mdi - Forum der Medizin_Dokumentation und Medizin_Informatik
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DVMD Juniorenpreis 2005 Patientenbezogener administrativer Informationsfluss in einem Luxemburger Krankenhaus ährend meiner Ausbildung zur Medizinischen Dokumentationsassistentin in Trier absolvierte ich mein zweites 3-monatiges Praktikum Ende 2003 im Hôpital Kirchberg in Luxemburg, da es mich sehr interessierte, in einem ausländischen Krankenhaus zu arbeiten. Die National- und Amtssprache ist Lëtzebuergesch, was mir als gebürtiger Triererin keine Probleme bereitete, da sie dem moselfränkischen Dialekt sehr nahe kommt. Die gesamte Dokumentation in den Krankenhäusern ist jedoch auf Französisch. Ich bekam eine Praktikumsstelle in der Cellule Organisation. Diese Abteilung führt das Qualitätsmanagement durch, ebenso unterliegt ihr die Organisation der Abteilungsprojekte. Im Auftrag der Abteilung Cellule Organisation führte ich in 13 Abteilungen bzw. Stationen während der ersten sechs Wochen ein Audit durch und dokumentierte den Patienteninformationsfluss von der Aufnahme bis zur Entlassung. Im Anschluss daran setzte ich die Informationen zusammen und entwarf Flussdiagramme mit dem Ziel, die Organisation des Patientendurchlaufs abzubilden. Die Darstellung der Ablauforganisation sollte dann von den einzelnen Abteilungen genutzt werden, um weitere Ablaufverbesserungen auszuarbeiten. Das Großherzogtum Luxemburg liegt im Herzen von Europa, zwischen Frankreich, Belgien und Deutschland. Das Land Luxemburg hat eine Gesamtfläche von 2.586 km2 mit über 450.000 Einwohnern, davon allein 82.000 in der Hauptstadt Luxemburg. Die Stadt bedeckt etwa zwei Prozent der gesamten Landesfläche. Eine Anhöhe der Stadt ist das Kirchberg-Plateau, welches der Sitz von verschiedenen EU-Institutionen, Business-Centern, Wohnquartieren und der neue Standort der Fondation FrançoisElisabeth ist, zu der das Hôpital Kirchberg gehört. Durch den hohen Ausländeranteil von 37% genießt das Land eine große Mehrsprachigkeit. Erst 1984 wurde Luxemburgisch (Lëtzebuergesch), entstanden aus dem Moselfränkischen, als National- und Amtssprache zugelassen. So findet man neben Luxemburgisch auch die Amtssprachen Deutsch und Französisch wieder. Mehrere historische Plätze in der Stadt Luxemburg, zum Beispiel das Palais Grand-Ducal, der Place Guillaume II, »die Kasematten« oder der Cercle Municipal sowie die Ardennen im Norden oder die »Kleine Schweiz«, eine Region entlang dem Grenzlauf zu Deutschland, sind Anziehungspunkte für den Tourismus. Die Stadt Luxemburg ist der Hauptsitz der Monarchie. Staatsoberhaupt des Landes ist W seit dem Jahre 2000 Großherzog Henri. Die Staatsform ist eine parlamentarisch-demokratische, konstitutionelle Erbmonarchie. Krankenhäuser in Luxemburg Im Land Luxemburg gibt es zwölf Spitäler, drei Natio- Heike Thieltges nale Institute und drei Pflegezentren. Das Hôpital Kirch- e-mail: berg wurde Mitte 2003 eingeweiht und ist in die Orga- h.thieltges@ek-trier.de nisation der Fondation François Elisabeth eingebunden. Es ist ein Zusammenschluss von drei Kliniken: Clinique Sacré Coeur, Clinique Sainte Elisabeth und Clinique Saint François. In diesem Jahr wird der Neubau der Frauenklinik Clinique Dr. Bohler direkt am Hospital fertig gestellt. Mit über 337 Betten ist das Hôpital Kirchberg das zweitgrößte Krankenhaus in Luxemburg. In der Klinik gibt es ca. 825 Angestellte und 110 Ärzte, die fast das gesamte Leistungsspektrum abdecken. Außerdem gibt es in der Stadt Luxembourg noch drei weitere Kliniken, so dass insgesamt fast 1.300 Betten in der Hauptstadt zur Verfügung stehen. Das luxemburgische Gesundheitswesen wird maßgeblich durch den Staat und die »Union des caisses de maladie« (UCM) finanziert. Der Staat subventioniert hauptsächlich die Infrastrukturkosten. Die UCM finanziert den Betrieb der Krankenhäuser und die Honorare der Ärzte. Die Krankenhäuser handeln jedes Jahr ein Budget mit der UCM aus. Dieses Budget teilt sich auf in Fixkosten und ein Budget für fluktuierende Kosten. Ist das Budget für ein Jahr genehmigt, bezahlt die UCM dieses Geld in Monatsraten aus. Für die variablen Kosten werden Tarife pro Durchgang (»unités d`oeuvre«) eines Patienten in einer Abteilung festgelegt und pro Patient mit der UCM oder dem Patienten abgerechnet. Forum der Medizin_Dokumentation und Medizin_Informatik 3/2005 125 DVMD Juniorenpreis 2005 Im Hôpital Kirchberg gibt es unter anderem folgende Behandlungsbereiche: Normalstation, Intensivstation, Radiologie OP, Radiologie, Labor, Chemotherapie, Poliklinik , Kinesitherapie (Physiotherapie), Ergotherapie, Tagesklinik, Sons Palliatifs (Palliativstationen), IRM (Kernspintomographie), Dialyse. Ambulante Untersuchung in der müssen mit der UCM konventioniert sein, d.h. eine Abrechnungsübereinkunft getroffen haben. Wenn ein Arzt im Krankenhaus praktiziert, muss er die Honorare für seine Leistungen an die UCM oder an die Patienten fakturieren. Die Leistungen des Arztes sind eng vernetzt mit den Kapazitäten des Hospitals. So wird beispielsweise die Poliklinik im freien Luxemburger System für kleine medizinische und pflegerische Behandlungen benutzt. Über das EDV-System können das Pflegepersonal und die Ärzte auf der Station die »digitale Patientenakte« einsehen. Für jeden Patienten muss eine Gesamtübersicht der angeforderten und schon durchgeführten Leistungen über alle Abteilungen sichtbar sein. Man hat Einblick in den administrativen Teil der Patientenaufnahme, sie verfolgen die Laboranalysen, die Röntgenbefunde und alle anderen Befunddokumentationen, die über den PC laufen. Die Aufgaben der Leitstellen der Abteilungen sind die Leistungsanforderungen aus den verschiedenen Anforderungsstellen entgegenzunehmen und patientenbezogen zu koordinieren und zu dokumentieren. Mit der Anforderung einer Leistung aus den Praxen oder der Poliklinik, die über das EDV-System erfolgt, werden alle für eine Abrechnung erforderlichen Patientendaten an die Leitstellen und das Krankenhausabrechnungssystem übertragen. Ein solches modernes Kommunikationssystem bietet einen guten Informationsfluss im Krankenhaus. Das Ziel ist die æ Unterstützung der Anforderung, z.B. Plausibilitätsprüfungen, automatische Weitergabe von patientenbezogenen Zusatzinformationen und Informationen zu Untersuchungsbedingungen, æ Vermeidung von unnötigen Transportaufwänden für den Anforderungstransport, æ Verbesserung der Planbarkeit der Leistungserbringung, æ Verbesserung der Abstimmung von Terminen, Vorbereitung der Patienten auf die Untersuchung, rechtzeitige Information des Transportdienstes, æ allseitige Verfügbarkeit einheitlicher, aktueller Leistungskataloge, æ Vermeidung von zusätzlichen Arbeitsprozessen. Durch die interne Kommunikation haben die Ärzte in ihren Praxen und auf den Stationen Einsicht in Patientenaufnahme, Leistungserfassung, Medizinische DokumenStrukturdaten des Hôpital Kirchberg tation, Arztbriefschreibung und Patientenabrechnung. Im Hôpital Kirchberg wird wie in fast allen KrankenDie externe Kommunikation mit den Arztpraxen außerhäusern in Luxemburg die »liberale Medizin« mit einem halb des Hôpital Kirchberg ist über das Internet, durch Belegarztsystem durchgeführt. Diese Struktur unterschei- den Zugriff auf einen Webserver des Krankenhauses, gegedet sich sehr von der Struktur an deutschen Krankenhäu- ben. Voraussetzung dafür ist ein einheitliches EDVsern. In der Klinik Hôpital Kirchberg gibt es 34 Gemein- System. Diese Praxen haben dieselben Möglichkeiten wie schaftspraxen, die an die Ärzte vermietet sind. Alle Ärzte die Praxen innerhalb des Krankenhauses. 126 Forum der Medizin_Dokumentation und Medizin_Informatik 3/2005 DVMD Juniorenpreis 2005 Der Patientenfluss In der Darstellung des Patientenflusses, wie ich ihn im Hôpital Kirchberg analysiert habe, beschränkte ich mich ausschließlich auf die administrative Seite, da ich in die medizinisch-pflegerische Dokumentation keinen Einblick hatte. Nachdem der Patient in der Arztpraxis zur Untersuchung war und von diesem Arzt einen OP-Termin erhalten hat, ist der erste Kontakt mit der Klinik die Pré-hospitalisation, bei der die vorstationäre Untersuchung stattfindet. Am OP-Tag meldet er sich in der Admission. Dort werden die Personalien in die EDV eingegeben. Alle Funktionsstellen und Arztpraxen im Hause können durch einen Zugangscode die Befunde der anderen Abteilungen einsehen. Ebenso geht die Terminabsprache für die Untersuchungen über die EDV. In Luxemburg gibt es die Möglichkeit, über einen EDVAnschluss mit dem »Centre informatique de la Sécurité Sociale« (Rechenzentrum der Sozialversicherung) die Richtigkeit der Personalien und die Zugehörigkeit bei der Krankenkasse zu überprüfen. Über die Stationskommunikation haben die Stationen unter anderem die Möglichkeit, die Vorbestellungen ihrer Station, Neuzugänge, Verlegungen, Bettenzuordnung oder die Stationsliste zu verwalten und einzusehen. Am Beispiel der Radiologie ist in vereinfachten Darstellungen der Patientendurchgang bei der ambulanten und bei der stationären Untersuchung in zwei Grafiken abgebildet. Nach der Entlassung des Patienten erfolgt die Abrechnung durch die »Facturation«. Das Hôpital rechnet für Kassenpatienten so genannte »unités d`oeuvre« (Arbeitseinheiten) ab, z.B. poliklinische Behandlung, operativer Durchgang, radiologische Visite, und zusätzlich den Allgemeinpflegetagesatz bzw. den Intensivpflegesatz. Die Abrechnung von Kassen- und Privatpatienten erfolgt ähnlich, jedoch nach verschiedenen Tarifen. Die Arztabrechnung der Praxen läuft parallel und unabhängig von der Krankenhausrechnung. Die Nachsorge der Patienten ist durch die Ärzte im Haus gewährleistet. Fazit Das EDV-Konzept sieht vor, den patientenbezogenen Informationsfluss optimal auszugestalten. Das Qualitätsmanagement muss dabei die verschiedenen Prozesse überwachen, um auf Schwachstellen reagieren zu können. Meine empirische Untersuchung ermöglichte es mir, eine Präsentation zu erstellen, die die positiven Seiten der einzelnen Abteilungen beleuchtet und der Cellule Organisation Ansätze zur Optimierung der EDV-Struktur aufzeigt. Die Visualisierung meiner Analyse konnte der Stationäre Abteilung genau zeigen, wo noch Verbesserungsmöglich- Untersuchung in der keiten liegen bzw. inwieweit das EDV-Konzept schon sehr Radiologie gut funktioniert. Bereits während meines Praktikums wurden daraufhin Änderungen vorgenommen, wobei auch einige meiner Vorschläge umgesetzt wurden. Dieses Praktikum in Luxemburg hat mir die Möglichkeit gegeben, ein anderes Gesundheitswesen kennen zu lernen. In diesen drei Monaten eignete ich mir neues Wissen an, das mir in meiner weiteren Ausbildung und danach im Beruf sehr nützlich ist. Für die Unterstützung der Abteilung Cellule Organisation, die ich während meines Praktikums erhalten habe, möchte ich mich sehr bedanken. Die Zusammenarbeit war großartig. Insbesondere Dank an Frau Elisabeth Amlung-Bonert, die zusätzlich noch Gutachterin meiner Abschlussarbeit war. Forum der Medizin_Dokumentation und Medizin_Informatik 3/2005 127