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Internationaler Verein für Menschenrechte der Kurden IMK Wocheninformationsdienst Datum: 26. September – 04. Oktober 2002 Pressefreiheit erneut eingeschränkt Gegen einen Zeitungsverteiler der Tageszeitung Yeniden Özgür Gündem wurde mit der Begründung des Verkaufs verbotener Zeitungen eine Geldstrafe verhängt, während ein Özgür-Halk-Mitarbeiter festgenommen wurde. (Quelle: Özgür Politika, 25.09.02) Verfahren gegen 700 StudentInnen, die Kurdisch als Wahlfach gefordert hatten Während der Gerichtsverhandlungen gegen 700 Studentinnen und Studenten der Universität Yüzüncü Yil, die Kurdisch als Wahlfach beantragt hatten, erklärten die Angeklagten, dass diese Forderung sich mit den EU-Anpassungsgesetzen decke und ein Verfassungsrecht sei. Die StudentInnen werden nach dem Strafgesetz Art. 169 verurteilt, gestern waren es 225 vor dem 2. Staatssicherheitsgericht Van. (Quelle: Özgür Politika, 26.09.02) Verfahren gegen Folterer Einen Tag vor Ablauf der Verjährungsfrist wurden 5 von 7 Polizisten von der 7. Kammer des Strafgerichts in Istanbul zu je 14 Monaten Haft verurteilt. Ihnen war Folter am damaligen Chefredakteur der Zeitschrift “Atilim”, Ali Hidir Polat, Delil Ildan, Haci Orman, Füsun Erdogan, Birol Pasa, Hakki Mihçi, Ali Ocak und Dogan Sahin zwischen dem 15. und 24. März 1996 vorgeworfen worden. Haftstrafen erhielten die Polizeibeamten Bayram Kartal, Sedat Selim Ay, Yusuf Öz, Nafiz Aktas und Sönmez Alp, während Mustafa Ünal und Yalçin Büyükhan freigesprochen wurden. Anklage war am 16. Mai 1997 erhoben worden und die erste Verhandlung fand am 26. September 1997 statt. Dennoch meinten die Anwälte der Polizisten, die erst vor kurzem gewechselt hatten, dass die Verteidigung behindert worden sei. (Quelle: Milliyet, 26.09.02) Lehrer freigesprochen Die 4. Kammer des SSG Istanbul sprach die Lehrer und Funktionäre der Gewerkschaft Egitim-Sen, Alaattin Dinçer, A. Riza Aydin, Musa Biçer, Hasan Toprak, M. Ekber Isik, Ahmet Korkmaz, Necdet Uygun, Özgür Müftüoglu, Emin Ekinci, Kemal Yüksel, Veysel Akdenizli und Agah Tuncay vom Vorwurf der Unterstützung einer bewaffneten Bande frei. Sie hatten auf Kongressen der Gewerkschaft in Istanbul zwischen dem 2. und 13. Februar 02 Reden zu Unterricht in der Muttersprache, den Hungerstreiks in den Gefängnissen und einem Generalstreik gehalten. (Quelle: Evrensel, 26.09.02) Journalist verurteilt Am 24. September verurteilte das SSG Istanbul Nizametin Taylan Bilgiç, Chefredakteur von “Evrensel” zu 20 Monaten Haft wegen eines Artikels vom 20. Januar mit der Überschrift “Die Kurdenfrage geht alle Arbeiter an”. Die nach § 312 TSG verhängte Strafe wurde in eine Geldstrafe von 4,4 Milliarden TL umgewandelt und der Zeitung wurde ein Erscheinungsverbot von einer Woche auferlegt. (Quelle: Bianet, 28.09.02) IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 169 Nummer: 169 Mitarbeiter vor Gericht Am heutigen Tage begann das Verfahren gegen Dr. Alp Ayan, Psychologe am Reha-Zentrum der TIHV in Izmir, Mert Zengin, Ecevit Piroglu, Vorstandsmitglied im IHD und Gonca Çoban. Sie sind nach § 159 TSG wegen Beleidigung des Justizministers und der Streitkräfte angeklagt. Dieser Verstoß soll während einer im Freien abgehaltenen Pressekonferenz am 10.02.2001 begangen worden sein, als eine Erklärung zu den Hungerstreiks und den F-Typ Gefängnissen verlesen wurde. Dr. Alp Ayan war als Sprecher der “Plattform gegen Zellen” wegen dieser Pressekonferenz schon einmal angeklagt worden, aber schon nach kurzer Zeit vom Vorwurf, eine illegale Demonstration veranstaltet zu haben, freigesprochen worden. Sieben Monate nach diesem Freispruch eröffnete die Staatsanwaltschaft dieses Verfahren. Das heutige Verfahren wurde auf den 30. Dezember vertagt. (Quelle: TIHV vom 02.10.02) 3 Tote und 6 Verletzte durch Dorfschützer Nachdem die Familie Tekin im Dorf Ugrak in der Provinz Bismil bei Diyarbakir von Dorfschützern zur Flucht gezwungen worden war, kehrte sie mit Genehmigung des Militärs gestern wieder in ihr Dorf zurück. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr wurde die Familie von den Dorfschützern im Dorf beschossen. Im Streufeuer wurden drei Personen, darunter ein Kind, getötet und sechs verletzt. Die Angehörigen der Familie Tekin vermuten, dass der Angriff vorher geplant war: „Der Hauptmann ruft die Familie ins Dorf. Er sagt: Ihr könnt wieder in eurer Dorf zurückkehren, es gibt keine Schwierigkeiten mehr. Ihr könnt euer Land bestellen und hier leben. Als die Familie dieses Angebot annimmt, wird sie in einer Baracke untergebracht. Unserer Information nach kamen kurze Zeit vor dem Angriff Soldaten und warnten, dass die TekinFamilie ihre Kinder lieber nicht in der Baracke unterbringen solle. Wir befürchten, dass dieser Vorfall geplant war.“, so ein Angehöriger. (Quelle: Hürriyet, Milliyet u.a., 28.09.02) Soldaten wollten Dorf räumen Das Dorf Koçdagi im Landkreis Baskale in Van sollte wegen angeblichem Ölschmuggel geräumt werden. Die Soldaten haben dem Dorfvorsteher Fetullah Sari mitgeteilt, dass sie das 500 Einwohner zählende Dorf wegen illegalen Ölhandels im iranischen Grenzgebiet räumen wollen. Sari, der gegen diese Entscheidung Widerspruch geleistet hat, wurde daraufhin bedroht. Es wurde auch bekannt, dass andere grenznahe Dörfer mit gleicher Begründung unter ständiger Kontrolle des Militärs stehen. (Quelle: DIHA, 30.09.02) Todesstrafe für Öcalan umgewandelt Das Todesurteil gegen den früheren Chef der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), Abdullah Öcalan, ist jetzt offiziell in lebenslange Haft umgewandelt worden. Dies entschied ein Staatssicherheitsgericht 1 in Ankara. Dem Gericht war Öcalans Akte vor zwei Wochen erneut vorgelegt worden, nachdem das türkische Parlament Anfang August die Abschaffung der Todesstrafe beschlossen hatte und dabei nur Krieg und kriegsnahe Zeiten ausnahm. Dies galt als Signal an die EU, der sich die Türkei politisch annähern möchte. Öcalan wurde 1999 wegen Hochverrats verurteilt. Das Gericht legte nun fest, dass lebenslänglich in seinem Fall wirklich bis ans Ende des Lebens bedeute, und dass Öcalan von keiner der in der Türkei häufigen Gefangenenamnestien profitieren könne. Ein Vertreter der kurdischen Partei Hadep in Istanbul, Halil Salik, sagte der Süddeutschen Zeitung, man habe die Umwandlung des Urteils so erwartet. Seine Strafe sitzt der 1947 Geborene auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer ab, wo er einziger Häftling ist. Ob Öcalan nun in ein anderes Gefängnis verlegt wird, ist bislang nicht bekannt. (Quelle: SZ, 04.10.02) Wahlaufsicht verhängt Sendeverbote Drei türkische Fernsehkanäle müssen wegen Verstößen gegen den Grundsatz der Ausgewogenheit bei der Wahlkampfberichterstattung ihre Sendungen sechs Tage lang einstellen. Das beschloss am Donnerstag der Oberste Wahlrat. Die drei Fernsehstationen Star, Star Max und Kanal 6 gehören zum Medienimperium des Unternehmers Cem Uzan, der an der Spitze seiner neu gegründeten Jugend-Partei (GP) in die Parlamentswahl am 3. November geht. Die Fernsehkanäle Uzans berichten Tag für Tag ausführlich und in höchsten Tönen von der Wahlkampfaktivitäten der GP und ihres Vorsitzenden. Über die Aktivitäten der anderen politischen Parteien erfahren die Zuschauer der drei Kanäle dagegen so gut wie nichts. Darin sah die Aufsichtsbehörde einen Verstoß gegen die Ausgewogenheit. Uzan setzt mit seiner Partei vor allem auf Proteststimmen enttäuschter Wähler, die unter der gegenwärtigen Wirtschaftskrise leiden. Im Wahlkampf schlägt der Unternehmer nationalistische Töne an. Obwohl erst im August gegründet, rangiert die GP in jüngsten Meinungsumfragen bei über zehn Prozent. (Quelle: Frankfurter Rundschau, 04.10.02) Türkischer Mediziner kritisiert den Umgang seines Landes mit früheren Folterern im Sicherheitsapparat „Von Rechtsstaatlichkeit sind wir noch weit entfernt“ Wissenschaftler berichtete kurz vor der Nürnberger Menschenrechtskonferenz am Wochenende von seiner schwierigen Arbeit Das Schicksal eines engagierten Verfechters der Menschenrechte kann auch darin bestehen, dass er an einer Internationalen Menschenrechtskonferenz wie am kommenden Wochenende in Nürnberg nicht teilnehmen kann, weil er vor Gericht um die Freiheit eines Gleichgesinnten kämpfen muss. Der 70-jährige Veli Lök ist so einer, der in Izmir um den Freispruch für einen Freund zittert, während in Nürnberg die immer noch sehr unbefriedigende Situation in seinem Land beklagt wird. Unbequemer Spezialist Veli Lök ist Türke, und er ist Professor der Medizin. Dass er Spezialist ist – nämlich Orthopäde und Traumatologe – , das macht ihn so unbequem für die Vertreter der „alten“ Türkei, jener Türkei, in der Militär und Sicherheitskräfte nach Belieben schalIMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 169 ten und walten und, seit dem Putsch 1987, ihre Gegner drangsalieren und verschwinden lassen konnten. Das hat sich unter dem Druck des demokratischen Europa schon gebessert und durch die „Beitrittspartnerschaft“ zur Europäischen Union seit einem Jahr einen enormen Schub bekommen – „aber von Rechtsstaatlichkeit sind wir noch weit entfernt“, sagt Lök. Der Professor aus Izmir, der zu den Mitbegründern der türkischen Menschenrechtsstiftung HRFT (Human Right Foundation Turkey) gehört und schon deswegen von den türkischen Behörden antipatriotischer Umtriebe verdächtigt wird, hat gemeinsam mit seinen mittlerweile zahlreichen Mitstreitern eine Materialsammlung für den Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen zusammengetragen, die jährlich aktualisiert wird. Und die Zahlen sagen deutlich, dass es um die Menschenrechte in der Türkei (und vor allem im so genannten Ausnahmezustandsgebiet Südostanatolien) nach wie vor nicht zum Besten steht: Allein im Jahr 2001 verzeichnet die HRFT 33 „außergerichtliche“ Exekutionen, zwei Vermisste, acht Todesfälle in Untersuchungshaft, 49 Todesfälle in Gefängnissen sowie 1226 Anträge an die Menschenrechtsorganisation, dem Vorwurf der Folter und der Hintergründe von Hungerstreiks nachzugehen. Und gerade das ist eine der Spezialitäten der türkischen Menschenrechtsstreiter der HRFT: Folter dort „sichtbar“ zu machen und zu dokumentieren, wo sie durch immer subtilere Methoden von Polizei und Geheimdienst „unsichtbar“ gemacht werden soll. Zu den Marksteinen der Arbeit der HRFT gehört das so genannte Istanbuler Protokoll, das von 75 Wissenschaftler/innen, 40 Ärzte Organisationen und 15 Ländern, darunter die Bundesrepublik, unterzeichnet und den Vereinten Nationen als Arbeitsgrundlage zugeleitet und angenommen wurde. Das Protokoll stellt eine Anleitung dar, wie man mit alternativen Untersuchungsmethoden an Folteropfern zu aussage- und beweiskräftigen Ergebnissen kommen kann – „das ist erst die Grundlage dafür, dass man Folterer auch vor Gericht bringen kann“, wie Professor Veli Lök erklärt. Er hat federführend daran mitgearbeitet, dass selbst zehn Jahre alte Traumata, also Verletzungen durch Schläge oder Stromstöße, dokumentierbar wurden – Folter bekommt so eine Geschichte, und häufig bekommen die Folterer auch endlich ein Gesicht, wie das von den meisten Opfern herbeigesehnt wird. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass solch ein Verbrechen auch vor Gericht aufgearbeitet wird: Das türkische Innenministerium hat 2001 erklärt, so erzählt der unbeugsame Professor, es habe zwischen 1995 und 2001 gegen 12 535 Personen Untersuchungen wegen des Verdachts auf Teilnahme an Folterungen eingeleitet – „nur wurde in den letzten eineinhalb Jahren nach diesem Bericht nicht ein einziger Folterer verurteilt oder des Dienstes verwiesen“, wie Lök beklagt. Insgesamt habe es in der Türkei bei Gerichtsverfahren gegen 148 Beamte der Sicherheitsapparate lediglich neun Haftstrafen gegeben, „die aber alle in Geldstrafen umgewandelt wurden“, empört sich der Professor. „Weiter Weg“ Die Türkei also als „hoffnungsloser Fall“? Das würde nicht einmal HRFT-Gründungsmitglied Veli Lök so sehen. „Es hat sich, auch unter dem Druck der Beitrittspartnerschaft‘ und des Menschen2 rechtsausschusses des Europäischen Parlaments, vieles gebessert“, sagt er heute, „aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“ Die jetzt erfolgten Zugeständnisse an die nationalen Minderheiten seien schon ein erster Schritt, „aber eine echte Entspannung ist noch nicht eingetreten“. Er selbst ist das Beispiel: Wer, wie die HRFT, die Türkei der Folter bezichtigt, landet vor Gericht. Veli Lök ist in diesen Tagen „nur“ Zeuge. Der Schritt vom Zeugenstand zur Anklagebank ist aber nur kurz. (Quelle: Nürnberger Nachrichten, 3.10.02) Schulterschluß im Nordirak Kurdische Parteien einigten sich auf Verfassungsentwurf. Drohungen aus Ankara Die nordirakischen Kurdenparteien PUK und KDP haben sich auf den Entwurf einer Verfassung für eine »Irakische Föderative Republik« und für ihre autonomen kurdischen Gebiete geeinigt. Grundlage des Verfassungsentwurfs ist ein Papier, das der Vorsitzende der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), Massoud Barzani, bereits im Frühjahr dieses Jahres vorgelegt hatte. In der vergangenen Woche einigte sich nun ein Verhandlungskomitee von PUK und KDP. Danach soll es in einem künftigen Irak eine kurdische und eine arabische Region geben. Auch die Rechte »anderer ethnischer Gruppen und Minderheiten« im Irak sollen in einer neuen Verfassung berücksichtigt werden. Am Freitag will man in Erbil, der früher gemeinsamen Hauptstadt der autonomen Kurdenprovinzen im Nordirak, zusammenkommen und das kurdische Parlament über den Entwurf entscheiden lassen. Dieses Parlament geht zurück auf ein von Bagdad erlassenes „Gesetz über die kurdische Autonomie“ aus dem Jahre 1974. Die Aktivitäten allerdings blieben aufgrund anhaltender Konflikte zwischen den Kurden und der Zentralregierung begrenzt. Nach dem Golfkrieg (1991) wurde das Parlament unter internationaler Aufsicht 1992 neu gewählt, war aber seit dem Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen KDP und PUK nach 1996 praktisch nicht mehr aktiv. Bereits Anfang September unterzeichneten die beiden nordirakischen Kurdenparteien ein Friedensabkommen, an dem die USA seit 1998 gearbeitet hatten. Nun soll das Parlament neu gewählt werden. Bisher verfügt die KDP über 51 und die PUK über 49 Sitze. Weitere fünf Sitze waren den assyrischen Christen im Nordirak vorbehalten. Dem Abkommen zufolge soll der Vorsitz des Parlaments zwischen KDP und PUK alle drei Monate wechseln. Der kurdische Verfassungsentwurf soll nach der Verabschiedung durch das kurdische Parlament auch Gruppen der irakischen Opposition im Ausland vorgelegt werden. Diese planen ebenfalls im Oktober ein Treffen, um einen eigenen Verfassungsentwurf für einen „neuen Irak“ zu diskutieren. Die kurdischen Bestrebungen im Nordirak werden aus Ankara mit deutlichen Drohungen beantwortet. Bereits jetzt sind mehrere tausend türkische Soldaten in den nordirakischen Kurdenprovinzen stationiert. In einem Interview mit der Londoner Financial Times betonte der türkische Außenminister Sükrü Sina Gurel zudem, Ankara werde im Falle eines Sturzes der irakischen Regierung in Bagdad durch eine Militärintervention die Entstehung eines kurdischen Staates im Norden des Irak „in keiner Weise dulden“. Das habe er auch dem USAußenminister Colin Powell sowie dem amerikaniIMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 169 schen Vizepräsidenten Dick Cheney mitgeteilt. „Natürlich verstehen die Amerikaner unsere Position“, sagte Gurel. Auch der türkische Premierminister Bülent Ecevit warnte vor „ernsten Problemen“ im Nachbarland. De facto entstehe bereits ein „kurdischer Staat“ im Nordirak, sagte er. (…..) (Quelle: junge Welt, 02.10.02) Folter und Misshandlung: Urgent Aktion von AI: Türkei: Abdullah Kaya, 26 Jahre alt Abdullah Kaya befindet sich in Polizeigewahrsam in Diyarbakir im Südosten der Türkei und ist in Gefahr, misshandelt und gefoltert zu werden. Abdullah Kaya war am 18. September 2002 in Ankara festgenommen und in die Antiterrorabteilung der dortigen Polizeizentrale gebracht worden, da man ihm offenbar Verbindungen zu der bewaffneten islamistischen Gruppierung „Hizbullah“ vorwarf. Am 21. September 2002 wurde er in den Gewahrsam der Antiterrorabteilung der Polizeizentrale von Diyarbakir überstellt. Türkei: Ahmet Ece amnesty international ist in Sorge um die Sicherheit von Ahmet Ece, der offenbar dem „Verschwindenlassen“ zum Opfer gefallen ist, nachdem er am 23. September 2002 noch Familienangehörige angerufen hatte. Vermutlich befindet er sich in Gendarmerie- oder Polizeigewahrsam und ist in Gefahr, gefoltert oder misshandelt zu werden. Die Behörden bestreiten jedoch, ihn in Gewahrsam zu halten. Ahmet Ece hatte seine Wohnung in Istanbul Berichten zufolge um den 16. September 2002 verlassen. Am 23. September 2002 rief er zu Hause an, um seinen Familienangehörigen mitzuteilen, dass er am folgenden Tag nach Istanbul zurückkehren werde. (Nähere Informationen unter: www.ai.de) Flüchtlinge im eigenen Land Nach Beendigung des zweiten Golfkrieges (1991) hat das irakische Regime die Arabisierungskampagne in kurdischen Siedlungsgebieten Kerkuk, Chaneqin, Senjar und Musul, die immer noch unter seiner Herrschaft stehen, ausgeweitet und verschärft. Die vertriebenen Kurden werden durch Araber sunnitischer Religionsgemeinschaft ersetzt. Die Arabisierung, bekannt als „ethnische Säuberung“ soll etappenweise fortgesetzt werden. Danach müssen die Kurden ihre kurdische Volkszugehörigkeit verleugnen bzw. aufgeben und ein dafür vorgesehenes Formular ausfüllen und unterschreiben. Diejenigen, die dieses verweigern, werden unverzüglich nach Kurdistan vertrieben und ihr Hab und Gut wird beschlagnahmt. Einige wenige können ,trotz Unterschreibens des Formulars, freiwillig in den Süden des Landes gehen Sie dürfen ihre Häuser nur den Arabern verkaufen und ihr Vermögen mitnehmen. Nach einem Bericht des US-amerikanischen Flüchtlingskommissariat (USCR) sind seit 1991 bis 2000 94.000 Kurden nur aus Kerkuk und Umgebung vertrieben worden. In den letzten drei Monaten diesen Jahres wurden 4.000 kurdische Familien (2500 Personen) nach Kurdistan im Norden des Landes deportiert (ausgewiesen). (Quelle: Hawelati, Nr. 91, 23.09.02) 3 Irak versteckt seine C-Waffen in einer Gipsherstellungsfabrik Im Monat August hat das irakische Regime in einer Nacht- und Nebelaktion seine Massenvernichtungswaffen nach Machmur in Kurdistan verlegt. Machmur ist von Saddams Truppen besetzt und es befindet sich dort eine Gipsherstellungsfabrik. Nach dieser Aktion sind die Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen um die Fabrik massiv verstärkt worden. Bewohner der Stadt und andere Beobachter haben zwei Nächte hinter einander Militär-LKWs und Hunderte von Soldaten gesehen, die diese LKWs begleitet und in der Fabrik abgeladen haben. Der für die erhöhte Sicherheit der Fabrik zuständige Mann ist der Geheimdienstler „Moghadam Salman“ bekannt mit dem Spitzennamen „Aburihab“. Er ist gleichzeitig Chef des irakischen Geheimdienstes für die Provinz Arbil. Er ist häufig mit seinem Auto in der Nähe der Fabrik gesehen worden. (Quelle: Media, Nr. 130, 01.09.02) Saddams Regime hat unbeschränkten Erschießungsbefehl erlassen Nach einem Befehl des irakischen Regimes dürfen die Sicherheitskräfte im Falle eines anglo-amerikanischen Angriffes auf den Irak jeden, der sein Haus verlässt, ohne Vorwarnung erschiessen. Mit dieser Maßnahme will das Regime einen Volksaufstand während des Krieges, wie es beim zweiten Golfkrieg, in Kurdistan und im Süden des Landes der Fall war, verhindern. Saddam Hussein hat seine neuen arabischsprachigen Parteifunktionäre in kurdischen Regionen unter seine Herrschaft eingesetzt und hat ihnen uneingeschränkte Macht erteilt. Weiterhin hat er ihnen beschlagnahmte Vermögen und Grundstücke der Kurden geschenkt, damit sie motiviert werden, das Regime bei einem Aufstand der Kurden zu verteidigen. (Quelle: Media ,Nr. 130, 01.09.02) Kurdische Dorfbewohner als Versuchskaninchen für Experiment der biochemischen Substanzen ausgenutzt Wie bereits im WID Nr. 167 berichtet wurde, hat das iranische Regime biochemische Substanzen an kurdischen Schülerinnen und Schüler des Dorfes „Bejwe“ experimentiert, wobei zahlreiche Menschen vergiftet wurden. Neuen Berichten zufolge, hat sich die Gesundheitslage der Betroffenen dramatisch verschlechtert, so dass sie nicht mehr in den regionalen Krankenhäusern behandelt werden können. Das Ergebnis der Untersuchung von eingereisten ärztlichen Delegationen aus Teheran wurde nicht bekannt gegeben. Auch ein Antrag des kurdischen Abgeordneten der Stadt Sardascht im iranischen Parlament und anderer kurdischen Regionalbehörden beim amtierenden iranischen Präsidenten Mohammad Chatemi auf Einreise der internationalen ärztlichen Delegationen, darunter eine Delegation der „Ärzte ohne Grenze“ wurde sofort abgelehnt. Der Antrag der Betroffenen auf Genehmigung einer Ausreise zur Behandlung im Ausland war schon vorher abgelehnt worden. Den AntragstellerInnen wurde mit harten Konsequenzen gedroht, falls sie weitere Anträge stellen und diesbezüglich Informationen weiter geben würden. Unser Reporter sprach mit einem Betroffenen vor Ort und er hat seine Erlebnisse so geschildert: IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 169 „Man hat zuerst versucht dieses Experiment mit den Bewohnern der Dörfer „Betusch“ und „Dolkan“ zu machen. Die Art und Weise der Vorbeugung und die dafür vorgesehenen Substanzen kamen aber den Bürgermeistern dieser Dörfern ungewöhnlich vor. Sie haben die angebliche Vorbeugungsmaßnahme verhindert und die Eingereisten zurückgeschickt. Der Bürgermeister des Dorfes „Bejwe“ hatte auch Zweifel an der Echtheit der Substanzen zur Vorbeugung der von ihnen genannten Krankheit. Er hat allerdings nur seine eigenen Kinder von dieser Maßnahme ausnehmen können. Am ersten Tag wurden nur Frauen und Schülerinnen aufgerufen, zwei Tropfen einzunehmen und sich spritzen zu lassen. Das gleiche hat man mit Männern und Schülern einen Tag danach gemacht. Diese Vorgeschichten und die Folgen der Spritzen bzw. der Tropfen aber auch das Verhalten der Behörden haben uns schnell klar gemacht, dass die angebliche Vorbeugung ein Experiment der biochemischen Substanzen war“. (Quelle: „Kurdistan“ Nr. 349) Iranische Volksmodjahedin im Dienste von Saddam Hussein Die irakische Regierung verstärkt seit August ihre Truppen in und um die Stadt Musul, um jeglichen Aufstand der Bevölkerung im Falle eines Krieges zu verhindern und niederzuschlagen. Allein im Monat August sind weitere 5000 Soldaten der „Ghods“ Garde, drei Einheiten der Republikanischen Garde, sowie 200 bewaffnete Einheiten der iranischen Volksmodjahedin, die in der Stadt „Tekrit“ stationiert waren, nach Musul geschickt worden. Volksmodjahedin sollen bei der Niederschlagung eines Volksaufstandes den irakischen Militärs helfen. Sie waren an der Vertreibung der Kurden im Jahre 1991 durch die Republikanische Garde und Dorfverbrennungen in Kurdistan aktiv beteiligt. Im Rahmen dieser Vorbereitungsmaßnahmen gegen einen bevorstehenden Krieg der USA setzte das Regime seine hochrangigen Generäle, wie Hassan Ali Majid, Leiter des Giftgasangriffes auf die kurdische Stadt Halabja 1988 ein. Er hat sein Büro jetzt in Kerkuk. Ezet Duri, soll die stationierten Soldaten in Mossul leiten und Mohammad Zemam Abdulrezaq ist zuständig für den gesamten Süden des Landes. Sie haben uneingeschränkte Macht und dürfen jede Protestaktion mit Waffen beantworten. (Quelle: Hawelati, Nr. 87, 26.08.02) Todesstrafe verhängt Die iranische Justiz in Kurdistan hat einen neuzehnjährigen Kurden, Salar Kerdari, Abiturient, Wohnhaft in der Grenzstadt Merivan wegen seinen politischen Aktivitäten und Zugehörigkeit zu den kurdischen Oppositionsparteien zum Tode verurteilt. Salar wurde vor etwa Zweieinhalbmonaten an der Grenze zwischen dem iranischen und irakischenKurdistan verhaftet und erst ist in ein Gefängnis in der kurdischen Stadt Sanandadj geliefert worden. Das Urteil ist noch nicht vollgestreckt worden. Von daher rufen wir alle internationalen Menschenrechtsorganisationen dazu auf, Druck auf das iranische Regime auszuüben und ihre Möglichkeiten für das Aussetzen der Todesstrafe und für die Freiheit von Herrn Salar Kerdari sich einzusetzen. (Quelle: Aufruf von Komala, 28.09.02) 4 Massenprotest der politischen Gefangenen Berichten zufolge ist es am 15.09.02 zu Massenprotesten der politischen Gefangenen in der kurdischen Stadt Mahabad gekommen. Augenzeugen berichteten von dauernden Schiessereien und Einsatz von Tränengas, dessen Rauch von Nachbarn gesehen worden ist. Sicherheitskräfte des Gefängnisses sind verstärkt worden, Telefonleitungen nach Außen sind unterbrochen und Gefängnisbusse sind dauernd im Einsatz. Fast alle verhafteten Kurden, die vor kurzem an einer Demonstration in Mahabad teilgenommen hatten, werden in diesem Gefängnis aufgehalten. Sie protestierten gegen die Erschiessung drei kurdischer Händler auf der Strecke zwischen Schardascht und Mehabad, nachdem sie gesehen hatten, dass der Befehlshaber und seine Gefolgsleute auf freiem Fuß sind. Der Grund der Protestaktion von Gefangenen und die Zahl der eventuell Getöteten und Verletzten ist noch nicht bekannt. Angehörige der Verhafteten berichten, dass das Regime die Häftlinge in ein unbekanntes Gefängnis verlegen will und die Verhafteten befürchten Massenhinrichtungen. (Quelle: Komala, 16.09.02) Zeltstädte in Planung UN-Flüchtlingswerk und die Türkei bereiten sich auf eine mögliche Flüchtlingswelle im Falle eines Krieges gegen Irak vor Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hat mit Planungen für den Fall eines Militärschlags gegen den Irak begonnen. Es werde mit Zehntausenden bis zu einer Million Flüchtlingen oder Obdachlosen gerechnet, sagte Flüchtlingskommissar Ruud Lubbers gestern in Genf. Er plädierte jedoch für eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts. Der richtige Weg sei, die Welt vor möglichen irakischen Waffen zu schützen und mit den Waffeninspektionen zu beginnen. Die Verantwortlichen sollten sich lieber auf eine Verhinderung eines Krieges konzentrieren, sagte Lubbers Vorbereitungen trifft auch die Türkei, in die sich nach dem Golfkrieg 1991 der größte Flüchtlingsstrom ergossen hatte. Bis zu 80.000 Flüchtlinge könnten sofort versorgt werden, sagte der Präsident des türkischen Roten Halbmonds, Ertan Gönen, gestern vor Beratungen über einen "Katastrophen Aktionsplan" mit Vertretern der türkischen Militär- und Polizeiführung und den Behörden. An der Grenze zum Irak seien bislang keine Vorbereitungen getroffen worden. "Innerhalb von drei bis fünf Stunden können wir aber an der Grenze Zeltstädte errichten mit Material aus unseren Lagern in Elazig und Erzurum", so Gönen. (Quelle: taz, 04.10.02) Sturm in der Ägäis Flüchtlingsboot sank In der Ägäis sind vermutlich 13 Flüchtlinge ertrunken. Das Fischerboot, mit dem 21 Zuwanderer und ein Kapitän die Insel Lesbos erreichen wollten, geriet in der Nacht zum Freitag in einen Sturm und sank. Neun Schiffbrüchige wurden gerettet, drei Tote bereits geborgen. (Quelle: taz vom 28.9.02) Verehrte Leserinnen und Leser, Der IMK e.V. wird in Kooperation mit der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Trauma und Therapie“ durchführen. Die erste Veranstaltung hat am 21. September 2002 in Köln stattgefunden. Das gesamte Programm der Veranstaltungsreihe können Sie unserer WEB-Seite entnehmen. Auch das Programm der Wochenendtagung „Kurden im Irak und in der Türkei – ihre Zukunft zwischen Aghas, Sheiks und Öl-Multis“ vom 6.12. bis 08.12.2002, in der Ev. Akademie Bad Boll kann über uns bezogen oder von unserer WEB-Seite www.kurden.de heruntergeladen werden. Aufruf zu einer zentralen Demonstration am 12. Oktober in Köln Die aus 18 kurdischen Parteien und Organisationen bestehende“ Plattform der Organisationen aus Kurdistan in Deutschland – HEVKARI“ ruft zu einer zentralen Demonstration und Kundgebung am 12. Oktober 2002 in Köln auf. Beginn: um 12.00 Uhr am Köln-Ebertplatz Abschlusskundgebung: 14.00 Uhr am Roncalliplatz Den Aufruf zu dieser Veranstaltung können Sie auf folgenden WEB-Seiten lesen: www.komkar.org oder www.kurden.de IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 169 5 Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte, Neue Publikation der IMK e.V. möchte alle Interessierten und MitarbeiterInnen in der Flüchtlingsarbeit auf die Diplomarbeit von Herrn Mehmet Bayval zum Thema „Psychosoziale Entwicklung von Kinderflüchtlingen“ hinweisen. In der Diplomarbeit werden die Rahmenbedingungen, unter denen Kinderflüchtlinge in der Bundesrepublik leben, dargestellt. Hierbei werden psychologische, soziologische, ethnologische, politische, und rechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt. • • Im ersten Teil der Diplomarbeit werden die notwendigen Definitionen, die Fluchtursachen, Statistiken und internationale bzw. nationale gesetzliche Grundlagen veranschaulicht. Hierbei handelt es sich, um Fragen des Bleiberechts, um Aufenthaltstitel, sowie, um Einreiseverfahren. Im zweiten Teil werden die konkrete Lebenssituation, die psychosoziale Entwicklung der Kinderflüchtlinge – z.B. in den Bereichen Unterbringung, Bildung und Identitätsentwicklung, unter Herausarbeitung der Maßnahmen, die die Lebenssituation der jungen Flüchtlinge beeinflusst – im Mittelpunkt stehen. Die Diplomarbeit kann in gebundener Form bei uns gegen die Errichtung eines Betrages von 6,-- Euro ( inkl. Versandkosten) bestellt werden. Wie zuvor auch diesmal möchten wir an Sie appellieren, uns mitzuteilen falls Sie eine e-mail-Adresse haben, denn der Versand über e-mail ist kostengünstiger und schneller. Wir möchten Sie gleichzeitig auf unsere WEB-Seiten hinweisen, die interessante Beiträge enthält: • • • • • • Presserklärung des IMK e.V. zum 40. Jahrestag der rassistischen Sondervolkszählung in Syrien (Deutsch) Eine Analyse über das Verhalten der türkischen Medien während den Bundestagswahlkampfes in Deutschland (Deutsch) Ein Jahresbericht der PSK über die Entwicklungen in der Türkei und Nord-Kurdistan (Deutsch und Englisch) Ein Artikel vom Ashiti Amir über Syrien und Syrisch-Kurdistan (Deutsch) Die Erklärung der PSK zum „EU-Anpassungspaket“ des Türkischen Parlaments (Deutsch und Englisch) Der Artikel „Kurden und Kurdistan“ von Shahin Sorekli aus Australien (Englisch) Diese Beiträge tragen nicht unbedingt unsere Meinung, sondern geben die aktuell für unser Themengebiet interessanten Diskussionen wieder. Besuchen Sie doch einmal www.kurden.de. Mit freundlichen Grüßen, Ihre Redaktion ISSN 1438- 08 Herausgeber: IMK e.V., Postfach 07 38, D-53137 Bonn, Telefon: + 49 228 362 802, Fax: + 49 228 363 297, E-Mail: IMK-Bonn@t-online.de und imkkurds@aol.com Besuchen sie auch unsere Website: http://www.kurden.de Verantwortlicher Leiter: Abubekir Saydam Abonnementbedingungen (pro Jahr): • Stiftungen, Parteien, Regierungen und internationale Organisationen sowie Gremien: Euro 92,00 • Gerichte, Rechtsanwälte, Menschenrechtsorganisationen, Flüchtlingsberatungsstellen: Euro 46,00 • Förderabonnement, Einzelpersonen und kleinere Vereine: Euro 31,00 Spendenkonto: Volksbank Bonn (BLZ: 380 60 186), Konto-Nr.: 201 246 90 23 IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 169 6