Aluminium-Recycling auf höchstem technischen Niveau
Transcription
Aluminium-Recycling auf höchstem technischen Niveau
12 AluReport 02.2012 Recycling Recycling AluReport 02.2012 Aluminium-Recycling auf höchstem technischen Niveau Gussteile gepresste Aluspäne Lithoplatten Schachtofen Ǧ Ǥ ̾ǦǦ ̾¡Ǥ Krätze Aluminiumdosen Fensterprofile Herdofen 13 Abb. 1: Wertstoff Aluminiumschrott in unterschiedlichsten Anlieferformen, in der AMAG in verschiedenen Schmelzöfen zur optimalen Materialausbeute umweltfreundlich rezykliert D as über eine Zeitspanne von knapp 35 Jahren gewachsene Wissen zum Thema Rezyklieren erlaubt es der AMAG, Aluminiumschrotte in hochwertige Legierungen zu verarbeiten. Steigende Anforderungen an die Produkte erfordern auch weiterhin eine intensive Auseinandersetzung mit dem Wertstoff Schrott. Am Standort Ranshofen wurden zuletzt 260.000 Tonnen davon pro Jahr als Rohstoff eingesetzt. Das Material trifft in unterschiedlichsten Formen ein (siehe Abb. 1), vom sortenreinen, sauberen, externen Fabrikationsabfall mit Eigenschaften aber auch Preisen wie Masselmaterial bis hin zu stark oxidisch und organisch verunreinigten Krätzen und Spänen, welche zwar günstiger in der Anschaffung sind, allerdings hohe Anforderungen an Prozessführung und Ausbringung stellen. In diesem Spannungsfeld versucht die AMAG das Einsatzmaterial optimal zu verarbeiten. Das bedeutet unter anderem: 1) Professionelle Eingangskontrolle der Vormaterialien 2) Sortenreine Lagerung des Einsatzmaterials unter Dach 3) Größtmögliche Wertschöpfung durch Alloy-to-Alloy Recycling 4) Ausbringungsmaximierung mittels Chargenrechnung für jeden Schmelzofen 5) Nachhaltigkeit in der Produktion bei allen Prozessen 6) Detailliertes Wissen über den Einfluss der chemischen Zusammensetzung auf die Materialeigenschaften 7) Entwicklung von rezyklierfreundlichen Werkstoffen Recycling in der AMAG Ziel: Alloy-to-Alloy Verfolgt man die oben genannten Punkte konsequent, ist ein Alloy-to-Alloy Recycling möglich. Das bedeutet, dass man aus Schrotten nicht Aluminium mit unspezi- fischer Zusammensetzung herstellt, sondern dass das rezyklierte Material wieder die gleiche oder eine sehr ähnliche Zusammensetzung hat wie das Eingangsmaterial. Ebenso sind Verunreinigungen in einem gewissen Ausmaß zuzulassen, ohne die Eigenschaften negativ zu beeinflussen. Diese rezyklierfreundlichen Legierungen im Gussund Knetbereich werden gemeinsam mit Partnern entwickelt. Es sind meist Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs, für den Laien oft nicht als Wertstoff erkennbar, welche in Ranshofen zu hochwertigen Guss- und Knetlegierungen verarbeitet werden. So ist das Automobil eine reichhaltige Rohstoffquelle: Motorblöcke, Getriebe, Felgen, Kühler, Karosseriebleche, Nummerntafeln bis hin zu Kreislaufmaterial aus der Erzeugung (z.B. Angüsse) werden bei AMAG rezykliert. 1) Eingangskontrolle Bevor Materialien in das AMAG Gelände kommen, werden sie automatisch auf Radioaktivität hin überprüft. Erst wenn dieser Test bestanden ist, erfolgt die weitere Bemusterung des Materials, insbesondere der Zusammensetzung. Auch aus dem Bauwesen gibt es Beispiele: man denke an Fensterprofile (gleich ob Schrotte vor Gebrauch oder Schrotte nach Gebrauch aus Gebäudeabrissen und -renovierungen), aber auch an Aluminium-Formen für Tondachziegeln, Stützen, Verkleidungen, Trittbleche und vieles mehr. Während die AMAG bei Gusslegierungen größtenteils Schrotte einsetzt, ist es nachvollziehbar, dass Schrotte bei bestimmten Knetlegierungen mit hohen Reinheitsanforderungen nur in begrenztem Ausmaß verwendet werden können. Optimales Nutzen des Einsatzmaterials kann nur über eine gründliche Bemusterung und ordentliche Trennung erfolgen. Daher wird bei jeder Lieferung eine repräsentative Materialprobe genommen und eine chemische Analyse durchgeführt. Die heutigen Druckverfahren für z. B. Zeitschriften arbeiten mit Aluminiumlithographieplatten. Nach ihrem Einsatz werden sie in Ranshofen wieder eingeschmolzen und einem Alloy-to-Alloy Recycling zugeführt. Drehtrommelofen Produkte des täglichen Gebrauchs wie Weinverschlüsse, Dosen, Tuben, Joghurtdeckel, Flaschenkapseln und Folien werden ebenfalls verarbeitet. Durch ihren hohen Anteil an Kunststoffen stellen solche Materialien sehr hohe Anforderungen an den Schmelzprozess. Drehtrommelkippofen Selbst wenn man Aluminium in die Mülltonne wirft (z. B. Dosen), landet dieses Aluminium bei der AMAG, da die Müllverbrennungsasche sortiert wird und die entsprechende Aluminium-Fraktion rezykliert werden kann. Eine vorherige Trennung ist jedoch zielführender. 2) Sortenreine Lagerung des Einsatzmaterials unter Dach Der Schrott wird anschließend nicht nur nach der chemischen Zusammensetzung, sondern auch nach der Morphologie sortiert und in dafür vorgesehene Lagerplätze gebracht. Besonders kleinstückige Schrotte mit einem hohen Oberflächenanteil müssen trocken gelagert werden, da sonst das Aluminium korrodiert und so verloren geht. Grobstückige, reine Schrotte können kurze Zeit auch im Freien gelagert werden. Die dahinter stehende Logistik ist eine Kernkompetenz der AMAG. 14 AluReport 02.2012 Recycling Abb. 2: Vollautomatische Metallanalytik Für Sonderelemente oder zur Absicherung kann die AMAG auch nasschemische ICP Analysen (induced coupled plasma) durchführen. Jedenfalls ist sichergestellt, dass von der Bemusterung bis zum fertigen Endprodukt dieselben Standards bei der Beprobung angewandt werden. So kann eine 6xxx-Legierung neuerlich zu einer 6xxx-Legierung rezykliert werden. 4) Hochwertiges Recycling mittels Chargenrechnung für jeden Schmelzofen Der Schlüssel für optimales Recycling sind die passenden Schmelztechnologien. Die AMAG verfügt über ein breites Spektrum an Schmelzöfen (Schachtöfen, Herdöfen, Drehtrommelöfen, Drehtrommelkippöfen – siehe Abb. 1). Die Kunst des Rezyklierens besteht nun darin, ausgehend von den Anforderungen des Endproduktes, den optimalen Schrottmix dem jeweils passenden Schmelzaggregat zuzuordnen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die datenbankgestützte Chargenrechnung, welche die in Punkt zwei genannten Schrotte in Art und Menge berücksichtigt. Ein besonders schwieriger Punkt beim Rezyklieren zu hochwertigen Materialien sind Aluminiumschrott Schrotte aus Dosen, Folien, Felgen, Fensterrahmen, Fassaden, Motorblöcken, Karosserieblechen, Spänen, Fabrikationsschrott etc. werden gesammelt, klassifiziert und möglichst sortenrein gelagert. organische Verunreinigungen (Beschichtungen, Lacke, Folien etc.). Eine korrekte Chargierung ermöglicht ein kontrolliertes Abschwelen der Verunreinigungen und reduziert den Aufwand für die notwendige Nachverbrennung zur Einhaltung der strengen österreichischen Abgasvorschriften. Darüber hinaus kann die dabei entstehende Wärme für den Schmelzprozess genutzt und damit CO2 eingespart werden [1]. 5) Nachhaltigkeit bei allen Prozessen Die Minimierung der Umweltauswirkungen sowie des Energieeinsatzes haben bei der AMAG höchsten Stellenwert. So wurden in den letzten Jahren alle Schmelzöfen auf Regenerativbrennertechnik umgestellt [2]. Zeitgleich wurden die nachgeschalteten Filteranlagen erweitert und modernisiert. Damit liegen die Abgaswerte weit unter den österreichischen Grenzwerten, die zu den strengsten der Welt zählen. Auch das Kühlwasser für den Strangguss wird im Kreislauf geführt, um Umweltauswirkungen so gering wie möglich zu halten. Die AMAG ist nach ISO 14001 zertifiziert. 6) Detailliertes Wissen über den Einfluss der chemischen Zusammensetzung auf die Materialeigenschaften Durch die Verarbeitung von Schrotten zu Legierungen gelangen unausweichlich auch Spurenelemente und gegebenenfalls Legierungselemente mit unerwünscht hohem Niveau in das Material. Es ist daher von besonderer Bedeutung, die Auswirkungen auf die Materialeigenschaften zu kennen. Diese Elemente können sich nicht nur auf die mechanischen Eigenschaften wie Streckgrenze, Zugfestigkeit und Dehnung sowie dynamische Kennwerte auswirken, sondern auch auf die korrekten Wärmebehandlungsparameter und Verarbeitbarkeit in der AMAG und beim Kunden. Nur die genaue Kenntnis der chemischen Zusammensetzung ermöglicht eine gezielte Einstellung von Prozessparametern und Eigenschaften des Endproduktes. 7) Erweiterung der Recycling-Kompetenz und Entwicklung von rezyklierfreundlichen Werkstoffen Trotz der deutlich höheren Verarbeitungsmenge am Standort Ranshofen ist es Ziel der AMAG, die hohe Schrotteinsatzquote beizubehalten und wenn möglich sogar weiter zu steigern. Dies erfordert eine größere Menge Schrott, die in hochwertige Guss- und Walzprodukte umgearbeitet wird. Im Zuge des Werksausbaus der AMAG wird daher auch das Recycling Center Ranshofen erweitert. Die AMAG arbeitet zielstrebig an der Ausdehnung der Bandbreite des rezyklierbaren Einsatzmaterials und baut damit die Recycling-Kompetenz sukzessive aus. Das bedeutet, dass auch Schrotte mit größeren Verunreinigungen an Organik und anderen nichtmetallischen Beimengungen (Oxide, Staub etc.) von der AMAG verarbeitet und wieder dem Produktkreislauf zugeführt werden. Rezykliertes Aluminium enthält in der Regel Spurenelemente, die im Elektrolysemetall nicht vorkommen, und kann auch Gehalte an Legierungselementen wie Eisen, Kupfer und Zink aufweisen, die vorgegebene Toleranzgrenzen aus Legierungsnormen überschreiten. Im Sinne einer noch breiteren Verwendung von Recycling-Legierungen in anspruchsvollen Aluminiumbauteilen ist es erforderlich, umfassendes Wissen über die Wirkung dieser Elemente inklusive ihrer Wechselwirkungen zu erlangen, um dann die Notwendigkeit der eng gesetzten Toleranzgrenzen kritisch hinterfragen zu können. So kann beispielsweise eine geringfügige Anhebung des erlaubten Kupfergehalts zu einer deutlichen Steigerung des t t o r h c Vom Aluminium-S möglichen Schrotteinsatzes führen – ohne die Korrosionseigenschaften merklich zu beeinflussen. Dieses bewusste Erweitern der Legierungstoleranzgrenzen kann jedoch nur in enger Abstimmung mit dem Anwender geschehen, da jedes Endprodukt andere Anforderungen an den Werkstoff stellt. Um der ressourcenschonenden Herstellung von Leichtbauteilen über die RecyclingRoute weiter Vorschub zu leisten, ist es die erklärte Absicht der AMAG, gemeinsam mit Kunden und Forschungseinrichtungen verstärkt an der Entwicklung und Verbesserung von rezyklierfreundlichen Legierungen zu arbeiten. Konfektionieren Mit dem Schneiden und Verpacken nach Kundenvorgaben und dem Versand ist ein Auftrag abgeschlossen. Ausblick Mit dem Investitionsprogramm „AMAG 2014“ wird die AMAG deutlich wachsen. Die derzeitige Schrotteinsatzquote wird aufrechterhalten und damit wird auch mehr Aluminiumschrott verarbeitet werden. Aus diesem Grund wird das Recycling Center Ranshofen weiter ausgebaut. m u z in ium -Co il Die AMAG kann in Ranshofen alle Legierungsfamilien von 1xxx bis 8xxx an einem Standort verarbeiten. 16 differenzierte Analyseprogramme sorgen dafür, dass die chemische Zusammensetzung korrekt gemessen werden kann. An dieser Stelle profitieren alle AMAG Kunden von den rigorosen Zertifizierungsstandards der Luftfahrtindustrie. So werden Freigabeanalysen von Gusslegierungen mindestens zwei Jahre, jene von Knetlegierungen mindestens 10 Jahre aufbewahrt. Selbst Proben, welche die Schmelzhistorie des Materials bis zum Produkt beschreiben, sogenannte Freigabeproben, werden für eventuell auftauchende Fragen einen Monat rückgehalten. Dabei wird die Probe automatisch mittels eines Markiersystems zur Rückverfolgung mit Chargen-, Werkstoff- und Gerätenummer sowie Datum und Uhrzeit der Messung beschriftet und in die Datenbank eingepflegt. Walzen und Wärmebehandeln um 3) Alloy-to-Alloy Recycling Ein wichtiger Aspekt beim Alloy-to-Alloy Recycling ist eine ausgeklügelte Metallanalytik zur Ermittlung der chemischen Zusammensetzung von Legierungen. Die AMAG hat kürzlich in diesen wichtigen Bereich investiert. Die vollautomatische Anlage arbeitet mit zwei Funkenemissionsspektrometern höchster Präzision (Abbildung 2). Zusätzlich werden Schmelzofenproben noch einmal auf Radioaktivität überprüft. 15 Al Zahlreiche Fertigungsschritte – z. B. Walzen, Wärmebehandeln, Schneiden, Prüfen – sind im Walzwerk notwendig, um ein Aluminiumband herzustellen. Gießen Schmelzen In Ranshofen werden die hochwertigen AMAG Produkte zu ca. 80 % mit Einsatzmaterial aus Schrott gefertigt. Nur durch besonderes Know-how und ausgeklügelte Metallanalytik ist diese hohe Schrotteinsatzquote zu realisieren. Fortschrittliche Gießtechnologie ermöglicht qualitativ hochwertiges Vormaterial für Folgeprozesse. Zum Beispiel Walzbarren in optimaler Form, Größe und chemischer Zusammensetzung. Ideal abgestimmt auf die Kundenanforderungen. Kontakt für weitere Informationen: Dr. Werner Fragner T +43 7722 801 2835 werner.fragner@amag.at Literaturverzeichnis: [1] AMAG AluReport 1/2008, Seite 15 [2] Suppan, Umweltfreundliche Schmelzöfen in der Aluminiumindustrie, 5. Ranshofener Leichtmetalltage, Seite 25ff, ISBN-13: 978-3-902092-05-2