connect: Boilies im Labor die 2te Zusammensetzung einiger Fertigboilies Nutrabaits Chocolate Orange Richworth Strawberry Jam Nash Formula One Rohprotein Rohfett NfE Mistral Peach & Tangerine Rohasche Enforcer Banana Birdy 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Eurobaits Red Bull Gehalt in % der Trockensubstanz Grafik 3: Bei den in diesem Test getesteten Fertigboilies lässt sich sagen, dass hier drei von sechs Testboilies ein ernährungsphysiologisch günstiges Nährstoffspektrum aufweisen (vgl. auch cc10). Der „Chocolate Orange“-, „Strawberry Jam“- und der „Formula One“-Boilie weisen alle Proteingehalte über 25% und Fettgehalte um oder über 10% auf. Die anderen drei Boilies zeigen eher ein Nährstoffspektrum, welches den oben genannten Birdfoodboilies der Versandfirmen ähnelt. Hiermit möchte ich auch noch den Test eines normalen EurobaitsBoilies („Red Bull“) nachreichen, aufgrund einer Unachtsamkeit (vgl CC10 und CC11). Dieser Boilie setzt sich aus 13,77% Rohprotein, 0,94% Rohfett, 82,9% Kohlenhydrat und 2,39% Rohasche zusammen. Der Wassergehalt betrug 22,37%. Berkley Powerbait Durch Zufall bekam ich letztens einen Probepack der neuen Berkley Wunderköder mit dem schönen Namen „carp bait power naturals magnet“ in die Hände. Anstatt ordentlich mit den beiden gummiartigen Kugeln zu angeln, ließ ich sie auch mal den „harten Alltag der Analysetechnik“ spüren, mit der Gewissheit diese danach nicht mehr für den eigentlichen Zweck gebrauchen zu können. Es interessierte mich jedoch, wie diese Köder nährstofflich zusammengesetzt sind, obwohl sie natürlich schon wegen des Preises zum Anfüttern ausscheiden und als ausschließlicher Hakenköder kaum Einfluß auf Karpfengesundheit oder Gewässerökologie haben werden. Trotzdem möchte ich Euch meine Analysenergebnisse hier nicht vorenthalten: Rohprotein: 20,51% Rohfett: 1,38% NfE: 78,11% Wasser: 32,26% Rohasche: 5,03% Damit ähnelt der neue Köder von der Zusammensetzung her vielen Fertigboilies, d.h. die Werte liegen weder deutlich über noch unter den, die bei Boilies ermittelt wurden. Worin die angepriesene Attraktivität des Köders liegen soll, kann hier nur spekuliert werden und lässt sich an der Zusammensetzung im Vergleich zu Boilies nicht herleiten. Letztendlich Erstellt von Michael Niesar im Juni 2002 5 Artikel carp connect: Boilies im Labor die 2te entscheidet aber auch hier nicht die Anglernase, sondern der Geruchs- und Geschmackssinn des Karpfens über die Attraktivität des Köders. Abschlussbetrachtung Die produzierten Boilies der unterschiedlichen Firmen, egal ob Versand- oder Fertigboilie, sind sehr heterogen zusammengesetzt. Starke Unterschiede zwischen den untersuchten Boilies wurden im Proteingehalt (um mehr als das 2-fache) und im Fettgehalt (um mehr als das 10fache) nachgewiesen. Bei industriellen Fischfuttermitteln, die in der Fischzucht eingesetzt werden, sind die Unterschiede nicht so gravierend. Hier wird in allererster Linie auch nur ein Ziel verfolgt; das möglichst schnelle, gesunde Wachstum der Fische, wodurch die Futterzusammensetzung mehr oder weniger vorgegeben ist. Beim Angeln spielen andere Faktoren eine wichtige Rolle, der wichtigste ist hier sicherlich die Attraktivität des Köders. Und genau dieses verfolgen die Firmen mit unterschiedlichen Strategien. Es existieren Boilies uunterschiedlichster Herkunft am Markt, die bekanntesten sind sicherlich Vogelfutter-, Getreide-, Milchprotein- oder Fischmehlboilies. Und alle sind als Hakenköder oder bei geringerer Anfütterung für Karpfen auf eigene Weise attraktiv, trotzdem sie völlig unterschiedlich zusammengesetzt sind. Trotzdem spielen bei intensiver Anfütterung mit Boilies die Faktoren Fischgesundheit und Fischwachstum eine wichtige Rolle und hier sollte man schon auf Boilies zurückgreifen, die für den Karpfen einen nutritiven Nutzen haben (vgl. cc10 und Artikelserie v. Arlinghaus und Meyer in CC). Dabei wird dann auch klar, dass gerade die Boilies mit etwas höherem Fettund Proteingehalt oft auch etwas höher im Preis liegen und daher als Futterboilies bei vielen Anglern nicht in Frage kommen. Man entscheidet sich dann häufig für die preiswertere Alternative, um eine größere Menge anfüttern zu können. Es wäre eventuell günstig, in diesem Falle anders zu handeln und die Anfüttermenge herabzusetzen, wobei man dann durchaus physiologisch günstige Boilies (bei gleicher finanzieller Belastung) füttern könnte. Außerdem gilt weiterhin: je hochwertiger ein Köder aus Sicht des Karpfens ist, desto höher ist auch die Gewässerbelastung, da überdurchschnittlich viel Nährstoffe (Phosphor) ungenutzt ausgeschieden werden und in die Gewässer gelangen. Dieser Zusammenhang zwischen Angelstrategie-Anfüttermenge-Zusammensetzung des Köders-Futter- und Köderauswahl sollte jedem Karpfenangler klar sein und insofern ist auch jeder dazu angehalten seine persönliche Einstellung dazu zu überdenken. Damit sind die Grundlagentests an den Angelfuttermitteln abgeschlossen. Obwohl dieses Thema die anglerische Praxis sicherlich nur am Rande streift, hoffe ich dennoch, dass Ihr einige interessante Erkenntnisse aus den Untersuchungen ziehen konntet. In noch folgenden Artikeln soll es dann eher darum gehen, inwiefern Angelfuttermittel Fische und Gewässer beeinflussen. Bis dahin schöne und gesunde Fische, Euer Micha Erstellt von Michael Niesar im Juni 2002 6 Artikel carp connect: Boilies im Labor die 2te Erstellt von Michael Niesar im Juni 2002 7