Sicherheit am Arbeitsplatz - Landeskriminalamt Niedersachsen
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Sicherheit am Arbeitsplatz - Landeskriminalamt Niedersachsen
SICHERHEIT an Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr Vorwort Der Kundenkontakt und die Arbeit mit Ratsuchenden und Leistungsberechtigten in Behörden wird immer häufiger durch Konflikte belastet. Die Auswertung von Unfallmeldungen des Bundes verwiesen auf teilweise extreme Formen von Übergriffen, bis hin zu Bedrohungen mit Messern, Äxten und Schusswaffen. Seit der Einführung von „Hartz IV“ sehen sich auch die Jobcenter einer verschärften Lage gegenüber. Ähnliche Entwicklungen sind bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie den Sozialbehörden zu beobachten. Diese Broschüre beschreibt, welche Verhaltensweisen bei Bedrohungen und Übergriffen anzuwenden sind. Sie soll Orientierung und Handlungshilfen bieten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden sollen wissen, welche Unterstützung angeboten wird und wo und wann sie Hilfe erwarten können. Ihre Polizei Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1. 1.1 1.2 1.3 Was bedeutet Gewalt am Arbeitsplatz. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 8 Formen der Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Risikofaktoren . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 8 Folgen für die Opfer . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 9 4 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 Was können Sie tun? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Stufe 0 – Kontroverse Gesprächssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Stufe 1 – Verbale Aggression, unangepasstes Sozialverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Stufe 2 – Körperliche Gewalt, Nötigung, Bedrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Stufe 3 – Einsatz von Waffen und Werkzeugen, Bombendrohung, Amoklauf, etc. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 34 Weitere Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Die Täterinnen und Täter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3. Umgang mit Gefahren. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 16 3.1 Welche Gefahren können auftreten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3.2 Die Gefahrenstufen von 0 bis 3 im Modell . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 17 4. Risikoeinschätzung von Arbeitsplätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5 1 ERSTES KAPITEL 1 1. Was bedeutet Gewalt am Arbeitsplatz? 8 Übergriffe von Kunden auf Beschäftigte in Behörden nehmen seit Jahren zu. So stieg die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle aufgrund aggressiver Übergriffe in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Im Jahr 2010 wurden 7228 meldepflichtige Arbeitsunfälle durch Gewalt betriebsfremder Personen verursacht. (Quelle: DGUV) Diese Gewalt am Arbeitsplatz umfasst verbale, physische oder psychische Angriffe auf Beschäftigte in Situationen, die in Bezug zu ihrer Arbeit stehen und die als Folge ihre Gesundheit, ihre Sicherheit oder ihr Wohlbefinden beeinträchtigen. Die Formen der Gewalt sind vielfältig. 1.1 Formen der Gewalt » bewusst unhöfliches oder unangepasstes Verhalten » verbalisierte Gewalt (auch Einschüchtern oder Beleidigen) » Gewalt gegen Sachen (absichtliches Verschmutzen, Beschädigen oder Randalieren) » indirekte Gewalt (Drohungen oder Nötigungen, um Einfluss auf eine Entscheidung zu nehmen) » körperliche Übergriffe 1.2 Risikofaktoren Übergriffe an Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr sind meistens nicht vorhersehbar. Die Gründe sind vielschichtig und für jede Situation spezifisch. Es gibt allerdings bestimmte Situationen für Beschäftigte, die ein grundsätzliches Risiko beinhalten. Die häufigsten sind: • der Umgang mit Waren, Bargeld und Wertsachen • das Verweigern von Leistungen • Einzelarbeitsplätze oder Einzelgespräche, zum Beispiel bei Beratungen im Sozial- und Jugendamt, bei der Betreuung Obdachloser oder bei Maßnahmen durch Gerichtsvollzieher • der Kontakt zu Personen, die zu Aggressionen neigen oder die unter Alkohol- beziehungsweise Drogeneinfluss stehen, beispielsweise aggressive Patienten in Notaufnahmen von Kliniken • Schlecht organisierte Behörden und Unternehmen, die ihre Kunden durch lange Wartezeiten oder fehlerhafte Rechnungen, Bescheide und Auskünfte verärgern. 1.3 Folgen für die Opfer Medienberichte über spektakuläre Einzeltaten wie bedrohte Verwaltungsangestellte, verprügelte Ordnungskräfte, angespuckte Politessen oder angegriffene Finanzbeamte sind nur die Spitze des Eisberges. Viele kleine bis mittlere Übergriffe werden erst gar nicht erfasst, weil Beschäftigte und Vorgesetzte sie als „zu gering“ oder „nicht anzeigewürdig“ bewerten. So nehmen Beschäftigte in Behörden und kommunalen Einrichtungen viel zu häufig Beschimpfungen und Gewalt als Teil ihrer Arbeit hin. Dass diese Taten möglicherweise Straftaten und Arbeitsunfälle sind, bleibt dabei unberücksichtigt. Hinzu kommt, dass die psychischen Folgen solcher Übergriffe von Betroffenen und Verantwortlichen oftmals unterschätzt werden. Damit wird die Chance vertan, durch frühzeitiges und angemessenes Handeln möglichen Gewalteskalationen am Arbeitsplatz und deren Folgen entgegenzuwirken. Die Auswirkungen verbaler, psychischer und physischer Gewalt reichen bei den Betroffenen von Hilflosigkeit, Verunsicherung, Demotivierung, Verzweiflung, Angstzuständen, bis hin zu Stresssymptomen und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Steigende Fehlzeiten, Ausfalltage, sinkende Motivation, geringere Produktivität und eine Verschlechterung des Betriebsklimas können eine Folge von Übergriffen auf Beschäftigte und mangelnder Krisenintervention im Betrieb sein. Darüber hinaus führen Vandalismus und Sachbeschädigungen zu erheblichen Kosten und können betriebliche Abläufe nachhaltig stören. 9 2 ZWEITES KAPITEL 2 2. Die Täterinnen und Täter Für die Entstehung und die unterschiedlichen Formen der Gewalt gibt es keine einfachen oder eindeutigen Erklärungen. Die Gefahr, dass Menschen besonders aggressiv oder sogar gewalttätig werden, besteht besonders dann, wenn verschiedene problematische Einflüsse zusammentreffen. » falsche Erwartungen bzw. Fehleinschätzungen bezüglich der Dienstleistung Risikofaktoren in der Person des Täters können beispielhaft sein: » Einstellungen und Werte (kulturelle Hintergründe) 12 » psychische Erkrankungen » Alkohol- bzw. Drogeneinfluss » keine Angst vor Repressionen oder Konsequenzen » gruppendynamische Prozesse » generelle Konfliktbereitschaft oder Aggressivität » Gewalt als gelerntes Muster zur Lösung von Konflikten » Missverständnisse oder Kommunikationsprobleme/Sprachbarrieren » mangelnde Konfliktfähigkeit oder geringe Frustrationstoleranz » wirtschaftliche oder familiäre Probleme bzw. Existenzängste Trifft eine/ein grundsätzlich aggressiv gestimmte/r Täterin/ Täter dann noch zusätzlich auf begünstigende bauliche, organisatorische Umstände wie: • Einzelarbeitsplätze, Außendienst oder Hausbesuche • hohe Arbeitsbelastung oder Überlastung der Beschäftigten • fehlende oder unzureichende Qualifizierung der Mitarbeiter und Führungskräfte • schlecht strukturierte Arbeitsabläufe oder mangelhafte EDV-Unterstützung • schlechter Kundenservice (Wartezeiten, Öffnungszeiten, Vertretungsregelungen, Empfang etc.) • fehlender Sicherheitsdienst bzw. fehlende Absprachen zwischen Sicherheitsdienst und Mitarbeitern • kein oder mangelhaftes Beschwerdemanagement und/oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter, die persönliche Probleme im Umgang mit Kunden haben wie z. B.: • Kommunikationsprobleme (sprachlich, kulturell, inhaltlich) • mangelnde Fachkenntnisse oder Unsicherheit • mangelndes Gefahrenbewusstsein (keine Gewalterfahrung) • fehlende Handlungskompetenz in gewaltbeladenen/ kritischen Situationen • Überlastung oder private Probleme kann so eine Situation eskalieren. ! Beachte: Es gibt eine Erklärung für Gewalt aber keine Entschuldigung! ! 13 3 DRITTES KAPITEL 3 3. Umgang mit Gefahren 3.1 Welche Gefahren können auftreten? 16 Verbale Angriffe und Beleidigungen treten an Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr häufig, in manchen Bereichen sogar täglich auf. Eindeutige Bedrohungen und der Einsatz körperlicher Gewalt ereignen sich im Berufsalltag eher selten. Katastrophen wie ein Amoklauf, ein Angriff mit Waffen oder eine Geiselnahme sind die Ausnahme. Diese verschiedenen Formen der Gewalt erfordern unterschiedliche Reaktionen. Während sich Beschäftigte gegen verbale Attacken noch selbst behaupten können, ist spätestens bei Angriffen mit Waffen die Polizei hinzuzuziehen. In dieser Broschüre werden die verschiedenen Formen von Gewalt am Arbeitsplatz – je nach Schwere der Tat – in vier Gefahrenstufen eingeteilt. Für jede Stufe werden geeignete Gegenmaßnahmen vorgestellt. Die Übergänge zwischen den Gefährdungsstufen sind fließend. 3.2 Die vier Gefahrenstufen von 0 bis 3 im Modell ! Beleidigungen erfordern andere Strategien als Angriffe mit Waffen. ! 3 Einsatz von Waffen und Werkzeugen, Bombendrohung, Amoklauf, Geiselnahme, Überfall 2 Körperliche Gewalt eindeutige Bedrohung oder Nötigung 1 17 Verbale Aggressionen unangepasstes Sozialverhalten 0 Normale bzw. kontroverse Gesprächssituationen Für jede der vier Gefahrenstufen werden Hilfestellungen gegeben, um kritischen Situationen vorzubeugen, insbesondere wie risikobehaftete Arbeitsplätze erkannt, einer der Gefahrenstufen zugeordnet und daraus geeignete Gegenmaßnahmen für den Ernstfall abgeleitet werden können. 4 VIERTES KAPITEL 4 4. Risikoeinschätzung von Arbeitsplätzen 20 Um Kundenübergriffen am Arbeitsplatz vorzubeugen, ist zunächst zu klären, welche Gefahren es an den Arbeitsplätzen gibt. Dies kann zum Beispiel in einer gemeinsamen Betriebsbegehung durch Behördenleitung beziehungsweise Geschäftsführung, Führungskräfte, Arbeitsschutzexperten und Mitarbeiter der örtlichen polizeilichen Beratungsstelle erfolgen. Die Beteiligten bewerten gemeinsam die Arbeitsplatzsituation und können bei dieser Gelegenheit die betroffenen Mitarbeiter für die verschiedenen Facetten der Gewaltprävention sensibilisieren. Die Polizei kann dabei zu folgenden Themen beraten: » Sichern von Gebäuden, Zugängen und gefährdeten Bereichen im Haus » Einrichten sicherer Arbeitsplätze » Einrichten von Alarmierungs- und Überwachungsmöglichkeiten » Empfehlen von Inhalten für Weiterbildungen zum Umgang mit schwierigen Kunden » Erstellen von Notfallplänen » Überprüfen von Gebäudeplänen, die bei der Polizei hinterlegt werden Die gewonnenen Erkenntnisse sollten durch Sichtung verschiedener Unterlagen, wie zum Beispiel Stellen- und Arbeitsplatzbeschreibungen, innerbetriebliche Dokumentationen, Meldungen über Hausverbote, Straf- und Unfallanzeigen vervollständigt werden. Neben diesen objektiven Daten ist auch das persönliche Empfinden der Betroffenen sehr wichtig. Denn in der Praxis hat sich gezeigt, dass die Gefahrenbewertung der Realität am nächsten kommt, wenn neben den Einschätzungen der Experten und Verantwortlichen auch die Erfahrungen der Beschäftigten in die Analyse einbezogen werden. 21 5 FÜNFTES KAPITEL 5 5. Was können Sie tun? 24 Behördenleiter, Geschäftsführer und Personalverantwortliche können eine Vielzahl von Maßnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeiter vor Übergriffen am Arbeitsplatz zu schützen, beziehungsweise sie nach einem Übergriff zu unterstützen. Dazu gehören das Erarbeiten eines Sicherheitskonzepts, in welchem bauliche, technische und organisatorische Aspekte im Vordergrund stehen sowie personenbezogene Maßnahmen, wie zum Beispiel das Anbieten von Schulungen zur Deeskalation. Im Folgenden stellen wir Ihnen bewährte Maßnahmen für jede Gefahrenstufe vor. Diese bauen aufeinander auf. Wird ein Arbeitsplatz beispielsweise in Stufe „2“ eingeordnet, müssen die Maßnahmen der Stufen „0“ und „1“ ebenfalls beachtet und umgesetzt werden. 5.1 Stufe 0 – Kontroverse Gesprächssituationen Denken Sie daran, dass die Situation eskalieren könnte! Schaffen Sie eine sichere Arbeitsplatzumgebung. Die Behörde/das Unternehmen ist durch die gesetzlichen Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz verpflichtet, sichere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das umfasst auch die sichere Gestaltung der baulichen Gegebenheiten, eine gute Beleuchtung und Beschilderung im Innern des Gebäudes, an Ausgängen und Parkplätzen, die Ausstattung mit ergonomischem, stabilem und geeignetem Mobiliar, die Gestaltung der Arbeitsabläufe sowie die Auswahl geeigneter Arbeitsmittel. Es ist wichtig, regelmäßig zu prüfen, ob die Arbeitsplätze noch diesen Standards entsprechen und sie gegebenenfalls anzupassen. Hier einige Tipps für eine sichere Arbeitsplatzumgebung: • Beschäftigte, die ihren Kunden gegenüber sitzen und diese gut im Blick haben, sind eher in der Lage, plötzliche Bewegungen (Gefahren) wahrzunehmen und schneller zu reagieren. • Richten Sie einen Fluchtweg ein, damit Beschäftigte im Notfall das Büro schnell verlassen können. Dieser muss gut erreichbar und frei sein, das heißt, er darf nicht durch Gegenstände, zum Beispiel Möbel, versperrt sein. • Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für mögliche Gefährdungen und motivieren Sie sie zu sicherheitsbewusstem Verhalten, zum Beispiel bei regelmäßigen Unterweisungen. Sorgen Sie dafür, dass Büros und Büroeinrichtungen nach sicherheitstechnischen Gesichtspunkten gestaltet werden. Darüber hinaus sollten Kunden immer so platziert werden, dass Beschäftigte den kürzesten Weg zur Tür haben. Desweiteren sollten Sie beachten: • Es sollten keine gefährlichen Gegenstände wie Scheren, Brieföffner, Tacker o.ä. im Greifraum des Kunden liegen • Auf Familienfotos auf dem Schreibtisch sollte verzichtet werden • Büros sollten so eingerichtet sein, dass ein Fluchtweg vorhanden ist 25 5 5. Was können Sie tun? Schulen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie sie sich im Ernstfall gegenseitig unterstützen können. Insbesondere bei konfliktbelasteten Treffen/Gesprächen sollten sich die Kolleginnen/Kollegen untereinander absprechen. Weiterhin ist es sinnvoll: 26 • sich gegenseitig über verdächtige Personen zu informieren • falls ein Alarmsystem vorhanden ist, dessen Bedienung zu üben und abzusprechen, wann ein Alarm ausgelöst werden soll • unbekannte Personen anzusprechen und nach deren Wünschen zu fragen Kontrollieren Sie den Zutritt von Fremden. Verhindern Sie den freien Zugang zu nichtöffentlichen Räumen (z. B. Sozialräume, Kopierräume, Lager oder Personaltoiletten). Schränken Sie den freien Zugang von Besuchern ins Haus ein. Achten Sie darauf, wo sich Fremde im Haus bewegen. Hierzu gibt es eine Vielzahl technischer und organisatorischer Maßnahmen: » Empfangstheken » Eingangskontrollen » abgeschlossene interne Bereiche » Türen mit Zugangscode » Videoüberwachungssysteme » Begleiten von Kunden durch das Gebäude » Warteschlangenmanagement und -verkürzung Der freie Zugang von Fremden, insbesondere von unter Drogen- oder Alkoholeinfluss stehenden Personen, kann eine ernstzunehmende Gefahrenquelle sein. » Terminierung von Kundengesprächen » abgetrennte und freundlich gestaltete Wartezonen » Kundeninformationssysteme » Farbliche Besucherleitsysteme durch das Gebäude Bieten Sie Seminare zu Straftatbeständen und Selbsthilferechten an. Kenntnisse in Straftatbeständen, Hausrecht und Selbsthilferechten geben Rechtssicherheit im Umgang mit „schwierigen“ Kunden. Bieten Sie Seminare beziehungsweise Informationsveranstaltungen zu wichtigen Rechtsgrundlagen an, zu denen Sie interne und externe Experten hinzuziehen (z. B. die Rechtsabteilung, Juristen, Polizei, Staatsanwaltschaft) oder ermöglichen Sie die Teilnahme an externen Seminaren. Richten Sie Fluchtwege ein. Prüfen Sie, ob die Rettungswege im Haus gut gekennzeichnet und jederzeit frei sind. Bei publikumsintensivenTätigkeiten und besonders an Einzelarbeitsplätzen hat sich der so genannte „zweite Fluchtweg“ ins Nachbarbüro bewährt. 27 5 5. Was können Sie tun? 5.2 Stufe 1 – Verbale Aggression, unangepasstes Sozialverhalten, Sachbeschädigung Legen Sie verbindliche Regeln fest. 28 Es kann in der Praxis vorkommen, dass ein Kundengespräch eskaliert und diese Situation nicht kommunikativ geklärt werden kann. Aufgebrachte Kunden können mit unangepasstem Sozialverhalten, verbaler Aggression, Beschimpfungen, Beleidigungen, Randale oder Sachbeschädigung reagieren. Wenn Sie mit diesen Szenarien an Ihren Arbeitsplätzen rechnen müssen, dann ist es sinnvoll, im Sicherheitskonzept Verhaltensweisen für den Notfall, Unterstützungsmöglichkeiten durch Kollegen oder Vorgesetzte sowie Informationswege nach einer schwierigen Situation zu regeln. Die Beschäftigten werden handlungssicher, wenn organisatorische Abläufe, Verantwortlichkeiten und Informationswege fest gelegt sind und gewährleistet ist, dass alle innerbetrieblichen Verantwortlichen über bedrohliche Situationen sachgerecht informiert werden. Veranstalten Sie Schulungen zum Umgang mit aggressiven Kunden. In speziellen Trainings können Beschäftigte geeignete Verhaltensstrategien lernen. Schwerpunkt dieser Trainings soll das Erkennen des eigenen Verhaltens in Konflikten sein. Dazu gehört auch das Nachdenken darüber, welchen Einfluss die persönlichen Einstellungen und Werte auf den Umgang mit Konflikten, Bedrohungen und Gewalt haben. Ziel einer solchen Veranstaltung ist das Stärken der Sozialkompetenz und des Selbstbewusstseins der Teilnehmer sowie das Erlernen von Deeskalationsstrategien in Konfliktund Bedrohungssituationen. Führen Sie ein Alarmierungssystem ein. Beschäftigte müssen im Notfall Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzte um Hilfe rufen können. Erfahrungen zeigen, dass bereits die Anwesenheit mehrerer Personen während eines Konflikts deeskalierend wirken kann. In Situationen der Gefahrenstufen „0“ und „1“ reicht es, wenn lediglich Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzte herbeigerufen werden. Geeignete Alarmierungssysteme für diese Gefahrenstufen sind zum Beispiel akustische oder optische Warnsignale oder Notfall-Taster. Der Schutz der Beschäftigten hat im betrieblichen Alltag absoluten Vorrang. Dokumentation von Vorfällen. Damit Gewaltvorfälle aufgearbeitet werden können, sollte ein behördeninternes Dokumentationssystem eingerichtet werden. Auf dieses System sollten alle Mitarbeiter ein Zugriffsrecht erhalten, damit alle Übergriffe objektiv erfasst und Gewaltvorfälle aufgearbeitet werden können. Konsequenterweise sollte gegen auffällige Personen: • ein Hausverbot ausgesprochen werden • beim Vorliegen einer Straftat eine Strafanzeige erstattet werden 29 5 5. Was können Sie tun? 5.3 Stufe 2 – Körperliche Gewalt, Nötigung, Bedrohung Schulen Sie Ihre Beschäftigten. 30 Üben Sie die in den Notfallplänen festgelegten Handlungsabläufe in regelmäßigen Abständen ein. Besonders die verantwortlichen Notfallakteure müssen auf ihre Aufgaben vorbereitet werden. Dazu gehört auch, die Einsatzstrategien der Rettungskräfte, die Fluchtwege, die Einrichtungen der Ersten Hilfe, die Lage der Sammelplätze, die Kontaktaufnahme zu den Einsatzkräften sowie deren Informationswege zu kennen. Umgang mit renitenten Personen. Immer häufiger kommt es vor, dass Personen ihre Anliegen in aggressiver Weise vorbringen und auch durchsetzen wollen. Hierbei kann es zu Körperverletzungen, Beleidigungen, Nötigungen, Sachbeschädigungen oder anderen Straftaten kommen. Daher ist es wichtig sich auf entsprechende Gefahrensituationen einzustellen. Die Eigensicherung hat in diesem Fall oberste Priorität. Hierzu ist es wichtig zu wissen, welche Fluchtwege offen stehen. Im Zweifel, immer nach der Devise handeln „Verteidigung ist gut – Flucht ist besser“. Darüber hinaus sollten folgende Verhaltenstipps beachtet werden: • Ruhe bewahren und sachlich bleiben • Nicht in Panik ausbrechen • Bedrohende Person nicht berühren und ihr nicht den Rücken zukehren • Nicht den „Helden“ oder „Heldin“ spielen • Versuchen Sie zu fliehen, um sich in Sicherheit zu bringen • Wenn eine Flucht nicht möglich ist, Alarm auslösen Bis zum Eintreffen der Polizei sollten Täter, natürlich unter der Beachtung von Eigensicherungsmaßnahmen, nur von Sicherheitskräften oder ausgebildetem Personal festgehalten werden. Informieren Sie Ihre Beschäftigten frühzeitig über einen Vorfall. Ungewissheit oder unsachliche Informationen nach einem gewalttätigen Ereignis verstärken bei den Beschäftigten Unsicherheit und Ängste. Informieren Sie Ihre Belegschaft nach einem Übergriff deshalb sachlich und möglichst schnell. Klären Sie im Vorfeld, wer auf welche Weise (z. B. per E-Mail oder Beschäftigtenversammlung) Vorgesetzte, Mitarbeiter und gegebenenfalls die Öffentlichkeit informiert. Bereiten Sie Texte zur Information Ihrer Beschäftigten und der Presse vor. ! ! !! 31 5 5. Was können Sie tun? Stellen Sie eine medizinische Versorgung und psychologische Erstbetreuung sicher. 32 Behördenleiter und Geschäftsführer sind im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht dazu verpflichtet, die medizinische und psychologische Erstversorgung der Opfer sicherzustellen. Es ist bekannt, dass die ersten Stunden nach einem traumatischen Ereignis für das Verarbeiten des Erlebten von außerordentlicher Bedeutung sind. Sorgen Sie im Rahmen betrieblicher Nachsorgekonzepte dafür, dass Opfer in den ersten 24 Stunden nach der Tat eine psychologische Erstbetreuung erhalten. Je früher ein Opfer betreut wird, desto geringer sind mögliche Folgeschäden. In der Praxis haben sich verschiedene betriebliche Nachsorgekonzepte mit unterschiedlichen Akteuren bewährt. Zum Beispiel kann die Erstbetreuung der Opfer durch psychologisch geschulte Kolleginnen und Kollegen, durch (Betriebs-) Ärzte, Psychologen oder Mitarbeiterberatungsstellen sichergestellt werden. Hilfreich sind in der weiteren Stabilisierungsphase der Opfer auch örtlich vernetzte Opferschutzeinrichtungen (z. B. WEISSER RING). Es ist sinnvoll, die aktuellen Telefonnummern und Adressen aller im Bedarfsfall zu informierenden Personen und Stellen (z. B. psychologische Erstbetreuer, Ärzte, Psychotherapeuten, Unfallversicherungsträger) in die Notfallpläne aufzunehmen. 33 5 5. Was können Sie tun? 5.4 Stufe 3 – Einsatz von Waffen und Werkzeugen, Bombendrohung, Amoklauf, Geiselnahme, Überfall • Beschäftigte regelmäßig zu Notfallmaßnahmen unterweisen • Funktionsfähigkeit der technischen Einrichtungen regelmäßig prüfen Richten Sie ein Notfallmanagement ein. 34 Gibt es in Ihrer Organisation Arbeitsplätze der Gefahrenstufe „3“, erstellen Sie einen Notfallplan, damit Sie im Ernstfall mit einer funktionierenden Notfallorganisation schnell und sicher reagieren können. Dazu gehören unter anderem: • Verantwortlichkeiten und Weisungsbefugnisse regeln • Erreichbarkeit im Notfall sicherstellen • Abläufe, Verhaltensweisen, Informations- und Alarmierungswege für verschiedene Bedrohungsarten festlegen • Notfall- und Alarmierungspläne erstellen Es ist sinnvoll, diese Informationen in einem Notfallordner zusammenzufassen, der für jeden Mitarbeiter zugänglich ist. Sprechen Sie Ihre Notfallpläne mit Polizei und Rettungskräften ab. Beziehen Sie die örtliche Polizei in das Erstellen der Notfallpläne ein. Beauftragen Sie in Ihrer Organisation einen Verantwortlichen, der die hierfür notwendigen Informationen zusammenstellt, Absprachen trifft und diese ständig aktualisiert. Ansprechpartner, Informationswege und mögliche Hilfeleistungen müssen im Ernstfall allen Beteiligten bekannt sein. Stimmen Sie Einsatzstrategien mit Polizei, Rettungskräften und Ihrer Organisation verbindlich ab. POLIZEI 35 Anhang Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.polizei-beratung.de www.unfallkasse-nrw.de Quellen: Projektgruppe der KPK mit dem Projektthema „Sicherheit am Arbeitsplatz“ 36 Gewaltprävention – ein Thema für öffentliche Verwaltungen?! Ausarbeitung des PP Aachen und der Unfallkasse NRW Bildnachweise: © druckzauber.de – Fotolia.com © Tres Delinquentes – Fotolia.com © bittedankeschön – Fotolia.com © yuliaglam – Fotolia.com Gestaltung: tabasco. media, Hannover www.tabasco-media.com Landeskriminalamt Niedersachsen Dezernat 32 Zentralstelle Polizeiliche Prävention Am Waterlooplatz 11 30169 Hannover