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Leistungselektronik Halle A6.606 Billiger als selbst entwickelt Hochintegrierte Bausteine treiben IGBTs und MOSFETs MOSFETs und IGBTs gelten als leistungsfrei rein über Spannung steuerbare Bauelemente, so wie einst Röhren. Doch so einfach ist es nicht: Geschwindigkeit und Sicherheit sind sehr wichtig – was komplexere Treiberschaltungen erforderlich macht. Der IGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor) gilt als der Leistungshalbleiter, welcher die Vorteile von Bipolar- und Feldeffekttechnik vereint und die Steuerung auch großer Umrichter simpel werden lässt. Er kann nur mit Spannung gesteuert werden, wie eine Röhre, wie einst die Thyratrons – und er lässt sich im Gegensatz zum Thyristor (oder Thyratron) jederzeit wie ein MOSFET abschalten. Die Durchlassspannung eines IGBT bleibt begrenzt, wie beim Bipolartransistor, er hat im eingeschalteten Zustand keine ohmsche Charakteristik, wie ein MOSFET. Doch benötigt er keinen ständigen Steuerstrom, um durchgeschaltet zu bleiben. Einen MOSFET oder IGBT anzusteuern, erscheint daher sehr simpel: Es scheint auszureichen, mit dem Ausgang der Logikbausteine direkt das Gate des Leistungshalbleiters anzusteuern. Doch funktioniert diese Simpel-Technik nicht lange: Bei Störungen fallen einfache Schaltungen aus. Was man an kleinen Summen bei der Steuerung gespart hat, wird dann in vielfachen Mengen bei zerstörten teuren Leistungsbausteinen und den Folgeschäden unkontrolliert freigesetzter hoher Leistungen fällig. MOSFETs und IGBTs brauchen mehr als reine Logikpegel zur Steuerung Zuverlässigkeit und Effizienz der Leistungshalbleiter hängen am Treiber: Schon ˘ AUTOR Dipl. Ing. (FH) Wolf-Dieter Roth studierte Nachrichtentechnik an der FH München und ist seit vielen Jahren als Fachjournalist, Buchautor und Ingenieur in der Industrie und in Fachverlagen tätig. Er ist technischer Redakteur bei HY-LINE Power Components. 28 Bild 1: Lateraler Ausfall durch CAF in FR4-Basismaterial nach 700 Stunden im Test (85 °C, 86 % rel. Feuchte, 1 500 V DC). (Alle Bilder: Hy-Line Power Components) Bild 3: Low-Cost Halbbrücken-Dual-Core-Treiber 2SC0107T: Kostet unter 10 € pro Kanal, diskret ist dies nicht zu schaffen. Bild 2: Der Concept HalbbrückenCore-Treiber 1SC2060P mit Planar-Übertragern misst gerade einmal 74 x 44 x 6,5 mm. geringe Unsauberkeiten beim Umschalten führen zu Verlusten und geringeren Wirkungsgraden sowie Transienten durch zu hohe oder – schlimmer – zu geringe Totzeiten, zu langsamen oder zu schnellen Schaltvorgängen. Bei stärkeren Abweichungen der Schaltfenster ist auch mit Beschädigung und Ausfall der Leistungshalbleiter zu rechnen. Heutige IGBT-Module – vom Einzelbaustein bis zum Sevenpack – sind komplexe, anwendungsfertige und flexibel steuerbare Bausteine, die andere HalbleiterBauelemente in der Leistungselektronik abgelöst haben und Ströme bis 2,5 kA sowie Sperrspannungen bis 6,5 kV bei Taktfrequenzen bis zu 200 kHz verarbeiten können. MOSFET-Module erlauben in ähn- lichen Bauformen noch höhere Arbeitsfrequenzen. Für das zuverlässige, sichere und effiziente Schalten des Leistungsmoduls ist die Treiberelektronik entscheidend: Nur Treiberleistungen, die bis in den zweistelligen Wattbereich zur Verfügung stehen, halten angesichts der umzuladenden Kapazitäten des IGBT- oder MOSFET-Gates Umschaltverluste und Abschaltzeiten im Störfall gering. Wichtig: Schnelles Umladen des Gates Schaltungen mit Drei-Phasen-Brücken sind besonders auf exakte Ansteuerung angewiesen, wenn Performanceverluste oder gar Schaltfehler vermieden werden sollen, die das teure Modul sowie die elektronik industrie 10 - 2010 leistungselektronik Halle A6.606 ngeschlossenen Geräte gefährden könna ten. Langzeitstabilität ist ebenso wichtig: Isolations- und Kriechstrecken, die bei der Montage noch korrekt sind, können infolge von Diffusionseffekten langfristig degradieren und zu Ausfällen führen. Untersucht wurde hier beispielsweise ein bereits seit einigen Jahren untersuchter, Entwicklern dennoch oft unbekannter Effekt namens CAF (Conductive Anodic Filaments), bei dem Kupferionen in FR4-Platinenbasismaterial aufgrund der Umgebungsfeuchtigkeit entlang den Glasfasern diffundieren und so bereits nach einigen 100 Stunden zu Kurzschlüssen führen können (Bild 1). Auf den ersten Blick kostengünstige Eigenentwicklungen, die nur die Grundfunktionen einer Treiberschaltung bereit stellen, können nicht mit hochintegrierten, intelligenten Treibern mithalten, die die möglichen Schwachstellen eines Hochleistungs-IGBT-Systems kennen und durch rechtzeitigen integrierten Schutz der teuren Bauteile mögliche Ausfälle verhindern. Bipolare, schnelle Gate-Ansteuerung notwendig Ein IGBT wird durch eine positive Spannung am Gate durchgeschaltet und sperrt ohne Gatespannung bei 0 V. Dies klingt nach einfacher Ansteuerung, beispielsweise durch den Ausgang eines Logikbausteins. Doch in einer Halbbrücke kann die Miller-Kapazität des zweiten IGBT dazu führen, dass dieser spontan ebenfalls durchschaltet, wenn der erste IGBT eingeschaltet wird. Die Folge: Ein kurzfristiger Kurzschluss, der mindestens zu massiven Transienten im System führt, wenn nicht gar zu Beschädigung und Ausfall der IGBTModule. Eine negative Vorspannung eines gesperrten Gates ist erforderlich, um dieses unerwünschte Durchzünden zu verhindern – und schon steigt der Schaltungsaufwand, insbesondere beim High-Side-IGBT der Brücke: 10 bis 25 kV/µs sind hier für die Schaltflanken gefragt – zusammen mit der Potentialdifferenz ist dies nicht mehr trivial. Ebenso enden die Umladeströme, die für schnelles Schalten erforderlich werden, schnell im Ampere-Bereich und die elektronik industrie 10 - 2010 Treiberleistung damit nicht mehr im Milliwatt-, sondern im Wattbereich: Der Treiber wird selbst zum Leistungsbauelement. Bei Kurzschlüssen ist der IGBT schnell abzuschalten. Ein Kriterium hierfür ist die an ihm abfallende Spannung: Liegt sie deutlich über dem Sättigungswert, so ist der IGBT entsättigt und muss abgeschaltet werden, bevor seine zulässige Verlustleistung überschritten ist. Dies funktioniert allerdings nicht so einfach in MultilevelSystemen – hier muss stattdessen die übergeordnete Steuerung eingreifen und die IGBTs in der korrekten Reihenfolge abschalten, um Schäden zu vermeiden. Ebenso sollte der Treiber nur bei korrekt anliegenden Versorgungsspannungen aktiv werden, um unsaubere Schaltvorgänge zu vermeiden. Spezial-Treiber: Kostengünstiger als Eigenentwicklung Diese Funktionen können natürlich diskret umgesetzt werden, doch wird der Entwicklungs- und Bauteileaufwand erheblich: Eine auf einem Halbleiter monolithisch integrierte Lösung ist wesentlich effektiver und kostengünstiger. Ebenso gibt es neben einfachen IGBTModulen auch moderne IPM-Bausteine (Intelligent Power Module) mit eigenen, integrierten Schutzschaltungen, doch bieten diese keine galvanische Trennung und schränken die möglichen Leistungsdaten durch die feste Schutzschaltung ein. Es werden also immer noch diskrete, externe Bauteile notwendig, was Zuverlässigkeit und Kosten negativ beeinflusst. Zudem ist ein eigenständiges Abschalten des Leistungshalbleiters in Anlagen mit Multilevel-Betrieb nicht sinnvoll bzw. kann diesen und die Anlage sogar zerstören – hier ist eine kontrollierte Abschaltsequenz einzuhalten. Es ist daher sinnvoller, Schutzschaltungen gleich in den Treiber zu verlegen. Galvanische Trennung: Welches Prinzip? Bei hohen Schaltspannungen ist eine galvanische Trennung unumgänglich, die mit Transformatoren, Optokopplern und Lichtwellenleitern umgesetzt werden kann. Lichtwellenleiter haben hierbei den ˘ 29 Leistungselektronik Halle A6.606 Bild 4: Direkte Master-Slave-Parallelschaltung bei optischer Ankopplung erspart Probleme mit mehrfacher optischer Kopplung und daraus resultierenden unterschiedlichen Verzögerungszeiten. Vorteil, für sehr hohe Spannungsdifferenzen geeignet zu sein und dabei auch das übertragende Kabel-Medium darzustellen. Sie sind die bevorzugte Lösung für die höheren Spannungsbereiche bis 6,5 kV und kaskadierte IGBT-Kreise, wie sie beispielsweise für Hochspannungs-GleichstromÜbertragungen (HGÜ) verwendet werden, Lichtwellenleiter sind außerdem sicher gegen hohe Transienten, die bei Transformator- und auch Optokoppler-Lösungen kapazitiv durchkoppeln können. Die Transformator-Lösung ist dagegen schneller (Übertragungszeiten hinab bis in den Nanosekunden-Bereich), langzeitstabil und deshalb für höherfrequente Schaltungen interessant. Extreme Duty Cycles sind für Transformatoren jedoch ein Problem, ebenso hohe Isolationsspannungen von mehreren kV. Gewöhnliche Optokoppler sind dagegen zu langsam und nicht spannungsfest genug für IGBT- und MOSFET-Treiber, spezielle schnelle Optokoppler wiederum vergleichsweise teuer. CONCEPT bietet daher, um alle Fälle optimal abdecken zu können, IGBT-Treiber mit Transformator- und mit LichtwellenleiterKopplung an. Die Treiber sind für den normalen kommerziellen (0 °C bis 70 °C) und den industriellen Temperaturbereich (– 40 °C bis + 85 °C) erhältlich und berücksichtigen auch Aspekte wie die notwendigen Luft- und Kriechstrecken und die dazu notwendigen Teilentladungsprüfungen. Sie haben Verzögerungszeiten von 100 ns und enthalten bereits Transformatoren und Gleichspannungswandler, um IGBTs auf der High-Side korrekt steuern zu können – nur im extremen Hochvoltbereich über 3,3 kV wird der DC/DC-Wandler in eine externe Baugruppe ausgelagert. Universal oder maßgeschneidert? CONCEPT bietet zwei Sorten von IGBTTreibern an: Einerseits flexible Universalmodule, die „Treiber Cores“, andererseits auf bestimmte IGBT-Module angepasste Baugruppen, die „Plug and Play-Treiber“. Treiber Cores enthalten in Single-, Dual- und Sixpack-Ausführung alle StandardFunktionen eines IGBT- oder MOSFETTreibers, wie galvanische Trennung, DC/ DC-Wandler für die Versorgung und Schutzschaltungen für die Leistungshalbleiter. Sie können vom Anwender mit beliebigen MOSFETs oder IGBTs über ein Adapterboard gekoppelt werden, sie verarbeiten Sperrspannungen von 600 V bis 3,3 kV und liefern Treiberleistungen von 1 bis 20 W pro Kanal, sowie bis zu 500 kHz Schaltfrequenz. Plug-and-Play Treiber sind dagegen bereits speziell auf bestimmte IGBT-Module der gängigen Hersteller in den Gehäusetypen EconoDUAL, Econopack, Primepack und IHM/IHV 130 im Spannungsbereich von 1,2 bis 6,5 kV zugeschnitten – auch mechanisch. Sie enthalten bereits eine Active Clamping Schaltung zur Überspannungsbegrenzung sowie die passenden Gatewiderstände und müssen nur noch auf das zugehörige IGBT-Modul geschraubt werden. Billiger als selbst entwickelt Eigene IGBT-Treiber zu entwickeln erscheint zunächst finanziell interessanter als der Einkauf eines fertigen Treibermoduls. Doch die eigenen Lösungen sind im Nachteil gegenüber einer Lösung mit CONCEPT-Treibern: Nicht nur technisch, aufgrund der von CONCEPT verwendeten hochintegrierten spezifischen HalbleiterBausteine (monolithische ASICs), sondern auch wegen der schnellen Entwicklungszeit und der Tatsache, dass weder in Zuverlässigkeit noch in Kosten Kompromisse gemacht werden müssen. leistungselektronik Halle A6.606 Zudem rückt ein weiterer Vorteil wieder mehr in den Mittelpunkt, den viele erfahrene Entwickler aus eigener, leidvoller Erfahrung zu schätzen wissen: Eine Lösung, die garantiert 10 Jahre lebt, ohne dass der Anwender sich dem Thema noch mal zuwenden muss, ist wesentlich angenehmer als eine diskrete Schaltung, die über ihren Lebenszyklus kontinuierlich betreut und aus KomponentenVerfügbarkeitsproblemen mehrfach überarbeitet werden muss. Zum Vergleich: Eine diskrete Lösung mit dem Funktionsumfang eines CONCEPT Treiber Cores wie dem 2SC0435T benötigt etwa 250-300 Komponenten, während der 2SC0435T mit 44 einfachen Bauteilen auskommt. (sb) Literatur Heinz Ruedi, Intelligent interfaces between power and control: Gate Bild 5: Blick auf einen hochinte grierten ASICBaustein in einem ConceptIGBT-Treiber. drivers for IGBTs, Siemens Components 1996 Jan Thalheim, Chipset for Flexible and Scalable High-Performance Gate Drivers for 1200V-6500V IGBTs, ISPSD 2008 Sascha Pawel, Wolfgang Ademmer, Gate Drivers for High Performance and Low Cost, Power Electronics Europe 2009 Heinz Ruedi, Treiberplattformen für Industrie und Traktion, ECPE Workshop Nürnberg, 23. Februar 2010 ˘ infoDIRECT 424ei1010 ˘ Link zu HY-LINE Power Components ˘ Link zu weiteren Informationen www.elektronik-industrie.de