(10/2009), Fachtagung Nachhaltig Leben und Arbeiten

Transcription

(10/2009), Fachtagung Nachhaltig Leben und Arbeiten
Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft e.V.
Presseartikel
„Nachhaltige Entwicklung als wichtige Voraussetzung im
Bildungsbereich – Querdenken ist gefragt“
Fachtagung „Nachhaltig leben und arbeiten“, 24.-25.09.09
in Münster
Fachbereich
Oecotrophologie
Prof. Dr. Irmhild Kettschau
Dipl.-Oecotroph. Marie Nölle
Corrensstraße 25
48149 Münster
Münster, 08. Oktober 2009
Fon +49(0)2 51/83-65434
Mit zukunftsweisenden Worten eröffneten Prof. Dr. Alrun Niehage, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft (dgh) und die
Präsidentin der Fachhochschule Münster Prof. Dr. Ute von Lojewski am
24.09.09 die Fach- und Jahrestagung „Nachhaltig leben und arbeiten“
in Münster. Veranstalter war der
Fachbereich Oecotrophologie der
Fachhochschule Münster gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft
für Hauswirtschaft.
„Nachhaltige Entwicklung findet vielfältige Anknüpfungspunkte in der
Fachhochschule Münster sowohl in
der Lehre wie in der Forschung sind
Innovationspotenziale zur Gestaltung und Steigerung einer nachhaltigen Entwicklung vorhanden“, so die
Präsidentin der Hochschule. Den
Bogen zum Fachbereich Oecotrophologie spannte die Dekanin Prof.
Dr. Petra Teitscheid und zeigte die
Entwicklungen im Fachbereich mit
zahlreichen Projekten auf, die sich
100 Teilnehmende aus ganz Deutschland
aktiv mit der Nachhaltigkeitsthematik Rund
kamen zur dgh Fach- und Jahrestagung.
auseinandersetzen.
Welche Perspektive Bildung für eine nachhaltige Entwicklung für das
Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft bietet, diskutierten namhafte
Referentinnen und Referenten und ca. 100 Teilnehmende aus ganz
Deutschland während der von Prof. Dr. Irmhild Kettschau moderierten
Tagung.
noelle@fh-muenster.de
„Bildung ist das Schlüsselinstrument für eine nachhaltige Entwicklung
neben z.B. Technologieentwicklung oder CO2-Zertifikate-Handel“, plädierte Prof. Dr. Lenelis Kruse-Graumann von der Universität Heidelberg
in ihrem Eröffnungsvortrag. Nachhaltige Entwicklung und Bildung für
eine nachhaltige Entwicklung sind Querschnittsthemen, die alle traditionellen Disziplinen durchziehen und alte Denkgewohnheiten (z. B. in
Fax +49(0)2 51/83-65421
Schule oder Verwaltung) auf den Prüfstand stellen: Querdenken ist gefragt. Bildung für nachhaltige Entwicklung geht in ihrem umfassenden
Ansatz über Umweltbildung/ Naturschutzbildung oder Globales Lernen
hinaus. Sowohl Bildung für eine nachhaltige Entwicklung als auch Fragen der nachhaltigen Entwicklung selbst sollen hoch auf der politischen
Agenda ansiedelt und besser (d.h. konsistenter und präziser) kommuniziert werden.
Prof. Dr. Carola Strassner von
der Fachhochschule Münster
und Prof. Dr. Dorothee Straka
von der Fachhochschule Osnabrück zeigten in diesem Zusammenhang die Perspektiven
der Ernährungsökologie auf.
„Ernährungsökologie ist die
mehrdimensionale Betrachtung
der Ernährung, die die Bereiche
Individuum/Gesundheit,
Gesellschaft, Wirtschaft und
Umwelt mit einbezieht“, erklärte Prof. Dr. Strassner vom
Fachbereich Oecotrophologie.
Beide verwiesen in ihren Vorträgen auf entsprechende Stu- Prof. Dr. Carola Strassner vom Fachbereich Oecotroder Fachhochschule Münster stellte Perspekdien und Konzepte (z.B. Euro- phologie
tiven der Ernährungsökologie vor.
barometer 2006, Nielsen BioTrends Deutschland 2009, Ernährungswende oder die Nestlé Studie
2009) und problematisierten die darin belegte Diskrepanz zwischen
Wissen und Handeln. Die Referentinnen betonten die Notwendigkeit
zur Entwicklung von Bildungskonzepten für Schulen, um eine wirksame Ernährungs- und Verbraucherbildung zu betreiben.
Am Nachmittag wurde das Tagungsthema in vier von Experten moderierte Foren vertieft.
Im ersten Forum „Nachhaltigkeit als Thema der beruflichen Bildung
im Berufsfeld Ernährung/ Hauswirtschaft“ wurden die Ergebnisse
des Forschungsprojekts vorgestellt und diskutiert. Von unterschiedlichen Akteursebenen aus, wurde das Projekt der Fachhochschule
Münster des Fachbereichs Oecotrophologie in Kooperation mit dem
Institut für Berufliche Lehrerbildung (IBL) „Nachhaltigkeit in Bildung und
Praxis des Ernährungs- und Verpflegungsbereichs“ vorgestellt. Exemplarisch für die Umsetzung im Schulalltag, stellte OStR Annette Sanders
vom
Richard-von-Weizsäcker-Berufskollegs
einzelne
Projekte/Materialien und Erfahrungen mit den SchülerInnen und KollegInnen
vor. StR Tobias Roß vom IBL diskutierte gemeinsam mit den TeilnehmerInnen des Forums, wie die Unterrichtsgestaltung zur Bildung für
eine nachhaltige Entwicklung in der Hochschule und im Berufskolleg
erfolgen kann. Dabei wurden Forderungen nach einer besseren Vernetzung, z.B. durch eine Internetplattform, nach der Integration des
Themas in die Rahmenlehrpläne und der Bereitstellung des im Projekt
entwickelten Unterrichtsmaterials diskutiert.
Seite 2
Im zweiten Forum „Management von Schulverpflegung“ erörterte
Prof. Ulrike Arens-Azevedo von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg, welche organisatorischen, räumlichen und
technischen Veränderungen für eine gute Schulverpflegung nötig sind.
Der finanzielle Aspekt ist oft entscheidend und geeignete Ansprechpartner für die Umsetzung fehlen größtenteils. Kompetente Fachleute
müssen einbezogen werden, hier sind Oecotrophologinnen und Oecotrophologen in besonderer Weise geeignet, Schulverpflegung zu realisieren. Sie verfügen sowohl über die notwendigen fachwissenschaftlichen Kenntnisse als auch über das entsprechende know how im Management, betonte Prof. Arens-Azevedo.
Aber was nutzt eine optimale Speiseplanung im
Groß- und Privathaushalt,
wenn die Geräte nicht effizient eingesetzt werden?
Diese und weitere Aspekte
wurden im dritten Forum
„Beiträge der Haushaltstechnik zum nachhaltigen Leben und Arbeiten“
von Prof. Dr. Elisabeth
Leicht-Eckardt von der
Fachhochschule OsnabProf. Dr. Rainer Stamminger Uni Bonn, Dipl. oec.troph. Wiebke
rück und Prof. Dr. Rainer
Reineke Jura Elektrogeräte Vertriebs-GmbH und Prof. Dr.
Elisabeth Leicht-Eckardt von der Fachhochschule Osnabrück
Stamminger vom Institut für
zeigen Handlungsfelder der Nachhaltigkeit im Zusammenhang
Landtechnik der Universität
mit der Haushaltstechnik dar.
Bonn, aufgezeigt. Im regen Austausch mit den TeilnehmerInnen wurden die komplexen Probleme der Nachhaltigkeit im Haushalt an
tebeispielen und CO2-Emissionen diskutiert. Zur Lösung sei es wichtig,
‚best practice’ Beispiele zu entwickeln, zu kommunizieren,
wissenschaftliche Kompetenzen in Schule und Ausbildung zu fördern
sowie Haushaltsgeräte nachhaltig zu gestalten.
Entwicklungspolitische Themen, im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsbildung, wurden im vierten Forum von Francisco J. Mari Projektreferent des Evangelischen Entwicklungsdienstes aufgegriffen und
die Kampagne „keine Chicken schicken“ vorgestellt. Diese widmet sich
dem Problem der Verdrängung regionaler Produkte durch Lebensmittelimporte aus Europa am Beispiel Geflügelfleisch, in deren Folge
Kleinbauern in Westafrika wirtschaftlich ruiniert werden. Eine Bürgerbewegung aus Kamerun setzt sich erfolgreich zur Wehr. Als Fazit ließ
sich generell die Forderung der Reduzierung des Fleischkonsums in
den Industrieländern festhalten, Fleischerzeugnisse müssen vollständig
im eigenen Land verwertet werden, das Bewusstsein für die Problematik muss bei allen Beteiligten (Großküchen, Verbraucher, Händler) gestärkt werden.
Seite 3
ReferentInnen der dgh-Tagung (Auszug): von links: Prof. Dr. Dorothee Straka Fachhochschule Osnabrück, Prof. Dr. Barbara Methfessel PH Heidelberg, Prof. Dr. Alrun Niehage
Vorsitzende der dgh, Prof. Dr. Irmhild Kettschau Fachhochschule Münster, Prof. Dr. Lenelis
Kruse-Graumann Universität Heidelberg, Prof. Dr. Carola Strassner Fachhochschule Münster und Prof. Ulrike Arens-Azevedo von der Hochschule Hamburg
Prof. Dr. Barbara Methfessel von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg referierte am zweiten Tag zum Thema „Nachhaltigkeit als Bildungsziel bei der Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung
(REVIS)“. REVIS zielt auf die Entwicklung einer zukunftsgerechten Ernährungs- und Verbraucherbildung (EVB). Auf der Basis der aktuellen
internationalen Diskussion und unter Berücksichtigung der bildungspolitischen Bedingungen der Bundesländer wurden Konzepte und Umsetzungsempfehlungen zur Innovation und Weiterentwicklung der Ernährungs- und Verbraucherbildung an allgemein bildenden Schulen erarbeitet. Für die schulische Bildung wurde erfolgreich ein Referenzrahmen für ein Kerncurriculum der EVB entwickelt (vgl. http://www.evbonline.de/).
In einem Partnervortrag griffen die Referentinnen Dagmar Winzier vom
Bundesinstitut für Berufsbildung und Dr. Julia Kastrup von der Universität Hamburg, Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik die „Herausforderungen und Perspektiven für eine nachhaltige Berufsbildung im
Hauswirtschafts- und Ernährungsbereich“ auf. Als Perspektiven einer
Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung wurden z.B. deren systematische Implementierung und Verstetigung, die Vernetzung der Akteure im Bereich, Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung, Verstärkung internationaler Aktivitäten sowie Weiterentwicklung und Bündelung der Aktivitäten genannt. Konkrete Forderung ist eine verbindliche Integration der Nachhaltigkeitsthematik in die Lehrpläne und Ausbildungsordnungen, denn nur so erhält das Thema die gebührende Relevanz und Kontinuität.
Dr. Julia Kastrup fokussierte ihren Part auf die Nachhaltigkeitsbildung
innerhalb von Betrieben und betonte, dass es noch nicht gelungen sei,
die Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung in die betriebliche
Alltagspraxis zu integrieren. Dies zeigt sich vor allem bei Klein- und Mittelunternehmen, z.B. aus dem Bereich Ernährung und Hauswirtschaft.
Dr. Kastrup diskutierte Gründe für die mangelnde Integration, aber
auch mögliche Erfolgsfaktoren, in deren Mittelpunkt die Empfehlung
Seite 4
steht, dass die Akteure zur Planung, Entwicklung und Durchführung
von Nachhaltigkeitsbildung kurzfristig und flexibel auf die Bedürfnisse
der Unternehmen reagieren.
Gemeinsam kamen die Referentinnen zu dem Fazit, dass „Nachhaltiges Handeln“ nur erreicht wird, wenn Nachhaltigkeit gelebte Wirklichkeit
und selbstverständlicher Bestandteil beruflicher Sozialisation wird.
Begleitet wurde die Fachtagung durch ein zweitägiges
Rahmenprogramm, Fachinstitutionen der Hauswirtschaft,
Verbraucherverbände
und
Entwicklungsorganisationen
ermöglichten an Infoständen
einen Informations- und Erfahrungsaustausch.
TeilnehmerInnen am Infostand der Verbraucherzentrale NRW
TeilnehmerInnen im Austausch
während der Kaffeepause
Im Anschluss an die Tagung feierte der Beirat für Internationale Fragen
der dgh/Deutsche Sektion des IVHW am 25.09.09 sein 30-jähriges Bestehen mit einem Sonderprogramm. Zeitzeugen aus der Gründungsphase des Beirates reflektierten die vergangenen Jahrzehnte und blickten in die Zukunft.
Informationen zu den Vorträgen finden Sie unter:
http://www.dghev.de/
https://www.fh-muenster.de/fb8
Seite 5