Zehn Milliarden Euro will die Windkraftfirma Prokon einwerben. Der

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Zehn Milliarden Euro will die Windkraftfirma Prokon einwerben. Der
34 wirtschaft
Finanzen
Kursverlauf
Veränderungen
seit Jahresbeginn
12. S e p t e m b e r 2013
Dax
Dow Jones
JapanAktien
8447
+8,91 %
15 161
+13,35 %
Nikkei 14 423
+38,75 %
D I E Z E I T No 3 8
IndienAktien
Euro
Rohöl (WTI)
Platin
Mais
Zink
Sensex 19 997
+1,17 %
1,33 US$
+1,5 %
106,43 US$/Barrel
+14,23 %
1469,5 US$/
Feinunze –6,6 %
468 US-Cent/
Scheffel –32,17 %
1883 US$/
Tonne –10,12 %
G e l d u n d Le b e n
Alles wird teurer
Die Inflationsrate ist zwar niedrig.
Aber die Preise vieler Güter, die man
im Alltag braucht, steigen stark
Viel PR,
wenige Zahlen
Illustration: Karsten Petrat für DIE ZEIT/www.splitintoone.com
Es muss wieder einmal über das Thema Inflation
geredet werden. Die Statistiker – und mit ihnen
viele kluge Wirtschaftskommentatoren – meinen
zwar, dass sich Deutschland da immer noch im
grünen Bereich bewege. Schließlich lag die Geldentwertung zuletzt bei gerade mal 1,5 Prozent, und
für das Gesamtjahr 2013 wird ebenfalls ein Wert
von weit unter zwei Prozent erwartet. Zwei Prozent
gelten gemeinhin als der Punkt, ab dem es bei der
Preissteigerung gefährlich wird.
Allerdings ist es so wie immer: Die gefühlte und
im Alltag erlebte Inflation ist erheblich höher als die
statistisch ausgewiesene. Haben Sie in der letzten Zeit
Butter gekauft? Kostete 31 Prozent mehr als vor einem Jahr. Kartoffeln? Plus 44 Prozent. Waren Sie mal
wieder beim Friseur? Das
war zuletzt durchschnittlich
ein Fünftel teurer. Der Lottoschein kostet 21,1 Prozent
mehr, der Strom 11,9 Prozent, Zigaretten sind jetzt
3,6 Prozent teurer, der Besuch im Schwimmbad 4,5
Diese Woche von
Christian Tenbrock Prozent. Dass es dann im
großen Durchschnitt noch
gut aussieht, liegt vor allem an den sogenannten langlebigen Konsumgütern – Fernseher, Wohnzimmerschränke und dergleichen. Deren Preise steigen kaum
oder fallen sogar. Wobei natürlich erwähnt werden
muss, dass man solche Waren nur alle drei Jahre oder
sogar nur einmal im Leben kauft.
Was aus alldem folgt? Erstens, dass jene, die mit
Tagesgeldkonten oder Sparverträgen versuchen, ihr
Geld zu vermehren, ernsthaft über Alternativen nachdenken sollten. Zweitens, dass Anlagen in Aktien
oder anderen »Sachwerten« eine solche Alternative
sind – aber bitte nicht Aktien obskurer Unternehmen
aus China oder Indonesien. Und drittens, dass die
gefühlte und im Alltag erlebte Wirtschaftslage für
viele Menschen nicht ganz so rosig ist wie die statistisch ausgewiesene. Dass darüber eher wenig geschrieben oder geredet wird, liegt vielleicht daran,
dass Politiker, Zentralbanker und Kommentatoren
gut verdienen und selten Butter kaufen gehen.
Zehn Milliarden Euro will die Windkraftfirma Prokon
einwerben. Der Fall ist ein Lehrbeispiel dafür, worauf
Kleinanleger achten sollten Von Heinz-Roger Dohms
C
arsten Rodbertus, Chef der
Windkraftfirma Prokon, trägt
einen Zopf, keine Schuhe,
keine Socken – nicht das übliche Outfit für den Kopf einer Firma, die über mehr als
eine Milliarde verfügt. Im
Imagefilm der Firma fällt noch etwas anderes auf:
Rodbertus spricht wie ein Geistlicher, langsam,
getragen, mit norddeutschem Einschlag; er sagt
zum Beispiel, er habe festgestellt, dass es neben
dem Berufsleben auch noch »’n büschen was
Sinnvolleres« geben müsse. »Nämlich das Engagement für erneuerbare Energien.«
Bodenständiger Ökomissionar gründet Ökofirma und lässt Kleinsparer an einem wirtschaftlich wie ethisch sinnvollen Projekt teilhaben:
Dieses Bild will Rodbertus mit dem Werbestreifen offensichtlich gerne verbreiten.
Aber die ganze Geschichte über ihn und Prokon geht anders. Zwar haben rund 70 000 Menschen ihm bisher Genussrechte* abgekauft,
mehr als 1,3 Milliarden Euro hat die Firma eingenommen. Doch Rodbertus reicht das nicht.
Bis 2018 will er weitere zehn Milliarden Euro
bei Kleinanlegern einsammeln und begibt sich
von dieser Woche an wieder auf eine Road­show:
auf Anlegerfang. Zehn Milliarden – das wäre
mehr, als Großkonzerne wie die Lufthansa oder
Thyssen-Krupp an der Börse wert sind.
»Das ist Wahnsinn«, sagt Renate Daum,
Graumarktexpertin der Stiftung Warentest. Verbraucherschützer warnen nachdrücklich vor Investitionen in Rodbertus’ Firma. Mindestens
sechs Prozent Verzinsung verspricht er, bis vor
Kurzem sogar acht. Bloß: Woher kommt das
Geld? Es gibt Indizien dafür, dass das Geschäftsmodell ein Schneeballsystem sein könnte. Dann
würden neue Anleger für die Renditen der alten Am besten geht man zu solchen Veranstaltungen
zahlen – und es käme zu einem Zusammen- gar nicht erst hin«, sagt Niels Nauhauser von der
bruch, sobald neue Investoren ausbleiben. Gerne Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Dass Prokon seine Finanzprodukte direkt verwürde man Rodbertus dazu befragen, aber er
spricht seit Monaten nicht mehr mit Medien, treibt – also ohne Banken, Börsen oder Vermittler einzuschalten –, hat für die Firma einen enteine Anfrage der ZEIT bleibt unbeantwortet.
Das Anlegermagazin Capital hat 2012 auf­ scheidenden Vorteil: Sie bleibt von den strengen
gedeckt, dass ein Teil der Prokon-Gewinne in der Auflagen verschont, denen Finanzvermittler
Vergangenheit aus internen Bilanztricks resul- normalerweise unterliegen. Zudem fallen Getierte: Eine Schwesterfirma errichtete mit dem nussrechte nicht unter das im Juli in Kraft ge­
Anlegergeld Windräder und verkaufte sie an Pro- tretene neue Kapitalanlagegesetzbuch, das die
kon. Dort wurden die Windkraftanlagen nicht Regeln für den Verkauf anderer Geldanlagen
zum Herstellungspreis, sondern deutlich teurer deutlich verschärft hat. »Genussrechte unterlieverbucht, wodurch millionenschwere Bilanz­ gen nach wie vor kaum einer Regulierung«, sagt
gewinne entstanden – ohne dass tatsächlich Geld Verbraucherschützerin Daum.
Zweitens: Lasse dich nicht von einer allgemeiins Unternehmen floss. Michael Olbrich, Professor am Institut für Wirtschaftsprüfung der nen Kapital- und Börsenmarkt-Stimmung leiten.
Universität des Saarlandes, kam in Capital zu Zahlreiche Deutsche wissen nicht, wie sie ihr
dem Schluss: Prokon könne nicht nachweisen, Geld anlegen sollen – kaum verwunderlich,
dass die versprochenen Renditen wirklich opera- nachdem viele im New-Economy-Crash ihr Vertrauen in die Börse verloren
tiv erwirtschaftet würden.
haben und in der Finanzkrise
Die Intransparenz scheint
jenes in die Banken. Graubei Prokon System zu haben.
marktanbieter versuchen seit
»Würde Prokon eine Ka­
dem Lehman-Crash vor fünf
pitalflussrechnung veröffentJahren, aus dieser Frustration
lichten, könnte man sehen,
Genussrechte sind eine
Profit zu schlagen. Der mittwoher das Geld für die­
Mischung aus Aktien und
lerweile geschlossene FinanzAuszahlung stammt – das
Anleihen – und vereinen ausvertrieb Carpediem etwa
aber tut die Firma nicht«,
gerechnet die negativen ­
warb in seinen Verkaufs­
sagt Ver­braucher­schützerin
Eigenschaften beider ­
veranstaltungen mit Slogans
Daum. Jüngst hatte das UnAnlagen: Genussrechtsinhaber
wie »Aktiv gegen Betrug in
ternehmen angekündigt, zum
haften für Verluste, genau wie
der Finanzbranche«. Auch
31. Mai einen regulären
bei Aktien. Das kann bis zum
Prokon spielt auf seinen VerKonzernabschluss vorzuleTotalverlust führen, denn bei
kaufsabenden immer wieder
gen. Doch Prokon stellte leeiner Pleite werden zunächst
mit bankenfeindlichen Resdiglich ein wenig aussageBanken und andere Gläubiger
sentiments und der Angst
kräftiges Papier mit dem Titel
bedient. Trotzdem verzichten
der Kleinsparer vor der
Entwurf der ErstkonsolidieGenussrechtsinhaber genau
nächsten Finanzkrise. Im akrung auf die Website. Bis
wie Anleihebesitzer auf ihre
tuellen Kurzprospekt seiner
Redaktionsschluss war kein
Mitspracherechte.
Firma schreibt Rodbertus
Konzernabschluss auf der
wieder, dass er Bankkonten
Website oder im Bundes­
und Sparbücher »in Zeiten von Inflationsgefahr
anzeiger zu finden.
Seit mehr als drei Jahren führt die Stiftung und Spekulationsgefahr« für weniger sicher halte
Warentest Prokon schon auf ihrer schwarzen als ein Investment in Prokon. Dabei schützt die
Liste unseriöser Geldanlagen. In der aktuellen Einlagensicherung deutsche Spargelder, während
Ausgabe der Finanztest warnt sie erneut: »Lassen Genussrechte hohe Verlustrisiken bergen.
Das dritte Gebot lautet: Sei nicht zu gierig.
Sie die Finger von Genussrechten, wenn Sie eine
sichere Geldanlage suchen.« Die Kleinsparer je- Aktuell verspricht Prokon mindestens sechs Prodoch scheinen die Warnsignale zu ignorieren, zent Zinsen. Wer als Anleger derzeit eine so hohe
ebenso wie ein Gerichtsurteil, das Rodbertus in- Rendite erwirtschaften möchte, muss sich im
zwischen untersagt, seine Genussrechte als siche- Klaren darüber sein, dass dies nicht möglich ist,
res Investment anzupreisen. Prokon gewinnt ohne Gefahr zu laufen, wenigstens einen Teil
seines Geldes zu verlieren. »Für Tagesgeld bei
Woche für Woche Hunderte neuer Anleger.
Der Fall taugt daher als Lehrbeispiel dafür, Banken, die der deutschen Einlagensicherung
wie unkritisch gerade viele Kleinanleger mit Pro- angehören, gibt es maximal ein bis 1,5 Prozent
dukten des grauen Kapitalmarkts umgehen. Auf- Zinsen. Und zehnjährige Bundesanleihen werfen
fallend oft sind es gerade sie, die in dubiose Fir- 1,9 Prozent pro Jahr ab«, sagt der Frankfurter
men mit hohen Zinsversprechen investieren – Honorarberater Stefan Schießer – »mehr ist bei
bei der mutmaßlich betrügerischen Immobilien- sicheren Geldanlagen nicht drin.«
Viertens: Kauf nur, was du verstehst. Viele
gruppe S+K, die im Frühjahr pleiteging, war es
ähnlich. Dabei könnten sich Anleger relativ der gut 70 000 Prokon-Investoren durchblicken
leicht schützen, wenn sie ein paar einfache Ge- vermutlich gar nicht, wo genau die Tücken bei
Genussrechten liegen, sondern lassen sich vom
bote beachten würden.
Erstens: Sei skeptisch bei PR-Lawinen. Bei Renditeversprechen locken. Oft sind es aus­
Direktvertrieben wie Prokon fließt fast immer gerechnet unbedarfte Privatanleger, die sich risein beträchtlicher Teil des Umsatzes in die Wer- kante Produkte aufschwatzen lassen. Viele Fibung. Rodbertus versucht auf diesem Wege, In- nanzexperten sind überzeugt, dass traditionelle
teressenten in vermeintliche Informationsveran- Anlageklassen, breit gestreut, völlig ausreichen,
staltungen zu locken, die regelmäßig in ganz um ein vernünftiges Portfolio zusammenzustelDeutschland stattfinden, etwa im Maritim Hotel len: Anleihen, Spareinlagen, Immobilien, vielBonn, im Land & Golf Hotel Stromberg, im leicht noch Rohstoffe. »Natürlich bergen auch
Fortuna Hotel Reutlingen und im Dormero Ho- Aktien gewisse Risiken – aber solche, die Anleger
tel in Halle an der Saale. Sitzt man erst mal mit eher verstehen und bewusst eingehen können,
Hunderten Gleichgesinnten in solchen Verkaufs- sagt Honorarberater Schießer. »Bei einer Firma
events, ist es schwer, sich dem Sog der Verlo- wie Prokon sei das etwas anderes. Da tappt der
ckungen zu entziehen. »Auf den Punkt gebracht: Anleger völlig im Dunkeln.«
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